No. 19
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 07. Mai
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1858 Nr. 19 Seite 1]

- In dem russischen Städtchen Tauroggen und dessen Umgebung fand ein Bauernaufstand statt, hervorgegangen aus einer unverständlichen Auffassung der Freimachung des Bauernstandes. In Güte konnte der Gouverneur nicht erlangen, daß die Bauern zu ihren bisherigen Frohndienstleistungen zurückkehrten, sondern es mußten Executiv=Maaßregeln angewendet werden. Die Rädelsführer wurden mit Ruthenhieben gestraft, andere gefänglich eingezogen und die Ruhe und die Dienste wurden wieder hergestellt. - Dem Kaiser von Rußland wird die Erfahrung, die schon so viele vor ihm gemacht haben, daß es nämlich schwer ist zu reformiren und bessere Zustände herbeizuführen, auch nicht erspart. Die Angelegenheit wegen Aufhebung der Leibeigenschaft schreitet nur langsam vorwärts. Ein großer Theil des Adels widerstrebt zwar dem Kaiser nicht offen, aber er zieht die Sache absichtlich in die Länge und sucht sie durch künstlich hervorgerufene Schwierigkeiten zu verwirren.
- Die englische Regierung hat den Sprachlehrer Bernard vollständig in Freiheit gesetzt, indem sie erklärt hat, alle weitere Verfolgung desselben - er war noch wegen Verschwörung angeklagt - aufgeben zu wollen.
- Man schreibt aus Berlin: Der Andrang des Publikums zu den bis jetzt noch wenigen Niederlagen der Actien=Brodbäckerei geht über jede Vorstellung. Die Brod=Begehrenden sind auf acht Tage voraus notirt; sie zahlen pro Brod 8 Schill. ein und erhalten dafür ein Zeichen, auf einen bestimmten Tag lautend, gegen dessen Zurückgabe sie dann ein Brod in Empfang zu nehmen haben. Erklärlich ist dieser Andrang, wenn man erwägt, daß das "Actienbrod" (diesen Namen hat man ihm in der Volkssprache beigelegt) im Durchschnitt mehr als ein Viertheil schwerer ist, als das Berliner Bäckerbrod. Für eine Familie, die bisher täglich ein Viergroschenbrod consumirte, giebt dies ein Wochenersparniß von 10 Schill. Das Brod ist gutes Roggenfeinbrod von angenehmem Geschmack.
- In Paris hat eine 81 jährige Frau ihren 83jährigen Mann des Nachts im Bett überfallen und ihn erdrosselt, daß er den Geist darüber aufgab. Sie hatte ihm schon am Abend zuvor vorgeworfen, daß er sie ganz vernachlässige und deshalb einen argen Zank erhoben. Der Polizei setzte die Frau einen solchen Widerstand entgegen, daß man eine Decke über sie werfen mußte, um sie zu verhaften.
- In Niederbaiern fangen die reichen Bauernmädchen an, Crinolinen zu tragen.
- Ein Gewitter am Sonntag Abend schlug in den Norderthurm der Domkirche in Lübeck und zwar merkwürdigerweise gerade auf derselben Stelle wo erst im vorigen Sommer ein Blitz zündete. Ebenso wie damals setzte eine durch den Blitz glühend gemachte Kupferplatte der Thurmbedeckung das innere Holzwerk des Thurmes in Brand; doch griff das Feuer so langsam um sich, daß es erst beinahe anderthalb Stunden nach dem Blitz entdeckt und dann auch schnell gelöscht wurde. - Einem Unterofficier der lübecker Garnison, Namens Lohmann, der vorige Woche als Deserteur steckbrieflich verfolgt wurde, hat man später im Holze erhängt gefunden.
- Der Director des Credit mobilier in Paris hatte den Actionairen den letzten Jahresbericht vorgelegt und ihnen bewiesen, daß die Geschäfte desselben die allerglänzendsten gewesen, obgleich es nicht möglich sei, eine Dividende zu zahlen. Ein des Schwindels ganz würdiger Kraftstreich; die Verstimmung der Actionaire war sehr groß. Die Actien fielen darauf bedeutend.
- In dem Dorfe Högersdorf bei Segeberg kam kürzlich ein Storch an, der die allgemeine Aufmerksamkeit der Dorfbewohner dadurch rege machte, daß er einen durch den Hals geschossenen Pfeil bei sich trug. Nach mehreren Versuchen gelang es, dem verwundeten Thiere, den Pfeil in der Mitte abzubrechen. Man hat die eine Hälfte gefunden. Es ist ein dünnes Rohr, das Ende desselben ist mit einer stählernen Spitze versehen, welche drei Zoll lang und einen halben Zoll breit ist. Das Ganze wird ungefähr 18 Zoll lang gewesen sein. Zu bewundern ist, daß das Thier eine so lange Strecke Weges damit hat zurücklegen können, denn daß der Pfeil schon einige Zeit im Halse gesteckt hat, ist deshalb anzunehmen, weil das Fleisch, welches an dem Schafte saß, schon ganz getrocknet war; vermuthlich war es das Geschoß eines Negers, dessen sich der Vogel erst in Holstein entledigen konnte.


Anzeigen.


Vorladungen.

