No. 7
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 12. Februar
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1858 Nr. 7 Seite 1]

Einzug des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm in Berlin.

Berlin, 8. Februar. Der König und die Königin begrüßten das hohe prinzliche Paar in dem Schlosse Bellevue, wo dasselbe etwa um 12 Uhr eintraf. Vor dem Schlosse stellte sich zunächst ein Zug des k. Garde=Dragoner=Regiments, alle mit Schimmeln beritten, so wie zwei Comp. Gardes du Corps mit Standarte und der Regimentsmusik, alle ritten schwarze Pferde; an sie schlossen sich wieder Dragoner, welch Schimmel ritten. Um 1 1/2 Uhr bestiegen die hohen Neuvermählten den Galawagen und die Equipagen setzten sich, von einer Cavallerie=Eskorte begleitet, in Bewegung. Der Oberanführer der berittenen bürgerlichen Corps mit seinen Adjudanten ritten an den Wagen des hohen Paares. Neben dem Schlage reitend, trug er die Bitte des Schlächtergewerks vor, am kleinen Stern die erste Begrüßung der Berliner Bürgergarde darbringen und ein Gedicht überreichen zu dürfen. In demselben Augenblick, in welchem der Stadtrath Riedel die Wendung am Schlage machte, gaben sämmtliche Führer das Commando: Achtung! und alle Trompeter bliesen die Paradepost; darauf bliesen dieselben: Heil dir im Siegeskranz etc., und die Reiter salutirten. Als der Staatswagen vorüber war, schwenkten die berittenen Corps sich an den prinzlichen Zug hin. Auf dem kleinen Stern machten die berittenen Corps etwa 30 Schritt hinter dem Staatswagen Halt. Der Altmeister des Schlächtergewerks hielt eine kurze Ansprache und überreichte ein Gedicht. Stadtrath Riedel ließ nun die berittenen Corps zu Dreien mit Augen links, die Trompeter an der Spitze, im Parademarsch an dem Wagen vorüber defiliren. Dann Setzten dieselben sich in Geschwindmarsch an die Spitze des Zuges zwischen die Postillons und die Abtheilung von den kön. Garde=Dragonern.
Der Zug bewegte sich nun in folgender Ordnung nach dem Thor: 1) Zweiundvierzig blasende Postillons in Galla=Uniform mit Federbüschen und Ehrentrompete. 2) Der die berittenen Corps führende Stadtrath Riedel nebst seinen 3 Adjutanten. 3) Das Trompetercorps des Schlächtergewerks, 20 Mann stark. 4) Das Schlächtergewerk mit der Standarte von rother Seide mit Gold= und Silberstickerei. Alle trugen schwarzen Anzug mit weißer Weste und Cravatte, dreieckigem Federhut, Schärpe und (nach altem Gewerksrecht) Schleppsäbel; im Ganzen ca. 140 Berittene. 5) Die berittene Abtheilung der Berliner Bürgerschaft, mit einem Trompeter=Corps. 