No. 71
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. September
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 71 Seite 1]

- Der Friede von Prag ist nun vollkommen und für "ewige Zeiten", wie es im Vertrage heißt, abgeschlossen und die beiden Großmächte, Oesterreich und Preußen, haben die Urkunden darüber ratificirt in Händen und können in Mußestunden darin studiren. Nun rüsten sich auch die Heere zum Heimzug.
- Der Friede zwischen Oesterreich und Italien soll in Wien abgeschlossen werden. Napoleon hat bereits Venetien unter den von Oesterreich gemachten Bedingungen abgetreten. Italien muß die ganze Schuldenlast des lombardisch=venetianischen Königreichs auf sich nehmen und für das Festungs=Viereck eine bedeutende Entschädigung zahlen. Von Welsch=Tyrol wird nichts abgetreten.
- Die Formalitäten für die Abtretung Venetiens sind erledigt. Die Oesterreicher werden das Festungs=Viereck noch vor dem 5. Sept. verlassen, da an diesem Tage König Victor Emanuel seinen Einzug in Venedig halten wird.
- Die von Oesterreich aus Venedig abgeführten archivarischen und Kunst= Schätze sollen durch Vermittelung Frankreichs an Italien zurückgestellt werden; ebenso soll sich Graf Bismarck in einem Schreiben an Baron Ricasoli verbindlich gemacht haben, dahin zu wirken, daß auch die "Eiserne Krone", welche 1859 von den Oesterreichern in Monza weggenommen wurde, an Italien ausgeliefert werde.
- Die Hannoveraner beabsichtigen eine Deputation nach Berlin zu senden, welche dem König von Preußen die Bitte vortragen soll, das neue Bundes=Parlament in der Stadt Hannover tagen zu lassen.
- Der Gesetz=Entwurf, den die preußische Regierung dem Hause der Abgeordneten über die Einverleibung der eroberten deutschen Länder übergeben hat, ist in der dafür niedergesetzten Commission zu Gunsten der Regierung noch verbessert worden. Man zweifelt nicht, daß er in der veränderten Fassung, mit der die Regierung ganz einverstanden ist, mit großer Majorität auch vom Plenum genehmigt werde.
- Die officielle Prov.=Corr. hebt hervor, daß der preußische Staat seit seinem Bestehen noch nie mit einem Schlage eine so bedeutende Vergrößerung erhalten hat, wie die gegenwärtige. Durch die Einverleibung von Schleswig=Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt a. M. etc. erlangt Preußen, welches seither eine Ausdehnung von circa 5100 Quadrat=Meilen mit einer Bevölkerung von 19,300,000 Seelen besaß, einen Zuwachs von circa 1300 Quadrat=Meilen mit 4,500,000 Einwohnern, also mit einem Male beinahe den vierten Theil seines gesammten bisherigen Besitzstandes. Das preußische Gebiet steigt demnach auf 6400 Quadrat=Meilen mit 23,800,000 Seelen.
