No. 16
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. April
1860
dreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1860 Nr. 16 Seite 1]

Neustrelitz, 17. April. In dem Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs ist in den letzten Tagen keine Veränderung eingetreten. Die Erholung schreitet, obgleich langsam, fort.
- Preußen hat eine Theilung des Oberbefehls über die Bundesarmee beim Bunde beantragt, dabei aber Widerspruch erfahren. Man hat seinem Vorschlag als Versuch einer Theilung Deutschlands, als eine Zuweisung der einzelnen Staaten unter die beiden Großmächte dargestellt, während nach den abgegebenen Erklärungen damit nur eine militairische Maßregel bezweckt wird. Die Wehrverfassung wird dadurch keineswegs über den Haufen geworfen; denn es handelt sich lediglich darum, das 9. und 10. Bundescorps dem preußischen, das 7. u. 8. dem östreichischen Oberbefehl unterzuordnen, während die Reservedivision zu dem in der Wehrverfassung vorgeschriebenen Zweck verwendet werden soll. Dieser preußische Vorschlag ist noch das beste Auskunftsmittel, welches die dermaligen Verhältnisse in Deutschland erlauben, das eigenste Interesse des Vaterlandes im Auge hat und Niemand den geringsten Eintrag thun will.
- Der Aufstand auf Sicilien war schon vor dem Ausbruch in Turin mit vielem Pompe als Revolution angekündigt und wurde dann durch Uebertreibungen und falsche Nachrichten fabelhaft vergrößert und ausgeschmückt; indessen jetzt bringt jede neue Post nur Enttäuschungen, und das Ganze stellt sich als ein gänzlich fehlgeschlagener Putsch piemontesischer Emissäre dar, an dem die Bevölkerung von Sicilien fast gar keinen Antheil nahm. - Ein gleiches Schicksal hat der carlistische Aufstandsversuch des General Ortega in Spanien gehabt. Ortega ist gefangen genommen, der Graf Montemolin (der ausgerufene König) und General Cabrera, die persönlich dabei betheiligt sein sollen, sind entkommen.
- General Lamorciere, der berühmte französische General, der sich in Algerien seinen Ruhm erworben hat, ist zum Oberbefehlshaber der päpstlichen Truppen ernannt worden. Er war Republikaner, wurde von Napoleon, nachdem dieser sich zum Kaiser gemacht, eingekerkert, dann verbannt und lebte seitdem in Brüssel. General Lamorciere war der Besieger Abd=el=Kaders und derjenige, welcher mit dem Herzog von Aumale ihn zum Gefangenen gemacht hat.
- Aus dem Allgäu wird geschrieben: Am letzten Sonntag kam ein 75 Jahr alter, noch rüstiger Bauersmann ins Pfarrhaus und ersuchte den Pfarrer, nach der Predigt drei Vaterunser für die Deutschen beten zu lassen, damit ihnen doch der liebe Gott in Gnaden die Augen öffnen und sie einig machen mögte. "Sehen's, Herr Pfarrer, sprach er bewegt, in meiner Jugend hab' ich als baierischer Soldat gegen Preußen und Oestreicher ins Feld müssen, und darüber schäme ich mich heute noch! Bei Glogau habe ich zwei Finger eingebüßt; heute gäbe ich gerne meine Hand ganz her, wenn doch nur die Deutschen einmal einig wären!
- Es ist schon öfters des auch anderweitig vielfach besprochenen prophetischen Brunnens in dem Kirchdorfe Spornitz bei Neustadt in Mecklenburg gedacht, von dem es heißt, daß, wenn der Wasserstand desselben niedrig ist, dieses niedere Getreidepreise, wenn hoch, hohe in Aussicht stelle. Für Liebhaber von Curiositäten sei bemerkt, daß der Wasserstand dieses Brunnens, ebenso wie der der übrigen des genannten Dorfes, nur wenig verändert und fast eben so niedrig ist, wie noch jüngst vorher. - Während man bis auf die letzte Zeit aus vielen Gegenden Deutschlands etc. über das Vorhandensein ungeheurer Schneemassen klagt, machen wieder aus andern Gegenden Besorgnisse wegen Wassermangels sich bemerkbar. So unter anderm meldet man aus Wismar, daß der ungewöhnlich niedrige Wasserstand ununterbrochen fortdaure. - Für den Monat October d. J. ist eine große Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen, Geräthe und Producte, Pferderennen und Thierschau zu Rostock angekündigt, zu welchen die Freiheit von der Accise und dem Landzoll angeordnet, und die Direction der Eisenbahn eine Frachtermäßigung von 50pCt. verheißen hat.