In der Nachlaßsache des hieselbst verstorbenen Gerichtsraths Reinhold ist, auf Antrag der Beneficial=Erben, zur Anmeldung und sofortigen Rechtfertigung aller Ansprüche und Forderungen an den Nachlaß des gedachten Verstorbenen, ein Termin auf

Montag den 5. Juli d. J.,

Morgens 11 Uhr, vor Großherzogl. Justizamte anberaumt, und werden etwaige Gläubiger unter dem

[ => Original lesen: 1858 Nr. 19 Seite 2]

peremtorischen Nachtheil des Ausschlusses und der Abweisung dazu hiermit vorgeladen.
Schönberg d. 26. April 1858.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg
                          vi commissorii
                          Großherzoglicher hoher Justiz=Canzlei zu Neustrelitz.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhard!


Die Curatel der Kinder und Erben des zur Römnitz verstorbenen Pensionairs Weltner hat das gegenwärtige Proclam erwirkt, kraft dessen hiermit alle diejenigen, welche aus irgend einem Rechtsgrunde Ansprüche an den wailand Pensionair Weltner oder dessen Nachlaß haben oder zu haben vermeinen, hiermit peremtorisch aufgefordert werden, solche in dem deshalb auf

Freitag, den 14ten Mai d. J.,

Morgens 11 Uhr, anberaumten Liquidations=Termin anzumelden und zu bescheinigen, oder zu erwarten, daß sie mit denselben durch den alsbald zu erlassenden Präclusiv=Bescheid von der Nachlaßmasse für immer werden ausgeschlossen werden.
Schönberg, den 13. März 1858.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg,
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Verkaufsanzeigen.

Auf Antrag der Erben des hierselbst verstorbenen Schmieds Peter Heinrich Borchert soll, Theilungshalber, das zum Nachlaß dieses Verstorbenen gehörige, in der Siemzer Straße hieselbst belegene Wohnhaus mit Garten, einem von dem Verstorbenen bisher in Erbpacht besessenen Ackerstück auf dem Osterfelde von circa 3 Scheffel Aussaat und einer im Galgenmoor belegenen Wiese öffentlich im Wege des Meistgebots verkauft werden.
Es ist zu dem Ende, für den Fall eines annehmlichen Gebots, einziger Licitations=Termin auf

Montag, den 17. Mai d. J.,

Morgens 11 Uhr anberaumt worden, wozu demnach cautionsfähige Kaufliebhaber hiermit vor Gericht geladen werden.
Die Verkaufs=Bedingungen können auf der Gerichts=Registratur eingesehen werden.
Schönberg, den 26. April 1858.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Für den Garten Nr. 1 von den s. g. Scheunenplätzen, zwischen dem Fuhrmann Tretow jun. und dem Garten Nr. 2 vor dem Sabowerthore, sind 150 Taler (Mecklenburg) geboten worden. Zum Ueberbot dieser Offerte ist ein Termin auf

Dienstag den 25. dieses Monats,

Nachmittags 3 Uhr angesetzt worden.
Die Bedingungen werden 8 Tage vorher in der Stadt=Registratur und im Verkaufs=Termin veröffentlicht und Kaufliebhaber hiermit eingeladen.
Schönberg den 5. Mai 1858.

                                                    Der Magistrat.


Am Mittwoch den , Morgens 9 Uhr, soll im Hause des Ackerbürgers Böckmann gegen gleich baare Zahlung öffentlich meistbietend verkauft werden:

1 Kleiderschrank, 1 Küchenschrank, 3 Laden, Tische, Stühle, Bettzeug, Leinzeug, Manns= und Frauenkleidungsstücke, und anderes Haus= und Küchengeräth.

                                                    Seegert, Landreiter.


Am Mittwoch den 19. Mai, Morgens 9 Uhr soll im Hause des Ackerbürgers Böckmann öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

Bettzeug, 6 Enden Wollenzeug, 4 Bolzen heeden Leinen, Tischzeug, 4 Bolzen flächsen Leinen, ca. 44 Pfund Flachs, etwas Garn, 1 Kiste, 1 Lade und sonstiges Haus= und Küchengeräth und Frauenkleidungsstücke.

                                                    Seegert, Landreiter.


Bekanntmachung.

Eine zweite Einzahlung der Armensteuer ist nothwendig befunden und werden daher die Bewohner des Schönberger Armendistricts aufgefordert, solche an die resp. Vorsteher in Schönberg: den Tischlermeister Wilh. Stüve, Kürschner Garz und Stellmachermeister Badstein; und auf dem Dörfern an die Hauswirthe: Bohnhof in Gr. Siemz, Spehr in Retelsdorf, Roxien in Grieben und Joch. Voß in Wahlsdorf, zu bezahlen.
Schönberg, den 6. Mai 1858.

                                                    Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

Die Thierschau=Kasse hat im Jahr 1857

1) eingenommen:
a. als Bestand vom Jahre 1856 122 Taler (Mecklenburg)   9 1/2 Schilling (Mecklenburg)
b. von 257 Mitgliedern à 1 Taler (Mecklenburg) 257 "   - "
c. für 220 Einlaßkarten à 8 Schilling (Mecklenburg) 36 " 32 "
--------------------------
415 Taler (Mecklenburg) 41 1/2 Schilling (Mecklenburg)
2) ausgegeben:
a. an Prämien 222 Taler (Mecklenburg)   - Schilling (Mecklenburg)
b. an Unkosten 173 "   8 1/2 "
--------------------------
395 Taler (Mecklenburg) 8 1/2 Schilling (Mecklenburg)
--------------------------
ist mithin in Kasse 20 Taler (Mecklenburg) 33 Schilling (Mecklenburg).