- Die preußische Armee, die von den Schlachtfeldern aus Böhmen zurückkehrt, wird wohl vor dem 16. September ihren Siegeseinzug in Berlin nicht halten können, da das Gardecorps den Marsch zu Fuß zurücklegt und auch andere Truppen nur theilweise durch die Eisenbahn befördert werden können.
- Der Abmarsch der Occupationstruppen von Nürnberg hat am 28. Aug. begonnen. Früh 5 Uhr zog die erste, um 7 Uhr die zweite Abtheilung mit klingendem Spiel vor das Absteigequartier Sr. K. H. des Groherzogs von Mecklenburg, ihre dort aufbewahrten Fahnen abzuholen, und von da auf den Bahnhof, wo sie mittelst Extrazügen befördert werden. Als Huldigung für den Höchstcommandirenden des 2. preußischen Reservecorps fand am Tage vorher großer musikalischer Zapfenstreich der Occupationstruppen statt. Die Musikcorps, Tamboure und Pfeifer zogen, von Fackelträgern geleitet, vor das Hotel zum "Bairischen Hof" und brachten dem Großherzoge eine Serenade, worauf sich der Zug, Flambeauxträger zu Pferde voran, unter dem Geleite einer gewaltigen Menschenmasse durch die Hauptstraßen der Stadt bewegte. An verschiedenen Plätzen zündeten die Truppen sogenannte griechische Feuer an, besonders erstrahlte die Lorenzkirche mehrmals im Lichte blauer und rother bengalischer Flammen.
- Neustrelitz, 31. August. Die in Leipzig grassirende Cholera hat leider auch in dem diesseitigen Contingente mehrfache Erkrankungen veranlaßt, in Folge deren jedoch bis zum 29. August nur zwei Todesfälle vorgekommen sind, die des Grenadier Stapel aus Grauenhagen und des Train=Soldaten Paschen aus Helpte, während die übrigen Kranken sich in befriedigendem Zustande befinden. Der allgemeine Gesundheits=Zustand dort hatte sich in den letzten Tagen in Folge eingetretener kühlerer Witterung wesentlich gebessert, die auf den umliegenden Dörfern einquartierten Mannschaften der Batterie, der Munitions= und Proviant=Colonne sind von solchen Erkrankungen sicherem Vernehmen nach bisher gänzlich verschont geblieben. (N. Z.)
- Der König von Hannover hat noch einen letzten Versuch gemacht und auch den Kaiser von Rußland um Vermittelung gebeten.
- Oesterreich soll und will sich neugestalten und der Kaiser beschäftigt sich Tag und Nacht damit, um nach dem unseligen Krieg seinen Völkern eine bessere Zeit zu bringen. Es scheint, als ob jetzt Ungarn sein Augapfel wäre. Er soll auch beschlossen haben, jährlich einige Monate in Ofen zu residiren.
- Fürst Metternich will durchaus nicht mehr auf seinem Gesandtschaftsposten in Paris bleiben und, worüber man sich am meisten wundert, seine Frau, die bei Napoleon so viel gilt, redet ihm nicht zu. Die Verstimmung soll hauptsächlich daher rühren, daß Napoleon beim Ausbruch des Krieges zwischen Oesterreich und Preußen neutral geblieben sei.

