No. 68
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. August
1870
vierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1870 Nr. 68 Seite 1]

Nachdem am heutigen Tage die Unterstützungsgelder an die bedürftigen Familien der einberufenen Reserve- und Landwehrleute des hiesigen Fürstenthums für die ersten 1 1/2 Monate ausbezahlt worden, wird hiedurch bekannt gemacht, daß die nächste halbmonatliche Zahlung dieser Gelder am Dienstag den 6. September d. J., 9 Uhr Morgens, in der Wohnung des mitunterzeichneten Assessors von Oertzen stattfindet, und haben sich die Berechtigten pünktlich daselbst einzufinden.
Schönberg, den 22. August 1870.
Das Kreis-Commissariat für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. v. Oertzen. H. Burmeister.


- Die kleine Festung Vitry hat sich am 25. August ergeben. 15 Kanonen wurden vorgefunden. Zwei Bataillone der Garde mobile, welche sich verirrt hatten, wurden von preuß. Cavallerie zersprengt. 17 Offiziere, 850 Mann gefangen.
- Bar-le-Duc, 25. Aug. Seit unsern Siegen bei Metz und der Einschließung der Franzosen in der dortigen Stellung, sind unsere zu letzterer nicht erforderlichen Truppen in raschem und ununterbrochenem Vorrücken begriffen; Chalons ist von denselben besetzt, ihre Spitzen stehen bereits zwischen dort und Epernay und das königliche Hanptquartier befindet sich in Bar-le-Duc.
- Daß an eine Rückgabe des Elsaß und Lothringen an Frankreich, falls unsere Waffen siegreich bleiben sollten, nicht zu denken ist, dafür sprechen die Auslassungen der Berliner Blätter fortwährend, und bemerkenswerth ist in dieser Beziehung ein Artikel der ministeriellen 'N. A. Ztg.' von heute, welcher in Erwiederung einer Besprechung des Genfer Wochenblattes 'Het Volksbelang', das sich mit der Annexion des Elsaß einverstanden erklärt, aber die Rückerwerbung Lothringens für bedenklich hält, weil durch dieselbe Belgien und die Niederlande gefährdet werde, sich dahin ausläßt, diese Besorgniß sei absolut grundlos; das Verhalten Deutschlands beweise dies aufs unzweideutigste. Niemals sei im 'neuen Deutschland' von einem solchen Plane die Rede gewesen; niemals habe das 'neue Deutschland' auch nur im Entferntesten daran gedacht, den Elsaß wieder zu erobern, deren Berechtigung das Genfer Blatt anerkenne, niemals bis zu dem Augenblicke, wo Frankreich uns gegenüber seine Eroberungsgelüste bethätigte. Diese frevelhafte That Frankreichs hatte erst vorhergehen müssen, damit wir unsere alten Rechte auf Elsaß und Lothringen als politischer Actualitäten gedachten. Nicht abstractes Recht habe diese Forderung erzeugt, der concrete Friedensbruch Frankreichs sei es, der sie hervorgerufen hat. So wenig der Krieg mit Frankreich von uns gewollt sei, ebenso wenig wäre die Rückerwerbung von Elsaß und Lothringen unser Wille gewesen; durch Frankreich gezwungen marschire das deutsche Heer nach Paris; durch Frankreich gezwungen verlange Deutschland Elsaß und Lothringen.
