No. 6
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. Februar
1858
achtundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1858 Nr. 6 Seite 1]

Es wird hiermit zur Nachricht und Nachachtung bekannt gemacht, daß das an die Bäckermeister zu erlegende Backgeld

a. für ein Brod bis zu 9 Pfund einschließlich auf 3/4 Schilling
b. für eins von 9 bis 12 Pfund auf 1 "
               und "
c. für jedes Brod von fein ausgesichtetem Mehl auf 1 "
festgesetzt und bestimmt worden ist, daß die Bäckermeister größere Bröde, als 12 Pfund schwer, zum Backen nicht anzunehmen, oder dafür ein höheres Backgeld, welches der Privat=Uebereinkunft vorbehalten bleibt, zu fordern haben.
          Schönberg, den 3. Februar 1858.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.       C. L. v. Oertzen.


London. Die Abschiedsfestlichkeiten der Neuvermählten sind wie folgt geordnet: Dieselben schiffen sich am 3. Februar zu Gravesend ein. Am Bahnhof begrüßt sie eine Ehrenwache, vor demselben wird eine Triumphpforte errichtet durch welche sich der Zug zum Landungsplatz bewegt. An einem der hier befindlichen Triumphbögen stehen die Worte in englischer Sprache: "Lebewohl, schöne Rose von England!", und: "Wir geben sie in Deinen Schutz". Alle Straßen bis zum Landungsplatz sind mit Flaggen und Guirlanden geziert. Die Stadtbehörden schreiten voran bis zur Ufertreppe; zu beiden Seiten der Neuvermählten gehen je 26 weißgekleidete Mädchen, die Blumen auf den Weg streuen. So wird das junge Fürstenpaar bis zur Landungsbrücke geleitet, dann lichtet die Yacht die Anker, alle Kanonen und Batterien donnern; die Geschütze, welche auf allen Höhepunkten aufgefahren wurden, salutiren zuerst rasch, dann in immer längeren Pausen und so stundenlang fort, so lange man sie nur hören kann auf dem königlichen Schiffe draußen in der See; die Begleitschiffe folgen. Beim Einbrechen der Dunkelheit wird die Stadt erleuchtet und auf ihren höchsten Punkten ein kolossales Freudenfeuer angezündet. Halb London wird sich zu Fuß oder zu Pferde, zu Wagen und per Eisenbahn, in Dampfer und im Boot rüsten zur Begleitung nach dem Landungsplatz. Prinz Albert wird die fürstliche Tochter und den Schwiegersohn zu Schiffe begleiten.
- Der Brautkuchen auf der Hochzeit des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm von Preußen ist ein Wunderwerk seines Gleichen gewesen. Er hatte 6 Fuß 2 Zoll Höhe und 16 Fuß Umfang auf der Grundfläche, und bestand in drei Etagen. In der untersten befand er sich selber und die beiden obersten, allmählig schmäler zulaufenden krönten ihn mit verdienten Schmucke. Rings um den untern Theil, wo der Kuchen unter einer zolldicken Kruste von Zuckerguß ruhte, liefen getroffene Portraits der Königin, des Prinz= Gemahls und des Brautpaars, eingefaßt von großen Glas= und Zuckerperlen und mit einer Fülle von Orangeblüthen und Silberblättern umwunden. Die zweite Etage bestand im Innern aus Marzipan und ähnlich verhärteten Teiggeschlechtern. Das Aeußere, in weißem Zuckerguß glänzend, zerfiel in eine Anzahl Nischen, welche die Büsten der Mitglieder des königlich englischen Hauses enthielten, alles vollkommene Kunstwerke. Offene Baumkuchenspäne mit Säulchen von Chocolade und was sonst noch süß schmeckt, bildeten die dritte Etage, über welcher die Krone emporragte. Kein Messer, so war es bestimmt worden, sollte die Seiten dieses "Vaters der Torten" - wie einige anwesende indische Radschahs sich ausdrückten - berühren. Wie aber zu ihm gelangen, da er doch in seinem bedeutendsten Theile zum Vergehen bestimmt war, ja als ein Zeichen besonderer Gunst in kleinen Portionen vergeben werden sollte? Einfach so, daß die Teigpartieen des Kuchens in seiner untersten Etage in einer Anzahl Schiebfächer lagen, welche ausgezogen werden konnten, ohne die Portraits und die sonstige Structur zu verletzen. Letztere soll aufbewahrt werden, indem der altherkömmliche "Brautkuchen" überhaupt zu den gesetzlichen Institutionen Englands gehört.
- Der Prinz von Preußen ist schon am letzten Freitag von seiner letzten Reise nach England in Berlin eingetroffen. - Der häufige Witterungswechsel soll auf die Gesundheit des Königs von Preußen nachtheilig eingewirkt haben.
- In Berlin ist die Zahl der Teilnehmer an dem Festzug der Gewerke so gestiegen, daß für sie kaum Platz auf dem kurzen Raum von dem Brandenburger Thor bis zu den Linden ist. Einzelne Gewerke müssen in Colonnen von 8 bis 10 Mann hoch aufgestellt werden. Die Zahl der angemeldeten Meister und Gesellen beträgt an 18,000, wozu noch an 10,000 Maschinenbauer und Fabrikarbeiter kommen.

