No. 11
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. Februar
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 11 Seite 1]

   Von Großherzoglicher hoher Landes=Regierung zu Neustrelitz ist der Großherzoglichen Landvogtei aufgegeben worden, anstelle des verstorbenen Quartiersmannes Webermeisters Kaehler hieselbst die Neuwahl eines anderen Mitgliedes der hausgesessenen Bürgerschaft einschließlich der 8 Bauleute der Stadt Schönberg, zur Landes=Vertretung zu veranlassen.

   Zwecks Ausführung dieses Auftrages steht ein Termin auf

Mittwoch, den 7. d. Mts.,
Vormittags 12 1/2 Uhr

im Sessionszimmer des Registraturgebäudes hieselbst an, und wird die hausgesessene Bürgerschaft einschließlich der 8 Bauleute in Schönberg hiedurch aufgefordert, sich zu diesem Termine einzufinden, um in Grundlage der Verordnung vom 15. Januar 1870 an der Wahl sich zu betheiligen.

   Zur Legitimation bei Ausübung der Wahl hat jeder berechtigte Wähler sich mit seinem Bürgerbriefe zu versehen.

   Schönberg, den 3. Februar 1877.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.      H. Wohlfahrt,      v. Arnim.


Politische Rundschau.

Deutschland. Die nunmehr bis auf eine sehr kleine Zahl definitiv vollzogenen Wahlen für den Reichstag haben der nationalliberalen Partei zwar unter allen Parteien wieder die größeste Anzahl von Sitzen im Reichstage erworben; aber unter allen Parteien haben auch gerade die Nationalliberalen die bedeutendsten Verluste gehabt, während die Konservativen verhältnißmäßig den größesten Zuwachs erhalten haben. Der relative Mißerfolg hat die Nationalliberalen auf den Gedanken gebracht, daß das vielgepriesene allgemeine Wahlrecht für ihre Partei doch nicht so günstig sei, als man erwartet hatte; und in verschiedenen Blättern ist bereits die Idee aufgetaucht das allgemeine Wahlrecht zu beschränken. Natürlich, der Liberalismus kann nur Interessenpolitik treiben, und fast alle Gesetze, die derselbe fabriziert hat, sind durch das Parteiinteresse diktirt worden. Darum wäre es keineswegs verwunderlich, wenn nun das allgemeine Wahlrecht durch den Liberalismus selbst wieder aufgehoben würde; doch scheint man im nationalliberalen Lager von diesem Gedanken als einem "unzeitgemäßen" bereits wieder zurückgekommen zu sein, während man in "freikonservativen" d. h. regierungsliberalen Kreisen noch daran festhält. Wir Konservative werden dem demokratischen Prinzipe des allgemeinen Wahlrechtes gewißlich niemals das Wort reden, denn wir halten dasselbe für ein in sich selber verkehrtes und unwahres. Wenn es nach Wahrheit und Billigkeit ginge, sollten im Staate den höheren Verdiensten und den größeren Pflichten auch die höheren Rechte entsprechen; nicht aber soll jeder gleiche Rechte haben, wo die Pflichten sehr ungleich sind. Auch sollte Niemandem ein Recht gegeben werden, dem die Fähigkeit fehlt, das Recht auszuüben. Was verstehen z. B. die meisten Sozialdemokraten vom Staate und vom wahren Wohle desselben, und woher sollen sie etwas davon verstehen? Es ist sehr unrecht, den Sozialdemokraten bewußte Staats= oder Reichsfeindschaft vorzuwerfen, wie wenig es sich leugnen läßt, daß der Sozialdemokratismus im Prinzipe die schlimmste Reichsfeindschaft ist. Aber die Leute verstehens nicht besser, und in ihrer Hand ist das allgemeine Wahlrecht, was ein Messer ist in der Hand eines Kindes; und die Einführung desselben dürfte der schlimmste politische Fehler sein, der überall begangen werden konnte. In Frankreich, von wo man das Prinzip geholt hat, und wo dasselbe anfänglich für Napoleon so überaus günstige Wirkung hervorbrachte, hat es bereits dem Kaiserthum den Hals gebrochen und erstrebt mit aller Macht die rothe Republik. Davon hätte man lernen sollen. Doch nun wird es schwer sein, die Geister, die einmal gerufen sind, wieder los zu werden.
An den Reichstag wird eine Petition um Wiederaufhebung des Impfzwanges gerichtet werden, die von vielen ärztlichen Autoritäten, Gelehrten etc. unterschrieben ist, und worin 251 Fälle angeführt werden, in denen infolge der Impfung böse Krankheiten übertragen sind und sehr häufig der Tod verursacht ist. Auch wird das Urtheil englischer Parlamentsmitglieder, angeführt, welches lautet: Die Zwangsimpfung mache den Mord gesetzlich.
Der frühere Direktor der Reichsjustizabtheilung, Herr von Amsberg hat von Sr. Majestät dem Kaiser den Stern zum Königl. Kronenorden zweiter Klasse erhalten und soll zum Vorstande der Ministerien der Justiz und des Kultus in Mecklenburg=Schwerin ernannt worden sein.
Dem "Rh. Cour." zufolge ist die frühere Königin von Hannover schon vor längerer Zeit in Wien zum Katholizismus übergetreten, und ihre drei Kinder sollen ihrem Beispiele gefolgt sein. Die Veröffentlichung dieses Schrittes soll bisher aus Rücksicht auf ihren Gemahl unterblieben sein.
Die Herren von Kardorff und von Bethmann=Hollweg haben nun wirklich ihre längst erwarteten Beleidigungsklagen gegen Herrn von Diest=Daber anhängig gemacht und dieselben zugleich auch auf die "Post" ausgedehnt, die die beleidigende Erklärung des Herrn von Diest zuerst veröffentlicht hat.
Italien. Die Gesundheit des Papstes soll beinahe wieder hergestellt sein. Seine Krankheit ist durch eine Erkältung verschuldet gewesen.
Die beabsichtigte Feier des achten Jahrhundert=Tages der Demüthigung Heinrichs IV. zu Canossa ist wenigstens in Italien vernünftigerweise unterblieben Nur in Deutschland haben einzelne liberale Zeitungen den Tag durch lange Leitartikel gefeiert.

