No. 23
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. März
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 23 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Aus den Berathungen über den Reichsetat ist noch zu berichten, daß alle Parteien darin einig sind, die Erhöhung der Matricularbeiträge zu vermeiden und aus dem Schooß des Reichstages heraus keine neue Steuern zu bringen, sondern die eigentliche Reform dem Reichskanzler zu überlassen, der sie auch zugesagt hat. Für Erhöhung und Neueinführung indirekter Steuern sprach sich ein großer Theil des Reichstages aus.
Die Vorlage über den Sitz des Reichsgerichts wird am Montage im Reichstage zur Berathung kommen. Die Stimmung scheint noch immer mehr für Leipzig als für Berlin zu sein. Die Unabhängigkeit des höchsten deutschen Gerichtshofes scheint uns in dem, wie kaum eine zweite deutsche Stadt, unabhängigen Leipzig am meisten zur Anschauung gebracht zu werden - und das scheint uns von allen in Betracht kommenden sachlichen Gesichtspunkten der bedeutendste und darum ausschlaggebende zu sein. Was man sonst für Berlin anführt, daß daselbst der Reichstag und die höchsten Verwaltungsbehörden seien, erscheint uns viel eher ein Grund, den höchsten Gerichtshof, der ja von dem Einflusse dieser Instanzen nichts profitiren, aber unter Umständen Schaden erleiden kann, nicht nach Berlin, sondern nach Leipzig zu legen.
Die Butgetcommission des Reichstages hat zur Verminderung des Deficits bereits etwa 800,000 Mark am Militäretat gestrichen und etwa 4 1/2 Millionen Mark Ersparnisse aus Naturalbeständen im Militäretat unter die Einnahmen gestellt.
In dem seitens des Reichskanzlers für die nächste Reichstagssession verhießenen Reichssteuer=Reformplan wird voraussichtlich auch die Einführung einer Petroleumsteuer in Vorschlag kommen.
Das neueste geflügelte Wort Bismarck's lautet: Preußen bedürfe mehr der Germanisirung als Deutschland der Borussificirung.
Der König von Schweden wird am 26. d. M. auf der Reise nach Heidelberg, zu seiner dort weilenden Gemahlin, in Berlin eintreffen.
Die Differenz zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Chef der Admiralität von Stosch scheint beigelegt zu sein; letzterer hat sein Entlassungsgesuch zurückgezogen.
Die Anweisung, den Kohlenbedarf für dieses Jahr nicht aus England, sondern aus preußischen Gruben zu entnehmen, ist an sämmtliche preußischen Eisenbahncommissionen ergangen.
In der Provinz Hannover sind bei den letzten Reichstagswahlen für die particularistische Partei 128,000 Stimmen abgegeben (24,000 mehr als im Jahre 1874), für die Nationalliberalen (incl. der sogenannten Freiconservativen) 130,713 (9000 weniger als 1874), für die Socialdemokraten 17,600.
Für Krupp und die Pulverfabrik giebt es keinen Nothstand. Wie vom Rhein gemeldet wird, florirt augenblicklich die Pulver=Fabrikation des Sieg=Thales, jeden Monat gehen 1 bis 2 mit Pulver beladene Züge ab, in dieser Woche ein solcher, 10 Doppel=Waggons stark, nach Rußland, dem noch weitere Züge folgen werden.
Größere Cavallerieübungen werden in diesem Jahre nur in der Nähe von Darmstadt abgehalten werden. Die großen Kosten, welche derartige Manöver im vorigen Jahre bereitet haben, sind der Grund dieser Einschränkung.
Der deutschen Armee fehlen gegenwärtig 283 Assistenzärzte, mehr als ein Drittel der etatsmäßigen Zahl.
Wie man dem "Berl. Börsen=Courier" aus Nizza schreibt, ist der dort weilende frühere Botschafter Graf Harry v. Arnim neuerdings nicht unbedeutend erkrankt.
Vom 27. bis 30. Mai soll in Gotha ein Congreß der socialistischen Arbeiterpartei abgehalten werden.