[ => Original lesen: 1858 Nr. 6 Seite 2]

- In Berlin soll es unter der so zusammengeschmolzenen Zahl der Postillione nicht wenig Mühe gemacht haben, eine größere Zahl trefflicher Bläser für das Postillionscorps, das dem Einholungszug am 8. Februar vorreiten wird, aus der Nachbarschaft zusammen zu bringen, und es ist deshalb die zweckmäßige Einrichtung getroffen, aus allen Provinzen die besten Bläser zu vereinigen. Ausgesucht wurden namentlich solche Postillione, welch die Ehrentrompete erhalten haben und sich durch ihr gutes Verhalten vortheilhaft auszeichneten. Sie befinden sich, 42 an der Zahl, bereits seit einiger Zeit dort und haben sich unter Leitung des Directors des Garde=Musikcorps zusammen eingeübt, so daß Berlin an diesem Tage einen vollständig eingeübten Post=Trompetenmarsch hören wird. Das den Zug eröffnende berittene Corps wird von dem Ober=Postdirector zu Potsdam und den Ober=Postsecretairen geführt.
- Die englische Polizei ist ungemein thätig, die Spuren der Verschwörung zu verfolgen, die das Mord=Attentat in Paris hervorgerufen haben. Im Hause des Pierri zu Birmingham wurde sofort Haussuchung gehalten, eine Menge Briefe in englischer, französischer und italienischer Sprache mit Beschlag belegt und auch ein Buch über die Construction der Granaten gefunden. Dem Verfertiger der Mord=Instrumente ist man auch bereits auf der Spur.
- Der Riesendampfer Leviathan ist am 30. unter dem Zulauf einer großen Menschenmenge glücklich vom Stapel gelassen worden.
- In Indien haben die Engländer wieder einige Vortheile über die Rebellen davon getragen. Der Feldzug gegen Auhd ist noch aufgeschoben worden, da der englische Oberfeldherr Campbell erst noch Verstärkungen an sich ziehen will.
Paris. Die genauesten Nachforschungen sollen ergeben haben, daß das Gas im Operhause am Abend des scheußlichen Attentats nicht in Folge der Explosion erlosch, sondern daß der Haupthahn fest zugeschroben war, um durch plötzliche Dunkelheit die Verwirrung zu vermehren. Aus Paris ist an den Bundesrath der Schweiz eine Note geschickt, welche ihn für die Beaufsichtigung der Flüchtlinge in den westlichen Grenzcantonen verantwortlich macht. - Die Kaiserin ist für den Fall, daß der Sohn des Kaisers minderjährig den Thron besteigt, zur Regentin ernannt. Zugleich wird ein aus 10 Personen bestehender Regentschaftsrath eingesetzt. - Das Attentat vom 14. Januar hat Ergebnisse gebracht, die durchaus verschieden von demjenigen waren, welches die Urheber desselben bezweckten; es hat nur dazu gedient, dasjenige, was sie stürzen wollten, zu befestigen. Dem allgemeinsten Abscheu, den es erregte, sind überall die allgemeinsten Kundgebungen für den Kaiser und die Kaiserin gefolgt. Alle Staatsoberhäupter haben sich beeilt, hochstehende Personen ihrer Höfe zu senden, um dem Kaiser und der Kaiserin ihre Glückwünsche darzubringen. In einer Adresse des Marschalls Magnan im Namen der ersten französischen Armeedivision heißt es: "Zählen Sie auf uns, die Treue, welche wir dem Vater geschworen haben, werden wir auch dem Sohn halten. Wäre das schändliche Attentat gelungen, so würde es das französische Kaiserreich nicht gestört haben. Wir würden gerufen haben: Der Kaiser Napoleon III. ist todt, es lebe Napoleon IV."
- Die Weser=Zeitung und mehrere andere Zeitungen klagen übereinstimmend darüber, daß die Preise des Klein=Handels nicht mit den sinkenden Bewegungen der Preise des Großhandels, dessen Steigungen sie eiligst gefolgt waren, herabgehen wollten und daß dadurch der raschere Ablauf der Handelsstockung sehr schädlich verzögert werde. Die Weser=Ztg. sagt: "Fast aus allen deutschen Staaten erschallt die Klage, daß die verheißenen billigen Preise für den Consumenten sich nicht einstellen wollen. Mögen im Großhandel Reis, Kaffee, Zucker noch so stark heruntergehen, der Kleinhandel hält hartnäckig an den hohen Preisen fest, wie sie im vorigen Sommer bestanden. Auch hieran sind