No. 5
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. Januar
1877
siebenundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1877 Nr. 5 Seite 1]

   Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die im Jahre 1857 und früher geborenen, resp. mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehenen militairpflichtigen jungen Leute, welche im hiesigen Fürstenthum ihren dauernden Aufenthalt haben, verpflichtet sind, sich Zweck's Eintragung ihrer Namen in die Recrutirungs=Stammrolle in der Zeit

von 15. Januar bis 1. Februar d. Jahres

bei dem Ortsvorstande ihres Aufenthaltsorts anzumelden, und zwar die auswärts Geborenen unter Vorlegung eines Geburtsscheines (der zu diesem Zwecke kostenfrei ertheilt wird) sowie die schon früher Gemusterten unter Vorlegung ihres Loosungsscheines.
   Im Uebrigen wird bezüglich der Meldepflicht auf die Vorschriften des § 23 der Ersatz=Ordnung (deutsche Wehrordnung vom 28. September 1875) hingewiesen und wird hervorgehoben, daß von der Meldepflicht nur die mit dem Berechtigungsschein zum Einjährigfreiwilligendienste oder mit besonderer Ausstandsbewilligung versehenen Militairpflichtigen ausgenommen sind. Sind zur Meldung Verpflichtete vorübergehend von ihrem ständigen Aufenthaltsorte abwesend, so haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr=, Brod= oder Fabrik=Herren etc. die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden.
   Zugleich werden sämmtliche Militairpflichtige sowohl wie die Ortsvorstände des hiesigen Fürstenthums auf die genaue Befolgung resp. Überwachung der Bestimmungen im § 23 sub 8 der Ersatz=Ordnung aufmerksam gemacht, wonach Militairpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militairpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem anderen Aushebungsbezirke verlegen, dieses Zwecks Berichtigung der Stammrolle sowohl beim Abgange der Behörde oder Person, welche sie in die Stammrolle aufgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Ort derjenigen, welche daselbst die Stammrolle führt, spätestens innerhalb dreier Tage zu melden haben.
   Die Unterlassung der vorgeschriebenen Meldungen ist mit Geldstrafe bis zu 30 M.oder mit Haft bis zu 3 Tagen bedroht.
   Schönberg, den 8. Januar 1877.

Der Civil=Vorsitzende der Ersatz Commission des Aushebungs=Bezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Bekanntmachung.

   Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militärpflichtigen der seemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1876 stattfindet

am Montag den 22. Januar 1877,
von Morgens 9 Uhr an,
in Wismar im Hakerschen Gasthofe Stadt Altona.

   Zu dem gedachten Termine haben sich bei Vermeidung der im § 24,7 der Ersatz=Ordnung angedrohten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen Bevölkerung, welche im Jahre 1856 oder früher geboren und respective mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.

   Es wird bemerkt, daß nach Maaßgabe des § 21 der Ersatz=Ordnung zur seemännischen Bevölkerung zu rechnen sind:

a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind;
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben;
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind;
d. Maschinisten, Maschinisten=Assistenten und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.

   Schönberg, den 18. December 1876.
Der Civil=Vorsitzende der Ersatz=Commission
des Aushebungs=Bezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 5 Seite 2]

Nach einem uns übersandten Telegramm aus Neubrandenburg ist das am Sonntag Mittag von dem Reichstags=Wahl=Commissarius ermittelte Wahlergebniß folgendes:

Herr Vice=Landmarschall v. Dewitz 7439 St.
Herr Gutsbesitzer Pogge 8253 St.
Zimmerer Finn in Berlin 246 St.
Herr Gutsbesitzer Pogge ist demnach zum Reichstags=Abgeordneten für das Großherzogthum Mecklenburg=Strelitz erwählt worden.


Politische Rundschau.

