No. 13
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. Februar
1871
einundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1871 Nr. 13 Seite 1]

Die nächste Auszahlung der halbmonatlichen Unterstützungsgelder an die Ehefrauen der Reformisten und Landwehrmänner findet am Dienstag den 21. Februar c., Morgens 9 Uhr, in der Wohnung des Unterzeichneten statt.
Schönberg, den 21. Februar 1871.

Das Kreis-Commissariat.
C. v. Oertzen.


- Die Franzosen sind sehr fleißig an die Wahlurne geeilt, ohne daß irgendwo Ruhestörungen dabei vorgekommen sind. Ein bestimmtes Ergebniß ist noch nicht bekannt, doch scheint die conservative (monarchische) Partei den Sieg davon zu tragen, wobei, namentlich die Bewohner auf dem Lande den Ausschlag geben, während in den großen Städten republikanisch gewählt worden ist. In der ersten Sitzung der Nationalversammlung will die Pariser Regierung ihre Aemter in die Hände derselben niederlegen. Von einer Verlegung der Versammlung nach Poitiers (statt Bordeaux, wie es in den Waffenstillstandsbedingungen heißt) scheint wieder abgesehen zu sein.
- Kaiser Napoleon hat folgende Proclamation an das französische Volk gerichtet: "Franzosen! Vom Glücke verlassen, habe ich seit meiner Gefangennahme jenes tiefe Stillschweigen beobachtet, welches die Trauer des Unglückes ist. So lange sich die Armeen gegenüber gestanden sind, habe ich mich eines jeden Schrittes, eines jeden Wortes enthalten, welches Zwiespalt hätte hervorrufen können. Heute, bei dem tiefen Unglücke des Landes, kann ich mich nicht länger im Schweigen halten, ohne gefühllos für seine Leiden zu erscheinen. In jenem Augenblicke, als ich gezwungen war, mich gefangen zu geben, konnte ich in keine Verhandlungen über den Frieden eintreten; da ich nicht frei war, so hätte es den Anschein gewonnen, als seien meine Entschließungen durch persönliche Rücksichtnahmen dictirt. Ich überließ der Regierung die Regentschaft, welche ihren Sitz in Paris inmitten der Kammern hatte, die Pflicht darüber zu entscheiden, ob das Interesse der Nation des Kampfes erheische. Trotz unerhörter Unglücksfälle war Frankreich nie besiegt; unsere festen Plätze standen noch aufrecht, Paris war im Zustande der Vertheidigung; einer weiteren Ausdehnung unserer Unglücksfälle konnte noch Einhalt gethan werden. Aber, während alle Blicke gegen den Feind gerichtet waren, brach in Paris eine Insurrection aus; die Volksvertretung wurde vergewaltigt, die Kaiserin bedroht, eine Regierung installirte sich durch Ueberraschung auf dem Stadthause, und das Kaiserreich, welchem die gesammte Nation soeben zum dritten Male ihre Zustimmung gegeben hatte, wurde durch Diejenigen gestürzt, welche berufen waren, es zu vertheidigen. Meinen gerechten Unmuth unterdrückend rief ich aus: "Was liegt an der Dynastie, wenn nur das Vaterland gerettet werden kann!" und anstatt gegen die Verletzung des Rechts zu protestiren, richtete ich meine heißesten Wünsche auf den Erfolg der nationalen Verteidigung, und die patriotische