No. 3
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 10. Januar
1868
achtunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1868 Nr. 3 Seite 1]

- War einst ein König in Lydien, Krösus, der wollte seine Nachbarn mit Krieg überziehen; die Grenze zwischen beiden Ländern war das Flüßchen Halys. Er schickte Gesandte mit reichen Geschenken nach Delphi, um das Orakel zu fragen, was er thun solle. Das Orakel (NB. die schlauen heidnischen Priester) antwortete: Wenn Krösus über den Halys geht, wird er ein großes Reich zerstören! - Krösus zog mit seinem Heere über den Halys und das Orakel ging in Erfüllung, denn er verlor Krone und Leben. Die Franzosen sind mit ihrer Nutzanwendung schnell bei der Hand. Der Halys, sagen sie, sei jetzt offenbar der Main; wenn die Preußen den Main überschritten, dann würden sie, die Franzosen, über den Rhein kommen und ein großes Reich zerstören, den norddeutschen Bund. Die Franzosen sind von der Krankheit ihres Kaisers angesteckt und sehen lauter schwarze Punkte, wenn sie nach Deutschland herübersehen.
- Oesterreich ist eine Hoffnung auf Erhaltung des Friedens. Oesterreich muß Frieden haben und halten, um sich zu erhalten und seinen Gläubigern gerecht zu werden. Das mit dem neuen Jahre eingeführte neue Ministerium will feierlich erklären, daß der Staat seine finanziellen Verpflichtungen streng einhalten werde.
- Am 6. Jan. ist plötzlich und unerwartet der Eintritt Lauenburgs in den Zollverein erfolgt. Die Lauenburger sind dadurch nicht wenig überrascht, sie glaubten, nicht früher, wie Mecklenburg und Lübeck den Zoll zu bekommen, obgleich sie sich schon wochenlang durch Aufspeichern enormer Quantitäten von Waaren darauf vorbereitet hatten; am Tage der Einführung standen noch 24 Güterwagen mit Waaren auf dem Ratzeburger Bahnhof. Um aber ihre Ueberraschung vollständig zu machen, verfügte eine Verordnung die Nachverzollung sämmtlicher Waaren. 50 Pfund derselben und 1 Oxhoft Wein hat jeder Hausstand frei, was darüber ist unterliegt dem Zollgesetz. Jedermann ist verpflichtet, seine Vorräthe genau anzugeben. Verheimlichung zollpflichtiger Waaren wird als Zolldefraudation angesehen und bestraft. - Die im Lauenburgischen liegenden Enclaven des Fürstenthums Ratzeburg werden von dem Zoll nicht weiter berührt; der bisher übliche lauenburgische Durchgangszoll bleibt in Kraft.
- In Ostpreußen Bilder des größten Jammers. Schaaren von Nothleidenden durchziehen die Ortschaften und bitten und betteln um Arbeit und Brod. Arbeit? woher? Die öffentlichen Arbeiten sind unter Schnee und Eis begraben; die Gutsbesitzer und Hofbesitzer haben selber nur halbe Arbeit und Taglöhner genug, die sie ernähren müssen; die Bauern und ihre Söhne müssen selber die Dreschflegel führen. Brod? Die Meisten geben, was sie haben, aber es geht auf dem Lande aus, Jeder hat vollauf zu thun mit den Armen seines Orts, und den täglich neu herandrängenden Schaaren