No. 35
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 31. August
1860
dreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Neustrelitz, 28. Aug. Ueber das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des allerdurchlauchtigsten Großherzogs dürfen wir heute berichten, daß seit der Nacht vom Sonntag auf den Montag eine Veränderung eingetreten ist, welche ein Zunehmen der Kräfte anzudeuten scheint. Seine Königliche Hoheit fanden im Schlaf mehr Erquickung, der Appetit war gesteigert und das Allgemeinbefinden behaglicher. - Se. Königl. Hoheit der Erbgroßherzog, Ihre Königl. Hoheit die Frau Erbgroßherzogin und Seine Hoheit der Prinz Adolph Friedrich sind gestern Abend, aus England kommend, hier eingetroffen.
- Ueber die Reisen der allerhöchsten russischen Herrschaften erfährt man aus Berlin Folgendes: Der Kaiser trifft auf seiner Rundreise am 7. October in Warschau ein und bleibt da eine Woche. Ihre kais. Hoheit die Frau Großfürstin Katharina kommt am 27. August in Rostock an, von wo Sie sich nach Remplin begiebt, um dort längere Zeit zu verweilen. (Se. Hoh. der Herzog Georg von Mecklenburg=Strelitz ist bereits nach Neustrelitz gereist und wird sich ebenfalls nach Remplin begeben.) Der Großfürst Michael und die Großfürstin, seine Gemahlin, geb. Prinzessin von Baden, begeben sich Anfangs September zur See über Lübeck nach Karlsruhe und treten im November die Rückreise von dort nach Petersburg an, wobei sie auch Berlin berühren.
- Es sieht aus, schreibt die Dz., als wolle die Kriegspause für Deutschland und die Nachbarländer Früchte tragen. Nicht nur Oestreich und Preußen und die deutschen Fürsten, sondern auch Belgien und Holland sind sich näher getreten und verabreden gemeinschaftliche Maßregeln gegen ungerechtfertigte Angriffe. Der Prinzregent von Preußen und die deutschen Fürsten hat überallhin für die Einigung Anregung gegeben. In Ostende verhandelte er mit dem König der Belgier und dieser reiste stehenden Fußes nach Wiesbaden und verhandelte mit dem König der Niederlande. Der holländische König reiste dann nach Darmstadt und nächstens folgt dahin der König der Belgier und trifft dort mehrere Fürsten, so daß Darmstadt ein neues Glied in der Kette der Fürstenversammlungen von Berlin, Baden, Teplitz und Salzburg zu werden verspricht.
- Preußen hat allen deutschen Staaten gezogene Kanonen gleichen Kalibers zugesagt. Es wird gegenwärtig zu Spandau der Guß von 65 gezogenen Kanonen ausgeführt, welche für die bei der Convention über die deutsche Küstenvertheidigung betheiligten Staaten bestimmt sind. - Preußen wird nach der jetzt erfolgten Reorganisation seiner Armee künftighin im Stande sein, bei einer Feldarmee von 339,000 Mann noch 241,000 Mann ganz ausgebildeter Truppen im Lande zurückzulassen, eine Zahl, welche durch die sieben Jahrgänge der jetzigen Landwehr zweiten Aufgebots aller Waffen um mindestens 200,000 Mann ausgebildeter Männer vom 32sten bis 39sten Lebensjahr verstärkt werden kann. Giebt im Ganzen eine Wehrkraft von 780,000 Mann.
- Die Landung Garibaldi's auf dem Festlande Neapels erfolgte in der Nähe von Reggio, wo er sich mit der früher gelandeten Abtheilung seiner Freiwilligen vereinigte, die Stadt nahm und die königlichen Truppen sich auf Gnade oder Ungnade ergeben mußten.
- Oestreich bereitet sich mit vollem Ernste und Nachdruck auf das vor, was Garibaldi an Victor Emanuel geschrieben hat: Ich muß nach Neapel gehen, weil ich die neapolitanische Flotte zum Angriff auf Venedig brauche. - Die englische Times sagt mit Bezug auf diese Aeußerung: Wenn Garibaldi, nachdem er Neapel und Rom mit Piemont vereinigt hat, Stillstand beobachtet, so wird er den Namen eines zweiten Washington hinterlassen. Greift er aber Venedig an, so werden seine revolutionairen Kräfte, selbst wenn er öffentlich von Victor Emanuel unterstützt wird, vor der östreichischen Armee wie Dunst verschwinden und er wird eine Stadt und eine Provinz nach der andern verlieren. - Napoleon hat seinem guten Freund, dem König Victor Emanuel geschrieben, daß er ihm nicht helfen könne, wenn er Lust habe, Venetien anzugreifen, da ihm der Vertrag von Villafranca daran hindere. Dagegen hat er ihm unter der Hand 20,000 Büchsen nebst Munition übersandt und versprochen, so viel gezogene Kanonen zu senden, als er nur brauchen könne. Die piemontesische Regierung übernimmt gewaltige Rüstungen, so daß es scheint, als wolle sie sich für einen großen Krieg, der in den nächsten Tagen beginnen werde, vorbereiten.
- Daß Oestreich nicht die Absicht hat, dem König von Neapel zu Hülfe zu kommen, tritt immer deutlicher hervor, und die östreichischen Blätter sprechen sich sämmtlich in lobendem Sinne darüber aus. Die östreichische Zeitung sagt: "Je ruhiger die Haltung Oestreichs ist, desto schwieriger wird die Lage Piemonts. Man hofft in Turin auf einen unbesonnenen Streich Oestreichs, und schmeichelt sich, daß die Drohung Garibaldi's Oestreich veranlassen werde, zuvorzukommen; in dem Allen wird man aber hoffentlich irren.
- Es tritt jetzt immer klarer zu Tage, daß das constitutionelle Ministerium in Neapel falsches Spiel mit dem überall verrathenen König treibe. Unter diesen Umständen wäre es ein Wunder, wenn