Hingebung, welche alle Klassen der Bevölkerung und alle Parteien bewiesen, hat mich mit Bewunderung erfüllt. Aber jetzt, wo der Kampf unterbrochen und die Hauptstadt nach heldenmüthigem Kampfe gefallen ist, jetzt, wo jede vernünftige Aussicht auf den Sieg verschwunden ist, jetzt ist es Zeit, von Jenen, welche die Gewalt usurpirt haben, Rechenschaft zu verlangen für das unnöthigerweise vergossene Blut, für die ohne Grund aufgehäuften Trümmer, für die ohne Controlle verschleuderten Hülfsquellen des Landes. Das Schicksal Frankreichs kann nicht einer Regierung ohne Mandat überlassen werden, welche, indem sie die Verwaltung desorganisirte, nicht eine einzige jener Autoritäten bestehen ließ, welche ihren Ursprung dem allgemeinen Stimmrechte verdankten. Eine Nation kann einer Regierung nicht lange Gehorsam schenken, welche kein Recht hat, zu befehlen. Ordnung, Vertrauen, ein sicherer Frieden wird nur dann erzielt werden, wenn das Volk zu Rathe gezogen ist über jene Regierung, welche am meisten befähigt ist, das Vaterland von seinen Leiden zu befreien. Unter den feierlichen Umständen, in welchen wir uns angesichts der Invasion und des aufmerksamen Europa's befinden, ist es nöthig, daß ganz Frankreich einig sei in seinen Bestrebungen, in seinen Wünschen, in seinen Entschließungen. Das ist das Ziel, welches alle guten Bürger bestrebt sein müssen, zu erreichen. Was mich anbelangt, gebeugt durch so viele Ungerechtigkeiten und bittere Enttäuschungen, will ich heute nicht jene Rechte in Anspruch nehmen, welche Ihr viermal in zwanzig Jahren mir übertragen habt. Angesichts des Unglücks, welches uns umringt, ist kein Raum vorhanden für persönlichen Ehrgeiz; aber so lange nicht das Volk in regelmäßiger Weise in seinen Comitien versammelt, seinen Willen wird kundgegeben haben, wird es meine Pflicht sein, als wahrhafter Repräsentant der Nation, mich an dieselbe zu wenden und ihr zu sagen, Alles, was ohne Eure directe Betheiligung geschieht, ist ungesetzlich. Nur eine aus der Volkssouveränetät entsprungene Regierung, welche sich über den Egoismus der Parteien zu erheben vermag, wird im Stande sein, Eure Wunden zu heilen, Eure Herzen der Hoffnung und die entweihten Kirchen Euren Gebeten wieder zu eröffnen, und die Arbeit, die Einigkeit und den Frieden in den Schooß des Vaterlandes zurückzuführen. Wilhelmshöhe, 4. Febr. 1871. Napoleon."
- Paris zeigt sich gemäßigt und ruhig. Die Parteien haben sich über eine gemeinsame Candidatenliste verständigt, welche die Häupter der Republik und der Orleanisten enthält. Der Graf von Paris hat wenig Aussicht, die Pariser halten ihn für nicht energisch, mehr Aussicht hat sein Onkel, der Herzog von Aumale. Die Orleaniden haben ihn als König, die Republikaner als Präsidenten in Auge, die Letzten gedenken ihn vorher schwören zu lassen, daß er nie nach dem Throne trachte. Dem sterbenden Louis Philipp soll Aumale in die Hand geschworen haben, nie den näheren Rechten des Grafen von Paris auf den Thron in den Weg zu tre-