schließen sich - aus eigener Noth - die Thore der Geschäfte. Aus eigener Kraft kann sich die Provinz nicht helfen, Hülferuf erschallt auf Hülferuf. Wie wird die Regierung helfen? Hunger thut weh und den Hungernden kann man nicht auf die Zukunft vertrösten, sie wollen essen heute und morgen. Die Zeitungen in Berlin klagen, daß diese Noth nicht genug gewürdigt werde; reiche Leute der Börse gäben klein Geld, als handele es sich um zudringliche Bettler und nicht um eine ganze Provinz.
- Bis Mitte Januar 1868 sollen die preuß. Landwehrleute sämmtlich mit Zündnadelgewehren versehen sein.
- Die Silberkammer und der Reliquienschatz des Königs Georg von Hannover sind glücklich in Wien angekommen und im kaiserlichen Schloß zu Schönbrunn untergebracht. Der Reliquienschatz ist eine Sammlung kirchlicher Geräthe, welche zum Theil von Herzog Heinrich dem Löwen vom Kreuzzug im heiligen Lande heimgeführt wurden. Das Münzkabinet umfaßt 22,000 Nummern, natürlich nur alte Münzen; die Sammlung neuer Münzen ist viel größer.
- Am ersten Weihnachtsfeiertage ist in Wien die Braut Theodor Körner's, die in seinen Liedern gefeierte "Tony", im 77. Lebensjahre verstorben. Antonie Adamberger war bekanntlich in den Jahren, wo Körner als Theaterdichter in Wien fungirte, Schauspielerin und später mit dem Freiherrn von Arneth vermählt.
- Dr. Schlesinger ist ein gesuchter Frauenarzt in Wien; auch die Beronin Ebergenyi (die Mörderin der Gräfin Chorinsky) hatte er behandelt, wie in den Zeitungen zu lesen. Vor einigen Tagen erhielt er eine dringende Einladung zu Madame R., eine der gefeiertsten Schönheiten der Residenz. Er beeilt sich, der gefährlichem Patientin den ersten Besuch abzustatten und findet sie in reizender Toilette und heiterster Laune am Theetisch. Mein lieber Doctor, ruft sie ihm zu, mir fehlt, nicht das Geringste, hier haben Sie Ihr Honorar, ich habe Sie rufen lassen, damit Sie mir etwas von der Ebergenyi erzählen.
- Am Weihnachtsfeste hat der Papst wie alljährlich einen Sammethut und einen Degen geweiht. Es wird damit derjenige katholische Fürst beschenkt, der am besten die Kirche vertheidigt hat. Diesmal ist Beides nach Paris an Napoleon adressirt und dort bereits eingetroffen.
- Im England nimmt die Gicht außerordentlich zu, merkwürdigerweise mehr bei den Staatsfrauen wie bei den Staatsmännern. Die Frauen meinen, das käme von dem starken Trinken der - Männer.
- Die illustrirte Zeitung hat mit dem Jahre 1868 ihren 50. Jahrgang angetreten. Dem Herausgeber und Verleger derselben, J. J. Weber in Leipzig, ist bei dieser Gelegenheit das Ritterkreuz des Franz=Joseph=Ordens überreicht worden.
- Das Vergnügen einer in hiesiger Gegend seltenen Jagd ward kürzlich dem Revierjäger Möller zu Schönberg zu Theil. Ein Wildschwein, dessen Spur sich angeblich seit einiger Zeit hier bemerkbar gemacht, zeigte sich am 4. d. im Niendorfer Holze dem überraschten Jäger, der dasselbe, kurz gefaßt,