zum Theil die gesetzlichen Einrichtungen schuld, welche eine heilsame Concurrenz im Kleinhandel nicht aufkommen lassen, Concessionswesen, Krämer=Innungen und wie sie alle heißen mögen. Allein einen Theil der Schuld trägt, wenigstens in den Staaten, wo der Kleinhandel ein freies Gewerbe ist, das Publikum selbst durch seinen Mangel an Rührigkeit und Energie. In England würden, wenn auch alle Krämer ein Complot zur Aufrechthaltung der hohen Preise bildeten, sofort Verbindungen von Consumenten entstehen, um durch gemeinsamen Ankauf im Großen solcher Ungebühr entgegen zu arbeiten. Der Engländer würde schon durch das bloße Unrecht, welches in solchen Preisverhalten liegt, zur Opposition angetrieben werden. Der Deutsche läßt sich Alles ruhig gefallen. Die Steigerung des Consums, welche durch Wohlfeilheit der Waaren herbeigeführt wird, ist das wirksamste Mittel, um den zerrütteten Verkehr seiner Heilung näher zu bringen, und gerade der Kleinhandel ist berufen, dieses Mittel anzuwenden. Der privilegirte Kleinhandel zieht aber beschränkten Consum und hohe Preise vor und trägt dadurch das Meiste dazu bei, jenen Zustand langsamer Besserung nach der Krisis auszudehnen, welcher, wenn auch nicht mehr lebensgefährlich, doch auch nichts weniger als gesund ist. Nicht mehr bloß von sachkundigen Männern wird dies Mißverhältniß in großen Zeitungsartikeln erörtert, sondern auch von den Hausfrauen in ihren Kaffee= und Theekränzchen. Fallen ist doch eigentlich leichter als steigen, aber bei den Preisen der Waaren ist das Verhältniß, wie es scheint, ein umgekehrtes.
- Den Hochmut bricht selbst das Unglück nicht. Unter dieser Devise erzählt das Bremer Unterhaltungsblatt: Der Chef eines bedeutenden Hamburger Hauses, das unter Administration steht und seine Verhältnisse durchaus nicht als geordnet betrachten kann, wurde vor einiger Zeit von einem Bremer Geschäftsfreunde besucht. Letzterer sprach sein Bedauern über die gegenwärtige Krise aus, unter welcher besonders Hamburg und speciell der Geschäftsfreund zu leiden habe, und er freue sich sehr, daß Bremen, obgleich von der Calamität ebenfalls berührt, doch fest gestanden habe. Der Hamburger zuckte die Achseln und erwiderte das aufrichtige Bedauern des Freundes mit den Worten: "Auch Wandsbeck hat sich gehalten!" - Daß der Bremer dieser übermüthigen Antwort nichts zu entgegnen hatte, als dem bewußten Herrn den Rücken zu kehren und sich zu entfernen, versteht sich von selbst.
- Bei Straßburg hat man im Bette des Rheins auf dem Trocknen einen Stein mit einer Inschrift gefunden, aus welcher hervorgeht, daß seit 1305 das Wasser nicht so niedrig gestanden hat wie jetzt.
- Im Süden Deutschlands hat der Januar ebenfalls mit einem starken Schneefall Abschied genommen. In der Nacht vom 30. zum 31. Januar brach sich die Kälte, der Himmel umwölkte sich und der Schnee fiel in Menge hernieder. Die Posten können nur auf Schlitten weiter gebracht werden.
(Heirathsantrag.) Ich lege so eben das zwanzigste Jahr zurück. Bin in der Schule Marietta erzogen. Bin zu allen Beschäftigungen einer guten Hausfrau geeignet, d. i. von der Bereitung schmackhafter Speisen bis zum Stärken der Hemden, ich unterziehe mich den schwierigsten und komplizirtesten Arbeiten im Nähen. Ich laufe Schlittschuhe, singe, spiele Klavier und tanze mit Grazie. Ich reite auch vortrefflich und wer daran nicht glaubt, dem schlage ich folgende Wette vor: Es möge ein schöner Jüngling zwei tüchtige Pferde herbeischaffen. Er besteigt das eine und ich das andere. Wird er mich nun innerhalb zwei Minuten erreichen. So habe ich verloren und ich werde dann sein Weib, erreicht er mich aber nicht, so hat er verloren und muß mein - Mann werden.
- Ein junges Fräulein aus der Stadt, welches einen Landprediger geheirathet, wünschte nun auch eine Kuh zu haben, um immer gute unverfälschte Milch zu erhalten. Der Pfarrer kaufte eine Kuh. Bist du nun zufrieden, mein liebes