[ => Original lesen: 1871 Nr. 13 Seite 2]

ten. Die Berechnungen sind aber alle unsicher; denn eine große, leidenschaftlich bewegte Versammlung, wie es die Nationalversammlung sein wird, spottet oft aller Berechnungen.
- Eine Stimme aus der französischen Presse. Unter den französischen Blättern ist der 'Francais' eines der wenigen unverständigen. Dasselbe schildert jetzt die Trostlosigkeit der Lage mit beredten Worten, 'Nur zu bald, schreibt er hat die öffentliche Meinung hinter den Vertuschelungen der officiellen Nachrichten die wahre Lage erkannt. Sie hat erkannt, daß die furchtbare Stunde da ist und das Unheil, das der Nationalstolz sich immer sträubte für möglich zu halten, hereinzubrechen beginnt. Sagen wir es mit tränendem Auge und blutendem Herzen, aber sagen wir es mit einer Ehrlichkeit, welche diejenigen, die uns zu Grunde gerichtet, nur zu sehr in den Wind geschlagen haben: es ist der Todeskampf von Pans, dem wir in der Ohnmacht, die uns die prahlhansige, unfähige Dictatur geschaffen hat, thatenlos zusehen mußten Armes Frankreich, unglücklicher König! rief einst ein berühmter Staatsmann am Vorabend einer unserer Revolutionen. Armes Frankreich! unglückliches Paris! können wir heute mit noch größerem Rechte rufen angesichts der unvermeidbaren Katastrophen, die uns zermalmen. Es handelt sich nicht blos um eine Revolution, um einen momentanen Umsturz, selbst nicht um eine tiefe, schwere Demüthigung; es handelt sich um den vollständigen Zusammenbruch unserer Macht und Größe, an der vierzehn Jahrhunderte gearbeitet haben und die nun in wenigen Monaten vor unsern Augen in Trümmern liegen. Seit dem fall der römischen Weltherrschaft kennt die Geschichte keine so furchtbare Katastrophe. Werden wir den Wiederaufbau erleben? Wir hoffen es. Aber wenn wir gerettet sein, wenn wir Frankreich wieder aufrichten wollen, so kann dies nur dadurch geschehen, daß wir andere Mittel anwenden, als diejenigen, die uns zugrunde gerichtet haben. Die Rettung ist nur möglich, wenn wir Frankreich den Händen der Cliquen, der Minoritäten, der Dictatoren entwinden, um es sich und seinem Genius wiederzugeben.'
- Ueber die Friedensbedingungen welche den Franzosen seitens der deutschen Kriegsleitung muthmaßlich gestellt werden, gibt die neueste Berliner 'Provinzial-Correspondenz' einige Anhaltspunkte, die dem Geschrei der österreichischen und englischen Blätter entgegengehalten werden können, und welche auch für die Vermittlungslustigen belehrend sind. Das ministerielle Blatt sagt zunächst, in Frankreichs Hand liege es jetzt, ob aus dem Waffenstillstand ein baldiger Frieden hervorgehen solle; - an Frankreich würden sich daher die Friedensfreunde aller Länder zu wenden haben, wenn ihnen die Förderung des Völkerfriedens in Wahrheit am Herzen liege. Nicht an Deutschland sei eine Mahnung zur "Mäßigung" zu richten; denn es habe kaum jemals ein Volk gegeben, welches nach solcher Herausforderung und nach solchen Siegen sich die Mäßigung in so hohem Grade bewahrt hätte, wie es im deutschen Volke jetzt überall der Fall sei. Von den Forderungen freilich könne und werde Deutschland nicht lassen, welche von vornherein aus einer tiefen inneren Nothwendigkeit und unwillkürlicher Uebereinstimmung aller Geister und Herzen gestellt worden seien, und welche Graf Bismark bereits im September als die unerläßliche Grundlage jedes Friedens bezeichnet habe; die Wiedervereinigung von Elsaß und Deutsch-Lothringen, von Straßburg und Metz mit dem neuerstandenen Deutschland sei als Wahrzeichen der wiedererrungenen nationalen Macht und zugleich als Bürgschaft gegen weitere Bedrohung und Vergewaltigung der nothwendige und unabweisliche Siegespreis für die schweren und opferreichen Kämpfe. Nach solchen Ausbrüchen von Fanatismus, wie sie von Seiten Gambettas und seines Anhanges gegen die "Horden der deutschen Barbaren" zu vernehmen seien, könne das deutsche Reich um so weniger darauf verzichten, sich starke Bürgschaften für seine Ruhe und Sicherheit zu verschaffen. - Nicht ungeschickt versetzt die "Prov. Corresp." auf diese Weise dem gewissenlosen Dictator einen schweren Schlag, indem sie ihm gewissermaßen das Odium der schweren Bedingungen aufbürdet.
