No. 79
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 07. Oktober
1870
vierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1870 Nr. 79 Seite 1]

Nach § 4 der Ausführungs-Gewerbe-Verordnung vom 16. December 1869 werden die im hiesigen Fürstenthum ansessigen Producten-, Lumpen- und sonstigen Händler und Hausirer aufgefordert, die Erneuerung ihrer Gewerbescheine für das nächstfolgende Jahr 1871 vor dem 1. November d. J. zu beantragen,
Schönberg, den 24. September 1870.

Großherzogl. Mecklenburg. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben. C. L. v. Oertzen. C. v. Oertzen.


Nachdem heute die halbmonatlichen Unterstützungsgelder an die bedürftigen Familien der einberufenen Reservisten und Landwehrmänner des hiesigen Fürstenthums ausbezahlt worden, wird hiedurch bekannt gemacht, daß die nächste halbmonatliche Zahlung dieser Gelder am Donnerstag den 22. October d. J., Morgens 9 Uhr, in der Wohnung des mitunterzeichneten Assessors von Oertzen stattfinden wird. Die Unterstützungsberechtigten haben sich daselbst zur genannten Stunde pünktlich einzufinden.
Schönberg, den 6. October 1870.

Das Kreis-Commissariat des Fürstenthums Ratzeburg.

C. v. Oertzen. G. W. Wicke. H. Burmeister.


Antragsmäßig soll über die zu Selmsdorf belegene Büdnerstelle c. p. des Arbeitmanns Johann Witt daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag den 20. December 1870, Vormittags 10 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, 29. September 1870.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.


Verkaufsanzeigen.

Soeben geht mir in Folge des Aufrufes vom 1. d. Mts. als Opfergabe für die deutschen Truppen von einer armen Frau hier in der Stadt ein silberner Löffel zu mit dem Auftrage, denselben, da sie so viel Geld nicht habe, zu verkaufen. Ich glaube im Sinne der Geberin, der Gott die Gabe vergelten möge, zu handeln, wenn ich zum Verkauf des Löffels hiemit einen öffentlichen Meistgebotstermin auf Freitag den 7. d. Mts., Nachmittags 3 Uhr, in Spehr's Hotel ansetze und hiezu alle patriotisch gesinnten Männer in Stadt und Land einlade.
Schönberg, den 3. October 1870.
R. Rackow, Advocat.


Am Sonnabend den 8. October von 10 Uhr Vormittags an sollen im Schulhause zu Kl. Mist öffentlich meistbietend verkauft werden:

1 Eckschrank, 1 Kommode, 6 Polsterstühle, 1 Sopha, 1 Kleiderschrank, Tische, 3 Bettstellen, 1 Wanduhr, 1 Milchschrank, 1 Koffer, Küchengeräthe, 1 kl. Wagen, Sielenzeug, 2 Laden, Brennholz, 1 neue Schneidelade u. s. w.


Vermischte Anzeigen.

Eingegangen sind ferner, 1) von einem Hauswirthe aus Sülsdorf 2 Paar Strümpfe, 2 Binden und 1 Hemd; 2) von zwei Teschower Hauswirthen 12 Paar Strümpfe und 6 Binden; 3) von einem hiesigen Ackerbürger 2 Hemden, 2 paar Strümpfe und 1 Thlr., und von dessen Altentheilerin 1 Thlr.; 4) von einem Sabower Hauswirthe 3 Paar Strümpfe, 3 Binden und 2 Thlr.; 5) aus Kl. Siemz 12 Binden, 5 Paar Strümpfe und 4 Hemden; 6) von der Hauswirthin Beckmann aus Petersberg 6 Paar Strümpfe; 7) aus der Selmsdorfer Gemeinde 7 Paar Strümpfe, 4 Hemden und 5 Binden; 8) von einer Altentheilerin hieselbst 1 Thlr.; 9) aus Torriesdorf 3 Binden; 10) aus Lockwisch 4 Binden; 11) aus einem Schönberger Hause 6 Paar Strümpfe, aus einem andern 3 Paar Strümpfe, aus einem dritten zwei Unterhosen und zwei Unterjacken und 12) von einem hiesigen Lehrer 2 Thlr.
Diese Gegenstände, bis jetzt zusammen 203 Binden, 195 Paar Strümpfe und 75 Hemden werden durch einen in den ersten Tagen künftiger Woche von Schwerin unmittelbar an die mecklenburgischen Truppen abgehenden Extrazug -der auch besondere Packete, an einzelne Soldaten adressirt, annimmt - mitbefördert, und bitten wir, die vielen uns noch in Aussicht gestellten Gaben spätestens bis zum nächsten Sonntag den 9. d. Mts. beim mitunterzeichneten Uhrmacher Meyer abzugeben.
Es versteht sich von selbst, daß wir nach wie vor bereit sind, die bei uns eingehenden Gelder unmittelbar an das Central-Comité in Berlin einzusenden.
Schönberg, den 6. October 1870.
Die acht Hauswirthe und zwei Schönberger Bürger.


Als Verlobte empfehlen sich:
Wilhelmine Kniep
H. Dahnke.
Schönberg.


[ => Original lesen: 1870 Nr. 79 Seite 2]

Aufruf!
Einwohner des Fürstenthums Ratzeburg!