[ => Original lesen: 1877 Nr. 11 Seite 2]

Türkei. In Konstantinopel ist schon wieder eine Minister=Veränderung eingetreten.
Die Friedensunterhandlungen zwischen der Türkei und Serbien werden in Wien geführt. Doch scheinen dieselben nicht rechten Fortgang nehmen zu wollen. Auch mit Montenegro sind bereits Friedensunterhandlungen eingeleitet worden.


- Halten wir einmal Heerschau über den neuen Reichstag, nachdem die Nach= und Stichwahlen stattgefunden haben und das Ergebniß bis auf 5 Wahlen feststeht. Sozialdemokraten treten 13 in den Reichstag - von Aberglauben sind die Herren hoffentlich frei - : Blos Jurist, Rittingshaus Jurist, Liebknecht Philolog und Redacteur, Demmler Hofbaurath; das sind die "studirten" Sozialdemokraten. Ferner ihre Kollegen Hasenclever, Most und Frohme, Redacteure des "Vorwärts" der "Berliner Freien Presse" und des "Volksfreund". Motteler und Bracke sind Kaufleute, Bebel Drechsler, Geiser Schriftsetzer, O. Kapell Zimmermann und Fritzsche Cigarrenarbeiter. (Demmler und Rittinghausen sind nicht nur die Senioren (70ger), sondern auch die Rothschilde der Partei, sie zahlen eine sehr anständige Einkommensteuer.) Die Nationalliberalen zählen 128 Mitglieder, sie bilden die stärkste Partei, die zweitstärkste ist das Centrum mit etwa 98 Mitgliedern (darunter 5 protest. Gäste). Die drittstärkste Partei ist die deutsche Reichspartei (freicon. Fr.) mit 37 Mitgl.; die anderen conservativen Fraktionen haben zusammen etwa 36 Mitgl. Dann folgt die Fortschrittspartei mit 33 Mitgl. (die aus dem Fortschritt ausgetretene Gruppe Löwe zählt 11 Mitgl.); Polen 14; die deutsche Demokraten= oder Volkspartei 4; Elsaß=Lothringer: 6 Autonomisten, 5 Protestler, 4 Clericale; 7 Wilde und 1 Däne, der sehr zahm geworden ist. Die Gesammtzahl aller Abgeordneten beträgt 397, die absolute Mehrzahl bei Abstimmungen 199.
- Das Ergebniß der letzten Volkszählung in Preußen ist, der St.=B.=Z. nach, folgendes gewesen: Etwa 1/10 aller männlichen Bewohner und ein noch bedeutenderer Procentsatz der weiblichen Bewohner im Alter von 10 und mehr Jahren ist ohne alle Schulbildung und kann weder lesen noch schreiben! Unter den 18,576,801 über 10 Jahre alten Personen des preußischen Saales befinden sich 2,260,277 des Lesens und Schreibens Unkundige, also über 20 Proc., wovon 863,843 aus die männlichen und 1,396,343 auf die weibliche Bevölkerung kommen. Am Uebelsten steht es in der Provinz Posen, die bei 1,146,668 Einwohnern 420,000 des Lesens und Schreibens Unkundige zählt; dann folgt die Provinz Preußen mit 2,323,000 Einwohnern und 769,692 des Lesens und Schreibens Unkundigen; hierauf Schlesien mit 2,797,050 Einwohnern und 392,406 des Lesens und Schreibens Unkundigen, sodann die Rheinprovinz mit 2,701,651 Einwohnern und 196,741 des Lesens und Schreibens Unkundigen. In der Rheinprovinz ist noch besonders bemerkenswerth, daß 65,442 Männern die elementare Schulbildung abgeht, während dasselbe bei 131,293 Frauen der Fall ist. Sogar in dem altpreußischen Stammlande der Mark Brandenburg bleibt viel zu wünschen übrig, denn von 2,255,965 Personen können 123,167 weder lesen noch schreiben; ja selbst in der Kaiserresidenz Berlin, "der Metropole der Intelligenz", sind 4108 Personen männlichen und 9469 weiblichen Geschlechts ohne alle und jede Schulbildung.
- In London erwartet man demnächst das Eintreffen einer Gesandtschaft aus dem himmlischen Reiche, welche daselbst ihren Sitz nimmt und, so viel bekannt, die erste Gesandtschaft ist, die der Hof von Peking an einem fremden Hofe ständig unterhält. Dieselbe besteht, wie chinesische Blätter melden, aus 2 schon bejahrten grundgelehrten Mandarinen Namens Kwohsung tau und Lin Si=hung. Der erstere ist Wittwer und bringt ein paar "Hülfsweiber" mit. Zwei Zöglinge aus der Sprachenschule in Peking begleiten die Gesandtschaft als Hülfsarbeiter. Damit sie sich kein luxuriöses Leben angewöhnen, hat man die Vorsicht gebraucht, allen diesen Herren nur einen äußerst geringen Gehalt anzuweisen.