- Englische Zeitungen wollen Kenntniß erhalten haben von den Friedensbedingungen, die Frankreich für den Fall des Sieges Preußen aufzuerlegen von vornherein entschlossen war. Zu derselben gehörten namentlich die Abtretung des Kohlenreviers von Saarbrücken und Saarlouis an Frankreich, Zahlung der Kriegskosten durch Preußen, Reducirung Preußens auf die Grenzen von 1848 und Wiederherstellung des Rheinbundes.
- Das Comite für die Vertheidigung von Paris hat verfügt, daß bei dem weiteren Herannahen der preußischen Truppen alle Getreidevorräthe des Departements Seine-et-Marne, die nicht bei Zeiten nach Paris geschafft wären, von Amtswegen verbrannt werden sollen, damit sie nicht dem Feinde in die Hände fallen. In Folge dieser Anordnung flüchten ununterbrochen ganze Züge von Landleuten mit ihren Ernten nach der Stadt.
- In Metz liegen, abgesehen von den benachbarten Dörfern, nach Angabe der Franzosen 15,000, nach deutscher Berechnung 20,000 verwundete Franzosen, unter welchen der Lazarethbrand und der Typhus ausgebrochen sind.
- Der commandirende General des 10. Armee-Corps hat an den Oberpräsidenten, Grafen Stolberg zu Hannover, telegraphirt: Um gesund bei der Cernirung von Metz zu bleiben, sind Rum, Chocolade, starke Weine, bitterer Schnaps, Leibbinden, Fußlappen, Schinken sehr wünschenswerth. Läßt sich die patriotische Provinz anregen, uns damit zu versorgen?
- Vor Metz sind am 22. Aug. zwei weitere Landwehr-Divisionen angekommen. Außer den vorhandenen drei deutschen Armeen wird jetzt noch eine vierte gebildet, die der Kronprinz von Sachsen, dessen kühne und geschickte Führung seines Corps am 18. August die größte Anerkennung des Oberbefehlshabers gefunden, commandiren wird. Zu dieser vierten Armee wird außer dem 12. (sächsischen) Corps auch die preußische Garde gehören. Beide wirkten ruhmvoll zusammen in der Schlacht vom 18. August.
- Von Berlin aus wird Belagerungsgeschütz größeren Kalibers nach Frankreich geschafft. - Der größte Theil dieser Geschütze, unter denen sich auch einige riesengroße Krupp'sche Kanonen befanden, nahm seinen Weg nach Metz, wo nun das große Kanonen-Conzert bald seinen schreckenerregenden Anfang nehmen wird. Die Berliner sahen diese Mordinstrumente mit dem angenehmen Gefühl, das stets die persönliche Sicherheit gewährt, an sich vorbeifahren und wie bei allem, so fehlten auch hier nicht die Scherze und beißenden Redensarten. "Da liegt Musik drin - meinte ein echtes Berliner Kind - die werden Louis'n schon die Flötentöne beibringen und ihm den Kehraus aufspielen."
- Die Franzosen selbst geben ihren Verlust an Verwundeten in der Schlacht bei Gravelotte auf 15,000 Mann an; dazu kommen aber noch etwa 5000 Todte und außerdem wurden an Gefangenen dort ca. 3000 Mann gemacht, so daß sich der Verlust der Franzosen auf mindestens 23,000 Mann beläuft.

