No. 67
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. August
1870
vierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Nachdem am heutigen Tage die Unterstützungsgelder an die bedürftigen Familien der einberufenen Reserve- und Landwehrleute des hiesigen Fürstenthums für die ersten 1 1/2 Monate ausbezahlt worden, wird hiedurch bekannt gemacht, daß die nächste halbmonatliche Zahlung dieser Gelder am Dienstag den 6. September d. J., 9 Uhr Morgens, in der Wohnung des mitunterzeichneten Assessors von Oertzen stattfindet, und haben sich die Berechtigten pünktlich daselbst einzufinden.
Schönberg, den 22. August 1870.

Das Kreis-Commissariat für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. v. Oertzen. H. Burmeister.


- Schönberg. Die auf heute den 25. August angesetzte Versammlung der Ratzeburger Landes-Vertretung war abermals nicht beschlußfähig, indem von den 21 Vertretern des Fürstenthums nur neun anwesend waren; die 9 bäuerlichen und 3 bürgerlichen Vertreter waren nicht erschienen. Der Vorsitzende der Versammlung, Herr Oberlanddrost Graf von Eyben, sah sich in Folge dessen veranlaßt, die diesjährige Diät zu schließen.
- Der Schönberger Männer-Turnverein hat auf den 25. d. eine Versammlung angesetzt, um seine Mitglieder aufzufordern, bei dem bevorstehenden Eintreffen von Verwundeten für die hier eingerichteten Lazarethe, die Verwundeten beim Aussteigen aus den Waggons und bei der Ueberführung in die Lazarethe zu unterstützen.
- Die Mecklenburg-Strelitzer Truppen, die bisher zur Küstenbewachung in Holstein lagen, sind jetzt ebenfalls nach Frankreich beordert. Nach Briefen dieser Soldaten an ihre Angehörigen, hat Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz jedem Soldaten einen Thaler als Reise-Unterstützung auszahlen lassen.
- Aus einem Bericht des Obercommando's der 3. Armee (Kronprinz), datirt aus Lünneville vom 15. August, ersehen wir, daß Se. K. H. der Erbgroßherzog von Mecklenburg-Strelitz sich seit wenigen Tagen dem Ober-Commando angeschlossen hat. Am 16. erfolgte die Abreise des Ober-Commando's nach Nancy.
- Aus Bar le Duc wird vom 24. August, 9 Uhr Abends, telegraphirt: Chalons ist vom Feinde geräumt, unsere Spitzen darüber hinaus. Die Armee setzt ihren Vormarsch fort. v. Rodbielsky.
- Aus dem Lager von Metz sind von beiden Seiten keine neue Ereignisse gemeldet. Die französische 'Rhein-Armee' unter Bazaine wird die dringende Nothwendigkeit empfinden, sich nach den erlittenen Niederlagen zu erholen, ehe sie etwa einen Anlauf macht, die deutsche Einschließungsarmee zu beunruhigen, und ebenso bedürfen die Unsrigen einiger Ruhetage, um sich zu dem neuen Kampfe wieder zu stärken. Da der Feind in die Festung hineingeworfen ist, entsteht bis zum Beginn einer wirklichen Belagerung ohnehin nothwendig eine Pause, sofern der Feind keine Ausfälle unternimmt.