- In Bezug auf die Kriegsentschädigung sagt die "Prov.-Corresp.": Je mühsamer unser deutsches Volk den Aufschwung seines Wohlstandes erringen müsse, je leichter im Gegentheil Frankreich die Folgen vorübergehender Nothstände zu überwinden vermöge, desto weniger werde Deutschland auf den vollen Ersatz seiner Opfer und Schäden beim Friedensschlusse verzichten können.
- Was die von Frankreich zu zahlende Kriegsentschädigung betrifft wollen die "Daily News" wissen, dieselbe werde wahrscheinlich nur drei Milliarden Francs betragen. Das dürfte denn doch ein gar zu bescheidener Anschlag sein. In den Friedensvertrag sollen übrigens gleichzeitig Bestimmungen wegen eines neuen deutsch-französischen Handelsvertrags aufgenommen werden. Es verlautet auch, wie aus München telegraphirt wird, daß die Betheiligung eines bayerischen Commissars zu den Friedensverhandlungen in Aussicht genommen sei.
- Sollte die Summe der von Deutschland geforderten Kriegsentschädigung von 4 Milliarden Frcs. in preußischen Thalern (in Silber) ausbezahlt und mit Pferden fortgeführt werden, so gehörten, wenn ein Pferd 25 Ctr. zieht und 180 Thlr. ungefähr 7 Pfd. wiegen, 62,220 Pferde dazu, da die ganze Summe eine Last von 1,555,555 Ctr. repräsentirt. Käme diese Summe in Tresorscheinen à 1 Thlr. zur Auszahlung und 660 Thlr. 4 Pfund wiegen, so gehörten unter obigen Voraussetzungen 2424 Pferde dazu, da die Last 60,606 Ctr. wiegt. Legt man die Summe in preußischen Thalern übereinander, so geben sie, da zu 1 Fuß Höhe 114 Thlr. gehören, eine Linie von 35,087,719 Fuß. Wenn ein Thurm 150 Fuß hoch ist, so kann man also mit obiger Summe 233,918 solche Thurmhöhen bauen, oder 70,884 Höhen gleich der des Straßburger Münsters. Brächte man sie in eine Rolle, so würde dieselbe 1754 deutsche Meilen lang, eine Linie ungefähr von Hamburg bis Mexiko. Legt man diese Summe in preußischen Thalern neben einander in eine Linie, so bilden sie eine solche, da 60 Thaler 7 Fuß lang sind, von 466,666,667 Fuß oder 23,333 deutsche Meilen, d. i. eine Linie, welche 4 Mal um unsere Erde reicht und noch von Hamburg aus ca. 45 Meilen über Mexiko hinaus oder vom caspischen Meere bis New-York. Diese Summe in Tresorscheinen à 25 Thlr. in eine Linie gelegt, gibt eine Länge, da 160,000,000 Stück erforderlich sind, von 4000 Meilen. Zählt Frankreich 36,000,000 Einwohner, so macht es auf jede Person 111 Thlr. Um diese Summe in preußischen Thalern zu zählen, ist, wenn man in jeder Minute 100 Thlr. und Tag für Tag 16 Stunden zählt, eine Zeit erforderlich von 114 Jahren 8 Wochen.
- In Oesterreich ist wieder einmal ein neues Ministerium zu Tage getreten. Der Kaiser hat 12 Handschreiben auf einmal erlassen; 6 an die abtretenden Männer des Ministeriums Potocky, 6 an das neue Ministerium Hohenwart. Die neuen Minister sind Graf Hohenwart, Dr. Habietinek, von Holzgethan, Dr. Schaeffle, Dr. Jirecek und von Scholl. Das sind die Nachfolger der Grafen- und Doctorenminister. Die Wiener fragen: wer ist Schaeffle? wer ist Habietinek und Jirecek? Sie können sie kaum aussprechen. Der einzige dauerhafte Minister ist Graf Beust, obgleich er, wie es aus Wien heißt, die Namen der neuen Minister erst aus den Zeitungen kennen gelernt haben soll.
- Für das deutsche Heer wird ein Felddienstzeichen gestiftet, das alle Militairs erhalten, die in Frankreich gekämpft haben.
- Die Bundesanleihe vom 21. Juli 1870 ist von 80 auf 105 Mill. Thaler erhöht worden.
- Schwerin, 8. Febr. Gestern früh traf Se. K. Hoheit der Großherzog mit seinem jungen Schwager, dem Prinzen Günther von Schwarzburg-Rudolstadt, aus dem nördlichen Frankreich über Versailles und Berlin in Schwerin ein. Auf die erste Kunde von der - ursprünglich erst auf heute bestimmten - Rückkehr des geliebten Landesherrn bedeckten sich die Häuser mit Fahnen und Flaggen. Abends wurde die Stadt glänzend illuminirt. Ein langer, langer Fackelzug der Bürgerschaft, in welche die verschiedenen Gesang-, Turn- etc. Vereine repräsentirt waren, zog Abends gegen 9 Uhr von dem Bahnhofsplatz durch die hell schimmernden Straßen nach dem Großherzoglichen Schlosse. Ein Magistratsmitglied brachte das Hoch auf den "ruhmgekrönt und um das deutsche Vaterland wohlverdient" heimkehrenden Landesvater aus, in das die unzählige Menge, die den Schloßplatz füllte, begeistert einstimmte. Der Großherzog, der mit den fürstlichen Damen auf dem Balcon erschien,

[ => Original lesen: 1871 Nr. 13 Seite 3]

erwiederte: "Meine Herren, ich kann es nicht aussprechen, wie froh und glücklich ich bin, wieder unter Ihnen zu sein und in meinem lieben Mecklenburg, und ich danke Ihnen von Herzen für den Empfang, den sie mir heute bereitet haben. Wir haben eine große und ernste Zeit durchlebt und es sind schwere Opfer von unserm Volke erfordert worden. Auch unserm engern Vaterlande sind sie nicht erspart worden, und es kehrt manches liebe Herz, das von hier ausgezogen, nicht wieder zurück. Aber es ist uns auch vergönnt gewesen, einen hervorragenden und glänzenden Antheil an dem Riesenkampfe zu nehmen, der dort geschlagen wurde, und das kann ich Ihnen sagen, daß die mecklenburgischen Truppen zu den besten gehören, die dort gefochten haben. (Dreimaliges Hoch der Menge.) Jetzt steht Deutschland groß und einig da; lassen Sie uns durch die reinste Vaterlandsliebe und durch treue Mitarbeit an dem großen Werke uns der neuen Zeit würdig zeigen! Unser großes deutsches Vaterland, unser deutscher Kaiser lebe hoch! Begeisterte Einstimmung der Tausende von lauschenden Zuhörern. Abends spät machten der Großherzog und die übrigen fürstlichen Herrschaften eine Rundfahrt durch die Stadt, um die reiche Illumination zu sehen. Die Dauer der Anwesenheit des Großherzogs, in dessen Begleitung sich auch der Legationsrath v. Oertzen befindet, ist zwar noch nicht ganz bestimmt, doch dürfte dieselbe mindestens bis zum 14. d. Mts. währen.
- Das Kriegsministerium macht bekannt, daß bis auf weitere Anordnung die diesjährigen Frühjahrs-Controll-Versammlungen nicht abzuhalten sind.
- Die Entschädigungsansprüche der aus Frankreich ausgewiesenen Bayern belaufen sich auf fast 14 Mill. Francs.
- Zu der Illumination, durch welche der Friedensschluß etc. gefeiert werden soll, werden in Berlin bereits am Prinzlichen Palais, an Königlichen Gebäuden, an Hotels etc. großartige Vorbereitungen getroffen. Ueberall sind Arbeiter zur Aufstellung der Gasröhren etc. in Thätigkeit. Von den in der Erbswurstfabrik beschäftigten Arbeitern und Schlachtergesellen ist der größte Theil wieder entlassen worden, weil der weitere Betrieb in Ansehung des bevorstehenden Friedensschlusses auf das geringste Maß beschränkt werden soll.
- Von den Nicht-Combattanten hat auch der Präsident des Bundeskanzleramtes, Delbrück, das eiserne Kreuz am weißen Bande erhalten.
- Von München sind zwei ungeheuere Proviantzüge mit Fleisch, Mehl und Reis nach Paris abgegangen.
- Als Beispiel der Leistungsfähigkeit der preußischen Cavallerie verdient erwähnt zu werden, daß am 20. Januar Rittmeister Freiherr v. Durant vom 13. Ulanen-Regiment zur Verbindung zweier getrennter Armee-Abtheilungen mit einem Zuge seiner Schwadron in zum Theil sehr schwierigem, vielfach von Franctireurs bedrohtem Terrain in der Zeit von 33 Stunden eine Strecke von 20 deutschen Meilen zurückgelegt hat.
- Ein bedauernswerther Unfall ereignete sich gestern an der Brücke von Neuilly. Preuß. Soldaten hatten dort seit einigen Tagen einen Markt eröffnet, wo sie an die Pariser Butter, Weißbrod, Kartoffeln etc. verkauften. Es kam zu Unordnungen und dann zu einem Streit, der mehreren Personen das Leben kostete. An der Brücke von Asnieres halten die Preußen auch täglich einen Markt ab. - Die Unterhandlungen zwischen der Pariser Postdirection und den Preußen dauern fort. Dieselben expediren jetzt täglich 200 Kilogramm Briefe, statt wie bisher 1000 per Tag. An der Halle sieht man jetzt wieder Käse, Butter und selbst Fische.
- Ein Elsasser Bauer fragte einen bayerischen Soldaten, wie stark ein bayerisches Regiment sei. Der Soldat hielt ihn für einen Spion, schlug ihn mit einem Schlage zu Boden und sagte: "Siehst du, so stark bin i alloau, itzt kannst du dir denken, wie stark a ganz's bayrisches Regiment is."
- Man spricht in London viel von drei Waisenkindern. Ihre Mutter ist schon lange gestorben, ihr Vater vor ein paar Tagen auch und hat jedem von ihnen 3 Millionen Pfund Sterling hinterlassen. Der Vater war Eisenbahnbauunternehmer und hieß Brassey.
- Die Berliner Turner haben im Ganzen 225 Mann zur Hülfeleistung bei der freiwilligen Krankenpflege im Felde gestellt, Die letzte Colonne ging am 31. Januar nach Epernay ab und eine weitere nach Belfort wird folgen.
- Ein französischer Kriegsgefangener auf dem Bahnhofe in Carlsruhe bat einen jungen Burschen, ihm etwas zu essen zu kaufen und gab ihm ein 20-Franksstück. Der Bursche war ein Schurke und kam nicht wieder, der Franzose mußte jammernd abfahren und konnte kaum noch seinen Namen nennen. Sofort aber sammelten die Karlsruher, um den deutschen Namen zu retten, das Vierfache der Summe und schickten es dem Franzosen nach. Dieser hat einen rührenden Dankbrief geschrieben.
- In Villeneuve vor Paris haben die lustigen deutschen Soldaten eine ausgestopfte Puppe mit Stiefeln und Sporen und mächtigem Schnurrbart auf ein Schaukelpferd gesetzt und hin auf die Straße gestellt. "Napoleon auf der großen Retirade" lautet die Ueberschrift an der Mauer.
- Die Stuttgarter wundern sich nicht über Gambetta's Schwabenstreiche. Sein Großvater, sagen sie, sei ein Schwabe, Conrad Gemperle aus Munterkingen, gewesen, der nach Frankreich ausgewandert sei und mit Kaffeesurrogat große Geschäfte gemacht habe. Sein Sohn habe seiner Frau, einer ital. Jüdin zur Liebe seinen Namen in Gambetta verwälscht.
- Die Israeliten in Wien beabsichtigen die Orgel in ihrem Gottesdienst einzuführen.


Anzeigen.

Es wird hierdurch in Erinnerung gebracht, daß die mit Führung der Stammrollen beauftragten Ortsbehörden nach § 92 der Militair-Ersatz-Instruction verpflichtet sind, dem Civil-Vorsitzenden die jedesmalige Anzeige zu machen, wenn Militairpflichtige bis zur Zeit des Departements-Ersatz-Geschäfts den Aushebungsbezirk verlassen oder Andere zugehen.
Schönberg, den 9. Februar 1871.

Der Civil-Vorsitzende der Kreis-Ersatz-Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Nachdem der Kramer Matthias Klatt zu Selmsdorf unter dem Erbieten zur Güterabtretung sich heute insolvent erklärt hat, ist unter Vorbehalt der creditorischen Rechte der formelle Concurs über sein Vermögen eröffnet. Es ist daher ein Liquidationstermin auf Montag den 27. Februar 1871, Morgens 10 Uhr, vor dem Großherzoglichen Justizamte hieselbst angesetzt, zu welchem Alle, welche aus irgend einem Grunde Ansprüche und Forderungen an den Cridar und dessen Vermögen, in specie an das zur Concursmasse gehörige, zu Selmsdorf belegene Wohnhaus c. p. zu haben vermeinen, zwecks Anmeldung ihrer Ansprüche und Vorlegung ihrer schriftlichen Beweismittel unter dem hiedurch ein für alle Mal angedroheten Nachtheile der Abweisung von der vorhandenen Masse und des Ausschlusses mit ihren Beweismitteln mit Ausnahme der von der Meldungspflicht ausgenommenen Hypothekgläubiger wegen ihrer intabulirten Kapitalpöste und laufenden Zinsen, hiemit peremtorisch geladen werden. Zugleich ist auch ein Termin auf Donnerstag den 23 März 1871, Morgens 10 Uhr, vor dem hiesigen Justizamte anberaumt zum Versuche gütlicher Aufgreifung des Debitwesens und event. zur Prioritätsausführung, zu welchem die Matthias Klatt'schen Gläubiger unter dem ein für alle Mal angekündigten Nachteile der Einwilligung in die Gerichtswegen zu machenden Vergleichsvorschläge - wobei etwanige Ablehnungen oder Fristgesuche von Bevollmächtigten nur im Falle einer auf Widerspruch gerichteten Specialvollmacht, bloße schriftliche Erklärung aber überall nicht berücksichtigt werden können - und deren Ausschließung mit der Prioritäts-Deduction hiedurch geladen werden. Gleichzeitig sind auch Termine vor dem Justiz-Amte hieselbst anberaumt
1) zum Verkaufe des zur Masse gehörigen zu Selmsdorf belegenen Wohnhauses c. p. auf