- Die Conferenzherren in Constantinopel wurden aus Constantinopel beinahe heimgelacht. Die Türken tragen die Köpfe hoch und sie lassen ihre Köpfe hängen. Das kommt davon, daß sie eine türkische Nationalgeschichte nicht zu rechter Zeit d. h. am Anfang der Konferenz nicht gekannt haben. Zwei Paschas heiratheten an demselben Tage zwei Schwestern, die eine erwies sich als eine gehorsame Griseldis, die andere als herrschsüchtige Katharina. Der Pantoffel=Pascha ging zu seinem Schwager und fragte: wie hast Du's angefangen, daß Dir Deine Frau gehorcht? - Sehr einfach, lautete die Antwort, am Hochzeitsabend habe ich ihrer Lieblingskatze den Kopf abgehauen. - Eilig rannte der Pascha nach Hause und in das Gemach seiner Frau und hieb dem Lieblingskater den Kopf mit einem Streiche ab. Frau Katharina sah lächelnd zu und sagte: Mein Lieber, Du hättest der Katze den Kopf am Hochzeitsabend abhauen sollen.
Am 15. Febr. erlischt die Einlösungsfrist für die Zweithaler= (3 1/2 fl.) und Drittelthalerstücke deutschen Gepräges, und werden dieselben später weder in Zahlung angenommen noch umgewechselt. Dasselbe gilt von den österreichischen Zweithalerstücken.
Die deutsche Seewarte stellt folgendes Wetter vom 1. Februar an in Aussicht: Kurzer Zeitraum ruhigeren, dabei ziemlich heiteren und trockenen Wetters, dann wieder unruhige feuchte Witterung mit auffrischenden südlichen Winden.
- In Essen zerriß ein blutjunger Züchtling mit einem Rucke die Kette an seinen Händen. Man fesselte ihn stärker kreuzweis an Händen und Füßen und er warf zum zweiten Mal die Ketten dem Aufseher vor die Füße mir den Worten: "Ihr könnt mich schließen, wie Ihr wollt, fest kriegt Ihr mich doch nicht!"
- In Düsseldorf ist der Lieutenant Suerwandt mit einem Kürassierpferd (Wallach) zweimal hintereinander über die auf die Bande frei aufgelegte Stange in Höhe von 5 Fuß 5 Zoll gesetzt, ohne die Stange zu berühren.
- Prinz Lulu ist ein sehr gewandter Velocipedist geworden. In Gesellschaft von Murat und Rasponi saust er auf der öffentlichen Promenade in Florenz vorüber, daß es den Zuschauern eine wahre Freude ist. Unter Umständen geht freilich nichts über Schnelligkeit der Bewegung.
- In Düsseldorf hat ein Mädchen ihren Schatz, einen Ulanen erstochen.
- In Pesth hat sich der Staatsanwalt Tomaschek erschossen.
- In Düsseldorf ist der Herzog Eugen von Württemberg (geb. 1846), seit 2 Jahren mit der russischen Großfürstin Vera vermählt, gestorben.
- Auf dem Markte in Mannheim wurde Butter weggenommen, die mit geschlemmter Kreide stark vermengt war.
- Ein origineller Selbstmord wird aus Vasarhely gemeldet. Dort hat sich ein Musikant an seiner Baßgeige aufgehängt.
- Zweiundsiebzig Arbeiter in den Borsig'schen Fabriken in Berlin feiern in diesem Jahre ihr 25jähriges Arbeiterjubiläum. Sie erhalten von ihrem Arbeitgeber jeder 75 Mark und eine gute silberne Uhr zum Geschenk.
- Aus der Glockengießerei von Große in Dresden ist die große Glocke der Hamburger Nikolai=Kirche hervorgegangen. Sie wiegt bei einem Durchmesser von 2,25 Meter 6500 Kilo. Sie trägt außer der Inschrift: "Inest mihi aes ao. Dni. MDCCCLXX pie recuperatum monumentum Concordiae Imperio obsignatae" (In mir berge ich im Jahre des Herrn 1870 rechtlicherweise wiedererworbenes Erz als ein Denkmal der durch das Kaiserreich besiegelten Eintracht) auf der einen Seite das Reliefporträt des Kaisers Wilhelm, auf der anderen dasjenige Schiller's; über jenem steht: "Soli Deo Gloria," über diesem "Concordia". Ihr Ton ist F und dessen Reinheit ebenso vollkommen, wie die Schönheit der Reliefs und Ornamente. Gegenwärtig hat dieselbe Gießerei das aus zehn Glocken bestehende Geläute für den Kaiserdom zu Frankfurt in Arbeit; dasselbe wird ein Gesammtgewicht vor circa 27,000 Kilo, die größte Glocke darunter ein Gewicht von 13,000 Kilo haben. Auch hierzu werden französische Geschütze verwendet. Bemerkt sei noch, daß Dresden zwar schon