Für die Invaliden habt Ihr gesorgt, indem der Invalidenstiftung 500 Thlr. von hier aus übersandt worden sind. - Den bedürftigen Frauen und Kindern der Krieger wird durch Geldbeiträge geholfen. - Für die Verwundeten, welche demnächst in den Schönberger Lazarethen etwa Aufnahme finden werden, sind Sammlungen veranstaltet worden.
Für die Truppen, welche im Felde stehen, ist - von ganz geringfügigen Sendungen abgesehen - Nichts geschehen!
Erst in letzter Zeit sind Leibbinden, Strümpfe und wollene Unterkleider gesammelt worden. Es fehlt aber an mehr; es fehlt vor allen Dingen an Geld. Das Central-Comité in Berlin, über so bedeutende Mittel es auch verfügt hat, sieht seine Baarbestände erschöpft - und die Truppen im Felde leiden Noth.
Es bedarf schleuniger Hülfe, und diese zu bringen, soll unsere Aufgabe sein. Wir wollen rasch und energisch eine einmalige Geldsammlung durch das ganze Fürstenthum vornehmen, um alsdann das gesammelte Geld sofort an das Central-Comité in Berlin einzusenden und es in diejenigen Hände zu legen, welche, im Mittelpunkte aller Wohlthätigkeitsbestrebungen, durch regelmäßigen Versandt nach dem Kriegsschauplatze den Truppen am wirksamsten helfen.
Einwohner des Fürstenthums Ratzeburg! Was zusammengebracht Worden ist, zum größten Theil ist es zu anderen nothwendigen Zwecken gesammelt und verwandt. Für die Truppen im Felde hat das Fürstenthum als solches bisher Nichts gethan.
Ganz Deutschland, selbst das Ausland, soweit die deutsche Zunge klingt, hat Beweise werkthätigster opferfreudigster Theilnahme gegeben. Soll das Fürstenthum Ratzeburg allein zurückstehen ?
Noch ist es Zeit zu helfen; noch ist es Zeit, Opfer zu bringen, aber es wird die höchste Zeit.
Die Truppen, welche ihr Herzblut für uns verspritzen, welche unsere Fluren vor dem verheerenden Einfall des Feindes beschützten, sie leiden Noth! Bedarf es denn mehr als dieses Donnerrufes, um selbst das gefühlloseste Herz zu erweichen?
Als die französische Panzerflotte in der Nord- und Ostsee kreuzte und täglich und stündlich unsere Küsten bedrohte, da war es das deutsche Heer, welches den drohenden Ueberfall, welches Plünderung und Brandschatzung von uns fern gehalten hat. Das deutsche Heer, welches in raschem Siegeslauf die feindlichen Armeen niederwarf, hat auch die übermächtige Flotte des Feindes zum schmählichen Rückzuge genöthigt.
Und jetzt, wo eben dies Heer der Hülfe bedarf, da sollte das Fürstenthum nicht helfen? Einwohner des Fürstenthums Ratzeburg! Laßt uns- mit Beiseitesetzung aller sonstigen Rücksichten und Parteigegensätze - einmüthig zusammentreten zum gemeinsamen Liebeswerk.
Es gilt der deutschen Sache. Der große Kampf, welcher auf den Schlachtfeldern Frankreichs ausgefochten ist, er ist auch für uns gekämpft. Unsere deutschen Truppen sind es, die den Feind geschlagen haben; unser deutsches Vaterland ist es, welches einig und mächtig, in Größe und Herrlichkeit, wie nie zuvor, aus dem Riesenkampfe hervorgeht; unsere deutschen Geschicke sind es, welche sich entschieden haben.
Möge denn die große Weihestunde, welche wir zu durchleben von Gott begnadigt sind, auch hier im Fürstenthum den rechten Opfermuth erzeugen.
Es sollen nicht Bettelgaben, nicht Almosen aufgebracht, es sollen unsern braven Truppen Opfer des Dankes gespendet, es soll die Ehrenschuld, welche jeder Deutsche dem deutschen Heere gegenüber hat, wenn auch nur zum kleinsten Theile, getilgt werden.
Einwohner des Fürstenthums Ratzeburg! Zeigt es, daß auch hier die Herzen warm und freudig für die deutsche Sache schlagen! daß auch hier der Nothschrei unserer Brüder nicht ungehört verhalle!
Reich und Arm, Hoch und Niedrig, gebet Alle! Gebet - bis an das äußerste Maß Eurer Kräfte! Die Gabe, zu solchem Zwecke verwandt, wird und muß segenbringend sein.
Wir haben in allen Ortschaften des Landes angesehene Männer gebeten, die Geldsammlungen zu übernehmen. Wir bitten alle Vereine im Lande, die zu diesem Zweck bereits gesammelten Gelder dem gemeinsamen Liebeswerke zu widmen, damit das Geldopfer des Fürstenthums so reich wie möglich ausfalle.
Eile ist aber, soll die Hülfe nicht zu spät kommen, dringend geboten.

Wohlan denn, Ratzeburger!
Helft!! und Gebt!!
Freudig!! Rasch.!! und Reichlich!!

Schönberg, den 1. October 1870.
Mühlenpächter W. Wieschendorff-Stove.
Pächter P. H. C. Breuel zu Hof Selmsdorf.
Schulze A. Wigger-Sahmkow.
Hauswirth P. Burmeister-Sülsdorf.
Kürschnermeister W. Gartz-Schönberg.
Schulze Busch-Rodenberg.
Senator Aug. Spehr-Schönberg.
Advocat R. Rackow-Schönberg.


[ => Original lesen: 1870 Nr. 79 Seite 3]

Die auf Grund des Aufrufs vom 1. October d. J. für die Truppen im Felde stattfindende Geldsammlung im Fürstenthum Ratzeburg hat bis jetzt eine Summe von 555 Taler (Mecklenburg) 33 Schilling (Mecklenburg) ergeben. Diese Summe, sowie das, was im Laufe des Tages heute noch eingeht, wird heute Abend als erste Sendung an das deutsche Central-Comite in Berlin von uns eingeschickt werden.
Schönberg den 7. October 1870.
Namens und im Auftrage der Comite-Mitglieder. R. Rackow, Adv.


Von meiner Reise zurückgekehrt, nehme ich meine ärztliche Praxis wieder auf.
Ratzeburg, den 27. Sept. 1870.
Dr. Arndt.


In einem Privat-Cursus, der für meine Tochter eingerichtet, finden einige kleine Mädchen von 12 Jahren Aufnahme.
J. A. Lallemant.
Lübeck, Pferdemarkt 957.


Pferd Am Sonntag den 9. October bekomme ich wiederum einen Transport von 1 1/2 jähr. dänischen Füllen und lade Kaufliebhaber ganz ergebenst ein.
Schönberg, den 3. October 1870.
August Kniep.


Pferd Am Dienstag den 11. October treffen des Morgens ca. 70 anderthalbjähr. Füllen, größtentheils Wilster Marsch-Race, hier ein.
Wir bitten die Herren, welche Füllen bestellt haben, am obengenannten Tage dieselben hier abzunehmen, und laden auch anderweitige Kaufliebhaber ganz ergebenst ein.
Rehna, im Sept. 1870.
Gebrüder Baumann.