Deutschland. Soweit sich die Wahlen zum deutschen Reichstag übersehen lassen, hat die national=liberale Partei wiederum weitaus die größte Zahl von Parlamentssitzen erobert, denn was sie nach links an die Fortschrittspartei und an den Sozialdemokratismus verloren hat, das hat sie nach rechts gegen den Konservatismus verloren. Wir haben erst von einer einzigen konservativen Wahl gehört, während die Socialdemokraten eine Menge von Sitzen gewonnen haben und in einer großen Anzahl von Wahlbezirken gegen Fortschritt oder Nationalliberalismus in Stichwahl eintreten werden. Besonders in den von liberaler Seite so oft als Sitzen der Intelligenz als Pflanzstätten der Kultur, der Bildung und der Aufklärung gerühmten größeren Städten, aber auch in Landbezirken haben die Sozialdemokraten Siege davon getragen oder wenigstens eine ganz bedeutende Stimmenzahl auf ihren Kandidaten vereinigt. Selbst in Berlin, das die Fortschrittspartei als ihre unbestreitbare Domäne betrachtete, sind in zwei Wahlbezirken Sozialdemokraten definitiv gewählt und in zwei anderen haben sie Stichwahlen; in Dresden sind beide Stadtkreise von den Sozialdemokraten erobert; in Breslau, Elberfeld, Chemnitz, Gotha, Braunschweig, Altona u. s. w. haben sie Siege errungen; in dem Landkreis von Leipzig ist der bekannte Hofbaurath a. D. Demmler in Schwerin gewählt; auch in Schleswig=Holstein und in der Rheinprovinz haben die Sozialdemokraten in mehreren Wahlbezirken ihren Kandidaten durchgebracht. Die Liberalen stehen vor diesen Resultaten und Schlagen die Hände über den Kopf zusammen. Das hätten sie nicht gedacht! Werden ihnen denn nun Angesichts solcher Resultate die Augen aufgehen? Werden sie nach den Ursachen derselben forschen, und werden sie erkennen, daß die staatliche Entwickelung Deutschlands seit Jahren auf einer schiefen Ebene steht, auf der sie von Jahr zu Jahr weiter hinabgerutscht ist, und auf der wir mit diesen Wahlen wiederum einen bedeutenden Schritt abwärts gethan dem Abgrunde zu, wie wir ihn vor kurzem in Paris sich haben öffnen sehn. Sie werdens nicht erkennen. Sie werden sich des wieder errungenen Sieges freuen, werden eine Zeit lang über den Sozialdemokratismus räsonnieren, übrigens ihre Hände in Unschuld waschen und schließlich nichts thun, das drohende sozialdemokratische Unheil abzuwenden. Was sollen sie auch dazu thun? Sie sehen ja nicht, daß ihre Siege Pyrrhus=Siege sind, und daß der nächste Sieg sie völlig verderben wird; und dazu kommt, daß der Liberalismus nicht einmal in sich selber die Macht hat den Sozialdemokratismus zu überwinden, ebenso wenig wie er den Ultramontanismus hat besiegen können! die Ultramontanen haben wahrscheinlich keinen einzigen Sitz im Reichstage verloren, wenn sie nicht noch Sitze dazu gewonnen haben; und das Hauptblatt des Ultramontanismus in Deutschland, die Berliner "Germania" triumphirt schon heute über die Siege der Sozialdemokratie. Es sind vor den Wahlen verschiedentlich auf konservativ gefärbter Seite Gelüste hervorgetreten, im Kampfe gegen den Liberalismus mit Rom gemeinsame Sache zu machen. Wir können nicht dringend genug vor solchem Bündnis warnen! Rom wird vielmehr über kurz oder lang mit der Sozialdemokratie gemeinsame Sache machen; und dann sehe jeder, wie er seine eigene Seele rette; von Staat und leiblichem Wohl wird dann nicht mehr viel zu retten sein! Das ist nicht unsere eigene Prophetie, sondern wer Augen hat zu sehen, der blicke hinein in das prophetische Buch des Neuen Testaments, so wird er wohl die heutigen Zeitläufte verstehen lernen!
Die officiöse Nordd. Allg. Ztg. meldet: "Sr. Maj. Corvette Vineta hat telegraphisch Befehl erhalten, sich von Jokohama nach Manila (auf den Philippinen) um dort die Kriegsflagge zu zeigen, und in den dortigen Gewässern die Interessen des deutschen Handels unter ihren Schutz zu nehmen." Von der spanischen Kolonie auf den Philippinen aus ist nemlich die Eroberung der Sulu=Inseln bewerkstelligt worden; und hier droht also ein Konflikt zwischen Spanien und Deutschland auszubrechen.
Preußen. Der Landtag ist am Freitag nach voraufgegangenem Gottesdienste von Sr. Majestät dem Könige durch eine Thronrede eröffnet worden. Aus letzterer dürfte nur hervorzuheben sein, daß dieselbe die Hoffnung ausspricht, "daß Preußen in der neuen Pflege wahrhaft monarchischer und zugleich freisinniger Institutionen seinen staatlichen Beruf in und mit dem deutschen Reiche fort und fort erfüllen werde.
Das Herrenhaus hat den Herzog von Ratibor zum Präsidenten erwählt.
Italien. Die päpstliche Kurie soll den Beschluß gefaßt haben, den in dieses Jahr fallenden 800sten Jahrestag von Canossa, den 700sten Jahrestag der Demüthigung des Kaisers Friedlich Barbarossa vor Papst Alexander III. und den 500. Jahrestag der Rückkehr der Päpste aus dem Exil in Avignon durch ein Tedeum zu feiern.
Türkei. Die europäische Konferenz die von der Türkei an der Nase herumgeführt wird, und die bereits überall dem Gespött verfallen ist, hat bisher noch nichts ausgerichtet und wird auch wohl nichts mehr ausrichten. Die letzte Sitzung ist wieder resultatlos geblieben.
Die rumänische Regierung hat offiziell Einsprache erhoben gegen die Artikel 1, 7 und 8 der türkischen Verfassung; und die Pforte hat sich beeilt, offiziell zu erklären, daß die türkische Verfassung lediglich innere Angelegenheiten betreffe und durchaus nicht gegen die durch internationale Verträge garantierten Rechte der Fürstenthümer gerichtet sei.


Anzeigen.