[ => Original lesen: 1870 Nr. 68 Seite 2]

- Eine Anzahl von kleinen Telegraphenstationen in Deutschland wird vorläufig eingehen, da man im Felde in den eroberten Theilen Frankreichs ca. 100 Telegraphenbeamte bedarf, die dort nothwendiger sind als daheim. Selbstverständig werden die betreffenden Stationen nach Beendigung des Krieges wieder aufleben.
- Hamburg hat 25,000 Thaler zur Vertheilung an die durch den Krieg schwer heimgesuchten Grenzbezirke des deutschen Vaterlandes eingesendet.
- Verschiedenen Zeitungsnachrichten gegenüber erklärt die ministerielle R. A. Z., daß bis jetzt keine beunruhigende Krankheiten im Heere aufgectreten sind.
- Ein Act empörender Rohheit, ausgeübt von einem Elsässer Bauern, wurde dem 'Schw. M.' von einem Sanitätsmann erzählt. Nach der Schlacht bei Wörth brachten zwei bayerische Jäger ihren verwundeten Cameraden in das Haus eines Bauern, der versprach, bis auf weiteres für denselben zu sorgen. Kaum waren die beiden Jäger fort, als der Bauer mit seiner Frau den Unglücklichen auf die Dungstätte warf, wo derselbe zwei Tage und zwei Nächte unter strömendem Regen lag. Endlich lud man den in Folge der erlittenen Mißhandlung an der rechten Seite völlig gelähmten Soldaten auf einen Wagen ohne jegliche Unterlage. Gelähmt und außer Stande, sich irgend eine Hülfe zu geben, bekam der Arme während der Fahrt durch hervostehende Nägel am Wagen 5 offene Wunden, und gelangte endlich unter den unsäglichsten Schmerzen nach Weißenburg, wo die Unmenschen denselben vor den Thoren auf die Straße warfen und davon fuhren. Dieselben sollen ergriffen sein und warten ihrer Strafe. Das arme Opfer solcher Bestialität harrt jetzt seiner Erlösung durch den Tod.
-Der Punkt, auf welchem der Kampf am 18. am hartnäckigsten wüthete, schreibt ein Correspondent der 'Voss. Ztg.', war die Chaussee von Metz nach Verdun. Die Fanzosen setzten alles daran, hier die Concentration unserer Truppen zu durchbrechen, um Fühlung mit dem Mac Mahonschen und den Resten des Corps de Failly zu gewinnen. Vergebens. Die eiserne Standhaftigkeit unserer Truppen ließ sie zurückprallen - 10 Stunden wüthete der Kampf, und nach achtstündiger Blutarbeit (von 12 Uhr mittags an) war der Sieg noch keineswegs für uns sicher. Erst als die Unsern gegen 8 1/2 Uhr den letzten entscheidenden Vorstoß machten, verfolgten unsere Truppen den Feind bis nahe an die äußeren Werke. Der König mit seinem Gefolge saß um diese Zeit neben einer Gartenmauer diesseits Rezonville. Unmittelbar an seiner Seite brannte eine große Wollspinnerei, die nächste Umgebung mit ihrem unheimlichen Lichte erhellend. Man hatte eine Leiter von einem Bauerwagen als Sitz für ihn eingerichtet und zwar so, daß das eine Ende derselben auf einer Decimalwaage, das andere auf einem crepirten französischen Grauschimmel gelegt war. An seiner Seite befanden sich Prinz Karl (Vater), der Großherzog von Weimar, der Erbgroßherzog von Mecklenburg, v. Bismarck, von Roon und Graf v. Dönhoff. Letzterer hielt zu Pferde in der Nähe. Roon hatte den Helm ablegt und trug wider seine Gewohnheit die Feldmütze, der König war im Helm. Graf v. Bismarck suchte sich französiche Briefe zum Lesen - er mochte wohl an ganz Anderes denken. Man war sehr schweigsam und jeder fühlte mit dem Könige, daß das um diese Zeit seinen Höhepunkt erreichende Schlachtgetümmel die Entscheidung bringen müsse. Da sprengt Moltke heran; - er ist erhitzt, denn der Tag sah ihn im dichtesten Gewühl: 'Majestät, wir haben gesiegt, der Feind ist aus allen Positionen geworfen!' Ein kräftiges Hurrah der Umstehenden antwortete. Jetzt erst dachte man auch an Equickung - Ein nicht fern haltender Markedenter wurde herangeschleppt, und die hohen Herrschaften bezogen, von ihm den solcher Ehre gewiß ungewohnten schlechten Rothspon, indem sie sich ihre Feldflaschen füllen ließen. Der König trank aus einem abgebrochenen Tulpenglase, Bismarck kaute vergnüglich an einem großen Stück Commißbrot.'
- Der Erfolg der Schlacht am 18. war für die Deutschen ein großartiger; das gesammte Zeltlager der Franzosen, ihr Gepäck, ihre Waffen, alles ist in unsere Hände gefallen, die Armee ist von ihrer Rückzugslinie auf Paris abgeschnitten. Die Franzosen sind vollständig zurückgegangen; ihre Vorposten stehen zwar nicht weit von uns aber wir haben sie kaum zu fürchten. Sie haben überhaupt in dem ganzen Kriege noch keinen Offensivstoß geführt und werden es jetzt noch viel weniger thun. Stets in vortrefflichen Positionen wurden sie durch die deutsche Machtentfaltung doch stets zurückgedrängt.