Uhren-Handlung von Ernst Rohr Wwe.
Uhrmacher in Schönberg empfiehlt ihr reichhaltiges Lager aller Sorten gut gehender Stuben- und Taschenuhren unter zweijähriger Garantie zu nachstehenden enorm billigen Preisen:
Silberne Cylinder-Uhren von 6 1/2 Thlr. an bis zu 14 Thlr.,
Silberne Anker-Uhren von 10 Thlr. an bis zu 22 Thlr.,
Goldene Herren-Cylinder-Uhren von 20 Thlr. an bis zu 40 Thlr.,
Goldene Damen-Cylinder-Uhren von 16 Thlr. an bis zu 40 Thlr.,
Goldene Anker-Uhren von 24 Thlr. an bis zu 60 Thlr.,
Pendulen in Bronce, Alabaster und Marmor mit Schlagwerk von 14 Thlr. an,
Amerikanische Uhren von 3 Thlr. an,
Schwarzwälder Uhren von 1 Thlr. 24 ßl. an.
Ferner: eine große Auswahl Uhrketten, silberne von 2 Thlr. an, echte Talmi-Hals- und Westenketten unter dauernder Garantie von 32 ßl. an,
Stählerne Westenketten von 4 ßl. an.
Reparaturen an jeglichen Arten Uhren werden prompt und gut ausgeführt.


Ich empfehle mein Lager von Gußeisenwaaren, als: Keller-, Stall- und Dachfenster, Oefen, Ofenthüren, Röhren, Rosten, Sparherdplatten, Ringe und Bratöfen, und emaillirtes Kochgeschirr.
C. Schwedt.


Die so sehr beliebten Conditoreiwaaren des Herrn Conditor Prahl in Lübeck sind im bevorstehenden Jahrmarkte wieder bei mir ausgelegt und bitte ich das geschätzte Publikum um recht lebhaften Zuspruch.
Schönberg, October 1870.
C. J. W. Burmeister.


Zum bevorstehenden Markte halte mein Tuch-, Manufactur- und Modewaarenlager bestens empfohlen.
Durch vortheilhafte Einkäufe in Leipzig und Berlin bin ich im Stande, die neuesten Waaren in bester Qualität zu außerordentlich billigen Preisen zu begeben, unter Anderem die neuesten Facons Winter-Paletots von Pr. Cour. Thlr. 5 an.
Zur Entgegennahme von Ordres auf Betten und Bettfedern führe Proben. - Sortiment von Drell, Federlein, Barchend, Federn und Dunen bei mir.
Mein Stand vor dem Hause des Gastwirths Herrn Fick.
Hochachtungsvoll H. Rohde, Rehna.


J. Burchard aus Rehna empfiehlt sich zum bevorstehenden Markte seinen werthen Kunden mit seinem reich assortirten Tuch- und Modewaaren-Lager.
Es gelang mir, in Folge des flauen Geschäfts auf der jüngsten Leipziger Messe, durch baare Einkäufe meine Waaren bedeutend unter Preis zu kaufen und bin dadurch im Stande, meine Gönner besonders billig zu bedienen, welches ich mit Vergnügen thue.
Eine große Auswahl Paletots und Jacken, neueste Moden und billigste Preise.
Tuche, Buckskins und Düffels besonders billig.
Eine Partie Kleiderstoffe, hübsche Muster, unter Preis.
Bitte zu beachten. Jetzt nicht mehr im Hause des Herrn Goldschmied Fischer, sondern in einer Bude vor dem Hause mit meiner Firma versehen. Das mir stets geschenkte Wohlwollen bitte mir auch ferner zu erhalten, auf billige und reelle Bedienung darf sicher gerechnet werden.
Achtungsvoll J. Burchard.


Einige ächt französische Shawls, reine Wolle mit Seide, sind bedeutend unter Preis zu haben bei J. Burchard aus Rehna.


Zum bevorstehenden Markt empfiehlt sich mit selbstverfertigtem Bettdrell und Bettparchend sowie allen Sorten Buckskin und Düffel nebst Flanell und Wollenzeugen.
J. J. Schäper.


[ => Original lesen: 1870 Nr. 79 Seite 4]

Die modernsten, billigsten Fanchons, Seelenwärmer, Shawls, Baschliks, Cachemir-Kappen, sowie Cattune, Kleiderstoffe, Tuch und Buckskin, Umschlagtücher, Damenmäntel und Jacken u.s.w. sind bei Ludwig Creutzfeldt, Schönberg.


Geschäfts-Eröffnung.
Neben meinem Manufacturgeschäfte werde ich von heute ab ein Putzgeschäft eröffnen und alle in diesem Fache vorkommenden Artikel, als eine große Auswahl von Damen- und Kinderhüten, Hauben, Coiffüren u.s.w. in den neuesten Moden vorräthig halten. Auch werden Hüte umgeändert und auf das modernste garnirt.
Unter Zusicherung der billigsten Preise bittet um zahlreichen Zuspruch Ludwig Creutzfeldt.


August Groth, Marienstraße, empfiehlt dem geehrten Publikum zum bevorstehenden Herbst sein completes Lager von Tuch-, Manufactur- & Modewaaren zu den billigsten Preisen. Ferner Ausverkauf einer großen Auswahl von Kleiderstoffen, Umschlagtüchern, sowie vorigjährigen Paletots und Mäntel zu sehr billigen Preisen.


Nachdem der Umbau meines Hauses Breitestraße Nr. 956 vollendet, habe ich meine Geschäftsräume in demselben mit dem heutigen Tage eröffnet.
Ich benutze diese Gelegenheit für das mir bisher in so reichem Maaße entgegengebrachte Vertrauen meinen besten Dank auszusprechen und bitte, mir dasselbe auch fernerhin gütigst erhalten zu wollen.
Lübeck, den 29. September 1870.
Ludwig Edelstein, Breitestraße 956, Ecke der Fleischhauerstraße, der Rathhauswache gegenüber.


Zur Winter-Saison empfiehlt August Creutzfeldt Tuch, Buckskin und Paletot-Stoffe in großer, hübscher Auswahl, Halb und rein wollener Düffel in allen Farben, Westen, Cachenez und Handschuhe aller Art, Die neuesten Kleiderzeuge, Umschlagtücher und andere Tücher, Double-Jacken, Fanchons, Seelenwärmer und Chawls, sowie alle sonstigen Manufacturwaaren zu den billigsten Preisen.
Der so sehr beliebte carrirte Beiderwand zu Kleidern à Elle 6 ßl. ist in großer Auswahl vorräthig.
Neue Bettfeder zu jedem Preise.