Zur Erinnerung an Philipp Melanchthon
bei dem dreihundertjährigen Gedächtniß seines Todestages am 19. April.

Es geziemt uns Deutschen wohl, daß wir die großen Männer unsers Volkes in der Vorzeit nicht vergessen. Auch an Philipp Melanchthon, welchen man wohl mit Recht den Lehrer Deutschlands genannt hat, den Freund und Gehülfen D. Luthers in dem Werk der Reformation, werden wir erinnert bei der Wiederkehr seines Todestages nach dreien Jahrhunderten. Ihm haben wir Deutschen unsere gelehrte classische Bildung, die Behandlung der griechischen und römischen Schriftsteller in den Schulen, vornehmlich zu verdanken. Viel mehr aber haben wir ihm als evangelische Christen zu danken für seine gründliche, muthvolle und entschiedene Vertheidigung der evangelischen Wahrheit in der Abfassung des Augsburger Glaubensbekenntnisses und der Apologie desselben, so wie des ersten Lehrbuchs der evangelischen Glaubenslehre und vieler anderer Schriften und Verhandlungen zur Vertretung der evangelischen Lehre gegen ihre Widersacher.
Bald nachdem D. Luther zu Wittenberg 1517 mit den bekannten 95 Sätzen gegen den Ablaß des Pabstes aufgetreten und dadurch der Kampf der Papisten wider die evangelische Wahrheit auf das heftigste entbrannt war, geschah es durch Gottes Fügung, daß ein durch seine gediegene Gelehrsamkeit aus=