6) Das berittene Corps der Kaufleute. Diese trugen schwarzen Leibrock, Degen, Stulphandschuhe, weiße Binden und am Hut über der schwarz=weißen Cocarde eine silberne Rosette, aus den drei Blumen der englischen Krone (Rose, Diestel und Kleeblatt) bestehend. Die Pferde hatten rechts am Stirnband eine schwarz=weiße Rose, links eine Camelie in den engl. Farben. 7) Der erste Zug des Garde=Dragoner=Regiments. 8) Die sechsspännige Equipage mit dem prinzlichen Hofmarschall. 9) Die sechsspännige Equipage mit den königl. Kammerherren. 10) Die sechsspännige Equipage mit dem Oberst Truchseß und dem Kammerherrn des Königs. Alle diese Equipagen waren gleichmäßig mit Braunen bespannt, wurden lang vom Bock gefahren, das Geschirr mit weißem Beschlag. Am Schlage das Alliance=Wappen. 11) Die 5. Compagnie der Königl. Gardes du Corps.
12) Zwei Königliche Stallmeister voranreitend, dann der große Königl. Staatswagen mit 8 Rappen bespannt, in welchem die Hohen Neuvermählten den Hintersitz einnahmen. Se. Kön. H. der Prinz Friedrich Wilhelm trug die Uniform des 1. Garde=Regiments zu Fuß mit den Generalsabzeichen, Stern und Band des Schwarzen Adler=Ordens. Ihre K. H. die Frau Prinzessin trug eine Robe in weißem Moirée antique, eine Hermelin=Palarine, im Haar ein Diadem von Brillanten. Die Oberhofmeisterin Ihrer K. Hoheit nahm den Rücksitz ein. Dieselbe trug ebenfalls weiß. - Auf der rechten Seite dieses Staatswagens ritt der Oberstallmeister Sr. M. des Königs, auf der linken Seite der Commandeur der Gardes du Corps. Auf den Tritten des Wagens standen in fridericianischer Tracht Königliche Pagen. Der Wagen war ganz vergoldet in Rococogeschmack, derselbe wurde von dem Leibkutscher des Königs lang vom Bock gefahren, die vordersten Pferde führte ein Spitzreiter, zwei Vorreiter begleiteten sie. Die acht Rappen, prachtvolle Thiere aus dem Trakehner Gestüt, waren mit Englischem Geschirr, roth mit vergoldetem Beschlag, belegt und trugen, wie die Pferde der Vorreiter, schwarz=weiße Federbüsche.
13) Die 6. Comp. Gardes du Corps. 14) Eine sechsspännige Equipage mit Hofdamen der Frau Prinzessin, und 15) eine sechssp. Equipage mit den Adjutanten des Prinzen Friederich Wilhelm. 16) Der zweite Zug Garde=Dragoner. - Die Postillon bliesen beim Einreiten den Dessauer Marsch. Als der Staatswagen dem Brandenburger Thor sich nahte, begrüßte der Gouverneur von Berlin, Gen.=FM. v. Wrangel das durchlauchtigste Paar mit einer Anrede. In dem Augenblick, als dasselbe das Thor passirte, donnerten die Ehrensalven. Es wurden drei mal 24 Kanonenschüsse abgefeuert. Zugleich begann das Glockengeläut von allen Thürmen der Stadt. Die aufgestellten Musikcorps fielen sämmtlich mit: Heil dir im Siegeskranz ein. Der Oberbürgermeister v. Krausnick bewillkommnete die hohen Neuvermählten im Namen der Stadt mit folgender Anrede an die Frau Prinzessin: "Durchlauchtigste Königliche Prinzessin! Durchlauchtigster