[ => Original lesen: 1871 Nr. 13 Seite 4]

Montag den 27. Februar 1871, Morgens 11 Uhr,
2) zum Ueberbote auf Donnerstag den 23. März 1871, Morgens 11 Uhr, wozu Kaufliehaber hiedurch mit der Bemerkung geladen werden, daß die Besichtigung des Grundstücks nach vorausgegangener Meldung bei dem zum interimistischen Curator bonorum bestellten Krämer Buschow zu Selmsdorf jederzeit frei steht und die Verkaufsbedingungen 14 Tage vor dem Verkaufstermine auf der Justizamts-Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Sämmtlichen Gläubigern wird freigelassen, in dem zur endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen auf Montag den 27. Februar 1871, Morgens 10 1/2 Uhr, anberaumten Termin zu erscheinen.
Schließlich wird bemerkt, daß die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln in dieser Concurssache getroffen sind, und wird den etwanigen Matth. Klattschen Schuldnern hiedurch bei strafe doppelter Zahlung aufgegeben, fortan nicht an den Cridar, sondern nur an das unterzeichnete Justiz-Amt Zahlung zu leisten. Schönberg, 13. December 1870.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.


Bekanntmachung.
Die Zahlung der Armensteuer zum vollen Beitrag ist nothwendig, und werden die Bewohner des Schönberger Armen-Districtes hiemit aufgefordert selbige an die resp. Vorsteher in Schönberg, Schuhmachermeister Aug. Lenschow, Webermeister Oldörp und Sattlermeister Bonhoff, in den Dörfern an die Hauswirthe Joach. Wigger in Kl. Bünsdorf, Heinr. Voß in Petersberg, Ollrogge in Menzendorf und Ollrogge in Boitin-Resdorf fördersamt zu bezahlen.
Schönberg, den 9. Februar 1871.
Die Armenbehörde.


400,000 Stück gut gebrannte Mauersteine, wovon Proben zur Ansicht vorliegen, sind zum soliden Preise franco Schönberg abzugeben. Näheres bei Aug. Spehr.


Zu verkaufen ein neues Harmonium (kleine Orgel), passend für kleine Kirchen oder Schulen bei O. J. F. Soltau, Instrumentenmacher in Ratzeburg.


Knaben, welche zu Ostern d. J. das hiesige Gymnasium oder die Domschule besuchen sollen, finden bei mir freundliche Aufnahme, sowie Anleitung und Nachhülfe bei ihren Schularbeiten.
Auch nehme ich Anmeldungen neuer Schüler für die unter meiner Leitung stehende Domschule zum Ostertermine schon jetzt entgegen.
J. H. Voß. Lehrer.
Domhof-Ratzeburg, den 19. Jan. 1871.


Die berühmte preisgekrönte Anilin-Dinte von C. Haselhorst in Dresden in
1/1 1/2 1/4 und 1/8 Flaschen

à 10 Sgr. 6 Sgr. 3 Sgr. 2 Sgr.
ist nur allein ächt zu haben bei J. P. Bade.


F. Schlüter in Ratzeburg empfiehlt zu billigsten Preisen seine Fabrikate, wie:
Selters, Sodawasser und Brauselimonade angelegentlichst.
Niederlage hält zu Fabrikpreisen Aug. Spehr in Schönberg.


Wegen Aufgabe meines Manufacturwaaren-Geschäfts werden sämmtliche Sachen zu Einkaufspreisen gegen baare Zahlung verkauft.
Ratzeburg. Moritz Stein.