[ => Original lesen: 1877 Nr. 11 Seite 3]

Anzeigen.

Holzverkauf.

Am Donnerstag, den 8. Februar Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Lenschow zu Selmsdorf nachstehende Holzsortimente aus den Hohemeiler Tannen meistbietend verkauft werden:

110 Rmt. kiefern Kluft.
290 Rmt. kiefern Knüppel.
    5 1/2 Fuder kiefern Durchforstholz I. Cl. bis Lattenstärke.
    1 starker Eichen=Nutzholzdrumm liegend beim Hohenmeiler Forstgehöfte.
Der Herr Förster Polle zu Hohemeile ertheilt nähere Auskunft über den Standort des Holzes.
Schönberg, den 4. Februar 1877.

Der Oberförster     
C. Hottelet.       


Holzverkauf.

Am Donnerstag, den 8. Februar d. J. werde ich in meiner Holzkoppel:

150 Rmtr. buchen Klobenholz und
  79 Haufen diverses Buschholz
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen lassen. Der Verkauf beginnt Morgens 10 Uhr an Ort und Stelle.
Lockwisch, den 6. Februar 1877

H. H. Oldörp.     
Schulze.        


Holzauction.

Am Montag den 12. Februar sollen auf der Rehnaer Feldmark

30-40 Pappeln

meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden. Käufer werden ersucht, sich am gedachten Tage, Nachmittags 2 Uhr, an der Grevesmühlener Landstraße einzufinden.
Rehna, den 6. Februar 1877.

J. Lau, Senator.     


Vom 1. Februar c. ab decken auf der Beschälstation Schönberg

1. Y. Lucullus, Fuchshengst, v. Lucullus a. e. Ivenaker Stute zu 15 M.
2. Norfolk, dbr., v. Y. Rustic, M. v. Romeo zu 15 M.
3. Phantom, Schimmelhgst., v. Cardinal a. e. meckl. Stute zu 10 M.
4. Quatember, rothbr., v. Celeber a. e. meckl. Stute zu 10 M.
und dem bisherigen Stallgeld an den Gestütsdiener.
Neustrelitz, den 26. Januar 1877.

Großherzogliches Marstall=Amt.
D. von Bülow.


Die
Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt
in Schönberg

ist an jedem

Mittwoch,
von 8-12 Uhr Vormittags

geöffnet.

Die Vorschuß=Anstalt nimmt auch nach dem Termine - jederzeit Summen von 300 M.und darüber an und verzinst sie auf halbjährige Kündigung mit 4 % jährlich, auch gewährt dieselbe Darlehnen gegen 5 % und gegen Bürgschaft zweier solider im hiesigen Fürstenthume wohnhafter Männer oder gegen Verpfändung von Werthpapieren.
Die Ersparniß=Anstalt nimmt Einlagen auch unter 300 M.jederzeit an und verzinst dieselben für volle Fünfmarkbeträge mit 3 7/10 % aufs Jahr vom ersten des auf die Einzahlung folgenden Monates an.
Schönberg, den 3. Februar 1877.

Das Directorium.     


Heute Morgen 2 1/2 Uhr entschlief sanft in dem Herrn nach kurzer Krankheit unsre liebe Mutter, die Kirchenräthin Wilhelmine Arndt geb. Riemann, im 80. Lebensjahre.
Domhof=Ratzeburg, den 2. Februar 1877.

Die hinterbliebenen Kinder.     


Wilhelm Kelling.
Caroline Hempel.
        Verlobte.

Schönberg, den 1. Februar 1877.


Diejenigen jungen Leute, welche zum Zwecke ihrer Vorbildung für das Großherzogl. Seminar die Mirower Ortsschule besuchen und sich um die zu diesem Zwecke im Seminar errichteten Freitische bewerben wollen, werden, falls sie eingesegnet sind, aber das 16. Lebensjahr noch nicht überschritten haben, hiedurch aufgefordert, ihre Gesuche unter Beifügung eines selbstgeschriebenen Lebenslaufes, eines Geburtsscheines und eines Zeugnisses des competenten Pastors über ihr sittliches Verhalten binnen 14 Tagen hierher einzusenden und am

Mittwoch, den 28. d. M.,
Morgens 8 Uhr.

zu der mit ihnen anzustellenden Prüfung und ärztlichen Untersuchung im Seminar sich einzufinden.
Mirow, den 1. Februar 1877.

Beckström,       
Seminardirector.     


Diejenigen, welche noch Forderungen an den Nachlaß des Quartiersmann und Webermeister J. Kähler zu haben vermeinen, werden ersucht, ihre Rechnungen binnen 14 Tagen an die Unterzeichneten abzugeben. Zugleich werden Diejenigen ersucht, welche ihm noch Schulden, sich innerhalb 14 Tagen bei der Wittwe oder den Vormündern der Kählerschen Minorennen zu melden.
Schönberg, den 2. Februar 1877.

J. Oldenburg, Schmiedemeister.     
H. Brüggemann, Glasermeister.      


1-2 kleine Mädchen

die zu Ostern die hiesige Schule besuchen wollen, finden freundliche Aufnahme in einer bürgerlichen Familie. Wo? Zu erfragen beim Tischlermeister Fick zu Schönberg.


Dem geehrtesten Publikum Schönbergs und Umgegend bringe ich mein vollständig assortirtes

Sargmagazin

in freundliche Erinnerung.

M. Fick, Tischlermeister.     


Ein Sohn ordentlicher Eltern, der Lust hat das Schuhmacherhandwerk zu erlernen, kann zu Ostern in die Lehre treten bei

J. Bruhn, Schuhmachermeister.
Carlow.


Mein 4jähriger, stark und schön gebauter

Fuchshengst

steht zum Decken bereit.

Hauswirth Hamann.     
Kronskamp.          


Dem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend hierdurch die Mittheilung, daß ich das Geschäft des verstorbenen Webermeisters Köhler (am Kirchhofe) in unveränderter Weise fortsetze und bitte ich daher, das demselben geschenkte Vertrauen auch auf mich zu übertragen. Indem ich stets reelle und gute Bedienung zusichere, bittet um zahlreichen Zuspruch

J. Voss, Tuchmachermeister.     
Schönberg.                 


Dem geehrtesten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich von heute an eine Auswahl neuer Wagen und

eleganter Phaeton

nach neuester Construction und dauerhaft gearbeitet vorräthig halte.

Heinrich Radstein,
Stellmachermeister in Schönberg.


Mittwoch, den 7. Februar
Harmonie und Ball.
Anfang 6 Uhr.
Entree für Herren 1 M.
Der Zutritt ist Jedem gestattet.

Es ladet hierzu ergebenst ein

J. C. Staack.     


[ => Original lesen: 1877 Nr. 11 Seite 4]

Guano der Peruanischen Regierung.