- Die "Correspondence Havas" meldet: Der Kaiser habe in der Nacht zum 24. d. Courcelles bei Rheims verlassen und sich nach Beine (östlich von Rheims) begeben.
- In Dieulouard, dem ersten größern Dorfe auf der Straße von Pont à Mousson nach Nancy sind 14 Bauern mit ihrem Maire kriegsrechtlich erschossen worden. Man spricht von constatirter Brunnenvergiftung und von schießen auf einzelne passirende Officiere und Ordonanzen. Unsere durchpassirten Verwundeten (leider in großer Zahl) erzählen, daß sie an andern Orten Bauern aufgehängt fanden.
- Ein verwundeter deutscher Offizier, der am 16. Aug. bei Metz mitgekämpft, erzählte, daß am Ende des Gefechts die Franzosen im Triumph die erste preuß. Kanone erobert. "Laßt sie ihnen, sagte der Oberst, wir haben ja eine Menge französische dafür." Der Verlust war aber kränkend und ein Uhlanenregiment drängte um die Erlaubniß, die Verlorene aus der Mitte des feindlichen Lagers holen zu dürfen. Kaum war die Erlaubniß gewährt, als das Regiment dahinsauste, sich mitten in den Feind stürzte und, freilich nach manchem Verlust, mit Hurrahrufen das wiedereroberte Geschütz zurückbrachte. - Ein franz. Offizier, der in Frankfurt im Lazareth lag, bat sehnsüchtig um franz. Zeitungen, weil er die deutschen Nachrichten nicht glauben könne. Man gab ihm belgische Blätter, worin die Zustände ziemlich wahrheitsgetreu geschildert sind. Der Offizier, selbst furchtbar leidend, las immer und immer wieder die Blätter und legte sie endlich traurig bei Seite mit den Worten: "Ich bin krank, aber Frankreich ist doch noch viel kränker!"
- Die Opfer des Krieges sind furchtbar, mit denen von 1866 nicht zu vergleichen. Der 6. Aug. mit den Schlachten bei Wörth und Saarbrücken kostete mehr Opfer äls Königsgrätz. Und nun die Schlachten bei Metz vom 14. bis 18. Aug. Wenn Wachenhusen in der K. Z. berichtet, allein die 1. Division habe am 14. d. 2000 Mann verloren, so muß schon dieser Tag mindestens 5000 M. gekostet haben. Die Verluste bei Mars la Tour werden auf 12,000 Mann angegeben. Die Schlacht bei Reconville, bei der ein 3fach stärkeres Heer kämpfte, kann nicht geringere Verluste gebracht haben. Das wären in den 4 Tagen mindestens 35,000 Mann. Waterloo kostete nur 21,000 M., Leipzig in der Völkerschlacht 42,000 Mann.
- In Berlin werden Statuten für eine Allgemeine deutsche Invalidenstiftung entworfen.
- In Ludwigshafen sind angebliche Marketender verhaftet worden, die des Leichenraubs etc. auf den Schlachtfeldern sehr verdächtigt sind. Auf ihrem Einspänner sind Offiziermäntel, Stiefel mit silbernen Sporen, Revolver etc. gefunden worden. An Geld führten sie über 4000 fl. mit sich, darunter zwei 500-Thalerscheine. Die Leute führen Breslauer Pässe. Ein wie todt auf dem Schlachtfelde liegender Offizier schildert das Grauen, welches ihm die Nachts auf dem Schlachtfelde umherhuschenden Gestalten einflößten, sie schlichen von einem Menschenhaufen zum andern und machten manchen verwundeten Zeugen für immer stumm.
- Ein Reserve-Unterofficier der 6. Compagnie des 40. Infanterie-Regiments schreibt aus dem Bivouac drei Stunden hinter Metz unterm 19. August an seine Verwandten folgenden Brief: 'Lieber Schwager! Meinen Brief vom 13. d. werdet Ihr erhalten haben, damals lagen wir noch 4 Stunden vor Metz; wir marschierten von da weg und ließen Metz rechts liegen. Den 14. hatte das 7. Armee-Corps ein Gefecht und trieb die Franzosen in die Festung hinein; am 16. August hatten wir ein großes Gefecht bei Gorce, einem Städtchen 3 - 4 Stunden von Metz, wobei wir die Franzosen aus ihren verschanzten Stellungen in Weinbergen und durch einen Wald treiben mußten. Die Franzosen vertheidigten sich fürchterlich und einmal schien es, als wenn wir zurück müßten, worauf wir mit allen unsern Kräften eine glänzende Bajonnet-Attaque machten und die Franzosen zum Weichen brachten. Ihr Schnellfeuer, in Verbindung mit den Kugelspritzen ist etwas furchtbares; doch bleiben dieselben hinter den Erwartungen zurück und man kann davon sagen: mehr Geschrei als Wolle. Diesgleichen ist es mit ihrem