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der König sich gegen die Revolution zu behaupten vermöchte, zumal auch unter den höheren Offizieren viele Unzuverlässige sind. Da aber die jüngeren Officiere und der gemeine Mann auf Seite des Königs stehen, so ist noch nicht alle Hoffnung verloren.
- Am 26. hat der Schweriner Männer=Gesang=Verein im Verein mit den Liedertafeln zu Ludwigslust und Neustadt zu Wöbbelin eine Erinnerungsfeier an Theodor Körner begangen. Auch an der Stelle seines Todes in den Rosenower Tannen hat man den treuen Todten geehrt, indem dort der Gadebuscher Gesangverein eine Feier veranstaltete. - Hier hat der patriotische Rittergutsbesitzer Greiffenhagen im Jahr 1850 ein Monument errichtet von 19 Fuß Höhe, auf dessen Vorderseite die Inschrift befindlich: "Hier fiel Karl Theodor Körner, ein deutscher Mann, am 26. August 1813". Die östliche Seite zeigt Leier und Schwert, und darunter aus "dem Bundeslied vor der Schlacht" die Worte:
                 Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen,
                 Wachse empor über unsere Leichen!
                 Vaterland, höre den heiligen Eid.

- In Hamburg sind, wie die M. Z. schreibt, bereits Sendungen für die Schweriner Association der Lederarbeiter angekommen. Diese Sendung soll vorzugsweise in Sohlleder bestehen, das bis dahin wohl schwerlich von Amerika eingeführt ist. Die Preise dürften sich recht günstig zu den bisherigen stellen, und was die Erfahrung anlangt, ob nämlich amerikanisches Sohlleder auf unsern Boden paßt, so wird dieselbe bald erlangt werden. Auch Pflöcke zum Unternageln der Sohlen sind in ziemlicher Masse mitgekommen, und man ist nach Aufnahme der verschiedenen Kosten wahrscheinlich im Stande, das Pfund in Schwerin 1 Sch. billiger abzugeben, als es bisher in Hamburg geschehen ist.
- Eine gefährliche Krankheit ist unter den Pferden auf dem Gute Frederikslund aufgetreten, eine Art Rückenmarks=Entzündung, in Folge deren bereits 5 Pferde, darunter 3 sehr werthvolle, gefallen sind. Bei der Obduction zeigte es sich, daß das Gehirn gesund, der obere Theil des Rückenmarkes dagegen erweicht und aufgelöst war.
- Der preußische Handwerkertag, welcher von den Berliner Handwerksmeistern zusammenberufen wird, findet überall lebhaften Anklang. Etwa 70 Städte haben ihre Theilnahme zugesagt und über 100 Deputirte angemeldet. Mit Hinzuziehung der preußischen Deputirten dürfte der preußische Handwerkertag aus etwa 250-300 Mitgliedern bestehen. Am 27. fand die erste Sitzung statt.
- Wahrscheinlich wird im nächsten Jahr ein Dampfschiff auf der Wacknitz zwischen Lübeck und. Ratzeburg in Fahrt gesetzt werden. Ein Lübecker Kaufmann hat bereits die erforderlichen Schritte zur Herstellung eines etwa 150 Personen haltenden Schraubendampfers von geringem Tiefgange gethan.