Wir zeigen hierdurch an, dass wir von dem

direct importirten Peru-Guano

eine grosse Anzahl Ladungen auf Lager haben, so dass wir Aufträge darauf jederzeit prompt effectuiren können.
Auf Anfragen über Preise etc. dienen wir bereitwilligst mit näherer Auskunft.
Gleichzeitig bringen wir zur Kenntniss, dass zur bevorstehenden Frühjahrssaison die Gehaltsgarantie und Preise für den

aufgeschlossenen Peru-Guano

unverändert bleiben.
Demgemäß liefern wir denselben in sofort verwendbarer Pulverform unter Garantie eines Gehaltes in demselben von

8 % gegen Verflüchtigung geschütztem Stickstoff und
9 % leicht löslicher Phosphorsäure
ab Lager hier zu folgenden Preisen:
M.285. - bei Abnahme von 30,000 Kilo und mehr,
M.300. - bei Abnahme von unter 30,000 Kilo,
per 1000 Kilo, inclusive Säcke, excl. Verladungsspesen, gegen comptante Zahlung in Reichsmünze und geben über sonstige Verkaufsbedingungen auf Anfrage gern Auskunft.
Zur grösseren Sicherstellung unserer Abnehmer vor Täuschungen, wie solche gerade in letzter Zeit wieder mehrfach zu unserer Kenntniss gebracht worden sind, lassen wir von jetzt ab jeden einzelnen Sack mit einer, unsere behördlich registrirte Fabrikmarke tragenden, nachfolgend verzeichneten Bleiplombe

Bleiblombe                                                    Bleiblombe

versehen, was wir bei Ankäufen zu beachten bitten.
Hamburg, im Januar 1877.

Ohlendorff & Co.
alleinige Agenten der Herren Dreyfus Frères & Cie. in Paris (Contrahenten der Peruanischen Regierung) für den Verkauf des Peruanischen Guanos in ganz Deutschland und dem Norden und von denselben ausschliesslich autorisirte Fabrikanten des aufgeschlossenen Peru-Guanos für ganz Europa und die Colonien.


Ausverkauf bei Ludwig Wendt in Lübeck.
Um mein Lager bedeutend zu verkleinern, sollen nicht nur sämmtliche
Modeartikeln, Confectionen aller Art,
sondern auch                                                    
Gardinen, Möbeln und Teppichstoffe etc. etc.
zu außerordentlich billigen Preisen abgegeben werden.


Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe
in
Grevesmühlen.

Der District des Patriotischen Vereins Grevesmühlen beabsichtigt Ende Mai d. J. gleichzeitig mit der Hauptversammlung und Thierschau des Patriotischen Vereins eine

Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe

zu verbinden.
Die Bedingungen für die Beschickung dieser Ausstellung werden im Wesentlichen dieselben Sein, wie bei früheren Ausstellungen des Patriotischen Vereins, und Sollen demnächst bekannt gemacht werden; bemerkt wird aus denselben Schon jetzt, daß eine Prüfung und Prämirung nicht stattfindet, daß Eisenbahn=Fracht=Ermäßigungen angestrebt, und daß der Transport der Ausstellung=Gegenstände von der Bahn nach dem Ausstellungs=Plätze und zurück unentgeldlich beschafft werden wird; auch ist eine Auktion der Ausstellungs=Gegenstände in Aussicht genommen, wenn Solche von Seiten der Aussteller gewünscht werden sollte.
Grevesmühlen, den 29. Januar 1877.

Die Ausstellungs=Committe.


Erlaube mir hierdurch den geehrten Damen ergebenst anzuzeigen, daß ich sämmtliche Artikel in

Haararbeiten

als: Flechten, Chignons, Rollen, Locken, Armbänder, Ringe, Hals= und Westenketten, Frisirwolle in allen Haarfarben etc. stets zu den billigsten Preisen vorräthig halte.
Von ausgekämmten Haar werden in kürzester Zeit obige Sachen, den Wünschen der Bestellenden entsprechend sauber und billig angefertigt.
Gleichzeitig bemerke noch, daß ich mein Geschäft als Hebamme unbehindert fortsetze.

E. Söhlbrandt, Hebamme,
wohnhaft bei der Conditorwittwe Greiff, Schönberg, Siemzerstraße.


Ich bin beauftragt ein Haus an der Rottensdorfer Chaussee preiswürdig zu verkaufen.

Schmalfeld, Schuhmachermeister.
Schönberg.


Ich suche zu Ostern d. J. für meine Bäckerei

einen Lehrling.

Schönberg.

P. Hagen, Bäckermeister.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen17 M -Pfennig  bis 18 M 70Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer15 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen15 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen15 M 50Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat20 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 .
Enten d. S. M2,50 .
Hühner d. St. M1,20 .
Hasen das Stück M3,50 .
Tauben d. St. M0,45 .
Küken d. Stück M1,20 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,15 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .
Spickgans d. St. M3,50 .


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 11 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 11 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 6. Februar 1877.