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mit einer wohlgezielten Kugel erlegte. Es ist ein Keiler, der aufgebrochen 165 Pfund wiegt.
- Der Stadtpfarrer Dr. Westermayer zu St. Peter in München hat eine fließende Rede. Seine Predigt am Stephanstage war ein großes Donnerwort und er schloß sie mit dem Faustschlag: "Den Fortschritt hole der Teufel! Amen!"
- Von den Feniers lernen die Engländer das Gruseln. In der guten Stadt Cork lehnten in der Mittagsstunde Herr und Gehülfe in einem Waffenladen an dem Ladentische und warteten auf Kunden. Da traten sechs auf einmal ein, zogen geladene Revolver heraus und legten den Finger auf den Mund. Herr und Diener schwiegen todtenbleich, und die sechs räumten alle Revolver, Pistolen, Patronen, die sie fanden, in große Säcke und reichten sie den Schildwachen, die sie vor die Thüre gestellt hatten. Die Schildwachen verschwanden mit den Säcken und im Nu hatten sich dann auch die Sechs verkrümelt.
- Am 10. December Abends wurden die Bewohner Constantine's (Algier) durch einen nordischen Gast zum Entsetzen der braunen Bevölkerung überrascht. Schnee! Schnee! und Algier! Der Schneefall dauerte 24 Stunden ununterbrochen. Dabei entlud sich Mittwoch um halb 5 Uhr Morgens über den Schneewolken ein heftiges Gewitter. Blitz folgte auf Blitz und der Himmel schien in einem elektrischen Feuer zu stehen, von einer Intensivität und Dauer, daß man ein Nordlicht zu sehen glaubte. Morgens 7 Uhr waren Häuser, Straßen und Felder dicht mit Schnee bedeckt. Die unglücklichen, zum Markte nach Constantine kommenden Araber rangen mit dem Erstarrungstode. Nur die schleunige Hülfe seitens der Einwohner und der Militärbehörden konnte großes Unglück abwenden. Einige militärische Baulichkeiten und Schuppen wurden zur Aufnahme von Mensch und Vieh geöffnet, Brod und heißer Kaffee vertheilt und so allmählig die erstarrten Lebensgeister wieder erweckt. Dem Vieh wurde Stroh und Fourage verabreicht. Da die Kälte und der Schnee während des ganzen Mittwoch nicht nachließen, so wurden gegen Abend riesige Kohlenpfannen aufgestellt, um die dem Fatum nur zu sehr ergebenen Kinder des Propheten zu erwärmen. Von den nicht derartig bevormundeten Arabern sind mehrere Todesfälle durch Erstarrung zu beklagen.
- Die Schulen in Massachusetts gelten in Nordamerika als Musterschulen. Die Leute dort sagen, das Geld, das man in Schulen anlegt, ist nicht zum Fenster hinausgeworfen, und für den Staat gilt der Grundsatz, daß es seine Pflicht sei, den Armen den bestmöglichen Unterricht zu verschaffen und keine Schulgelder zu erheben. Als Staatsangelegenheit müssen die Kosten für die Schulanstalten von den Steuerzahlenden überhaupt getragen werden. Der Staat erhebt deßhalb eine eigene Vermögenssteuer, zu der jeder Besitzende nach Maßgabe seines Vermögens beiträgt, mag er 10 Kinder oder eines oder keines haben. Der Unterricht eines Kindes kommt auf etwa 4 Dollars zu stehen. Eine Folge dieser Einrichtungen ist, daß jede andere Schule neben der des Staats unmöglich wird. In Boston sitzen die Kinder des Oberrichters neben denen der ärmsten Leute, ja neben Negerknaben. Boston ist auch die Stadt, wo zuerst Neger und Weiße ohne Zwang gleichgehalten wurden, wo Erziehung zu wege brachte, was Gesetze vergeblich angestrengt hatten. Andererseits ist der Arme bemüht, seine Kinder, die mit jenen aus den ersten Familien auf Einer Schulbank sitzen, reinlich zu halten, ja er legt sich Entbehrungen auf, um sie sauber und gut zu kleiden.