Joh. H. Habich & Co., Celle, Mitglieder der Habich'schen Familie, in deren alleinigem Besitze sich die Fabrik-Geheimnisse der eingegangenen alten Firma: J. H. Habich's Sohn befinden, setzen die Fabrikation von Kau-, Rauch-, Schnupftaback und Cigarren unter der Firma: Joh. Hr. Habich & Co. fort. Die Fabrikate von der alten renommirten Qualität, von den bewährtsten Werkmeistern der früheren Firma angefertigt, werden bestens empfohlen und können sofort geliefert werden.
Aufträge werden brieflich erbeten.
Celle, Jan. 1871.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Geboren:
27. Jan. Dem Anerben Kleinfeldt zu Lockwisch eine Tochter.
28. Jan. Dem Arbeitsm. Rickhoff zu Torriesdorf eine Tochter.
31. Jan. Dem Schulzen Burmeister zu Gr. Siemz ein Sohn.
Dem Hauswirth Creutzfeldt zu Niendorf ein Sohn.
2. Februar. Ein unehelicher Sohn zu Lockwisch.
4. Febr. Dem Hauswirth Heinr. Lenschow zu Sabow eine Tochter.
5. Febr. Dem Zimmergesell Freitag zu Rupensdorf eine Tochter.
8. Febr. Dem Fuhrmann Krohn hieselbst eine Tochter.
Dem Schneidermeister Joh. Renzow vor Schönberg eine Tochter.

Gestorben:
25. Jan. Hans Jochen Baars, verwittw. Hausw. zu Niendorf, 87 J. 8 M. alt.
26. Jan. Elisabet Klatschow hieselbst, Arbeitsm.-Frau aus Gr. Mist, über 70 J. alt.
Catharina M. Hedwig Stree, Lumpensammlers-Frau hieselbst, geb. Düser aus Harkensee, über 60 J. alt.
29. Jan. Anna Catharina Warncke, Riemers-Wittwe zu Lindow, geb. Gode aus Torriesdorf, 81 J. alt.
31. Jan. Cathar. Maria Wilhelmine Oldörp, Arbeitsm.-Tochter zu Petersberg, 1 M. 20 T. alt.
1. Febr. Anna Elisabet Wittfoth, Productenhändlers-Frau zu Niendorf, geb. Sterly aus Petersberg, 65 J. 8 M. alt.
2. Febr. Peter Heinrich Sager, Rentier zu Malzow, 52 J. 5 M. alt.
3. Febr. Catharina Stave vor Schönberg, Arbeitsm.-Wittwe aus Sabow, geb. Beck aus Malzow, über 0 J. alt.
4. Febr. Joh. Wilh. Friedr. Bodtentin (Bugenthin), Arbeitsm. a. d. hies. Bauhofe, über 70 J. alt.
6. Febr. Hans Heinrich Denker aus Schlagsdorf, unverheir. Knecht vor Schönberg, über 80 J. alt.
9. Febr. Ludwig H. W. Joach. Creutzfeldt, Hausw.-Sohn zu Niendorf, 9 Tage alt.

Copulirt:
27. Jan. Johann Heinrich Ernst Niemann, von der Ziegelei bei Kehrsen, Zieglergesell vor Schönberg, und Caroline Elisabet Cathar. Bohnhoff vor Schönberg.
7. Febr. Johann Heinrich Damm aus Thandorf, Cigarrenmacher vor Schönberg, und Karra Nielsdotter daselbst, geb. zu Rjiesa K. d. Broby bei Christianstad.


Meteorologische Beobachtungen.
Feb.
1871.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
10.
11.
12.
13.
36.88
39.33
40.05
38.31
-14.5
-13.5
-15.8
-11.9
-9.2
-8.8
-8.4
-5.6
ONO
N
SO
OSO
1
0
0
1
völlig heit.
heiter.
völlig heit.
trübe.

Am 4. und 5. auf 1 []' 20 und 50 Cbkz. Regen, Hagel und Schnee.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pf.12 - 12 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Holst. d. Pf.13 - 14Schilling (Mecklenburg),
Hasen d. St.36 - 48 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.30 - 32 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.20 - 22 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.12 - 14 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.5 - 6 Schilling (Mecklenburg),
Spickgans d. St.28 - 36 Schilling (Mecklenburg),
Flickgans d. St.24 - 30 Schilling (Mecklenburg),
Schinken d. Pf.10 Schilling (Mecklenburg),
Schweinskopf d. Pf.6 Schilling (Mecklenburg),
Wurst d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Eier 4 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.5 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(Alles per 200 Pfund in Lüb. Cour.)
Weizen17 1/2 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 1/2 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 1/4 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer11 - 11Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Erbsen12 - 13Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Wicken12 - 14Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 18Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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