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gezeichneter Jüngling, damals erst 21 Jahr alt, als Lehrer der griechischen Sprache von dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen nach Wittenberg berufen ward im J. 1518, welchen Gott zu einem wackern Mitstreiter Luthers und zu einem gesegneten Werkzeug für die Reformation der Kirche ausersehen hatte. Dieser Jüngling war Philipp Melanchthon, zu Bretten, einem Städtchen im Badenschen, 1497 am 16. Febr. geboren, ein Sohn eines achtbaren Handwerkers, eines Waffenschmiedes, ehrbar und sittsam erzogen, unter Anleitung eines Verwandten, des berühmten Johann Reuchlin zu Tübingen, der ihn wie seinen Sohn liebte, mit der heiligen Schrift bekannt geworden. Er war mit großen Gaben ausgerüstet und trieb mit ernstem Fleiß nicht allein weltliche Wissenschaft, sondern auch die Schriftwahrheit, die er mit gläubigem Herzen umfaßte. Eine Bibel, die ihm Reuchlin geschenkt hatte, pflegte er beständig bei sich zu tragen. Schon als er 17 Jahr alt war, erhielt er die Würde eines Magisters oder Meisters der freien Künste und Wissenschaften etc. und hatte angefangen auf der Hohen Schule zu Tübingen mit großem Beifall zu lehren. Seine auserlesene Gelehrsamkeit, nicht nach Art der damaligen trocknen und spitzfindigen Schulgelehrten, hatte ihm schon die Achtung der angesehensten Männer erworben. Dieser Mann trat mit D. Luther nun in das vertrauteste Verhältniß und dieser gewann bald großes Vertrauen zu ihm. Gott aber fügte es also, daß für die Vertheidigung und Erhaltung seines Wortes in der Welt diese zwei als Gehülfen, die sich mit ihren Gaben und ihrer ganzen Eigenthümlichkeit einander gleichsam ergänzen konnten, mit einander verbunden wurden. Luther stark und mächtig an Geist, Melanchthon sanft und bedächtig, jener feurig und entschlossen mit göttlichem Muth, dieser bescheiden, ruhig und vorsichtig. Luther mußte Bahn brechen, wie er selbst sagte, die groben Klötze und Dornen wegräumen, Melanchthon bauen und pflanzen, säen und begießen, nachdem ihm Gott gegeben seine Gaben. Ohne Luther hätte der sanfte Melanchthon nichts ausrichten, ohne Melanchthon Luther nicht weiter bauen können auf dem durch seine Thatkraft gewonnenen Boden. Melanchthon hatte vorzüglich die Gabe, die göttliche Lehre sein deutlich, rund und verständlich auszudrücken und nach klarer Ordnung bündig vorzutragen.
Er fing nun an, in Wittenberg auch in seinen Vorlesungen den Studenten die heilige Schrift zu erklären, wie er sagte: "Es sei eine Schande, daß man andere Wissenschaften treibe und diese Schriften vernachlässige, die an heilsamer Lehre, an Wahrheit, Reinheit und Erhabenheit ihres Gleichen nicht haben, in denen mehr ist als menschliche Weisheit." Da er nun die Episteln Pauli, besonders die an die Römer, als die Hauptlehrschrift des neuen Testaments, welche er selbst zweimal mit seiner Hand abschrieb, vor seinen Zuhörern erklärte, faßte er die Lehre Pauli von der Gerechtigkeit des Glaubens in ein Lehrbuch zusammen, das schon 1520 als der erste Grundriß der evangelischen Glaubenslehre erschien und bald viel gelesen und wiederholt gedruckt wurde, darin mit großer Klarheit in einer anmuthigen zierlichen Form alle Gründe der Wahrheit aus Gottes Wort erklärt waren, daß die Widersacher nichts dagegen vorzubringen vermochten.
Da hielten nun die beiden treuen Zeugen Gottes in edlem festen Muthe mit einander an der Wahrheit. Als Luther zu einem Religionsgespräch mit D. Eck nach Leipzig reisete, begleitete ihn Melanchthon, und obgleich er nur als Zuhörer bei dem Kampfe gegenwärtig war, trat er doch damals als Vertheidiger der Lehre Luthers mit einer Schrift gegen D. Eck und den Pabst auf. Als Luther darauf 1521 zum Reichstag nach Worms entboten war, um vor Kaiser und Reich über seine Lehre Antwort zu geben, ließ er Melanchthon zu Wittenberg zurück, daß er für ihn arbeite. Laß nicht ab, sprach er, bei der Wahrheit zu beharren, wenn ich auch nicht hier bin. An dir hat der Herr noch einen gerüsteten Streiter. Und Melanchthon bekannte sich auch da zu ihm, als dieser in die Reichsacht erklärt wurde. Während Luther seinen Feinden entzogen und auf die Wartburg in Sicherheit gebracht war, vermißte ihn freilich Melanchthon sehr, besonders als zu Wittenberg Carlstadt und die unruhigen Eiferer aus Zwickau eigenmächtig reformiren wollten. Elias ist noch immer nicht bei uns, schrieb er, wir aber warten und hoffen auf ihn; die Sehnsucht nach ihm quält mich elendiglich. Da kam Luther plötzlich wieder und zur Freude Melanchthons stillte er durch seine Predigten und seine Weisheit den wilden Sturm, daß die Eiferer weichen mußten. Darnach wurde in immer weiteren Kreisen trotz der Verfolgungen das Evangelium ausgebreitet. Melanchthon aber that besondern Fleiß in der Anleitung der Jugend, und von ihm lernten die, welche wieder Andere zu lehren im Stande waren, so daß er mit Recht der Lehrer Deutschlands (praeceptor Germaniae) genannt worden ist. "Die Jugend in den Schulen vernachlässigen, sagte er, das heißt den Frühling aus dem Jahre wegnehmen; das thun die, welche die Schulen verfallen lassen, weil ohne sie Gottesfurcht nicht erhalten werden kann. Als er bei der ersten Visitation der Kirchen und Schulen in den Sächsischen Landen die große Unwissenheit des Volkes wahrnahm, faßte er die Hauptlehren des Evangelii in dem Büchlein: Unterricht für die Pfarrherren zusammen, darin sein frommes Herz und sein ächter Glaube sich offenbart.
