No. 22
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 17. März
1868
achtunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1868 Nr. 22 Seite 1]

- Aus Schwerin wird der K. Z. geschrieben: Die Zollorganisations=Commission hat sich am 11. d. M. unter dem Vorsitze des preußischen Geheimen Ober=Finanzraths v. d. Gröben gebildet. Die Aufgabe derselben umfaßt die gesammten Einleitungen zu dem Eintritt beider Großherzogthümer Mecklenburg und der freien Stadt Lübeck in den Zollverein, die Entwerfung der dadurch erforderlich werdenden Gesetze und Verordnungen, die Feststellung der den einzelnen Staaten zuzubilligenden Pauschalsummen für Bewachung der Zollgrenze u. s. w. Die Commission wird bei der großen Ausdehnung der vorliegenden Aufgabe wahrscheinlich einer geraumen Zeit bedürfen, um ihre Arbeiten zu vollenden.
- Nach der N. Z. ist die Zollorganisations=Commission am 14. d. in Neustrelitz eingetroffen, um über die Bedingungen des Eintritts Mecklenburgs in den Zollverein zu verhandeln.
- In Ostpreußen steigt Noth und Krankheit, täglich erschallen neue Hülferufe. Sie hallen wieder bis Egypten, wo das Concert einer edlen Frau (Zachmann) den armen Ostpreußen 720 Thlr. gebracht hat.
- Der als Gerichtshof constituirte Senat zu Washington hat an den Präsidenten Johnson die Aufforderung ergehen lassen, die Beantwortung der verschiedenen Anklageartikel bis spätestens zum 23. März einzureichen. Bis zu demselben Tage hat sich der Senats=Gerichtshof vertagt.
- Im nördlichen Oesterbotten (Schweden) nähren sich die Leute von dem sogenannten kleinen Sauerampfer, Heu, Stroh, Tannen= und Birkenrinde. Diese Dinge werden zermahlen und mit etwas Mehl gebacken, aber die Leute, die dies noch haben, gehören nicht zu den ärmsten. Bei Vielen fehlt noch der Zusatz von Mehl und nur etwas Salz und Milch kommt hinzu. Die Suppe des Mittags ist ebenfalls nur Wasser und zermahlenes Stroh. Die Folgen dieser Nahrung sieht man an den von Wassersucht geschwollenen Körpern dieser Unglücklichen. In Mouhijervi, einer Gemeinde von 8000 Seelen, sind in diesem Jahre 1100 der Noth erlegen, also beinahe einer von sieben. In Pyiperpi, einer andern Gemeinde, sind neulich 167 Kinder unter die wenigen Besitzenden vertheilt, so daß jeder von diesen, außer den eigenen Kindern, noch sieben Waisen zu ernähren bekam. Alles Vieh ist geschlachtet.
- Ein Lehrer der deutschen Sprache in einer Töchterschule in Berlin gab neulich seinen Schülerinnen das Thema zur Bearbeitung: "Gedanken beim Anblick eines Cavallerie=Offiziers." Die jungen Damen waren vernünftiger als der närrische Lehrer, geben ihre Gedanken nicht zum Besten, sondern machten dem Director Anzeige, der sich beeilte, dem Wunsche des Lehrers auf Entlassung schleunigst nachzukommen.
