No. 29
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 17. Juli
1857
siebenundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1857 Nr. 29 Seite 1]

- Der Aufstand in Bengalen ist jetzt allgemein. Die Stadt Delhi ist die Braut, um die dort getanzt wird. Die indischen Soldaten haben sich dieses wichtigen Platzes bemächtigt und ihn zum Mittelpunkt des Aufstandes gemacht. Die Engländer haben die Außenwerke von Delhi wieder erobert und dabei 24 Kanonen den Aufständischen abgenommen. Aus den englischen eingebornen Regimentern desertirte fortwährend eine große Anzahl Soldaten. 10,000 Mann werden in England nach Indien eingeschifft, um das englische Regiment dort aufrecht zu erhalten. In den englischen Zeitungen steht es in und zwischen den Zeilen zu lesen, daß die Engländer an den armen Indiern auf Kosten der Menschlichkeit und Klugheit viel gesündigt haben. Erpressungen und Foltern waren an der Tagesordnung und schreiende Mißbräuche aller Art; als das Gefäß voll war, brachte es der letzte kleine Tropfen zum Ueberlaufen. Die indischen Soldaten aus der Kaste der Braminen etc. erhielten Patronen mit Ochsen= und Schweinefett geschmiert, hatten darüber schwere religiöse Skrupel und griffen zur Empörung. Uns scheint das komisch, in Dingen der Religion aber ist nichts klein und lächerlich. - Die englisch=ostindische Armee, welche vor kaum 100 Jahren nur aus einigen Bataillonen bestand, zählte am Ende des Jahrs 1856 nicht weniger als 289,000 Mann dauernd bei den Fahnen. Sie besteht theils aus königlichen Truppen, welche im Solde der ostindischen Compagnie stehen, theils aus eingebornen von englischen Officieren kommandirten Truppen, welche die weit überwiegende Mehrzahl bilden und theils aus europäischen von der Compagnie angeworbenen Truppen. Im Ganzen zählt die Armee gegenwärtig königliche Truppen 22 Infanterie=Regimenter, an europäischen 6 Infanterie=Regimenter, an eingebornen Truppen 155 Infanterie=Regimenter und 44 Regimenter Cavallerie. An Artillerie 22 reitende Batterien, 18 Batt. Fußartillerie, von denen ungefähr Zweidrittel aus europäischen Artilleristen bestehen. - Es leben dort etwa 70,000 Engländer unter 150 Millionen Ostindiern.
- Es ergiebt sich immer deutlicher, daß der in Italien aufgebrochene Aufstand auf einem allgemeinen Plane beruhte, über den die Regierungen die genauesten Nachrichten haben. Es sollen zwei Complotte existirt haben, das erste bestehend aus verbannten Sicilianern und Neapolitanern, das zweite von Mazzini organisirt. Das Complott Mazzini's umfaßte ganz Europa, besonders Frankreich, Spanien und Italien. Die italienischen Regierungen sind von Paris aus vor dem Ausbruche des Aufstandes gewarnt worden. Eine Masse zwischen Paris, London und andern Orten gewechselter Briefe sind in Paris mit Beschlag belegt worden, woraus hervorgeht, daß der Kaiser Napoleon während der letzten französischen Wahlen ermordet werden sollte
Zehn oder zwölf Personen sollten die erste Gelegenheit benutzen, den Kaiser zu erdolchen, und um sicher zu gehen, wurden die Dolche in Gift getaucht. Die Mitglieder der provisorischen Regierung waren schon ernannt, und es war verabredet, wenn die That vollbracht, die Zügel der Gewalt zu ergreifen und die Revolution über ganz Süd=Europa zu proclamiren.
- In Anlaß dieser Ereignisse werden die größeren europäischen Staaten auf die Nothwendigkeit hingewiesen, endlich ernste Schritte bei der englischen Regierung Behufs Ergreifung sichernder Maßregeln gegen die revolutionäre Verbindung der Flüchtlinge in England zu thun.
- Fünf Millionen Rubel Silber oder 20 Millionen Franks liegen in der Reisekasse der russischen Majestäten. So verlautet aus Rußland selber. - Der Kaiser wird am 18. Juli in Berlin erwartet.
- Bardosk ist ein russisches Städtchen, in dem eine Invaliden=Compagnie liegt. Am 3. Juni schritt der Posten vor dem Ordonnanzhause auf und nieder und kümmerte sich wenig darum, daß hohe Flammen über die nahen Häuser schlugen, denn das ging ihn nichts an. Bald aber standen 192 Häuser in Flammen und bald auch das Ordonnanzhaus. Kein Mensch dachte daran den Posten abzulösen. Der Soldat schritt das Gewehr im Arm auf und ab, jetzt ergriff das Feuer das Schilderhaus und verzehrte es, jetzt auch den Mantel des Mannes, und immer noch Schritt er auf und ab. Da endlich kam athemlos ein Gefreiter und löste den verlornen Posten ab. Der Kaiser hat dem Mann, der ein Prachtstück russischer Disciplin ist und Bankow heißt, 50 Silberrubel geschenkt und seine That der ganzen Armee in einem Armeebefehl Verkündigt.
- "Rußland hat nur noch eine Wahl." Unter diesem Titel ist jetzt von einem Freiherrn von Nolken, Gutsbesitzer in Liefland und Podolien, ein kleines Schriftchen erschienen, woraus hervorgeht, daß man in Rußland mit ängstlicher Spannung den Maaßregeln entgegensieht, die über kurz oder lang ergriffen werden müssen, um ein anderes Verhältniß zwischen Edelmann und Bauer herbeizuführen. Das Regierungsgebäude des Kaisers Nikolaus sinkt zusammen, weil anderes neben ihm entsteht, auf das der Erbauer nicht gerechnet hatte. Das hurtige Donnergepolter der Locomotiven erschüttert und zerbröckelt seine Fundamente. Rußlands Bewohner denken, sprechen, schreiben freier, als bisher und mit der über kurz oder lang bevorstehenden Aufhebung der Leibeigenschaft für etwa 40 Millionen Menschen wird jedes Gebäude vollständig zusammenstürzen.
- Eine Hungersnoth in Amerika ist gewiß eine im höchsten Grade befremdende Erscheinung. Wenn man hier zu Lande von solchen Zuständen in Irland, Schlesien, Finnland hörte, so pries man

[ => Original lesen: 1857 Nr. 29 Seite 2]

sich im Schooße des Ueberflusses glücklich und erblickte im fruchtbaren Boden, in der blühenden Industrie und in der schnellen Communication sichere Garantieen gegen derartige Vorkommnisse. Dennoch ist jetzt der Feind mitten unter uns. In den nördlichen Gegenden des Staates Michigan herrscht eine so dringende Hungersnoth, wie sie jemals jenseits des Oceans stattgefunden. Das Vieh stirbt wegen Mangels an Nahrung; die Menschen fristen ihr Leben nothdürftig durch Substanzen, welche man in gewöhnlichen Zeiten nicht für genießbar hält, und dennoch sterben viele von ihnen des schrecklichsten Todes, dem Jemand zum Opfer fallen kann.
- Die Papiermüller behaupten, die Frauen trugen die Schuld, daß das Papier so theuer ist. Wenn statt der bunten leichten neumodischen Waare die alten schweren und guten Kleiderstoffe getragen würden wie in der guten alten Zeit, so wollten sie aus den Lumpen auch gutes Papier machen; aus einem Centner guter Lumpen könnten sie mehr Papier machen, als aus vielen der neuen allzu lumpigen Lumpen, in denen keine gute Faser wäre.
- (Berliner Gaunerstreich.) Kommt ein vornehm gekleideter Herr zu einem Juwelier, kauft einen Goldschmuck zu 850 Thaler, zahlt darauf 500 Thaler in preuß. Kassenanweisungen und bittet den Juwelier einen Diener ihm mitzusenden, der den Rest der Summe in Empfang nehme, als in demselben Moment ein Offizier vor dem Fenster vorbei geht; der Käufer klopft ans Fenster, nöthigt ihn herein und ersucht ihn so lange als Pfand hier zu bleiben, bis er die fehlenden 350 Thlr. aus seinem nahen Hotel herbei geholt hat. Bald nachdem der Käufer sich mit dem Schmuck entfernt, tritt ein Schutzmann in den Laden, warnt den Juwelier vor falschen Kassenanweisungen, die in Umlauf sind. Dieser erschrickt, zeigt dem Schutzmann die eben eingenommenen, der sie als falsch erkennt, sie nebst dem als Pfand zurückgebliebenen Offizier mitnimmt, um gleich der Polizei Anzeige davon zu machen, und läßt dafür dem geängsteten Juwelier seine Nummer zurück mit dem Versprechen, ihm innerhalb einer Stunde Nachricht zu bringen. Der Juwelier wartet eine zwei drei Stunden vergeblich auf Antwort und begiebt sich dann endlich selbst auf die Policei, wo er zu seinem Schrecken erfährt, daß dort keine Anzeige von falschen Kassenanweisungen gemacht sei. Später stellte sich heraus, daß diese drei Gauner zur Ausführung ihres Vorhabens die Uniformen eines Lieutenants und eines Schutzmanns beim Trödler gekauft hatten und so im Anzuge der Gerechtigkeit ihren Diebstahl ausführten.
- Ein Doctor Soldin in Stockholm hat die Aufforderung erlassen, inskünftige die Leichen zu verbrennen. Er selbst hat bestimmt, daß sein Leichnam verbrannt werde. Die Asche großer Männer soll aufbewahrt, die der Andern dagegen als Dünger benutzt werden.
- In Hamburg sollen sich die Schlachtergesellen vereinigt haben, bei den Meistern durchzusetzen, daß sie fortan nicht mehr mit "Du" angeredet werden, sondern daß die Meister sich des höflicheren "Sie" bedienen sollen. Im Fall ihnen dies nicht gewährt wird, sind die Gesellen willens, die Arbeit niederzulegen.
- Die N. P. Z. meldet aus Petersburg als wichtigste Neuigkeit, daß es in Rußland nach langer Dürre geregnet hat. Diese Nachricht ist bei gewöhnlicher Witterung keine Neuigkeit, aber bei den Besorgnissen, die schon anfingen, von allen Seiten laut zu werden, gewinnt der Regen eine Bedeutung. Die Vorräthe sind zwar überall noch reichlich vorhanden, als Folge der vortrefflichen russischen Magazineinrichtung; bei längerer Dürre würde aber die Spekulation sich der Witterungsberichte bemächtigt haben, und hohe Getreidepreise für russischen Export sind eine Calamität für ganz Europa. Und dennoch bei glühender Sonnenhitze hörte man dort allgemein klagen, und jetzt beim Regnen hört man auch klagen. Erst hieß es, es wäre ein Unglück, wenn das Getreide theuer, und nun wieder, es wäre ein Unglück, wenn das Getreide wohlfeil würde.
- In Schlesien macht man die Bemerkung, daß in diesem Jahr sich bei den sonst so beliebten öffentlichen Verkäufen der Getreidearten auf dem Stamm nur sehr wenig Käufer einfinden und diese in der Regel nur die Hälfte der vorjährigen Preise bieten.
- Während in Berlin noch vor kurzem bei den trüben Ernteaussichten für Getreide kein Preis als zu hoch angesehen wurde, erlebte der dortige Markt in voriger Woche gerade das Gegenstück des bisherigen Geschäftsganges. Auf allen andern Märkten blieb die Stimmung flau. - Auf dem Kieler Johannismarkt war der Butterhandel keineswegs lebhaft, indem Verkäufer zu hohe Preise stellten, die im Verhältniß zu den englischen Märkten nicht bewilligt wurden.


Was unsere Söhne werden sollen?

Diese Frage beantwortet der "Arbeitgeber" folgendermaaßen: In den gelehrten Fächern hat der Andrang zum Staatsdienst unter den Juristen merklich abgenommen. Die Zahl der Theologen hat etwas zugenommen (ohne jedoch dem Bedürfniß zu genügen), mehr aber noch die der Philosophen, d. h. derjenigen, welche kein bestimmtes Fach studiren, sondern später zur Industrie übergehen. Im Lehrerstande sind noch manche Lücken auszufüllen, was aber ohne bedeutende Erhöhung der Gehalte nicht geschehen wird. Techniker finden noch Unterkommen; bei der stets wachsenden Zahl von jungen Leuten aber, welche unsere zahlreichen polytechnischen Schulen jährlich ausbilden, ist zu befürchten, daß in einigen Jahren ein Ueberschuß von Arbeitskräften vorhanden ist. In einem Zweige der Technik, in der Chemie, ist bereits eine Ueberfülle eingetreten, da eine große Anzahl von Apothekern sich der lohnenden technischen Chemie zugewendet hat, wodurch auf der andern Seite der große Mangel an Apothekergehülfen eingetreten ist, welcher fast allgemein herrscht. Lithographen sind immer noch gesucht, ebenso wie alle Arten von Handwerkern, unter den letztern besonders Uhrmacher, Goldschmiede, die Bauhandwerker und Metallarbeiter, weswegen auch deren Lohn am meisten in die Höhe geht. Unter den letztern sind besonders Feuerschmiede, Maschinenschlosser, Eisengießer außerordentlich gesucht und ist die Erlernung dieser Handwerke sehr zu empfehlen. Auch Spengler sind sehr gesucht. Im Handelsfach ist ein wesentlicher Unterschied zu machen: Leute, die Sprachen verstehen, namentlich englisch, französisch, italienisch correspondiren können, erhalten sehr leicht und unter günstigen Bedingungen Stellung; an jungen Leuten ohne Sprachkenntnisse dagegen ist so großes Angebot, daß es sehr schwer hält, für sie eine Stelle zu finden. Wer also die Mittel oder das Talent, Sprachen zu erlernen, nicht besitzt, dem muß man sehr abrathen, den Kaufmannsstand zu ergreifen. Solche junge Leute würden als Handwerker besser fortkommen und einst eine bessere Stellung im Leben sich erwerben. Alles Ernstes warnen müssen wir auch noch vor der Ergreifung der landwirthschaftlichen Carriere, natürlich solchen Leuten, die ohne Vermögen sind; denn die Zahl der Oekonomieverwalter ist so groß, zugleich bieten sich fortwährend so viele Volontäre, reicher Leute Söhne, unentgeltlich zur Praxis an, daß Stellen nur in äußerst seltenen Fällen zu haben sind und eine große Anzahl von Verwaltern sich ohne Platz befindet, denen wir nur rathen können, sich nach Ungarn, Galizien, Posen u. s. w. zu wenden. Außerordentlich gesucht sind selbst auf große Entfernung hin die Tagelöhner, und die sonst zahllose Klasse der Dienstboten vermindert sich mit jedem Tage, da es außerordentlich an ländlichen Arbeitern fehlt. Wir können an dieser Stelle daher nur den Wunsch wiederholen, daß zahlreichere Beurlaubungen von Militair, als sonst, stattfinden möchten, um den Landwirthen die gute und zeitige Einbringung der Ernte möglich zu machen.


[ => Original lesen: 1857 Nr. 29 Seite 3]

Aus dem Storchleben.

Wenn der Landmann mit seiner Familie bei Frühlingsanfang die Schlafstätte verlassen hat, da stecken sie die Köpfe zur Thür hinaus und sehen nach dem Dach der Scheune, ob die Storchwohnung da oben wieder bezogen sei von den alten Freunden. Und die Städter eilen hinaus vor die Thore und besuchen die Plätze, ob hoch auf dem Wipfel eines Baumes das Schloß eines ernsten Storchennestes thront. Manchen Tag sehen die Einen, gehen die Andern vergebens; zerrissen und durchlöchert stehen die Nester noch immer verwaist. Wenn aber eines Morgens der Sonnengott seine tägliche Rundreise antritt unter den vielverheißenden Zeichen, wenn er kein Wölkchen duldet am weiten hellblau bekleideten Himmelszelt, wenn er mit Silberperlen Auen und Wiesen geschmückt hat und mit unwiderstehlicher Gewalt aus den Herzen der Menschen die Grillen und Sorgen verscheucht - da kannst du sehen, daß er auch die längst ersehnten Gäste mitgebracht hat, die Störche. Sie sind da. Wenigen nur ist es vergönnt, die Störche auf der Reise selbst zu beobachten, zumal bei ihrer Ankunft, welche sich von ihrem Wegzuge dadurch unterscheidet, daß dieser eine gewisse Gestalt hat, die von dem Maler wiedergegeben werden kann, während jene bildlich nicht darzustellen ist. Von der Ankunft kann man nichts weiter sagen, als daß sie vollendet ist. Eines Morgens sind die Störche da. Um welche Zeit sie angekommen sind, und ob in großer oder kleiner Gesellschaft, oder nur ganz allein, das haben nur sehr wenige, in der Regel Niemand gesehen. Selbst in den Gegenden, wo sie sich in großer oft zahlreicher Menge aufhalten, wie auf der Insel Rügen, in Pommern, in der Mark Brandenburg und anderen Orten, wird selten Jemand diese Vögel in ihre Quartiere einrücken sehen. Unbemerkt kommen sie in der Nacht an und jedes Paar sucht in der Stille sein altes Haus auf und nimmt ohne weiteres davon Besitz. Anders verhalten sie sich zur Zeit der Abreise. Rückt diese heran, so kann man sie allabendlich wohl fünf, sechs auch acht Tage lang auf passend gelegenen Stoppelfeldern versammelt sehen. In der Mark standen auf einer Fläche von etwa 100 Morgen bei Sonnenuntergang einige Tausend solcher Rothschnäbel. In dieser Zeit bewohnten sie ihre Nester nicht mehr, den Tag über flogen sie einzeln nach Nahrung aus und bekümmerten sich gar nicht um einander, mit dem Scheiden des Tages kamen sie meist paarweise aus allen Himmelsgegenden auf jenen Feldern zusammen, blieben des Nachts daselbst und zerstreuten sich bei Sonnenaufgang wieder. Man konnte sie dann den Tag über an den Plätzen gehen und Nahrung suchen sehen, wo sie den Sommer über dies Geschäft zu besorgen pflegten. Fand man sie an einem der folgenden Tage nicht mehr hier, oder wer vor Sonnenaufgang schon hinaus gegangen war, früh nicht mehr auf ihrem Sammelplatze, so wußte man, daß sie in der vergangenen Nacht ihre Reise nach dem Süden angetreten hatten. Der Unterschied zwischen ihrer Ankunft und ihrem Wegzuge ist der, daß sie im Frühjahr, wenn sie in die Nähe ihrer alten Wohnungen kommen, von dem Gros der Reisearmee sich trennen und paarweise ihre Nester beziehen, ohne sich zuvor auf einem gemeinschaftlichen Platze niedergelassen zu haben. Im Herbste aber ziehen sie nicht einzeln ab, sondern in Gemeinschaft. Aehnliches hat man bei den Schwalben in zwei verschiedenen Gegenden, auf dem schönen Marktplatze zu Leipzig und im Thüringer Lande auf den Burgruinen der Rudelsburg und Saaleck, bemerkt.
Es ist bekannt, daß die Störche ein wahres Muster von ehelichem Leben sind und daß Tausende von Menschen sich müssen beschämen lassen von einem Storchpärchen. Mann und Frau leben nur mit und für einander. Sie ziehen in dieselbe Wohnung ein, verlassen dieselbe nur, wenn sie auf Nahrung ausfliegen, und trennen sie sich denn auch, so ist es selten weit, meist ist das eine in der Nähe des andern. Häufig kehren sie fast gleichzeitig in das Nest zurück, und läßt ja das eine einmal auf seine Rückkunft etwas länger warten, so sieht das andere gewiß in seiner luftigen Wohnung als Einbein, fleißig nach dem ausbleibenden Gatten ausspähend und ihn mit auf dem Rücken gelegten Schnabel durch lang anhaltendes Klappern ängstlich zur Heimkehr auffordernd.

(Fortsetzung folgt.)


Verpachtung.

        Zur öffentlich meistbietenden Verpachtung der Meierei Selmsdorf, welche Johannis 1858 aus der Pacht fällt, ist vor dem unterzeichneten Großherzoglichen Domainen=Amte Termin auf Sonnabend

den 25. Juli d. J., Morgens 11 Uhr,

anberahmt worden, wozu Pachtliebhaber eingeladen werden.
    Dem Hohen Kammer= und Forst=Collegio bleibt die Wahl unter den 3 annehmlich Meistbietenden vorbehalten und haben dieselben, falls sie nicht schon Kammerpächter sind, sofort eine Conventional=Pön von 1000 Th. Ct. zu bestellen und sich über ihre bisherige Führung und öconomische Tüchtigkeit, sowie über das zur Annahme des Pachtstücks erforderliche Vermögen auszuweisen.
  Die Contracts=Bedingungen können in der hiesigen Amts=Registratur eingesehen und das Pachtstück, nach zuvoriger Meldung auf dem Hofe, in Augenschein genommen werden.
  Schönberg, den 30. Juni 1857.

                                                    Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt
                                                    F. Graf Eyben.


Vorladungen.

        Der Zimmergeselle Woisin in Selmsdorf hat beim Andringen seiner Gläubiger sich insolvent erklärt und sein Vermögen den Gläubigern zu deren Befriedigung abgetreten. Es ist demnach, über dasselbe der förmliche Concurs erkannt und werden nach verfügter Sicherstellung der Concursmasse, und bei einstweiliger Sistirung der Particularprocesse, alle Diejenigen, welche aus irgend einem Grunde Forderungen und Ansprüche an den Zimmergesellen Woisin und dessen Vermögen zu haben vermeinen, zur Anmeldung und Bescheinigung derselben, event. zur Prioritätsausführung, auf

Montag, den 20. k. M. Juli,
Vormittags 11 Uhr,

vor das unterzeichnete Justiz=Amt hiemit peremtorisch geladen unter dem ein für alle Mal angedroheten Nachtheile der Abweisung von der Masse, der Ausschließung mit dem Beweise und mit der Prioritätsdeduction.
Zum einstweiligen Güterpfleger ist der Schulze Faasch zu Selmsdorf ernannt und bleibt die Wahl eines definitiv zu bestellenden Güterpflegers den Gläubigern im Termin vorbehalten.
    Schönberg, den 8. Juni 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


        Nachdem der Gastwirth und Mehlhändler W. Luckmann in Dassow sich für insolvent erklärt, ist unterm heutigen Tage mit Vorbehalt der Einreden der Creditoren der formelle Concurs wider ihn erkannt, die erforderliche Sicherstellung der Concursmasse verfügt und der Gastwirth Weber in Dassow zum interimistischen curator bonorum bestellt worden.
    Zur Feststellung des Schuldenstandes, zur Production der Originalien, zum Versuch einer gütlichen Beilegung dieses Debitwesens, event. zur Prioritäsausführung und zur definitiven Wahl eines curator bonorum haben wir Termin auf

Freitag den 28. August d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

[ => Original lesen: 1857 Nr. 29 Seite 4]

anberahmt und werden hierdurch Alle, die aus irgend einem Rechtsgrunde Ansprüche und Forderungen an den genannten Cridar, insbesondere an den demselben gehörenden, in Dassow an der Lübecker Straße belegenen Immobilien zu haben vermeinen, hiedurch geladen, solche sodann nicht nur genau und bestimmt anzumelden, sondern auch sofort durch Production der Originalien zu bescheinigen, den Vergleichsverhandlungen beizuwohnen, ewent. ihre Prioritätsrechte auszuführen unter dem ein für alle Mal angedroheten Nachtheile der Abweisung von der Masse, der Ausschließung mit dem Beweise durch die Originalien, des Gebundenseins an die Beschlüsse der erscheinenden oder gehörig vertretenen Gläubiger, der Ausschließung mit der Prioritätsdeduction und der definitiven Bestellung des curator bonorum. - Zugleich werden alle und jede Schuldner des Gastwirths W. Luckmann hiedurch bei Strafe nochmaliger Zahlung angewiesen, ihre Zahlungen lediglich an den gedachten interimistischen curator bonorum zu leisten.
    Patrimonialgericht Lütgenhof den 4. Juni 1857.


Verkaufsanzeigen.

Am Freitag den 24. d. M.

Morgens 9 Uhr, sollen im Hause des Hufenpächters Weber zu Thandorf

2 Kühe, 2 Starken, 1 Kalb, 1 Füllen, 1 alter Stuhlwagen, 1 Schlitten, 2 alte Sielen, Wagen und Kuhketten, Haken, eiserne Eggen, 1 Walze, Bettstellen, Tische, Koffer, Kleider= und Küchenschränke, 1 Hobelbank nebst Geräthe, 1 große Schneidelade, Stubenuhren, zwei große Kessel, Grapen, Küben, irdene Töpfe u. Schüsseln und mehr dergl. Sachen
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
    Schlagsdorf den 7. Juli 1857.

                                                    H. Speck, Landreiter.


Am Sonnabend den 18. dieses Monats

sollen mehrere Sachen, welche dem Herrn Mühlenpächter Wieschendorf, früher zu Stove, gehören, als Mobiliar, Haus= und Küchengeräthe und was sich sonst vorfindet, im Kruge zu Carlow in öffentlicher Auction gegen gleich baare Bezahlung versteigert werden.
    Die Auction beginnt Morgens 9 Uhr.
    Carlow, den 9. Juli 1857.

                                                    Labann.


Vermischte Anzeigen.

Zum                                                    
Rehnaer Schützenfest
am 20. u. 21. d. M.
laden freundlichst und ergebenst ein                                                    
                                                    die Aelterleute der Schützenzunft
                                                    Chr. Lau.           J. Hirsch.


Wer Schüttstroh zu verkaufen oder zu verleihen hat, wird gebeten, davon in der Expedition dieser Blätter Anzeige zu machen.


Ein Knabe vom Lande wird zu Ostern als Laufbursche gesucht vom

                                                    Apotheker Saß in Schönberg.


Echt englisches Gichtpapier,

vorzügliches Mittel gegen alle rheumatischen Leiden, wie z. B. gegen das Reißen in den Gliedern, bei Magen= und Brustbeschwerden, gegen Schnupfen, Kopf= und Zahnweh, bei Augen= und Halsentzündungen etc. - Der Bogen 4 Schilling (Mecklenburg).

bei                                 B. Büschel in Lübeck,
Holstenstraße 180.


Eine mit der besten Kundschaft versehene
Schmiede

ist auf 5 Jahre zu verpachten.
    Reflectanten wollen sich persönlich oder in portofreien Briefen bei dem Unterzeichneten melden.
  Dassow, den 13. Juli 1857.

                                                    Karpf, Actuar.


In meiner Collecte wurden                                                    
in Hamburger 233. Lotterie
2. Cl. den 3. Juni Ct. Mark (Lübeck) 1000 auf No. 22257.
3. Cl. den 2. Juli Ct. Mark (Lübeck) 6000. auf No. 22259.
gezogen.
Lübeck, den 2. Juli 1857.                                                        
                                                    F. A. Gusmann.


        Auf der Fischerei zu Lankow, hier im Fürstenthum, stehen noch

3000 Rohrschöwe

zum Verkauf.


        Da meine Färberei etwas abgelegen von der Stadt liegt, so zeige ich meinen geehrten Kunden hierdurch an, daß die Waaren, welche gewalkt, gefärbt oder gedruckt werden sollen, nicht allein bei mir, sondern auch beim Kaufmann Heinrich Rohde am Markt zu jeder Zeit abgegeben und auch wieder abgeholt werden können. Für hübsche ächte Farben und schnelle Bedienung wird stets gesorgt werden.

                                                    Carl Schott, Färbermeister,
                                                    in Rehna.


Bekanntmachung.

        Am 26. Juli findet das Verloosen meines Stuhlwagens beim Krüger Räsenhöft in Petersberg statt. Der Gewinner zahlt 50 Taler (Mecklenburg). Loose sind noch bei mir für 24 Schilling (Mecklenburg) zu haben.
    Schönberg, den 16. Juli 1857.

                                                    F. Bäer, Sattler.


        Zu dem amMontag den 20., und Dienstag den 21. Juli bei mir stattfindenden

Scheibenschießen

um Uhren und Silbergewinne, welches an beiden Tagen um 8 Uhr seinen Anfang nimmt, ladet recht zahlreiche Theilnehmer ergebenst ein

                                                    E. Möhler.

    Bäk, im Juli 1857.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.
Vom 10. bis 16. Juli

Geboren: Den 16. dem Productenhändler Busch zu Malzow ein Sohn.
Gestorben: den 13. der Arbm. vor Schönberg Joh. Hinrich Asmus Thümmel, 53 J. a.
Copulirt. den 13. der Nagelschmied in Schönberg Job. Fr. Gottfr. Kock mit Maria Elisab. Soll daselbst. Den 14. der Arbm. in Schönberg Joach. Heinr. Koth mit Louise Söhlbrand aus Retelsdorf.

Gemeinde Carlow.
Im Monat Juni

Geboren: Ein S. dem Arbm. Lange zu Sahmkow; eine T. dem Schustermeister Kreutzfeld zu Kuhlrade; eine T. dem Hausw. Harms zu Pogetz; ein S. dem Anerben Meyborg zu Klocksdorf; eine unehel. T. in Pogetz.
Gestorben: Eine Tochter des Arbm. Hund zu Carlow, im 8. Jahre; ein S. des Arbm. Jacobs zu Carlow, 2 J. a.; eine T. des Arbm. Rieckhof zu Carlow, im 2. J.; ein S. des Arbm. Dettmer zu Carlow, im 2. J.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 28-36 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 42-44 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1- Taler (Mecklenburg)   6-10 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 48-50 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 48-52 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 48-50 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 26-27 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 52-56 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 19-20 Mark (Lübeck)
Butter 12 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, 6 Schilling (Mecklenburg).


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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