No. 9
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Februar
1857
siebenundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Bekanntmachung.

        In Verfolg der öffentlichen Bekanntmachung der Großherzoglichen Landesregierung vom 4. d. Mts. wird Seitens des Militair=Commandos ein Theil der beurlaubten Rekruten, welche im vorigen Jahre geloost haben, aber nicht eingestellt worden sind, zum 1. April c. zum Dienste bei der Fahne einberufen werden. Diese beurlaubten Rekruten haben sich daher von Ende März ab so bereit zu halten, daß, wenn die Ordre an sie ergeht, sie sich rechtzeitig am 1. April c. in Neustrelitz gestellen können.
    Neustrelitz, den 16. Februar 1857.

                                                    v. Rosenberg=Gruszczynski,
                                                    Major und Commandeur.


- Die Donaufürstenthümer. Wo die Donau bei Orfowa aufhört, Ungarn und Serbien zu scheiden, da beginnt von uns aus gerechnet die Walachei. In großen Bogen umsäumt von hier ab der Fluß das herrliche Land im Westen, Süden und Osten und trennt es von der türkischen Provinz Bulgarien. Nördlich ist es durch das Karparthengebirge wie vermauert; nur acht Pässe führen durch dieses Gebirg aus Siebenbürgen in die walachischen Ebenen. Von Galacz ab, wo die nördlich fließende Donau sich wieder östlich dem schwarzen Meere zuwendet, erstreckt sich nach Norden zu, durch den Pruth von Bessarabien und durch die Karpathen von Siebenbürgen und Galizien geschieden die Moldau. Beide Länder umfassen einen Flächeninhalt von mehr als 1700 []Meilen. Klima und Boden sind köstlich, aber die reiche Ergiebigkeit des Letzteren ist wenig benutzt; denn das überaus fruchtbare Land wird von einem rohen und faulen Volke, etwa 1 1/2 Millionen Menschen, bewohnt. Die Bergbewohner sind die berüchtigten Panduren; etwa der 15. Theil sind Zigeuner, dort nicht anders wie bei uns. Wildheit, rohe Unempfindlichkeit und Unsauberkeit an Leib und Seele gehören zu den hervorstechenden Eigenthümlichkeiten des Volks. Die Menge ist den Adligen des Landes, den Bojaren, unterworfen und wird von diesen wie Sklaven und Leibeigene behandelt. Die Regenten heißen Hospodare, aber diese werden vom Sultan ein= und abgesetzt; die meisten sind keines natürlichen Todes gestorben. Sie haben der Pforte, die seit Anfang des 15. Jahrhunderts die Oberhoheit über beide Länder hat, Tribut zu zahlen. Schon im Jahre 1777 trat die Pforte einen Theil der Moldau, die Bukowina, an Osterreich und im Frieden von Bukarest 1812 einen andern an Rußland ab. Seit dem Frieden von Adrianopel 1829 war in den Fürstenthümern der russische Einfluß vorwiegend, was durch den Umstand, daß in ihnen die griechische Religion die herrschende ist, wesentlich befördert wurde. Daß man in Petersburg großes Verlangen nach diesen prächtigen Ländern trug, war bald kein Geheimniß, und ohne das Einschreiten der Westmächte würde es sicher zum wirklichen Besitze gekommen sein. - Um die Zukunft dieser Länder handelt sich's nun. Gelänge es, sie dem Ackerbau, der Industrie, dem Handel, dem Bergbau, der Gesittung zugänglich zu machen, - eine herrliche, lohnende Aufgabe für deutsche Colonisten! - so würden sie ein wahrer Schmuckstein im Länderdiademe Europas werden. Der üppige Boden, von zahlreichen Flüssen und Bächen durchschnitten, würde bald, anstatt zur Viehweide und zum Maisbau, zur Erzeugung der edelsten Bodenfrüchte und zur Heranziehung eines reichen Viehstandes benutzt werden; - die Industrie würde das Land bevölkern, - der Bergbau die unterirdischen Schätze erschließen, - der Handel zwischen Westen und Osten den Strom beleben, die Straßen und die Märkte füllen, und eine tief versunkene Bevölkerung würde für Fleiß, Ordnung, Strebsamkeit und sittliche Würde gewonnen werden. Welch' eine Aufgabe! Auf ihre Lösung wird die Erledigung der Verfassungsfrage einen entscheidenden Einfluß üben: - was wird's aber werden, wenn politische Eifersucht und Begehrlichkeit den Vorsitz führen?
- Als England und Frankreich mit Rußland Krieg führten, wollten sie Oestreich gern auch dabei haben. Dieses aber wartete ab. Da dachten sie daran, wie das kleine ehrgeizige Sardinien schon lange gern die Lombardei, die leider Oestreich gehört, haben möchte und zeigten ihm verstohlen die schöne Lombardei. Sardinien gelüstete nach den Kirschen und es zog mit Franzosen und Engländern in die Krim, und zauste dem nordischen Riesen am Bart. Freilich zog's mit leeren Taschen heim, hatte aber doch, wie's glaubte, eine Anwartschaft auf die schöne Lombardei. Siehe, da wird das englische Parlament eröffnet und ein redseliger Mann erzählt demselben und der ganzen Welt, Frankreich und England haben Oestreich, damals wie Sardinien mit ihnen gegen Rußland zog, feierlich und schriftlich zugesagt, Oestreich die Lombardei gegen die Feinde zu schützen und zu erhalten. Sardinien, das man mit Versprechungen und Hoffnungen geködert, war also arg angeführt. Lord Palmerston ward im Parlament verlegen, faßte sich, zuckte die Achseln und gestand's schließlich ein.
- Italien und namentlich Neapel ist für die