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Gnädigster Prinz und Herr! Voll Jubel kommen Euren K. Hoheiten bei Ihrem Eintritt in unsere Stadt deren obrigkeitliche Behörde und die Vertreter ihrer Bürgerschaft entgegen. Sie bringen im Namen derselben die ehrfurchtvollste Begrüßung und zugleich den ehrerbietigsten Ausdruck des herzlichsten Willkommens dar. Ueberall im Lande und insbesondere in unserer Stadt ist die Freude groß über das beglückende Bündniß, zu welchem vor wenigen Tagen die Weihe der Kirche die Hände Eurer K. Hoheiten unter dem Segen Ihrer erlauchten Eltern zusammengefügt und Ihre Herzen zu dauernder Hingebung für einander vereinigt hat. Wir knüpfen die freudigsten Hoffnungen an diese Vermählung! Wir wissen was der Segen der Eltern bedeutet: er bauet den Kindern das Haus! Wir wissen aber auch, welch ein Segen auf die Völker ausgehet von den Thronen, wenn darauf ein edles Familienleben waltet! England ist stolz auf seine hohe Herrin und deren erlauchten Gemahl und rühmt sich mit Recht der persönlichen Tugenden und des häuslichen (Glücks derselben; wir aber dürfen mit gleichem Stolze in Ehrfurcht gedenken des Familienlebens unseres Königshauses! Wir beugen uns in Ehrerbietung vor der aufopfernden Liebe und Hingebung unserer erhabenen Königin für unsern theuern Königlichen Herrn; wir halten in treuem Gedächtniß, was unsere hochselige Königin ihrem königlichen Gemahl und dem Lande einst war, und wir preisen mit Recht die zarten Bande, durchlauchtigster Prinz und Herr! welche die schöne Häuslichkeit Ihrer erlauchten Eltern schmücken! Möge denn mit dem Segen der Eltern auch all deren häusliches Glück im reichsten Maße auf Eure K. Hoheiten übergehen, und möge Ihnen in dem eigenen, wie in dem Weitergehen des Landes, das einst ihren Händen anvertraut werden soll, durch Gottes Gnade eine schöne und freudige Zukunft bevorstehen!
"Durchlauchtigste Königliche Prinzessin! Aus der Fülle des Herzens rufen der Magistrat und die Stadtverordneten Berlins ihnen zu: Gesegnet sei ihr Eingang in unsere Stadt! Englands großes und mächtiges Volk, das andern Völkern ein Vorbild dasteht nicht blos in der Festigkeit, Beharrlichkeit und mutigen Ausdauer, auch unter Schwierigkeiten und Gefahren, sondern, wie in ernster und frommer Gesittung und Gesetzlichkeit, so auch in tiefempfundener Ehrerbietung vor dem Throne seiner Herrscher, geleitet Eure Königliche Hoheit mit seinen besten Wünschen in unsere Mitte; es vertrauet ein Kleinod, das es bisher mit treuer Liebe gewahret hat, fortan unserer Treue und Liebe, fortan der Ehrerbietung, Werthhaltung und Ehrfurcht des preußischen Volkes an. England erwartet - um mit seinem großen Seehelden zu reden - daß in Preußen Jeder seine Schuldigkeit thun werde! Nun wohlan! Gnädigste Fürstin und Frau! Mit festem Worte spreche ich aus, und ich weiß, was ich sage: Englands Volk soll und wird in dieser seiner Erwartung von Preußens ihm ebenbürtigen Volke jetzt so wenig getäuscht werden, als es in jenen Tagen getäuscht ward, wo einst zum ernsten Kampfe fest verbündet beide Völker treu zusammenstanden. Gott segne Eure Königl. Hoheit immerdar!" Während der Anrede des Oberbürgermeisters schwieg die Musik. JJ. KK. HH. dankten huldvoll. Ein dreimaliges Lebehoch, das wie Meeresbrandung donnernd von tausend und aber tausend Stimmen wiederholt und von dem Tusch aller Musikkorps begleitet, die Feststraße hinabrollte, beschloß diesen Abschnitt der Empfangs=Feierlichkeiten. - Der Zug bog nun durch die erste Ehrenpforte in die Mittelallee der Linden ein. Jedesmal, wenn das Trompeterkorps der Gardes du Corps ein Musikkorps der aufgestellten Gewerke passirte, stimmte dasselbe in die Melodie von: "Heil dir im Siegeskranz etc." ein. An den Zug selbst schloß sich aber die ganze festliche Aufstellung an. Der schließenden Abteilung der Königl. Garde=Dragoner folgten die übrigen zahlreichen Gewerke der Stadt Berlin.
So bewegte sich der endlose Zug dem Königsschlosse zu, unter dem unaufhörlichen Hoch= und Hurrahrufen der Menge, das, mit dem Spiele der zahlreichen Musikcorps verschmolzen, so gewaltigbrauste, daß das Glockengeläute, welches von allen Thürmen der Stadt erklang, völlig davon verschlungen wurde. Die Artilleriesalven schickten ihre hallenden Donner über die Stadt hin, kaum vernommen in dem Stimmengetöse. Zehn Minuten vor 3 Uhr fuhr der königliche Staatswagen in das Schloßportal ein, vor welchem auf dem Perron sämmtliche Officiere der Garnison aufgestellt waren, ein funkelnder prächtiger Anblick. - Während das erlauchte prinzliche Paar von sämmtlichen Prinzen und Prinzessinnen des hohen königlichen Hauses, so wie von den hier anwesenden hohen Anverwandten und fürstlichen Personen, den Staatsministern, der Generalität etc. etc. empfangen wurde, rückte der Zug weiter vor, durch das Portal und den Schloßhof ziehend. Unter dem lauten Jubel= und Hochrufen der Menge zeigte sich das Durchlauchtigste Paar mehrere Male auf dem Balcon. Ihre Kgl. H. die Frau Prinzeß Friedrich Wilhelm erschien in der weißen Robe ohne den Hermelin=Mantel, an der Hand Ihres Durchlauchtigsten Gemahls auf dem Balcon.
Die jubelnde Menschenmenge wurde trotz der empfindlichen Kälte immer compacter, während die Gewerke in endloser Reihe durch das Schloß abmarschirten. Zwischen 4 und 5 Uhr endigte der Abmarsch. - Abends war die ganze Stadt bis in die entferntesten Stadtteile erleuchtet, große Menschenmassen durchwogten die Straßen in freudigster Bewegung.