- Zu Köln am Rhein bereitet sich ein Fest vor, das in der Schützengeschichte seines Gleichen sucht. Es handelt sich um ein allgemeines germanisches Schützenfest, zu dem außer dem eigentlichen Deutschland alle germanischen Stämme eingeladen werden sollen. Der Preis, um den geschossen wird, ist ein Schloß am Rhein, nämlich die über Ehrenbreitenstein sich erhebende "Schützenburg" mit vielen Weinbergen und u. a. 8000 Morgen Jagd. Das Schloß liegt auf einer mäßigen Anhöhe, Koblenz gegenüber, mit herrlicher Aussicht auf Koblenz, Stolzenfels, den Rhein und die Mosel. Das Fest soll die Verbrüderung der waffenfähigen Männer der germanischen Welt der Kriegsgefahr gegenüber darstellen, die Veteranen der deutschen Freiheitskriege erhalten einen Ehrenplatz. Das Fest beginnt am 26. August und dauert, je nach der Betheiligung, vielleicht 5 Wochen. Für die auswärtigen Schützen sind 6 Ehrenscheiben aufgestellt, nämlich die Scheiben "Deutschland", "England", "Belgien", "Holland", "Schweiz" und "Köln", bei jeder ist außer andern Geschenken ein prachtvoller silberner Pokal zu gewinnen. Das Hauptschießen nach der Ehrenscheibe "Prinz=Regent" beginnt am 27. Nachmittags. Erster Preis: Schloß Schützenburg, Werth 36,000 Thaler, mit 184 Nebenpreisen.
- In Belgien ist die Getreideernte beendigt. Der Ertrag ist über alles Erwarten ausgefallen, wie auch die Güte des Getreides. Der Stand der Kartoffeln ist im allgemeinen trotz aller beunruhigenden Gerüchte eben so vortrefflich. In England hält der Regen mit Beharrlichkeit an und die Ernteaussichten werden mit jedem Tage düsterer. In Frankreich ist die freie Einfuhr des Getreides erlaubt, ein Beweis, daß dort der Ertrag keineswegs den Bedürfnissen entspricht.
- Dem H. C. schreibt man aus Mecklenburg: Trotz des vielen und anhaltenden Regens ist das Wasser in unseren Brunnen und die Ausgiebigkeit unserer Quellen im allgemeinen nur erst sehr wenig verändert, ja bei vielen noch ganz derselbe geblieben, und ebenso verschwinden auch die Spuren des Regens alsbald wieder von der Oberfläche der Erde, eben weil das Wasser rasch von dem ausgedörrten Untergrunde absorbirt wird. Diesem allerdings günstigen Umstande werden wir es denn auch nur zuzuschreiben haben, daß die Kartoffelkrankheit, wenn nicht auf schwerem undurchlassenden Boden, im Ganzen nur erst sehr wenig verderblich auf die Knollen eingewirkt hat; wenigstens ist die Zerstörung an den Knollen bei weitem keine so bedeutende, wie man dies den früher gemachten Erfahrungen nach hätte erwarten können, so daß also die Aussichten auf das Ergebniß der genannten Frucht immer noch als gut bezeichnet werden müssen.