- Aus einem Bericht der 'N. Pr. Ztg.' entnehmen wir Folgendes: Se. Majestät der König war, nachdem er am 17. das ganze Schlachtfeld vom 16. beritten und sich von der schon erreichten Lage der Dinge überzeugt hatte, schon um 4 Uhr früh am Schlachttage aufgebrochen, und ist den ganzen Tag zu Pferde gewesen. Als die Franzosen im Laufe des Gefechtes erst merkten, worauf es eigentlich abgesehen sei, wurde ihr Widerstand wahrhaft verzweifelt. Es schien ihnen das geschickte Manöver eines Abdrängens von Paris nicht entfernt in den Sinn gekommen zu sein, sonst würden sie die Pariser Straßen mehr besetzt oder den Abmarsch nach Verdun schon früher begonnen oder doch eingeleitet haben; dasselbe scheint einen furchtbaren Eindruck auf sie gemacht zu haben, so daß die letzten Momente des Kampfes vom 18. den Charakter der Verzweiflung ihrerseits, deutscherseits aber den der rücksichtslosesten Aufopferung und Hingebung trugen.
- Ueber die Haltung der deutschen Truppen weiß der Correspondent der 'Times' im Lager des Prinzen Friedrich Carl nicht Rühmliches genug zu berichten. Kein einziger Fall war ihm oder andern zuverlässigen Engländern zur Kenntniß gekommen, wo deutsche Soldaten sich fremdes Gut angeeignet, und überall bezahlten sie ihre Bedürfnisse mit baarem Gelde. Fast täglich theilt dieser, sowie andere Berichterstatter, kühne Reiterstückchen mit, und sind nach seiner Angabe die Pferde, obschon etwas mager, trotz der wahrhaft furchtbaren Anstrengungen, die ihnen zugemuthet werden, in vortrefflicher Verfassung. Auch die Marschtüchtigkeit der Infanterie mit Pickelhauben, schwerem Gepäck und allem Anscheine nach mit nichts weniger als bequemem Fußzeuge wird von dem Correspondenten als wahrhaft wunderbar gepriesen. Was den Geist anbetrifft, der das deutsche Heer beseelt, so versichert der Correspondent der 'Times', der viele Armeen und viele Schlachten gesehen hat: 'Wenn je eine Armee nach dem Kampfe verlange, so ist es diese.'
- Ueber den Werth der Befestigungen von Paris äußert sich jetzt ein Däne, der sich als Kriegscorrespondent des Kopenhagener 'Dagstelegrafen' in Paris befindet, wie folgt: 'Es erscheine als eine Unmöglichkeit, daß eine so unermeßlich ausgedehnte und nur schwach verschanzte Vertheidigungslinie, wie der Umkreis von Paris, auch nur einige Zeit gehalten werden könne, sofern der Feind seine ungeheure Artillerie gegen einen einzigen Punkt richte, um seinen Sturmcolonnen einen Weg zu bahnen.'
- Unwillkürlich wendet sich der Blick nach Paris. Es hat kaum einen Franzosen gegeben, der ein Unterliegen auch nur für möglich gehalten hatte. Selbst ernste Männer faßten den Krieg als ein Stück Komik auf, als ein Lustspiel mit Kanonendonner, bei welchem man die bebrillten, sauerkrautessenden, querköpfigen, breitrückigen deutschen Schlafmützen und Grübler mit Fußtritten über den Rhein werfen und ihnen dann eine Verfassung geben würde, die ihnen gebührt. Dazu gehört die Errichtung französischer Satrapieen auf dem rechten Rheinufer und die Ausschließung Preußens und Oesterreichs aus