[ => Original lesen: 1858 Nr. 6 Seite 3]

Weibchen?" fragte er sie eines Morgens beim Kaffee, "da du nun eine Kuh hast, die uns gute Milch giebt?" - "Ach ja, lieber Mann, wenn wir noch eine hätten, die Butter gäbe.
- Ein Handwerksbursche fragte in Wien einen Fiaker, wo er wohl am besten auf die Polizei käme? "Gehen Sie hier in den Laden da drüben und stehlen Sie einen Pack seidene Tücher" antwortete der witzige Fiaker.
- Die Rothe'sche Dampfmühle in Lübeck hat bereits ihre Thätigkeit begonnen; mehrere dortige Bäcker haben bekannt gemacht, daß sie fortan Weißbrot aus diesem Mehl verkaufen werden. - Das Gewitter am 2. Morgens hat in der Wahmstraße eingeschlagen, ohne zu zünden.


Volksjustiz auf Borkum.

Es liegt in der Natur der Sache, daß die volkstümlichsten Gebräuche sich in jenen Gegenden erhalten haben, die vermöge ihrer Lage wenig oder garnicht mit der übrigen Welt in Berührung kamen. Mehr noch als im Innern des Landes ist dies für die am Saume der Nordsee liegenden Inseln eine Wahrheit. - Versetzen wir uns im Geiste nach Borkum, der größten ostfriesischen Insel. Freilich hat dieselbe an Umfang bedeutend verloren, denn während sie in grauer Vorzeit einen Theil des Festlandes bildete, vor zweitausend Jahren noch wenigstens zwanzig Quadratmeilen groß war, hat sie jetzt nur noch drei Stunden Länge und eine Stunde Breite. Das immer mehr in Aufnahme kommende Seebad verspricht den Volkseigenthümlichkeiten kein langes Dasein und darum muß der Culturhistoriker sich beeilen, dergleichen Schätze der Vergessenheit zu entreißen. Die von Jahr zu Jahr sich mehrende Anzahl der Badegäste ist kein Gewinn für die Sittlichkeit und der Pesthauch festländischer Uebercultur beginnt auch schon bei diesem Naturvölkchen die Gemüther zu berühren.
Mag man in unserem aufgeklärten Zeitalter es für eine Lächerlichkeit halten, wenn die Idee der Sittlichkeit so weit getrieben wurde, daß keine Wittwe sich zum zweiten Male verheirathete, da man an eine ewige Liebe und Treue glaubte: ein solcher Volksstamm erinnert an die alten Deutschen und verdient alle Anerkennung und Achtung.
Seit alten Zeiten war hier der Umgang zwischen beiden Geschlechtern genau geregelt; dies ist noch heutigen Tages der Fall und ein bedeutender Hebel der Moralität. Im Winter findet man jeden Sonntag in den verschiedenen Häusern Gesellschaften junger Mädchen, die nicht ungern auch junge Mannsleute einlassen. Daran stößt sich Niemand, denn das geht in aller Zucht und Ehrbarkeit von statten, nur darf der Besuch nicht länger als bis zum zwölften Glockenschlage dauern. Weiß man aber, daß ein Jüngling sich zu einem Mädchen geschlichen hat und bis nach zwölf Uhr bei ihr verweilt, so wird das Haus umstellt. Jede Thür und jedes Fenster wird bewacht, um das Entschlüpfen des Anbeters zu verhindern; ein Parlamentär wird abgeschickt, die Uebergabe auf Gnade und Ungnade zu verlangen, worauf meistens keine Antwort erfolgt. Das auf diese Weise inhaftirte Paar hat nun Zeit, sich über seine gegenseitigen Gefühle klar zu werden, denn bevor die Sonne aufgeht, ist Niemand befugt, in das Haus einzudringen, es sei denn, daß die Bewohner desselben freiwillig die Thür öffneten. Dies