Eine Revue vor Louis Napoleon.

Kürzlich wohnte ich einer großen militärischen Revue bei, welche der Kaiser auf dem weitausgedehnten Wettrennplatze abhielt, der sich im Boulogner Gehölz befindet. Die ganze Armee von Paris, dazu die Sprützen=Mannschaften der Hauptstadt war herbeimarschirt, um sich dem Kaiser und einem überaus großen Publikum zu zeigen, das zu Wagen, zu Pferde und zu Fuß herankam. Das Wetter war schön, nicht zu heiß, und in Folge trefflicher Vertheilung des gesprengten Wassers hatte man nirgend vom Staube etwas zu leiden. Das Rennfeld umziehen in weitem Kreise Baumgruppen und terrassenartige Höhenzüge, von Landhäusern bedeckt; es bildet eine ununterbrochene Rasenfläche von mehr als einer halben Quadratmeile Umfang. Nachdem schon in den ersten Nachmittagsstunden der Ruf der Coco= (Syrup= oder Süßholzwasser; schmeckt scheußlich!) und Pastetenverkäufer zu ertönen begonnen hatte, kündigten um 4 Uhr Trommelgewirbel und Trompetensignale den Kaiser an. Er erschien, von Marschällen und Generalen begleitet, umgeben von den Centgardes, und nahm, nachdem er die Reihen durchritten hatte, seinen Platz vor der großen Tribüne, welche bei den Pferderennen den Zuschauern dient. Ich kam ihm ziemlich nahe und habe ihn fast unverwandt zwei Stunden lang betrachtet. Sein Antlitz ist bleich, spielt aber nicht, wie dies auf den Bildern seines Onkels erscheint, in's Gelbe, sondern in's Graue; die Augen spielen in's Braune. Das Kinn ist bedeutend und spricht von starkem Willen; die Backenknochen stark wie bei einem Abkömmling vom flämisch=niederdeutschen Stamme; die Stirn eher schmal als breit, das Haar stark grau und dünn, fehlt übrigens auf dem Scheitel ganz. Ich sah dies wiederholt, da der Kaiser vor jedem vorübermarschirenden Bataillon (es waren deren 29 Infanterie, neben einigen 20 Escadrons Cavallerie und einer Anzahl Batterien) den Hut abzog und diesen Gruß wiederholte, sobald das Bataillon ein Vive l'emereur! rief. Dieser Ruf klang seltsam, oft erstaunlich dünn, oft auch sehr commandomäßig. Der führende Offizier setzte ihn regelmäßig ein und zwar so: "Vive l'empereur rööör! rööör!"- dann fielen die Stimmen aus der Tiefe des Bataillons ein; am schwächsten bei der Infanterie und Artillerie, am lautesten bei der Cavallerie. Der Kaiser hielt auf seiner dunkelbraunen prächtigen hohen Fuchsstute unbeweglich, etwa vier Schritte vor seinen Adjutanten. Er starrte unausgesetzt auf die Truppen; keine Miene verrieth bei ihm die geringste Theilnahme. Die Bewegungen, die er bei Abnahme