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dem unter Napoleon'scher Schutzherrschaft zu gründenden deutschen Bund. So etwas deutete selbst das officielle Journal an. Das linke Rheinufer für Frankreich - das verstand sich von selbst. Um so größer ist nach den zerschmetternden Schlägen das Chaos in Paris. Betäubung, Erbitterung, Wuth, Angst und Rache wirbeln durcheinander. Niemand wagt zu sagen, was der nächste Tag bringen wird. Blanqui mit seinen Socialisten erhob in der Vorstadt Villette das Haupt, erstürmte eine Kaserne, wurde aber von den Bürgern selbst niedergeschlagen. Die Deutschen sitzen wie auf einem Vulcan. Nur Eins ist sicher, daß Napoleon unwiderbringlich verloren ist.
- Den gescheidtesten Kopf in ganz Paris trägt der alte kleine Thiers zwischen seinen Schultern, aber auch dieser Kopf steckt noch in den Anschauungen einer vergangenen Zeit. Er hofft noch viel von der Befestigung und Vertheidigung von Paris und schlägt in der Kammer vor, das Land rings um Paris zur Einöde zu machen und alle Landleute mit Kind und Kegel, Ochs und Esel in Paris aufzunehmen. Das würde eine schöne Arche Noah werden! Wie lang will eine Stadt von mehr als 2 Mill. Einwohnern eine Belagerung von Hunderttausenden aushalten? Thiers denkt an die alte Kriegführung, die Monate zu einer Operation brauchte, die jetzt in ein paar Tagen fertig ist. Hat der alte Thiers nicht gelesen, wie's jetzt in den deutschen Hauptquartieren aussieht? Kein unnützer Troß von Schranzen, Küchenwagen und Equipagen, an Stelle der Staatskarossen ziehen die Wagen mit den Feldtelegraphen, an Stelle der Küchenwagen die Wagen mit dem Material zu den Feldeisenbahnen, der frühere unnütze Heerestroß ist durch Telegraphen- und Eisenbahnbeamte, Ingenieure und Arbeiter zum Legen der Schienen ersetzt. Die Eisenbahnen, mögen sie noch so zerstört sein, werden in wenigen Tagen wieder hergestellt und für den Nachschub und die Verpflegung der vorrückenden Massen eingerichtet. Wohin ein Regiment vorrückt, werden sofort Telegraphen errichtet; Befehle, welche sonst Tage brauchten, um von einem Flügel der Armee zum andern zu gelangen, werden jetzt binnen wenigen Minuten auf der ganzen noch so ausgedehnten Schlachtlinie bekannt. Die drei deutschen Armeen, welche über Chalons, Metz und Nancy vorrücken, sind durch den elektrischen Draht verbunden und operiren mit der Regelmäßigkeit eines millionenarmigen, von einem einzigen Punkte aus in Bewegung gesetzten Organismus. Das ist die heutige Kriegführung. Die Anstrengungen, die Opfer sind ungeheuer und die Schläge rascher und vernichtender, die Heere gleichen zwei furchtbaren Gewittern, die aufeinander stoßen, aber die Luft wird schneller rein. - Die Befestigung von Paris ist sicher praktisch werthlos und mehr zur Beschäftigung der Pariser bestimmt. Wenn die Heere Frankreichs geschlagen und abgeschnitten sind, - wie wenig Aussicht ist dann auf ernsthafte Vertheidigung einer Stadt wie Paris!
- Die 'Kriegsz.' schreibt bezüglich der Schlacht bei Rezonville oder Gravelotte: 'Wenn man auf der Karte das Terrain zwischen St. Privat und Chatel betrachtet, dann sieht man, wie stark die Positionen der Franzosen gewesen sind, und man bewundert die Tactik des Feldherrn, der durch einen Flankenmarsch mit späterer Umgehung des rechten Flügels die erste Aufstellung bei Verneville-Gravelotte umgeht, den linken feindlichen Flügel so lange festhält, bis die Umgehung ausgeführt ist und dann den Feind von Position zu Position zurückwirft. Die Bravour unserer Truppen bei Erstürmung dieser verschanzten und vorbereiteten Stellungen muß über alles Lob erhaben gewesen sein. Aus Allem geht hervor, daß Bazaine bereits am 17. sich zu schwach gefühlt hat, den Weg nach Verdun zu erzwingen, daß er uns aber doch noch eine Schlacht in fortificatorisch befestigter Stellung liefern wollte, bevor er die Vereinigung mit der Armee von Chalons aufgab. Der Sieg ist blutig, sehr blutig erkauft; aber er wird dafür seine Früchte tragen. Es wird die Schlacht bei Gravelotte oder Verneville vielleicht das letzte Mal gewesen sein, daß eine französische Armee es wagt, sich uns in offener Feldschlacht gegenüber zu stellen. Gravelotte ist hoffentlich ein zweites Königsgrätz gewesen, das uns ebenso schnell vor die Mauern von Paris, wie 1836 vor die von Wien führt.'