Diese Abrechnung wird zur Kenntniß aller Theilnehmer gebracht, mit dem Bemerken, daß der Antheil eines Jeden hiernach circa 3 3/4 Schilling (Mecklenburg) beträgt, welche jedem der 257 Mitglieder binnen 14 Tagen abzufordern freistehet. Der in dieser Zeit nicht abgeforderte Rest wird dem hiesigen Landwirthschaftlichen Verein zur Verwendung bei der in diesem Jahre zu veranstaltenden Thierschau überwiesen werden.
Schönberg d. 2. May 1858.

                          Im Auftrage des Vorstandes des Thierschau=Vereins von 1857.
                          F. Graf Eyben.


Thierschau in Gadebusch.

Der Gadebuscher District des patriotischen Vereins wird

am 8. Junius 1858

Morgens 10 Uhr auf dem Schützenhofe bei Gadebusch eine Thierschau, verbunden mit einer Industrieausstellung, wie im vorigen Jahre, veranstalten und ladet zur zahlreichen Stellung von Thieren und Industrie=Gegenständen, sowie zur freundlichen Betheiligung hiemit ein.
Der Preis des Districts, ein silberner Pokal, wird dem besten Arbeitspferde, und ein Ehrenpreis und 10 Taler (Mecklenburg) wird dem besten 1-3 jährigen Füllen bei freier Concurrenz zuerkannt werden, und sind für die drei nächstfolgenden Pferde beider Classen Ehrenpreise ausgesetzt.
Für die beste Milchkuh ist der erste Stadtpreis von Gadebusch, ein silberner Pokal, bestimmt und erhalten die drei darauf folgenden Ehrenpreise. Die Milchkühe werden am Abend vorher eingeliefert, und haben die resp. Besitzer der Thiere das Futter für dieselben zu beschaffen. Herr Bürgermeister Koch in Gadebusch wird die Meldungen entgegen nehmen und weitere Nachricht ertheilen.
Für die selbstgezüchteten Säugefüllen, sowie für Starken und Bollen kleiner Landwirthe sind die gewöhnlichen Geldprämien, und zwar für jede

[ => Original lesen: 1858 Nr. 19 Seite 3]

dieser Thierklassen 50 Taler (Mecklenburg), ausgesetzt und wird die Größe der einzelnen Prämien von den Herren Preisrichtern bestimmt werden.
Für das wertvollste Schaf, die Zuchtböcke ausgeschlossen, ist der zweite Stadtpreis von Gadebusch, ein silberner Pokal, ausgesetzt, die darauf folgenden, sowie die Schweine werden durch Ehrenpreise ausgezeichnet.
Hinsichtlich der landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthe, sowie der Producte und Fabricate der Handwerker wird bemerkt, daß die Summe von 50 Taler (Mecklenburg) zur Prämirung der besten Arbeiten ausgesetzt ist, und daß Ehrenpreise ertheilt werden. Die Anmeldungen wird der Herr Bürgermeister Koch in Gadebusch und Herr Apotheker Schultz in Rehna entgegennehmen und weitere Auskunft ertheilen.
Gadebusch April 1858.

                                                    Die Districts=Direction.


Heute Morgen gegen 9 Uhr erfreuten wir uns der glücklichen Geburt eines gesunden Knabens.
Schönberg, den 3. Mai 1858.

                                                    Lehrer Warncke und Frau.


Mit frischem gottländischen und Segeberger Kalk empfiehlt sich bestens

Schönberg.                                                     C. Maaß Wwe.


Mein Lager von                          
Dunen und Bettfedern
empfehle ich dem geehrten Publikum bestens.                          
                                                    G. A. Levissohn
                                                    in Rehna.


Glück auf!

zu der am 2. und 3. Juni d. J. wieder beginnenden Ziehung der von der freien Stadt Frankfurt errichteten und garantirten großen Geldverloosung, bei welcher unter 28,000 Loosen 14,800 Gewinne und 11 Prämien von Gulden 200,000, 100,000, 50,000, 30,000, 25,000, 2mal 20,000, 2mal 15,000, 12000, 2mal 10,000, 6000, 2mal 5000, 5mal 4000, 5mal 3000, 14mal 2000, 117mal 1000 etc. erlangt werden müssen.
Bei dieser ebenso großartigen und soliden, als äußerst vortheilhaften Ausspielung, kann man sich durch die außerordentlich stets vom Glücke begünstigte Collecte des unterzeichneten Handlungshauses mittelst der geringen Einlage von
                          Taler (Mecklenburg) 3. 13 Sgr. eines ganzen Looses,
                          Taler (Mecklenburg) 1. 22 Sgr. eines halben Looses,
                          Taler (Mecklenburg) --. 26 Sgr. eines viertel Looses,
                          Taler (Mecklenburg) --. 13 Sgr. eines achtel Looses,
betheiligen, und können sich meine verehrten Abnehmer sowohl der pünktlichsten Uebersendung der amtlichen Ziehungsliste als überhaupt der sorgfältigsten und gewissenhaftesten Bedienung versichert halten. Jede nähere Auskunft ertheilt mit Vergnügen

                                                    Alexander Klingler
                                                    in Frankfurt am Main.