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seines schwarzen, dreieckigen, goldenbordirten Marschallhutes machte, waren streng gemessen; dabei grüßte er vorbeiführende Generale tiefer als die Bataillons, bei manchen der letzteren grüßte er auch nur mit der Hand am Hute. Das Vorbeimarschiren war ohne allen Charakter. Den Leuten, besonders der Infanterie, fehlte die Haltung. Schon auf der Fahrt durch das Boulogner Holz waren wir einer Reihe Zurückgebliebener, Unwohlgewordener begegnet, die im Schatten des Waldes lagen; auf dem Rennplatze selbst sahen wir noch mehrere von dieser Sorte. Dabei war das Wetter am besten, wie man es zu solch einer Revue nur wünschen kann. Die Soldaten hatten etwas Nachlässig=Schlaffes, was sich bei den kleinen Gestalten, die meist noch im jugendlichen Alter standen, traurig genug ausnahm. Dabei bemerkte ich eine gewisse commißmäßige Gedrücktheit, besonders in Haltung und Gesichtsausdruck der Infanteristen, von denen freilich bei den Zuaven (ganz allerliebste Kerls voller Feuer, Elasticität und soldatischen Anstandes trotz ihrer Plunderhosen, Jacken, Sandalen und Turbans) und auch bei den Cavalleristen keine Spur zu finden ist. Die Infanterie marschirte ganz ohne Rand und Band beim Kaiser vorbei; ein Bataillon beschrieb dabei einen wirklichen Halbkreis, der zuletzt dicht vor den Augen des Kaisers sich in eine wirkliche Ellipse zusammenzuschließen drohte; dazu eine dünne, schlechte Musik mit einigen Hunden, welche Regimentskinder sind und vor oder hinter den Reihen daherlaufen; ferner leichtfüßige Mannweiber von Marketenderinnen; ferner einige kokett dasitzende Reiter, höhere Officiere, welche mit dem Degen wie mit Windmühlenflügeln winken, dabei schreien und declamiren - das war das Bild, welches Napoleon mit starrem grauen Auge betrachtete. Nur einmal wandte er fragend den Kopf; es war, als beim Abschwenken der Musik eines Chevauxlegers=Regiments mehrere Mann vom Flügel durch einen andern Zug abgeschnitten wurden. Dagegen bewegte er sich nicht, als mehrere Male Infanteristen, das Gewehr in der Hand, vor ihm vorbeiliefen, um ihre Regimenter zu suchen; sie mochten ausgetreten gewesen sein. Das Publikum sah diese Revue an, wie man Kunstreiter ansieht; einmal vereinigte es sich zu einem Gelächter; es war als ein zu eifriger Commandeur mit seinem Vive l'empereur zu früh kam und stecken blieb. Nach Beendigung der Revue ritten die beiden leitenden Generale an den Kaiser heran; er grüßte sie und drückte einem derselben kurz die Hand; dabei wurde sein Gesicht freundlich und zeigte ein gütiges, ungemein verbindliches und gewinnendes Lächeln. Man sagt mir, daß der Kaiser, wenn er dies Gesicht in der Unterhaltung aufsetzt, unwiderstehlich sei und auf die stärksten Geister verwirrend wirke. Langsam ritt er darauf nach St. Cloud zurück, hinter und vor dem einsamen Grübler die blitzenden Centgarden.


Kampf zweier Indianerhäuptlinge.