Darauf kam die Zeit, in welcher Melanchthons Dienste und Gaben für die evangelische Kirche noch in größerm Maaße wirksam werden sollten. Als der Reichstag zu Augsburg 1530 zur Entscheidung der Religionsangelegenheiten sollte gehalten werden, dachte die evangelischen Fürsten mit großem Ernste daran, ein Bekenntniß ihres Glaubens nach dem Worte Gottes in einer verständlichen und bündig gefaßten Schrift dem Kaiser und den Fürsten vorzulegen. Dazu wurde Melanchthon berufen und nach vielfachen Berathungen mit Luther und andern Gottesgelehrten wurde die Augsburgische Confession von ihm aufgesetzt, jeder Artikel und dessen Fassung reiflich überdacht und wiederholt überarbeitet. Während des Reichstags, zu welchem Melanchthon von dem Kurfürsten mitgenommen wurde, blieb Luther in Koburg, und wenn Melanchthon oft mitten in den Stürmen schwach werden wollte, stärkte und ermuthigte ihn Luther mit seinem Gebet und seinen kräftigen Trostschreiben. Also ward nun am 24. Jun. 1530 die Confession vor Kaiser und Reich vorgelesen und übergeben. Man erstaunte über die reine auf Gottes Wort gegründete Lehre, wie sie, in so ruhiger, fester und milder Sprache vorgetragen, den Gegnern noch nie erschienen war, und selbst die Feinde gestanden, sie aus der Schrift nicht widerlegen zu können. Doch versuchten sie eine Gegenschrift für die Sache des Pabstes, welche auch vorgelesen, aber den Evangelischen nicht in die Hände gegeben wurde. Indeß gelang es Melanchthon, nach Erinnerung des Gehörten eine Vertheidigung des Augsburger Bekenntnisses, die Apologie genannt, mit überzeugender Gründlichkeit zu geben und die gegenseitigen Einwürfe schlagend zu widerlegen. Das Bekenntniß aber der Evangelischen war und blieb von dem Ende an das Band ihrer Glaubensgemeinschaft, der rechte evangelische Augapfel, bei welchem sie treulich gehalten haben und halten werden, so lange Gottes Wort bleiben wird.
Zwar waren noch viele Kämpfe durchzukämpfen. Mancher Versuch wurde zur gütlichen Beilegung des Streites gemacht und zu öftern Religionsgesprächen berufen. Da trat immer der von Natur schüchterne und ängstliche Melanchthon als ein Kämpfer des Glaubens auf, für die Sache Gottes muthig und fest stehend. "Wir können nicht nachgeben, sagt er, noch die Wahrheit verlassen. Wir befehlen Gott dem Herrn die Sache. Wenn Gott für uns ist, wer mag wider uns sein?" Da suchte und fand er auch seinen Trost und seinen Schutz in Gottes Wort. "In diesen Kämpfen stärke ich mich, so viel ich nur kann, mit Gottes Wort und finde nirgends eine so starke Schutzwehr gegen solche Angriffe und Anläufe als dieses Wort." Auch Luther erklärte: "Philippus hat in Kreuz und Anfechtung beten gelernt und es ist ihm Ernst mit seiner Theologie." Melanchthon sah wohl ein, daß er mit seiner gewohnten Gelindigkeit oft nichts ausrichtete und nahm selbst Luthers Freimüthigkeit in Schutz. "Ihr könnt doch nicht leugnen, schreibt er, daß Luther das Evangelium lehrt; solches aber verwerfet ihr, wenn ihr Luthern verwerfet. Ich weiß zwar wohl, daß ihr euch an seiner Heftigkeit stoßet. Wie aber, wenn er von Gott erwecket wäre, das Evangelium zu predigen? Ich bitte euch zu bedenken, was in diesen Zeitläuften für ein Zustand sei und welch ein scharfes Salz nöthig sei. Wollet ihr das Salz zertreten? Paulus sagt: Den Geist dämpfet nicht."
Aber nach Gottes Rath wurde Luther zuerst von der Seite seines Freundes und Gehülfen abgerufen 1546 am 18. Februar. Darüber war Melanchthon tief betrübt und gebeugt, er ahnte und sprach es mit Thränen aus, wie große Trübsal und Aenderungen nach dieses Mannes Abschied folgen würden, da er ihm die Leichenpredigt zu Wittenberg hielt. Darnach brach dann auch bald der Krieg in Sachsen aus, Der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen wurden vom Kaiser geschlagen und gefangen genommen. In Wittenberg ward die Universität versprengt. Doch fing Melanchthon nach einem halben Jahre wieder an zu lehren. "Seien wir gewiß, sagte er, daß Gott den Samen seiner Kirche und die Lehre erhalten wird, wie er so oft in seinem Worte verheißen hat. Zweifeln wir nicht, daß wir Gott am Herzen liegen, wenn auch der Erdkreis zusammenstürzt.
In diesen trüben Zeiten ward auch an Melanchthon wahr, was der Apostel Johannes sagt: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Joh. 5, 4). Er hielt treu im Glauben aus und gegen den Versuch; durch das sog. Augsburger Interim die Spaltung zu vermitteln, erklärte er sich entschieden: "Wenn auch Krieg und Zerstörung drohet, so sollen wir doch Gottes Gebot höher achten, nämlich daß wir die erkannte Wahrheit des Evangelii nicht verleugnen sollen. Endlich kam durch den Augsburger Religionsfrieden 1555 eine Ausgleichung zu Stande.
Die letzte Lebenszeit des treuen Glaubenszeugen war voller Trübsal und Traurigkeit. Sie brachte mancherlei Streit und Entzweiung unter den Theologen, darin auch manche zu Gegnern Melanchthons wurden, die früher seine Freunde waren. Darum sehnte er sich nach der Ruhe Gottes. Seine treu geliebte Ehefrau war schon ihm vorangegangen und fast alle seine Jugendfreunde hingeschieden. Im J. 1560 Anf. April kam er krank von einer Reise zurück und ward von heftigem Fieber befallen. Doch hielt er noch nach seiner Gewohnheit, wie an Sonn= und Festtagen vor dem Gottesdienst, eine Bibelerklärung mit den Studenten am Gründonnerstag und Karfreitag. Am Sonnabend vor Ostern ging er in die Kirche zur Beichte und zum Abendmahl, wiewohl er sehr schwach war. Im Osterfeste fühlte er die Annäherung des Todes: "Wenn es Gottes Wille ist, so wollte ich gern sterben, ich habe Lust abzuscheiden und bei meinem Herrn Christo zu sein." Seinem Freunde Camerarius, der ihn aus Leipzig zu besuchen gekommen war, sagte er beim Abschiede: "Unsere Arbeit soll, hoff ich, nicht vergeblich gewesen sein. Ist's Gottes Wille, daß ich sterbe, so wollen wir unsre Freundschaft im zukünftigen Leben unverrückt halten." Oft seufzete er und sprach: "Ach, Herr, mach's zum Ende." Er redete freundlich mit den Seinen von seinem nahen Abschied. "Es betrübt mich sehr, sagte er, daß die Welt solchen Muthwillen treibt und die heilige christliche Kirche so schändlich zerstört. Nun, sie mach's, wie sie will; ist doch durch Gott Gnade unsere Lehre richtig und klar. Er hatte einen Traum, worin er einen Mann zu sich treten sah, mit den Worten: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? (Röm. 8, 31) an welchen Spruch er sich öfters erinnerte. Der 19. April, der Freitag nach Ostern, war sein Todestag. Als er von mehrmaliger Ohnmacht erwacht