Der Schlachter Joachim Heinrich Ludwig Heidinger, geboren am 11. Februar 1854 zu Herrnburg, Sohn der Arbeitsmann Heidinger'schen Eheleute daselbst, welcher sich bereits im Jahre 1874 zur Erfüllung seiner Militairpflicht hätte stellen müssen, sich aber bisher nicht gestellt hat, wird in Gemäßheit der Verordnung vom 23. December 1870, betreffend das Verfahren gegen ausgetretene Militärpflichtige etc., edictaliter hierdurch geladen in dem auf

Sonnabend, den 12. Mai c.
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Justiz=Amte anstehenden Termine sich einzufinden, unter dem Nachtheile, daß er im Falle seines Ausbleibens in dem anberaumten Termine dem Befinden nach des angeschuldigten Vergehens für überführt angenommen und gegen ihn auf die gesetzliche Strafe wird erkannt werden.
Schönberg, den 8. Januar 1877.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


In der Concurssache des Oelmüllers Adolph Capell zum Hammer wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die zur Concursmasse gehörige, zum Hammer belegene Oelmühle mit der Ziegelei und der s. g. Timmermann'schen Stelle in den anberaumten Terminen am 9. Februar und 2. März d. J. verkauft werden wird.
Schönberg, den 11. Januar 1877.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
v. Arnim.

A. Dufft.     


Die Anmeldung zur Stammrolle aller im Jahre 1857 und früher geborenen, resp. mit ihrer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehenen militairpflichtigen jungen Leute, welche

[ => Original lesen: 1877 Nr. 5 Seite 3]

in der Stadt Schönberg ihren Aufenthalt haben, hat

am Mittwoch den 24. Januar d. J.,
Vormittags in den Stunden von 9-12 Uhr,

zu geschehen. Auswärts geborene Militairpflichtige haben ihren Geburtsschein (der zu diesem Zwecke kostenfrei ertheilt wird), die bereits früher Gemusterten ihren Loosungsschein uns vorzulegen.
Schönberg den 15. Januar 1877.

Der Magistrat.
L. Bicker.


Holzverkauf.

Am Donnerstag den 18. Januar, Morgens 10 Uhr, werden beim Gastwirth Lenschow zu Selmsdorf aus den Lauer Tannen

ca. 160 Fuder kiefern Durchforstungsholz von Bohnenstangen bis Hopfenstangenstärke
meistbietend gegen Baarzahlung bei freier Concurrenz verkauft werden.
Schönberg den 11. Januar 1877.

Der Oberförster.     
C. Hottelet.       


Bekanntmachung.

Die Hebung einer Armensteuer zum vollen Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert, ihre Beträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, den 8. Januar 1877.

Die Armenbehörde.     


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist im Antoniitermine
vom 17. bis 24. Januar d. J.,
beide Tage einschließlich,
täglich

von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags geöffnet.
Schönberg, den 6. Januar 1877.

Das Directorium.     


Justine Krüger.   
Hermann Schröder.
Verlobte.
Schönberg, den 13. Januar 1877.       


Heirathsanzeige.
Statt jeder besonderen Meldung.
Peter Wiencke.          
Marie Wiencke geb. Böckmann.
Sülsdorf, den 12. Januar 1877.       


Durch die glückliche Geburt eines gesunden Knaben wurden hoch erfreut

Wilh. Wieschendorf und Frau
geb. Ohlsen.            

Schönberg, den 11. Januar 1877.


Gott dem Herrn hat es gefallen, unsere liebe kleine Agnes im Alter von 6 Monaten 12 Tagen heute Mittag 1/2 2 Uhr zu sich in sein Himmelreich zu rufen. - Röm. 8, 28. -
Wernigerode, den 13. Januar 1877.

Rich. Witte, Conrector, und Frau, Margarethe geb. Liebenow.     


Dem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebene Anzeige, daß die neueste

Spiralfedermatratze

bei mir erschienen und zur Ansicht steht. Selbige ist mit vollständigen Rähmen und Leinwand überzogen und zum Preise von Rm. 20 zu haben.
Dieselben werden nach Maaß innerhalb 14 Tagen geliefert und sehe etwaigen Bestellungen gern entgegen.
Schönberg, den 8. Januar 1877.

                          Ernst Wascher,
                          Schlossermeister.


Ein Lehrling in die Schuhmacherlehre zu Ostern gesucht. Näheres in der Exped. der Anz. zu Schönberg.


   Aufträge auf:
Prima Probst. Saathafer,
2 reih. Wintersaatgerste,
gelbe und grüne Kochsaaterbsen,
Johannisaat=Roggen u. Weizen
nimmt schon jetzt entgegen

F. Heitmann,     
Schönberg.       


Accordeons (Harmonikas)
in verschiedenen Größen und Constructionen

empfiehlt

F. Heitmann.     


Mein dunkelbrauner Hengst Vitus deckt fremde Stuten zu 12 Mark und l Mark an den Stall.
Dassow, den 8. Januar 1877.

G. Callies.     


Diejenigen, welche noch Forderung an dem Nachlasse der Arbeitsfrau Lange zu haben glauben, werden ersucht, ihre Rechnungen binnen 14 Tagen, bis zum 17. Januar, an den Unterzeichneten abzugeben.
Schönberg, den 2. Januar 1877.