Schönberg. Ein schreckliches Unglück, von welchem Augenzeugen nur mit größter Erregung erzählen, hat sich am Freitag Abend in Herrnburg zugetragen. Abends gegen 9 Uhr schlugen nämlich Flammen aus dem Strohdache des dortigen Rademachers Badstein und nach wenigen Minuten war das Dach zusammengestürzt. In dem Hause wohnte unter Andern auch ein Maler Stoffers mit seiner Frau und vier Kindern, welche letztere bereits schliefen. Die plötzlich hervorbrechenden Flammen versetzten die Bewohner in den blindesten Schrecken. Stoffers riß eines der Kinder aus dem Bett und eilte mit ihm aus dem Hause, um es in einem andern Hause unterzubringen, er wurde jedoch überall zurückgewiesen, bis denn endlich der Rentier Greiff aus Schönberg, der vor Kurzem die Oldenburgsche Vollstelle in Herrnburg kaufte, das Kind bei sich aufnahm. Auf der Brandstelle war inzwischen die Frau Stoffers mit der Rettung ihrer andern Kinder beschäftigt; sie war in ihrer Angst der Meinung, daß helfende Hände die Kinder auffangen würden, wenn sie dieselben durch's Fenster hinaus langte; vor dem Fenster lag aber das inzwischen zusammengestürzte brennende Dach und so kam es, daß eines der Kinder, ein Mädchen von 4-5 Jahren in das Feuer fiel und verbrannte, die übrigen Kinder und die Frau selbst, wurden nur mit großer Mühe gerettet, waren aber so stark verbrannt, daß sie noch Abends nach Lübeck in's Krankenhaus gefahren werden mußten, die Frau war völlig erblindet. Der verbrannte Körper des verunglückten Kindes wurde alsbald aus dem brennenden Schutt hervorgeholt und im Pastorenhause untergebracht, nachdem auch dieser überall zurückgewiesen war. Ueber die Entstehung des Feuers ist bisher nichts bekannt. Dem Rademacher Badstein verbrannten u. A. ein Pferd und eine Kuh.
- In der Kölner Z. wird ein gutes Wort zu guter Zeit gesprochen. Ein Einsender schreibt dem Blatte: Ueber die Nothwendigkeit des Sparens ist wohl Niemand in Zweifel, die Frage ist nur, wo mit den Einschränkungen anfangen? Ich denke, als galante Herren der Schöpfung dürfen wir auch diesmal unseren Damen den Vortritt lassen und zwar mit weit größerem Rechte, als in vielen anderen Fällen. Ich weiß es wohl, es ist eine Sisyphusarbeit, gegen die Mode zu eifern, ja, man sticht geradezu in ein Wespennest, nichts desto weniger, sollte ich denken, müßte gegenwärtig der Kampf dawider guten Federn nicht allzuschwer, nicht gar so aussichtslos wie bisher scheinen, denn sie finden heute einen gewaltigen Bundesgenossen an der allgemeinen Noth, dem steten Zurückgehen des gesamm=

[ => Original lesen: 1877 Nr. 23 Seite 2]

ten Volkseinkommens, des Einkommens eines jeden Einzelnen. Wie manche Familie hat ein hübsches Einkommen, sie lebt nicht übermäßig flott, führt einfachen Tisch, hat keine noblen Passionen: und doch fährt sich der Familienvater am Schlusse des Jahres verzweifelnd in die Haare, denn das Deficit ist so sicher da, wie der Neujahrsmorgen. Wo liegt der Hase im Pfeffer? Einzig und allein in dem Umstande, daß der Putz von Frauen und Töchtern etwa das Drei= bis Vierfache gekostet hat, was er im Verhältniß zu den Mitteln der Familie kosten dürfte. Und ist es denn ein Wunder? Man vergleiche doch die Preise der Damenkleider von heute mit denjenigen vor acht bis zehn Jahren, man wird finden, daß sie drei bis viermal so hoch sind. Sind sie deshalb schöner, geschmackvoller? Die Crinoline war ja auch etwas Abscheuliches, deshalb wird aber Niemand behaupten wollen, daß die heutige Mode, die den Damen das Ansehen einer übelgerathenen Wurst giebt, auch nur um ein Jota geschmackvoller sei. Sie kostet nur mehr. Früher konnte so eine sparsame Hausmutter aus Kleidern, die nicht mehr modern waren, noch bequeme hübsche Anzüge für ihren Nachwuchs anfertigen ; heute - du lieber Gott! So ein Ding, Kleid genannt, ist derart zusammengeschnitten, durchbrochen, mit Knöpfen und Knopflöchern etc. besäet und verunstaltet, daß es, sobald die Mode etwas noch Tolleres ersonnen, zu nichts mehr gut ist, als in den Lumpenkorb zu wandern. Und doch hat das Ding vielleicht doppelt so viel gekostet, wie ein Herrenanzug von gutem Stoff. Wenn daher von Sparen die Rede sein soll, so muß hier der Anfang gemacht werden; keine Aenderung in der Lebensweise wird so tiefgreifend sein, wie der in der Mode, wie die Rückkehr zu einfacher, vernünftiger Kleidung. Denn abgesehen davon, daß der übermäßige Kleiderluxus der reicheren Klassen diese selbst plündert, verführt er auch die mittleren und ärmeren Klassen durch sein schlimmes Beispiel zu einer für diese geradezu verderblichen Nachahmung.


Anzeigen.