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betete er noch mit leiser Stimme. Ich hin im Tode gewesen, sagte er, aber Gott hat mich herausgerissen. Einer der Umstehenden sprach: Es ist nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind (Röm. 8, 1). Er antwortete: Christus ist uns gemacht zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung (1. Cor. 1, 30). Dann seufzte er dazwischen: Ach, Herr, erbarme dich. Gefragt, ob er etwas begehre, sagte er: Nichts als den Himmel. Die Seinen standen betend um ihn her und still entschlief er unter ihren Gebeten.
Es war eine große schmerzliche Trauer um ihn in Wittenberg und in ganz Deutschland. Er hatte 63 Jahre und 63 Tage gelebt und 42 Jahre zu Wittenberg gelehrt. Sein Leib ward in der Schloßkirche bei Luthers Grabe zur Ruhe gebracht. Was er gewirkt und gethan, nicht aber er, sondern Gottes Gnade durch ihn, die auch in dem Schwachen mächtig ist, die mit ihm gewesen ist, das wird bleiben bis zum Ende der Tage. Er war ein brauchbares gesegnetes Werkzeug in Gottes Hand, den Glauben auf Gottes Wort zu gründen. Der Herr war mit ihm in allem seinen Kampf und hat ihn hindurch geholfen. Sein Andenken, das Gedächtniß seiner Treue in seinem Dienste am Worte Gottes bleibe bei uns in beständigem Segen! Gedenket an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben, welcher Ende schauet an und folget ihrem Glauben nach (Hebr. 13, 7.)