- Wir lesen im Wochenblatt des Vereins nassauischer Landwirthe Folgendes über den Brand des Weizens von einem Herrn Ph. F. Wagner auf Dauborn: Gegenwärtig höre ich, daß in manchen Gemarkungen furchtbar viel Brand im Weizen sei. Seit alten Zeiten und noch jetzt werden verschiedene Beitz= und Verhütungsmittel empfohlen und angewendet: wie Kupfervitriol, ungelöschter Kalk, Jauche, Asche, Kochsalz u. dgl. mehr. Noch verflossenen Herbst sind Desinfectionsmittel gegen Brand in einer landwirthschaftlichen Zeitung empfohlen und als Geheimniß theuer verkauft worden. - Da ich seit Jahren kein Beitzmittel mehr anwende und keine Spur Brand im Weizen habe, so beeile ich mich, meine Methode in Kürze mitzutheilen. Der als Saatgut zu verwendende Weizen darf: 1) keinen Brand im Felde zeigen (keine einzige Aehre); 2) muß krummreif (todtreif) sein; 3) geschnitten, trocken gebunden (ist keine Dreschmaschine oder Zeit zum Dreschen vorhanden), aufgepuppt, sofort gedroschen (soll nicht über Nacht in der Scheuer stehen, damit er sich nicht erhitze) und auf dem Speicher dünn ausgebreitet werden; 4) wird vor der Saat gesiebt, damit aller verkrüppelter Samen ausfällt, welcher, wenn auch nicht brandig wird, doch verkrüppelte Pflanzen erzeugt. Der so behandelte Weizen wird ungebeitzt gesäet, und Niemand wird über Brand mehr klagen. Also unreifer Samen, brandiger Samenweizen, nasses Ernten, Erhitzen in der Scheuer oder auf dem Speicher sind die Bedingungen, welche Brand zur Folge haben.
- Die kleine Patriotin in der Sennhütte. "Hör' mal, Sennerin," sagt der Berliner Reisende zu ihr, "nu' jeh' ich nich mehr weg, bis Du mich alles gezeigt hast: die Hütte, die Stube und das Lager, wo Du Dein süßes Haupt zur Ruhe legst." Sennerin: "Seppi, steig' nunter zum Bauern und sag' ihm: a preuß'scher Spio is hierobe."
- Wenige Tage vor Weihnachten fanden die Postbeamten in dem Briefkasten einer Straße Berlins ein Schreiben vor mit der Adresse: "An Unseren lieben König von Preußen. Ich kann ihn aber nicht frei machen, weil ich keinen Groschen habe." Der originelle Brief wurde dem Geheimrath Borck, dem Tresorier des Königs, zugesandt, der ihn dem König unterbreitete. Der Inhalt des Briefes lautete, wie die "Trib." mittheilt, folgendermaßen: "Lieber König! Es ist nun bald Weihnachten, wo die Kinder beschenkt werden. Mein Vater will mir auch ein paar Hosen und eine Jacke kaufen; aber an Spielzeug kann er nicht denken, denn mein Vater ist arm. Nun wollte ich Dich bitten, lieber König, daß Du mir einen Säbel und eine Soldatenmütze schenkst, denn das kriegt unserm Nachbar sein Otto auch, und dann wollen wir Beide zusammen Soldat spielen. Wenn ich schon groß wäre, würde ich eine ganze Uniform ohne Bitten bekommen, aber ich bin erst elf Jahre und gehe noch in die Schule. Wenn ich später Husar geworden bin, werde ich's schon wieder gut machen. Also lieber König, bitte, bitte! einen Säbel und eine Mütze. Sage aber ja nichts meinem Vater, sonst schilt er, daß ich ohne seine Erlaubniß an Dich geschrieben habe. Mutter weiß auch nichts. Ich wohne in der L . . . straße Nr. - und mein Vater heißt K., er ist Baumeister, aber er hat schon seit lange nichts mehr zu bauen." Der König lachte herzlich über den vertraulichen Ton des Briefes und gab Befehl, über die Verhältnisse des Knaben und seiner Eltern genaue Erkundigungen einzuziehen. Geheimrath Borck bat um Erlaubniß, die Sache persönlich in die Hand nehmen zu dürfen, und als ihm diese mit großer Freude vom König ertheilt worden war, begab er sich sofort nach der im Briefe bezeichneten Adresse, wo er nur die Mutter des Knaben antraf. Als die Frau hörte, daß ihr Sohn heimlich an den König geschrieben habe, wurde sie sichtbar von Schrecken ergriffen. Geheimrath Borck gab ihr aber die tröstliche Versicherung, daß der König nicht im mindesten böse sei, sondern sich im Gegentheil über den im Briefe documentirten freien und offenen Charakter des Knaben sehr gefreut habe. Als der kecke Immediat=Petitionär aus der Schule kam, examinirte ihn Herr Borck, und fand so viel Wohlgefallen an den Antworten seines Examinanden, daß er ihn in seinem Wagen gleich mitnahm, um ihn dem Könige vorzustellen. Vor einem Kleiderladen ließ der Geheimrath halten, um seinen Schützling mit einem neuen Anzuge zu versehen; dagegen protestirte der Kleine, indem er bemerkte, die Ausgabe könne sich der König sparen, denn Hose und Jacke, -