Auf den Antrag des Krämers H. Siebenmark in Schlagsdorf und des Anerben Hans Jochen Holst in Carlow, als Vormünder Krämer Siebenmarkscher Minorennen zu Carlow, soll die daselbst belegene, den Siebenmarkschen Minorennen gehörige Käthnerstelle - wozu circa 14 Scheffel Aussaat Acker gehören - öffentlich meistbietend verpachtet werden.
Zu diesem Zwecke ist ein Termin auf

Freitag, den 23. März d. J.
Vormittag 11 Uhr

vor Großherzoglichem Justizamte hieselbst angesetzt, wozu Pachtliebhaber mit dem Bemerken hiedurch eingeladen werden, daß die Verpachtungsbedingungen auf der Registratur des Justizamts eingesehen und gegen die Abschriftsgebühren mitgetheilt werden können.
Die Besichtigung des Grundstücks ist nach zuvoriger Meldung bei dem Anerben Hans Jochen Holst in Carlow gestattet.
Schönberg, den 12. März 1877.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Zur Verhütung der Einschleppung der Rinderpest werden allwöchentlich Revisionen der Rindvieh=, Schaf= und Ziegenbestände in hiesiger Stadt durch den hierzu beauftragten Kaufmann W. Schrep hieselbst vorgenommen. Demselben ist jede von ihm gewünschte Auskunft über die einzelnen Viehstände zu ertheilen, wie ihm auch alle Veränderungen in dem Gesundheitszustande derselben und täglich der Ursprungsort neu eingeführter und der Bestimmungsort ausgeführter Stücke anzuzeigen ist. Bei jedem irgend verdächtigen Krankheitsfalle beim Rindvieh, bei Schafen und Ziegen ist sofort ein Thierarzt zuzuziehen.
Zuwiderhandelnde gegen diese Bestimmungen verfallen in eine Strafe von 3 M.für jeden einzelnen Fall.
Schönberg, den 14. März 1877.

Der Magistrat.


Am Freitag, den 23. März, Morgens 10 Uhr sollen im Kruge zu Carlow nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.

1. Aus dem Röggeliner Holze:

         5 Rmtr. eichen Olm.
         4 Fuder eichen starkes Durchforstholz.
       10 Stück buchen Nutzholzdrümme.
       12 Fuder buchen Durchforstholz.
ca. 100 Fuder buchen Zweigholz.
         9 Rmtr birken Kluft I. u. II.
         2 Fuder birken Zweigholz.
         8 Stück ellern Schleete.
         1 Aspen Nutzholzdrumm.
         4 Rmtr. ellern Kluft und Knüppel.
       12 Rmtr. tannen Kluft.
         4 Rmtr. Aspen Olm.

2. Aus dem Rüntzer Zuschlage:

ca.   50 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 14. März 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Am Mittwoch den 21. März Morgens 10 Uhr sollen im Kruge zu Carlow nachstehende Holzsortimente aus dem Carlower Holze meistbietend verkauft werden:

       13 Stück eichen Nutzholzdrümme.
ca. 140 Rmtr. eichen Kluft I. u. II. u. Knüppel.
       35 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.
         1 buchen Nutzholzdrumm.
     170 Rmtr. buchen Kluft I, II. u. Knüppel.
       52 Fuder buchen Durchforstholz I. Cl.
         9 Fuder buchen Zweigholz.
         2 Rmtr. tannen Knüppel.
         1 Fuder tannen Durchforstholz von Schleetstärke.
Schönberg, den 14. März 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Frau Hennings geb. Solvie beabsichtigt, ihre zu Mannhagen bei Mölln belegene Freischulzenstelle öffentlich meistbietend zu verkaufen. Mit der Ausführung dieses Geschäftes beauftragt, setze ich hiemit einen Termin zum öffentlich meistbietenden Verkauf auf

Mittwoch den 28. März d. J.,
Mittags 12 Uhr,

im Hause des Herrn Senator Spehr in Schönberg an und lade Kaufliebhaber dazu ein.
Das zum Verkauf gestellte Grundstück ist ungefähr 10 Last groß und jetzt für eine jährliche Pacht von 9000 M.verpachtet; der Pachtcontract ist für den Fall des Verkaufes vom 1. April d. J. an aufgehoben. - Die Verkaufsbedingungen liegen zur Einsicht bei mir aus.
Schönberg, den 15. März 1877.

R. Rackow, Advocat.     


Am Sonnabend den 7. April, Vormittags 11 Uhr soll auf der Hofstelle des Hauswirths Mustin in Campow

1 Pferd, Schimmelstute, 9 Jahre alt und
1 Bauwagen mit eisernen Achsen
meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Schönberg, den 19. März 1877.

Staack,               
Cammer=Executor.     


Am Mittwoch den 4. k. Mts , Mittags 12 Uhr, soll im Hause der Gastwirthin Boye hieselbst meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 Glasschrank,
1 Stubenuhr.
Schönberg, den 19. März 1877.