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Von den Gewerken, welche dem Festzug folgten, eröffneten die Maurer, zum Theil bärtige Gesichter, den Reigen; die Klempner hatten zwei Ritter, einen in silberner, den andern in goldener Rüstung stattlich ausstaffirt; in dem Aufzuge der Fischer war besonders das feine und große grüne Netz mit dem Glockenspiel allerliebst; die Goldschmiede führten eine prächtige Vase; die Glaserinnung mit Emblemen von gesponnenem Glas; in den Reihen der Hutmacher gefielen die niedlichen kleinen weißen Hüte der jüngeren Leute; die Meister der Lohgärber trugen sämmtlich Pelze; die Korbmacher hatten höchst geschmackvolle zierliche Embleme; an den Schiffbauern, die ein kleines hübsches Schiff trugen, war die weiße Fahne das interessanteste, die ein Geschenk der Königin Louise sein soll - einer Königin, an die jeder Preuße denkt, wenn eine künftige Königin bei uns einzieht; die Huf= und Waffenschmiede hatten in ihren antiken Wagen sehr interessante Embleme. Bedeutende Aufmerksamkeit erregten die Zimmerleute, die sich theils als Sappeure verkleidet und sehr martialisch aussahen; ihre Embleme waren vortrefflich gearbeitete Holz=Constructionen im Kleinen; einen Fahnenschwenker hatte das Gewerk eigens für diesen Tag aus Holland kommen lassen. Die Drechsler machten sich durch ein riesiges Schachbrett mit Schachfiguren bemerkbar. Das jüngste und in der Reihenfolge letzte Gewerk, die Maschinenbauer, war am zahlreichsten und zugleich am glänzendsten vertreten; ihre Embleme waren höchst gelungen und interessante Modelle: eine Bohrmaschine im größten Styl, eine Locomotive, die durch einen harmlosen Mechanismus in Bewegung gesetzt wurde, eine eiserne Drehbrücke, eiserne Gitterbrücke u. s. w. waren in dem zahlreichen Aufzuge.