[ => Original lesen: 1870 Nr. 68 Seite 3]

Schnellfeuer, indem sie ohne alles Zielen schießen. Dieses Gefecht dauerte von morgens 11 Uhr bis abends 10 Uhr, wir hatten sehr viele Verluste, dabei unter andern unsern Regiments-Commandeur, Freiherrn v. Eberstein, welcher todt ist; von unserer Compagnie sind sämmtliche Unteroffiziere und Fähnriche gefallen, unser Hauptmann todt, die andern verwundet; wir haben einen einzigen Officier bekommen, einen Landwehrlieutenant als Compagnieführer; am 17. August hatte ein anderes Armee-Corps wieder ein Gefecht, in welches wir nicht eingriffen. Die Franzosen wurden daselbst wieder zurückgeschlagen. Gestern, den 18. August, wurden wir mit Rücksicht auf unsere Verluste und Mangel an Officiren in die allerletzte Reserve versetzt. Das Gefecht begannt um 9 1/2 Uhr und wurde zu einer furchtbaren Schlacht, sämmtliche Batterien waren im Feuer. Die Franzosen hatten sich Schanzen hinter Schanzen gebaut und gut zu vertheidigende Steinbrüche dazu eingerichtet. Um 3 Uhr kam der König mit glänzender Suite an und ritt fast bis in die Gefechtslinie. Um 5 Uhr hatten wir noch keine Viertelstunde Terrain gewonnen. Da kam unser Divisions-Commandeur zu der Reserve, welche aus dem 72., 11. und 40. Regiment bestand, und sagte: '40er, Ihr habt jetzt in drei Gefechten gekämpft und die Leute machen so viel Aufhebens von Euch. Da vorn ist ein Wald, in dem die Franzosen noch festsitzen, und die sollt Ihr heraustreiben!' Die 28er, 29er und 54er hatten es vergehens versucht. Darauf gingen wir vor und in einer Stunde war der Wald unser. Rechts vor dem Walde lag ein Dorf, um welches wir 3 Stunden kämpften. Die Franzosen hatten ihr ganze Munition verschossen, ebenso die Preußen, und schien der Kampf sich zu seinem Ende zu neigen. Da müssen die Franzosen ihrerseits Munition und bedeutende Verstärkung erhalten haben, denn plötzlich brechen sie mit einer Unmasse von Artillerie, Cavallerie und Infanterie und Kugelspritzen vor und überschütteten uns mit einem so fürchterlichen Kugelregen, wie ich bis jetzt noch nichts erlebte. Man konnte vor Pulverdampf nichts mehr sehen, und mag es leider wohl vorgekommen sein, daß irrthümlich manche preußische Kugel ein preußisches Herz getroffen hat. Da, im entscheidenden Moment (unsere Artilleriecolonnen waren noch nicht mit ihrer Munition zurück) ertönte auf der rechten Seite ein unvergeßliches "Hurrah!" unter Salven und Kanonendonner, und, den König an der Spitze, rückten zwei Armee-Corps zu unserer Verstärkung heran, und Alles von unserer Seite mit Tambour battant rückte wieder gegen die Hohen vor. Es war dies ein furchtbarer Kampf, der letzte Verzweiflungsstoß der Franzosen, welcher bis spät Abends dauerte. Sämmtliche Dörfer und Gehöfte, welche in der Umgegend waren, verbrannten, und es sah schauderhaft schön bei Nacht aus. Viele Menschen sollen dabei mit verbrannt sein, besonders viele französische Militärs. Heute bivouakiren wir mitten auf unserm eroberten Schlachtfelde. Wir bivouakiren überhaupt immer, an Quartiere ist nicht zu denken. Die meisten Einwohner der französischen Dörfer sind geflüchtet und haben Alles im Stich gelassen, blos das Vieh weggetrieben; auch dies nicht immer. Ihre sonstigen Sachen, Betten etc. haben sie alle zurückgelassen. In Gorce, dem französischen Städtchen, wo das Gefecht am 16. d. stattfand, wurde von den Einwohnern auf preußische Verwundete geschossen, was die arme Stadt bitter büßen mußte. Ein Kerl wurde an eine Stange in der Stadt aufgehängt, als warnendes Beispiel, und dann noch mit Bajonneten erstochen. Viele Noth haben wir mit dem Wasser, indem die Franzosen die öffentlichen Brunnen in den Städten wie auf dem Lande, sowie die Wasserleitungen meistens zerstören.'


