No. 18
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. April
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1858 Nr. 18 Seite 1]

Es sollen zur hiesigen Chausseebau=Casse zum bevorstehenden Johannis=Termine

einige Summen in Pr. Cour.

angeliehen werden, und zwar unter nachfolgenden Bedingungen:

1) Die Anleihe geschieht unter Landesherrlicher Gewährleistung
2) Die über jeden angeliehenen Posten zu ertheilenden Obligationen werden auf den Namen des Darleihers gültig und zahlbar ausgestellt.
3) Die Capitalien über 500 Thlr. werden mit 3 1/2, diejenigen unter diesem Betrage mit 3 Procent alljährlich verzinset und die jährigen Zinsen im Johannis=Termine bezahlt.
4) Dem Darleiher sowohl, als der Chaussee=Bau=Casse steht eine halbjährige, jedes Mal zu Johannis oder Antoni zu beschaffende Kündigung frei.
5) Unter 50 Taler (Mecklenburg) werden keine Capitalien angenommen.
              Diejenigen, welche von dieser Gelegenheit zur Unterbringung von Geldern Gebrauch machen wollen, können ihre desfallsigen Anmeldungen beim Herrn Steuer=Commissair Grapow hieselbst machen.
              Schönberg, den 11. März 1858.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.       C. L. v. Oertzen.


Bekanntmachung.

Die beurlaubten Soldaten des Bataillons aus den Gestellungsjahrgängen 1853, 1854 und 1855 werden hierdurch vorläufig benachrichtigt, daß sie zum größten Theil die Einberufung zur Dienstleistung bei der Fahne vom 14. August c. ab auf etwa 1 1/2 Monat zu gewärtigen haben.                 Ausgenommen hiervon sind jedenfalls diejenigen, welche im vorigen oder vorher in diesem Jahre, bereits einberufen waren.
                Jedem Einzuberufenden wird von hier aus noch eine besondere Einberufungs=Ordre direkt oder durch seine heimathliche Behörde zugesendet werden.
                Neustrelitz den 23. April 1858.

                                            v. Rosenberg=Gruszczynski,
                                                    Oberstleutnant und Commandeur.


- Ueber eine ältere Geldkrisis heißt es in einem alten Tagebuche des lübeckischen Bürgermeisters Heinrich Brokes, das er in den Jahren 1603 und 1620 geschrieben hat: Denn in diesen meinen Tagen und Zeiten ist eine so unerhörte Stockung gewesen und unchristlicher Zinsfuß und Uebertheurung im Handel und Geldverkehr, als bei der Weltzeiten noch nicht dagewesen, und haben solche Wucher die vornehmsten Bürgermeister und Rathsherren und Bürger getrieben, und die Herren in Holstein mit ihren Geldgeschäften (Umschlägen), so daß viele Bürger durch ihrer Unachtsamkeit, Stolz und Hoffahrt sich mit fremden Gelde groß sehen zu lassen und großen Handel zu treiben, indem sie Gott vergaßen und Gottes Zorn auf sich luden, zu ihrem großen Schaden sich nicht versahen, daß die großen Zinsen sie auffraßen und sie mitfraßen, bis das Verderben ihnen auf dem Nacken lag. Da hatten sie sich so untereinander der Eine für den Andern verbürgt und verschrieben, daß sie alle dadurch verdorben und arm wurden und mußten alles verlaufen und betrogen manchen ehrlichen Mann, der für sie gebürgt und sich verschrieben hatte, so daß bezahlen mußte wer konnte - wer nicht konnte mitlaufen und weichen mußte, ja Viele, die durch die Bürgschaften ruinirt wurden, junge Leute, von großen Herzenssorgen starben. - - Darum, meine Kinder und Erben, habe ich dies zu einem Spiegel und Exempel geschrieben, daß ihr Gott fürchtet und euch zur Demuth und fleißiger Arbeit hal=

[ => Original lesen: 1858 Nr. 18 Seite 2]

tet und nicht nach ausgebreiteten Geschäften ausguckt, ehe Gott es euch geben will. Denn die mit Gewalt und hastig reich werden wollen, bekommen gewöhnlich Armuth und Bankerott." - Dieser Spiegel, den jener lübeckische Bürgermeister seinen Kindern und Erben vorhielt, zeigt er nicht auch das Bild der jüngsten Zeit in seinem Rahmen?
- Frankenstein in Schlesien ist am 24. April der Raub eines fürchterlich verheerenden Feuers geworden; 400 Häuser, drei Viertel des Städtchens mit dem Rathhause und zwei Kirchen, sind niedergebrannt. Leider sind auch 7 Todte bei diesem Brande zu beklagen. - Auch aus der Altmark wird von Feuersbrünsten gemeldet. Ein Dorf brannte fast ganz ab; bei einem anderen Brande von einigen Bauerhöfen sind 150 Stück Schafe verbrannt. - Aus Preußen, Hannover und dem Würtembergischen wird von mehreren Wald= und Haidebränden gemeldet.
- Ein Schuster in London hat zu der Zeit, als die hochabsätzigen Pariser Stiefel Mode gewesen, diese so billig verkauft, daß Jedermann darüber erstaunt gewesen sei. Später, als er sich mit einem ansehnlichen Vermögen von seinem Geschäft zurückgezogen, hat man erfahren, jeder Absatz habe eine Höhlung gehabt, in welcher eine goldene Uhr gewesen. Da er die Uhren des hohen Zolls wegen mit großem Nutzen wieder absetzte, so konnte er die Stiefeln um so billiger verkaufen. - In Petersburg fand ein Zollbeamter zufällig als er einen Bleistift zuschnitt, statt Blei, falsche Banknoten in demselben, die in London fabricirt wurden. Dadurch wurde es klar, woher die vielen falschen Noten kamen, die in Rußland in Umlauf gesetzt wurden.
- Ein elegant gekleideter Fremder trat vorige Woche zu Brüssel gegen Abend in die Stube eines Barbiers und verlangte rasirt zu werden. Da mehrere Personen anwesend waren, die bereits bedient wurden, so übernahm die Frau vom Hause das Geschäft. Der Fremde erfaßte plötzlich deren Hand, bemächtigte sich des Rasirmessers und führte damit einen Schnitt über seinen Hals. Ein Strom von Blut floß, der Fremde taumelte und sank zusammen. Ein Schrei des Entsetzens ertönte; die Einen eilten zum Arzt, Andere zur Polizei, die Frau fiel in Ohnmacht. Nach einer Weile erhob sich der Verwundete, wischte mit der Serviette das Blut von seinem Halse, lächelte, indem er die bestürzten Anwesenden zeigte, daß sein Hals auch nicht im Geringsten geritzt sei, nahm seinen Hut und ging, ein lustiges Liedchen summend, davon. Der Urheber des blutigen Scherzes war der auch in Lübeck bekannte Escamoteur Herrmann. Der Barbier war so in Entsetzen gerathen, daß ein Theil seiner Haare über Nacht grau geworden ist.
- Ueber den Stand der Rappsaat kommen von sehr vielen Seiten ungünstige Berichte, namentlich fürchtet man in Holland und Belgien, daß ein großer Theil der Ernte verloren sei. - Die Ernteaussichten in Frankreich sind sehr günstig und die letzten Nachtfröste haben an den Weinreben nur sehr geringen Schaden gethan. Man schützt die besseren Weinberge durch Rauchwolken gegen die Nachtkälte.


Anzeigen.


Verkaufsanzeigen.

Am Sonnabend den 1. Mai sollen in Duvennest auf der Pingler'schen Stelle die zum Nachlaß des verstorbenen Pächters Wieschendorf gehörenden Gegenstände, als:

3 Pferde, mehrere Kühe, Starken, Kälber, Schweine und Schaafe, 1 Stuhlwagen, 2 Blockwagen, Pflüge, Eggen, verschiedene landwirthschaftliche Geräthe, 6 Sielen; dann noch Haus= und Küchengeräthe, Mobilien und einiges Silberzeug
meistbietend gegen baare Zahlung in öffentlicher Auction verkauft werden. Der Anfang ist Morgens 9 Uhr.


Auction auf dem Hofe Lauen
bei Schlutup.
Dienstag den 4. Mai, Morgens 10 Uhr:                                                    
18 frischmilchende Kühe,
1 Bolle, 3 Jahr alt.


Vermischte Anzeigen.

Thierschau in Gadebusch.

Der Gadebuscher District des patriotischen Vereins wird

am 8. Junius 1858

Morgens 10 Uhr auf dem Schützenhofe bei Gadebusch eine Thierschau, verbunden mit einer Industrieausstellung, wie im vorigen Jahre, veranstalten und ladet zur zahlreichen Stellung von Thieren und Industrie=Gegenständen, sowie zur freundlichen Betheiligung hiemit ein.
Der Preis des Districts, ein silberner Pokal, wird dem besten Arbeitspferde, und ein Ehrenpreis und 10 Taler (Mecklenburg) wird dem besten 1-3 jährigen Füllen bei freier Concurrenz zuerkannt werden, und sind für die drei nächstfolgenden Pferde beider Classen Ehrenpreise ausgesetzt.
Für die beste Milchkuh ist der erste Stadtpreis von Gadebusch, ein silberner Pokal, bestimmt und erhalten die drei darauf folgenden Ehrenpreise. Die Milchkühe werden am Abend vorher eingeliefert, und haben die resp. Besitzer der Thiere das Futter für dieselben zu beschaffen. Herr Bürgermeister Koch in Gadebusch wird die Meldungen entgegen nehmen und weitere Nachricht ertheilen.
Für die selbstgezüchteten Säugefüllen, sowie für Starken und Bollen kleiner Landwirthe sind die gewöhnlichen Geldprämien, und zwar für jede dieser Thierklassen 50 Taler (Mecklenburg), ausgesetzt und wird die Größe der einzelnen Prämien von den Herren Preisrichtern bestimmt werden.
Für das wertvollste Schaf, die Zuchtböcke ausgeschlossen, ist der zweite Stadtpreis von Gadebusch, ein silberner Pokal, ausgesetzt, die darauf folgenden, sowie die Schweine werden durch Ehrenpreise ausgezeichnet.
Hinsichtlich der landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthe, sowie der Producte und Fabricate der Handwerker wird bemerkt, daß die Summe von 50 Taler (Mecklenburg) zur Prämirung der besten Arbeiten ausgesetzt ist, und daß Ehrenpreise ertheilt werden. Die Anmeldungen wird der Herr Bürgermeister Koch in Gadebusch und Herr Apotheker Schultz in Rehna entgegennehmen und weitere Auskunft ertheilen.
Gadebusch April 1858.

                                                    Die Districts=Direction.


Bekanntmachung.

Die zwischen dem 1. October 1857 und dem 31. März 1858 versichert gewesenen Mitglieder des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner haben im Mai d. Js. drei viertel ihres einfachen Ansatzes (3/4 Simplum) als Beitrag zu bezahlen. - Es contribuiren versichert gewesene 86,910,811 Mark Courant.
Lübeck, den 15. April 1858.

                          Namens der Direction
                                                    Faber, Dr.,
                                                    Secretair des Vereins.


Allen, welche unsrer theuren, im hohen Alter verstorbenen Schwester, der Rectorin Allers, in der Begleitung zum Grabe die letzte Ehre erwiesen, sagen wir unsern schuldigen Dank.
Schönberg den 26. April 1858.

                                                    Die Gebrüder Wendt.


Denjenigen, welche unserm Mann und Vater an seinem Begräbnißtage zur Ruhestätte begleiteten, sagen wir hiedurch unsern herzlichsten Dank.
Schönberg den 29. April 1858.

                                                    Wwe. Bielefeld und Kinder.


[ => Original lesen: 1858 Nr. 18 Seite 3]

Die
Hagelschäden-Versicherungs-Gesellschaft
zu Erfurt,
bestätigt
durch allerhöchste Cabinets=Ordre d. d. Berlin, den 24. Februar 1845,

zählte 1857: 10,715 Mitglieder mit 7,774,350 Th. Versicherungssumme, und vergütete an 1211 Interessenten die nach anerkannt soliden und liberalen Grundsätzen abgeschätzten Schäden mit 98,644 Th. 29 Sgr. u Pf. Sie fährt auch in diesem Jahre fort, auf Grund ihres jedem Speculations=Geiste fremden Statuts Versicherungen abzuschließen, zu deren Vermittelung ich mich empfehle.
Die Prämie für hiesige Gegend beträgt auf:
100 Thaler Versicherungssumme für Halmfrüchte etc. 14 Sgr.
100 Thaler Versicherungssumme für Hülsenfrüchte etc. 16 Sgr.
Die Ueberschüsse der Prämieneinnahme im Falle des Nichtbedarfs gehen nach den Bestimmungen des Statuts theils dem Reservefond, theils direct den ordentlichen Mitgliedern als Dividende zu.
Ratzeburg, den 29. April 1858.

                                                    Leonhd. Dölle,
                                                    Agent der Gesellschaft.


Durch bedeutende Zufuhren ist mein Lager von Casinett und Sommerbukskin, ganz wollenen Rocks= und Hosenzeugen, den neuesten Pique= und seidenen Westen, neuen eleganten Sonnenschirmen, schwarzseidenen Umschlagetüchern, grauem und schwarzem Tuch, seidenen und Atlas=Mantillen u. s. w. vollständig assortirt und empfehle mich damit zu billigen Preisen.

Schönberg.                                                    Ludwig Creutzfeldt.


Ausverkauf.
wegen gänzlicher Aufhebung der Tuchhandlung
von
Georg Zander,
Klingenberg (Sandstraße) Nr. 938, wird daselbst das vorräthige, gut assortirte Lager als:

extra feine und mittel Tuche in allen Farben, feine breite Halbtuche von 32 Schilling (Mecklenburg) pr. Elle an, schwarze und couleurte Buckskin, Düffel, Lamas, Flanelle, englisch Leder, Westenstoffe, feine weiße und couleurte Westenpiqués, schwarze Orleans à 6 Schilling (Mecklenburg) und besser,
schwarze gestreifte Manschester à 12 Schilling (Mecklenburg),
baumwollen Hosenzeuge à 4 und 5 Schilling (Mecklenburg),
graue und schwarze 5/4 Halbleinen à 2 Schilling (Mecklenburg),
graue und schwarze 7/4 Halbleinen à 3 1/2 Schilling (Mecklenburg),
feine weiße Parchende à 3 1/2 und 5 Schilling (Mecklenburg),

zu Einkaufspreisen und darunter pr. contant verkauft.

Lübeck, im April 1858.


Das Mäntel=Lager
U. Beermann & Co.
in Lübeck Klingberg 927,

empfiehlt die neuesten Frühlings=Mäntel und Mantillen in sehr bedeutender Auswahl.


Ausverkauf.

Vorigjährige feine durchbrochene Damenhüte, St. 32 Schilling (Mecklenburg) und 1 Taler (Mecklenburg), Werth 2 und 3 Taler (Mecklenburg).
Vorigjährige schlichte 12 Schilling (Mecklenburg), Werth 32 Schilling (Mecklenburg).
Woll=Mouseline von 4 Schilling (Mecklenburg) die Elle an.
Breite bunte seidene Bänder, die Elle 1 u. 2 Schilling (Mecklenburg),

bei                                                     Ludwig Creutzfeldt.

Schönberg 1858.


G. A. Levissohn
(Marcus Nachfolger)
aus Rehna


beehrt sich, hierdurch anzuzeigen, daß er zum diesjährigen Schönberger Frühjahrsmarte mit seinem bekannten, wohlassortirten

Tuch= u. Manufactur=Waaren=Lager

dort eintreffen wird.
Durch persönliche Einkäufe auf den vorzüglichsten Meßplätzen ist dasselbe mit einer neuen Auswahl aller Artikel, sowohl für

Stadt= als Landbewohner,

versehen worden, und zeichnen sich diesmal alle Waaren, unter denen ich ein hübsches Sortiment von

Mantillen und Umhängen

in allen modernen Stoffen empfehle, besonders durch billige Preise aus.
Indem ich nun um recht zahlreichen Besuch bitte, bemerke ich noch, daß mein Stand, wie immer, vor dem Gasthause des Herrn Fick, Ecke der Marienstraße, und mit meiner Firma versehen ist.


August Brandt
aus
Rehna
empfiehlt zum bevorstehenden Schönberger Frühjahrsmarkte sein durch directe Einkäufe auf der Leipziger Messe wohl assortirtes

Manufactur=Waren=Lager

auf das angelegentlichste. Der Stand seiner Bude, die mit einem Schilde versehen, worauf sein Name steht, ist vor dem Hause des Webermeisters Herrn Baumann.


Moritz Stein
aus
Ratzeburg
empfiehlt zum bevorstehenden Markte sein bekanntes
Tuch= u. Manufactur=Waarenlager.

Sein Stand ist in dem Hause des Posthalters Herrn Fick.


Zum bevorstehenden Schönberger Markte empfehle ich mein reichhaltiges

Schuh=Waaren=Lager.

Es enthält allerlei Sorten Kamaschenstiefel von braunem, grünem und schwarzem Leder, so wie alle Arten von hohen und niedrigen Schuhen, Kinderstiefeln, Pantoffeln und eine Parthie beste Patent=Gummischuhe. Da ich mit allen in dieses Fach einschlagenden Artikeln wohl versehen bin und alle Arbeiten dauerhaft und geschmackvoll sind, so hoffe ich um so mehr auf zahlreichen Zuspruch. Mein Stand ist wie früher vor der Apotheke und ist die Bude mit meiner Firma versehen.

                                                    J. Schleuß,
                                                    Schuhmacher aus Rehna.


Karl Kindt
aus Rehna

empfiehlt sich zum diesjährigen Schönberger Frühjahrmarkt mit einer großen

Auswahl Schuhzeug für Damen,

darunter namentlich Zeug= und Leder=Kamaschenstiefel in allen Größen, hohe Schnürstiefel, Morgenschuhe und lackirte Schuhe, und Kinder=Arbeit in verschiedenen Sorten; alles in geschmackvollster Façon.
Sein Stand ist wie gewöhnlich vor dem Hause des Hrn. Kaufmann Boye; die Bude ist mit seiner Firma versehen.


[ => Original lesen: 1858 Nr. 18 Seite 4]

Ich erlaube mir die ergebene Anzeige, daß ich den bevorstehenden Schönberger Markt mit meinem reichhaltige Lager von

Tuch= und Modewaaren

beziehen werde. Auf der jüngsten Leipziger Ostermesse habe ich zu sehr billigen Preisen eingekauft und werde schöne und neue Waare zu bedeutend billigeren Preisen wie früher verkaufen.
Für Landleute empfehle ich besonders schöne preiswürdige

blanke Bänder.

Ich bitte um den Besuch des geehrten Publikums und versichere eine reelle Bedienung.
Das Verkaufslokal ist in der Wohnung des Sattlermeisters Herrn Baer am Markt.

                                                    J. Burchard aus Rehna.


Dem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend bringe hiermit zur Nachricht, daß ich auch den diesjährigen Frühjahrsmarkt mit meinem bekannten großen Lager von

Tuch=, Manufactur= und Mode=Waaren

besuchen werde.
Durch persönlich gemachte Einkäufe in Frankfurt, Berlin und Hamburg habe mein Lager zur bevorstehenden Saison auf's Vollständigste assortirt und bin dadurch im Stande, die neuesten Waaren zu sehr soliden Preisen abzugeben; auch habe ganz neue Muster von blankem und bunten Brokat aus, Atlas=Schürzen und Tüchern zu bekannten billigen Preisen.
Proben von neuen Bettfedern und Duhnen führe am Markttage zur Ansicht bei mir, worauf ich Aufträge entgegennehme, und deren prompte Ausführung verspreche.
Mein Stand ist wiederum vor dem Hause des Gastwirths Hrn. Fick.
NB. Prima Woll=Barège in allen Farben.

Couleurte Sonnen= und Regenschirme.
                                                    Heinrich Rohde,
                                                    aus Rehna.


Dem geehrten Publikum Schönbergs und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mit einer großen Auswahl

Damen=, Herren= und Kinder=Strohhüten
in den neuesten Façons,
so wie mit
Strohfedern und Strohblumen, Blumen und Bändern

zum bevorstehenden Jahrmarkt eintreffen werde. Auch werden Hüte zum Waschen und Modernisiren von mir entgegengenommen und solche portofrei zurückgesandt.
Meine Bude auf dem Markte ist mit meiner Firma versehen.
Um zahlreichen Zuspruch bittet ergebenst

                                                    W. Seemann, aus Rehna.


Unterzeichneter empfiehlt im diesjährigen Jahrmarkt sich mit geschmackhaften braunen, weißen und Mandelkuchen, dergl. Pfeffernüssen, Makronen, sowie mit verschiedenen Confectüren, kleinen gefüllten Törtchen, candirten Nüssen (Pariser Pflastersteinen), Brust= und andern Bonbons, Vanille=; Rosen=, Zitron=, Pfeffermünz=Plätzen und sonstigen in diesem Fach vorkommenden Waaren. Verkauf in meiner Bude, Ecke der Marienstraße, mit der Firma versehen.

                                                    Wilh. Prahl aus Lübeck.


Unterzeichneter empfiehlt sich mit einer Auswahl von Reitgeschirren, Reiseutensilien, so wie mit Sophas, Stühlen, Rouleaux und Tapeten zu Fabrikpreisen. Tapetenproben können den resp. Abnehmern zugesandt werden.

Ratzeburg.                                                     G. Friese.


Mit einem assortirten Lager von

Brettern und Bauholz,

so wie mit frischem gottländischen Kalk empfehlen sich bestens

                                                    Moritz Stein & Comp.

Ratzeburg im April 1858.


Bekanntmachung.

Jeden eine passende Brille Ich zeige einem geehrten Publikum an, daß ich mit meinem Lager von optischen Instrumenten, sowohl für Kurz= als Fernsichtige, wie für alte und junge Leute, in Schönberg eintreffen werde. Mein Aufenthalt daselbst dauert nur 2 Tage und logire ich im Hause des Herrn Gastwirth Spehr, Hôtel Stadt Hamburg.

                                                    P. Fuchs sen.,
                                                    concessionirter Opticus
                                                    aus Altona.


Einem geehrten Publikum zeige ich ergebenst an, daß ich mich hieselbst als Maler etablirt habe, und empfehle mich als solcher bei vorkommenden Arbeiten bestens.
Schönberg, den 29. April 1858.

                                                    F. Westphal, Maler.


Der Steig zwischen den Ackerstücken des Schmied Dräger und Schuhmacher Soll, auf dem Galgenmoor vor dem Sabower Thor, wird hiemit verboten, und ist dem Arbeitsmann Maaß die Aufsicht darüber ertheilt, der die Uebertreter dieses Verbots dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen wird.


Mein Omnibus wird statt am Dienstag am Montag den 3. Mai nach Lübeck fahren.

Schönberg.                                                     F. Fick.


Am 25. und 26. Mai d. J. findet bei mir
Scheibenschießen

nach Gewinnen statt, und erlaube ich mir zur gefälligen Theilnahme freundlichst einzuladen.
Maurienmühle den 29. April 1858.

                                                    Chr. Spehr.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde
Vom 23. - 29. April

Geboren: Den 22. dem Schulmeister Niese in Lindow eine Tochter. - Den 23. dem Musikus Eckmann in Schönberg ein Sohn. - Den 23. ein unehel. Kind vor Schönberg. - D. 26. dem Arbeitsm. Kalkhorst in Westerbeck eine Tochter.
Gestorben: D. 23. Cathar. Maria Lenschow, künftige Hauswirthin in Sabow, 20 J. 11 M. alt, an Scharlachfrieseln. - D. 24. Johannes Ernst Theodor Liebenow in Schönberg, 11 M. a., an Gehirnentzündung. - D. 26. Tochter des Arbtsm. Kalkhorst in Westerbeck, 1/2 Stunde alt, an Schwäche.
Copulirt: Den 23. Johann Heinrich Kelling, Webermeister hieselbst, und Catharina Baade hies. - D. 27. Carl Friedrich Oldenburg, Bäckermeister hies., und Johanna Maria Mathilde Altermatt hieselbst.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 28. April 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 16-20 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 46-50 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 50-54 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 41-43 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 25-26 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 21-22 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 12-20 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 16-17 Mark (Lübeck)
Butter 13 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln 4 Schilling (Mecklenburg).


(Nebst Beilage.)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


[ => Original lesen: 1858 Nr. 18 Seite 5]

Beilage
zu den Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 30. April 1858.


Drei Tage aus Gellerts Leben.
                                                    Zweiter Tag. (Fortsetzung.)

Als der kleine, dicke Doctor aus Gellerts Stube trat, begegnete ihm die Magd des Hauses. Zeige mir doch des Herrn Professors Holzvorrath! sagte er. Das Mädchen führte ihn zu einem Holzbehälter und sagte: da siehts bedenklich aus, Herr Doctor, wenn nicht bald Ersatz kommt! Thut nichts, sagte er kopfschüttelnd, er muß eine warme Stube haben! Lege Sie tüchtig ein! Dann eilte er heim, um seiner lieben Frau den Genuß zu bereiten, daß sie Gellerts Lied lese; aber so gut sollte es ihm heute nicht werden. Kaum bog er in die Straße zu seiner Wohnung ein, als eine arme Frau an ihn herantrat. Ach, Herr Doctor, sagte sie, ich bitte, kommen Sie doch mit mir zu meinem kranken Manne, der Herr Professor Gellert wird es Ihnen gesagt haben, und der alte Neidhardt will es haben, daß ich Sie rufen soll! Es thut Noth!
Schon wieder der gute Gellert, sprach in sich hinein der Arzt. Woher kennt Ihr den? fragte er dann die Frau. Da ging der Frau das dankbare Herz auf und sie begann zu erzählen. Komm' Sie nur mit! Sie kann mir's im Gehen erzählen, meinte der Doctor; aber mehr als einmal blieb er mitten in der Straße stehen und horchte auf die Worte der Frau, die sein treffliches Herz tief ergriffen. - Nun weiß ich, wo sein Geld hingekommen ist, rief er aus, und warum er so arm ist, wie eine Kirchenmaus! Nun ist's mir klar, warum er in einer kalten Stube sitzt und kein Holz kaufen kann! Edler Mensch, Gott lohne Dir's! - Mit Schmerz hörte erst jetzt die arme Frau, wie groß das Opfer war, das Gellert ihr gebracht hatte. Als sie das äußerte, rief aber der Doctor: Thut nichts, wird schon wieder Geld und Holz kriegen. So einen verläßt der liebe Gott nicht! Glauben Sie mir! - Sie traten ein in das Häuschen, und der Arzt verordnete das Nöthige und lief dann wieder fort, immer noch den Kopf und das Herz voll von Gellerts schöner That und dadurch hervorgebrachter Noth.
Als er zu seiner Thüre kam, stand ein Bauernbursche da und hielt ein stattliches, gesatteltes und aufgezäumtes Roß im Zügel. Was giebt's? fragte er den Burschen. Der Schulze von * läßt Euch um Gotteswillen bitten, gleich hinauszukommen. Unsere Frau ist in Nöthen. Ach, Herr Doctor, es sind so brave Leute, und unser Herr verzweifelt fast, wenn Ihr nicht bald kommt. Es soll schlimm sein! - Der Doctor war nicht bloß ein tüchtiger, sehr pflichtgetreuer Arzt, sondern auch ein Mensch von dem weichsten, besten Herzen. Da blieb keine Wahl; seine Frau mußte mit dem Gedichte warten, bis er zurückkehrte. Er lief eiligst hinauf, holte den Ledersack mit den Instrumenten, rief seiner Frau ein paar freundliche Worte zu, eilte dann hinab, reichte dem Knechte den Sack mit den Instrumenten, schwang sich auf's Roß und trabte davon.
Auf der Landstraße hielt es schwer, durchzukommen, denn preußische Artillerie und Soldaten aller Waffen nahmen sie fast ganz ein. Dennoch gelang es dem Arzte, zeitig am Orte anzulangen. Vor einem stattlichen Bauernhause hielt er an, da es der Knecht als das Haus seines Herrn, des Schulzen, bezeichnete. Ein Mann trat heraus, dem Kummer und Angst auf dem Gesichte geschrieben stand. Nach einigen mit ihm halblaut gewechselten Worten folgte ihm der Doctor in den oberen Theil des Hauses. -
Schon nach einer Stunde kam der Schulze mit dem Doctor herunter. Die Miene des Doctors drückte Befriedigung aus und an die Stelle des Kummers und der Angst auf dem Angesichte des Schulzen war Freude getreten. Beide traten in das Zimmer, wo eine große Anzahl hoher preußischer Officiere sich eben zum Mittagsmahl niedersetzten. Auch der Doctor mußte an der Tafel Platz nehmen, wo der Schulze, der zugleich Wirthschaft hatte, die Bedienung besorgte. Wer die Officiere waren, wußte Niemand. Nur sah man, daß sie einen mit hoher Ehrerbietung behandelten, der übrigens am wenigsten durch seinen militairischen Anzug sich auszeichnete. Es mußte eine sehr hohe Person sein, das sah man schon seinem ganzen Wesen an, aber das edle Gesicht trug das Siegel der Leutseligkeit und Milde.
Der Doctor hatte einen riesenmäßigen Hunger und arbeitete mit seiner ganzen Thatkraft daran, ihn zu besiegen, ohne daß er auf das Gespräch der Officiere geachtet hätte, und der Schulze, der mit Freuden sah, wie es ihm so gut schmeckte, schob ihm immer neue Bissen zu. - Sie sind wohl aus Leipzig, Herr Doctor, sagte der hohe Herr, der ihn von dem Schulzen Doctor nennen gehört hatte. - Zu dienen! erwiederte der Doctor, ohne sich in dem Geschäfte irre machen zu lassen, dem er mit anerkennenswerthem Fleiße und ansehnlichem Erfolge oblag. So kennen Sie auch wohl den Herrn Professor Gellert? fragte der Herr weiter. Jetzt legte der Doctor seine Gabel nieder, sah sich den Fragenden an und da er einen sehr guten Eindruck auf ihn machte, erwiederte er: Ich bin sein Arzt und darf mit Stolz hinzusetzen, sein Freund! - So? war des Herrn Gegenrede. Man hat mir gesagt, er sei leidend? - Das ist er leider, versetzte der Arzt. Es fehlt ihm, wie allen Gelehrten, an einer tüchtigen, durchgreifenden Bewegung. Besonders wäre es ihm gut, wenn er reiten könnte; d'rum hab' ich ihm auch gesagt, er solle sich so einen Klepper kaufen. - Und will er das? fragte Jener. - Das Wollen ist schon da, fuhr der Arzt fort, aber das Vollbringen fehlt, und dabei rieb er bezeichnend den Daumen und den Zeigefinger. - Also arm? fragte der Herr mit großer Theilnahme. - Wie eine Kirchenmaus! platzte der Doctor heraus. Wenn Sie es mir gestatten, will ich Ihnen sagen, wie ich ihn diesen Morgen fand. - Der Herr bat sehr darum, und der lebhafte Doctor erzählte auch Alles haarklein, was in den beiden vorhergehenden Abschnitten geschildert worden ist. Als er geendet hatte, schlug der fremde Herr die Hände zusammen und sagte: So ein edler Mann und frieren und darben! Das ist hart! Und kann sich kein Holz und kein Pferd kaufen, weil er den letzten Heller der leidenden Menschheit opfert! - Der Doctor war im Zuge. Wenn Sie so viel Theil an dem edlen Dichter nehmen, sagte er, so dürfte es Ihnen auch vielleicht nicht unlieb sein, das Lied zu lesen, das er diesen Morgen unter dem Eindrucke der Bibelstelle *) die darüber geschrieben ist, dichtete? - Er reichte das Blatt dem Herrn hin, ohne seine Antwort abzuwarten, und setzte hinzu: Es ist die Originalhandschrift, die ich mir habe geben lassen, um eine Abschrift davon zu nehmen, wozu ich aber vor Berufsgeschäften noch nicht gekommen bin. - Hastig reckte der Herr seine Hand aus, das Blatt zu ergreifen. - Das jüngste Lied unsers Dichters Gellert, den wir alle gleich hoch verehren, sagte er dann, muß ein Gemeingut sein. Ich werde es vorlesen! Und er las mit tiefem Gefühle und Ausdruck:
                          Ich hab' in guten Stunden
                          Des Lebens Glück empfunden
                          Und Freuden ohne Zahl: u. s. w. **)

-----------------

*) Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen. Hiob 2, 10.

**) Siehe den Verfolg des Gesanges unter No. 669 des Ratzeburger Gesangbuches.

[ => Original lesen: 1858 Nr. 18 Seite 6]

Alle Glieder der Tischgenossenschaft lauschten den Worten und stille blieb es lange Zeit, als der Vorlesende geendet hatte. Der Eindruck war allgemein ein mächtiger. Der Schulze stand mit gefalteten Händen da und eine Thräne jagte die andere, denn auf ihn, der eben erst durch Gottes Gnade schwerem Kummer enthoben worden war, wirkte es am tiefsten. - Herr Doctor, nahm endlich der Herr das Wort, würden Sie mir die Bitte nicht mißdeuten eine Abschrift davon nehmen zu lassen, wenn Sie überhaupt so lange hier verweilen?
- Ich glaube nicht, daß ich ein Unrecht begehe, wenn ich eine Abschrift gestatte, versetzte der Doctor.
- Lieber Nostiz, rief der Herr einem Ordonnanzoffizier, bitte, nehmen Sie doch schnell eine genaue, deutliche Abschrift von dem Liede. - Er reichte ihm das Blatt über den Tisch, und der Officier entfernte sich eiligst.
Und der Mann, der dies gottesgläubige Lied und die schönen anderen Lieder und Fabeln gemacht hat, hat kein Holz, daß er sich, bei seinem schwachen Körper, eine warme Stube machen kann? fragte der Schulze eifrig den Doctor. - Es ist, wie ich Euch sage, erwiederte dieser. Ich fand ihn heute in einer kalten Stube. - Ei, so wollt' ich ja lieber acht Tage frieren wie ein Windhund! rief er aus, und so ernst auch am Tische die Stimmung durch das Gellert'sche Lied geworden war, so brachen doch alle Anwesende über des Schulzen Aeußerung in ein lautes Gelächter aus. Der ehrliche Mann meinte, die Herren glaubten nicht, daß er ausführen würde, was in ihm zum Entschlüsse gereift war, ohne, daß er es ausgesprochen hatte. Er schlug heftig wider seine Brust und sagte gereizt: Ja, so war mir der Herr aus großer Noth geholfen hat, ich lasse ihm heute noch einen Wagen Holz anfahren, wie noch keiner über das Pflaster von Leipzig gerollt ist! Er sprang zum Fenster und rief eifrig: Peter!
Wenige Augenblicke später eilte der Bursche in's Zimmer, der dem Doctor das Pferd gebracht hatte. Was soll ich, Herr? fragte der Knecht. - Geh' zum Schuppen, befahl der Schulze, und lade den großen Güterwagen, den wir zur Leipziger Meßzeit, für die Waaren brauchen, mit Buchenholz, was nur darauf geht, spanne vier Pferde vor und fahre nach Leipzig. Dort fragst Du, wo der Herr Professor Gellert wohnt, und lädst ihm das Holz vor der Thüre ab. Dann richtest du einen schönen Gruß von mir aus, und ich ließe ihm sagen, er solle sich damit eine recht warme Stube machen, und es wäre ein Geschenk für das schöne Lied: Ich hab' in guten Stunden - und wie es ferner lautet. Aber, hörst Du, mach' fort; es muß heute noch hinein! - Soll geschehen! erwiederte der Knecht und ging.
Bravo! rief der Herr und alle Officiere, wie mit Einem Munde; Bravo, Herr Schulze! Sie sind ein Ehrenmann, sagte der Herr, und haben da ein Beispiel gegeben, das nachgeahmt zu werden verdient. Ich will mir's schön merken! - Gellert war nun einmal der Gegenstand des Gesprächs, und der Doctor mußte noch Vieles von ihm und aus seinem Thun und Leben erzählen, was er gerne that, da er Gellert warm und treu liebte. Endlich kam der Ordonnanzofficier, brachte die Abschrift, und der Herr gab dem Doctor mit vielen Danksagungen das Originalblatt zurück. Der Schulze aber nahm es ihm aus der Hand. Was dem Einen recht ist, das ist dem Andren billig, sagte er. Eine Abschrift müßt Ihr mir auch nehmen lassen! - Mit Freuden, erwiederte der Doctor, aber ich muß das Blatt wieder haben, ehe ich heimkehre! - Gewiß, gewiß, versicherte der Schulze. Da ich keine Zeit habe, es abzuschreiben, schicke ich es zu unsrem Herrn Cantor, der ist ein feiner Schreiber und fix in der Feder. - Das geschah, und der Doctor stand auf, und begab sich zu seiner Patientin. Vor der Thür fragte er einen Reitknecht, der ein herrliches Roß am Zügel hielt, wer der Herr drinnen sei, dem man so viele Ehrerbietung erweise? - Der Prinz Heinrich von Preußen ist's, mein vortrefflicher Herr, entgegnete der Reitknecht. Der Doctor rieb sich die Stirne und lief eiligst die Treppe hinauf.
Kurz darauf hörte man Pferdegetrappel. Der Prinz mit seiner Begleitung entfernte sich in der Richtung von Leipzig. Darauf wieder hörte man Peitschenknalle. Der Schulze zog den Doctor zum Fenster hin, wo man den Hof sah. Vier kräftige Zugpferde mühten sich ab, einen ungeheueren Lastwagen voll Buchenholz von dannen zu ziehen. Hab' ich mein Wort gelös't? fragte der Schulze. - Vortrefflich! rief der Doctor. Die Ueberraschung aber möchte ich sehen, wenn es ankommt! Gott vergelt's Euch, Herr Schulze.
Zu des Doctors Freude befand sich die Wöchnerin wohl mit ihrem Neugeborenen. Er konnte sich zeitig entfernen, was um so nöthiger war, als in Leipzig viele Truppen waren und Einquartierung zu befürchten stand. Als er endlich mit Mühe seine Gellert'sche Handschrift wieder hatte, verließ er das Dorf und kehrte nach Leipzig zurück, wo er dann, nachdem er alle Erlebnisse dieses und die Erlebnisse des gestrigen Tages erzählt hatte, seiner innigst bewegten Frau das Lied vorlesen konnte, ohne daß ihn ein neues Vorkommniß dabei gestört hätte.