[ => Original lesen: 1857 Nr. 9 Seite 2]

Zeitungen, welche bekanntlich die wahrheitsliebendsten Leute sind, eine harte Nuß. Es regnet nur so Nachrichten; wüßte man nur, welche wahr sind. Da heißt's: Die Stimmung ist fürchterlich, nichts regt sich, kein lautes Wort, eine Revolution hängt in der Luft. Dann heißt's wieder, die Neapolitaner sind die zufriedensten Leute, sie feiern Carneval und denken an Nichts. Oder: Der König hält sich in seinem Palast eingeschlossen, Wachen stehen an allen Thüren und Thoren, er sieht kaum zum Fenster hinaus. Freilich geht er nicht spazieren, heißt's wieder, weil's alle Tage regnet! Und das Alles steht an einem Tage in einer Zeitung, und der Leser kann sich heraussuchen was er glauben will, ob das schwarze oder weiße. - In Genua hat abermals ein Geistlicher einen glücklicherweise mißlungenen Mordversuch auf seinen Bischof gemacht. Der Mörder ist in den Händen des Gerichts. "Wenn Genua seinen Sibour hat, soll ihm der Verger nicht fehlen!" soll der Mörder gerufen haben.
- Der Kaiser von Oestreich hat eine allgemeine Amnestie für den ganzen Kaiserstaat erlassen, wonach auch alle im Auslande befindlichen politisch Compromittirten die Erlaubniß zur Rückkehr erhalten können. - Im Jahre 1848 lebte in Wien ein kleiner, lebhafter Mann und Advocat, der Bach hieß und die schwersten Prozesse zu gewinnen pflegte. Da Oestreich grade auch in schwierigen Prozeßhändeln bis an den Kopf stack, machte der Kaiser den Advocaten zu seinem Minister - und Kaiser und Reich fuhren gut mit dem Bach. Jüngst gab es wieder eine schwierige Frage: Soll Kaiser Franz Joseph die widerspänstige Lombardei besuchen oder nicht? Die Parteien um den Kaiser stritten für und wider. Der Bach wiederholte immer von neuem: Majestät, gehen Sie und kommen Sie mit offnen Händen! Der Kaiser ging und der Jubel der Lombarden lohnte ihm. Da auch dieser Prozeß in der höchsten Instanz gewonnen war, hing der Kaiser seinem Minister das Großkreuz des Stephans=Ordens um, der aus dem Advocaten einen Grafen macht.
- In St. Petersburg hat am 16. Febr. die Taufe der am 16. Jan. gebornen Tochter Sr. Hoh. des Herzogs Georg zu Mecklenburg und Höchstdessen Gemahlin der Großfürstin Catharina von Rußland, kaiserliche Hoheit, nach lutherischem Ritus stattgefunden. Die Neugeborne erhielt die Namen Helene, Marie, Alexandra, Elisabeth, Auguste, Catharina, und Se. Majestät der Kaiser Alexander geruheten, dieselbe über der Taufe zu halten, ihr auch bei dieser Gelegenheit den St. Catharinen=Orden zu verleihen. .- Der ehemalige baierische Artillerie=Unterofficier W. Bauer, welcher unter den Augen des Großfürsten Konstantin ein Jahr lang Versuche mit einem Tauchapparate seiner Erfindung ausgeführt, ist als Major in die russische Armee aufgenommen, mit einem monatlichen Gehalt von 180 Silberrubel. Für seine Erfindung zahlte ihm das russische Cabinet 20,000 Silberrubel. - Das in Rußland zu erbauende Eisenbahnnetz umfaßt eine Strecke von 4000 Werst, oder 571 deutsche Meilen. Dasselbe erstreckt sich von St. Petersburg nach Warschau und zur preußischen Grenze, von Moskau nach Nischnei=Nowgorod, von Moskau über Kursk und die Dnieprmündung nach Feodosia, und von Kursk oder Orel über Dunaborg nach Libau. Auf diese Weise werden durch einen 26 Gouvernements ununterbrochen durchschneidenden Schienenweg die drei Residenzen, die am meisten befahrenen Ströme, der Mittelpunkt des inländischen Kornüberflusses und zwei Häfen des schwarzen und baltischen Meeres fast das ganze Jahr ohne Unterlaß verbunden sein, womit zugleich die Ausfuhr in's Ausland ungemein erleichtert, so wie eine genügende Zufuhr in's Inland gesichert wird. Das ganze Eisenbahnnetz muß nach zehn Jahren vollendet sein.
- Herzog Wilhelm von Mecklenburg, früher Major im königlich preußischen Garde=Kürassir=Regiment, hat Madrid nach mehrwöchentlichem Aufenthalt verlassen, und sich nach Marseille begeben, um sich dort zu einer Reise nach Afrika vorzubereiten.