[ => Original lesen: 1866 Nr. 71 Seite 2]

- Die Gesammtsumme der in preußische Gefangenschaft gerathenen Oesterreicher beträgt nahe an 40,000 Mann. Es sollen dieselben, so weit sie gesund oder wieder hergestellt sind, nun auch in ihre Heimath entlassen werden.
- In Berlin sind bis zum 29. August 6477 Personen an der Cholera erkrankt. Davon sind 1341 genesen, 3820 gestorben und 1316 noch in der Behandlung.
- Auf der preußischen Ostbahn sind vom 2. September ab 120 Extrazüge zum Rücktransporte der Truppen angesagt.
- Der Prinz von Augustenburg befindet sich gegenwärtig in dem Bade Reichenhall unter dem Namen eines Grafen von Stormarn.
- Mittelst Nordbahn werden im Laufe dieser Woche die kriegsgefangenen 500 österreichischen Offiziere und 36,000 Mann aus den verschiedenen preußischen Festungen nach Wien befördert, um gegen 153 preußische Offiziere und 595 Mann ausgetauscht zu werden.
- Beim preußischen Kriegs=Ministerium gehen bereits zahlreiche Gesuche hannover'scher und kurhessischer Offiziere ein, welche Anstellungen in der preußischen Armee nachsuchen, natürlich unter der Voraussetzung einer allerdings nur noch formellen Entlassung aus ihrem bisherigen Dienste.
- Das am Sonntag zum Besten der preußischen Invaliden und der Familien gefallener Krieger in der Kirche zu Schönberg stattgehabte Concert hat einen Ertrag von 94 Thalern 3 1/2 Schill. geliefert. Nach Abzug von 1 Thlr. 3 1/2 Schill. für Unkosten bleiben zur Verwendung für obigen Zweck 93 Thlr.
- Die Kaiserin von Mexico ist am 29. August in Miramare eingetroffen und wurde daselbst von den Spitzen der Behörden empfangen.
- In Prag werden für Rechnung Frankreichs ungewöhnliche Pferde=Ankäufe verhandelt und sind dem Abschlüsse nahe.
- Die vierzehn Schanzen (einschließlich des Brückenkopfs) bei Sonderburg sind seit Ende Juli fertig und prangen herrlich auf den Höhen von Sonderburg=Düppel zur Ehre des preußischen Ingenieur=Corps.
- Man will bemerkt haben, daß an den Orten, wo die Cholera epidemisch wird, alle Vögel, selbst die Sperlinge sich entfernen.
- Die Transportschiffe, welche die erste Abtheilung der französischen Truppen, 5000 Mann, aus Mexiko abholen sollen, werden schon in den ersten Tagen des September die französischen Häfen verlassen.
- Nach dem neuen preuß. Invalidengesetz soll es in Zukunft den Invaliden frei stehen, ihre Pension zu verzehren, wo sie wollen. Invalidenhäuser sollen nur für solche errichtet und erhalten werden, welche so verstümmelt oder blind sind, daß sie sich nicht selbst fortbewegen können.
- Wieder ist eine falsche 100=Thaler=Banknote im Verkehr aufgetaucht. Dieselbe soll photographisch hergestellt und sehr täuschend nachgemacht sein.
- Fürst Carl von Rumänien hat eine Rundreise durch die Moldau gemacht und ist überall mit Enthusiasmus empfangen worden.
- Im südlichen Amerika soll die Baumwollen=Ernte sehr reichlich ausgefallen sein. Man glaubt, daß gegen zwei Millionen Ballen verladen werden können.
- Der König von Hannover will sich mit seiner Familie nach England begeben und den Titel seines Vaters (Herzog von Cumberland) annehmen. Die Art und Weise, wie er von seinen süddeutschen Genossen im Stiche gelassen wurde, hat es ihm verleidet, dort seinen Aufenthalt zu nehmen, obschon ihm verschiedene Schlösser zu seinem künftigen Aufenthalt angeboten wurden. Der Herzog von Braunschweig zum Beispiel will ihm Blankenburg, der Herzog von Altenburg Hummelshain und der König der Niederlande Loo überlassen.
- Graf Moriz Esterhazy soll als österreichischer Botschafter, an Stelle des Fürsten Metternich, nach Paris kommen.