geschieht aber selten und die Sittenrichter harren bei Gesang und Trank bis zum kommenden Morgen. Kaum ist dieser angebrochen, so wird da draußen Ernst gemacht. Man verstopft die Schornsteine mit Schnee oder allerlei Unrath, so daß man im Hause vor Rauch umkommen müßte, man versucht Fenster zu öffnen und Thüren zu sprengen und will das Alles nicht gelingen, so nimmt man die Ziegel vom Dache und steigt auf diese Weise in's Haus. Aber dann findet man meistens das Mädchen allein. Die nun stattfindende Haussuchung wird so genau und vollkommen vorgenommen, als wenn Alle ausgelernte Polizisten wären: das Unterste wird zu oben gekehrt und kein Plätzchen undurchsucht gelassen, bis man endlich den Verliebten aus seinem Versteck hervorzieht. Ein lautes Hurrahgeschrei kündet den Fund an. Man richtet an den jungen Mann die Frage, ob er mit dem Mädchen verlobt sei? Bejaht er solche, so wünscht man dem jungen Paare Glück, bringt ihnen ein Hoch und verkündet, den Bräutigam in ihrer Mitte mit sich fortziehend, der ganzen Insel das frohe Ereigniß einer neuen Verlobung. Erfolgt indeß auf jene Frage ein "Nein," so wird dem Liebhaber ein Tau um den Leib gebunden und er, alles Sträubens ungeachtet, durch das Lynchgesetz verurtheilt, zur Abkühlung seines Liebesfiebers drei Mal hin und zurück durch ein dazu bestimmtes Gewässer geschleift zu werden. Gesteht er während dieser Procedur seine Verlobung ein, so wird dadurch sein Strafmaß selbstredend abgekürzt. Im Winter wird, wie es noch in diesem stattfand, eine Passage durch das Eis hergestellt und dann der Schuldige der Wassertaufe übergeben. Daß die ganze Bevölkerung diesem tragikomischen Schauspiele beiwohnt und daß der auf solche Weise Bestrafte Jahre lang ein Spott seiner Cameraden bleibt, läßt sich denken. Es vergeht daher auch oft manches Jahr, wo sich Keiner ertappen läßt; so war in den letzten zehn Jahren kein Sünder diesem Sittengerichte verfallen, aber dieser Winter forderte endlich wieder eine Wassertaufe.


Anzeigen.


Vorladungen.

Der Bäckermeister Wilhelm Groth hieselbst hat die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über sein am Markt sub Nr. 182 allhier belegenes Wohnhaus, sowie über die auf hiesiger Feldmark belegenen Grundstücke, als:

a. ein im Schlauenkamp, zwischen Färber Waack und Maurer Schleuß, belegenes Ackerstück von ca. 25 Scheffel Aussaat;
b. ein Moor im s. g. Galgenmoor, neben Schneider Ott und Krämer Spehr belegen;
c. eine Wiese im großen Moor von ca. 6 Schfl., belegen zwischen Rademacher Schwarz und Viehhändler August Kniep,
        so wie
d. ein an der Schönberg=Lübecker Chaussee, neben Weber Boye belegenes Erbpachtstück von ca. 2 1/2 Scheffel
beantragt. - Es werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diese Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das anzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung hiermit peremtorisch, und unter dem Nachtheil, daß ein nicht angemeldetes, und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenes Realrecht an den Groth'schen Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer derselben, erloschen sein soll, zum

Donnerstag, den 11. Februar k. J.