Im Auftrage der Erben       
J. Kloth, Tuchmacher.     

NB. Spätere Anmeldungen können Umstände halber nicht berücksichtigt werden.


Mein diesjähriger

Bauernball

findet am

< align="center"p>Dienstag den 16. d. M.

statt, wozu ich meine geehrten Freunde und Gönner ergebenst einlade.

Rabensdorf.                                                     H. Voss.


G. Zöllner,
Bankgeschäft.
Berlin C. Papenstrasse 15.


Gesucht zu Ostern ein Lehrling in die Sattlerlehre.
Näheres in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.


Dem geehrten Publikum die ergebenste Anzeige, daß wir am 15. d. M. in der Wasserstraße Nr. 88 ein

Mineral=Wasser=Geschäft

eröffnet haben, von Selters=, Sodawasser und Brauselimonade, auch halten wir Selters= und Sodawasser stets in Syphongs auf Lager und füllen dieselben à Stück für 20 Pfennig (Mecklenburg).
Prompte und reelle Bedienung bei soliden Preisen wird unser stetes Bestreben sein und bitten um geneigte Abnahme ergebenst.
Ratzeburg, den 15. Januar 1877.

Eggers & Denker.

Unterzeichneter bemerkt noch, daß er 5 Jahr bis Neujahr 1877 der Verfertiger von obengenanntem Artikel in der Dom=Apotheke zu Ratzeburg war und bittet, das in diesen Wassern gefundene Vertrauen auch unserer Firma zu schenken.

J. Denker.     


[ => Original lesen: 1877 Nr. 5 Seite 4]

Alle Diejenigen, welche noch Forderung an unsern verstorbenen Vater, den Schuhmachermeister J. Wolgast haben, auch diejenigen, welche ihm noch Schulden, werden ersucht sich innerhalb 14 Tagen bei uns zu melden.

Die Hinterbliebenen.
Wittwe Elise Wolgast.    H. Wolgast.    F. Wolgast.


Zu Ostern oder zu sogleich suche ich einen Burschen in die Tischerlehre.

J. Klodt.     
Tischler.     


Großer Maskenball
am Freitag den 26. Januar 1877,

wozu alle Freunde und Gönner von Stadt und Land hierdurch ergebenst einladet.

M. Boye Wwe.
Schönberg.
Anfang 7 Uhr.

Maskenbillets à M 1,00 und Sitzplätze à M.1,50 sind bei Herrn Cigarrenfabrikant Rieckhoff und in meinem Hause zu haben.


Zu dem am Freitag, den 26. Januar cr. stattfindenden Maskenball im Locale der Frau Gastwirthin Boye, empfehle einem geehrten Stadt= und Landpublicum meine ganz neue, elegante

Maskengarderobe

und treffe mit derselben am Mittwoch Nachmittag den 24. Januar im Boye'schen Locale ein.

H. Vitense, Garderobier.
Lübeck.


Alles Betreten meines vor dem Sabower Thore belegenen Gartens von Unberechtigten verbiete ich hiedurch bei Strafe gerichtlicher Ahndung.
Schönberg.

J. H. Maaß,          
Schneidermeister.     


Prima böhmische Salon= Stück=Kohlen

erwarte ich in ca. 14 Tagen, um gefällige vorherige Aufträge hierauf ersuchend.

F. Heitmann      
in Schönberg.     


Kampfgenossen=Verein 1870/71.
Donnerstag den 18. d. Mts.
Ball
im Vereinslocale.
Entree für Mitglieder 50 Pfennig (Mecklenburg)., Nichtmitglieder 1 M.50 Pfennig (Mecklenburg). Anfang 6 1/2 Uhr.
Kriegsdecoration ist anzulegen.
Schönberg.                                                     Das Ball=Comite.


Gesucht:

gegen vorzügliche Hypothek
1200 M. in ein städtisches Grundstück,
2100 M. in ein Gewese auf dem Lande.
Julius Kibbel, Schönberg.


Geld

zu Hypothek und auf Wechsel wird pünktlich besorgt durch

Julius Kibbel,     
Commissionär.     


Kapitalisten,

welche Gelder gut unterbringen wollen, erhalten Näheres durch

Julius Kibbel,     
Commissionär.     


Einige 20 Scheffeln

Holzkohlen

hat abzugeben

H. Wolgast,
Bäckermeister in Schönberg.


Die zwei Tanten,

welche die Verlagsbuchhandlung von A. H. Payne in Leipzig zu ihrem jetzt begonnenen Jahrgange der illustrirten Zeitschrift: "Das neue Blatt"

als Prämie

gegen die geringe Nachzahlung von drei Mark pro Blatt, [es sind grosse herrliche Oeldruckbilder] liefert

sollten auf keinem Weihnachtstische fehlen.

Wer daher auf diese mit so vielen Vorzügen ausgerüstete Zeitschrift "Das neue Blatt" noch nicht abonnirt ist, sollte Abonnement entweder bei der Post oder bei der nächsten Buchhandlung sofort bestellen.