Staack,               
Cammer=Executor.     


Verspätet.

Am 13. März starb zu Altona unsere liebe Tante, die Goldschmiedwittwe

Louise Fischer.

Tief betrauert von den

Hinterbliebenen.     


Schulprüfung.

Die diesjährige öffentliche Prüfung an der Mädchenschule wird am Freitag den 23. d. Mts. von 8 Uhr des Morgens an abgehalten werden, wozu hierdurch ganz ergebenst eingeladen wird.
Schönberg, den 18. März 1877.

Rector C. Wesemann.     


[ => Original lesen: 1877 Nr. 23 Seite 3]

Für Confirmanden

empfiehlt Broches, Boutons, Medaillons, Garnituren etc. in reicher Auswahl und zu billigen Preisen.

C. Roepstorff,
Gold= und Silberarbeiter.
Schönberg.


Zur bevorstehenden Saison empfehle

Mejillones Guano-Superphosphate

der Bremer chemischen Fabrick franco Bahnhof=Schönberg und Ratzeburg zu Fabrikpreisen. Nähere Auskunft resp. Preiscourante ertheilt Herr H. Pumplün in Carlow, woselbst auch die Waare auf Bestellung stets vorrätig ist.
Ratzeburg im März 1876.

F. Becker.     
Vertreter.       


Heinrich Behrens,
Dach- und Schieferdecker.

Lager von Schiefer, Asphalt, Theer, Pappe, Nägel etc. etc.

in Lübeck                           und Schönberg,

Fleischhauerstraße Nr. 87.
hält sich dem geehrten Publikum zum Anfertigen von Dächern mit Schiefer, Asphalt und Pappe, sowie Reparaturen unter Zusicherung prompter und billigster Bedienung bestens empfohlen. Blitzableiter werden nach der neuesten Methode angefertigt.


Dem geehrten Publikum die ergebenste Anzeige, daß wir bei dem Schuhmachermeister

H. Bohnhoff,
Sabowerstraße,
eine Niederlage von Herren= und Damen=Schuhmacherarbeit

eingerichtet haben und empfehlen selbiges unter Zusicherung reeller Arbeit und billiger und fester Preise.
Schönberg, 12. März 1877.

Das Schuhmacher=Amt.     


Franz. Champagner.

Pierre Vaudon. Avize à Fl. 3 M.25 Pfennig (Mecklenburg).
N. Flècher Avize Sillery superieur à Fl. 3 M.50 Pfennig (Mecklenburg).
bei Abnahme in Originalkörben à 12 Fl. billiger.
Ferner empfehle
Chrl. Farre. Verzenay à Fl. 5 M.50 Pfennig (Mecklenburg).
L. Röderer ct. noir à Fl. 6 M.

Aug. Spehr.
Schönberg.


Das Neueste in

Filzhüten
für Herren und Knaben
empfiehlt                                                    
                                                    Heinr. Schäding.
                                                    Schönberg.


Von Ostern an wünsche ich jungen Mädchen

Privat-Unterricht
in der englischen und französischen Sprache

zu ertheilen. Etwaige Anmeldungen werden baldmöglichst erbeten.

Schönberg.                                                     A. Oertling.


Auf Gr. Molzahn wird

Saathafer

per 200 Pfund netto zu 18 Mark abgegeben.


Gesucht

wird zu Ostern ein ordentlicher Hausknecht. Anmeldungen nimmt die Expedition der Anzeigen zu Schönberg entgegen.


Dem geehrtesten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich von heute an eine Auswahl

neuer Wagen u. eleganter Phaeton

nach neuester Construction und dauerhaft gearbeitet vorräthig halte.

Heinrich Badstein,              
Stellmachermeister in Schönberg.     


Dr. Pattison's
Gichtwatte

lindert sofort und heilt schnell

Gicht und Rheumatismen
aller Art, als: Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Kniegicht, Gliederreißen, Rücken= und Lendenweh.
In Paketen zu 1 M.und halben zu 60 Pfennig (Mecklenburg). bei
Wilh. Heincke in Schönberg.


Für meine Stelle in Lauen suche in einen

erfahrenen Kuhhirten

bei circa 20 Kühen. Meldungen beim Vogt Meier daselbst.

Dräger, Hollenbeck.


Da ich kurz vor Ostern von hier fortziehe und mein Böttchergeschäft daher hier aufgebe, so fordere ich alle, die an mich Forderungen zu haben glauben, hiedurch auf solche innerhalb 14 Tagen von mir abzufordern, zugleich bitte ich auch Diejenigen, die mir noch Schulden, diese ihre Schuld zu der gleichen Frist zu berichtigen.
Schönberg, den 12. März 1877.