Ein neuerer amerikanischer Reisender gibt über den Kampf zweier Indianerhäuptlinge folgende interessante Schilderung:
An einem frühen Morgen war das Dorf der Mandaner durch eine Schaar von ca. 150 Schaienne=Kriegern angegriffen worden. Die Pferde der Mandaner fielen zum größten Theil in die Hände ihrer Feinde, auch erbeuteten diese einen Scalp (eine abgezogene Kopfhaut mit den Haaren). Mahto=Topah, der Häuptling der Mandaner, war noch ein junger Mann, stand aber bereits in dem Rufe großer Tapferkeit. Er stellte sich an die Spitze von 50 Mandanern und folgte dem mit seiner Beute heimziehenden Feinde. Am folgenden Tage entdeckten sie die Schaienner; doch als die Mandaner den dreifach überlegenen Feind sahen, waren sie geneigt, umzukehren. Kaum bemerkte Mahto=topah diese Schwankung unter seinen Kriegern, so sprengt er voraus in die Prairie, bindet seine Feldbinde ab, befestigt sie wie eine Fahne an den Schaft seiner Lanze und pflanzt sie im Angesichte der Feinde als Kampfeszeichen auf, während er seinen Leuten zuruft: "Ihr könnt heimkehren, ich werde allein kämpfen!" - Diese muthvollen Worte beschämten die Mandaner und bewogen sie, sich zum Kampfe zu rüsten. Indessen hatten sich die Schaienner genähert und ihr tapferer Häuptling sprengte voraus, den Mandanern zurufend: "Wer ist derjenige, der diese Lanze aufgepflanzt hat und allein den Kampf bestehen will?" worauf der Mandanerhäuptling erwiderte: "Ich bin es, Mahto=topah, der zweite Häuptling der tapferen Mandaner!" - "Mahto=topah! ruft der Schaiennehäuptling, Deine Rede ist die eines tapferen Kriegers! Ich biete Dir an, mit mir allein zu kämpfen, während unsere Krieger zusehen können!"
- "Ist es ein Häuptling, der mit mir spricht?" fragt Mahto=topah. - "Wenn Du die Scalpe am Gebisse meines Pferdes betrachten willst, erwiderte der Schaiennehäuptling, sowie meine Lanze mit den Hermelinfellen und den Federn des Kriegsadlers, so wirst Du wissen, wer ich bin!"- "Du hast genug gesprochen!" versetzt Mahto=topah, indem er sich zum Kampfe rüstet.
Der Schaiennehäuptling sprengte nun auf seinem schönen weißen Pferde mehrere Male im Kreise herum und stieß dann seine Lanze neben der Mahto=topah's in die Erde. Beide Krieger feuerten zugleich ihre Flinten ab, und sprengten auf einander los. Der Kriegsschmuck beider Häuptlinge war ebenso prächtig und glänzend, wie ihre Pferde schön und muthvoll waren. Beinkleider, Rock und Schuhe waren aus dem Fell der Bergziege verfertigt, und die Näthe reich mit Scalplocken der durch sie erlegten Feinde verziert. Ihr langes, glänzendes, schwarzes Haar flatterte frei im Winde. Auf dem Kopfe prangten die Federn des Kriegsadlers. Das Pferd des Schaiennehäuptlings war mit einem bunten Netze geschmückt, welches vielfach mit Muscheln und Stachelschweinstacheln verziert war. Auf andere Art, aber ebenfalls glänzend war das Roß des Mandanerkriegers geschmückt.
Die Kugel des Schaiennehäuptlings hatte das Pulverhorn Mahto=topah's getroffen und vernichtet. Dieser nahm es, zeigte es seinem Gegner, daß sein Schießbedarf nun zerstört sei und warf es weg. Hierauf ergriff er Pfeil und Bogen und befestigte den Schild am Arm. Sein großmüthiger Gegner entledigte sich nun auch sogleich seines Gewehrs und bewaffnete sich ebenfalls mit Pfeil und Bogen. Jetzt war der interessante Theil des Kampfes erschienen. Wie zwei Adler umkreisten sich die beiden Krieger, ihre wohldressirten Rosse mit Worten und den Schenkeln lenkend. Man vernahm nur das Schwirren der Bogensehnen und hin und wieder das Kriegsgeschrei, wenn sie die Pfeile mit ihren Schildern auffingen. Beide erhielten Pfeile in Schenkel und Arme, während es ihnen gelang, den Körper mit dem Schilde zu decken. Endlich stürzte Matoh=topa's Pferd, von einem Pfeile ins Herz getroffen, zu Boden. Als der edle Schaiennehäuptling dies sah, sprang er vom Pferde, jagte es zurück und stellte sich seinem Gegner zu Fuß entgegen.
Noch einige Pfeile wurden gewechselt, doch endlich hatte der Schaiennekrieger die seinigen verschossen. Wüthend warf er nun den leeren Köcher zur Erde und ergriff sein Messer. - "Gut!" rief Mahto=topah, warf ebenfalls seinen Köcher weg und griff nach seinem Messer. Doch diesmal steckte es nicht, wie gewöhnlich, in seinem Gürtel; er hatte es verloren.
- Mit dem Bogen, den er zufällig in der Hand behalten hatte, parirte er jetzt das Messer seines Feindes, den er zu Boden warf. Es entstand nun ein furchtbarer Kampf um das Messer. Mahto=topah erhielt mehrere Wunden, auch wurde ihm das Messer einige Male durch die Hand gezogen. Endlich gelang es ihm, seinem Gegner das Messer zu entreißen und ins Herz zu stoßen.
Beide Parteien hatten sich während des Kampfes mehr und mehr genähert; als sich Matoh=topah schweigend in die Höhe richtete und den Scalp seines Feindes als Siegeszeichen schwang. Der Kampf war hiermit entschieden. Die Schaiennekrieger zogen schweigend und traurig ihrer Heimath zu, während die Mandaner mit den wiedereroberten Pferden fröhlich ihrem Dorfe zueilten.