Das Neue Blatt erscheint in zwei Ausgaben:

Nummer-Ausgabe. Jede Woche eine Nummer. Preis M. 1,50 vierteljährlich.
Heft-Ausgabe. Alle 14 Tage ein Heft à 40 Pfg.

Diese Heft-Ausgabe schliesst eine elegante Moden-Zeitung mit ganz neuartiger Darstellung grosser Schnitttheile, betitelt: Neueste Moden für unsere Damen, gratis in sich ein.
Freilich ist diese Heft-Ausgabe nur durch Buchhandlungen und nicht durch die Post zu verlangen. Die Post besorgt nur die Nummer Ausgabe. Im Unterhaltungsblatte laufen drei grosse Novellen neben einander, von denen die erste phantastisch spannend die Wirkung noch unerforschter geistiger Kräfte mit in die Erzählung eingreifen lässt. Die zweite Novelle ist ein Treffer für weiche empfindungsvolle Gemüther, während die dritte betitelt: "Zwölf Procent", abenteuerreiche Erzählungen vorziehende Leser zu Dank verpflichten wird.
Der Nachweis des Abonnements berechtigt zu sofortigem Bezug der beiden Prämien, direct von der Verlagshandlung, wenngleich diese directe Prämien-Versendung, wie aus untenstehender Anzeige ersichtlich, die dazu angestellten Arbeitskräfte beinahe bis zur Grausamkeit anspannt. Das bewirken also

Die zwei Tanten.


Wer das Geld dafür ausgegeben hat,
der soll urtheilen.

Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Verlagshandlung, seitdem sie sich erboten hat die beiden Prämien "Die gute Tante" und "Die strenge Tante" den Reflectanten auch directzuzusenden, mit Post-Anweisungen geradezu überschüttet worden, so zwar, dass die hierauf erfolgte Expedition nicht ohne Aufregung und Aufsehen und namentlich nicht ohne wesentliche Verstärkung der Expeditionskräfte bewirkt werden konnte. Gleich die allerersten Versendungen wurden sofort mit Aeusserungen der Anerkennung erwiedert, wovon täglich mehr und mehr einlaufen. Dabei ist der Zuspruch zu den Prämien von Tag zu Tag noch im Wachsen begriffen. Keine Post trifft ein, ohne dass sich die Einrichtung der Post-Anweisungen als schnellstes und handlichstes Zahlungsmittel, namentlich für massenhafte Einzelversendungen, trefflich bewährt.

Die Verlagshandlung von A. H. Payne in Leipzig.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M -Pfennig  bis 23 M -Pfennig.
Roggen17 M -Pfennig  bis 18 M 50Pfennig.
Gerste15 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 18 M 50Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen15 M 50Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat20 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,30 .
Enten d. S. M2,50 .
Hühner d. St. M1,20 .
Hasen das Stück M3,50 .
Tauben d. St. M0,45 .
Küken d. Stück M0,90 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .
Spickgans d. St. M3,00 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1877 Nr. 5 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 5 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 16. Januar 1877.


Die Ehe und der Socialismus.

Je älter die Socialdemokratie wird, desto mehr scheint sie es darauf anzulegen, durch den widerwärtigsten Egoismus die Welt gruselich zu machen. Von der Tribüne der Volksvertretung herab rief einst der verstorbene Socialist Dr. Schweitzer der Volksvertretung bei der Berathung eines Gesetzes zu: "wir (Socialdemokraten) werden für dies Gesetz stimmen - nicht, weil wir es billigen, sondern aus Bosheit! Es wird Schaden anrichten und damit kann uns nur gedient sein!" Die Reichstagsabgeordneten verwenden die Eisenbahnfreikarten während der Session zu Agitationsreisen. Die Socialdemokratischen Blätter wälzen sich förmlich in einem Pfühl der gemeinsten Ausdrucksweise u. s. w. Es schadet nicht viel, wenn das so geht, an dem Uebermaß des Schmutzes werden sie ersticken. Man höre die Ansichten dieser Volksbeglücker über die Ehe! Ein Braunschweiger socialistischer Kaufmann schreibt: "Wie oft ist es nicht das Geld, das die Heirathen macht oder eine andere ähnliche Rücksicht. Wie oft tritt dann nach der Hochzeit ein trauriges Verhältniß zwischen den Gatten ein! Wie oft müssen die Ehen - weil sie unerträglich geworden sind - geschieden werden!" - Das klingt ganz vernünftig, nicht wahr? Das wird auch Jeder von uns ohne Weiteres unterschreiben. Nun heißt aber die unmittelbare Fortsetzung: "Die Socialdemokraten meinen nun, daß wir höhere sittliche Zustände hätten, wenn nicht nach Geld oder anderen Rücksichten geheirathet würde; wenn eine unglückliche Verbindung leichter, als es heute Gesetz und Sitte mit sich bringen, wieder gelöst werden könnte!" Also erst die Krokodilsthränen über die so oft nöthigen Ehescheidungen und hinterher - die Forderung, daß diese Ehescheidungen noch viel mehr erleichtert werden müssen und zwar müsse nicht blos das bisherige Gesetz, nein auch die bisherige Sitte aufgegeben werden! Es wird also flott darauf los geheirathet, sobald man sich satt hat, wird geschieden und morgen hat der Mann eine andere Frau! Das nennt man Ehe! Der "Braunschweiger Volksfreund" beginnt einen Satz: "Angenommen, es bliebe (in socialistischen Zuständen) eine eigentliche Ehe fortbestehen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß dies der Fall sein wird, versteht sich nur als Privateinrichtung, ohne pfäffisch oder ständlich sanctionirten Pact und ohne Zwang -!" Sollte man es wohl für möglich halten, daß im 19. Jahrhundert ein Mensch im Stande wäre, in Europa so etwas zu predigen? Also Rückkehr zu der reinen Wildniß, den "pfäffischen" Zwang sind wir ja so wie so schon los, nun muß aber auch noch der Pact vor dem Standesbeamten fallen! Vor wem soll denn die Ehe geschlossen werden?- Lieber Leser, es ist ekelhaft, aber es muß dir mitgetheilt werden, damit es immer mehr Licht werde über die Gesinnungen dieser Socialisten. Der erwähnte Kaufmann aus Braunschweig schreibt über diesen Punkt: "Wo die Göttin der Liebe Menschen zusammenführt, da ist ihr Bündniß heilig, und wenn die Liebe gewichen ist, mag getrost auch das äußere Band zerreißen." In einem christlichen Staat, vor einer christlichen Bevölkerung wagt man derartiges offen auszusprechen. Wo hat im christlichen Staat die "Göttin der Liebe" einen Platz? Aber sie wollen ja eben keinen christlichen, sondern einen socialisten Staat und wie der aussehen würde, das beweisen eben solche Beispiele. Das Christenthum ausgetrieben, die Obrigkeit verjagt, das Gesetz vernichtet, das Eigenthum confiscirt und die "Göttin der Liebe" auf den Thron gehoben. - Das ist das Ideal der Socialisten. Und wie sehr sich Bracke in die Herrlichkeiten eines solchen Zustandes schon hineingedacht, dafür giebt einen Beweis, daß er am Ende seines Buches den Vers abdruckt: "Ein neues Lied, ein schönes Lied, ihr Freunde, will ich dichten: wir wollen hier auf Erden schon das Himmelreich aufrichten!" Es ist wahrhaftig hohe Zeit, daß aus dem Volke heraus gegen solche unheilsschwangeren Wahnideen kräftig angekämpft wird, daß solche Lehren verächtlich, ekelhaft sind, das fühlt jeder Mensch, der nicht vollständig in Rohheit versunken und verwildert ist. Aber bei diesem Gefühl muß es nicht bleiben; sondern im praktischen Leben muß es sich bethätigen. Jagt diese Schwätzer davon, wenn sie in Eure Nähe kommen, um den Samen des Unfriedens auszustreuen; meidet sie wie die Pest, wo sie sich einnisten und sorgt dafür, daß alle unsere Mitbürger über das eigentliche Streben dieser "Volksbeglücker" aufgeklärt werden! Dann nur kann es besser werden; denn alle Maßregeln der Regierungen gegen dieselbe haben immer nur die Folge, daß der Haß gegen alle staatliche Ordnung noch mehr aufgestachelt wird, daß Gift und Geifer weiter umherspritzen und noch mehr Ansteckung und Gefahr anrichten. Erfolgreich werden alle diese Maßregeln nur dann sein, wenn aus dem Volk selbst der Kampf gegen diese auf den Umsturz aller Ordnung speculirende Partei kräftig unterstützt wird!
Im Fürstenthum Ratzeburg gaben bei der letzten Reichstagswahl 239 Anhänger der Socialdemokratie ihre Stimmen ab. Was sagen die 239 Frauen dieser Socialdemokraten dazu, wenn die Ehe abgeschafft wird? was wird dann aus ihnen?!


- Die Schilderungen über den Zustand der russischen Armee zwischen dem Dnjepr und Pruth, welche in der europäischen Presse vielfach verbreitet sind, und welche denselben als trostlos erscheinen lassen, wird von Petersburg aus als tendenziös, als theils unwahr theils wenigstens übertrieben geschildert. Daß der Krankheitsstand ein nicht geringer bei der Armee sei, wird zugegeben, doch bemerkt, daß er sogar geringer sei, als früher bei der Eröffnung bei Feldzügen und bei Wintercampagnen. Eine Ueberfüllung der Aufnahmslazarethe sei nicht vorhanden, weil bei den vorhandenen Transportmitteln und insbesondere per Eisenbahn dieselben stets ausreichend evacuirt, und die Kranken in die jetzt leer stehenden Garnisonslazarethe geschafft werden könnten. Was dem Krankenbericht über mangelhafte Ausrüstung, ungenügendes Material und unzureichende Vorräthe hinzugefügt werde, sei einfach erfunden und unwahr. Im Gegentheil hätten sich gerade diese Dinge meist bewährt. Unzufriedenheit über das lange Stillliegen, Unmuth über erzwungene Unthätigkeit, Klagen über trostlose Bauernquartiere wiederholten sich allerdings in allen von der Südarmee eingehenden Briefen. Wenn man aber so reich an Erfindungen und effectvollen Schilderungen des Zustandes der russischen Armee sei, so müsse man sich wohl auch denken können, wie es erst bei der türkischen Armee zwischen der Donau und dem Balkan aussehen müsse, was freilich zu schildern unterlassen werde. Der russische Soldat verstehe Kälte zu ertragen, der türkische, besonders der aus Kleinasien, Syrien und Egypten stammende nicht. Die Dobrutscha sei womöglich noch unwirthlicher und menschenleerer als Bessarabien. An Geld für die Zwecke der russischen Armee fehlt es nicht, und die Zufuhr von Lebensmitteln sei so regelmäßig und so reichlich, daß darüber wenigstens noch keine Klage laut geworden sei. Bei den Türken aber sei gerade die Verpflegung der wundeste Fleck, weil die Armee=Commandos und Verwaltungen kein Geld hätten etc.
- Dem "Schwäb. Merk." wird unterm 2. Januar folgende, lebhaft an den Thomas'schen Fall erinnernde, Unthat aus Kirchheim berichtet: "Ein teuflisches Verbrechen setzt unsere Stadt in große Entrüstung und Aufregung. Heute früh um 3 1/2

[ => Original lesen: 1877 Nr. 5 Seite 6]

Uhr wurde das Wohnhaus des Herrn Stadtschultheißen Heim durch Sprengung wahrscheinlich mit Dynamit, furchtbar zerstört. Die Zerstörung ging vom Keller aus, dessen Gewölbe zersprengt wurde, so daß ein Theil des ersten Stockes in die Tiefe stürzte, wo Möbel aller Art, z. B. der Herd, das Klavier, zerschmettert durcheinander liegen. Der Westliche Theil des Hauses blieb ziemlich unversehrt; dagegen ist vom östlichen Theil die südliche und nördliche Wand weggerissen. Beide untere Tragbalken dieser Wände sind herausgerückt, die oberen geradezu abgerissen. Die östliche Wand steht noch. Alle Fenster, Vorhänge, Tapeten etc. sind total zerbrochen, zerrissen und zerfetzt, wie nur eine derartige Explosion es bewirken kann. Ganz wunderbar und fast unglaublicher Weise sind alle Bewohner und sogar diejenigen, welche in den südöstlichen und nordöstlichen Eckzimmern, welche ganz demolirt sind, schliefen, mit dem Leben davongekommen und konnten noch mit Mühe durch die Trümmer einen Weg finden. Die Aufregung und Entrüstung ist allgemein. Die Behörden Schritten sofort ein, und bereits sind zwei der That höchst verdächtige Individuen verhaftet, von denen das eine etwas verbrannt ist. Der Gemeinderath hat in außerordentlicher Sitzung beschlossen, den angerichteten Schaden auf die Stadtkasse zu übernehmen und auf die Entdeckung des Thäters einen Preis gesetzt, da ohne Zweifel Rache wegen Amtshandlungen des Stadtvorstandes das Motiv der verruchten That gewesen ist".
- Die Anfertigung von Diebeswerkzeugen zum Einbrechen, Oeffnen von Schlössern etc. wird nach dem Newyork commercial advertisser in den Vereinigten Staaten in nicht geringem Umfange und von ansehnlichen Firmen getrieben, welche den Dieben ein allen Anforderungen moderner Wissenschaft und Technik entsprechendes Handwerkszeug liefern. Die größten derartigen Fabriken bestehen in Newyork, Philadelphia und im Westen der Vereinigten Staaten. Die Werkzeuge sollen stets an dem einen Orte nur zum Theil hergestellt werden, während man sie an einem andern Orte vollendet; auf diese Weise will man der Entdeckung vorbeugen. Ein vollständiger Satz von Diebesgeräthen kostet 200-400 Dollars. Ein in der That ächt amerikanischer Industriezweig!
- An einem guten Strategen wird es dem deutschen Reichstage nicht fehlen; denn der größte lebende Stratege, der alte Moltke, hat sich nach einigem Bedenken in seinem Wahlkreis Memel=Heydekrug wieder wählen lassen.
- Der ehemalige Präsident des Reichskanzleramtes Staatsminister Delbrück ist am Sonntag Mittag mit einem prachtvollen Album erfreut worden, das ihm die Mitglieder des Bundesraths mit ihren Photographien überreicht haben. Eine Deputation, bestehend aus dem bayerischen Gesandten Freiherrn Pergler von Perglas, dem württembergischen Gesandten Freiherrn v. Spitzemberg, dem hanseatischen Ministerresident Dr. Krüger und dem Staatssekretär Dr. Friedberg, überbrachte, wie die National=Zeitung berichtet, die werthvolle Gabe als eine dankbare Erinnerung an die großen Verdienste, die sich Herr Delbrück während seiner neunjährigen Leitung der Verhandlungen des Bundesraths erworben.
- Prinz Friedrich Wilhelm, der älteste Sohn des deutschen Kronprinzen hat am Gymnasium in Cassel am Mittwoch mit seinen Mitschülern die schriftlichen Arbeiten für das Abiturientenexamen begonnen und am Sonnabend beendet. Die mündliche Prüfung wird am 17. d. M. ihren Anfang nehmen.
- Seitens der russischen Militärverwaltung sind mit zwei Berliner großen Häusern Lieferungsverträge über große Quantitäten von Erbswürsten abgeschlossen worden.
- Es war nicht Kaiser Franz Joseph, sondern Napoleon III., der im Jahre 1859 nach der Schlacht bei Solferino die berühmte persönliche Zusammenkunft in Villafranca herbeiführte, in welcher Kaiser Franz Joseph zum Frieden überredet wurde. Die Briefe, die damals Napoleon an Franz Joseph schrieb, liegen jetzt gedruckt vor und sind auch heute noch interessant; Napoleon verstand zu schmeicheln und kirre zu machen. Damals aber hätten die Zeitungen und andere Leute diese Briefe mit Gold aufgewogen. So kriegt man manches, wenn man nur alt wird und warten kann, umsonst, wofür man früher viel Geld gegeben hätte, aber freilich wenn man's endlich kriegt, sieht's ganz anders aus.
- Wie von der Times berichtet wird, macht in neuerer Zeit die deutsche und amerikanische Werkzeug=Fabrikation den Fabriken in Birmingham eine sehr bedeutende Concurrenz.
- Wer fl. 500 daran wenden will, kann im April d. J. eine interessante und zugleich behagliche Reise beginnen, die etwa neun Monate dauern wird. Ein Dampfer erster Classe, mit besonderem Comfort ausgestattet, wird dann von London abgehen und an einigen Plätzen längere Zeit, an anderen kurze verweilen. Die Reise geht nach Bordeaux, Corunna, Vigo, Lissabon (Abstecher nach Madrid), Cadix, Gibraltar, Tangers, Algier, Bercelona, Genua, Spezzia, Neapel, Messina, Malta, Athen, Konstantinopel, Smyrna, Joppe (von dort Abstecher nach Jerusalem) und Alexandria (von dort Besuch Kairo's). Dann durchfährt das Schiff den Suezcanal, während den Reisenden hinreichend Zeit bleibt, das Pyramidenland zu besichtigen, und steuert nach Indien, Hinter=Indien, China und Japan. In San Francisco erhält derjenige, welcher es wünscht, freie Eisenbahnfahrt nach New=York, und trifft hier das Schiff wieder, welches inzwischen an der Küste von Südamerika entlang fahrend und die wichtigsten Häfen besuchend, über West=Indien nach New=York gekommen ist. Von dort wird dann nach "Old England" heimgefahren, reich an Erlebnissen und ohne weitere Kosten, als die für Wein. Die Herren Grindlay u. Co. in London werden als Agenten für dieses Unternehmen wirken.
- Zwei riesige Cervelatwürste, zwei stattliche Schinken und Pumpernickel in zwei prachtvollen Exemplaren, das war das ächt westfälische Ehrengeschenk, welches der Gütersloher Landwehr=Verein dem Kaiser aus Anlaß seines 70jährigen Dienstjubiläums übersandt hat. Wohl bekomm's!
- Prinz Lulu, der in Florenz sich aufhält, hat zum Weihnachtsfest die Fische für sich reden lassen. Er schickte vielen Cardinälen in Rom zum Weihnachtsgeschenk Aale aus der See von Commachio und steckte jedem Fisch einen beschriebenen Zettel in den Mund.
- In Passau kommen durchwandernde Handwerksburschen in Massen an; sie kommen meist von Wien und erzählen von einer fabelhaften Geschäftsstockung.
- Auf und am Bodensee stürmt seit dem 4. Januar ein starker Föhn.
- In New=York ist der Spekulant Vanderbylt gestorben, der auf 50 Mill. Dollars geschätzt wird. Er ist seinen beiden Concurrenten im Geldmachen Astor und Stewart bald nachgefolgt.
- Der österreichische General Urban war einst Commandirender in Siebenbürgen und machte ein großes Haus, in welchem die Gäste aus dem Land aus= und eingingen. Einst bekam er eine prachtvolle Torte zugeschickt, er wußte nicht von wem. Das fiel ihm auf, er ließ die Torte untersuchen, sie war vergiftet. Er forschte im Stillen nach dem Geber und alle Spuren führten auf eine vornehme Dame, die zu den besten Freunden des Hauses gehörte. Er lud sie zu einer großen Gesellschaft ein, ließ ihr die Torte vorsetzen und bat, sie als die Erste zu versuchen. Die Dame erkannte die Torte und fiel in Ohnmacht; er wartete ruhig, bis sie wieder zu sich gekommen war; dann sagte er: Wenn Sie ein Mann wären, müßte ich Sie nach Verdienst bestrafen, so aber kann ich Ihnen nur vor der ganzen Gesellschaft die Thüre weisen. Vernichtet schlich sich die überlistete Attentäterin hinaus.


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