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das wisse er ganz genau - habe ihm sein Vater zu Weihnachten schon gekauft. Herr Borck bedeutete ihm jedoch, daß wohl noch verschiedene Knabenanzüge für seinen Gebrauch nöthig werden möchten, bevor die Husaren=Uniform im richtigen Verhältniß zu seinem Gliederbau stehen würde. Vor dem König benahm sich der Knabe zwar furchtlos, doch mit großer Bescheidenheit, so daß ihm der Monarch freundlich die Hand reichte und sagte: "Du sollst zu Weihnachten aufgebaut bekommen, aber nicht in Deiner Eltern Wohnung, sondern bei mir, im Palais. Ich hoffe, daß Du ein tüchtiger Vaterlandsvertheidiger werden wirst." Am Weihnachtsabend holte Borck den Knaben aus der Wohnung der Eltern ab und fuhr ihn später auch mit seinen reichen Geschenken wieder nach Hause.
- Vor dem Civiltribunal in Paris spielt ein Prozeß oder eigentlich ein Lebenslauf, der sich wie eines der dunkelsten Capitel aus den "Geheimnissen von Paris" liest. Man höre! Der Angeklagte ist der Marquis d'Orvault, ein 82jähriger Mann, und - seine Frau. Der Marquis gehört dem ältesten französischen Adel an und sah in der großen Revolution 22 Mitglieder seiner Familie durch die Guillotine sterben. Er trat in die Dienste Napoleons I., wurde Escadronschef und Ritter der Ehrenlegion. Als sein Kaiser gestürzt war und die Verbündeten am 31. März 1814 in Paris einzogen, fiel ein Cavalier im Gefolge der Fürsten auf, der sein Kreuz der Ehrenlegion an den Schweif seines Pferdes gebunden hatte und es durch den Koth schleppte. Eine Stunde später sah man denselben Cavalier unter dem Standbilde Napoleons, er zog an dem Seile, welches dem ehernen Napoleon um den Hals geschlungen wurde, um es zu stürzen. Dieser Cavalier war der Marquis d'Orvault. Als bald nachher die Gemahlin Jerome's, des Königs von Westphalen, Paris verließ, wurde sie im Walde von Fontainebleau überfallen und ihres Geldes - 84,000 Fr. in Gold - und ihrer Diamanten beraubt. Der Räuber war der Marquis d'Orvault; er behauptete, im Auftrage Talleyrands gehandelt zu haben, wurde aber zu 5 Jahren Gefängniß verurtheilt und entfloh nach England. Im Januar 1827 tauchte er wieder auf. Als der König mit seinem Gefolge den Jahrestag der Hinrichtung Ludwigs XVI. in der Kirche beging, trat plötzlich der Marquis vor und schlug dem 73jährigen Talleyrand in's Gesicht. Das trug ihm 5 Jahre Gefängniß ein und seitdem schien er verschollen. Er lebte aber noch und bedeckte sich mit neuer Schande. Er verheirathete sich im October 1866 mit Catharine Schuhmacher, einer öffentlichen Dirne und zwar einer der gemeinsten. Der alte Schlemmer wollte gut leben, die Dirne brauchte ein altes Wappen, - so kam die Heirath zu Stande. Madame Catharine brachte baare 1 1/2 Mill. Frcs., die Beute ihres schamlosen Lebens, in die Ehe; der Graf ward der Verwalter dieses Sündengeldes, und trieb die Wechsel, welche frühere Liebhaber ausgestellt hatten, rücksichtslos auf jede Weise ein, nur nicht durch die Gerichte, denn diese wiesen sie zurück. Woher aber der Prozeß vor dem Civiltribunal? Er ist von den Eltern der Gräfin, den Fiakersleuten Schuhmacher in Paris, angestrengt worden. Diesen betagten Leuten hatte das würdige Ehepaar bei seiner Verheirathung 3000 Fr. jährlich zum Unterhalte kontractlich zugesichert. Die Alten sind kränklich, können wenig verdienen, baten oft und dringend um Auszahlung der Unterstützung und erhielten nichts. Sie sahen Tochter und Schwiegersohn in prächtigem Palaste wohnen, kostbare Pferde und zahlreiche Diener halten - und wurden klagbar. Das ist der Prozeß. Der würdige Marquis erhält von seiner Familie eine Pension von 2700 Frcs., von Napoleon aus den geheimen Fonds 2500 Frcs. jährlich.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über das dem Krämer Johann Heinrich Otto zu Schönberg gehörige, allhier in der Siemzerstraße sub Nr. 171 belegene Wohnhaus c. p. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag den 24. März d. J., Morgens 11 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel richtig und vollständig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 2. Januar 1868.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.