Morgens 11 Uhr, vor hiesige Hypotheken=Behörde geladen.
Schönberg, den 2. Decbr. 1857.

                          Großherzogliche Hypothekenbehörde des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Verkaufsanzeigen.

Bedingungsmäßig haben die Erben des wailand Viehhändlers Johann Vock, unter Suspendirung definitiver Erklärung über die Annehmlichkeit der, für die, im heutigen Licitationstermine bezüglich der zu Kauf gestellten, in der Ladung vom 13ten pr. näher beschriebenen 3 Wiesen, auch Kirchenstände und eines Begräbnißplatzes - abgegebenen Meistgebote, auf Ansetzung eines Termins

[ => Original lesen: 1858 Nr. 6 Seite 4]

zum Ueberbot angetragen. Ist dann zu solchem Zwecke Tagefahrt auf

kommenden Dienstag, den 9ten d. M.,
Mittags 12 Uhr,

präfigirt worden, so werden Kaufinteressenten, in sonderheit auch die heute am Meistgebot gebliebenen Licitanten dazu hiermit vor Gericht geladen, um von dem Mehr= und Ueberbotsrechte Gebrauch zu machen, auch zu erwarten, daß den Höchstbietenden der reine Zuschlag, in Grundlage der Bedingungen, sofort definitiv wird ertheilt werden.
Schönberg, den 2. Februar 1858.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Für die, zur Christian Spehr'schen Debitmasse gehörende Oel=Mühle, die - in der Ladung vom 13. November 1857 näher beschriebene - s. g. Maurinmühle c. p. bei Neschow, sind im vorgewesenen Termine am 8ten v. M. nur 1120 Taler (Mecklenburg) geboten worden. Ist dann seitens der Christian Spehr'schen Gläubiger dieses oblatum nicht annehmlich befunden, sondern die Ansetzung noch eines, doch schließlichen, Termins, zum Ueberbot, beziehungsweise zur Ausübung des creditorischen Gleichgebotsrechts, beschlossen worden, so wird zu dem Ende hiermit anderweitiger Termin auf

Montag d. 15. März d. J., Morgens 11 Uhr,

anberaumt, - wozu demnach Kaufliebhaber, beziehungsweise die nicht präcludirten Christian Spehr'schen Creditoren, diese bei Strafe des Ausschlusses mit zuständigem Gleichgebotsrechte, vor unterzeichnetes Concurs=Gericht geladen werden.
Zugleich wird nachträglich bemerkt: daß inzwischen, auf creditorischen Antrag, die der Mühle qu. zu Statten kommende Wasserkraft durch einen Sachkundigen zu = 11 Pferdekraft ermittelt worden ist.
Schönberg, den 1. Februar 1858.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Holzauction.

Am Montage d. 8. Februar sollen im Selmsdorfer Kirchenholze gegen baare Zahlung meistbietend verkauft werden:

1 3/4 Faden buchen Olm,
9       Faden buchen Knüppelholz,
1       Faden eichen Knüppelholz,
12     Faden buchen Stämme,
15     Fuder buchen Zweigholz,
2       Fuder weiden Busch und
11     eichen Blöcke,
und wollen sich Kaufliebhaber Morgens 10 Uhr am Schlagbaum des genannten Holzes einfinden.
Schönberg d. 4. Februar 1858.

                                                    Danckwarth.


Holzverkauf.

Am Sonnabend. 13. Febr., Morgens 10 Uhr, sollen unter den bekannten Bedingungen im Gasthause zur Bäck beim Gastwirth Meier gegen baare Zahlung meistbietend verkauft werden die im Seebruch und Steinort stehenden

10       Faden buchen Kluftholz,
  3       Faden buchen Knüppelholz,
  1 1/2 Faden buchen Olm und
  3/4    Faden eichen Knüppelholz;
und wollen sich Käufer wegen Besichtigung dieses Holzes vor dem Verkaufstermine an den Holzwärter zu Römnitz wenden.
Schönberg d. 4. Februar 18458.