- (Egs.) Aus sicherer Quelle erfahren wir, daß der Schauspiel=Director Hocke am 23. d. M. sein Theater in Schönberg eröffnen wird. Derselbe spielt gegenwärtig mit einer, wie es heißt, ausgezeichneten Gesellschaft in Grevesmühlen, und wird noch vom vorigen Jahre her, hier in gutem Andenken stehen.
- Ein Unglück hat sich am 4. März auf der Bahnstrecke zwischen Czernowitz und Lemberg zugetragen. Als die Locomotive des gemischten Morgenzuges die schon oft befahrene eiserne Brücke über dem Pruth berührte, brach das Eisenwerk und Locomotive und Waggons donnerten hinab in die eisigen, hochangeschwollenen Fluthen des Flusses. Nachdem der wildbrausende Strom Maschine und Brückenabtheilung, und über= und nebeneinander sich aufthürmende Transportwaggons verschlungen hatte, blieben - wie durch Fügung der Vorsehung - die Personenwagen vor dem verhängnißvollen Bruch stehen. Keine Locomotive dampfte mehr, keiner der vordern Waggons zog mehr - der Strom war gesättigt. Locomotivpersonal und Conducteur sind verschwunden; ein Bedienungsmann wurde, fürchterlich zugerichtet, aus den Fluthen gezogen; die verfrachteten Thiere (Rindvieh und Schweine) wurden theils zwischen den Waggons zu Brei zermalmt, theils von den reißenden Wogen fortgetrieben, und schwammen - lebendig und todt - zwischen Eisschollen und Wasserwirbeln dahin. Die Reisenden in den Personenwagen kamen, mit Ausnahme eines heftigen Stoßes und des furchtbaren Anblickes einer so entsetzlichen Todesgefahr, unverletzt davon. Als die Nachricht von dem Unglücke in die Stadt Czernowitz drang, bemächtigte sich der ganzen Bevölkerung ein panischer Schrecken, und zu Wagen, zu Pferde, zu Fuß, in ganzen Schaaren eilten die Bewohner an den Schauplatz der Katastrophe. Grauenvoller Anblick! Die Locomotive und einige Waggons ganz im Wasser des Stromes, der an dieser Stelle bis zwei Klafter Tiefe hat, über die Waggons andere Waggons, zerbrochen, zersplittert und zerfetzt, und darüber wieder andere, bis zur Höhe des zweiten Brückenfeilers aufgethürmt, dazwischen Köpfe, Füße, Leiber und blutiger Brei von Ochsen und Schweinen, und darüber und darunter die starren und hängenden Lappen der stolzen eisernen Brücke.
- In einem Dorfe an der Eifel gibts zwei kluge Petroleumquellen. Vor etwa 30 Jahren traten sie zu Tage und verschwanden wieder, weil man nichts mit ihnen anzufangen wußte; jetzt sind sie wieder zum Vorschein gekommen, weil sie ihr Licht leuchten lassen können.
- Im Gasthof zur Rose in Brünn brach das erste Stockwerk, in dem viele Gäste logirten, in den Unterstock durch; 16 Personen fanden ihren Tod, 3 wurden tödtlich verwundet.
- In Kösen stürzte sich ein junger Mann von der alten Brücke mit den Worten in die Saale: Hölle nimm dein Opfer! Derselbe hatte vorher warnende Worte an anwesende Kinder gerichtet, nicht von dem Wege der Tugend abzuirren, denn sonst würden sie unglücklich wie er werden.
- Eine Bauerfrau in Hannover wurde als Zeugin vor Gericht geladen und wie üblich gefragt,