Verkaufs=Anzeigen.

Holzverkauf.
Unter den bekannten Bedingungen sollen Mittwoch den 15. Januar im Schlagbrügger und Lankower Holze gegen gleich baare Zahlung meistbietend verkauft werden:

2 3/4 Faden eichen Holz,
14 Faden buchen Knüppel und Olm,
2 Faden ellern Knüppel,
78 Faden tannen Kluft= und Knüppelholz,
und bei freier Concurrenz
38 Fuder eichen Durchforstungsholz.
Kaufliebhaber wollen sich Morgens 9 Uhr am Schlagbaum des Schlagbrügger Holzes einfinden.
Schönberg, den 8. Januar 1868.
Danckwarth.


Holz=Auction.
Sonnabend den 11. Januar sollen im Weitendorfer Holze, Vitenser=Forst, meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden:

100 Stück sehr starke und geringere eichen Bau= und Nutzholz=Drümme.
100 Stück buchen Drümme.
100 Stück aspen Drümme.
100 Stück ellern und birken Schlete.
100 Stück 3. 7. 7' eichen Fadenholz.
100 Stück 3. 7. 7' buchen Fadenholz.
100 Stück eichen Fuderholz.
100 Stück buchen Fuderholz.
100 Stück ellern und birken Wadelholz.
Käufer wollen sich Morgens 10 Uhr beim Holzwärter=Hause zu Woitendorf einfinden.
Vitensee, den 2. Januar 1868.
L. Wiegandt, Förster.


Bekanntmachung.
Der volle Beitrag zur Armensteuer ist fördersamst an die resp. Armenvorsteher, in Schönberg an den Bäckermeister Fr. Grünthal, Webermeister Wilh. Klodt und Schneidermeister M. H. Freitag, und auf dem Lande an die Hauswirthe Krüger Resenhöft in Petersberg, Asmus Lenschow in Grieben, Peters in Niendorf und Heinrich Lenschow in Sabow zu bezahlen.
Schönberg, den 9. Januar 1868.
Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

Da mir Gelegenheit geboten ist, zum bevorstehenden Antoni=Termin Gelder sowohl hier im Lande als auswärts sicher unterzubringen, so erbitte ich desfallsige fernere Anmeldungen.
Schönberg, den 5. December 1867.
Kindler, Advocat.


[ => Original lesen: 1868 Nr. 3 Seite 4]

Wichtiges Hausmittel!
Dr. med. Hoffmann's weißer Kräuter=Brust=Sirup
in seiner hinreichend bekannten vortrefflichen Eigenschaft als Linderungsmittel gegen Entzündung des Kehlkopfes, gegen Heiterkeit, Verschleimung, Halsbräune, Katarrhe u. Keuchhusten, ist in Flaschen à 1 Thlr., 15 Sgr. und 7 1/2 Ngr. echt zu haben bei Herrn A. Wigger in Schönberg.


Für Jedermann nothwendig ist es, auf die angenehme und zugleich nützliche Ausfüllung seiner Musestunden Bedacht zu sein. Nichts ist dazu geeigneter, als eine Zeitschrift, die in anregender und fesselnder Weise das Unterhaltende und Belehrende zu verbinden weiß, und eine solche ist das illustrirte Familienblatt "Omnibus". Gleich beliebt im Salon wie in der Hütte des Arbeiters, hat sich der "Omnibus" in der kurzen Zeit seines Bestehens einer so lebhaften Theilnahme zu erfreuen gehabt, daß er in seinem siebenten Jahrgang mit einer Auflage von 65,000 Exemplaren beginnt. Diesen seltenen Erfolg verdankt der "Omnibus" dem rastlosen Bestreben, seinen Lesern im reichsten Wechsel das Beste und Interessanteste darzubieten. Spannende Erzählungen, populäre Naturbilder, fesselnde historische Skizzen, malerische Schilderungen aus der weiten Welt, humoristische Scenen, Belehrungen für die Familie und das Haus, kurz Alles, was den Geist beleben und das Herz erfrischen kann, wird durch Wort und Bild sich zu dauernder Erinnerung gestalten. In jeder Wochennummer bringt der "Omnibus" 36 Spalten Text nebst 3 bis 4 schönen Illustrationen, und das Alles für einen Silbergroschen!!
Er kostet demnach vierteljährlich nur 13 Sgr. und kann in Wochennummern und Monatsheften bezogen werden.
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Der neue Jahrgang beginnt mit drei außerordentlich spannenden Erzählungen: Der "Major" von Ernst Fritze, "Verschwunden" von Fr. Friedrich, und Nr. 608". Diesen folgen nach: Vor dem Schwurgericht. - Der Klostermüller. - Des Wilderers Ende. - Freiherr von Betschar. - Ein Abenteuer aus dem Kriege von 1866 u. s. w. u. s. w.
Wer den "Omnibus" zu halten wünscht, wird ersucht, seine Bestellung baldmöglichst bei einer Buchhandlung seines Orts oder bei dem nächstgelegenen Postamte zu machen, damit rechtzeitige Zusendung erfolgen kann. Jeder Colporteur übernimmt ebenfalls die Besorgung.
Omnibus=Expedition in Leipzig.