Anzeige.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Selmsdorf belegene Büdnerstelle c. p. des Krämers Matth. Klatt daselbst giebt das Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg auf das am 26. d. Mts. abgehaltene Liquidationsprotocoll, nachdem die öffentliche gehörige Bekanntmachung dieses Termins zu den Acten docirt worden, hiedurch den Bescheid:
daß alle weder in dem Liquidationstermine am 26. d. Mts. noch bis jetzt angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Von Rechts Wegen!
Schönberg, den 27. August 1870.
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.


Vermischte Anzeigen.

Da unter Zustimmung des dirigirenden Lazareth-Arztes solche Reconvalescenten, welche einer besondern ärztlichen Pflege nicht bedürfen, in Privatpflege gegeben werden können, so dürfte es angesichts der vielleicht sehr bald bevorstehenden Ankunft von Verwundeten wünschenswerth erscheinen, schon jetzt darüber Kenntniß zu erhalten, wo im hiesigen Fürstenthume Privatpflegestätten sich aufthun werden.
Bereits haben mehrere Familien in Schönberg und auf dem Lande sich mir gegenüber erboten, Verwundete bei sich aufzunehmen, sowie auch Erleichterungen und Erfrischungen aller Art zurVerfügung gestellt. Indem ich diesen Familien für ihre Opferwilligkeit im Voraus meinen aufrichtigen Dank ausspreche, erlaube ich mir hiedurch bekannt zu machen, daß ich fernere derartige Anerbietungen, sei es mündliche, sei es schriftliche, jederzeit gerne entgegennehmen werde.
Gaben an Geld, Leinensachen etc. bitte ich ,nach wie vor den verehrlichen Comités der hier bestehenden Hülfsvereine, mit welchen ich mich in Einvernehmen gesetzt habe, zugehen zu lassen und brauche ich wohl nicht noch zu bemerken, daß bei den zahlreichen blutigen Opfern, welche der gegenwärtige Krieg forderte, der Eingang weiterer Gaben sehr erwünscht sein wird.
Schönberg, den 29. August 1870.
Der Delegirte für die freiwillige Krankenpflege im Fürstenthume Ratzeburg.
C. v. Oertzen.


In Folge unseres Aufrufes vom 15. d. Mts. sind eingegangen:
Kirchencollecte aus Herrnburg 34 Thlr., Kirchencollecte aus Selmsdorf 23 Thlr. 16 ßl., Pastor Ohl daselbst 10 Thlr., Ungenannt 1 Thlr., Frau Mett-Pahlingen 1 Thlr., Vicewachtmeister Renter 1 Thlr., Husar Jacobs 1 Thlr., Husar Hagen 1 Thlr., Schulze Ollrogge-Niendorf 2 Thlr., ein Arbeitsm. von dort 16 ßl., Ungenannt 1 Thlr., Förster Joachimi 2 Tlr. und einige Verbandsachen, Ungenannt 32 ßl., Amtmann Wicke-Demern 25 Thlr., Parbs und Sohn 1 Thlr., Schlatow 16 ßl., Franck 24 ßl., Vierig 16 ßl., N. N. 1 Thlr., J. Köster 16 ßl., Hartmann 24 ßl., Demois. Burmeister 1 Thlr., Line Oldenburg 24 ßl., Marie Barckert 24 ßl., Lisbeth Maaß 16 ßl., Anna Franck 16 ßl., Lüth 24 ßl., Rieckhof 16 ßl., Netto-Ertrag eines Concerts 65 Thlr. 40 ßl.
zusammen 176 Thlr. 32 ßl.
Mit bestem Dank für diese Gaben bitten wir um fernere Beiträge für den Landes-Verein.
Agnes Gräfin Eyben. G. W. Wicke. G. Grapow.


Für das Schönberger Lazareth ist ferner eingegangen:
Schullehrer Kopmann-Niendorf 24 ßl., von demselben und dessen Schulkindern Charpie und Binden, Frl. Marung Binden Charpie, Verbandstücke, Fr. Postmeister Saß viele Verbandstücke 2 Thlr., Hausw. Baars-Niendorf 1 Thlr., Fr. Hildebrandt-Römnitz viele Verbandstücke und Hemden, Frl. Sick-Schlagsdorf Hemden und Strümpfe, Fr. Pastorin Masch-Demern 4 Thlr., Küster Bohn-Demern 1 Thlr., Fr. Rassau Binden, Charpie 10 Thlr., Fr. Kaufmann Wigger Verbandstücke, Obstsaft und Gelee, Copiist Bartold 1 Thlr., dessen Tochter eine Menge Charpie, Domainenrath von Hobe-Lockwisch zwei Schlafröcke 5 Thlr., Pens. von Hobe-Lockwisch 10 Thlr., Pastor Pumplün-Carlow Hemden und Verbandstücke 3 Thlr., Hausknecht Oldenburg-Carlow 16 ßl., Wittwe Burmeister-Carlow 8 ßl., Wittwe Lenschow ein Paquet Charpie, Halbhufner Langshans-Ziethen 1 Thlr., dessen Knecht 4 ßl., Mädchen 2 ßl., Halbufner Hagen-Ziethen 24 ßl., Wittwe Schäding-Ziethen 8ßl., Catharina Schäding-Ziethen 8 ßl., Vollhufner Lange-