Anzeigen.


Verkaufsanzeigen.

Loh=Verkauf.

Am Sonnabend

den 28. April, Mittags 12 Uhr,

soll die Lohe von folgenden Eichen verkauft werden:

1. Im Rupensdorfer Revier.
a) im Rupensdorfer Holze:

1) 66 Eichen,
2) 100 bis 120 Tonnen Spiegellohe,
3) 40 bis 50 Tonnen Durchforstungslohe.

b) im Pellmoor:

60 Eichen.

c) im Mühlenbruch:

42 Eichen.

2. Im Carlower Revier.
a) Im Rünzer Zuschlage:

Abtheilung 1. - 30 Eichen,
Abtheilung 2. - 33 Eichen,
Abtheilung 3. - 26 Eichen,

b) im Sahmkower Holze:

Abtheilung 1. - 53 Eichen,
Abtheilung 2. - 69 Eichen,
Abtheilung 3. - 34 Eichen.
                   daselbst 60 Tonnen Durchforstungslohe.

c) im Carlower und Röggeliner Holze:

28 Eichen.

3. Im Hohenmeiler Revier.
a) Im Heidenholze:

50 Eichen.

b) Im Kleinfelder Zuschlage:

200 Tonnen Spiegellohe.

c) im Schwanbecker Zuschlage:

50 bis 60 Tonnen Durchforstungslohe.

4. Im Schlagbrügger Revier.
a) In den Mörken:

40 Eichheister.

b) Im Thandorfer Zuschlage:

Abtheilung 1. - 121 Eichen,
Abtheilung 2. - 60 Eichen.

c) Im Hasselbusche:

31 Eichen.

d) Im Seebruch.

60 bis 100 Tonnen Durchforstungslohe.
Der Verkauf geschieht auf der hiesigen Amtsstube öffentlich meistbietend, und wollen Kaufliebhaber sich dazu einfinden.
Schönberg, den 18. April 1860.

                          Großherzoglich Meckl. Domainen=Amt und Forst.
                          F. Graf Eyben.       Danckwarth.


Vermischte Anzeigen.

Auf der am 30sten März d. J. stattgehabten Versammlung des Landwirthschaftlichen Vereines im Fürstenthum Ratzeburg ist die Abhaltung einer Thierschau und einer damit verbundenen Industrie=Ausstellung beschlossen worden. Nachdem auch die Genehmigung hiezu von Großherzoglicher Landvogtei ertheilt ist, wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Thierschau am 7. Juni d. J. stattfinden, das Nähere aber noch durch weitere Anzeigen bekannt gemacht werden wird.
Schönberg d. 19. April 1860.

                          Der Vorstand
                          des Landwirthschaftlichen Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.


Die zwischen dem 1. October 1859 und dem 31. März 1860 versichert gewesenen Mitglieder des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner haben im Mai d. Js. ihren ganzen einfachen Ansatz (ein Simplum) als Beitrag zu bezahlen. - Es contribuiren versichert gewesene 93.330.820 Mark (Lübeck). Courant.
Lübeck, den 12. April 1860.

                          Namens der Direction
                                                    Bruhn,
                                                    Secretair des Vereins.


Bekanntmachung.