Düng-Gyps, Vieh- und Futter-Salz, nach Anwendung außerordentlich lohnend bei H. L. Haukohl, Sandstraße 1003, Lübeck.


Hiezu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1870 Nr. 79 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 79 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.

Schönberg, den 7. October 1870.


Stempel-Apparate neuster Construction.
Selbstfärbende Datumstempel, mit Firma, Ort, Datum, Monat und Jahreszahl, für jeden Geschäftsmann unentbehrlich 7 bis 8 Thlr.
Selbstfärbende Patent-Stempel-Apparate neuester Construction, mit Firma und Ort, 2 Thlr., jede Zeile mehr 1/3 Thaler.
Selbstfärbende Patent-Stempel-Apparate mit Giro von 3 2/3 bis 5 2/3 Thlr. je nach Größe.
Selbstfärbende und Hand-Paginir-Maschinen von 11 Thlr. bis 35 Thlr.
Selbstfärbende und Hand-Numeroteurs von 14 bis 20 Thlr.
Trockenstempel-Pressen mit Firma, Stand und Ort nur 5/6 und 1 Thlr.
Copirpressen von 1 2/3 bis 12 Thlr., Copirbücher von 1 bis 1 1/2 Thlr.
Siegelmarken incl. Petschaft von 2 bis 3 1/2 Thlr. pro 1000 Stück.
Petschafte, englische, gebohrte und gravirte, billigst.
Versandt gegen Nachnahme. Emballage billigst. En gros rabatt. Ausführliche Preis-Courante gratis und franco.
Adolf Goldstein & Co., Berlin, Fürstenstr. 22


Füll-Regulir-Oefen von 11 Thaler an, Einsatz-Oefen mit bronce Gitterthür von 11 1/2 Thaler an, Regulir-Unter-Oefen von 9 Thaler an, Quint-Oefen, Saarlouis-Oefen, complete Kochheerde, do. Sparheerde, sowie sämmtliche Ofen-Bestandtheile empfiehlt Moritz Stein.
Ratzburg.


Haus- und Küchengeräthe empfiehlt Moritz Stein.
Ratzeburg.


Fabrik künstlicher Düngstoffe von A. Lamek, Wandsbeck, empfiehlt zur bevorstehenden Saatzeit den geehrten Herren Landleuten ihre wohlbekannt und bestrenomirten Düngstoffe von ausgezeichneter Wirksamkeit, als: Blutdünger, Gedämpftes Knochenmehl (garantirt unverfälscht), Superphosphat, unter Zusicherung der reellsten Lieferung.
Preis Crt. Taler (Mecklenburg) 3 1/5 pr. Crt. pr. compl. Franco Wandsbecker oder Hamburger Bahnhof.
Die Fabrik und Fabrikate sind von mir unter Controlle der Conroll-Versuchs-Station für den Verkauf von künstlichen Düngstoffen im Großherzogthum Mecklenburg unter Direction des Herrn Gutsbesitzers Bock auf Gr. Weltzien und Herrn Prof. Dr. Schulze in Rostock gestellt.
Niederlage, resp. Agentur bei Herrn L. Thun in Grevismühlen.
Wandsbeck, September 1870.


Ohne Medicin und ohne Diät erfolgt die Heilung, resp. Linderung aller nervösen Schmerzen, durch die Wirkung der Galvano-therapeutischen Apparate.
Die einzigen, welche wirklich einen galvanischen Strom im Körper erregen, (sie werden beständig am Leibe getragen,) und deren Intensität hinreicht, Wasser zu zersetzen.
Die Wirksamkeit dieser Apparate wird garantirt und bitten wir, dieselben nicht den gewöhnlichen Rheumatismusketten und anderen ähnlichen Anpreisungen gleich zu achten, welche, trotz großem Geschrei unwirksam und unbrauchbar sind, an denen sich auch keine Spur von Electricität nachweisen läßt.
Unsere Apparate, die einzig wirksamen, beseitigen sicher Kopf- und Zahnschmerz sofort, den hartnäckigsten Husten in einer Nacht, Rheumatismus, Magenkrampf, Leib-, Hals-, Rücken- und Brustschmerz, Stiche gichtische und viele andere Uebel in kurzer Zeit.
Die galvano-therapeutischen Apparate werden in 3 Größen gefertigt, für Kinder zu 3 Thlr., für Erwachsene zu 5 Thlr., und besonders starke, zur Beseitigung hartnäckiger Uebel zu 7 1/2 Thlr. das Stück. Die Zusendung derselben erfolgt gegen Einsendung des Betrages und werden Correspondenzen franco erbeten von Adolph Goldstein & Co. in Berlin. Fürstenstraße 22.


Dem geehrten Publikum von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich wieder auf dem Schönberger Markte mit ächtem Möllnischen Zwiebacken ausstehen werde und bitte um geneigten Zuspruch. Mein Stand ist der Kirche gegenüber. Die Bude ist mit der Firma versehen.
Johann Burmester aus Mölln.


[ => Original lesen: 1870 Nr. 79 Seite 6]

Zum bevorstehenden Jahrmarkt empfehle ich meine Conditorei- und Kuchenwaaren bestehend in recht schmackhaften Kuchen und Theebackwerk, Makronen, sowie in allen dieser Branche vorkommenden Artikeln.
Mein Stand ist wie früher vor dem Hause des Herrn Buchdruckereibesitzers Bicker.
Achtungsvoll Wwe. Greiff, Conditor.


Zum Winterbedarf empfiehlt Unterzeichneter: weißen und rothen Kopfkohl, Wurzeln, Carotten, rothe Beeten, Rüben (Bodtfeldsche, Märkische, Teltower), Kohlrabi (in und über der Erde), Sellerie-Knollen, Porro, Petersilien-Wurzeln, Zwiebeln oder Zipollen, Chalotten, Merrettig, Rettig (schwarzer Winter-), Scorzioner oder Schwarzwurzeln etc. etc.
Alles zu billigsten Preisen.
Carl Sörensen, Handelsgärtner.
Schönberg, October 1870.


Heute Nachmittag wurden wir durch die glückliche Geburt einer gesunden Tochter erfreut.
Lockwischer Mühle, den 6. Oct. 1870.
H. Rocksien und Frau.


Meine Wohnung ist in der Sabower-Straße in dem Hause des Schuhmachermeisters Kleinfeldt, Nr. 21, zugleich bitte ich meine geehrten Freunde und Gönner, mich auch ferner mit ihren Aufträgen zu beehren.
G. D. Fischer, Gold- und Silberarbeiter.


Durch den Brand in der Nacht zum Sonntag, der mein Wohnhaus zerstörte, bin ich veranlaßt, meine Bäckerei in das angrenzende, dem Bauunternehmer Oldenburg gehörende Haus zu verlegen, und bitte meine geehrten Gönner, mir doch ihre Kundschaft auch ferner nicht zu entziehen.
Bäckermeister Vielhaack.


Mein Lager von Tapeten und Borden sowie von Rouleaux in vielen geschmackvollen Mustern empfehle ich dem geehrten Publikum zur Abnahme bestens.
Maler Wolgast.


Lager von Holsteiner Holzpantoffeln in großer Auswahl bei J. F. Eckmann.


Zum bevorstehenden Markt empfehle ich den geehrten Bewohnern Schönbergs und Umgegend mein Lager von Tuch- & Manufacturwaaren, fertige Damen-Mänteln, Jacken und Herren-Röcken.
Sehr vortheilhafte Einkäufe in Tuch und Wollenwaaren, sowie die große Auswahl in allen Mustersachen, städtischen und Landgeschmacks, setzen mich in den Stand, jedem Anspruch genügen zu können und bitte daher um recht zahlreichen Zuspruch.
Hochachtungsvoll G. A. Levissohn aus Rehna vor dem Hause des Herrn Gastwirth Fick.


Kirchliche Nachrichten.
Gemeinde Schönberg.

Geboren:
Dem Arbeitsm. Kähler zu Torriesdorf ein Sohn.
30. Sept. Dem Maurergesell Vitense vor Schönberg ein Sohn.
1. Oct. Dem Lehrer Wilhelm hieselbst eine Tochter.
2. Oct. Ein unehelicher Sohn in Kl. Siemz.
5. Oct. Dem Pastor Fischer hies. ein Sohn.

Gestorben:
23. Sept. Joachim H. A. Fanselow, Cigarrenfabrikant hieselbst, 32 J. 7 1/2 M. alt.
24. Sept. C. M. Sophie E. Burmeister, geb. Fick, Kaufmannsfrau hieselbst, 24 J. alt.
26. Sept. Joh. J. Heinrich Reuter, Arbeitsm.-Sohn in Rabensdorf, 5 Tage alt.
4. Oct. M. Catharina E. Schütt zu Rupensdorf, 1 J. 11 M. alt.

Copulirt:
4. Oct. Johann Peter Krellenberg, Arbeitsm. zu Kleinfeldt, und Catharina Magdalena Meyborg hieselbst, geb. aus Sahmkow.

Sonntag den 9. October.
Früh-Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags-Kirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Zinsfuß für Darlehen aus der Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt in Schönberg 5 %.


Meteorologische Beobachtungen.
Oct.
1870.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
4.
5.
6.
43.49
39.85
36.77
3.2
2.0
7.0
9.0
10.3
9.7
SO
W
WSW
0
1
1
trübe.
völlig heit.
trübe.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pf.15 - 15 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Holst. d. Pf.15 1/2 - 16 Schilling (Mecklenburg),
Hasen d. St.36 - 40 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.20 - 22 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.14 - 16 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.10 - 12 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.4 - 6 Schilling (Mecklenburg),
Schinken d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Wurst d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Eier 6 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.6 Schilling (Mecklenburg).


Getreide-Preise in Lübeck.

(Alles per 200 Pfund in Lüb. Cour.)
Weizen16 1/2 - 19Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 1/2 - 13Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 - 10 Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Erbsen10 1/2 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken10 1/2 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen10 - 11Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat29 - 30Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen29 - 29Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


- Neustrelitz, 1 October. Über den Unfall, welcher Se. Königl. Hoheit den Erbgroßherzog bei St. Germain les Corbeil betroffen hat, berichten engl. Zeitungen. Die Daily News äußern sich über diesen Vorfall in folgender Weise: Als wir gestern früh auf dem Wege von Chaumes munter vorwärts trabten, ereignete sich ein Unfall, der die übelsten Folgen hätte haben können. Der junge Prinz von Mecklenburg, Neffe des Herzogs von Cambridge, einer der schneidigsten und mobilsten Reiter im Stabe (des Kronprinzen), stürzte mit seinem Pferde und wurde sehr stark contustonirt. Er lief Gefahr überritten zu werden, da die ganze Colonne in starker Gangart, wie im Gewitter heranbrauste; aber zum Glück ergab es sich nur als ein böser Sturz ohne zerbrochene Knochen. Der Erbgroßherzog, der in einen Wagen gebracht wurde, weigerte sich einzugestehen, wie stark er verletzt sei. Gerade wie Seine Königliche Hoheit unter den vielen Pferden da lag, erschien es uns allen, als müßte er in Stücke getreten werden. Beim Stürzen mit dem Pferde pflegt gewöhnlich viel Glück zu sein, obgleich ich auch manchen Reiter unter günstigeren Umständen habe den Hals brechen sehen. - So die engl. Blätter. Doch sind Gottlob seitdem Nachrichten hier eingelaufen, nach welchen der Erbgroßherzog bereits hat wieder zu Pferde sitzen können.
- Die amtlichen Nachrichten des General-Gouvernements Elsaß bringen folgenden bemerkenswerthen Appell an die Bevölkerung: "Nach den in den letzten Tagen im Hauptquartier gefaßten Entschließungen ist die Frage hinsichtlich des künftigen Looses der gegenwärtig zu dem Generalgouvernement Elsaß vereinigten Gebietstheile als entschieden anzusehen: Preußen und die mit ihm verbündeten Staaten wurden unter allen Umständen darauf bestehen, diesen Landsitz als Schutzwehr gegen künftige französische Ueberfälle wieder mit Deutschland zu vereinigen. Die Bewohner desselben mögen ihre neue Lage, wenn nicht mit dem Herzen, so doch mit dem Verstande annehmen: wollen sie sich noch nicht ihrer Stammesgemeinschaft mit Deutschland erinnern, So mögen sie sich wenigstens durch ruhige Erwägung der thatsächlichen Verhältnisse die Einsicht verschaffen, daß sie durch ein ihre Kräfte nutzlos verzehren-

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des Widerstreben nur ihre eigenen Interessen schädigen können. Sie haben in den Werken des Friedens und des Krieges großes für Frankreich geleistet, Aber auch in Zukunft werden sie Glieder eines großen und mächtigen Staatskörpers bilden, der ihnen wenigstens den gleichen Spielraum zur Entwickelung und Verwerthung ihrer Stammesbegabung bieten, zugleich aber ihnen selbst die Ehre ihrer Leistungen in höherm Grade zugestehen wird, als es die von Paris beherrschte französische Centralisation zu thun pflegte. Das neue Deutschland ist bereit, zu sühnen, was das alte am Elsaß verschuldet hat. Mögen die Elsässer dieser Gesinnung entgegenkommen lernen.
- Aus Straßburg vom 28. Septbr. wird der Fr. Pr. geschrieben: Bis zur Nähe des Steinthores vorgedrungen, mußte ich mir in ganzer Würdigung des Belagerungswerkes bekennen: das ist ein Meisterwerk! Denn vor mir lag eine weite Einöde, ein großer Schutthaufen, aus dem nur einzelne Mauern hervorragten. Mitten in meinem Staunen traf mich der Schall von Musik. Es kam von der Richtung des Fischerthores her. Dorthin stürzten die Einwohner und ich mit ihnen. Eben rückten die ersten Preußen mit der Regimentsmusik ein. "Lieb Vaterland, kannst ruhig sein!" Dies war die erste Melodie, welche deutsche Musik ertönen ließ und welche der stramme Schritt unserer Soldaten begleitete. Die Einwohnerschaft verrieth theils Neugierde, theils Trauer. Ich habe viele verweinte Augen am Fenster gesehen. Aber diese Augen konnten sich doch von dem Anblick unserer Truppen nicht abwenden. Auf dem Kleberplatze sammelten sich verschiedene Regimenter und stellten sich in Ordnung auf, der General Werder und sein Stab in der Mitte. Die Musik an dem Fuße der - von den Franzosen mit einem Epheukranze geschmückten - Statue des napoleonischen Generals Kleber spielte "Heil dir im Siegerkranz" und "Was ist des Deutschen Vaterland". Es war ein großer Augenblick! Unter unsere Soldaten mischte sich eine immer zahlreichere Bevölkerung. War diese doch endlich aus den Kellern befreit, in denen sie Wochen verlebt hatte! Konnte sie doch freier wieder durch die Straßen wandeln, von denen sie durch den Granatregen verscheucht war. Es harrte ihrer noch eine andere Freude. Die Straßburger haben bittere Noth gelitten. Wir brachten mit den Truppen auch Proviant, der wenigstens das Elend milderte. In meinem Hotel fand ich bei meiner Ankunft nur Brod und einige Eier (letztere 6 Sous das Stück), des Abends gab es schon herrlichen Rinderbraten. Es gab rührende Scenen auf den Straßen. Die Einwohner waren sich unter einander und der Stadt fremd geworden. Sie eilten jetzt, wieder Freunde und Verwandte aufzusuchen, und stürzten sich bei der Begegnung freudig in die Arme. Es ist unglaublich, was die Straßburger ausgestanden haben. Ich sah deren zu Hunderten selbst im Münster auf Stroh gelagert. Ich sah aber noch viel traurigere Lager. Auf den Höfen fiel mir hier und da ein Erdhügel auf. Die armen Leute hatten die Opfer des Bombardements nicht einmal ordentlich begraben können. Der fehlende Kirchhof wurde durch den ersten besten Winkel des Hofes ersetzt. Zu diesen Opfern kamen grassirende Krankheiten, besonders in Folge des stinkenden Sumpfwassers der Festung. In der letzten Zeit ist außer Brod nur Pferdefleisch die Nahrung der Einwohner und Truppen gewesen. Doch hat nicht diese trostlose Lage, noch der Mangel an Munition, noch die Verwüstung der Stadt und selbst der Festungswerke den Gedanken der Capitulation eingegeben. Wie Sachverständige mir sagen, hätten, trotz des "artilleristen Meisterwerkes", der Commandant der Festung noch halten können. Die gelockerte Disciplin der Truppen ist es gewesen, die den General Uhrich bedenklich gemacht hat. - In den 24 Stunden, die ich hier jetzt weile, hat sich die Physiognomie der Stadt gewaltig verändert. Der Schutt ist aus den Straßen weggeräumt, die Läden, so weit sie nicht zerstört, sind wieder geöffnet. Zahlreiche Fremde durchwogen die Straßen und suchen nach einem Unterkommen. Landleute führen Gemüse und Fleisch in die ausgehungerte Stadt; Marketender haben sich an allen Ecken etablirt. Die Bevölkerung geht einträchtig mit den Eroberern umher. In den Kaffeehäusern erzählen die Einwohner den Soldaten von den Leiden, die sie ausgestanden. Die Schrecken der letzten Wochen waren so furchtbar, daß man das bloße Aufhören des Bombardements als eine Wohlthat empfindet, über welche man alles Andere vergißt.
- Die officiöse "Nordd. Allg. Ztg." bringt an hervorragender Stelle folgende, auch durch den Druck ausgezeichnete Auslassung: "Der General Ducrot, bei Sedan in deutsche Gefangenschaft gerathen, hatte die Vergünstigung erlangt, in eigenem Wagen und ohne Beaufsichtigung eine Strecke des Weges nach Deutschland zurückzulegen. Er hatte zu dem Zwecke sein Ehrenwort gegeben, sich in Pont à Mousson einzufinden und dort zur Weiterbeförderung nach Deutschland zu stellen. Er ist, indem er sein Ehrenwort vermuthlich mit hinterlistigem Vorbehalt gab, zwar nach Pont à Mousson gereist, dann aber, statt sich hier pflichtmäßig zu stellen, nach Paris flüchtig geworden. Wenn nun dort, wie wir hören, andere Offiziere neben und unter diesem ehrlosen Subjecte dienen, wenn Niemand in der Armee an solchem Wortbruch Anstoß zu nehmen scheint, so erweckt das sehr wenig günstige Vorstellungen von den Begriffen, die im französischen Heere über Ehre herrschen, und Niemand wird es unnatürlich finden, wenn die Deutschen künftig ihren Gefangenen gegenüber, auch wenn dieselben das Officierspatent haben, die Vorsicht vor der Rücksicht walten lassen und Erleichterungen gegen Ehrenwortsabgabe nicht mehr gewähren. Daß übrigens dem gegen feierliches Versprechen entwichenen General, falls wir ihn wieder fangen, die Kugel auf dem Sandhaufen gewiß ist, versteht sich ganz von selbst."
- Gleich nach seinem Einzug in Straßburg hat General Mertens eine Proclamation erlassen, deren hauptsächlichster Inhalt folgender ist: Der erste Artikel macht den Bürgern bekannt, daß mit der Besetzung der Stadt der Belagerungszustand noch nicht aufgehört habe, und daß alle Vergehen und Verbrechen civil-, oder kriegsrechtlicher Natur standrechtlich behandelt werden würden. Der zweite Artikel fordert die Bürger auf, sofort die Waffen auszuliefern und bestimmt, daß in Fällen, wo Häuser ohne Besitzer sich vorfinden, die Municipalbehörde die sorgfältigste Revision vorzunehmen habe. Artikel drei unterdrückt alle Zeitungen, Journale, Proclamationen, überhaupt alle Drucksachen, mit Ausnahme der vom Ober-Commando autorisirten Verordnungen. Artikel vier macht den Einwohnern bekannt, daß, wenn von einem Gebäude oder andern Orte aus die deutschen Truppen mit Waffen insultirt werden, die Truppen autorisirt seien, in das betreffende Gebäude einzudringen und alle männlichen erwachsenen Personen darin ohne weiteres niederzumachen. (Anlaß zu diesem strengen Befehl soll die Ermordung dreier Badener am Abend des Einzuges gegeben haben.) Artikel fünf zeigt den Bürgern an, daß die Truppen streng angewiesen seien, alles Privateigenthum zu schonen, und daß Requisitionen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Commandanten erfolgen dürften. Artikel sechs ordnet die Feierstunde. Die Wirtschaften müssen um 9 Uhr geschlossen werden und jede Person, mit Ausnahme der Offiziere und Civilärzte, welche nach 9 Uhr auf der Straße getroffen wird, hat sofortige Arretirung zu gewärtigen. Artikel sieben verordnet Laternenbeleuchtung und den Laternengebrauch bei Gängen durch die Stadt. (Die Gasanstalt ist bis auf den Grund zerstört und die Straßen werden durch kleine Handlaternen an den Hausthüren erleuchtet.) Artikel acht regulirt die Passage durch die Thore; frei können nur von Vormittags 10 Uhr ab die Kinder und Frauen passiren, Männer nur auf Grund eines Passsirscheins. Artikel neun verkündet, daß die Verpflegung der Truppen bis auf Weiteres aus den Magazinen erfolgt, jedoch hätten sich die Bürger auf Quartier und Verpflegung von 8000 Mann einzurichten, die in den nächsten Tagen eintreffen würden. Diese Truppen sind unterwegs und gehören dem zweiten Armee-Corps an.
- Jules Favre hat im Auftrage des zur Zeit in Paris anwesenden diplomatischen Corps in einem französisch abgefaßten Schreiben an den Grafen Bismarck das höchst naive Verlangen gestellt, von dem Eintritte des Bombardements in Kenntniß und zugleich in Stand gesetzt zu werden, Paris verlassen zu können. Gleicherweise wird von den fremden Diplomaten gewünscht, einmal wöchentlich einen Courier zu ausschließlich diplomatischen Zwecken unter

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Beobachtung aller vom Bundeskanzler für nöthig erachteten Vorsichtsmaßregeln abgehen lassen zu dürfen. Graf v. Bismarck hat den ersten Wunsch aus militärischem Rücksichten ablehnen zu müssen geglaubt, und bemerkt bezüglich des zweiten, er vermöge der Ansicht Derjenigen, welche das Innere der Pariser Festungswerke während der Belagerung derselben für einen geeigneten Mittelpunkt diplomatischen Verkehrs halten sollten, nicht als eine begründete anzuerkennen und zu behandeln. Diese Ansicht scheine von den neutralen Regierungen getheilt zu werden, deren Vertreter ihren Sitz nach Tours verlegt haben. - Die Antwort Bismarck ist übrigens in deutscher Sprache abgefaßt.
- In und vor Metz ist die Noth unter den Soldaten groß. Von der Armee des Prinzen Friedrich Carl sind einige Tausend Mann an der Ruhr, am Typhus und an Rheumatismus erkrankt und in den naheliegenden Spitälern untergebracht. Es mangelt sehr an Lebensmitteln, das Brod ist verschimmelt, Fleisch giebt es nicht, weil die Rinderpest wüthet. Das einzige Labsal ist Reis und Erbsenwurst. Zum Glück ist jetzt anhaltend gutes Wetter. Der Vorpostendienst ist sehr beschwerlich, weil die Franzosen in Metz fort und fort Allarm schlagen. In der Festung gibt es ebenfalls sehr viele Kranke und die Lebensmittel werden immer knapper.
- Mit Erlaubniß des Königs von Preußen hat Jules Favre seinen Bruder nach Metz geschickt, um mit Bazaine zu unterhandeln. Derselbe hat erklärt, er denke nicht daran, sich zu ergeben, werde aber auch die provisorische Regierung nicht anerkennen.
- Seit die Franzosen abgezogen und die italienischen Truppen Rom von der päpstlichen Herrschaft befreit haben, steht diese Stadt unter der Herrschaft des Pöbels. Die Creaturen Garibaldis, der ganze Abschaum Italiens hat sich jetzt in Rom zusammengethan. Ueberall, wo ein päpstliches Wappen sich an einem Hause befindet, wird es von diesen Freiheitshelden herabgerissen und in die Tiber geworfen. In die Paläste der Reichen dringt man ein und raubt, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Geistlichen dürfen sich nicht mehr auf der Straße sehen lassen, weil sie nur verhöhnt und verfolgt werden. Garibaldi wird wie ein Heiliger verehrt.
- Napoleon hat nicht so ganz Unrecht, wenn er sagt, er sei zum Krieg gezwungen worden. Wer aber hat ihn gezwungen? Weder die Bauern in Holzschuhen, noch die Kleinbürger in den Zipfelmützen, auch nicht die Hirten vom Lande, die auf Stelzen gehen. Seine Dränger waren die Offiziere, die Spitzen der Civilverwaltung, der Senat und der gesetzgebende Körper, die Männer der Tagespresse und der Literatur, und endlich die Bummler und Tagediebe. Sie alle haben seit Jahren an dem Kriege geschürt. Nun haben sie ihn und es ist ganz anders gekommen, als sie mit stolzer Siegesgewißheit hofften. Der Mensch denkts und Gott lenkts.
- Ein Unteroffizier des 52. Regiments erhielt für seine bewiesene Tapferkeit das eiserne Kreuz. Sogleich telegraphirte er an seine Frau: "Hurrah, ich habe das eiserne Kreuz bekommen; Marie, wie hab ich Dich lieb."
- Man schreibt der "Nordd. Allg. Ztg." aus Frankfurt: Einer von zuverlässiger Seite aus New-York eingegangenen Nachricht zufolge senden die Vereinigten Staaten von Nordamerika große Quantitäten Militärbrot nach Frankreich. Nachdem kürzlich ein französischer Steamer auch mit Waffen und Munition abgegangen, sind mit dem am 18. Sept. aus New-York via Brest nach Havre abgegangenen französischen Dampfschiffe 26 gezogene Kanonen, 460,000 Patronen und viele Tausend Hinterlader, Springfield rifles, abgegangen.
- Die Leuchtfeuer in Travemünde sind seit dem 2. d. Mts. wieder angezündet und die Seezeichen ausgelegt.
- Der Kaiser von Rußland hat dem General v. Moltke den höchsten russischen Orden, den Georgsorden (2. Kl.) übersendet.
- Marschall Mac Mahon ist am 28. Sept. in Wiesbaden eingetroffen.
- Die Krupp'sche Riesenkanone, die schon im Jahre 1867 bei der Ausstellung in Paris Aller Blicke auf sich zog, ist schon wieder auf dem Wege dahin. Weil es ihr nicht vergönnt war, gegen das französische Geschwader eine Probe abzulegen, so wird sie jetzt bei der Belagerung von Paris ihren ehernen Mund aufthun.
-Am 27. September 1681 erklärte Ludwig XIV. im Staatsrath, daß er nach Straßburg gehe, um die Huldigung der Stadt zu empfangen. An demselben Tag 1870 ergibt sich Straßburg nach langem energischen Widerstand einer deutschen Armee und wird fortan wieder mit Deutschland vereinigt bleiben und wie ehedem gute deutsche Treue beweisen.
- Die Belagerung Straßburgs hat 48 Tage gedauert. Sie begann am 11. August und endete am 27. Sept. Die Besatzung, 400 Offiziere und 17,000 Mann, ist nach Rastatt gebracht worden. Am 28. Sept. Vorm. halb 11 Uhr hatte sie die Waffen gestreckt und um 11 Uhr rückten drei deutsche Regimenter, darunter ein badisches, in die Stadt ein. Alle Stadttheile und öffentlichen Gebäude wurden besetzt und auf dem Kleber-Platz drei Batterien aufgestellt.
- Wenn nicht die Kugelspuren an den in der Gefechtslinie liegenden Häusern von Weißenburg vorhanden wären, würde jetzt nichts mehr daselbst an den voraufgegangenen Kampf erinnern, der in so würdiger Weise die Ereignisse auf dem südlichen Kriegsschauplatze eröffnete. Die reizende Umgebung der Stadt prangt in alter Frische, und rechts und links der historischen Weißenburger Linie sind die Bürger beschäftigt, die Ernteergebnisse einzubringen. Dazu ein freundlicher Himmel, alles in allem ein Bildes tiefsten Friedens. Auch die Physiognomie der Stadt hat sich merklich zum bessern geneigt und die bayerische Landwehr ist ganz zufrieden und in dem Lobe des musterhaften Verhaltens der Stadt einstimmig. Der ehemalige Haß hat hier erfreulicherweise einer ruhigeren Denkart Platz gemacht, und man beginnt sich mit der Zukunft vertraut zu machen. Die Deutschen haben hier übrigens eine interessante Erbschaft angetreten. In der Stadt befindet sich nämlich eine große Armee-Backeinrichtung, die zuletzt im Jahre 1813 zur Verproviantirung der französischen Armee in Deutschland benutzt wurde. - Seitdem hat in jenen Oefen kein Feuer mehr gebrannt und unsern Armeebäckern war es vorbehalten, von diesen trefflich erhaltenen Einrichtungen Besitz zu ergreifen und darin für die Verproviantirung der deutschen Armee thätig zu sein. 12,000 Brote gehen täglich aus diesen Oefen hervor, doch hat man noch am Bahnhof eine größere Anzahl Oefen errichtet, die ebensoviel Brot liefern.
- In Rheims war man ganz erstaunt, daß die deutschen Soldaten, als sie in den Wirthshäusern und Kneipen einfielen und ächten Champagner forderten, ihn auch bei Heller und Pfennig mit 5 Frc. die Flasche bezahlten. Die Wirthe meinten, es seien gute Gäste, die nicht einmal Gläser brauchten, um ihren Wein zu trinken, sondern ihre Feldbecher dazu benutzten. - In einem Laden zu Meaux, wo ein preußischer Offizier sich ein Paar Handschuh kaufte, fragte er das Ladenmädchen, wie man mit der fremden Einquartirung zufrieden sei. Das Mädchen antwortete: 'Oh, ils sont de tres-beaux garcons, mais beaucoup trop modestes.' (Ach, es sind sehr nette Jungens, aber gar zu bescheiden.)
- Ein preußischer Füsilier, der bei Metz steht, beklagt sich, daß er von den vielen Unterjacken, Strümpfen und Leibbinden, die zur Vertheilung angekommen wären, noch gar nichts bekommen habe und doch müsse er des Nachts auf Posten arg frieren. Seine Vaterstadt könne auch einmal an ihre im Felde stehenden Soldaten denken. Als Lebensmittel habe man jetzt nichts als Reis und Speck, und an einem guten Trunk, der erwärme, fehle es gänzlich.
- Die Ernte in Rußland übt stets einen bedeutenden Einfluß auf die deutschen Getreidemärkte aus. Es ist deshalb von Interesse für uns, zu erfahren, wie der Ausfall derselben in diesem Jahre gewesen ist. Er wird in den östlichen und auch in den südlichen Gouvernements sehr gelobt, dagegen hat er in den an die Ostsee und an Preußen grenzenden Gebieten nicht den Erwartungen entsprochen. Diese Gegenden haben dort im Winter durch große Kälte gelitten und im Sommer ist ihnen bedeutender Schaden durch starken und oftmaligen Hagelschlag erwachsen.
- Das Verbot der Ausfuhr von Hafer ist nunmehr wieder aufgehoben.


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