F. Möller, Böttchermeister.     


Hierdurch mache ich bekannt, daß ich mich hieselbst als

Böttcher

niedergelassen habe und das Geschäft des Böttchers F. Möller fortsetzen werde; auch wohne ich in demselben Hause. Ich bitte um zahlreiche Aufträge indem ich prompte und reelle Bedienung verspeche.

H. Möller. Böttcher,              
vor der Marienstraße in Schönberg.     


Zu Ostern d. J. sucht ein

Mädchen.
                          F. Kramer, Feldziegelei.
                          Schönberg.


Gesucht werden zu Ostern einige junge Leute ordentlicher Eltern, die Musikus werden wollen. Nähere Auskunft hierüber ertheilt

A. Schwiesow.     
Schönberg.       


Gemüse und Blumensämereien, Spalier und hochstämmige Obstbäume, Johannisbeeren, Stachelbeeren,
sowie später alle Sorten Kohl, Sellerie, Porro, Runkelpflanzen, sehr viele verschiedene Blumenpflanzen
empfiehlt                                                     Hochachtungsvoll                                                    

H. Upahl,     
Schönberg.      


Chili-Salpeter
(gute Erdbeeren= etc. =Düngung),

sowie fernere Düngermittel aus bestrenommirtesten Fabriken zu Originalpreisen und unter Garantie der Gehalte empfiehlt

F. Heitmann, Schönberg.     


      Mauersteine,
      Drains
stehen zum Verkauf auf der Ziegelei Söhren bei Ratzeburg.


Zur bevorstehenden Saatzeit, habe ich noch eine Parthie gebrauchter Sielen, Zäume, 3 Paar Halskoppel, 1 Sattel, 3 Halfter, 1 Leine und 1 Reitzaum billig abzugeben.

H. Bockwold, Sattler.     


[ => Original lesen: 1877 Nr. 23 Seite 4]

Wegen Wegzuges von hier
Ausverkauf
gegen comptant oder Credit bis zum 20. April
Da das ganze Lager bis zum 20. April geräumt sein muß,
so sind außerordentlich billige Preise gestellt und bietet sich eine
seltene vortheilhafte Gelegenheit
zum Einkauf.
Julius Schweigmann
in Schönberg.


Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe
des Patriotischen Vereins zu Grevesmühlen.
vom 30. Mai bis 1. Juni 1877.
-----------

Die Bedingungen zu obiger Ausstellung sind jetzt in einem Programme festgestellt und sind nebst Anmelde=Bögen vom Herrn Chr. Callies in Grevesmühlen zu beziehen.

Die Ausstellungs=Committe.


Am Sonnabend den 24. März habe ich eine Anzahl gut genährter 6 Wochen alter

Ferkel

zu verkaufen.

J. H. Koth, Viehhändler     
in Schönberg.            


Zum 1. Mai: Einen verheiratheten Pferdeknecht gegen hohen Lohn.

Hof Moisling b. Lübeck.

W. Bülle.     


Zum 1. Mai: Eine Köchin.

Hof Moisling b. Lübeck.

W. Bülle.     


Zwei Stück englische, ganz schmiedeeiserne

Reißer,

höchst praktisch und leicht lenkbar, sind zur Hälfte des Fabrikpreises abzugeben von

Wilh. Heincke       
in Schönberg.       


Am Sonntag den 18. März ist auf dem Wege vom Markt bis Kösters Hotel ein brauner Regenschirm verloren worden. Der Finder wird ersucht, denselben abzugeben beim Ackerbürger Böckmann zu Schönberg.


Gesucht
zu Ostern ein Knabe in die Schuhmacherlehre von
                                                    August Lenschow,
                                                    Schuhmachermeister.
Schönberg.                                                    
Hinterstraße 71.                                                    


Köster's Salon.

Donnerstag den 22. März, zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers.

große Tanzmusik,

wozu ergebenst einladet

J. Köster Wwe. in Schönberg.


Am Donnerstag den 22. d. M., Kaisers Geburtstag,

große Tanzmusik,

wozu ergebenst einladet

Carlow.                                                    W. Creutzfeldt.


Am Donnerstag den 22. März                                                                              
zur Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers von Deutschland,
Große Tanzmusik
bei                                                     Gastwirth Kaven, Pogetz.


Kaisers Geburtstag.
Donnerstag den 22. März                                                                              

Tanzmusik
bei                                                    Johs. Krüger, Gastwirth.


Zum Tanzvergnügen
am Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers am
22. März
ladet freundlichst ein                                                                              
                          J. G. Staack, Schönberg.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M 50Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen17 M -Pfennig  bis 18 M 20Pfennig.
Gerste14 M 80Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Erbsen14 M 50Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 .
Hühner d. St. M1,60 .
Tauben d. St. M0,50 .
Spickgans d. St. M3,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,10 .
Eier 6 St. für M0,30 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 23 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 23 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 20. März 1877.