Club im Hause des Herrn Aug. Spehr in Schönberg am Mittwoch den 15. Januar.
Mittagessen um 3 Uhr.


Da die bei mir angemeldeten Gelder, soweit die Summen paßten, alle versagt sind, so suche ich nun noch gegen größte hypothekarische Sicherheit:

9000 Taler (Mecklenburg) in Pöste von 1000 Taler (Mecklenburg) in mecklenburgische Rittergüter.
6000 Taler (Mecklenburg) in Pöste von 1000 Taler (Mecklenburg) in einem holsteinischen Gute.
6000 Taler (Mecklenburg) in Pöste von 2000 Taler (Mecklenburg) in einem benachbarten, zu 10,000 Taler (Mecklenburg) versicherten Grundstücke, zur ersten Hypothek.
8460 Mark (Lübeck) Lüb. Cour. in einem Posten in einem holsteinischen Gute.
Kapitalisten, die solche Summen abzugeben haben, wollen sich gefälligst bei mir melden.
J. P. Bade.


Die Sparcasse in Schwerin hat von Anfang 1868 ihren Zinsfuß erhöht und zahlt von da an sowohl für alte wie für neue Einlagen statt 1 1/2 Schilling (Mecklenburg) nun 1 3/4 Schilling (Mecklenburg) pro Thaler aufs Jahr. Indem ich dies zur allgemeinen Kenntniß bringe, fordere ich zugleich auf, Alle, die bei diesem so soliden als gemeinnützigen Institut Bücher oder Gelder durch mich besorgen lassen wollen, solche bis spätestens zum 21. Januar bei mir abzugeben.
J. P. Bade.


Nachdem ich mit Genehmigung der hohen Großherzoglichen Landvogtei hieselbst zur Erleichterung für das von der Mühle entfernt wohnende Publikum bei dem Kaufmann Otto in der Siemzer=Straße eine Mehl=Niederlage errichtet habe, zeige ich hierdurch ergebenst an, daß von heute an daselbst alle Mehlsorten, auch Grütze und Graupen, wie in der Mühle selbst, in guter Qualität zu erhalten sind.
Schönberg, den 6. Januar 1868.
Chr. Wieschendorf, Mühlenpächterin.


Ein in gutem baulichem Zustande befindliches Wohnhaus mit 4 Wohnungen und 65 []Ruthen Gartenland, in Selmsdorf belegen, soll unter der Hand verkauft werden. Näheres ist zu erfragen in der Expedit. d. Anz.


Da ich mich hieselbst als Reifschläger etablirt habe, und jetzt mit meinem Geschäfte vollständig eingerichtet bin, empfehle ich mich den geehrten Landleuten des Fürstenthums bestens mit allen in diesem Fache nur irgend vorkommenden Arbeiten.
Auch bin ich in den Stand gesetzt, Patent=Tauwerk zu Mühlen und zu sonstigem Gebrauch gut und billig herzustellen.
Ergebenst L. H. Voß, Reifschläger.
Herrnburg.


Wir suchen zu Ostern einen jungen Mann, der Lust hat, das Materialwaaren=Geschäft zu erlernen.
H. Boye & Sohn.
Schönberg, den 7. Januar 1868.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Sonntag den 12. Januar 1868.
Vormittags Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Amts=Woche: Pastor Fischer.


Meteorologische Beobachtungen.
1868
Jan.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
7.
8.
9.
38.50
39.67
41.39
-4.8
-6.8
-4.8
-1.2
-4.6
-2.4
O
ONO
ONO
1
1
0
bedeckt.
-
-


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund11 1/2 - 12 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund12 1/2 - 13 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St.24 - 28 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken, d. St.6 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Gänse, d. Pfund8 - 8 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 5 St.4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß6 1/2 - 7 Schilling (Mecklenburg).
Hasen, d. St. 38 - 40 Schilling (Mecklenburg).
Spickgans24 - 36 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weizen26 - 27Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen21 - 22Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Gerste15 1/2 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer11 - 11Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen17 - 19Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen14 - 15Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat21 - 21Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit von L. Bicker in Schönberg.


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