Alle diejenigen, welche gewilligt sind, ihre Feldfrüchte gegen Hagelschlag bei der Hagelversicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg zu versichern, werden hiemittelst ersucht, sich mit ihren desfallsigen Meldungen für das bereits angetretene Versicherungs=Jahr vom 1. März 1860 bis dahin 1861 an den Director dieser Anstalt, Herrn Kaufmann Boye hieselbst, wo auch die Statuten eingesehen werden können, gefälligst wenden zu wollen.
Schönberg den 16. April 1860.

                          Die Direction
                          der Hagelversicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.


Die unserem verstorbenen Vater und Schwiegervater, weil. Schmiedemeister Holst, bei seiner Bestattung durch ein so zahlreiche Grabgeleite kund gegebene Theilnahme hat uns auf das tiefste gerührt und fühlen wir uns gedrungen, für diese ihm erwiesene letzte Ehre hiedurch unsern herzlichsten Dank auszusprechen.
Zugleich bitten wir diejenigen, welche vielleicht noch irgend eine Forderung an den Verstorbenen haben sollten, diese binnen vier Wochen bei uns anzumelden.
Schönberg April 1860.

Die hinterbliebenen Töchter und Schwiegersöhne.


Die Union.
allgemeine deutsche Hagel=Versicherungs=Gesellschaft.
Grundkapital 3 Millionen Thaler,

wovon Thlr. 2,509,500 in Aktien emittirt sind.
Reserven ult. 1859 Thlr.    146,606
---------------
Thlr. 2,656,106.

Diese Gesellschaft versichert Bodenerzeugnisse aller Art gegen Hagelschaden zu festen Prämien ohne Nachschußzahlung.
Jede Auskunft über dieselbe wird ertheilt und Versicherungen werden vermittelt durch den unterzeichneten Agenten, welcher gleichzeitig Agent der Aachener und Münchener Feuer=Versicherungs=Gesellschaft ist, die mit der Union in engster Verbindung steht.

                                                    J. P. H. Spehr. Schönberg.


[ => Original lesen: 1860 Nr. 16 Seite 4]

Zum Sonntag den 22. April, Nachmittags 4 Uhr, werden die Interessenten der Sonntags= und Feierabendschule zu einer Versammlung im Hause des Herrn Gastwirt Fick Zwecks Rechnungsablage hiedurch eingeladen.
Schönberg.

                          Der Vorstand der Sonntags= und Feierabendschule.


Jeden eine passende Brille Durch den häufigen Besuch und Aufträge sehe ich mich veranlaßt, meinen Aufenthalt noch um zwei Tage zu verlängern. Mein Logis ist im Hause des Herrn Senator Spehr, Hotel Stadt Hamburg. Durch 52jährige practische Versuche mit Personen, die an kranken und schwachen Augen leiden, habe ich es so weit gebracht, wenn ich das Auge gesehen und untersucht habe, kann ich mit Zuversicht sagen, daß ich einem Jeden eine passende Brille geben kann, es sei Jung oder Alt, sowohl Kurz= als Fernsichtigen. Nicht gewohnt, mehr zu versprechen, wie ich im Stande bin zu leisten. Meiner Waare schmeichle ich nicht und mein Name ist bekannt.

                          P. Fuchs sen.,
                          concessionirter Opticus aus Altona.


August Kind in Leipzig
(Hôtel de Saxe)

hält sich zu der genehmigten und garantirten 57. K. Sächs. Landes Lotterie - Ziehung und Sitz der Direction in Leipzig - hiermit bestens empfohlen. Diese Lotterie bietet in nachstehender 5. und Hauptziehung an Gewinnen:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Die Gewinn-Anzahlungen geschehen im 30 Thlr.-F. zu Leipzig unmittelbar nach der Ziehung gegen Rückgabe der Loose, abzüglich der planmässigen 15 1/4 %. Auf Wunsch der Gewinner werden die Beträge auf deren Kosten und Gefahr auch nach jedem Bestimmungsort übermittelt. Innerhalb 3 Monat müssen die Gewinn=Beträge indess erhoben sein. Das Verhältniss der Loos=Zahl zu den Gewinnen ist in der sächsischen Lotterie netto wie 2 zu 1.
Alle mir zugehenden Loos-Bestellungen unter Beifügung des Betrags werden prompt ausgeführt und dabei

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

etwas mehr oder weniger angenommen; alle übrigen Geldsorten zum bestmöglichsten Cours. Eine Liste sende ich jedem Theilnehmer, sobald mir seine Adresse bekannt ist.
Noch sei erwähnt, dass in meine concessionirte Collection folgende Haupt-Gewinne.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

seit 1. Januar 1860: 15000 und 8000 Thlr. à 1 Mal gefallen sind.