- Kaffee und Thee. Der berühmte Gelehrte und Arzt Dr. Virchow schreibt: Es ist nicht bloß eine Frage der Laien, sondern man hat auch wissenschaftlich darüber gestritten, ob Kaffee, Thee und der größere Theil der gegohrenen Getränke einen wirklichen Nährwerth haben oder nicht. Ich will hier im Großen absehen von den eigentlichen gemischten Artikeln, wo einerseits die unzweifelhaft nährende Chocolade, andererseits das Bier zu nennen sind; dagegen hat es ein überaus praktisches Interesse, zu untersuchen, wohin Kaffee und Thee gehören. Kaffee und Thee enthalten sonderbarer Weise denselben Stickstoffkörper, das Kaffeein oder Theein, eine krystallisirte Substanz. Eine Zeit lang hielt man für unmöglich, daß Kaffeein ein Nährstoff sei; insbesondere war man geneigt anzunehmen, daß es die wichtige Bedeutung habe, als Ersatzmittel für verbrauchte Nervensubstanz zu dienen. Schon die überaus geringe Menge von Kaffeein, welche in dem Thee und Kaffee vorkommt, hätte das Unwahrscheinliche dieser Meinung zeigen sollen: in den Kaffeebohnen findet sich wenig mehr als 1/2 % in den Theeblättern je nach der Sorte 1/2-2 1/2 % davon. Später kam man auf den Gedanken, das Kaffeein verlangsame die Zersetzung der Stickstoffkörper und wirke dadurch erhaltend auf die Gewebe des menschlichen Leibes, wie es auch der Alcohol thun sollte. Aber es zeigte sich, daß die thatsächlichen Voraussetzungen dieser Theorie falsch waren; es tritt beim Kaffeegebrauch gar keine Verlangsamung in der Zersetzung des Eiweißes ein. So ist man denn endlich auf die Wahrheit gekommen, daß das Kaffeein nichts mehr und nichts weniger als ein die Nerven stark erregender und, in größerer Menge genossen, geradezu giftiger Körper, ähnlich wie der Branntwein ist. Abgesehen von dem Zucker und der Milch, fährt Virchow weiter unten fort, die man dem Thee und Kaffee hinzusetzt, haben diese als Nahrungsmittel gar keine Bedeutung; sie sind Genußmittel und in manchen Stücken mit zwei andern sehr gewöhnlichen Reizmitteln verwandt, mit Wein und Schnaps, denen man wohl Zucker, selten Milch zuzusetzen pflegt. Wie wir schon gezeigt haben, so sind sowohl das Kaffeein als der Alcohol giftige Substanzen, jenes überwiegend reizend, dieser zuerst reizend, dann schnell lähmend. Beide haben bedeutende Nervenwirkungen und können daher leicht gemißbraucht werden. Die Kaffeeschwestern und Theebrüder, deren Genossenschaften die Mäßigkeitspriester so sehr begünstigt haben, unterliegen also nicht minder einer verwerflichen Leidenschaft, wie die Wein= und Schnappstrinker.
- Afrika ein Kornspeicher der Zukunft. Dem alten Culturlande Europa entstehen immer mehr neue Concurrenten und bedrohen seine gesellschaftlichen und gewerblichen Einrichtungen. In Nordamerika ist man daran, die Mündungen des Missisippi fahrbar für größere Schiffe zu machen, um den Reichthum der oberen Mississippiländer an Getreide leichter auf den europäischen Markt werfen zu können. In Kalifornien entwickelt sich die Bodencultur in ungeahnter Weise, und es wird nicht mehr lange dauern, bis man von Einfuhr kalifornischer Weine nach Europa spricht wie man heute schon der Concurrenz des amerikanischen Hopfens auf dem englischen Markt begegnet. Aber noch mehr, selbst Afrika, dessen Inneres jetzt erst durch kühne Reisende erschlossen wird und das man lange für ein unfruchtbares und unbevölkertes Land gehalten hat, macht Miene, an der Versorgung des europäischen Continents mit Nahrung und Kleidung theilzunehmen. Bereits sendet es uns seine Oele, seine Cocosnüsse, seine Palmkerne, seinen Sesam und seine zahlreichen Gespinnste. Der englische Reisende Cameron hat den südlichen Theil von Afrika durchreist und spricht mit Entzücken von dem Reichthum der Gegenden, die er gesehen hat, an Getreide und anderen Bodenproducten, er nennt sie "einen Kornspeicher der Zukunft."
- In Tübingen spukt seit einigen Wochen der Feuerteufel. Es brennt fast jeden Tag und an manchem Tage zweimal und meist unter Umständen, daß jeder Zufall ausgeschlossen ist. Die ganze Stadt ist in Aufregung, jeder Einwohner ist zum 100äugigen Argus geworden. Beim Zusammenbrechen eines großen Hauses sind zwei brave Feuerwehrleute verschüttet und begraben worden.
- In einem Hause zu Gotha hat eine Wärmflasche einen großen Schreck, glücklicherweise kein Unglück verursacht. Gefüllt und fest verschlossen war sie Abends in die Ofenröhre gesetzt und dort wahrscheinlich vergessen worden. Nachts vernahm man einen ungeheuern Knall, als dessen Ursache sich eine Explosion der Wärmflasche zeigte, welche den ganzen Ofen zertrümmert hatte.
- In Jeddo (Japan) sind in der Nacht des 29. November v. J. 20,000 Häuser niedergebrannt über 106,000 Menschen sind obdachlos, viele todt, viele schwer verletzt. Der österreich. Gesandte v. Schäffer rettete nichts als einen Wagen und sein Silberzeug, die artige Regierung übersandte ihm sofort 12 Sessel, darunter 2 lackirte.
- Von einer Ehescheidung lediglich zu dem Zwecke, um einen Prozeß zu gewinnen, berichtet der Nürnb. Anz. aus Frankfurt. Ein Kaufmann klagte gegen eine allein stehende Dame und wurde mit seiner Klage abgewiesen, weil die Hauptzeugin inzwischen seine Frau geworden war, mithin zur Vernehmung nicht gelangen konnte. Um sich diese Zeugin in zweiter Instanz zu verschaffen, ließ sich der Mann von seiner Frau scheiden, so daß diese in dem Prozesse auftreten konnte, wodurch der Prozeß richtig gewonnen wurde. Der Geschiedene wird seine Frau demnächst wieder heirathen.
- In der Stadt Pößneck war dadurch, daß ein Fleischer und seine Frau, welche Fleisch eines Trichinen enthaltenden Schweines verarbeiteten und verkauften, ehe ihnen das Resultat der Untersuchung bekannt geworden war, eine schwere Erkrankung eines kräftigen Mannes an der Trichinenkrankheit herbeigeführt worden. Das Kreisgericht zu Saalfeld hat den betreffenden Metzger zu 150 M.Geldstrafe oder 7 Wochen Gefängniß, und dessen Ehefrau zu 100 M.oder 4 Wochen Gefängniß verurtheilt.
- Der "Magdeb. Ztg." wird von Naumburg geschrieben: Nachgerade hat auch in hiesiger Gegend die öffentliche Unsicherheit einen bedenklichen Höhepunkt erreicht. Fast keine Woche vergeht, wo nicht Einbrüche aus den Dörfern der Umgegend gemeldet werden. Vor wenigen Tagen ist sogar die Botenpost zwischen Pforta und Naumburg ohnweit des ersteren Ortes auf offener Straße Abends 7 Uhr von einem aus dem Hinterhalt hervorbrechenden Strolche angefallen und der Handwagen des Boten von dem Wegelagerer untersucht worden. Der Fußbote ließ den Strolch so lange ruhig gewähren, bis der mächtige Ziehhund seiner Fesseln entledigt war und mit "Pack ihn!" auf den Angreifer losgelassen werden konnte. Letzterer suchte vor diesem Gegner sofort das Weite, und ungeschädigt setzte die "Fußfahrpost" ihren Weg fort.
- Die jetzt natürlich von ihren Besitzern nicht bewohnten Weinbergshäuschen scheinen von den Umhertreibern als sicheres Nachtquartier vielfach benutzt zu werden. Mehrere dieser Häuschen sind erbrochen worden, und zurückgelassene Speisereste, Streulagen und Kochtöpfe machen es unzweifelhaft, daß man dort genächtigt, gekocht und gebraten hat; die aufgehäuften Weinpfähle in den Bergen liefern ein treffliches Heizmaterial für die nächtlichen Freibeuter, und die Bergbesitzer haben noch immer Ursache