[ => Original lesen: 1868 Nr. 22 Seite 2]

ob sie katholisch oder lutherisch sei. Von allen nix, sagte sie, ek bin hannoversch.
- (Hinrichtung eines dreizehnjährigen Mädchens.) Die Newyorker Staatszeitung erzählt in einer ihrer letzten Nummern, daß ein farbiges Mädchen, Namens Suzan, das im Alter von 13 Jahren stand, zu Newcastle in Kentucky am 7. Februar mit dem Strange hingerichtet wurde. Dieses Kind hatte im vorigen Jahre ein weißes Kind mit kaltem Blute getödtet und wurde wegen dieses Mordes zum Tode verurtheilt. Suzan zeigte in der Zeit von ihrer Verurtheilung bis zur Hinrichtung eine unbegreifliche Ruhe. Bis zum letzten Augenblicke antwortete sie ohne Erregung auf die Fragen der vielen Besucher die man zu ihr ließ. Sie verlangte nach einem weißen Priester, der für sie bete; sie zeigte Reue über ihre That und hoffte auf die Verzeihung Gottes. Am verhängnisvollen Tage hatte man das Schaffot hinter dem Justizpalaste errichtet. Hunderte von Personen waren aus nah und fern herbeigekommen, um dem entsetzlichen Schauspiele der Hinrichtung eines Kindes beizuwohnen, und alle Fenster, welche den Platz beherrschten, waren von Frauen und Kindern besetzt. Um 2 Uhr Nachmittags erschien die Verurtheilte, schwarz gekleidet und einen schwarzen Capuchon auf dem Kopfe. Als sie zum Schafotte emporstieg, zitterte sie sichtbar; sie sagte jedoch zu ihrer Umgebung, daß dieses nicht ein Zittern der Furcht sei, sondern daß sie stark friere. Sie stellte sich folgsam auf die Falltreppe, man zog ihr den Capuchon über die Augen, band ihr die Arme an den Leib und legte ihr die Schlinge um den Hals. In diesem feierlichen Moment stockte jeder Athemzug. Kein Geräusch, kein Laut wurde gehört. Viele Personen wendeten die Blicke ab. Endlich schloß sich die Schnur, das Fallbrett sank, und der Körper der Deliquentin schwebte zwischen Himmel und Erde, lange Zeit sich bewegend und krümmend. Der Tod schien die magere Beute zu verschmähen und den Menschen ihre Grausamkeit vorzuwerfen. Als man den kleinen Leichnam vom Galgen abnahm, näherte sich ein Deutscher und bat, vom Stricke sich ein Stück abschneiden zu dürfen. Sogleich stürzte sich ein Meuschwarm auf's Schafott und eine Minute später war der Strick in tausend Stückchen zerschnitten. - (Man scheint in Kentucky noch in mittelalterlichen Anschauungen zu stecken, und die Zurechnungsfähigkeit eines Menschen nicht von einem bestimmten Alter abhängig zu machen; aber man übersieht dabei, daß der Verstand entwickelt, der Wille auf Augenblicke energisch sein kann, und doch das jugendliche Wesen die Kinderschuhe nicht ausgezogen hat.)
- Die Liebe bringt immer wieder einige Abwechselung in das Leben. Ein hoher und reicher Beamter in Berlin hatte eine einzige Tochter, die alle Heirathsanträge zurückwies. Die Eltern sagten, ihre Stunde sei noch nicht gekommen. Da erhielten sie einen Wink, sich Abends 6 Uhr im Gartenhaus heimlich einzustellen. Zu rechter Zeit faßten sie in einem großen Wandschrank Posto. Bald nachher stellen sich Fräulein Tochter und Auguste, die Köchin, ein. Horch! er kommt, Auguste, auf deinen Posten! ruft das Fräulein. Auguste eilt hinaus und herein tritt ein schöner Soldat. Die Tochter fliegt ihm in die Arme und herzt und küßt ihn; den Eltern wird's heiß im Schrank, sie stehen plötzlich vor dem Pärlein. Das ist mein Bräutigam, ich heirathe nie einen Andern, erklärte das Mädchen ohne Ohnmacht und Thränen. Aber um Gotteswillen, Kind, ruft die Mutter, wer ist der Herr? ein verkleideter Officier? - Ach, Mama, Fritz war der Bräutigam unserer Köchin Auguste; als ich ihn das erstemal sah, hatte er schon mein Herz gewonnen, das edle Mädchen ist zurückgetreten und hat mein Glück neidlos gefördert! Die Eltern haben das Töchterchen zu einer strengen Tante in die Provinz und Kur geschickt.


Ein Dampfmensch.