- Es soll mit Ausnahme des Sturmes der Spicherer Höhen, schreibt die 'Berl. B.-Ztg.', in dem gegenwärtigen Kriege nach übereinstimmenden Urtheilen noch keine Waffenthat gegeben haben, die einen so hohen Grad moralischen Muthes bekundet hat, wie der während sechs Stunden von der fünften Division allein bestandene Kampf gegen drei französische Armee-Corps. Es ist bekannt, daß erst nach fast sechs Stunden andere preußische Truppentheile in die Gefechtslinie eintraten, und so der überaus peinlichen Lage der 5. Division, von der fast die Hälfte aller Mannschaften bei dieser Gelegenheit geblieben sein soll, ein Ende machten. Nicht einen Moment war die Division vor der fast zehnfachen Uebermacht, die ihr gegenüberstand, gewichen. Es gehören zu dieser Division das 4., 49., 12. und 52. Infanterie-Regiment, das 2. und 12. Dragoner-Regiment und das 3. Ulanen-Regiment nebst Artillerie. Man berichtet, daß in diesem heldenmüthigen Kampfe bei Mars la Tour vom 12. Infanterie-Regiment sämmtliche Offiziere todt oder verwundet sind. Wir hatten Gelegenheit, einen hier eingetroffenen französischen Offizier, der bei Mars la Tour gefangen genommen worden war, eingehend über diese Schlacht sprechen zu hören. Derselbe äußerte frei und offen: 'Wir haben uns bei Mars la Tour tapfer geschlagen, aber es ist nicht möglich, gegen eine solche Tapferkeit, wie sie die Preußen dort bewiesen haben, aufzukommen. Denn wo eine Truppe so, wie die Preußen, ohne zu wanken, stehen, entschlossen, sich bis auf den letzten Mann todtschießen zu lassen, um eine Position nicht aufzugeben, da hilft keine numerische Uebermacht des Gegners, da ist jede Kunst einer vortheilhaften Stellung ohne Bedeutung.'
- Der alte Steinmetz bei der Avantgarde schärft seinen Soldaten die altpreußischen Grundsätze ein: 1) Entschieden angreifen, wo und wann der Feind sich stellt, 2) Cavallerie stets zuerst draufgehen, 3) Immer dem Kanonendonner nach; wo dieser zu hören, gibts keine Entschuldigung, daß nichts zu thun sei, 4) Was an einem Tage geschehen kann, darf nie auf zwei Tage vertheilt werden.
Prinz Friedrich Carl hat den rechten Ton getroffen. Er ruft seinen Soldaten in Frankreich zu: Vergeßt nicht in Feindesland die Gebote der Menschlichkeit. Denkt stets daran, wie eure Eltern es in der Heimath empfinden würden, wenn ein Feind unsere Provinzen überschwemmte.
- Wie sehr der Krieg in die Verhältnisse der Staatsverwaltung eingreift, erhellt unter Anderm daraus, daß allein die Postverwaltung aus ihrem Personal ca. 1500 Beamte, 1900 Unterbeamte und 1100 Postillone, zusammen 4500 Köpfe für die Zwecke des Krieges gestellt hat. Davon sind nahezu 900 für den Feldpostdienst in Verwendung; die übrigen 3600 zum Dienst mit der Waffe eingezogen. Gegenwärtig gehen täglich etwa 200,000 Briefe und Correspondenzkarten zur Armee und außerdem täglich ca. 40,000 Thlr. in baarem Gelde, meist in Geldbriefen von 1 - 2 Thlrn. an die Soldaten mit der Feldpost ab. Die Zahl der von der Armee eingehenden Sendungen hat noch nicht festgestellt werden können.
- Ein Herr in Hamburg erhielt kürzlich einen Brief von einem Verwandten, welcher Obersteuermann auf einem Hamburger Handelsschiffe ist, das aus China zurückkehrte, und dem es gelungen, am Eingange des Canals den französischen Verfolgern zu entgehen: . . . . 'Du kannst Dir meine Ueberraschung denken, als wir nach 14monatlicher Abwesenheit von Hamburg und einer Reise von 132 Tagen von Bassein bei Rangoon, das Herz voller Sehnsucht nach der Heimath, nur den Canal glaubten durchfliegen zu können, und dagegen von einem englischen Schiff die Mittheilung erhielten, daß ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ausgebrochen sei. Ich weiß nicht, welche Sorge im Augenblick größer war, die um das Schiff, oder um die Lieben daheim. 'Krieg mit Deutschland', ja wo und seit wann, davon kein Wort, mußten wir doch froh sein, gewarnt zu sein. Wir bekamen mehrere französische Kriegsschiffe in ferner Sicht und setzten alle Segel auf, als wir auch schon bemerkten, daß vier andere Fahrzeuge norddeutscher Flagge mit uns gleichen Cours hielten, nämlich auf die Scilly-Inseln. Wir kamen am 5. August im Hafen von St. Mary an, und fanden bereits ca. 15 Schiffe, die alle auf Deutschland zurückwollten und sich hierher geflüchtet hatten, vor. Kaum hatten wir Anker geworfen, denn Du kannst denken, wie sehnsüchtig wir den Blick nach der Heimath warfen, eilten wir zum norddeutschen Consul, Mr. Benfield, der uns schon

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schon mit der frohen Botschaft entgegen kam, daß die Deutschen in Frankreich eingerückt seien, und am nächsten Tage erhielten wir die Mittheilung des Sieges von Weißenburg, was unter uns Deutschen einen Ungeheuern Jubel verbreitete und Du kannst denken, daß der Tag uns viel Geld gekostet hat. Wir liegen nun für weitre Ordre, doch kehre ich unter allen Umständen zurück, sobald ich frei bin, und mit mir noch viele Andere . . . .'
- Nach der 'Berl. B.-Ztg.' ist seitens der Behörden die Anordnung getroffen, daß infolge der vielfachen Unschicklichkeiten mehrerer Damen auf den Bahnhöfen und bei den Besuchen in den Lazarethen die Handreichungen auf den Bahnhöfen nur von Männern geleistet und die Besuche von den unberufenen Damen in den Lazarethen untersagt werden.
- 'Ist der alte Fuchs endlich doch in die Falle gegangen!' sagte der alte Moltke, als die französische Kriegserklärung in Berlin eingetroffen war. Der ganze Verlauf des Krieges ist wie eine Variation über Moltke's Wort.
- Einer der in Ingolstadt untergebrachten Turcos wollte sich letzthin an einem Wachtposten vergreifen; der Mann stellte ruhig sein Gewehr bei Seite, packte den Afrikaner und bearbeitete ihn mit seinen Fäusten, daß der Kerl winselnd sich am Boden wälzte. Dann nahm er sein Gewehr auf und sagte: "So, nun ist's gut, erschießen kann dich ein Anderer."
- Der Neffe des deutschen Dichters Chamisso, der den gleichen Namen führt, ist als kriegsgefangener französischer Offizier in Mainz angekommen.
- Der norddeutsche Lloyddampfer 'Schwalbe' war diesertage unter Parlamentärflagge bei der französischen Flotte, die zwischen Helgoland und der Elb- und Wesermündung kreuzt, um mit dem Admiral wegen der Anerkennung jenes Dampfers als Lazarettschiff im Falle eines Kampfes zur See zu verhandeln. Die Anerkennung wurde zugestanden. Von deutscher Seite wurde zugleich dem Admiral vorgestellt, daß angesichts der Erfolge der deutschen Waffen auf französischem Boden die Aufbringung deutscher Schiffe im Interesse Frankreichs besser unterbleibe, da dieses doch nur die Kosten dafür zu tragen habe. Zu ihrer großen Ueberraschung erfuhren die französischen Offiziere aus den ihnen überreichten englischen Blättern die Niederlagen, die ihre Landsleute erlitten, auch den Sturz des Ministeriums Ollivier.
- Die Theilnahme für die deutschen Krieger gibt sich im Auslande immer wieder von neuem durch reiche Gaben zu erkennen, welche von dort für die Pflege der Verwundeten eingehen. So sind aus Petersburg 12,000 Thlr., aus Genua an 4000 Thlr, aus Oporto 1000 Thlr. etc. angekommen. An jedem Tage treffen für die Verwundeten Gaben der Liebe ein, die bei dem großen Bedarf sehr willkommen sind.
- Carl Wilhelm, der Componist 'der Wacht am Rhein' ist am 5. Sept. 1820 in Schmalkalden geboren; 1839 war er Musiklehrer in Frankfurt a. M., vom Jahre 1840 an eine Reihe von Jahren Dirigent der Liedertafel in Crefeld und jetzt lebt er wieder in Schmalkalden. Componirt hat er viele sangliche Lieder, auch einen Cavalleriemarsch, den der preußische General-Musikdirector Wieprecht gerne aufführt. Wilhelm war immer eine geniale Musikernatur, leichtlebig und den Freuden des Gesangs in einer Weise zugethan, daß er darüber die Praxis des Lebens nur zu leicht vergaß. Brillante Stellungen verscherzte er, verlockende Anerbietungen ließ er unbeachtet, und nun sitzt er in einem Winkel, während seine 'Wacht am Rhein' das deutsche Vaterland durchbraust.
- Neun Brüder einer Familie v. Trescow in Posen sind mit dem preußischen Heere in den Krieg gezogen.


Concurs-Proclam.
Auf Antrag der Vormünder der minorennen Kinder des weil. Schmiedemeisters Oldag hieselbst ist über das hinterlassene Vermögen des letzteren Concurs erkannt. Es werden hiermit Alle und Jede, welche Forderungen oder Ansprüche irgend welcher Art an die gedachte Concursmasse zu haben vermeinen, hiemittelst Gerichtswegen geladen, solche in dem auf den 6. September d. J., Mittags 12 Uhr, im Geschäftslokal des unterzeichneten Amtsgerichts anberaumten Termine bei Vermeidung der Ausschließung mit denselben anzumelden und gehörig zu bescheinigen.
Auswärtige haben Acten-Procuratoren zu bestellen und wird der Ausschließungsbescheid nur an Gerichtsstelle angeheftet werden.
Zugleich ist zum öffentlichen meistbietenden Verkaufe des zur Concursmasse gehörigen, hierselbst in der Wasserstraße unter Nr. 82 belegenen Wohnhauses erster Termin auf den 6. September d. J., zweiter Termin auf den 6. October d. J., und dritter und letzter Termin auf den 8. November d. J., an hiesiger Gerichtsstelle Mittags 12 Uhr anberaumt und werden Kaufliebhaber geladen.
Die Verkaufsbedingungen sind vorher beim Concursgericht als auch dem Güterpfleger, Tischlermeister Burmester hierselbst einzusehen.
Ratzeburg, den 31. Juli 1870.
Königlich Herzogliches Amtsgericht.
Sachau.
Bodmer.


Unter Bezugnahme auf meine Bekanntmachung vom 9 d. Mts. bringe ich hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß ich zur besseren Ausübung und Leitung der freiwilligen Krankenpflege sowohl im Allgemeinen als insbesondere für die im hiesigen Großherzogthume befindlichen staatlichen Reserve-Lazarethe unter meiner Oberleitung zu Delegirten ernannt habe:

a) für Neustrelitz den Herrn Hofbuchhändler Barnewitz daselbst,
b) für Neubrandenburg den Herrn Stadtsyndicus Präfke daselbst,
c) für Woldegk den Herrn Bürgermeister Rath Wegener daselbst,
d) für Schönberg den Herrn Landvogteiassessor von Oertzen daselbst,
e) für Friedland den Herrn Stadtsyndicus Reuschel daselbst.
Ich ersuche die verehrlichen Vereine und alle übrigen Mitbürger, denen das Wohl unserer deutschen Krieger im Felde und insbesondere der Erkrankten und Verwundeten am Herzen liegt meinen und der vorbezeichneten Delegirten Anordnungen und Requisitionen sich bereitwillig anschließen zu wollen.
Feldberg, den 18. August 1870.
Der Landes-Delegirte für die freiwillige Krankenpflege.
von Oertzen.


Zum Besten der Landesvereins-Casse zur Pflege verwundeter und erkrankter Krieger und zur Unterstützung der Zurückgelassenen wird am Sonntag den 28. d. Mts., Abends 7 Uhr, im Köster'schen Saale das bereits angekündigte Concert unter gütiger Betheiligung des Fräulein Bertha Langbein und des Organisten Meier stattfinden.

Programm:

1. Sonate für Pianoforte von L. v. Beethoven, op. 53.
2. Arie aus der Oper: ‚Der Barbier von Sevilla' von Rossini.
3. Adagio und Finale für Violine aus dem 9. Concert von C. de Beriot.
4. Romanze aus der Oper 'Der Prophet' von Meyerbeer.
5. Berceusse von Chopin.
6. Lied aus ‚Lucerzia Borgia' von Donizetti.
7. Paraphrase über ‚Rigoletto' von F. Liszt.
Entrée 12 ßl. (ohne der Wohltätigkeit Schranken zu setzen).
Agnes Gräfin Eyben. G. W. Wicke. G. Grapow.


Gesucht wird zu Michaelis ein gewandter Junge vom Lande zur Erlernung der Gärtnerei bei Carl Sörensen, Handelsgärtner.
Schönberg, August 1870.


[ => Original lesen: 1870 Nr. 67 Seite 4]

In Folge des Aufrufs sind ferner eingegangen:
1) von der Dorfschaft Selmsdorf 42 Thlr. 18 ßl., und außerdem ein Betttuch und Charpie; 2) aus Schönberg von N. N. 2 Thlr.; 3) von zwei Hauswirthen aus Bardowieck zwei Packet Leinen.
Schönberg, den 25. August 1870.
Die acht Hauswirthe und zwei Bürger.
(Fortsetzung folgt)


Neue Kriegskarten von Rhein bis Paris, "Die Wacht vom Rhein", Musikalische Gartenlaube Nr. 44 sind wieder vorräthig bei J. P. Bade.


Bekanntmachung.
Da sich das Gerücht verbreitet, daß die Flachsreinigungs-Anstalt zum Lazareth eingerichtet sei und daher in diesem Jahre kein Flachs bearbeitet werde, so mache ich hiemit bekannt, daß dies nicht der Fall, sondern daß täglich die Einlieferung von geröthetem Flachs geschehen kann, indem die Arbeiten demnächst beginnen werden.
Bauhof-Schönberg, den 26. August 1870.
ppa C. Drevs.
August Kniep senior.


Ein Arbeitsmann für dauernde Beschäftigung wird gesucht von H. Rocksien.
Lockwischer Mühle.


Gesucht wird zu Michaelis ein treues, fleißiges Dienstmädchen von F. Fick.
Schönberg.


Abermalige Bestätigung der vorzüglichen Wirkung des Dr. med. Hoffmann'schen weissen Kräuter-Brust-Syrups.
Ich Endesunterzeichneter bezeuge hiermit, daß meine Frau den weißen Brust-Syrup des Herrn Dr. med. Hoffmann aus der Handlung des Herrn Engel in Mansfeld, gegen hartnäckigen Katarrh, anhaltenden Husten und Brustschmerzen mit vorzüglichem Erfolg angewendet hat und nach dem Gebrauch einer halben Flasche ihre Gesundheit vollkommen hergestellt wurde, daher ich denselben Jedermann, der mit dergleichen Uebeln behaftet ist, mit allem Recht empfehlen kann.
Cantor Hofmann. Siebigerode, den 20. November 1867.
Für Schönberg hält Lager in Flaschen à 1 Thlr., 24 ßl. und 12 ßl. Herr Aug. Spehr.


Die Deutsche Credit-Bank, Eingetragene Genossenschaft, Berlin, gewährt ihren Mitgliedern einen Credit von 100 bis 2000 Thalern ohne Bürgen.
Nähere Auskunft ertheilt der Vertreter der Credit-Bank Carl August Kniep.


Die deutsche Versicherungs-Gesellschaft für Vieh in Berlin vertreten durch unterzeichnete Agentur, nimmt Versicherungsanträge zu folgenden Prämien entgegen:

für Pferde 1 1/2 - 3 %
für Rindvieh 1 - 2 1/2 %
für Schweine, Ziegen, Schafe 2 - 5 %
Als höchste Abschätzungssätze gelten:
bei Pferden pro Stück 1000 Thlr.,
bei Rindvieh " " 150 "
bei Schweinen " " 50 "
bei Ziegen und Schafen " " 10 "
Agentur Schönberg im August 1870.
Carl August Kniep.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Geboren:
12. August. Ein unehelicher Sohn vor Schönberg.
13. August. Dem Rector Wesemann hieselbst ein Sohn.
18. August. Dem Anerben Rentzow zu Rabensdorf ein Sohn.
20. August. Dem Uhrmacher Hagemeister hieselbst eine Tochter.
21. August. Dem Schustermeister Godknecht hieselbst ein Sohn.
23. August. Dem Arbeitsm. Schlichting zu Wahlsdorf ein Sohn.
Dem Arbeitsm. Sager zu Malzow eine Tochter.

Gestorben:
12. August. Heinr. Joach. Peter Ode, Arbeitsm.-Sohn vor Schönberg, 2 Monate alt.
16. August. Marie Sofie Luise Creutzfeldt, geb. Düßler, Kaufmannsfrau hieselbst, 33 J. 6 M. alt.
17. August. Mathias Heinrich Maaß, unverheir. Zimmergesell zu Rupensdorf, 29 J. 2 M. alt.
19. August. H. J. Mathias Möller vor Schönberg, 7 Tage alt.
19. August. Anna Catharina Möller, geb. Rentzow, Hauswirthsfrau zu Lindow, 65 J. 3 M. alt.
21. August. Caroline Cathar. Maria Elisabeth Ollrogge, Hauswirths-Tochter zu Malzow, 4 1/2 M. alt.

Sonntag den 28. August.
Früh-Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags-Kirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Meteorologische Beobachtungen.
Aug.
1870.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
23.
24.
25.
34.30
33.56
33.50
7.0
7.1
7.8
12.6
12.9
12.8
SW
NW
WNW
1
1
0
wolkig.
-
trübe.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pf.13 1/2 - 14 Schilling (Mecklenburg),
Holst. d. Pf.14 1/2- 15 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.18 - 20 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.14 - 16 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.10 - 12 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg),
Schinken d. Pf.10 - 10 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Wurst d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Eier 7-8 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.5 Schilling (Mecklenburg).


Getreide-Preise in Lübeck.

(Alles per 200 Pfund in Lüb. Cour.)
Weizen18 1/2 - 18Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 1/2- 13Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 1/4 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer12 1/2 - 13 Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Erbsen12 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit von L. Bicker in Schönberg.


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