- Die Berliner Central=Committee zur Sammlung von Beiträgen für die aus Schleswig=Holstein vertriebenen Beamten etc. hat ein großartiges Concert arrangirt, das für den obigen Zweck in Berlin Mitte März ausgeführt werden wird. Ueber die Verloosung der Geschenke ist noch kein Termin festgesetzt; zu derselben haben die Königin, der Prinz von Preußen, die Fürstin Liegnitz, das königl. Museum und die königl. Porzellanfabrik sehr schöne Geschenke eingesandt. Der König hat die Central=Committee ermächtigt, nicht allein für diese Verloosung im ganzen preußischen Staate Loose unterzubringen, sondern auch Geldbeiträge zur Unterstützung der besagten Beamten etc. sammeln zu dürfen. Dieselbe bestrebt sich, die Aufmerksamkeit Deutschlands auf dieses Unternehmen besonders hinzuleiten.
- Die dem ersten Bürgermeister Schwerin's, Hrn. Hofrath Strempel, zu seinem am 25. Februar stattgehabten 25jährigen Jubiläum von den dortigen Zünften, deren Patron er ist, überreichten Geschenke bestanden in einem silbernen inwendig vergoldeten Thee=Service und zwei silbernen dreiarmigen Leuchtern. Auf der Rückseite der silbernen Theebretter sind die Namen der betreffenden Zünfte eingegraben. Die Arbeit ist von Schweriner Goldschmieden ausgeführt.
- Nach einer Bekanntmachung des Senats von Lübeck darf Rindvieh aus Mecklenburg nur dann in das lübeckische Gebiet eingeführt werden, wenn dasselbe mit genügenden Gesundheitsattesten versehen ist.
- Von London wird unterm 21. d., geschrieben: Eine in den Kohlengruben von Lundhill stattgehabte Explosion hat im ganzen Bezirk von Sheffield tiefe Trauer verbreitet. Es giebt kaum eine Familie, die nicht mit betroffen wäre: aus manchem Haushalt sind alle männlichen Mitglieder - z. B. der Vater mit drei oder vier Söhnen - weggerafft. Gestern Nachmittag erschien eine Liste von 155 Namen lebendig Begrabener, aber mehrere werden vermißt, deren Namen noch nicht ermittelt sind, und bei den gefährlichen Verwundungen der mit Noth aus dem flammenden Schacht Hervorgezogenen wird die Gesammtzahl der Opfer wohl 200 erreichen. Obgleich die Explosion wenige Minuten nach 12 Uhr Mittags erfolgte, war vor 4 Uhr an keinen Rettungsversuch zu denken. Eine Anzahl braver Leute, die das Leben für ihre Kameraden in die Schanze schlugen - sie sind ein Dutzend und in allen Blättern namhaft gemacht - verbrachten ungefähr eine Stunde mit der Auskundschaftung des Bergwerks und drangen 400 Ellen weit ins Innere, bis sie auf ein 50 bis 60 Ellen weites Kohlenlager stießen, welches ganz in Flammen stand. Trotzdem mehrere Stunden seit dem Ausbruch vergangen waren, und die drückendste Atmosphäre in der Grube herrschte, gelang es ihnen hier, neunzehn Menschen hervorzuziehen, die alle noch bei Bewußtsein waren oder doch athmeten und die man durch ärztliche Pflege zu retten hofft. Auf der Nordseite dagegen fand man zehn geschwärzte und furchtbar verstümmelte Leiche von denen man noch Zeit hatte, sieben an's Tageslicht zu schaffen. Der um sich greifende Brand zwang jetzt die zwölf Braven zum eiligsten Rückzuge, und nach sehr langer und peinlicher Berathung kamen die Eigenthümer zu dem Entschluß, alle Zugänge verstopfen zu lassen, denn Menschenhand vermochte die Verschütteten unmöglich mehr zu retten, und wenn das ganze Grubenwerk mit seinen Schachten und Stützen nicht in sich zusammenstürzen sollte, mußte man das Feuer durch Entziehung der Luft zu ersticken suchen. Wie es scheint, war dies gestern Abend geglückt. In einigen Tagen wird man die Leichen oder Gebeine von 170 bis 180 Arbeitern ausgraben.
- Die Times, bekanntlich das größte europäische Zeitungsblatt, enthält durchschnittlich jeden Tag 2500 Inserate, also in einem Jahr eine Million. Ungeheure Summen werden von einzelnen Leuten für Zeitungsinserate ausgegeben. So bezahlte ein Professor Hallewey für seine Pillen jährlich 200,000 Taler (Mecklenburg) Insertionskosten, Rowland und Comp. für ihr Macassar=Oel 70,000 Taler (Mecklenburg), der Schneider Nichols 30,000 Taler (Mecklenburg). Die Zeitungen sind aber nicht das einzige Mittel, sich bekannt zu machen. Eine Madame Jussaud, die Besitzerin eines berühmten Wachsfigurenkabinetts