                                                    Danckwarth.


Vermischte Anzeigen.

Zu Ostern ds. Js. wird ein Laufbursche oder Hausknecht, der lesen und schreiben kann, gesucht. Näheres beim Postmeister Saß in Schönberg.


Lehrlings=Gesuch nach Lübeck.

Zu Ostern d. J.: Ein Sohn achtbarer Eltern in die Uhrmacherlehre. Näheres in der Expedition dieses Blattes.


Schutzmarke Dr. Koch's Kräuterbonbons Die aus den vorzüglichst geeigneten Kräuter= und Pflanzensäften mit einem Theile des reinsten Zuckerkrystalls zur Consistenz gebrachten
Doctor Koch'schen
(K. P. Kreis=Physikus zu Heiligenbeil)
KRAEUTER-BONBONS

haben sich durch ihre Güte auch in hiesiger Gegend rühmlichst bewährt und sind in Originalschachteln ? 8 u. 16 Schilling (Mecklenburg) stets ächt vorräthig bei

                                                    J. P. Bade in Schönberg.


Gesucht werden 2000 Taler (Mecklenburg) zu 4 bis 4 1/2 pCt. Zinsen p. a. gegen sichere Hypothek. Das Nähere zu erfragen bei Herrn J. Wendt in Schönberg.


Wir haben dem Jäger Schlange in Schönberg die Aufsicht über unsere Holzkoppeln, Zäune und Hecken übergeben, welches wir hiermit zur Nachricht bekannt machen mit der Bemerkung, daß die unbefugterweise in denselben Betroffenen gerichtlich bestraft werden sollen.

                          Schultze Mett. Hauswirthe: Beckmann,
                          Willms, Badstein, H. Voß, Lenschow,
                          J. Voß, Böttger, Krüger Räsenhoft.

Petersberg den 20. Januar 1858.


Backtafel für die Stadt Schönberg
vom 1. bis 15. Februar.

Weizen=Milch=Brod. Pfd. Loth.   Pfd.   Loth.
Ein 2 Schillings=Kreuz= oder Franz=Brod, mit dem Aufbrod auf einen Schilling eine Dreilings=Semmel, soll wägen - 23
Ein Schillings=Kreuz= oder Franz=Brod desgleichen - 11 1/2
Ferner:
fünf große Milch=Semmel oder für 2 Schillinge - 23
fünf kleine Milch=Semmel oder für 1 Schilling - 11 1/2
Roggen=Brod von gebeuteltem Mehl, mit dem Aufbrod auf einen Schilling eines halben Dreilings werth, soll wägen:
ein 8 Schillings=Brod 4 30
ein 4 Schillings=Brod 2 15
ein 2 Schillings=Brod 1   7 1/2
Grob Hausbacken=Brod ohne Aufbrod:
ein 8 Schillings=Brod 8 -
ein 4 Schillings=Brod 4 -
ein 2 Schillings=Brod 2 -

Schönberg, den 3. Februar 1858.                           
                                                    Bürgermeister und Rath.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.
Vom 29. Jan. bis 4. Febr.

Geboren: D. 31. Jan. dem Arbtsm. Soltmann vor Schönberg eine T. - D. 1. Febr. eine uneheliche Tochter hieselbst - D. 3. dem Arbtsm. Reimers vor Schönberg ein Sohn.
Gestorben: D. 29. Jan. Friedr. Hinrich Mettscher, Schneidermeister hies., 73 J. a., Altersschwäche. Friedrich Heinrich Christian Ladendorf,. Schlächtermeisterssohn hies., 11 Mon. a., an Zahnkrämpfen. - D. 3. Febr. N. N. Wigger hies., früher Hirte auf hiesigem Bauhofe, Altersschwäche.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck
am 3. Februar 1858.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 12-16 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg)   2-  8 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 44-48 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 38-42 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 24-25 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 40-44 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 20-21 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   8-12 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 16-18 Mark (Lübeck)
Butter 9 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln 4 Schilling (Mecklenburg).

Altona=Hamburger Viehmarkt.

Fette Schweine, 100 Pfund 27-30 Mark.


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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