150,000 Thaler,
100,000 Th., 80,000 Th., 50,000 Th., 40,000 Th., 30,000 Th., 20,000 Th., 10,000 Th. u. s. w.,

überhaupt aber 25,000 Gewinne enthält die 5. (Haupt=) Classe 57. Königl. Sächs. Landes=Lotterie, welche vom 23. April bis 8. Mai d. J. in Leipzig gezogen wird.
Loose dazu versende ich, gegen Franco=Einsendung für 1/1 von 51 Th., für 1/2 von 25 1/2 Th., für 1/4 von 12 3/4 Th., für 1/8 von 6 5/12 Th. Pr. Cour. oder jeder andern Geldsorte, die ich zu möglichst hohem Cours berechne, sowie nach Schluß der Ziehung die Gewinnliste gratis, bis in die entferntesten Gegenden unter Zusicherung reellster Bedienung und strengsten Verschwiegenheit.

                                                    Carl Zieger in Leipzig,
                                                    Buchhändler u. concess. Lotterie=Collecteur.


Mein Lager von Tuch, Buckskin, Sommerrockszeug und Hosenstoffen in Wolle, Halbwolle, und Baumwolle, Pique= und seidenen Westen, sowie eine neue Sendung von Double=Shawls, Umschlagetüchern, Atlas, Seidenzeugen und diversen Kleiderstoffen etc. empfehle dem geehrten hiesigen und auswärtigen Publikum bestens unter Zusicherung prompter und reeller Bedienung.
Schönberg, April 1860.

                                                    Heinrich Creutzfeldt,
                                                    Siemzerstraße Nr. 97.


        Meine Proben von

Tapeten und Borden

habe ich auf Lager erhalten, die ich einem geehrten Publicum zur Ansicht und Abnahme bestens empfehle.

                                                    C. Schwedt.


Frischen Rüdersdorfer Kalk empfehle ich bestens die Last zu 8 Taler (Mecklenburg), bei Zurückgabe der leeren Tonnen.

Schönberg.                                                     A. Wigger.


Frischen gottländ. Kalk
empfiehlt                                     C. H. Vock.


Sonntag den 22. April:                          
Letzte Vorstellung.
Die lustigen Vagabunden.
Große Posse mit Gesang und Tanz in 3 Abtheil.

Da diese Posse auf allen Bühnen Deutschlands mit dem größten Beifall gegeben wurde und in Hamburg ihre 180ste Aufführung erlebt hat, glaube ich mit Recht auf diese letzte Vorstellung aufmerksam machen zu dürfen.

                                                    Wollrabe.


Die am Sonntag d. 15. April von mir verlooseten Regenschirme haben folgende Nummern gewonnen:

224.       193.       246.       226.       3.       121.       90.       161.
                                                                              J. Stree.


Wir verbieten hiermit alles Gehen über unsere Wiese im "Teufelsmoör" und werden wir diejenigen, welche dennoch unbefugter Weise darauf betroffen werden, dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

Herrnburg 1860.
d. 15. April.
                 Bäckermeister Schröder.
Schustermeister Hagen.
Wittwe Hund.
Arbeitsmann Stark.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.

In der Woche vom 12.-19. April

Geboren: Den 13. dem Kaufmann Schwedt hies. eine T. Den 19. dem Arbm. Maaß in Ollendorf ein S. D. 15. ein unehe. S.
Gestorben: Den 18. Heinr. Wienke, Schustersohn hies., 1 J. 1 M. alt. - Den 19. Schullehrerwittwe Koopmann in Niendorf, 80 J. a.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 18. April 1860.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 26-32 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 24-36 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 50-55 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg)   2-  8 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 46-48 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 23-24 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 38-41 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 22-23 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   4-12 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 16-17 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, d. Faß 7 u. 8 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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