[ => Original lesen: 1870 Nr. 68 Seite 4]

Ziethen 1 Thlr., dessen drei Dienstmädchen à 4 ßl. = 12 ßl., Arbeitsleute Köpke und Kreutzfeldt-Ziethen à 8 ßl. = 16 ßl., Käthner Lange-Ziethen 24 ßl., Käthner Gültzow-Ziethen 24 ßl., dessen zwei Mädchen 8 ßl., Wittwe Stein 4 ßl., Webermeister Knabjohann 8 ßl., Arbeitsmann Ehmke 8 ßl., Schulze Hauschild-Ziethen 2 Thlr., dessen Knecht, Dienstjunge und drei Dienstmädchen 20 ßl., Hausw. Zinkel-Ziethen 1 Thlr., Käthner Holst 24 ßl., Wittwe Hauschild 8 ßl., Schäfer Wendtlandt 8 ßl., Käthner Eggert 16 ßl., Käthner Weber 16 ßl., dessen Knecht 8 ßl., Küster Piper 24 ßl., Mehlhändler Boldt 16 ßl., Hauswirth Murjahn 3 Thlr., Pastor Klöckner 5 Thlr., Ungenannt 2 Thlr., Weber Karsten 8 ßl., Hausw. Joh. Lange 2 Thlr., Wittwe Lange 1 Thlr., Kaufmann Wulf 16 ßl., Schneidermeister Bauer 8 ßl., Fr. Amtmann Kaiser-Stove Hemden, Laken und Verbandstücke, Fr. Rusch-Kl. Rüntz viele Verbandstücke, Hauswirth Winkenwerder=Lüdersdorf 4 Thlr., durch Hrn. Propst Rußwurm aus der Ratzeburger Gemeinde nebst einzelnen Gaben aus Mechow und Schlagbrügg 67 Thlr., A. O. hierselbst 24 ßl., Arbeitsmann Reiher hierselbst 24 ßl., Fr. E. Charpie, Frl. Kreutzfeldt Binden, Tücher, Charpie, Frau v. Hobe 3 Nackenkissen, 6 Kopf- und Fußkissen, Schuster Rahn Charpie, Tischler Brockmöller Charpie und Salben-Läppchen, Frl. Reinhold Binden, Charpie, Domainenpächter Hörcher-Wahrsow 10 Thlr., Frau Hörcher eine große Anzahl verschiedener Verbandstücke, Charpie und 9 Hemden, Justizrath von Oertzen 10 Thlr., Frau Justizräthin von Oertzen eine Anzahl verschiedener Verbandstücke, Kissen, Nackenrollen und Charpie, von den Tagelöhnern und derzeit anwesenden Bewohnern in Lauen 10 Thlr. 12 ßl., Frau Amtmann Drevs eine Anzahl verschiedener Verbandstücke, Hemden, Kopfnetze und Charpie.
Mithin beträgt unsere Einnahme im Ganzen 688 Thlr. 29 1/2 ßl.
Indem wir für die reichen Gaben herzlichst danken, bitten wir um fernere Beiträge.
Agnes Gräfin Eyben. C. Grapow. Marie Glaser.


Zur Deckung der diesjährigen größeren Feuerschäden vernothwendigt sich zunächst eine Hebung von 16 ßl. pro 100 Thlr. Cour., und werden die bestimmten Zahlungstage den verschiedenen Ortschaften noch besonders angesagt werden.
Schönberg, den 28. August 1870.
Die Direction der Feuerversicherungs-Sozietät für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Fick. Carl Bade.


Honig à Pfund 11 ßl. verkauft D. Hempel.


6/4 breites Flaggentuch in den norddeutschen und Ratzeburger Farben die Elle 6 ßl. empfiehlt J. Borchardt.


Fahnen! Illuminations-Sachen!
Bonner Fahnenfabrik Bonn.


Gesucht wird zu Michaelis ein gewandter Junge vom Lande zur Erlernung der Gärtnerei bei Carl Sörensen, Handelsgärtner.
Schönberg, August 1870.


Mein Lager von Tapeten und Borden sowie von Rouleaux in vielen geschmackvollen Mustern empfehle ich dem geehrten Publikum zur Abnahme bestens.
Maler Wolgast.


Ein Arbeitsmann für dauernde Beschäftigung wird gesucht von H. Rocksien.
Lockwischer Mühle.


Stempel-Apparate neuster Construction.
Selbstfärbende Datumstempel, mit Firma, Ort, Datum, Monat und Jahreszahl, für jeden Geschäftsmann unentbehrlich 7 bis 8 Thlr.
Selbstfärbende Patent-Stempel-Apparate neuester Constuction, mit Firma und Ort, 2 Thlr., jede Zeile mehr 1/3 Thaler.
Selbstfärbende Patent-Stempel-Apparate mit Giro von 3 2/3 bis 5 2/3 Thlr. je nach Größe.
Selbstfärbende und Hand-Paginir-Maschinen von 11 Thlr. bis 35 Thlr.
Selbstfärbende und Hand-Numeroteurs von 14 bis 20 Thlr.
Trockenstempel-Pressen mit Firma, Stand und Ort nur 5/6 und 1 Thlr.
Copirpressen von 1 2/3 bis 12 Thlr., Copirbücher von 1 bis 1 1/2 Thlr.
Siegelmarken incl. Petschaft von 2 bis 3 1/2 Thlr. pro 1000 Stück.
Petschafte, englische, gebohrte und gravirte, billigst.
Versandt gegen Nachnahme. Emballage billigst. En gros rabatt. Ausführliche Preis-Courante gratis und franco.
Adolf Goldstein & Co., Berlin, Fürstenstr. 22.


Ich empfehle mein Lager von Gußeisenwaaren, als: Keller-, Stall- und Dachfenster, Oefen, Ofenthüren, Röhren, Rosten, Sparherdplatten, Ringe und Bratöfen, und emaillirtes Kochgeschirr.
C. Schwedt.


Kornsäcke in Drell und Leinen empfiehlt H. Kallmeyer.
Ratzeburg.


Dem werthgeschätzten Publikum von Stadt und Land mache ich die ergebenste Anzeige, daß ich mein Geschäftslocal von nun an in das Boye'sche Haus vor dem Sabower Thore verlegt habe, und bitte, das Wohlwollen und Zutrauen, das ich mir durch aufmerksame und pünktliche Bedienung sowohl wie durch strengste Rechtlichkeit seit einer langen Reihe von Jahren erworben, auch in mein jetziges Local gütigst übertragen zu wollen.
Hochachtungsvoll C. L. Creutzfeldt.


Mit Verlustlisten der norddeutschen Armeen versehen, halte ich solche zu Jedermanns unentgeltlicher Einsicht gerne bereit.
F. Heitmann.


Neue Kriegskarten von Rhein bis Paris, "Die Wacht vom Rhein", Musikalische Gartenlaube Nr. 44 sind wieder vorräthig bei J. P. Bade.


Meteorologische Beobachtungen.
Aug.
1870.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
26.
27.
28.
29.
32.31
33.32
32.89
27.79
8.0
7.0
5.8
8.2
12.5
13.4
14.0
12.4
NNO
NNW
SW
ONO
0
1
0
0
wolkig.
zieml. heit.
-
wolkig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pf.13 1/2 - 14 Schilling (Mecklenburg),
Holst. d. Pf.14 1/2- 15 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.18 - 20 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.14 - 16 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.10 - 12 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg),
Schinken d. Pf.10 - 10 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Wurst d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Eier 7-8 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.5 Schilling (Mecklenburg).


Getreide-Preise in Lübeck.

(Alles per 200 Pfund in Lüb. Cour.)
Weizen18 1/2 - 18Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 1/2- 13Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 1/4 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer12 1/2 - 13 Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Erbsen12 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit von L. Bicker in Schönberg.


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