- In einem am 12. März abgehaltenen Consistorium hat der Papst auf einmal 11 neue Cardinäle ernannt. Einen deutschen Namen finden wir nicht darunter.
- Wie aus der Pistole geschossen war am 6. März Nachm. der Generalpostmeister Dr. Stephan in Gotha auf dem Postamte, ließ sich die Telegraphenbeamten vorstellen, prüfte die telegraphischen Einrichtungen, sprach sich sehr befriedigt aus und reiste weiter - wohin?
- Vorigen Sonnabend feierten die Verleger des "Berliner Tageblatts" den Fang des 50.000. Abonnenten durch ein glänzendes Banket in den Räumen des neuerbauten Tageblatt=Palastes in der Jerusalemerstraße.
- In Italien ist der Staat der Tabaksverkäufer, die Staatscigarre ist aber das schlechteste Kraut, welcher der Raucher zwischen die Lippen stecken kann; im geheimnißvollen Innern der Wickelung werden oft erstaunliche Dinge gefunden, z. B. kleine vertrocknete Eidechsen. Dennoch wurden im December v. J. nach amtlichen Ausweisen für 12,307,000 Franks Glimstengel verkauft, im ganzen Jahre 1876 für 132 Millionen.
- Da es in neuerer Zeit mehrfach vorgekommen, daß Japanesen, welche sich zu ihrer Ausbildung in Deutschland herumtrieben, sich auch verheiratheten und ihre deutschen Frauen mit nach Japan nahmen, so erläßt Dr. Müller in Berlin eine Warnung vor solchen Heirathen an unsere deutschen Mädchen. Die Frauen in Japan sind, wie er ausführt, recht= und schutzlos; der Mann kann sie jeden Augenblick verstoßen, ohne daß sie Ansprüche geltend machen dürfen. Aus europäischer Gesellschaft bleibt die Frau ausgeschlossen, sie ist dem Belieben ihres Mannes preisgegeben, der nur zu oft die im Auslande erworbene nothdürftige Bildung abstreift und seine altjapanesischen Sitten wieder nach außen kehrt. Und das sollen gerade nicht die liebenswürdigsten sein.
- Ueber des Componisten Julius Otto Begräbniß wird aus Dresden berichtet: Die Theilnahme aller Stände war groß, schon eine halbe Stunde vor der Beerdigung waren 600 Sänger mit 17 Fahnen und noch mehr Bannern und Standarten erschienen und stellten sich in der Nähe des Trauerhauses auf. Nachdem der Sarg auf den mit sechs Rappen bespannten Galaleichenwagen gehoben war, setzte sich der imposante Zug unter dem Geläute der Kreuzkirchenglocken Punkt 1/2 3 Uhr in Bewegung und schlug die Richtung über die Moritzstraße, den Neumarkt, Rampesche Straße etc. ein. Sämmtliche Hautboisten des 1. Garderegiments, welche an dem Conduct Theil nahmen, waren in Civilkleidung erschienen. Der Chopin'sche Trauermarsch unter Capellmeister Ehrlich's persönlicher Leitung wurde meisterhaft gespielt. Neben dem Leichenwagen gingen 10 Fackelträger. Die von der Universität Leipzig gesandte Deputation der Pauliner hatte ihre prachtvolle Fahne sowie einen Lorbeerkranz mitgebracht, welch letzterer auf einem weißen Atlaskissen getragen wurde. Unmittelbar vor dem Leichenwagen schritten 4 Herolde mit riesigen Fächerpalmen einher. Als der Zug in die Pillnitzer Straße einbog, ließen die dort aufgestellten Gensdarmen alles Fuhrwerk mit Einschluß der Pferdebahnwagen auf 10 Minuten halten, da die Menschen zu beiden Seiten der Straße wie die Mauer standen und an ein Ausweichen nicht zu denken war. Punkt 3/4 4 Uhr traf der Conduct am Trinitatiskirchhofe ein und hier empfing das Trompetercorps des Gardereiterregiments, dessen Dirigent, Stabstrompeter Wagner, ein Schüler Otto's ist, den Sarg mit einem Trauermarsch. Die Trompeter waren in voller Galauniform erschienen. Nachdem die Kreuzschüler den Choral: "Jesus meine Zuversicht" und die Vereine Silcher's "Bardenchor" gesungen hatten, sprachen nach der Reihe die Herren Kaufmann Arras, Stadtrath Hartwig, Cantor Müller, Archidiakonus Döhner und zuletzt ein Pauliner. Trotz des fürchterlichsten Schneetreibens harrten Tausende von den Zuschauern bis zu Ende der Ceremonie aus. Mächtig war der Eindruck des vierten Verses vom "treuen deutschen Herz" und als die 600 Sänger an die Stelle kamen:
        Und soll mein Leib begraben sein,
     So setz' in deinen Himmel ein
     Den schönen hellen Edelstein,
     Mein treues deutsches Herz!"
füllten sich gar Vieler Augen mit Thränen der Rührung. Erhebend war auch der Moment, als sämmtliche Fahnenträger zum offenen Grabe traten und ihre Fahnen unter abermaliger Trauermusik des Trompetercorps zum letzten stummen Gruße für den unvergeßlichen Meister senkten.
- Ein den letzten Gründen des Tabakrauchens nachspürender Philosoph hat als Ergebniß seiner gewissenhaften Forschungen herausgebracht, daß es zwei sich langweilende Sinne sind, welche den Menschen zum Raucher gemacht haben. "Die Langeweile dieser beiden Sinne," sagt er, "äußert sich in Hunger und Durst, oder in beiden zusammen. Das Auge, das Ohr empfangen fortwährend Eindrücke, und ebenso ist der Gefühlssinn durch zahllose kleine Reibungen unaufhörlich beschäftigt. Herrscht in deinem Zimmer tiefe Stille, so machst du selbst ein Geräusch, um deine Gehörnerven vom Druck des betäubenden Schweigens zu befreien. Du gehst zum Fenster und trommelst an der Glasscheibe. Die Finsterniß kann man nicht lange mit offenem Auge ertragen. Die eigenthümliche Entschädigung, daß dir, wenn ringsumher Schweigen herrscht, die Ohren klingen und in tiefer Finsterniß es dir vor den Augen flimmert, kann dich nicht befriedigen. Es thut eben nicht wohl, wenn man von den alten Eindrücken der Nerven leben muß. Aber Unbeschäftigtheit des Geruchs= und Geschmackssinns wirkt lähmend, beunruhigend. Diese beiden Sinne sind am meisten unbefriedigt, und so trieb uns der Instinkt, etwas zu suchen, was uns besänftigt, beruhigt. Man könnte fragen, womit denn das schöne Geschlecht seine Geruchs= und Geschmacksnerven befriedigt, wenn diese hungern? Die Antwort liegt nahe: die Damen lieben die Wohlgerüche und essen öfter als die Männer. Der stärkere Trieb des Mannes bedarf einer anhaltenderen Beschäftigung. So erfand er für seinen Geschmack und Geruch das Tabakrauchen." Sollte indessen der eine oder andere Raucher in dieser Schlußfolgerung keine Befriedigung finden, so bleibt ihm unbenommen, von einem höheren oder tieferen Standpunkte aus sein Rauchwölkchen gemütlich in die Luft zu blasen.
- Eine seltsame Figur machte in den Straßen in München Aufsehen. Es war ein ziemlich alter Mann in mächtigem Bart, auf dem Kopf einen grauen umflorten Cylinderhut, auf der Brust zahlreiche Medaillen, an der Seite eine ungeheuere Feldflasche, an den Füßen und Beinen mächtige Reitstiefel mit himmellangen Sporen und in der Faust eine Laterne wie Diogenes, der Menschen suchte. Gravitätisch schritt er auf und ab, bis ihn die Polizei nach dem Woher? und Wohin? fragte und herausbrachte, daß er ein geisteskranker Ingenieur aus Unterfranken sei, es selber sagte, er sei Midhat Pascha.
- Im Stadttheater zu Mödlin bei Wien standen gerade die beiden, eine reiche Einnahme verheißenden Zugstücke "Der geschundene Raubritter" und "Der Mord in der Kohlmessergasse" auf der Tagesordnung, als die Frau Directorin, deren Mann die Leitung der Vorstellungen seiner geschäftskundigen Ehehälfte überlassen und sich nach Krems begeben hatte, am Morgen des Aufführungstages