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Anzeigen.


Vermischte Anzeigen.

Der in Ludwigslust bestehende

Militair=Stellvertreter=Verein für Dienstpflichtige in Mecklenburg=Strelitz,

welcher mit einer beim hiesigen Großherzoglichen Gerichte deponirten Caution von zehn Tausend Thalern Court. Garantie leistet und außerdem noch einer gerichtlichen Rechnungs=Revision unterliegt, wird hierdurch bei 125 Thlr. Court. Einkauf und Rückzahlung des Ueberschusses, allen Militairpflichtigen im Fürstenthum Ratzeburg, welche sich durch Zahlung des vierten oder dritten Theils der ganzen Stellvertretersumme befreien wollen, bestens empfohlen.
Vereins=Statuten sind unentgeldlich bei dem Unterzeichneten und beim Herrn Advocaten Dufft in Schönberg zu haben, welcher Letztere zur Vermittelung der Vereinsgeschäfte bereit ist.
Ludwigslust im August 1860.

Der Vereins=Vorstand:

Levy,
Rentier.
            Steinohrt,
Großh. Telegr.=Stations=Vorstand.


Allgem. deutsche National=Lotterie
zum Besten der Schiller= und Tiedge=Stiftung.

Erster Hauptgewinn: Ein von Sr. K. H. dem Großherzoge von Sachsen=Weimar geschenktes Gartenhaus (fürstlich möblirt) mit Grundstück.
Zweiter Hauptgewinn: Ein eigenhändiger Brief Schiller's.
Dritter Hauptgewinn: Ein Ring mit Schillers Haaren.
Vierter Hauptgewinn: Das von Vater Jahn hinterlassene, in Freiburg a./U. reizend belegene Haus mit Nebengebäuden, Garten und Feldgrundstück.

Ferner andere zahlreiche Hauptgewinne, zum Theil von Allerhöchsten Herrschaften und Gönnern des Unternehmens verehrt, im Einzelwerthe bis zu mehreren hundert Thalern. Mehrere große, elegante Concertflügel, 200 goldene Uhren, silberne Thee= und Kaffeeservice, Bestecke, Teller, Löffel etc., eine große orientalische Perle, Brillant=Damenbrochen, goldene Armbänder, Busennadel, Ringe und Ohrgehänge, Porcellan= und Glaswaaren, Bücher, Musikalien, Oelgemälde u. s. w.

Die Ziehung der Lotterie ist auf den 10. November d. J. festgesetzt.

Jedes Loos kostet einen Thaler (ohne Porto).
Jedes Loos gewinnt.
Jeder Gewinn wird mindestens 1 Taler (Mecklenburg) Kaufwerth haben.
Loose zu diesem allgemein vaterländischen Unternehmen (deren schon über eine halbe Million abgesetzt sind) besorgt

                                                    Wilh. Heincke.


Sehr schöne neue Fett=Häringe
                          bei                                                    Fr. C. Schlebusch.