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in London, zahlt jährlich 7000 Taler (Mecklenburg) an eine Omnibus=Gesellschaft für das Recht, ihre Zettel ganz allein in deren Wagen anzukleben.
- Von der Großartigkeit der k. k. Staatsdruckerei in Wien kann man sich ungefähr einen Begriff machen, wenn man bedenkt, daß ein Werk von 40-50 Bogen stark, vom Morgen bis Abend gesetzt, gedruckt und fertig geliefert wurde, und daß hierzu 52-65 Centner Schrift oder 2,236,000 bis 2,795,000 Buchstaben erforderlich sind.
- Kalendarische Kuriosa. Wer ein guter Wirth ist und seinen Kalender aus dem Jahre 1846 noch aufgehoben hat, hätte für dieses Jahr die Ausgabe sparen können, denn die Kalender für 1846 und 1857 stimmen vollständig überein; ja, wenn ein alter Großpapa noch den Kalender von 1789 oder gar von 1705 findet, so hätte auch der statt eines neuen dienen können, so vergilbt er auch sein mag. Wer aber den Kalender für 1857 schon gekauft hat, der mag ihn seinen Kindern und Enkeln hinterlassen, die ihn in den Jahren 1903, 1914, 1925 und 1998 wieder brauchen können. Auch in den Schaltjahren 1868 und 1956 treffen die Kalender von 1846 und 1857 wieder zu, jedoch erst vom März an. Für das Jahr 1858 werden die Kalender von 1706, 1779, 1790 und 1847 wieder brauchbar und können dann in den Jahren 1915, 1929 und, wenn da die Welt noch steht, auch im Jahre 1999 wieder benutzt werden.
- Daß man aus Runkelrüben nicht bloß Zucker und Syrup fabricirt, sondern auch Aepfel=Gélée, wird aus Frankfurt gemeldet, wo letzteres im Verhältniß zu den theuren Aepfeln seiner Wohlfeilheit wegen als aus Runkelrüben bereitetes Fabrikat erkannt wurde.
- Wer die Venus gern sieht, muß am 19. März gen Himmel schauen, da hat sie ihr schönstes Kleid angelegt und funkelt und glitzert heller, als manche Namensschwester auf dem Maskenball.
- Eine russische Volkslegende erzählt: "Als Gott die Welt erschaffen hatte, erschuf er auch die verschiedenen Nationen. Dem Franzosen gab er Wein und schöne Worte, dem Deutschen gab er Wurst und gute Gedanken, dem Russen aber gab er das meiste Land und Alles, was die Andern hatten, noch dazu. Alle waren auch zufrieden mit Dem, was sie bekommen hatten, als aber Gott Väterchen den Russen fragte, ob er denn auch zufrieden sei? zog er die Mütze, kratzte sich den Kopf und bat: noch etwas na wudi (zum Vertrinken), Väterchen.
- Ein Reisender, welcher in einem Städtchen Wein trank, beschreibt das Gefühl, welches dieser Wein in seiner Kehle hervorbrachte, also: Es war als wenn eine Katze voran in der Kehle hinunter kletterte, und Jemand dieselbe an dem Schwanze rücklings wieder heraufziehe. - Ein Gast eines der ersten Wirthshäuser in Rostock pflegte von demselben zu sagen: Hier ist Alles sauer, bis auf den Essig.