[ => Original lesen: 1877 Nr. 23 Seite 6]

die entsetzliche Meldung empfing, daß ein Schauspieler ohne dessen Mitwirkung an die Aufführung des Mords in der Kohlmessergasse gar nicht zu denken war, krank und bettlägerig geworden sei. Rasch entschlossen telegraphirte sie mit möglichster Kürze um Verhaltungsmaßregeln an ihren Mann nach Krems und begann die Depesche mit den Worten: "N. N. krank, Raub möglich, Mord nicht".
Das von der amtirenden Telegraphistin unbedenklich über Wien weitergegebene Telegramm mußte daselbst ernste Bedenken erregt haben; denn nach wenigen Stunden erhielt die Gensdarmerie von Mödling eine Abschrift davon mit dem Befehle von Wien zugefertigt, zur Verhütung des beabsichtigten Verbrechens schleunigst in Thätigkeit zu treten. Glücklicherweise löste sich das Mißverständniß bald zu allseitiger Beruhigung, und auch das Glück that noch ein Uebriges, indem es den erkrankten Schauspieler vor Abend wieder auf die Beine brachte, sodaß sich die Mödlinger nicht einmal um den Genuß des Mordes betrogen sahen.
- Berlin. "Sie können sich darauf verlassen, Madam - ich habe Keinen, mit so was halten wir uns nich!" Das war die den Eindruck der Wahrheit machende Antwort, welche die am 1. März neu engagirte Köchin ihrer in der Köpnickerstraße wohnhaften "Madam" gab, als diese sich nach Berthas "Verhältnissen" erkundigte. - Die Dame verließ sich zwar darauf, aber sie sah nur zu bald ein, daß sie es zu ihrem Schaden gethan hatte. Bertha hatte nämlich doch "Einen" und sie hielt ihn sich so wenig heimlich, daß der Auserwählte schon am dritten Abend von dem sechsjährigen Töchterchen der Herrschaft entdeckt wurde. Das Kind kam nämlich ganz furchtsam in die Stube gelaufen und rief der Mama zu: "Da draußen in der Küche steht ein großer Schutzmann". - Als Mama demzufolge ganz entsetzt in die Küche eilte, da fand sie zwar keinen Schutzmann, wohl aber einen Grenadier vor, der sich's an einem Tische bequem gemacht hatte und Kalbskeule nebst Bratkartoffeln schmauste. "Wo ist Bertha?" rief sie vor Wuth bleich werdend, aber doch etwas furchtsam dem Krieger entgegen. "Sie holt mir blos eene doppelte Weiße zum Abendbrod", lautete die Antwort. Da der Herr des Hauses nicht anwesend war, so ließ die Dame für diesen Abend Alles über sich ergehen. Am andern Morgen jedoch mußte die heuchlerische Bertha wieder abziehen, da sie sich doch mit "so was" gehalten, und wie eine Revision von Küche und Keller und Wein ergab, war der Grenadier in den paar Tagen der Herrschaft bereits sehr theuer geworden. "Sie können lange suchen, ehe Sie Eine "ohne" kriegen, Madam!" Das waren Berthas prophetische Abschiedsworte, und so wird's auch wohl sein.
- Eine einfach gekleidete, aber recht hübsche junge Frau ging eiligen Schrittes durch die Straßen Berlins. Da gesellte sich zu ihr ein aufgeschniegelter Stutzer und fragte näselnd: "Haben Sie so große Eile, liebes Kind?" - Die junge Frau antwortete, ohne in ihrem Dauerlauf einzuhalten: "Sehr große Eile". - "Es ist aber schon finster und Sie gehen ganz allein auf der Straße; fürchten Sie sich vor nichts?" - "O ja". - "Vor Gesindel?" - "O nein". - "Vor was denn?" - "Vor zudringlichen Laffen". - "Das soll wohl ein Stich auf mich sein?" - "Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen". - "Sie können also auch impertinent sein?" - "Sehr". - "Darf ich Sie begleiten?" - Und ohne die Antwort abzuwarten, blieb der Geschniegelte an der Seite der Eiligen und setzt das Gespräch fort: "Sind Sie verheirathet?" - "Nein". - "So leben Sie bei Ihren Eltern?" - "Nein". - "Aber jagen Sie doch nicht so!" -. "Sie brauchen ja nicht mit zu rennen". - "Wo wollen Sie denn hin?" - "Ueber die Brücke, geradezu, in das große Haus". - "Und da wohnen Sie?" - "Nein, aber ich bleibe die Nacht über dort, wie ich es schon wiederholt gethan". - "Was machen Sie denn da?" - "Nun, wenn Sie es denn durchaus wissen wollen, ich habe die Nachtpflege bei einem . . . . . Pockenkranken!" - Wie ein scheu gewordenes Roß sprang da der Zierbengel plötzlich zur Seite und war im nächsten Augenblick spurlos verschwunden, während die schlagfertige junge Frau beinahe den Lachkrampf bekommen hätte.
- Zu einem Fleischer in Berlin trat dieser Tage ein feingekleideter Herr in den Laden, der einen Schinken unter dem Arm trug, und bat ihm aus Gefälligkeit denselben auszuwiegen. Nach dem Preise gefragt, erwiderte der Fleischer: "Nichts!" Der Herr empfahl sich dankend mit dem Schinken unter dem Arme, und verschwand. Nach einigen Minuten merkte der Fleischer, daß ihm einer der vor der Ladenthür zum Aushange dienender Prima=Schinken fehlte, und zu seinem nicht geringen Erstaunen theilte ihm ein Nachbar mit: der Herr, welcher soeben den Laden verlassen, habe den Schinken ja frank und frei abgenommen und sei damit in den Laden gegangen. Der Fleischer hatte also seine eigene Waare ausgewogen, und auf die Frage was es koste, obendrein mit "Nichts" geantwortet.


Schrecklicher Familienmord.

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