[ => Original lesen: 1877 Nr. 11 Seite 6]

sich zu freuen, wenn die Häuschen selbst nicht in Flammen aufgehen.
- Federrupf=Maschine. Unter dem Namen "Pectoplume" kündigt ein amerikanisches Blatt eine Maschine an, welche das zeilraubende Rupfen des geschlachteten Federviehes besorgt. Die Maschine besteht in ihrem Haupttheil aus einem 12 Zoll im Durchmesser haltenden Rade, dessen Rand mit kleinen Krallen aus Guttapercha besetzt ist. Dieselben sind so construirt, daß sie von oben nach unten durch die Drehung des Rades sich bewegen, alles ergreifen und an sich reißen, was sich ihnen in den Weg stellt. So ergreifen diese Krallen denn die Federn des in angemessenem Abstande ihnen entgegengehaltenen Hühner= oder Gänsekörpers und lassen dieselben, sobald sie am tiefsten Punkt der Umdrehung angekommen sind, fallen. Vermittelst eines sehr passend angebrachten Luftzuges werden nun die kleinen Federn in eine Röhre geblasen, während die größeren in eine Art Trichter fallen, woselbst eine automatische Hand sie erfaßt, zusammendrückt, mit Draht umwickelt und in einen Korb ablegt, der von Zeit und Zeit, sobald er gefüllt, durch einen neuen ersetzt wird. Die Maschine wird durch ein Trittbrett bewegt; ein geübter Mensch ist im Stande, mittels derselben 50-60 Stück Geflügel gewöhnlicher Größe in der Stunde sauber zu rupfen, eine Arbeit, die bisher zu den zeitraubendsten gehörte. Die Landwirthe in Pommern und Preußen, welche oft ganze Waggons voll geruppter Gänse nach Berlin verladen, werden nicht wenig erfreut sein, wenn die Erfindung sich bewährt.
- Die Post war noch nicht viele Jahre aus der Taxis'schen Leitung auf das Reich übergegangen, als Generalpostmeister Stephan in das süddeutsche Städtchen B. kam. Im Posthofe trifft er einen alten Postillon und fragt ihn "unbekannter Weise": Nun, wie gefällt's Euch jetzt unterm Reich? - I nu, erwiderte der Postillon, 's wäre alles ganz schön, wenn nur die grausame Ordnung nicht wäre!
- In den amerikanischen Wahlkämpfen spielen, wie bei den englischen Pferdenrennen, die Wetten eine große Rolle. Die vernünftigste Wette Schloß ein Liebespaar ab. Er war republikanisch gesinnt, Sie democratisch; siegten die Republikaner, so hatte Er gewonnen und Sie mußte ihn heirathen; siegten aber die Demokraten, so war Sie im Vortheil und Er mußte sie heirathen.
- Am Weihnachtsabend hatte sich eine Mutter Schleier und ein weißes Tuch umgehangen, um bei ihren Kindern die Rolle des Christkindes zu spielen. Als sie zur Thüre hereintrat, fragte sie einen 4jährigen Jungen, ob er auch wisse, wer sie sei, "O! das weiß ich wohl, antwortete der kleine Schlaukopf, "du bist die Mama; ich erkenne dich an dem großen Loch im Strumpf."
- Im 26. Wahlbezirk in Dresden fand man folgenden Stimmzettel in der Urne: "O Bebel, bekehre Dich, denke an das ewige Gottesgericht, bekehre Dich! Lieber Freund Bebel! Dieses Mal hast Du noch meine Stimme, aber wenn Du wieder nach Dresden kommst, so lege den Pelz ab, gehe im blauen Kittel wie wir anderen Arbeite, es schickt sich gar nicht, von der Noth der Arbeiter predigen und selbst im großen Pelz zu stolziren. Glaube Du auch an Gott und Jesum Christum, nur der kann helfen, aber wir Sozialdemokraten nicht. Ein vernünftiger Arbeiter, der früher ganz und gar ein Sozialdemokrat war."
- Zur Wahlurne in Dresden kam ein Mann, der sich Richter nannte. Ihr Vorname? wurde er gefragt. - "Den weiß ich nich!" antwortete er. - Wie, Sie kennen Ihren Vornamen nicht? - "Ja, hernse," sagte er treuherzig , "ich bin ja gar nich der Richter; Richter kann nich selber kommen und da sull ich fer'n den Zettel geben." - An einer anderen Wahlurne erschien ein Lehrling. Was wollen Sie? - "Mein Meester schickt den Stimmzettel." - Da muß Ihr Meister selber kommen. - "Nee, der kann nich, der ist krank, aber stimmen muß er."
- Wir können den Zettel nicht annehmen; sagen Sie ihm das. - Der Lehrling nahm endlich ängstlich den Zettel zurück und brummte: "Na, da wird mei Meester aber scheene beese sein."