- Hannover hat beim deutschen Bunde den Antrag gestellt: Die Bundesversammlung wolle von der dänischen Regierung verlangen, daß dieselbe bis dahin, daß sie die Forderungen des Haupt=Bundesbeschlusses erfüllt hat, davon abstehe, neue Gesetze, Verfügungen und Geldauflagen für die Herzogthümer Holstein=Lauenburg zu erlassen. Denn obwohl die dänische Regierung die Forderungen des deutschen Bundes hinreichend durch die mitgetheilten Berichte und Anträge des Ausschusses kennen muß, so scheint es doch nicht, daß sie die Absicht habe,

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von selbst bis zur Herstellung des von der hohen Bundesversammlung zu fordernden rechtmäßigen Zustand in den Herzogthümern einzuhalten mit Ausführung und Anwendung des gegenwärtigen vertragswidrigen Verfassungsverhältnisses.
- Da bei dem hohen Bundestag der Antrag Oldenburgs, den invaliden Officieren der ehemaligen schleswig=holsteinischen Armee oder deren Hinterbliebenen einen zweijährigen Betrag der im Jahr 1854 verwilligten Unterstützungen nachzuzahlen, die Stimmeneinhelligkeit nicht erlangt hat, ist von der preußischen Regierung die Erklärung abgegeben worden, daß sie ihren Antheil, der ihr matricularmäßig zugefallen wäre, bezahlen werde, um wenigstens den Hülfsbedürftigen zu helfen. Man hofft, daß dies Beispiel Nachahmung finden werde.
- Von Interesse dürfte die Notiz sein, daß der Prinz Friedrich Wilhelm die Buchdruckerkunst practisch erlernt hat.
- In Bezug auf die Einzugsfeier in Berlin nahm ein Gewerke ein altes Privilegium in Anspruch, mit Säbeln zu erscheinen. Der Magistrat trug Bedenken und verweigerte es. Da wandte sich das Gewerk an den Prinz von Preußen und dieser schrieb auf den Rand der Eingabe: Sie sollen Säbel haben und meinetwegen auch Kanonen.
- Die Untersuchung gegen die Anstifter des Attentats auf Louis Napoleon ist beendigt. Die Angeklagten haben, wie man hört, vollständige Geständnisse gemacht und die öffentliche Verhandlung gegen die Verbrecher soll Mitte Februar vorgenommen werden.
- In Mainz wurden dieser Tage zwei Italiener verhaftet, deren Papiere es unzweifelhaft feststellen, daß sie in das Pariser Complott verwickelt waren. Auch in Kehl hat man, wie man sagt, kürzlich einen sehr wichtigen Fang gemacht. Man spricht die Vermutung aus, daß der dort Verhaftete Mazzini sei. Die Personalbeschreibung soll genau auf ihn passen.
- Nach rußischen Nachrichten haben die heißen Kämpfe vom 7.-14. Decbr. v. J., welche die Russen mit den Tscherkessen zu führen hatten, mit einer großen Niederlage der Bergvölker geendet, so daß Schamyl einen großen Theil des Landes mit allen Bewohnern den Russen habe überlassen müssen.
- Der Kaiser von Rußland geht allen seinen Rittergutsbesitzern mit gutem Beispiel voran. Er hat auf allen seinen Privatdomainen die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben. Im Lande ist großer Jubel darüber.
- Aus Hamburg wird gemeldet, daß die Engländer und Franzosen gemeinschaftlich in China die Stadt Canton erstürmten und die Anhöhen innerhalb der Stadt besetzten. Der Widerstand der Chinesen war unbedeutend.