Bekanntmachung.

Alle diejenigen, welche gewilligt sind, ihre Feldfrüchte gegen Hagelschlag bei der Hagelversicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg zu versichern, werden hiermittelst ersucht, sich mit ihren desfallsigen Meldungen für das bereits angetretene Versicherungs=Jahr vom 1sten März 1858 bis dahin 1859 an den Director dieser A

Die Direction der Hagelversicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.


Die zwischen dem 1. October 1857 und dem 31. März 1858 versichert gewesenen Mitglieder des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner haben im Mai d. Js. drei viertel ihres einfachen Ansatzes (3/4 Simplum) als Beitrag zu bezahlen. - Es contribuiren versichert gewesene 86,910,811 Mark Courant.
Lübeck, den 15. April 1858.

                          Namens der Direction
                                                    Faber, Dr.,
                                                    Secretair des Vereins.


Die
Hagelschäden-Versicherungs-Gesellschaft
zu Erfurt,
bestätigt
durch allerhöchste Cabinets=Ordre d. d. Berlin, den 24. Februar 1845,

zählte 1857: 10,715 Mitglieder mit 7,774,350 Th. Versicherungssumme, und vergütete an 1211 Interessenten die nach anerkannt soliden und liberalen Grundsätzen abgeschätzten Schäden mit 98,644 Th. 29 Sgr. u Pf. Sie fährt auch in diesem Jahre fort, auf Grund ihres jedem Speculations=Geiste fremden Statuts Versicherungen abzuschließen, zu deren Vermittelung ich mich empfehle.
Die Prämie für hiesige Gegend beträgt auf:
100 Thaler Versicherungssumme für Halmfrüchte etc. 14 Sgr.
100 Thaler Versicherungssumme für Hülsenfrüchte etc. 16 Sgr.
Die Ueberschüsse der Prämieneinnahme im Falle des Nichtbedarfs gehen nach den Bestimmungen des Statuts theils dem Reservefond, theils direct den ordentlichen Mitgliedern als Dividende zu.
Ratzeburg, den 29. April 1858.

                                                    Leonhd. Dölle,
                                                    Agent der Gesellschaft.


Bekanntmachung.
Germania,
Hagel=Versicherungs=Gesellschaft für Feldfrüchte,
zu Berlin.

Obige Anstalt giebt auch in diesem Jahre Feldversicherungen gegen die angemessen billigsten, dabei festen Prämien ohne alle Nachschüsse. Sie verfährt human bei der Taxation und bietet durch die von ihr eingeführte fünfjährige Rechnungs=Periode und den fortlaufend einzusammelnden Reservefonds den Versichernden die genügendsten Garantien, die nach Wiederherstellung besserer Geldverhältnisse durch die landesherrliche Bestätigung des angebahnten Actienhülfsfonds zur höchsten Vollkommenheit gelangen werden.
Als Vertreter der Anstalt lade ich das landwirthschaftliche Publikum zu Versicherungen hiemit ergebenst ein und bin jeder Zeit zur Aufnahme derselben bereit. Statuten, Saatregister etc. werden bei mir verabreicht.
Ratzeburg, 4. Mai 1858.

                                                    Moriz Stein,
                                                    Agent der Germania.


Schutzmarke Dr. Koch's Kräuterbonbons Die aus den vorzüglichst geeigneten Kräuter= und Pflanzensäften mit einem Theile des reinsten Zuckerkrystalls zur Consistenz gebrachten
Doctor Koch'schen
(K. P. Kreis=Physikus zu Heiligenbeil)
KRAEUTER-BONBONS

haben sich durch ihre Güte auch in hiesiger Gegend rühmlichst bewährt und sind in Originalschachteln ? 8 u. 16 Schilling (Mecklenburg) stets ächt vorräthig bei

                                                    J. P. Bade in Schönberg.


[ => Original lesen: 1858 Nr. 19 Seite 4]

Den 1. Juni
Ziehung des Kurfürstlich Hessischen Prämien Staats-Anlehens.

                Die Hauptgewinne desselben sind: 14mal Thlr. 40,000 Pr. Crt., 22mal Thlr. 36,000 Pr. Crt., 24mal Thlr. 32,000 Pr. Crt., 60mal Thlr. 8000 Pr. Ct., 60mal Thlr. 4000 Pr. Ct., 60mal Thlr. 2000 Pr. Crt., 120mal Thlr. 1500 Pr. Ct., 180mal Thlr. 1000 Pr. Crt., 300mal Thlr. 400 Pr. Crt., 600mal Thlr. 200 Pr. Ct.
                Der geringste Preis, den mindestens jedes Obligations=Loos erzielen muß, ist Thlr. 55 Pr. Crt. oder fl. 96.15 kr.
Obligations=Loose, deren Verkauf überall gesetzlich erlaubt ist, erlassen wir gegen franco Einsendung des Betrags von Thlr. 42 Pr. Crt. oder fl. 73.30 kr., nehmen aber solche auf Verlangen nach genannter Ziehung zu Thlr. 39. Pr. Crt. oder fl. 68.15 kr. wieder zurück.
                Es haben daher auch unsere resp. Abnehmer, welche jetzt schon gesonnen sind, uns Ihre Obligations=Loose nach erwähnter Ziehung wieder zu erlassen, anstatt des vollen Betrags nur den Unterschied des An= und Verkaufpreises von Thlr. 3. Pr. Crt. oder fl. 5.15 kr. für jede zu verlangende Obligation einzusenden. (NB. Bei Uebernahme von 11 Obligations=Loosen sind nur Thlr. 30. Pr. Crt. oder fl. 52.30 kr. zu zahlen, gegen Einsendung von Thlr. 60. Pr. Crt. oder fl. 105. werden dagegen 25 Obligations=Loose überlassen.)
                Ziehungslisten sofort franco nach der Ziehung.

                                                    Stirn & Greim,
                                                    Staats=Effekten=Handlung
                                                    in Frankfurt a./M.


Die Vaterländische
Hagelversicherungs=Gesellschaft in Elberfeld,
gegründet mit einem Kapitale von einer Million Thaler,

versichert zu billigen und festen Prämien, bei welchen nie eine Nachzahlung erfolgen kann, sämmtliche Bodenerzeugnisse sowie Fensterscheiben gegen Hagelschaden.
Nähere Auskunft unter Gratisbehändigung der Antrags=Formulare ertheilt bereitwilligst

                                                    Wilh. Heincke.

Schönberg im Mai 1858.


Unterzeichneter empfiehlt sich mit einer Auswahl von Reitgeschirren, Reiseutensilien, so wie mit Sophas, Stühlen, Rouleaux und Tapeten zu Fabrikpreisen. Tapetenproben können den resp. Abnehmern zugesandt werden.

Ratzeburg.                                                     G. Friese.


Ausverkauf.
wegen gänzlicher Aufhebung der Tuchhandlung
von
Georg Zander,
Klingenberg (Sandstraße) Nr. 938, wird daselbst das vorräthige, gut assortirte Lager als:

extra feine und mittel Tuche in allen Farben, feine breite Halbtuche von 32 Schilling (Mecklenburg) pr. Elle an, schwarze und couleurte Buckskin, Düffel, Lamas, Flanelle, englisch Leder, Westenstoffe, feine weiße und couleurte Westenpiqués, schwarze Orleans à 6 Schilling (Mecklenburg) und besser,
schwarze gestreifte Manschester à 12 Schilling (Mecklenburg),
baumwollen Hosenzeuge à 4 und 5 Schilling (Mecklenburg),
graue und schwarze 5/4 Halbleinen à 2 Schilling (Mecklenburg),
graue und schwarze 7/4 Halbleinen à 3 1/2 Schilling (Mecklenburg),
feine weiße Parchende à 3 1/2 und 5 Schilling (Mecklenburg),

zu Einkaufspreisen und darunter pr. contant verkauft.

Lübeck, im April 1858.


Das Mäntel=Lager
U. Beermann & Co.
in Lübeck Klingberg 927,

empfiehlt die neuesten Frühlings=Mäntel und Mantillen in sehr bedeutender Auswahl.


Am 25. und 26. Mai d. J. findet bei mir
Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, und erlaube ich mir zur gefälligen Theilnahme freundlichst einzuladen. Sollten an diesen beiden Tagen die geehrten Theilnehmer nicht alle ihre Schüsse gethan haben, so wird an dem darauf folgenden Tage das Schießen fortgesetzt.
Büchsen, Pulver und Blei werden von mir gehalten.
Maurienmühle den 29. April 1858.

                                                    Chr. Spehr.


Am Montag und Dienstag den 17. u. 18. Mai findet bei mir

Scheibenschießen

nach folgenden Gewinnen statt.

1) ein eiserner Pflug.
2) ein eiserner Pflug.
3) ein großer kupferner Suppentopf.
4) ein großer kupferner Suppentopf.
  |  
  |  
  |  
  |  
  |  
5) ein großer Spiegel.
6) eine Kaffeekanne.
7) ein Stuhl.
8) ein Stuhl.
9) ein Stuhl.
Einsatz 16 ßl. Büchsen, Pulver und Blei werden von mir gehalten.
Freunde und Liebhaber des Schießen werden dazu von mir freundlichst eingeladen.

                                                    Krüger Ahrendt in Neschow.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde
Vom 30. April bis 6. Mai

Geboren: D. 3. Mai dem Lehrer Warncke hies. ein S.

Copulirt: D. 30. April Joachim Heinrich Lenschow, Schuhmachermeister hies. mit Catharine Marie Brüggemann zu Kl. Siemz. - Johann Joachim Ehmke, Arbtsm. hies. mit Anna Arndt zu Gr. Siemz.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 5. Mai 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 16-20 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 40-42 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 46-50 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 50-54 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 41-44 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 25-26 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 21-22 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 10-20 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 16-17 Mark (Lübeck)
Dampfmehl aus Rothes Fabrike No. 0. 21 Mark (Lübeck), No. 1. 19 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg), No. 2. 13 Mark (Lübeck) für Netto 200 Pfund.
Butter 12 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln 4 Schilling (Mecklenburg).


(Nebst Beilage.)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


[ => Original lesen: 1858 Nr. 19 Seite 5]

Beilage
zu den Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 7. Mai 1858.


Drei Tage aus Gellerts Leben.
                                                    Zweiter Tag. (Fortsetzung.)

Gellert schüttelte ungläubig den Kopf über die Botschaft seiner Wirthin, daß das Holz ein Geschenk sein solle für das Lied: Ich hab' in guten Stunden etc.; denn wie das zusammenhängen sollte begriff er nicht. Noch weniger begriff er, wie der Schulze sollte Kenntniß von dem Liede erhalten haben in diesen Kriegsläuften und Troubeln, da es der Doctor doch erst spät am Morgen zu sich gesteckt hatte, um es seiner Frau vorzulesen; allein alles Grübeln half nichts und die Thatsachen zeugten dafür: das Holz war da, kostete nichts, reichte schier den ganzen Winter und war vortrefflich. Wenn da nicht irgend ein später zu bezahlender Irrthum dahinter steckte, so war's ein - Wunder. Noch mehrmals wiederholte indessen die Hauswirthin die Botschaft des Knechts und die Umstände alle zusammen, und es blieb am Ende kein Zweifel.
Gellert stieg zu seiner Stube hinan, fand sie behaglich warm, zog seinen Schlafrock an und setzte sich in seinen Sorgsessel, in dem schon sein Vater manche sorgenschwere Stunde gesessen hatte. Aber Gellert saß heiterer darin als am Morgen. Hatte ihm doch Gottes Güte diesen Segen gespendet, da er dessen am Nöthigsten bedurfte; dafür dankte er ihm innig, aß dann sein Süpplein, das ihm gebracht wurde, studirte noch ein Stündchen und legte sich dann mit dem Vorsatze zu Bette, sobald die Durchmärsche vorüber sein würden, selber zu dem Schultheißen zu gehen, um sich die nöthige Aufklärung in dieser Sache zu holen. An den Doctor dachte er gar nicht, denn wie sollte der zu dem Schulzen von * kommen, gerade jetzt, wo von dieser Seite her die Truppen kamen? Noch ehe er sanft einschlief, schüttelte er den Kopf, zum Zeichen, daß er einen Zusammenhang gar nicht finden könne.

-------------

                                                    Dritter Tag.

Als der folgende Morgen kam, dachte der Doctor zeitig zu Gellert zu gehen, um über ihn den Zusammenhang der Holzgeschichte aufzuklären, aber so gut sollte es ihm auch heute nicht werden. Früh schon erhielt er zahlreiche Einquartierung. Kaum konnte er seine Kranken besuchen. In eiliger Hast rannte er durch die Straßen, als ihm eine unbekannte Stimme zurief. Er blickte auf und sah den alten Neidhardt, der ihm winkte, zu ihm zu kommen, und zwar sehr dringend. - Was macht der arme Schuster? fragte er nach der flüchtigen Begrüßung. Dem haben Sie bessere Arznei verschrieben, als ich, rief der Doctor aus. - Ach, Herr Doctor, das that Alles ihr werther Freund, der vortreffliche Herr Professor Gellert. Von dem geht doch Alles aus. Ich hätte ohne ihn in meiner alten Weise fortgehandelt, die ich jetzt verdamme! -Ja, ja, versetzte der Doctor, aber fahren Sie nur mit Ihrer Arznei fort, und in acht Tagen ist der Mann wie eine Eiche. Apropos, Herr Neidhardt, wissen Sie denn auch Alles ganz genau? Wissen Sie, welch' ein Opfer Gellert mit den dreißig Thalern brachte? - Wie so? - Nun, denken Sie sich, der Gellert ist sehr arm. Die dreißig Thaler, die er der Frau des kranken Schusters gab, waren Alles, was er im Vermögen hatte, und seit vorgestern hat er keinen Pfenning mehr und weiß auch keinen zu greifen und doch dachte er an keine Folgen für sich, nur an die Noth der Armen! - Der völlig umgewandelte Alte schlug die Hände zusammen und rief: Ist das wahr? - So wahr, als die Wintersonne in dies Gemach leuchtet, versicherte der Doctor. Da will ich Ihnen das Lied lesen, das er dichtete in dieser Lage. Er las dem Alten nun das Lied, das er zu sich gesteckt hatte, um es Gellert wiederzubringen. Der Alte hörte mit wahrer Andacht zu.
Das ist vortrefflich! rief er aus, Gellert ist ein herrlicher Mann. Lassen Sie mich doch das Lied abschreiben, Herr Doctor! - Das wollt' ich wohl thun, entgegnete der Doctor, wenn ich es ihm nicht wiederbringen müßte. - Wissen Sie was Herr Doctor, versetzte der Alte, Sie gehen jetzt doch zu dem Schuster und dann kommen Sie zurück und holen es ab bei mir. - Meinetwegen denn! sagte der Doctor und eilte hinweg. - Der Alte schrieb schnell das Lied ab und las es dann, las es noch einmal - dann sagte er zu sich: und dieser Mann sollte darben? Und ich habe Ueberfluß? Er hat mich auf einen guten Weg geführt und seitdem kenne ich den Segen, den eine Wohlthat dem Gemüthe gewährt, das sie übt. Nein, die dreißig Thaler send' ich ihm gleich. Er muß sie wieder haben, ohne daß er erfährt, von wem sie kommen. Er eilte an sein Pult, nahm eine Rolle mit dreißig Thalern heraus, siegelte sie und schrieb darauf: Für das schöne Lied: Ich hab' in guten Stunden u. s. w., und übergab es seinem Laufmädchen, das den Auftrag erhielt, es in Gellerts Hand zu legen, aber schnell sich zu entfernen und um keinen Preis zu gestehen, von wem es komme.
Gellert saß im warmen Stübchen am Schreibtische und studirte eifrig, als an die Thür geklopft wurde und auf seinen Ruf das Mädchen hereintrat, die Rolle auf den Tisch legte und wie ein Gedanke verschwand. Gellert blickte staunend auf das Geld, nahm es dann in die Hand, las die Ueberschrift und legte es wieder nieder. Das mache mir einer rund! rief er aus. Ist denn das Lied etwa gedruckt in aller Leute Händen? Das ist unmöglich! sollte der Doctor? Ich kann mir's gar nicht denken, denn der Doctor weiß ja von den Schusterleuten noch nichts und ich hab' ihn noch nicht einmal hinschicken können, weil ich ihn noch seitdem nicht gesehen habe, vielweniger gesprochen. Gott allein weiß, wie das zusammenhängt! - In dem Nachgrübeln störte ihn jedoch ein neues Klopfen an der Thür.
Diesmal war es ein preußischer Officier, den der Professor begrüßte, und zwar ein Stabsofficier, der sogleich anhob: Habe ich die Ehre, den Herrn Professor Gellert zu sprechen? - Zu dienen, erwiederte verbindlich der Angeredete. - Ihro Kgl. Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen, Höchstwelcher seit gestern Abend hier ist, wünscht den Herrn Professor zu sprechen und läßt anfragen, da der Herr Professor leidend seien, wann er Ihnen aufwarten könne? - Aufwarten? Mir? Ein Kgl. Prinz von Preußen mir? Das kann entweder nur ein Irrthum oder die unglücklichste Wahl des Ausdrucks sein. Bitte gehorsamst, Ihro Königl. Hoheit vermelden zu wollen, ich würde es mir zur höchsten Ehre rechnen, K. Hoheit allerunterthänigst aufzuwarten, wenn Allerhöchstdieselben mir die Stunde befehlen wollten, sintemal ich keineswegs bettlägerig bin, wie Sie sehen, sagte Gellert.
Der Adjutant ergötzte sich an dem Erschrecken des Gelehrten, den die Herablassung des Prinzen aus allen Fugen hob. Alteriren Sie sich nicht,

[ => Original lesen: 1858 Nr. 19 Seite 6]

Herr Professor, sagte der Adjutant, des Prinzen Königl. Hoheit hat allerdings diesen herablassenden Ausdruck gebraucht, und er zeugt von der Hochachtung, welche er gegen Ihre werthe Person hegt. Wollten Sie aber Ihro Königl. Hoheit durch Ihren Besuch erfreuen, so würde ich es mir zur Ehre rechnen, Sie jetzt zu Ihro Königl. Hoheit zu begleiten, wenn es Ihnen so genehm ist. - Dann bitte ich, mir gehorsamst zu gestatten, daß ich mich ankleide, sagte Gellert. Der Adjutant verbeugte sich und Gellert begab sich in sein Schlafzimmer und trat nach kurzer Zeit in seinem besten Kleide wieder heraus, bereit, dem Adjutanten zu folgen.
Als sie bei dem Prinzen eintraten, kam ihm dieser entgegen, reichte ihm seine Hand und überhäufte ihn mit freundlichen Worten. Er freue sich ungemein, sagte der Prinz, den Dichter des schönen Liedes: Ich hab' in guten Stunden u. s. w., vor sich zu sehen. Gellert wußte nicht, was er dazu sagen sollte, als auch der Prinz von diesem Liede sprach. Er meinte nun, es müsse auf unerklärliche Weise ins Publikum gelangt sein, was er aber wieder nicht begreifen konnte. Die Sache machte ihn fast verwirrt. Wie konnte das geschehen sein, da er doch erst gegen Morgen es gedichtet hatte? Es drückte ihm schier das Herz ab, so gern hätte er den Prinzen gefragt, wie er denn das Lied kennen gelernt habe; aber er hielt es doch für nicht anständig und ehrerbietig, eine solche Frage an den Prinzen zu richten. Man hat mir gesagt, Sie seien sehr leidend, fuhr der Prinz fort; aber ich freue mich, Sie wohler zu finden, als ich mir vorgestellt. Dennoch aber ist Ihre Gesichtsfarbe keineswegs eine blühende, und das scheint anzunehmen zu sein, daß Sie zu viel sitzen? - Mein Beruf macht das Studiren nothwendig, sagte mit einer Verbeugung Gellert. - Wohl wahr, fuhr der Prinz fort; allein Sie müssen darauf sehen, dem deutschen Volke seinen Lieblingsdichter zu erhalten und sich mehr Bewegung machen. - Ich thue das nach Kräften, Königl. Hoheit. - Wohl, verehrter Herr Professor, aber nicht genug. Wie oft wird Sie die kothige Straße abhalten, andrer Abhaltungen nicht zu gedenken. Da sollten Sie sich ein Rößlein halten und täglich ausreiten. Keine andere kommt dieser Bewegung an Wohlthätigkeit für den gleich, den Beruf und Amt zum Sitzen zwingen. - Wohl wahr, Königl. Hoheit. Auch mein Arzt schreibt mir solches vor; allein nicht jeder vermag die Mittel zu erschwingen - Wohl wahr, Herr Professor, ahmte der Prinz seine Worte nach, wenn das Herz so mild und barmherzig ist, daß es die letzten dreißig Thaler auf einmal einer Leidenden liebevoll spendet.
Gellert wäre fast vor Scham in die Erde gesunken. Wußte denn alle Welt - ? Es wurde ihm grün und blau vor den Augen. Der Prinz sah seine Verlegenheit und faßte seine Hand. Edler Mann, sagte er, ich weiß, wie Sie handeln, und es sei ferne, das tadeln zu wollen, was Gottes reiche Gnade über Sie bringen muß. Ja, Gott segne Sie dafür! Erlauben Sie mir aber, aus meinem Marstalle Ihnen ein Pferd zu verehren, dessen fromme Art es zu einem Reitpferde für einen Mann des Friedens geeignet macht. - Eure Königl. Hoheit - stotterte der überraschte Gellert, aber er konnte kein Wort mehr hervorbringen, denn seine Stimme versagte. Der Prinz drückte, selbst bewegt, seine Hand; dann sagte er, um den Dank abzuschneiden: mein Beruf ruft mich jetzt ab. Leben Sie wohl, verehrter Mann. Gott erhalte uns noch lange Ihr theures Leben. Möge dazu das Rößlein beitragen! Er verbeugte sich und trat in das Nebengemach. Einen Augenblick stand Gellert da, ohne sich sammeln zu können, da trat der Adjutant zu ihm: Sehen Sie, verehrter Herr Professor, ein Königl. Prinz darf sich von keinem Dorfschulzen übertreffen lassen.
Gellert starrte ihn an. Woher weiß Ihre Königliche Hoheit das Alles? stammelte er. Der Adjutant lächelte. Prinzen wissen zwar nicht Alles, sagte er, sich an der Verlegenheit Gellerts weidend, aber sie wissen oft mehr als andere Menschenkinder. Zerbrechen Sie sich darüber den Kopf nicht und benutzen Sie des Prinzen Geschenk recht fleißig zu Ihrer Gesundheit. Gellert verstand die Anspielung, daß es Zeit sei, sich zu entfernen. Er bat, dem Prinzen seine tiefste Dankbarkeit zu bezeugen, und ging, von dem Adjutanten bis zur Thür begleitet. Räthsel auf Räthsel häuften sich um ihn. Es schien ihm, als sei eine unbekannte zauberische Macht in all' dem wirksam, was er seit drei Tagen erlebt hatte. Manchmal kam es ihm wie ein Traum vor; aber als er zu seiner Wohnung kam, arbeiteten die Holzspalter emsig an seinem Holze, und an der Thüre hielt ein prinzlicher Reitknecht ein wunderschönes Roß, stattlich gesattelt und aufgezäumt.
Es geschehen Zeichen und Wunder, Herr Professor! rief die Hauswirthin. Gestern das prächtige Holz, das den Holzspaltern ordentlich unter dem Beile und unter der Säge wächst, und heute dies königliche Roß! Wo soll das hinaus? - Nun, nun, lächelte Gellert, seien Sie ruhig, die Bäume wachsen nicht in den Himmel!

-----------------

Auf seiner Stube saß Gellert gegen Abend. Er hatte die Holzspalter bezahlt und behielt viel Geld übrig; er hatte das schönste Pferd und seine Seele erfüllte der wärmste Dank gegen Gott. Da ergriff er die Feder und schrieb das Lied nieder:
                          Wie groß ist des Allmächt'gen Güte!
                          Ist der ein Mensch, den sie nicht rührt,
                          Der mit verhärtetem Gemüthe u. s. w.*)
Als er in dieser Weise seinem Gefühle den Ausdruck gegeben und eben das Lied vollendet hatte, trat der Doctor ein. Schon wieder ein Lied? rief er, auf den Tisch lossteuernd, auf den er das Manuscript des Liedes: Ich hab' in guten Stunden etc. legte. - Freilich wohl, sagte Gellert lächelnd, zog aber das Schubfach heraus und schob es hinein. Sie sollen es nicht wieder kriegen, Doctor, denn Gott weiß, was Sie Alles mit dem andern getrieben haben? - Der Doctor wollte sich ausschütten vor Lachen, als ihm Gellert Alles erzählte, was in Bezug auf dies Lied geschehen sei. Nun beichten Sie mir, wie das Alles zusammenhängt! rief er aus. - Der Doctor sah ihn lange an und in seinen Zügen spiegelte sich eine selige Freude. Was ich gethan, ist nichts, sagte er. Gott hat auf Ihr Lied einen Segen gelegt, der sich wirksam erweist. Das ist Alles. Theure Recepte kann ich verschreiben, Verehrtester, aber ich erkenne, daß sie der Apotheker nicht bereiten kann und ich auch nicht. Diesmal hat sie der droben dispensirt, ohne daß ich es ahnete. Ihm sei die Ehre! Und mit diesen Worten eilte er zur Thür hinaus.

===========

 

 

*) Siehe den Verfolg des Gesanges unter No. 866 des Ratzeburger Gesangbuches.

(Schluß.)


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD