No. 14
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. April
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1858 Nr. 14 Seite 1]

- Am Freitag den 26. März, Nachmittags 2 Uhr wurde die Leiche des sel. Consistorialrathes und Probsten des hiesigen Fürstenthums, M. C. Genzken, zur Erde bestattet. Die zahlreich vertretene Gemeinde, der Herr Oberlanddrost und die Prediger des Fürstenthums, die Lehrer der Stadt= und Realschule zu Schönberg, der Superintendent des Herzogthums Lauenburg, wie auch mehrere Prediger von daher, die Lehrer der lauenb. Gelehrtenschule, die Lehrer der Ratzeburger Stadtschulen, so wie viele Bewohner der Stadt hatten sich in und bei dem Sterbehause eingefunden, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Mit dem Gesange: "Alle Menschen müssen sterben" begann die Feier, dann sprach Herr Pastor prim. Kämpffer aus Schönberg ein tief ergreifendes Gebet am Sarge. Darauf wurde die Leiche aufgenommen und unter Vorantritt des Herrn Pastorn Reinke aus Ziethen, der Schulen von Dom und Bäck mit ihren Lehrern, dem Geläute der großen Glocke und dem Gesange: "Ich hab mein' Sach' Gott heimgestellt" bewegte sich der Zug nach dem Kirchhofe. Dort angekommen, wurde der Verstorbene mit dem Gesange: "Nun laßt uns den Leib begraben" in die Familiengruft zu seiner ihm fast 10 Jahre früher in die Ewigkeit vorangegangenen Ehegattin eingesenkt. Nachdem Herr Pastor Reinke die üblichen Einsegnungsworte gesprochen, begab sich das ganze Gefolge in die Kirche, wo nach den ersten 3 Versen des Gesanges: "Wenn mein Stündlein vorhanden ist," der Senior des Fürstenthums, Herr Pastor Pumplün aus Carlow, die Leichenpredigt hielt über 2. Tim. 4, 7. und 8. Nach derselben wurde vom Chor der Choral: "Christus der ist mein Leben" vierstimmig gesungen, worauf die beiden Schlußverse des ersten Liedes, Liturgie und Segen den Gottesdienst beschlossen.


- Der Gesundheitszustand des Königs von Preußen soll sich in erfreulicher Weise gebessert haben. Dennoch glaubt man, daß der Prinz von Preußen vom 23. April an nochmals Vollmacht zur Leitung der Regierungsgeschäfte erhalten werde, weil die Aerzte noch eine längere Schonung für den König für notwendig halten.
- Bei der diesjährigen Aushebung in Kurhessen hat sich ergeben, daß die Gesammtzahl der bei derselben anwesend diensttüchtigen Militairpflichtigen etwa 300 weniger sich stellten, als nöthig befunden waren. Diese Erscheinung ist um so auffälliger, da die Bevölkerung des Landes ganz überwiegend eine ackerbautreibende und der hessische Menschenschlag im Allgemeinen kräftig und groß ist. Es wird angenommen, daß die meisten dieser fehlenden Militairpflichtigen heimlich nach Amerika ausgewandert sind.
- Der französische Gesandte in Berlin hat die preußischen Behörden benachrichtigt, daß sie allen Personen, welche nach Frankreich zu reisen beabsichtigen, bemerklich zu machen hätten, daß das Visa von dem Betreffenden persönlich bei der Gesandschaft nachgesucht werden müsse.
- Napoleon fährt täglich in einem Phaeton ganz allein in den Straßen von Paris umher und überzeugt sich von der großen Ruhe und Sicherheit seiner Hauptstadt. Desto unruhiger ist der neue Sicherheitsminister Espinasse, dessen Telegraphen Tag und Nacht nach allen Orten und Enden des französischen Reichs spielen. - Aus Toulouse wird gemeldet, daß daselbst die Wachen fortwährend mit geladenen Gewehren die Posten beziehen. Diese Maßregel charakterisirt am besten die Anstrengung, welche die Regierung anwenden muß, um der aufrührerischen Elemente Herr zu werden. - Nach einem in Paris allgemein verbreiteten Gerücht würde der Kaiser der Königin Victoria demnächst einen zweiten Besuch in Osborne abstatten.
- Zum französischen Gesandten in London ist der aus Algier und dem Krimkrieg rühmlichst bekannte Marschall Pelissier ernannt. Diese Ernennung hat in Paris außerordentlich überrascht und wird als ein neues Zeichen davon betrachtet, daß die Ereignisse der letzten Zeit die Beziehungen zwischen den beiden Staaten gelockert haben. Der Marschall wird in London glänzend auftreten und hat jährlich mindestens 400,000 Franks zu verzehren.
Indien. Die Nachrichten von Anfang März lauten allseitig befriedigend. Die Engländer hatten auf dem Marsche gegen Lacknau drei Siege errungen und dem Feinde dabei 2800 Mann und in einer vierten Schlacht dem Nena Sahib 1800 Mann getödtet. Das Belagerungsheer vor Lacknau schickte sich zum Bombardement der Stadt an. - Die ostindische Compagnie hat bestimmt, daß die Sieger von Delhi außer einer sechsmonatlichen Feldzulage, welche ihnen der Generalgouverneur bewilligte, eine gleich große Zulage vom Directorium erhalten und daß ihnen außerdem die Regierung die ganze in Delhi gemachte Beute, soweit sie nicht Staatseigenthum ist, überläßt. - Die Adaman=Inseln, nach welchen der alte König von Delhi verbannt ist, werden als ein schrecklicher, durch und durch ungesunder Aufenthalt geschildert.
- Im englischen Unterhause wurde ein Antrag angenommen, der für das Verhältniß Englands zu Indien von bedeutenden Folgen sein kann. Es soll nämlich Indien kolonisirt werden; auswandernde Engländer sollen sich dorthin wenden, wo noch dreiviertel des Ackerbodens nicht bebaut sind, wo überhaupt reiche Hülfsquellen unbenutzt liegen. Eine vermehrte englische Bevölkerung würde den Einfluß ungemein steigern und für dasselbe in kritischen Zeiten eine große Stütze sein.
- Die verbündeten Engländer und Franzosen haben die Blokade von Canton aufgehoben. Drei Viertheile der Bewohner der Stadt hatten sich von dem Bombardement geflüchtet, aber viele waren zurückgekehrt; der Verkehr auf den Straßen ist unge=

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hindert. Anscheinend war das Benehmen der Chinesen gegen die Fremden freundschaftlich; dennoch blieb die Besatzung auf der Hut. Die Armuth in Canton ist fruchtbar, obgleich die Lebensmittel wohlfeil sind. Yeh, der gefangene Statthalter, soll nach Calcutta gebracht und dort in Gewahrsam gehalten werden. Bisjetzt hat er sich nicht sehr über sein Unglück gegrämt, sondern sich's wohl sein lassen.
- Die erwähnte Ministerial=Verfügung gegen die Schweriner Bank hat nach dem H. C. ihren Grund darin, daß die inhibirten Geschäftsbranchen in dem Statute der Bank nicht mit aufgeführt sind und also die Genehmigung der großherzoglichen Regierung nicht erhalten haben, so wie daß das zum größten Theil in Solo=Wechseln der Actionaire bestehende Vermögen des Instituts gegenüber den eingegangenen Risicos eine genügende Sicherheit nicht gewähre. Ferner haben einige Wenige sich Bürgschafts=Unterschriften bis zu einem für ihre Verhältnisse ungemessenen Betrage zu erschwindeln verstanden, und Andere sollen sich ihre Unterschriften als Bürge mit erheblichen Prozenten haben bezahlen lassen.
- Der Oberkirchenrath in Schwerin bringt, aus Veranlassung mehrfach vorgekommener, aber ungewährlicher Dispensationsgesuche, in Erinnerung, daß die Ehe mit der Bruder oder der Schwester Tochter, so wie des Bruders oder der Schwester Sohn durch die Consistorial=Ordnung vom Jahre 1570 und die revidirte Kirchen=Ordnung vom Jahr 1650 auf Grund der Eheverbote im 3. Buch Moses Kap. 18 ernstlich und unwandelbar untersagt ist.
- Auf den preußischen Eisenbahnen ist im vorigen Jahr bei einer Beförderung von über 18 Millionen Reisenden nur einer derselben getödtet und einer verletzt, und zwar beide in Folge eigener Unvorsichtigkeit. Das Jahr 1856 ergab 3 getödtete und einen verletzten Reisenden. Von Bahnbeamten verunglückten unverschuldet 4, die getödtet, und 15, die verletzt wurden; durch Unvorsichtigkeit sind 52 getödtet und 128 verletzt.
- In Bredstedt (Schleswig) sind in der Nacht vom 26. zum 27. März 80 bis 100 Häuser ein Raub der Flammen geworden. Das ganze Osterende des Fleckens vom Markt an ist eingeäschert.
- Das Directorium der in Dresden bestehenden Bekleidungs=Akademie, mit der eine Schul= und Bildungs=Anstalt für ihre Zöglinge verbunden ist, hat eine Einladung zur Prüfung erlassen. Die Schüler dieser Anstalt, jugendliche Kleider=Künstler, werden bei der technischen Prüfung am 1. April, Nachmittags von 3-7 Uhr, irgend welchen anwesenden Personen Maaß nehmen, Patronen zeichnen und darnach für dieselben Röcke u. s. w. zuschneiden und diese sofort zur Anprobe fertig machen, was noch vor 7 Uhr Abends geschehen soll.
- (Jedes Volk hat seine eigene Trauerfarbe.) Der Europäer bedient sich der schwarzen; der Syrier der himmelblauen oder violetten; die Aegypter trauern dunkelgelb, die Aethiopier grau, die Japanesen weiß. Jede dieser Nationen folgt darin im Allgemeinen einem richtigen Gefühl. Die Syrier trauern himmelblau zum Andenken an den Ort, an welchen man die Gestorbenen wünscht. Die Aegypter sind der Meinung, das Dunkelgelbe stelle das Ende des Lebens und aller irdischen Hoffnungen vor, weil die verwelkten Blätter auch gelb werden. In Aethiopien ist die Trauer grau, weil die Muttererde grau ist, in welche die Todten zurückkehren. Das Weiß der Japanesen versinnbildlicht die Reinheit des Lebens der Gestorbenen. Den Verlust alles Lichtes, alles Lebens, aller Freude deutet unsere schwarze Farbe an.
- Am Donnerstag den 8. April werden in Lübeck Beckergrube Nr. 149, 22 Last Königsberger Hafer meistbietend verkauft.


"Feierabend."

Am Montag den 29. März fand im hiesigen Schulsaale der Schluß der Winterschule des Feierabend und die Vertheilung der Prämien statt. Herr Superintendent Brömel musterte die vorgelegten schriftlichen Arbeiten und Zeichnungen und richtete in Bezug auf erstere einige ermunternde Worte an die schwächeren Schüler, besonders auf die Nothwendigkeit der Rechtschreibeübung während der Lehrzeit, für den späteren Gesellen= und Meisterstand hinweisend. In den vier Unterrichtsgegenständen: Deutsch, Zeichnen, Rechnen und Schönschreiben sind je 22 Stunden, zusammen also 88 Unterrichtsstunden im Laufe des Winters ertheilt worden. Vorträge wurden gehalten über die Hermannsburger Mission unter den Kaffern in Südafrika, ferner über vaterländische Geschichte: Die freien Seestädte, die Hansa, Entwicklung des Handels= und Gewerbestandes in Deutschland. Der Unterricht war im Laufe des Winters von 32 Lehrlingen, theilweise auch von einigen Gesellen besucht. Den Vorträgen wohnten sämmtliche Gesellen, welche dem Feierabend als Mitglieder angehören, bei. Den letzteren waren ferner etwa 18 Gesangstunden ertheilt worden, auch wurde das Lesezimmer fleißig von ihnen benutzt.
Die Prämien zur Anerkennung des fleißigen Besuches der Schule wurden nach ihrer Bestimmung durch Herrn Superintendent Brömel folgendermaßen vertheilt:

1) Der Malerlehrling Johannes Oldörp aus Petersberg im Fürstenthum Ratzeburg.
2) Der Maurerlehrling Heinrich Rebentisch aus Ratzeburg.
3) Der Maurerlehrling Georg Mahnke aus Ratzeburg.
4) Der Zimmerlehrling Fritz Küsel aus Ratzeburg.
5) Der Barbierlehrling Gustav Zühl aus Wittenburg in Mecklb. Schwerin.
6) Der Malerlehrling Carl Benthien aus Ratzeburg.
7) Der Tischlerlehrling Joachim Buschow aus Ziethen im Fürstenthum Ratzeburg.
8) Der Malerlehrling Fritz Schwenn aus Ratzeburg.

                          Der Vorstand des Feierabend.
                          J. G. Willers.