- Aus Westphalen. Der Hofbesitzer Ringsmeier hat einen Knecht, Ringsmeier's Bernhard genannt, der stiehlt, stiehlt leidenschaftlich; sein Herr ist darüber sehr verdrießlich und verfolgt mit Luchsaugen sein Thun und Lassen. Er hat ihn oft auf frischer That ertappt; aber ein so ehrlicher und gottesfürchtiger Mann er ist, er hat ihn doch nicht aus seinem Dienste entlassen, obwohl er wußte und noch weiß, daß alle Strafreden unbeachtet verhallen und daß Ringsmeier's Bernhard wieder stehlen wird, sobald sich ihm eine Gelegenheit dazu bietet. Lohmeier, Ringsmeier's Nachbar, hat ebenfalls einen Knecht, Lohmeier's Kaspar, der stiehlt nicht, absolut nicht, und sein Herr ist darüber so in Harnisch gerathen, daß er ihm den Dienst gekündigt hat. Das klingt wunderlich und doch ist das Gesagte wahr. Es führt nämlich Lohmeier im Dorfe die Nummer zwei, Ringsmeier die Nummer drei; beide Höfe halten sechs Pferde, die täglich ihr bestimmtes Quantum an Futter bekommen. Ringsmeier's Bernhard sorgt aber für seine Pferde, wo er kann, unter Anderm auch dadurch, indem er das vorgeschriebene Quantum an Futter vergrößert. Lohmeier's Kaspar stiehlt keinen Hafer. Die Folge ist, daß Ringsmeier's Pferde besser sind als Lohmeier's; das geht dem Besitzer von Nummer zwei gegen den Strich und der ehrliche Kaspar muß sich einen andern Dienst suchen, vielleicht außerhalb des Dorfes, wo man ihn nicht kennt. Denn ein Knecht, lautet der Volksspruch, der nicht stiehlt, taugt nicht; unter "Stehlen" ist dabei aber die Entwendung von Hafer gemeint, und ein Knecht, der seinem Herrn für seine Pferde Hafer entwendet, strebt darnach, daß die Pferde seines Hofes besser im Stande sind, als die Pferde des Nachbarhofes. Darum knurrt Ringsmeier über seinen Bernhard und zugleich lacht ihm das Herz im Leibe, daß die Pferde von Nummer drei stattlicher einhergehen, als die von Nummer zwei. "Bernhard ist doch ein prächtiger Junge, wenn er nur das verwünschte Stehlen sein lassen wollte!" Das ist der Satz dieser bedenklichen Logik.
- Am Donnerstag den 5. März Lübecker Pferdemarkt.
- Der Hamburger Getreidemarkt bleibt fortwährend geschäftslos. - In Schwerin war der Marktpreis der Butter 14-18 Schilling (Mecklenburg), der der Kartoffeln 18 bis 22 Schilling (Mecklenburg). - Ueber das Wollgeschäft lauten die Berichte fortwährend günstig, bei erhöhten Preisen gegen voriges Jahr.


Bekanntmachung.

        Nach dem eingetretenen Thauwetter darf die neu beschüttete Strecke der Schönberg=Rottensdorfer Chaussee mit Lastwagen, bis weiter, nicht befahren werden; solches wird vielmehr hiermit bei Strafe verboten. Leichtes und leeres Fuhrwerk kann zwar die Strecke von Schönberg bis zum Retelsdorfer Wege, und umgekehrt, passiren, hat jedoch die zum Wechseln der Geleise gelegten Steine zu beachten und jederzeit die Weisungen des Chaussee=Wärters zu respectiren und zu befolgen.
    Schönberg, den 14. Februar 1857.

                              Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
                                F. Graf Eyben.


Vorladungen.

        Auf den Antrag der Curatel der minderjährigen Kinder und Beneficial=Erben des zu Schaddingsdorf verstorbenen Tischlers Joachim Peter Burmeister werden hiermit, zwecks Ermittelung der Kräfte der Verlassenschaft dieses Verstorbenen, alle Diejenigen, welche aus irgend einem Rechtsgrunde - den des Erbrechts allein ausgenommen - Ansprüche und Forderungen an den Tischler Burmeisterschen Nachlaß haben, peremtorisch aufgefordert, solche, bei Vermeidung des Ausschlusses damit von dieser Erbschafts=Masse, in dem deshalb auf

den 2. April d. J.,

Morgens 11 Uhr, präfigirten Liquidations=Termine genau anzumelden und, insofern das durch darüber vorhandene Urkunden thunlich, sofort zu bescheinigen.
    Schönberg, den 27. Januar 1857.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                           Reinhardt.


        Zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das von dem Schmied Brockmann zu Kirch=Mummendorf verkaufte Erbzinsgehöft mit Krug= und Schmiedegerechtigkeit steht ein Termin auf

den 13. März dieses Jahres,
Morgens 11 Uhr,

vor uns an, und wird solches, unter Hinweis auf die in den Mecklenburg=Schwerinschen Landesanzeigen ausführlich abgedruckten Ladungen, hierdurch extractive bekannt gemacht.
    Grevesmühlen, den 9. Januar 1857.

                                                    Das Patrimonial=Gericht
                                                    Kirch=Mummendorf.


      Am

Montag den 2. März d. J.

sollen im Wohnhause des Eigenthümers Hrn. Spehr auf der Maurienmühle nachbenannte Sachen gegen

[ => Original lesen: 1857 Nr. 9 Seite 4]

gleich baare Bezahlung, meistbietend in öffentlicher Auction verkauft werden.

1) Silbersachen:
                          1 Potagelöffel,
                          5 Eßlöffel und
                          7 Theelöffel.
2) vieles sehr gutes Bett= und Leinenzeug verschiedener Art.
3) Haus= und Küchengeräthe:
                          1 mahagoni Cylinder,
                          1 do. Kommode,
                          1 gepolstertes Sopha,
                          1 Eckschrank,
                          1 Koffer mit Messingbeschlag,
                          2 Kleiderschränke,
                          2 Bettstellen,
                          4 Tische und 2 Spiegel,
                          mehrere messingene und kupferne Kessel und
                          sonst mehreres, so wie
                          21 Polsterstühle u. s. w.
        Die Auction soll Morgens 9 Uhr ihren Anfang nehmen, und wird freundlichst um zahlreichen Besuch gebeten.
    Carlow, den 10. Februar 1857.

                                                    Labann.


        Am

Montag den 9. März d. J.

sollen im Wohnhause und auf dem Gehöfte des weiland Tischlermeisters Burmeister in Schaddingsdorf gegen gleichbaare Bezahlung in öffentlicher Auction meistbietend verkauft werden:

1) das sämmtliche daselbst vorhandene Vieh und Fahrniß;
2) sämmtliches Haus= und Küchengeräthe, welches nicht unbedeutend ist, darunter auch ein Fortepiano, eine Kornrummel und eine Schrotmühle;
3) das sämmtliche Tischlerwerkzeug, incl. zwei Hobelbänke;
4) das vorhandene Bett= und Leinenzeug, Mannskleider u. s. w.
    Die Auction soll Morgens 9 Uhr ihren Anfang nehmen und bittet freundlichst um zahlreichen Besuch.

                                                    Labann.

    Carlow, den 14. Februar 1857.


Holz=Verkauf.

        Am Freitag den 6. März werden im Israelsdorfer Forstreviere, Forstort Wesloertannen

60 Cavelinge Kiefern Bau= und Nutzholzstämme, mehrentheils auch zur Anfertigung von Reibzündhölzern brauchbar,
öffentlich verkauft.
      Der Verkauf beginnt Vormittags 10 Uhr an Ort und Stelle.
      Lübeck 1857.                                                     Finanzdepartement.


Bekanntmachung.

        Die Bewohner des Schönberger Armendistricts werden aufgefordert, die volle Armensteuer an die resp. Vorsteher, in Schönberg an den Webermeister Aug. Threms und Webermeister Joh. Köhler, und auf dem Lande: an die Hauswirthe Eckmann in Blüßen, Bonhoff in Mahlzow, Bonhoff in Großen=Siemz und Spehr in Retelsdorf, zu bezahlen.
    Schönberg, den 25. Februar 1857.

                                                    Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

        Ein Sohn rechtlicher Eltern, der Lust hat, das Schneider=Handwerk zu lernen, findet dazu zu Ostern oder Johannis eine gute Gelegenheit bei

                                                    C. Gotow.

    Rehna, den 26. Februar 1857.


        Zu der Bergbau=Gesellschaft:

Herzog von Arenberg,

zu Osterfeld bei Oberhausen, sind Prospecte und Ziehungsbogen bei mir zu haben.
    Das reichhaltige Kohlenlager sichert den Betrieb, bei einer jährlichen Ausbeute von 10 Millionen Scheffel, auf circa 900 Jahre.
  Meetzen bei Gadebusch im Februar 1857.

                                                    C. Schickendanstz.


        Verlangt wird:

ein Lehrling

in einer Gewürz= und Material=Waaren=Handlung zu Ostern d. J. Näheres hierüber ertheilt

                                                    J. Lühr,
                                                    Kaufmann in Lübeck,
                                                    gr. Burgstraße No. 607.


Gute                                                    
Schlacht= wie auch Ausschuß=Pferde

werden jederzeit zu den höchsten Preisen von mir angekauft.

Ratzeburg.                                                     G. Brunnenberg.


Auf dem Hofe zu Demern deckt der hellbraune Halbbluthengst

Jung Thimon

fremde Stuten für 2 Thaler und 16 ßl. im Stall.


        Es ist seit einigen Jahren vielfältig vorgekommen, daß Leute, die nicht dazu befugt sind, sich einen Richtsteig angemaßt haben, welcher in Carlow vor dem Woisin'schen Hause über des Schulzen Acker, so wie durch die Landreuter= und Förster=Wiesen und über den Acker der kleinen Leute in der s. g. Carlower Koppel, führt. Es wird ein Jeder hierdurch gewarnt, sich solcher eigenmächtiger Anmaßung zu enthalten, da Alle, welche hieran betheiligt sind, ernstlich darauf sehen werden, und im Betretungsfalle ein Jeder ohne Ausnahme gerichtlich belangt werden und für die Folgen verantwortlich sein soll.

                          Im Namen aller derjenigen, welche hieran betheiligt sind.

        Carlow, den 8. Februar 1857.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 1. März, Nachmittags:                                 
Passionspredigt.
Schönberg.                                                    
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Schönberger Gemeinde.
Vom 20.-26. Februar.

Geboren: 21. Febr. ein unehelicher. Sohn zu Schönberg. - Ein Töchterlein des Arbeitsm. Dierk zu Schönberg. - Ein Töchterlein des Arbeitsm. Peters zu Rupensdorf. - 22. Februar ein Söhnlein des Schlachtermeisters G. Ladendorf zu Schönberg.
Gestorben: 21. Febr. Wilh. Lenschow, Schmiedegesell zu Schönberg, 36 1/2 J. alt. - 23. Febr. ein unehelicher Sohn zu Schönberg 9 M. alt. - 24. Febr. ein unehelicher Sohn zu Schönberg, 3 1/2 M. alt.
Copulirt: 24. Febr. Wilh. Georg Daniel Trieb, Schmiedemeister und Wittwer zu Harkensee, mit Anna Catharina Beckmann zu Schönberg.

Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg)   2-20 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 36-48 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 40-50 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 32-44 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 46-48 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 32-36 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 24-25 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 40-48 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 19-20 Mark (Lübeck)
Butter 12 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, 5 Schilling (Mecklenburg).


(Hiezu: Officieller Anzeiger No. 3)


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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