Beachtenswerth für Mütter!

Die eletro=motorischen Zahnhalsbänder der Gebr. Gehrig in Berlin, welche in der Zahnperiode junger Kinder die oft mit Gefahr verbundenen Zahnkrämpfe, Unruhe, Fieber und Schlaflosigkeit in den meisten Fällen augenblicklich beseitigen, besorgt

                                                    Wilh. Heincke.

Schönberg.


In meinem Hause sind zwei schwarzseidene Regenschirme, beide mit schwarzhorn Krücke, stehen geblieben, welche der Eigenthümer bei mir wieder in Empfang nehmen kann.

                                                    Aug. Spehr.


Die Schlesische Feuer-Versicherungs-Gesellschaft in Breslau,

garantirt mit einem Grundcapital von pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 3,000,000.
Prämien=Einnahme für im Jahre 1858 geschlossene Versicherungen in Höhe von 231,386,133 Taler (Mecklenburg), ausschließlich 18,950 Taler (Mecklenburg) für vorausbezahlte mehrjährige Versicherungen pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 618,276.
Zinsen=Einnahme Pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 26,666.
Gesammt=Reserven Pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 150,175.
-----------------------------------
Gesammt=Garantie Pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 3,795,117.

Die Gesellschaft versichert Gebäude und bewegliche Gegenstände aller Art.
Die Prämien sind fest und billig; Nachzahlungen sind nie zu leisten.
Die Unterzeichneten sind bevollmächtigt, Versicherungen fest abzuschließen und Policen anzufertigen.
Lübeck 1860.

H. J. Damm,
Haupt=Agent.
  F. A. Schilwe,
Agent.
J. Wendt,
Agent für Schönberg und Umgegend.


Soeben ist erschienen und von F. A. Brockhaus in Leipzig durch alle Buch= und Kunsthandlungen zu beziehen:

Das Luther=Denkmal in Worms
nach dem Entwurfe von E. Riestchel.
Ein Kunstblatt in Holzschnitt mit erklärendem Text in deutscher französischer und englischer Sprache.
Preis: 24 Schilling (Mecklenburg).

Auf Kosten des Luther=Denkmal=Vereins hergestellt, wird das Blatt, als Eigenthum desselben, zum Besten des Denkmalfonds ausgegeben, um einen Theil der noch fehlenden 60,000 Fl. aufzubringen. Alle Freunde dieses Unternehmens, welchen die Ausführung des Monuments selbst am Herzen liegt, werden daher dringend ersucht, sich in dem Kreise ihrer Bekannten für den Verkauf dieses Blattes lebhaft zu verwenden. Jeder Abnehmer erhält auf 10 auf einmal bestellte Exemplare ein Freiexemplar.
Worms, im Juli 1860.

Der Ausschuss des Luther-Denkmal-Vereins.


Einem geehrten Publikum erlaube ich mir die ergebene Anzeige, daß ich mich hieselbst als Schlössermeister etablirt habe, und empfehle mich zur Anfertigung aller in mein Fach einschlagenden Arbeiten bestens. Meine Wohnung ist im frühern Schlössermeister Eckmann'schen Hause.
Schönberg den 24. August 1860.

                                                    J. Hagen.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.

In der Woche vom 24. bis 30. August

Geboren: D. 23. dem Fuhrmann Krohn hies. ein S. - D. 25. dem Arbtsm. Bartels vor Schönberg eine T. - D. 28. dem Arbm. Franck zu Sabow eine T. - Ein unehel. Sohn zu Lockwisch.
Proclamirt: Carl Hartwig Friedrich Kegel, Tapezier und Anstreicher hieselbst, mit Anna Catharina Elisabeth Barkentien in Klütz.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 30. August 1860.

Weizen 2 Taler (Mecklenburg)   2-  8 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) - - - Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg)   4-10 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg)   1-  2 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 49-50 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 23-24 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 36-40 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 22-23 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   4-12 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 10 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, d. Faß 9 u. 10 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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