Ein Tag bei den Aegyptischen Pyramiden.

Es war am 7. Januar 1858. Unsere Reisegesellschaft bestand aus fünf Deutschen und einem Franzosen. Die Sehenswürdigkeiten Kairos, der Hauptstadt Aegyptens, waren gesehen. Heute sollten die Pyramiden besucht werden, die großartigsten unter den altägyptischen Denkmälern. Und zwar galt unser Vorhaben der Gruppe von Giseh, der nächsten und zugleich interessantesten von allen, die sich auf dem Todtenfelde des alten Memphis erheben. Das Städtchen Giseh liegt am Ufer des Nil, und von hier reitet man im Bummeltrab der Esel, deren man sich zu solchen Ausflügen zu bedienen pflegt, bis zum Fuße des Wüstenhügels, auf dem die Pyramiden stehen, ungefähr noch 2 Stunden. Je näher wir den Pyramiden kamen, um so klarer erkannten wir, daß der Gipfel derselben keine scharfe Spitze ist, als welche er aus der Ferne erscheint, sondern eine Plattform, die dadurch entstanden ist, daß die obersten Blöcke heruntergefallen sind. - Steht man endlich vor der größten Pyramide, so möchte man kaum glauben, daß die Reisehandbücher Recht haben, welche sie 430 Fuß hoch sein lassen und jeder ihrer Seiten an der Grundlage eine Länge von 746 Fuß geben.. Vom Gipfel herabschauend dagegen meint man, daß jene Angabe eher zu gering als zu hoch seien. Auf der obersten Stufe stehen wir so hoch, daß die höchste Kirchthurmspitze Europas noch mehrere Fuß unter uns sein würde. Wollte man die Pyramide auf irgend einen Marktplatz in Deutschland setzen, so würde auch der größte derselben noch beträchtlich erweitert werden müssen; denn sie nimmt eine Bodenfläche von nicht weniger als zwanzig preußischen Morgen ein. Den Gesammt=Inhalt ihrer Masse schlägt man auf 90 Millionen Kubikfuß an. Aus einem Theil ihrer Steine soll die Moschee Sultan