- Die Preußen wollen nicht aus Mähren und Böhmen abmarschiren, ohne ihren gefallenen Kameraden Denksteine zu setzen und einen feierlichen Trauer=Gottesdienst abzuhalten. So werden die vielen Todten, die von Nacht zu Nacht ohne Sang und Klang und ohne priesterliche Einsegnung dort zur Ruhe gelegt wurden, unter militärischen Ehren noch eine kirchliche General=Bestattung erfahren.
- In dem Staate Arkansas liegen gegenwärtig noch über 9 Mill. Acker Staatsländereien unangebaut, in Alabama über 8 Mill., in Louisiana ebensoviel, in Florida über eine Million und in Mississippi ca. 5 Mill.
- Zum Beweise, wie der preußische Soldat auch in Feindesland gern der Noth beisteht und abhilft, diene Folgendes. Im Dorfe Konarowitz bei Kolin in Böhmen war durch die Unvorsichtigkeit eines Kindes Feuer ausgekommen. Eine Compagnie Preußen, die von einer größeren Uebung zurückkehrte, legte deshalb den letzten Theil ihres Marsches im Laufschritt zurück und ihrem Bemühen gelang es nicht nur, dem Feuer möglichst rasch Einhalt zu thun, sondern sie brachte auch sogar ein beträchtliches Sümmchen für die armen Abgebrannten zusammen. Als am Tage darauf der Wirth des Dorfes die Mannschaft zu einem Faß Bier aus Dankbarkeit einlud, wurde das Geschenk ebenfalls den Abgebrannten zugetheilt.
- Der Vorstand des Thierschutz=Vereins in Neubrandenburg veröffentlicht nachstehende Zeilen, die auch in unserem Fürstenthume in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdienen, weil die Unsitte des Rupfens lebender Gänse auch hier eine allgemein verbreitete ist: "Es ist uns von zuverlässiger Seite zur Anzeige gekommen, daß noch gar häufig, namentlich auf dem Lande, die alte Unsitte sich zeige, den Gänsen lebendigen Leibes die Federn von der Brust und vom Halse zu rupfen, um so vermeintlich bessere, sogenannte lebendige Daunen zu gewinnen. Diese Unsitte verdient die schärfste Rüge und verlangt mit Entschiedenheit das ernsteste Einschreiten. Denn es ist nicht allein der vermeintliche Vortheil ein irriger, eine Thorheit, indem die so gerupften, unreifen, im Kiel noch mit Blut und Zellgewebe gefüllten Federn weit schlechter und dem Verderben durch Zusammenballen weit mehr ausgesetzt sind, sondern dieses Verfahren ist vor Allem eine Grausamkeit, eine Thierquälerei, die weder vor dem Forum der öffentlichen Sitte, noch vor dem Gesetz vom 10. April 1865 ihre Rechtfertigung findet. Unsere armen geplagten Mitgeschöpfe können solche Mißhandlungen nicht selbst von sich abwehren, auch können sie darüber gegen ihre Peiniger nicht mit Klagen und Beschwerden auftreten - dies aber für die Gequälten und als deren Fürsprecher zu thun, ist unabweisliche Pflicht jedes gefühlvollen, gesitteten Menschen. In Gemäßheit unserer dieserhalb ganz besonders übernommenen Aufgabe und der Principien unseres dabei regelmäßig beobachteten Verfahrens richten wir daher Zwecks Abstellung solcher Thorheit und Abscheulichkeit die ernstliche Bitte an Alle, welche es angeht, solche Barbarei, nicht länger zu dulden, auf's Entschiedenste gegen solchen alten Schlendrian durch Belehrungen, Ermahnungen und selbst durch Drohungen einzuschreiten, und wenn dies erfolglos bleiben sollte, uns Anzeige zur Ergreifung weiterer Maßregeln zukommen zu lassen. Besonders richten wir diese Bitte an das dem Mitleid so zugängliche Herz der Hausfrauen, da nur durch deren Anordnungen und unter deren Zulassung solche abscheuliche Mißhandlung der armen Thiere möglich ist. Wir vermögen uns nicht vorzustellen, daß solche Bitte bei auch nur einigem Nachdenken unberücksichtigt bleiben, gleichgültig gehört oder theilnahmslos verhallen sollte, sowie wir uns nicht vorstellen können, daß es sich mit gutem Gewissen sanft ruhen ließe auf Kissen, die mit solchen sogenannten lebendigen Federn gestopft sind."
- Am 29. August stürzte sich in Wien eine anständig gekleidete Dame in die Donau. Ein