- In diesen Tagen passirte in der Nähe von Göttingen auf einem Dorfe folgende Geschichte. Ein Schornsteinfeger geht dort seiner Arbeit nach. Weil der Abend ihm zu rasch kommt, muß er hier übernachten und bittet bei dem Hauswirthe, wo er den letzten Schornstein gereinigt hat, um ein Nachtlager. Seine Bitte wird ihm gewährt und auf den Boden ihm eine Schlafstätte eingeräumt. In der Nähe derselben befand sich aber eine ansehnliche Menge Fleisch und Speck. Der müde Arbeiter begiebt sich bald zur Ruhe und liegt nach wenigen Minuten bereits im besten Schlafe. Um die Mitternachtsstunde aber wird er durch ein Geräusch plötzlich aus seinem Schlafe aufgestört; er hörte Schritte und vernimmt leise Reden. Soweit er in der Dunkelheit der Nacht sehen kann, sind drei handfeste Männen auf dem Boden, jedensfalls in der Absicht, ihre Hände auszustrecken nach dem Vorrathe von Fleisch und Speck. Damit die Finsterniß etwas erhellt werde, versuchen sie Streichhölzer anzuzünden; aber es will ihnen nicht gelingen. "Ick wull, de Düwel käm und lüchte uns sülbens" sagte in seiner Verwegenheit der eine von den Diebesgesellen. Da aber erhebt sich der Schornsteinfeger und macht ein Licht an, und als die bösen Gesellen den schwarzen Mann gewahr werden, ergreift sie, von dem bösen Gewissen getrieben, eine namenlose Angst. In großer Eile machen sie sich davon, und in der Angst sieht der Eine nicht mehr, wohin er eilt, er stürzt vom Boden, kommt freilich mit dem Leben davon, kann aber seine Flucht nun nicht fortsetzen, sondern muß unfreiwilliger Weise bleiben und sein und seiner Gesellen böses Vorhaben bekennen.
- In Folge einer sehr heiteren Verwechslung hat ein reicher Engländer kürzlich die Stadt Görlitz kennen gelernt. Dieser Sohn Albions hatte einige Monate in dem "billigen Deutschland" verlebt und wollte nun von Dresden aus auf dem kürzesten Wege seiner Insel=Heimath zufahren. Er verlangte deshalb auf dem dortigen Bahnhofe ein Billet nach Calais, spricht aber, wie Engländer nun einmal zu sprechen pflegen, statt "Calais" "Källis"; der Schalterbeamte, in dessen Geographiebuch derartige Verstümmelungen nicht verzeichnet waren und der noch dazu als Vollblut=Sachse das harte G für ein weiches K hört, versteht nicht andere als "Görlitz" und stempelte ein Billet Dresden=Görlitz ab. Der Engländer wunderte sich nun wohl, daß er, obwohl er natürlich erster Klasse fährt, auf seine Fünfhundert=Mark=Note 491 Mark 60 Pfennige zurückerhält, indessen denkt er, in Deutschland ist ja Alles billig und - und fragt den Portier, wo der Zug nach "Källis" steht, wird prompt hingewiesen und besteigt sein Coupe erster Klasse, nachdem ihm auch der Schaffner noch auf seine Frage "Källis?" bejahend geantwortet hat. Nach 2 1/2stündiger Fahrl hält der Zug auf dem Görlitzer Bahnhofe, das Coupe des Engländers wird mit dem Rufe geöffnet:
"Görlitz, Alles aussteigen!" Nun ist aber sein Erstaunen grenzenlos; er wehrt sich. So gut sein Deutsch und seine Pantomimen es gestatten, gegen die Zumuthung, schon jetzt in "Källis" zu sein und muß hinaus und mit dem verzweifelten Rufe: "Who speak English here?" rennt er den Perron auf und ab bis eine rettende Stimme ihm antwortete: "What do you want Sir?" Er erzählt dem Englisch sprechenden Rettungsengel Alles und nachdem dieser mit einiger Mühe den Irrthum aufgeklärt, kehrt die nationale Ruhe des Engländers bald zurück, er findet sich stoisch in sein Geschick, ladet den unbekannten Rettungsengel zu einem Frühstück ein, holt dann seinen "Bädeker" vor, schlägt Seite 148 "Görlitz" auf, nimmt eine Droschke erster Klasse, fährt alle in dem rothen Cicerone angegebenen Sehenswürdigkeiten ab, kehrt dann nach dem Bahnhofe und von da mit dem nächsten Zuge nach Dresden Zurück, um nun nach dem unfreiwilligen Abstecher seinem eigentlichen Ziele zuzusteuern.


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