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Hassans in Kairo, die größte daselbst, erbaut sein, aber man könnte mehr als hundert solche Moscheen von ihrem Material errichten, ohne die Pyramide ganz zu verbrauchen. Um sich ihre Größe recht deutlich zum Bewußtsein zu bringen, pflegen die Reisenden den Versuch zu machen, von oben einen Stein nach ihrem Fuße zu werfen. Auch wir machten diesen Versuch, der auf den ersten Blick nichts weniger als ein unerreichbares Ziel zu haben schien. Aber wie gute Werfer wir auch alle sechs waren, keiner unserer Würfe ging weiter als bis zum dritten Theil der abwärts führenden Stufen. Welche Menschenkraft schnellte einen Stein auch 190 Ellen weit!
Die Aussicht, die man von der Pyramide genießt, ist großartig. Man überblickt, wenn man mitten im Winter kommt, im Osten eine grüne Thalfläche, die vom Nil geschaffene Oase der ostafrikanischen Wüste. Zwischen den Palmenhainen, die in der Ferne mit ihren röthlichen Stämmen und ihren graugrünen Wipfeln fast wie deutsche Kiefernwäldchen aussehen, liegen wie Ameisenhaufen erdfahle Fellahdörfer, darunter auch die, bei denen Napoleon am 21. Juli 1798 die Schlacht gewann, welche das Mamelukenheer vernichtete. Nielabwärts steht zwischen hellgrünen Feldern und dunkleren Wäldchen der Obelisk, der die Stätte des alten On, der Sonnenstadt, bezeichnet, wo sich einst der Vogel Phönix alle fünfhundert Jahre verjüngte, wo Josef, der Sohn Jacobs, seine Frau fand. Nilaufwärts, auf dem diesseitigen Ufer begegnen dem Blicke die Palmenwälder des Dorfes Mitrahenny, wo einst unter dem Riesentempel des Ptah die Königsstadt Memphis stand, welche die Pyramiden als kolossale Denkmale ihres Todtenackers hinterlassen hat, während sie selbst fast spurlos vom Boden verschwunden ist. In unmittelbarer Nähe, so daß wir ihre Stufen zählen können, stehen im Südwesten die beiden anderen Pyramiden dieser Gruppe, die eine fast eben so hoch, wie die von uns erstiegene, die andere beträchtlich kleiner.
Der Gedanke geht weiter und immer weiter nach Westen, hunderte und aberhunderte von Meilen weit, ohne anderes zu finden, als Sand und Felsen, Felsen und Sand, bis endlich der atlantische Oceans dieser schrecklichen Wildniß ein Ziel setzt.
Die Chinesen bezeichnen ihr Reich als das Reich der Mitte. Mit größerem Rechte könnte man Aegypten so nennen, wo der Urquell des geistigen Stromes entsprang, den wir Weltgeschichte nennen. Diese Auffassung im Sinne kann man auf diesen Pyramiden eigene Träume träumen. Da vor uns liegt Asien mit den Trümmern seiner alten Herrlichkeit und den Todtenfeldern von hundert und aberhundert ausgelebten Völkern. Hinter uns, über die Wüste und das Meer hinaus taucht Amerika auf, mit seinen jungen Nationen ein Land der Zukunft und der Hoffnung. Links im Norden, die Gegenwart darstellend, streckt sich Europa, der herrschende Welttheil, der Wohnsitz der höchsten Kultur. Zu unserer Rechten endlich liegt Afrika, das Land ewiger Nacht in der Geschichte und doch hier in seiner Nordostecke der Geburtsort aller Kultur. Die alten Steinblöcke der Pyramiden, auf denen wir sitzen, wie viel große Nationen haben sie kommen und wieder gehen sehen! Es erschienen die welterobernden Perser. Es feierte der griechische Geist hier Triumphe seiner Schönheit und Stärke. Es streckte Rom seinen Scepter über Aegypten. Die Perser, Griechen und Römer sind verschwunden. Arabien ergoß seine Kämpferschaaren über die östliche Welt und eroberte auch das Nilthal für den Gott der Propheten von Mekka. Die Streiter für Mohameds Lehre haben sich im Laufe der Zeit in ein Geschlecht elender Bakschischjäger verwandelt. Sie schwinden vor unsern Augen als Nation dahin und schon das nächste Jahrhundert, vielleicht schon das jetzige wird hier Abendländer herrschen sehen. Die Pyramiden werden auch diesen neuen Tag in der Geschichte Aegyptens überdauern. Alles fürchtet die Zeit, aber die Zeit fürchtet die Pyramiden.
Das Alter der Pyramidengruppe von Giseh ist noch immer Gegenstand des Rathens und Rechnens. Die arabische Sage läßt sie von Geistern für den großen Sultan Sulejman erbaut sein, dessen Schätze noch jetzt darin liegen sollen. Nach einer alten jüdischen Legende errichteten sie die Kinder Israels für Pharao, welcher sie als Kornspeicher benutzte. Eine bestimmte Zeit wann sie erbaut sind, weiß man nicht. Einige Forscher nehmen an, daß ihre Erbauung ca. 2300 Jahre vor Christi fallen dürfte; also vor über 4000 Jahren. Die Pyramiden selbst sagen über ihr Alter nichts. In griechischen Schriftstellern findet sich die Angabe, daß König Cheops, oder ägyptisch zu sprechen, der Pharao Chufu, sie errichtet, daß er dazu 20 Jahre gebraucht habe, und daß dabei nicht weniger als 400,000 Arbeiter beschäftigt gewesen seien. In der ägyptischen Volkssage ist Cheops=Chufu ein gottloser Tyrann. Die Aegypter wollten vor Haß weder seinen Namen, noch die Namen der Könige aussprechen, welche die beiden andern Pyramiden dieser Gruppe erbauten. Sie nannten die Pyramiden nach einem Hirten Philitis der in der Gegend geweidet habe.
Daß die Pyramiden keine Speicher gewesen sind, versteht sich von selbst, da sie sonst, von anderen Rücksichten ganz abgesehen, hohl sein müßten. Daß sie keine Schätze bargen, erfuhr schon der Chalif Mamun, der im Jahre, 820 vergeblich darnach graben ließ. Sie waren prächtige, bis auf einen schmalen Gang und zwei kleine Kammern vollkommen massive Grabdenkmale. Die Schatzgräber der Chalifen fanden, als sie jenen Gang eröffnet hatten und bis zu der Grabkammer vorgedrungen waren, einen Steinsarkophag, darinnen einen hölzernen Mumienkasten und in diesem den Leichnam des Königs mit einer goldenen Brustplatte, auf der unbekannte Zeichen standen. Der König thürmte diesen Hügel von Steinblöcken auf, um seinen Leib und damit nach dem Glauben der Zeit die Existenz seines Ich vor der Zerstörung zu sichern. Der Leib wurde von den Schatzgräbern in Fetzen zerrissen. Der Granitsarkophag bildet noch heute den Kern der Pyramide.
Die Gräber sind Quaderbauten, aus viereckigen Steinblöcken von 10 bis 15 Fuß Höhe. Eine schmale Thür führt auf der Ostseite der Pyramide in ein Gemach, das der Verehrung des Todten geweiht war. Er selbst erscheint sitzend, aus Stein gehauen, an der Wand und hat vor sich Haufen von Opferspenden, Ochsenkeulen, gerupfte Gänse etc., Alles aus Stein gehauen. Buntfarbige Hieroglyphen daneben melden seine Titel und Reichthümer oder zählen die ihm dargebrachten Opfer auf.


Anzeigen.


Verkaufsanzeigen.

Auf Antrag des Herrn Pensionairs Breuel zu Hof Selmsdorf, Curators des Hauswirths Heinrich Oldörp zu Lockwisch, sollen

am Dienstag, den 6. April d. J.

auf der früheren Hauswirth Heinrich Oldörp'schen Hofstelle zu Lockwisch nachstehende Sachen öffentlich meistbietend, gegen gleich baare Zahlung in Pr. Cour., versteigert werden:

6 Pferde, 1 einjähriges Füllen, 18 meistens junge Kühe, 2 Starken, 2 einjährige Kälber, Wagen, Sielengeschirr, 1 eiserner Pflug, Eggen, 1 Reißer, 1 Walze, 1 Kornrummel und sonstiges Ackergeräth, Haus= und Küchengeräth, Betten, Leinenzeug etc.
und werden Kaufliebhaber dazu hierdurch eingeladen.
Die Auction beginnt Morgens 9 Uhr und werden die Pferde und Kühe gegen 12 Uhr Mittags zum Aufgebot gebracht werden.
Schönberg, den 8. März 1858.

                                                    O. Reinhardt,
                                                    Justizamts=Registrator.


[ => Original lesen: 1858 Nr. 14 Seite 4]

Vermischte Anzeigen.

Allen denen, die meinen theuren Mann die letzte Ehre erwiesen haben, ihn nach seiner Ruhestätte zu begleiten, sage ich hiermit meinem herzlichsten Dank.
Schönberg den 1. April 1858.

                                                    Gerichtsräthin Reinhold.


Es hat sich am 21. v. M. eine Anzahl hiesiger Einwohner im Gasthofe des Herrn Fick versammelt, um über die Gründung einer Sonntagsschule für Lehrlinge etc. hieselbst im Allgemeinen zu berathen, und wurde zur Entwerfung der Statuten einer solchen Anstalt ein Ausschuß ernannt. Nachdem nun dieser Ausschuß die Statuten entworfen, so ergeht hiedurch an alle hiesigen Einwohner, denen es am Herzen liegt, daß eine Sonntagsschule für Lehrlinge etc. in unserer Stadt ins Leben trete, die dringende Einladung, sich zur Berathung der Statuten am 5ten d. M., als am 2ten Osterfeiertage, Nachmittags um 4 Uhr im Gasthause des Herrn Fick einzufinden.


Die im hiesigen Fürstenthum arbeitenden Schmiede= und Schlösser=Gesellen werden hierdurch aufgefordert: sich an dem, am 6. k. M. April stattfindenden Krugtage unfehlbar auf der Herberge einzufinden, da über mehrere Gegenstände gesprochen und Beschlüsse gefaßt werden sollen.
Die etwa ausbleibenden Gesellen sind als an die Beschlüsse der Anwesenden gebunden zu achten.
Schönberg den 10. März 1858.

                                                    Die Ladenmeister:
                                                      Bremer.
                                                            Bockwoldt.


Wir machen hiermit bekannt, daß der Krugtag der Schuhmachergesellen am 1. Dienstag nach Ostern den 6. April, stattfindet, und fordern sämmtliche Mitbrüder auf, am gedachten Tage zu erscheinen oder ihre Auflage zu schicken.
Schönberg, 13. März 1858.

                                                    Die Vorsteher und Altgesell
                                                    der Schuhmacher=Gesellen=Brüderschaft.


Verschiedene chemische Kraftdünger

sind zu haben bei

Ratzeburg.                                                                               C. Gründel.

Um align="center" recht frühzeitige Bestellungen größerer Quantitäten bittet Obiger.


W. Rothe's Dampfmühle,
untere Fleischhauerstraße Nr. 232/233
in Lübeck,

empfiehlt schönes Weizen=Mehl bei Partheien in drei verschiedenen Qualitäten zu den billigsten Preisen.
    No. 0. zu 21 Mark (Lübeck) Court. pr. netto 200 Pfund, zur Ausfuhr.
    No. 0. zu 21 Mark (Lübeck) pr. Court. pr. netto 200 Pfund, zur Ausfuhr.
    No. 1. zu 19 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg)pr. Court. pr. netto 200 Pfund, zur Ausfuhr.
Grobe Weizenkleie zu 3 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg) pr. 100 Pfund.
Feine Weizenkleie (Rollmehl) zu 4 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg) pr. 100 Pfund.


Das Mäntel=Lager
U. Beermann & Co.
in Lübeck Klingberg 927,

empfiehlt die neuesten Frühlings=Mäntel und Mantillen in sehr bedeutender Auswahl.


Russischen Säeleinsaamen
empfiehlt                                                     Aug. Spehr.


Den geehrten Blumenfreunden mache ich die ergebenste Anzeige, daß ich meine

Georginen

wieder durch viele neue Arten vermehrt, zu folgenden Preisen verkaufe:

25 Sorten der neuesten und schönsten mit Namen 2 Taler (Mecklenburg) 32 Schilling (Mecklenburg),
12 " dgl. dgl. 1 " 16 "
12 " Liliputen dgl. 1 " 24 "
50 " ältere 2 " 24 "
24 " do. 1 " 12 "
      Bestellungen werden bis zum 1. Mai erbeten.
      Pflanzenabgabe erfolgt Mitte Mai.
Demern, d. 25. März 1858.

                                                    L. Bohn.


Mit frischem Rüdersdorfer Kalk
empfiehlt sich bestens
                                                    A. Wigger.


Einige hundert Scheffel gute Eßkartoffel,

so wie schlesischen rothen und weißen Kleesaamen, wie auch Thimothee, englisches und deutsches Raygras und Honiggrassaamen sind zu haben bei

                                                    J. H. Kind in Rehna.


Saat=Hafer, Saat= Wicken und Saat=Bohnen,

so wie auch einige tausend Pfund Heu sind zu haben bei

                                                    C. Vock.


Ich empfehle mich mit einer Auswahl von Strohhüten für Herren, Damen, Knaben und Mädchen; auch beschäftige ich mich mit Waschen und Umnähen der Strohhüte. Ferner besitze ich eine Auswahl von Hut= und Hauben=Bändern.

                                                    Johanne Kiel.


Von jetzt an führe ich in meinem Putzgeschäfte wieder Damen= und Kinder=Strohhüte nach den neuesten Façons und in allen verschiedenen Arten. Bei festen und billigen Preisen bitte ich, mich mit dem früher geschenkten Zutrauen auch ferner zu beehren.

                                                    Sophie Zölcker.


Von heute an setze ich mein Geschäft als Hebamme wieder fort.

                                                    Lisette Spehr, Hebamme.

Schönberg d. 2. April 1858.


Hierdurch zeige ich an, daß sämmtliche Schleichsteige über meine Feldmark, bei Anzeige zur gerichtlichen Bestrafung, verboten sind.

                          Schulze Borchert zu Raddingsdorf.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde
Vom 26. März bis 1. April

Geboren: Den 26. dem Arbeitsmann Voß in Bechelsdorf ein S. - Den 28. dem Anerben Burmeister in Kleinfeld ein S. - Den 31. Dem Webermeister Schnoor hieselbst eine T. - Zwei unehel. Kinder.
Gestorben: Den 30. Joachim Ludwig Maaß, Schneidersohn hieselbst, 1 1/2 Jahr, am Zahnen. - Den 30. Maria Ahrend, Dienstmädchen hieselbst, 23 J.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 31. März 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 14-16 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 28-32 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 48-49 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 52-56 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 42-44 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 24-25 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-46 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 20-21 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 16-28 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 16-17 Mark (Lübeck)
Butter 13 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln 4 Schilling (Mecklenburg).


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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