[ => Original lesen: 1866 Nr. 71 Seite 3]

Herr, welcher in der Nähe seinen großen Hund schwimmen ließ, warf demselben einen Stein zu nach der Richtung in der die Unglückliche schwamm, und eiferte ihn durch Geberden an, den Körper an's Ufer zu bringen. Unterdeß war die Selbstmörderin, von ihren bauschigen Kleidern getragen, schon mehrmals auf= und untergetaucht und der sie suchende Hund erfaßte sie gerade in dem Momente, als sie wieder an die Oberfläche des Wassers kam, mit den Zähnen an den Kleidern und versuchte mit ihr das Ufer zu erreichen; sie widersetzte sich aber ihrer Rettung mit aller Kraft und zog den sie festhaltenden Hund nach unten. Unter der entsetzten Menge, die diesem fürchterlichen Kampfe - der kaum so lange währte, als man zur Schilderung desselben braucht - beiwohnte, befand sich auch ein Polizei=Soldat, der mit einem beherzten Sprunge den Kämpfenden zu Hülfe eilte. Kaum hatte er jedoch die Unglückliche erfaßt, so zog sie auch ihn in die Tiefe und im nächsten Augenblicke waren alle drei in den Wellen verschwunden. Die Leute am Ufer blieben fast starr vor Entsetzen, als der glatte Wasserspiegel die drei Opfer unter seiner Decke verhüllte.
- Der Poststallhalter von Reichenberg in Böhmen mußte vor mehreren Wochen ein Pferd zu preußischen Kriegszwecken als Vorspann hergeben und hatte, da dasselbe nach einigen Tagen nicht wiederkam, bereits alle Hoffnung aufgegeben, es je wieder zu sehen. Das Pferd war aber in ganz Reichenberg bekannt, weil es von jedem Punkte der Stadt aus den Poststall zu finden wußte. Dieser Tage fuhr ein preußischer Marketender durch Reichenberg, welcher zwei braune und einen Schimmel vorgespannt hatte, und als er am Poststalle vorbeipassirte, wollte Letzterer nicht mehr vom Flecke. Man wird hierdurch aufmerksam und erkennt den Schimmel des Poststallhalters. Der Marketender weigerte sich aber, das Pferd dem Eigenthümer zurückzugeben und so kam die Sache zur Entscheidung vor das Etappen=Commando, welches die Rückgabe des Schimmels an den Poststallhalter verfügte, falls sich dessen Eigenthum außer Zweifel stelle. Es war nun die Reihe am Schimmel, die Probe zu bestehen; kaum ausgespannt, drehte sich derselbe aber um und wanderte dem Poststalle zu, wo er mit den Vorderfüßen so lange kratzte, bis ihm aufgemacht wurde, worauf er lustig wiehernd vor die gewohnte Krippe schritt.
- Ein Oesterreicher hatte in der Schlacht bei Königsgrätz einen Schuß in den Oberschenkel erhalten und war als schwer verwundet nach Berlin gebracht worden. Nach der ersten Operation, um die Kugel zu finden, erklärte der betheiligte Arzt, dieselbe befinde sich nicht im Beine. Die Wunde heilte bereits zu, aber die Schmerzen hatte der Verwundete nach wie vor. Auf seinen Wunsch wurde eine abermalige Operation vorgenommen, da er fest behauptete, die Kugel stecke noch in dem Beine, allein trotzdem das Bein an mehreren Stellen aufgeschnitten wurde, fand sich dieselbe nicht vor. Es verging nun eine Woche, als der Verwundete nach unsäglichen Schmerzen und schlaflosen Nächten eine dritte Operation und zwar auf Leben und Tod verlangte. Der Wunsch wurde ihm gewährt, das Bein an mehr als zehn Stellen aufgeschnitten und jetzt - die Kugel glücklich gefunden. Krampfhaft faßte sie der arme Oesterreicher in seine Hände und dankte dem Arzte unter Thränen. Am dritten Tage darauf erlag er den Schmerzen der letzten Operation.
- Eine ergötzliche Anecdote verdient hier eine Stelle. Einige preußische Soldaten (Polen) geriethen in Kissingen durstverzehrt in einen Keller, wo sie nur noch einige Flaschen entdeckten, welche sie sich sofort zu Gemüthe führen wollten. Leider enthielten dieselben Petroleum, welches selbst für einen polnischen Magen als zu kräftig befunden wurde und unsere Polen veranlaßte, um den schändlichen Geschmack des in der ersten Eile verschluckten Petroleums los zu werden, schleunigst zum nächsten Brunnen zu laufen. Unglücklicherweise geriethen sie an die beiden Mineralquellen, deren kräftige Wirkungen Kissingen so bedeutenden Ruf verschafft haben, und mußten später an den Folgen des genossenen Petroleums und noch mehr des massenhaft getrunkenen Pandur= und Rakoczy=Brunnens furchtbar leiden. Wer kann es bei solchem Pech den zudem wenig Deutsch und am wenigsten bayerisches Deutsch verstehenden, also jeder Belehrung unzugänglichen Polen verargen, wenn sie heute noch darauf schwören, Wein und Brunnen seien von den Bayern vergiftet gewesen.
- In dem kleinen belgischen Seebade Heyst hatten die Kurgäste kürzlich Langeweile und kamen auf den sonderbaren Einfall, einen Riesen=Drachen steigen zu lassen. Sie fertigten auch wirklich ein solches Spielzeug von 14 Metres (ein Metre gleich 3 pariser Fuß 11 1/2 Linien) Höhe und 6 Metres Breite an. Der Schwanz, an welchem sämmtliche anwesende Damen einen ganzen Morgen arbeiteten, wurde 130 Metres lang. Das erste Aufsteigen bereitete viele Schwierigkeiten, doch endlich hob sich der Riese bei einem prächtigen, über's Meer kommenden Nordwind majestätisch und schwebte bald an einem eigens dazu gefertigten Bindfaden von 2000 Metres hoch in der Luft. Fünfzig Arme genügten kaum, ihn zu halten, und das ganze Dorf mußte helfen, denselben herabzuziehen.


Anzeigen.

Aufforderung.

Nachstehend bezeichnete Leute des Großherzoglich Mecklenburg=Strelitz'schen Contingents, welche der diesseitigen Einberufungs=Ordre vom 16. Juli 1866 nicht nachgekommen sind, werden hierdurch vorgeladen, sich spätestens zum
10. November d. J.
hierselbst zu gestellen, unter dem ein für alle Mal angedrohten Nachtheile, daß sie für Deserteure erklärt und außerdem auf die gesetzliche Strafe und die Confiscation ihres Vermögens wird erkannt werden.

1) Grenadier Johann Heinrich Asmus Holst, I. Comp., aus Carlow.
2) Grenadier Friedr. Wilh. Martin Michael, I. Comp., aus Lübbersdorf.
3) Tambour Joh. Carl Friedrich Vietzens, I. Comp., aus Friedland.
4) Grenadier Carl Christ. Friedrich Eckert, I. Comp., aus Roggenhagen.
5) Grenadier Christ. Friedr. Ludw. Maasch, II. Comp., aus Küssow.
6) Grenadier Joach. Heinr. Holst, III. Comp., aus Carlow.
7) Grenadier Karl Friedr. Theod. Kreienbring III. Comp., aus Staven.
8) Grenadier Joh. Friedrich Christ. Kadow, III. Comp., aus Roga.
9) Grenadier August Carl Friedrich Dähn, IV. Comp., aus Conow.
10) Fußkanonier Carl Friedr. Heinr. Herbst aus Neustrelitz.
11) Grenadier Joh. Friedr. Wilh. Carl Schulz, genannt Loof, II. Comp., aus Fleeth.
12) Gefreiter Carl Wilh. Friedr. Eduard Wilke, I. Comp., aus Rödlin.
13) Grenadier Dan. Friedr. Wilh. Schmidt, II. Comp., aus Woldegk.
14) Grenadier Emil Eduard Christ. Bredow, IV. Comp., aus Fürstenberg.
15) Gefreiter Rudolph Wilhelm Wildberg, gen. Langhoff, IV. Comp., aus Friedland.
16) Noncombattant Carl Joh. Heinr. Müller aus Friedland.
17) Noncombattant Anton Friedr. Wilh. Riefstahl aus Neustrelitz.
18) Noncombattant Friedr. Wilh. Alb. Leonhard aus Neubrandenburg.
Neustrelitz, den 30. August 1866.

Großherzoglich Mecklenburg=Strelitz'sches Militär=Commando.
v. Pentz, Major.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 71 Seite 4]

Oeffentlicher Dank.
------------------------
Herrn Hof=Lieferanten Johann Hoff in Berlin, Neue Wilhelms=Straße Nr. 1.
Filiale: Hamburg, Schauenburger=Straße Nr. 47.

Potsdam, den 10. Juni 1866.

"Während des für mich sehr beklagenswerthen Zustandes, den ein schlimmes Magenleiden herbeigeführt hatte, konnte ich keine Speise genießen, brach das Genossene wieder aus und zehrte so furchtbar ab, daß ich skelettartig aussah. Verzweiflungsvoll - nachdem man mich als einen am Magenkrebs leidenden Menschen völlig aufgegeben hatte - griff ich nach dem Hoff'schen Malzextract=Gesundheits=Bier; es war das erste Nahrungsmittel, das ich im Leibe behielt. Es ist unglaubliche aber wahr, daß ich Monate lang nur Hoff'sches Malzextract=Gesundheits=Bier trank und ganz allein davon lebte. Späterhin konnte ich außerdem wieder etwas andere Speise zu mir nehmen und bin jetzt in wunderbarer Weise gerettet. Alle, die mein früheres Leiden kannten, begreifen noch heute nicht, wie ich wieder dem Leben angehören kann. Mit Thränen der Rührung schreibe ich dies nieder, nachdem ich heute zum ersten Male meinen Lebensretter persönlich gesehen, und gebe ich ihm dieses Zeichen meiner Dankbarkeit, damit es gleichzeitig zum Nutzen der leidenden Menschheit angewendet werde."

Carl Druwe, Briefträger.

Niederlage in Schönberg bei Wilh. Heincke.


Einem geehrten musiktreibenden Publicum Schönberg's und Umgegend empfehle ich mein sehr wohl assortirtes seit 30 Jahren bestehendes und bis auf die neueste Zeit fortgeführtes
Musikalien-Leih-Institut
unter nachstehenden billigen Abonnements-Bedingungen bestens.
Jeder Theilnehmer zahlt:
a) Für 4 Werke jährlich 1 Taler (Mecklenburg) 17 1/2 Sgr. b) Für 8 Werke jährlich 3 Taler (Mecklenburg) 6 Sgr.
c) Wer jährlich 4 Taler (Mecklenburg) zahlt erhält 6 Werke zum Umtausch und für 2 Taler (Mecklenburg) Musikalien als Eigenthum.
d) Wer jährlich 6 Taler (Mecklenburg) zahlt erhält 8 Werke zum Umtausch und für 4 Taler (Mecklenburg) Musikalien als Eigenthum etc. etc.
Die Musikalien können nach Belieben gegen andere vertauscht werden.
= Ein Abonnement kann täglich beginnen. =
Ein completter Catalog wird gerne zur Ansicht versandt und stehen darin verzeichnete Musikalien, den geehrten Abonnenten zu Gebote. Durch Aufnahme neu erscheinender Werke wird das Leih-Institut fortdauernd vergrössert.
Sehr wünschenswerth und zweckmässig ist es, bei Umwechselung der Noten ein recht reichhaltiges (wenigstens die doppelte Anzahl der gewünschten Hefte) Verzeichniss der gewünschten Musikalien einzureichen und die speciell gerne zu erhaltenden Werke gefälligst zu unterstreichen. Durch dieses einfache und bei einem Leihinstitute, wenn auch alle guten und gangbaren Werke in vielen Exemplaren vertreten sind, durchaus wünschenswerthe Verfahren, wird jeder Abonnent stets die von ihm gewünschten Musikalien bekommen.
Um recht lebhafte Benutzung meines Leihinstitutes unter Zusicherung der promptesten Bedienung bittend, zeichne
Hochachtungsvoll
F. W. Kaibel's Kunst- und Musikalien-Handlung.
(Carl Ludwig Kaibel.)
Auswahlen neuer oder älterer Compositionen in jedem Genre werden mit Vergnügen jeder Zeit versandt und die billigsten Preise berechnet!


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An Gicht=Leidende!
Viele Jahre litt ich an chronischer Gicht, ohne irgendwo gründliche Hülfe zu finden.
Dem Special=Arzt Herrn Dr. Müller in Coburg ist es nun gelungen, mich gänzlich von meinem Leiden zu befreien, was ich hiermit öffentlich dankend anerkenne.
Klempin bei Stargardt in Pommern, 15. August 1866.
Schulz, Gutsbesitzer.


Neue Tapeten u. Borden=Proben, sowie 30 Sorten billige Tapeten von 4 Schilling (Mecklenburg) an pr. Stück u. gute Auswahl billiger Borden auf Lager.
Bunte braune graue Landschafts= und gestreifte Rouleaux auf Lager bei C. Schwedt.


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Es wird gebeten, genau auf die Adresse zu achten.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Aug.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
31.
1.
1.
3.
36.85
36.77
34.52
31.92
9.6
8.2
7.8
9.3
15.3
16.2
17.4
12.0
SSW
SW
SO
WSW
1
1
1
1
trübe.
zieml. heiter.
trüb. u.wolk.

Am 3. Sept. 34 Cubz. Regen auf 1 Quadratfuß.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund13 1/2 - 14 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund14 - 14 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St. - - Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken d. St.8 - 12 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund4 1/2 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 7 - 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß5 - 6 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Blumenkohl d. Kopf3 - 4 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen19 - 20Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 - 13Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Gerste12 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 - 11Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen13 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
W.=Rapsaat22 - 23Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wint.=Rübsen21 - 22Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat19 - 20Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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