Die Welt schreitet mit Siebenmeilenstiefeln fort. Nachdem die Alchymisten sich Jahrhunderte lang vergebens abgemüht, auf chemischem Wege einen Homunkulus (menschenähnlichen Apparat) herzustellen, ist es jetzt einem einfachen Mechaniker in Newyork, N. J. Zaddoch Deddrick, gelungen, einen Dampfmenschen zu erfinden, der abermals eine Revolution in dem Verkehrs= und Transportationswesen hervorbringen wird, wenn er wirklich so eingerichtet ist, daß er nicht nur in jeder gewünschten Richtung und mit beliebiger Schnelligkeit läuft, sondern auch als Locomotive für eine Last dient, zu deren Fortbewegung sonst drei starke Zugpferde erforderlich wären. Der "Newyork Advertiser" gibt uns über dieses jüngste Erzeugniß des nimmer rastenden Menschengeistes folgende Einzelheiten: Der Dampfmensch steht sieben Fuß und 9 Zoll "in seinen Schuhen" und sämmtliche Theile seines Körpers sind vollkommen proportionirt, so daß er an den Riesen Daniel Lambert erinnert, wie denn auch Deddricks Arbeiter die Figur bloß den langen Daniel nennen. Der Rumpf ist nichts Anderes, als eine Dampfmaschine von drei Pferdekraft, nach Art der bei den Dampfspritzen gebräuchlichen, mit einem Gewicht von 500 Pfund. Die Beine, auf denen der Rumpf ruht, sind wunderbar zusammengesetzt; mittelst ihrer macht die Figur Schritte von der größten Natürlichkeit und überraschender Leichtigkeit; sobald der Körper auf dem vorgesetzten Fuße weiter rückt, hebt sich der andere mittelst einer Feder vom Boden und wird durch den Dampf vorwärts bewegt. Bei jedem Schritt rückt die Figur zwei Fuß vor und jede Umdrehung der Maschine gibt vier Schritte; da nun die Maschine in einer Minute mehr als 1000 Umdrehungen machen kann, so würde der Dampfmensch nach diesem Verhältniß in einer Minute etwas über eine englische Meile zurücklegen; um aber ganz sicher zu gehen, namentlich auf unebenem Boden, will Deddrich die Maschine bloß 500 Umdrehungen in der Minute machen lassen, so daß sein "Mann" eine halbe Meile in der Minute macht - immer noch eine ganz anständige Geschwindigkeit. Sofort wird der Bursche vor eine gewöhnliche Kutsche gespannt, deren Deichsel dazu dient, ihn in seiner aufrechten Stellung zu unterstützen; diese Deichsel besteht aus zwei eisernen Stangen, die in der gewöhnlichen Weise an der Kutsche befestigt und in einen eisernen Reif eingehängt sind, der die Figur wie einen Gürtel umschließt. Die nöthigen Kohlen werden unter dem Rücksitze der Kutsche, das erforderliche Wasser unter dem Vorsitze in einem Kessel untergebracht; der Vorrath von beiden ist auf einen halben bis ganzen Tag berechnet. Natürlich würde das Dahersausen eines solchen Riesen einen Schrecken unter dem Vieh, namentlich unter den Pferden verursachen, allein Deddrick hilft diesem Uebelstande dadurch möglichst ab, daß er der Figur ein ganz menschliches Aussehen gibt, und sie wird stets Rock, Hose und Weste nach der neuesten Mode tragen. So oft das Feuer geschürt werden muß, hält der Kutscher, steigt ab, knöpft dem "Daniel" die Weste auf, öffnet eine an der Stelle des Herzens befindliche Thür, schaufelt die nöthige Menge Kohlen hinein, knöpft die Weste wieder zu und fährt weiter. Für alle Vorkommnisse, plötzliches Anhalten, Sperren und Bergauffahren ist vollkommen gesorgt; alle diese Manöver werden durch einen einfachen Druck an einer Feder regulirt. Zur Verdeckung der verschiedenen Schrauben trägt die Figur einen Tornister mit gerolltem Mantel; das schwarze Haar und der schwarze Schnurrbart kontrastiren anmuthig mit dem Gesicht "wie Milch und Blut", der aus Blechlappen zusammengesetzte Hut dient zugleich - wie ja bei vielen andern Menschen auch - als Rauchfang. Der Dampfmensch kostet bis 2000 Dollars. Herr Deddrich hofft aber in nicht ferner Zeit ein brauchbares Exemplar, für das ein Jahr garantirt wird, für 300 Dollar herstellen zu können. Fällt dieser erste Versuch befriedigend aus, so will der erfindungsreiche Meister sich an die Konstruction eines wirklichen, nicht bloß figürlichen "Dampfrosses" machen, das die Arbeiten von 12 gewöhnlichen Pferden verrichten wird.


[ => Original lesen: 1868 Nr. 22 Seite 3]

Eine Ironie des Zufalls.

Als Napoleon im Jahre 1809, aus Holland kommend, am Ufer des Rhein entlang reiste befahl nun der Präfect des Rhein= und Moseldepartements den Gemeinden, den Kaiser mit allen möglichen Feierlichkeiten und Zeichen der Liebe und Achtung zu empfangen. Dieser Befehl brachte manches Alpdrücken der Sorge hervor und mancher Ortsvorstand ging in schweren Träumen wachenden Auges umher und wußte nicht Rath, nicht Hülfe. Also ergings auch dem Vorsteher eines rheinischen Dorfes, dessen Hauptnahrungsquelle der Weinbau ist. Eine Triumphpforte sollte erbaut, eine Musikgesellschaft sollte herbeigeschafft werden, und jedes Dorf, jede Stadt trommelte die Kirchweihgeiger zusammen, um die übliche Musik zu bekommen. Endlich gelang es noch dem Ortsvorsteher, eine Anzahl sogenannter Speckgeiger herbeizuschaffen, und die eine Noth war gehoben; aber noch nicht die zweite, die Triumphpforte, nicht die dritte - die Rede, welche unbedingt gehalten werden mußte, und er eben kein Französisch und der Kaiser kein Deutsch verstand.
Endlich half aus dieser Noth der Pastor, welcher des Französischen so weit kundig war, um eine kurze Anrede zu halten, auch wohl die Fragen des Kaisers zu beantworten. Nun kam noch die Ehrenpforte. Da half ein guter Rath eines Architekten aus der nächsten Stadt, der durchfuhr und der Geschmack des Schulmeisters, der den Rath ausführte. Alle leeren Fuder=, Halbfuder=, Zweiohm=, Ohm= und kleineren Fässer werden aus den Kellern des Dorfes zusammengerollt und daraus eine ebenso eigenthümliche als passende und schöne Ehrenpforte erbaut und dann jedes Faß mit Blumen und Epheugewinden umschlungen. Wer den seltsamen Bau sah, mußte ihm Beifall geben.
So war denn Alles geordnet, als der Kaiser kam, begleitet unter Andern von dem General Rapp, der bekanntlich ein Deutscher war. Die Glocken läuteten, die Böller knallten, die Schuljugend rief das ihr eingepaukte: Vive l'empereur! in den seltsamsten Variationen, die Gemeinde fiel mit demselben Rufe ein, und alle Honoratioren des Dorfes, der Pastor und der Vorsteher an der Spitze waren aufgestellt.
Napoleon sah die seltene und seltsame Ehrenpforte und rief Rapp zu: "Das ist neu, passend, geschmackvoll, und doch billig und ländlich!" Er befahl zu halten und stieg aus.
Hatte schon die Ehrenpforte einen guten Eindruck gemacht, so vollendete diesen die einfache und wohlgesetzte kurze Anrede des katholischen Geistlichen. Er hörte ihr beifällig zu und sprach sich wohlwollend über den Empfang aus; besonders gefiel ihm die Idee des Triumphbogens. Er fragte nach dem Urheber und Ausführer, ließ sich den Schulmeister vorstellen und belobte ihn höchlich.
Jetzt fiel die Musik ein.
Napoleon war gut gelaunt. Er that, als horche er auf die einfache Melodie, welche sie spielte, und die offenbar die Weise eines Volksliedes war.
Plötzlich unterbrach die Stille Rapps brausendes Gelächter, welches er, so viel Mühe er sich auch gab, nicht länger beherrschen konnte.
Finster wurde die Stirn des Imperators und mit einem stechenden Blick wandte er sich zu Rapp um.
"Warum lachen Sie so?" herrschte er ihm zornig zu.
Rapp, der wußte, daß er sich etwas erlauben durfte, erschrak nicht, sondern sagte, immer noch lachend:
"Majestät, es ist der Text des Liedes, das die Musik spielt, der mich lachen macht."
"So? - sagte Napoleon. - Und wie lautet er. Ich will ihn wissen!"
"Es ist ein altes deutsches Volkslied, Majestät, - sagte Rapp, - das so anfängt:
"Du bist der beste Bruder au nit."
"Still!" donnerte der Kaiser, trat rasch zum Wagen, sprang hinein und vergaß den Gruß zu erwiedern, den ihm die Gemeinde mit rauschendem Tusche nachrief.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über das dem Arbeitsmann Jochen Flügge zu Schönberg gehörige, daselbst im Neuenwall sub Nr. 361 belegene Wohnhaus c. p. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag den 21. April 1868, Morgens 11 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel richtig und vollständig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 16. Januar 1868.
Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.


Verkaufs=Anzeigen.

Am Sonnabend den 28. d. M., Morgens von 1/2 10 Uhr an, soll bei der Wwe. Baars in Demern in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

Tischlerhandwerkzeug aller Art, eine Parthie eichen, eschen, buchen, ipern, birken, linden und Birnbaum=Bretter und Bohlen, eine Uhr, zwei Bettstellen , ein Eßschrank , ein Hängeschrank, 9 Stock Bienen, und was sich sonst noch vorfindet.
Carlow den 15. März 1868.
Struck.


Vermischte Anzeigen.

Braunen Leberthran, der besonders vortheilhaft als Schmiere für Sielengeschirre und Fußbekleidung anzuwenden ist, indem er das Leder geschmeidig erhält, wasserdicht macht und vor Bruch schützt, empfiehlt, per Pfund 8 ßl., J. F. Eckmann.


Für Kalbfelle, Lammfelle u. Ziegenfelle bezahlt die höchsten Preise Wilh. Heincke.


Am 16. April beginnt die Ziehung 1. Klasse der vom Staate garantirten und genehmigten Hamburger Lotterie, ausgestattet mit 17,800 Gewinnen, worunter Haupttreffer von 90,000, 50,000, 20,000, 12,000, 8000, 2 à 6000, 2 à 4800, 2 à 4000, 2 à 3200, 3 à 2400, 4 à 2000, 4 à 1600, 12 à 1200, 80 à 800 und 216 à 400 und 200 Thlr. Pr. Crt. u. s. w.
Hiezu empfehle ich Originalloose, ganze à 2 Thlr., halbe à 1 Thlr., viertel à 15 Sgr. und achtel à 7 1/2 Sgr., sowie Volloose für alle Klassen, das Viertel à 9 Thlr., das Achtel à 4 1/2 Thlr. u. s. w. nach Verhältniß unter Zusicherung reeller Bedienung und strengster Discretion.
Adolf Marcus, in Braunschweig, Lotterie=Obereinnehmer.


[ => Original lesen: 1868 Nr. 22 Seite 4]

Am 16. April Ziehungsanfang der von der Hamburger Regierung genehmigten und garantirten großen Geldverloosung.
In dieser Verloosung kommen 17,800 Treffer zur Entscheidung, als Mark
225,000, 125,000, 100,000, 50,000, 30,000, 20,000, 2 à 15,000, 2 à 12,000, 2 à 10,000, 2 à 8000, 3 à 6000, 3 à 5000, 4 à 4000, 10 à 3000, 79 à 2000, 4 à 1500, 4 à 1200, 106 à 1000, 106 à 500 u. s. w.
Der kleinste Gewinn deckt den Einsatz für alle Classen.
Unsere Collecte erfreut sich des besten Rufes, indem derselben Schlag auf Schlag die größten Treffer zufielen. Wir empfehlen zu dieser günstigen Verloosung
ganze Loose à 2 Thaler, halbe à 1 Th., Viertel à 1/2 Th., achtel à 1/4 Thlr.
Man wende sich baldmöglichst an das Glückscomptoir
Adolph Lilienfeld & Co.
Graskeller 7. Hamburg.


Reformdinte.
Eine große Plage für Schreibende ist schlechte Dinte. Sie gibt durch ihre bösen Eigenschaften Veranlassung, daß Schrift, Stil, Inhalt eines Briefes undeutlich, nicht fließend und verständlich werden und dem Schreiber selbst nicht gefallen, denn schlechte Dinte stört beim Schreiben durch ihre Fehler den Ideengang des Correspondenten. Auf Feder und Dinte muß sich jeder Schreibende verlassen können, andernfalls wird's übel aussehen mit dem Resultat seiner Arbeit. - Die Reformdinte, nach den Regeln der modernen Chemie zusammengesetzt, vereinigt alle guten Eigenschaften einer Dinte in sich und ist daher zum Gebrauch auf:
Comptoiren, Canzleien, Archiven und für Privatpersonen sehr zu empfehlen.
In 1/1 Flaschen (1 Pfd. enthalt.) 12 ßl., in 1/2 Flaschen 7 ßl., in 1/4 Flaschen 4 ßl.
Alleiniges Hauptdepot bei E. Richter in Hamburg, Zollenbrücke 5.
Handlungen, welche den Vertrieb der Dinte für dort übernehmen wollen, mögen sich franco an das Hauptdepot wenden.


Mit einer Sendung neuer Umschlagetücher in großer Auswahl und verschiedenen Preisen empfiehlt sich Heinrich Creutzfeldt.
Schönberg 1868.


Frisch gebrannten Kalk und neue Rigaer Säe=Leinsaat empfiehlt bestens A. Wigger.


Am Sonntag Abend wurde auf dem Wege vom Bauhofe bis zur Marienstraße ein schwarzes Medaillon mit zwei Bildern verloren. Der ehrliche Finder wird gebeten, dasselbe in der Expepedition d. Bl. abgeben zu wollen.


Mein Lager von Tapeten und Borden, sowie von Rouleaux in vielen geschmackvollen Mustern empfehle ich dem geehrten Publikum zur Abnahme bestens.
Maler Wolgast.


Möbel-Magazin.
Das Möbel=Magazin im Hause des Kaufmanns Wieschendorff empfiehlt den geehrten Landbewohnern und einem geschätzten Publicum Schönbergs eine Auswahl modern und dauerhaft gearbeiteter Tischler= und Stuhlmacher=Arbeiten zu möglichst billigen und festen Preisen, auch nimmt das Magazin Bestellungen auf Aussteuern und einzelne Arbeiten jeder Art an, welche prompt und reell ausgeführt werden.
Schönberg, 1867.
Das Tischleramt.


Der nur allein ächte weiße Brust Syrup prämiirt von der Jury der Pariser Welt-Ausstellung 1867, aus der einzigen, 1855 gegründeten Fabrik von G. A. W. Mayer in Breslau, ist stets vorräthig in Original=Flaschen zu den Fabrikpreisen: 24 Schilling (Mecklenburg) und 13 Schilling (Mecklenburg) beim Buchbinder C. Sievers in Schönberg.


Meteorologische Beobachtungen.
1868
März
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
13.
14.
15.
16.
41.51
41.93
40.20
40.08
2.0
4.3
2.6
2.8
9.0
10.6
7.7
5.6
SSW
SSW
OSO
W
1
1
0
1
heiter.
wolkig.
zieml.heit.
wolkig.

Am 14. 9 Cubikz. Regen auf 1 []'.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund13 1/2 - 14 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund14 1/2 - 15 Schilling (Mecklenburg).
Hasen, d. St. 40 - 48 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St.24 - 26 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 Schilling (Mecklenburg).
Spickgans, d. St.24 - 32 Schilling (Mecklenburg).
Flickgans, d. St.24 - 28 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfd.8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfd.5 - 5 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfd.10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 8 St.4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß7 - 7 1/2 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weizen28 - 29Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen22 - 22Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Gerste16 - 17Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer12 - 12Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Erbsen18 - 20Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken16-16Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen15 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit von L. Bicker in Schönberg.


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