- Nach dem mecklenburgischen Staatskalender von 1858 sind im verwichenen Jahre 4388 Personen mehr geboren als gestorben. Dieser Ueberschuß hat aber nicht allein keine Vermehrung der Bevölkerung zur Folge gehabt, sondern noch eine Verminderung derselben um 2833 Personen, indem im vorigen Jahr 7221 Personen ausgewandert sind. Wenn das Land bisher 542,064 Seelen zählte, so kann man jetzt nur noch 539,231 aufführen. Die Einwohnerzahl vertheilt sich sehr ungleich, denn die ritterschaftlichen Güter, welche fast die Hälfte des Landes ausmachen, weisen nur 135,860 Seelen auf; das kleinere, aber dichter bevölkerte Domanium 204,259; die Städte 175,987 und ihre Kämmereigüter 14,061; die Klostergüter zählen 9064 Seelen. Am stärksten ist die Auswanderung in den ritterschaftlichen Gütern gewesen, was darin seinen Grund hat, daß die Niederlassung, ausgenommen für die notwendigsten Tagelöhner, unmöglich ist. Gutsangehörige, welche ein Handwerk lernen, müssen in der Regel auswandern.
- Eine Deputation der Rostocker Kaufmanns=Compagnie hat sich nach Schwerin begeben, um dem Großherzoge ihren ehrerbietigsten Dank darzubringen für die Allerhöchst übernommene Garantieleistung bei der von der Rostocker Bank contrahirten Anleihe von einer Million Thaler. Von derselben sind fünf Sechstheile außerhalb Rostocks und nur nur ein Sechstheil an dortige Bürger verliehen.
- In Folge der in Amerika stattgehabten Geldkrisis im vorigen Jahr haben daselbst 5123 Bankerotte stattgefunden mit einer Summe von beinahe 3000 Millionen Dollars, wovon voraussichtlich an 144 Millionen ganz und für immer verloren sind. Unter diesen Bankerotten sind die der Banken, Eisenbahnen, Fabriken und sonstigen gewerblichen Etablissements nicht mit einbegriffen.
(Eine reiche Erbin.) In Oberschlesien lebt eine junge Dame, die wie eine Fee bewundert und gefeiert wird, weil sie im Besitz wirklich märchenhafter Reichthümer ist. Mehrere Millionen in baarem Gelde und außerdem noch weite Landesstrecken, die von Bergwerken, den Goldgruben Oberschlesiens, durchzogen sind, gehören ihr in Folge einer Erbschaft der seltsamsten Art. Ihr Erblasser war ein alter Bauer, Namens Gudulla; er verstand sich auf die Kunst, den Inhalt der Erdschichten zu errathen. Kohlenlager und Zinkgruben wurden von ihm entdeckt und schnell angekauft, ehe noch die ersten Besitzer ahnten, welche Schätze sie für wenige Thaler weggaben. So wurde er plötzlich reich, aber nicht glücklich; Seine Habsucht und sein Geiz quälten ihn unaufhörlich und machten ihn verhaßt. Kein Mensch mochte ihn leiden; seine Haushälterin, eine gutmüthige Person, suchte ihm ohne sein Wissen Freunde durch Almosen zu erwerben. Er gerieth jedesmal in Zorn, wenn er es entdeckte, nur ein kleines Bettelmädchen, das trotz seiner Scheltworte immer wiederkam und ihn liebkoste, fand Gnade vor seinen Augen. Es durfte endlich ganz in seinem Hause bleiben, und als der alte Geizhals starb, hatte er das Bettelkind zu seiner Universalerbin ernannt mit der Bedingung, daß sie seinen Namen annehme. Fräulein Gudulla ist jetzt 18 Jahr alt und Herrin ihres kolossalen Vermögens; sie ist vortrefflich erzogen, hat beständig einen kleinen Hofstaat um sich und erscheint seit einiger Zeit in der großen Welt. Sie fährt stets mit vier Vollblutpferden, die nach polnischer Art zusammen gespannt sind. Man kann sich wohl denken, wie die jungen Männer diese Sonne umkreisen; sie soll einen eigenen Geheimschreiber angestellt haben, um die zahllosen Heirathsanträge zu lesen und zu beantworten, die ihr täglich zugehen und ihr wahrscheinlich einen Schrecken einjagen vor allen Freiern.


Anzeigen.


Vorladungen.

Am 8. December 1856 verstarb zu Schaddingsdorf der Arbeitsmann Hans Jacob Wiencke, kinderlos und mit Hinterlassung eines Privat=Testamentes, in welchem er seine hinterbliebene Wittwe Anna Catharina Elsabe, geborne Lütjohann, zu seiner Universal=Erbin ernannt hat. Die Letztere hat dann den Nachlaß ihres verstorbenen Ehemannes, nach Maaßgabe des gemachten, am 12. Januar d. J. gerichtlich publicirten Testamentes rein und ohne Vorbehalt angetreten. - Demnächst ist, am 14ten September d. J., auch die Wittwe Wiencke, Anna Catharina Elsabe, geborne Lütjohann, kinderlos und ohne Testament, bevor ihr das, kurz vor ihrem Ableben nachgesuchte Erbenzeugniß bezüglich der Verlassenschaft ihres verstorbenen Ehemannes hat ertheilt werden können, mit Tode abgegangen, und haben sich jetzt als Intestat=Erben dieser Verstorbenen sowohl, als, folgeweise, Erben zu dem Nachlasse des vor ihr verstorbenen Ehemannes, Hans Jacob Wiencke, gemeldet und legitimirt die nachbenannten Geschwister, resp. Geschwisterkinder der Ersteren, als:

1. Magdalena Dorothea, verehelichte Kalckmann, geb. Lütjohann;
2. Catharina Elisabeth, verehelichte Hund, geb. Lütjohann;
3. Margaretha Dorothea, verehel. Soltmann, geb. Lütjohann;

[ => Original lesen: 1858 Nr. 7 Seite 4]

4. Magdalena Margaretha, verehel. Meier, geb. Lütjohann; 5. Joachim Lütjohann; endlich
6. der Halbhüfner Franck zu Schaddingsdorf, Namens seiner 7 Kinder aus der Ehe mit der im Jahre 1849 verstorbenen Maria Lütjohann.

Auf Antrag dieser Erbinteressenten werden nun, nach Genügung der gesetzlichen Erfordernisse, hiermit alle Diejenigen, welche ein näheres oder gleich nahes Erbrecht an den Nachlassenschaften des eingangsgedachten Hans Jacob Wiencke, sowie dessen hinterbliebenen Wittwe, Anna Catharina Elsabe, geb. Lütjohann, als die Provocanten, zu haben vermeinen, hiermit peremtorisch aufgefordert, solches in dem deshalb auf

Donnerstag d. 18. Februar k. J. 1858,

Morgens 11 Uhr vor hiesigem Justizamte anstehenden Termine bescheinigt anzumelden, bei Vermeidung des Nachtheils: daß die Extrahenten oder die sich Meldenden und Legitimirenden für die rechten Erben der gedachten verstorbenen Wiencke'schen Eheleute angenommen, ihnen, als solchen, die betreffenden Verlassenschaften überlassen und das Erbenzeugniß ausgestellt werden soll; die sich nach der Präclusion meldenden näheren oder gleich nahen Erben aber alle Handlungen und Dispositionen derjenigen, welche in die Erbschaften getreten, anzuerkennen und zu übernehmen schuldig sein sollen.
Schönberg den 18. December 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg,
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Der Viehhändler August Kniep hieselbst, als Curator der liegenden Erbschaft des am 21. November vorigen Jahres hier ohne Testament und unverheirathet verstorbenen Schmieds Johann Peter Heinrich Borchert hat das gegenwärtige Proclam erwirkt, kraft dessen hiermit

a. alle Diejenigen, welche ein Erbrecht, sowie
b. Diejenigen, welche aus irgend einem anderen Rechtsgrunde Ansprüche an den Nachlaß des wailand Schmieds Borchert zu haben vermeinen, peremtorisch aufgefordert werden, solche ihre resp. Ansprüche in dem deshalb am

Donnerstag, den 25sten März d. J.,

Morgens 11 Uhr, vor hiesigem Justizamte anstehenden Termine bescheinigt anzumelden, oder zu erwarten, daß

ad a. die sich Meldenden und Legitimirenden für die rechtem Erben angenommen, ihnen als solchen der Schmied Borchert'sche Nachlaß überlassen und das Erbenzeugniß ausgestellt werden soll; die sich nach der Präclusion meldenden näheren oder gleich nahen Erben aber alle Handlungen und Dispositionen des= oder derjenigen, welche in die Erbschaft getreten, anzuerkennen und zu übernehmen schuldig sein sollen; - und
ad b. daß die mit ihren Anrechten nicht Hervorgehenden damit für immer werden abgewiesen und ausgeschlossen werden.
Schönberg, den 13. Januar 1858.

                          Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Verkaufsanzeigen.

Am Montag d. 15. d. M., Vormittags 10 Uhr, wird die am 1. d. M. auf der Maurinmühle abgehaltene Auction fortgesetzt und zwar mit den größeren Stücken Mobilien, Oelfässern und den zur Oelraffinerie gehörigen Gefäßen u. s. w.
Carlow d. 8. Februar 1858.

                                                    Struck, Landreiter.


Vermischte Anzeigen.

W. Rothe's Dampfmühle,
untere Fleischhauerstraße Nr. 232/233
in Lübeck,

empfiehlt schönes Weizen=Mehl bei Partheien in drei verschiedenen Qualitäten zu den billigsten Preisen.


Rohr=Verkauf.

Auf dem Gute Lütgenhof bei Dassow sind
15000 Schoof Dachrohr

unter der Hand zu verkaufen. - Kaufliebhaber wollen sich an den Herrn Inspector Möller daselbst wenden.


Schöne große Elb=Neunaugen empfiehlt
                                                    Aug. Spehr.


Lehrlings=Gesuch nach Lübeck.

Zu Ostern d. J.: Ein Sohn achtbarer Eltern in die Uhrmacherlehre. Näheres in der Expedition dieses Blattes.


Zu Ostern ds. Js. wird ein Laufbursche oder Hausknecht, der lesen und schreiben kann, gesucht. Näheres beim Postmeister Saß in Schönberg.


Am 9. Febr. habe ich auf dem Wege von der Mühle durch Schönberg, der Rottensdorfer Chaussee entlang nach Grieben eine silberne Taschenuhr mit neusilberner Kette, woran zwei kleine, runde Schlüssel, verloren. Dem ehrlichen Finder verspreche ich eine Belohnung bei Zurückgabe der Uhr.

                                                    Knecht Johann Paap,
                                                    beim Hausw. Wigger zu Grieben.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.
Vom 5. bis 11. Febr.

Geboren: D. 10. dem Böttchermeister Kleinfeldt in Schönberg eine T.
Gestorben: D. 6ten Peter Meier, Arbeitsmannssohn aus Westerbeck, 1 J. alt, Zahnkrämpfe. - D. 7ten Anna Marg. Elis. Beckmann in Resdorf, 1 M a. - Matthias Beckmann, Altentheiler in Ollendorf, 77 J. a., Altersschwäche. - D. 8ten Peter Ahrend, Maurer in Gr. Siemz, 68 J. a., Wassersucht.
Copulirt: D. 5ten der Maurermeister Hans Heinrich Burmeister in Schönberg und Christiane Luise Henriette Breuel daselbst. - Hauswirth Ludwig Jochim Hinrich Wienck in Sahmkow und Catharina Maria Voß in Petersberg. - D. 8ten der Arbeitsm. Hans Jochen Dähling in Schönberg und Catharina Dorothea Brüggmann in Gr. Bünsdorf.

Gemeinde Demern
Vom 1. bis 31. Januar

Geboren: D. 3ten dem Arbtsm. J. J. H. Harms in Schaddingsdorf eine T. - D. 4ten dem Schulzen H. J. Hartmann in Demern eine T. - D. 5ten dem Arbeitsmann H. J. Burmeister in Gr. Rünz ein S. - D. 19ten eine uneheliche T. in Gr. Rünz.
Gestorben: D. 7. der frühere Schmiedemeister Johann Friedrich Struck in Schaddingsdorf, etwa 80 J. a.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 10. Februar 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 10-16 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg)   4-12 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 44-47 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 42-44 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 42-44 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 24-25 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 20-21 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   6-12 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 16-17 Mark (Lübeck)
Butter 9 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln 4 Schilling (Mecklenburg).

Altona=Hamburger Viehmarkt.

Fette Schweine, 100 Pfund 33-36 Mark.


(Hiezu: Officieller Anzeiger No. 1)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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