--------------

Um die Zeit, da der Doctor, wie eben erzählt, mit dem edlen Prinzen Heinrich von Preußen, ohne es zu wissen, zu Tische saß, ging Gellert vor das Thor, wo er gestern die weinende Frau gefunden hatte, um, nach des Doctors Vorschrift, sich zu ergehen. Alle die Bilder dessen, was er gestern erlebt, traten wieder vor seine Seele und er lebte Alles noch einmal durch; aber kein Seufzer begleitete den Gedanken an die dreißig Thaler, ob er gleich nicht mehr so viel hatte, um einem Bettler, der ihn etwa anreden möchte, eine Gabe zu geben. Ungewöhnlich weit dehnte er seinen Spaziergang aus, ohne daß er es selber wußte, und der Abend war nicht ferne, als er sich seiner Wohnung näherte. Mit Erstaunen bemerkte er eine Menge des schönsten Holzes, an dem drei Holzspalter sich tüchtig abarbeiteten, und doch heute nicht mehr fertig werden konnten, weil der Haufen noch zu groß war. Mit einem leisen Seufzer sprach er in sich hinein den Wunsch aus, daß er doch auch so glücklich sein möge, einen solchen Haufen Holz sein zu nennen, zumal er jetzt keine Aussicht hatte, sich Holz kaufen zu können.
Als er zu den Arbeitern kam, grüßten sie ehrerbietig den auch in den niedrigsten Klassen des Volks verehrten Mann, und Einer sagte: Herr Professor, da haben Sie aber einen Wagen voll Holz gekauft, der hält mehr, als zwei gewöhnliche. Wir werden morgen kaum fertig! Und das Holz ist fest, wie Stahl und Eisen! - Ich? Holz gekauft? sprach Gellert und dachte mit Entsetzen daran, daß seine Kasse bis auf die Nagelprobe leer war. Ich weiß von nichts! Ihr werdet irre sein, gute Leute! - Er ging eiligst ins Haus und die Holzspalter sahen sich an und lachten. Das ist auch Einer von den Gelehrten, die ihren eigenen Kopf vergäßen und verlören, wenn er nicht angewachsen wäre, bemerkte Einer. Stille, rief der Andere, laßt mir den Mann ungeschoren. Der macht die herrlichen Gotteslieder und Leipzig kann stolz auf ihn sein!
Während dieser kurzen Unterredung war Gellert in das Haus getreten. Die Hauswirthin trat ihm entgegen mit freundlichem Gesichte. Gratulire, Herr Professor, sagte sie. - Wozu denn? fragte Gellert mit Erstaunen. - Nun, fuhr die Frau fort, Sie waren kaum weggegangen, da fuhr ein Frachtwagen mit vier Pferden an und lud eine ungeheuere Masse des schönsten Buchenholzes ab. Wem gehört denn das Holz? fragte ich, fuhr die redliche Frau fort. Ei, sagte der Fuhrmann, ich bin der Knecht des Schulzen * von ** und bringe das Holz dem Herrn Professor Gellert, der ja hier wohnt? Freilich, sagte ich, wohnt der bei uns, aber er ist nicht zu Hause. Thut nichts, sagte er, sie können dem Herrn Professor Gellert nur sagen, das Holz sei für das Lied: Ich hab' in guten Stunden.

(Fortsetzung folgt.)


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD