No. 4
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. Januar
1857
siebenundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1857 Nr. 4 Seite 1]

Neustrelitz, 16. Jan. So eben geht die telegraphische Nachricht aus St. Petersburg ein, daß Ihre kaiserl. Hoheit die Herzogin Georg zu Mecklenburg, Großfürstin von Rußland, heute Mittag 12 Uhr von einer Prinzessin glücklich entbunden ist. Se. königl. Hoheit der Großherzog und das Großherzogliche Haus sind durch diese Nachricht hocherfreut worden, und diese Empfindung wird im ganzen Lande den lebhaftesten Wiederhall finden.
Mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs hat die Großherzogl. Landesregierung hieselbst dem Dr. med. et chir. Wilhelm Liebenow in Schönberg die Licenz zur Ausübung der gerichtlich=chirurgischen Praxis im Fürstenthum Ratzeburg ertheilt.


- Aus Bern wurde gemeldet, daß der Nationalrath mit Einundneunzig gegen 4 Stimmen die bedingungslose Freilassung der Neuenburger Gefangenen beschlossen und später der Bundesrath dieselbe mit Dreiunddreißig gegen 2 Stimmen angenommen hat. Die Gefangenen sind sofort in Freiheit gesetzt worden und sollen bis zur gänzlichen Entscheidung das Schweizergebiet räumen. Sie wurden Nachts, begleitet von fünf Officieren und einem Detaschement Soldaten, mit Extrapost über die französische Gränze gebracht. Was die weitere Entwickelung der Sache anlangt, so hat die preußische Regierung den Großmächten erklärt, daß sie nach diesen Beschlüssen bereit sei, auf Verhandlungen über die Frage einzugehen.
- In Berlin hat diese Nachricht im Allgemeinen große Freude hervorgerufen, da die Erhaltung des Friedens in allen dortigen Kreisen, außer etwa in jenen der jüngeren Officiere, gewünscht wurde.
- Die Neuenburger Angelegenheit wird noch zu langen diplomatischen Verhandlungen führen. Bisjetzt soll nur das Eine thatsächlich erreicht sein, daß beide Partheien kriegerischen Absichten förmlich entsagen. Die Punkte, worauf der König von Preußen bestehen wird, sind überall nicht bekannt. Auch ist derselbe durchaus nicht gesonnen, allen seinen Ansprüchen auf den streitigen Canton zu entsagen, obgleich die Schweiz sich bei Frankreich und England vergeblich bemüht bat, ein Versprechen zu erhalten, daß der Canton Neuenburg gänzlich und für alle Zeiten von jeder Oberhoheit Preußens befreit werde.
- In der Bundesstadt Bern herrscht fast einstimmige Zufriedenheit über die friedliche Lösung des Conflictes. Dagegen ist die Aufregung in der südlichen Schweiz sehr groß, wo man Krieg mit Preußen um jeden Preis wollte. In Genf namentlich versammelten sich Volksmassen auf öffentlichen Plätzen, wo sie von ihren Anführern durch leidenschaftliche Reden in vollem Athem erhalten wurden.
- Bei Gelegenheit der letzten Explosion des neapolitanischen Kriegsdampfers zu Neapel hat man eine Pulvermine unter dem königl. Schlosse entdeckt. In Neapel treibt die revolutionäre Parthei ihr frevelhaftes Spiel mit ungewöhnlicher Dreistigkeit, es werden seit dem Mordanfall auf den König fortwährend zahlreiche Verhaftungen vorgenommen, und besonders wurden viele verhaftet in Folge der Entdeckung einer geheimen Gesellschaft, welche mit den mazzinisten Commitee's in Genua und Turin in Verbindung stand, und den Plan hatte, mit einer allgemeinen Plünderung ihren Aufstand zu beginnen. - Die katholischen Eheleute Francisco und Rosa Madiai, welche bekanntlich im Jahre 1851 durch die einstimmige Entrüstung des evangelischen Europa aus dem Zuchthause befreit wurden, leben jetzt in Nizza, im Königreich Sardinien, und beschäftigen sich damit, Bibeln zu verbreiten, da die brittische Bibelgesellschaft bei ihnen ein Depot niedergelegt hat.
- Der Mörder des Erzbischofs von Paris ist zum Tode verurtheilt.
- So abscheulich sein Verbrechen in der Kirche St. Etienne war, so arg war der Scandal in der Sitzung des Assisenhofes. Ein aus dem Irrenhause entsprungener Wahnsinniger hätte es nicht ärger treiben können, als der Angeklagte, während der ganzen Sitzung. Zweimal mußte der Präsident ihn wegschleppen lassen, weil er vor den Assisen wie ein Verrückter sich gebehrdete, und dennoch hatte er ganz genau gewußt, was er that. Verger ist ein hartgesottener Sünder, der vollendete Ausdruck jenes teuflischen Hochmuthes, der seine Persönlichkeit über Alles setzt und jeder Autorität den Krieg bis auf's Messer erklärt. Verger hat gegen das Todesurtheil Cassation eingelegt. - Von der französischen Zeitung "La Presse", in welcher die Verhandlungen des Verger'schen Prozesses abgedruckt waren, wurden 51,000 Exemplare auf der Straße verkauft.
- In mehreren Gouvernements des südlichen Rußlands, wie Taurien, Cherson und Bessarabien, ist in Folge des Krieger eine solche Noth entstanden, die Mundvorräthe und das aufgespeicherte Getreide sind so vollständig verzehrt worden, daß die Regierung sich gezwungen sah, um den Landleuten den Erwerb ihres Lebensunterhaltes zu ermöglichen, diesen zu gestatten in die benachbarten Gouvernements zu ziehen, um ihr Leben zu fristen. - Eine Verfügung des General=Kriegs=Commissair's von Petersburg ermahnt die Polizei, sich der Betrunkenen in den Straßen besser anzunehmen. Zögernder Beistand hätte Erfrieren von Händen und Füßen zur Folge gehabt. Die Leute sollten entweder sofort in ihre Wohnung oder auf das Polizeiamt geschafft werden, zu welchem Zweck die Polizeidiener bei starkem Frost und Schneegestöber besondere Suchpatrouillen, zumal in den Sackgassen, anzustellen haben.
- In Schweden ist die Lungenseuche unter dem Hornvieh ausgebrochen; in Folge dessen die Einführung von Rindvieh nach Holstein und Lauenburg dänischer Seits verboten ist.

[ => Original lesen: 1857 Nr. 4 Seite 2]

- Eine Episode aus dem Krimkriege. Nach Erstürmung des Malakoff führte der Sergeant B. der Zuaven in Ermangelung von Officieren, die sämmtlich gefallen waren, den Rest seiner Comagnie durch die Straßen Sebastopols. Da die im Rückzuge befindlichen Russen die Stadt mit einem Kugelregen überschütteten, so barg sich die kleine Schaar hinter einem Hause. Einige Kugeln erreichten auch dieses Haus; plötzlich ertönte im ersten Stockwerk desselben ein Schmerzensschrei; der Sergeant stürzt in das Haus und findet ein Weib todt auf dem Boden hingestreckt und ein lebendes Kind in dessen Armen. Er nahm dieses mit sich und vertraute es der Pflege der Marketenderin an, und so gelangte das Kind später nach Marseille. Vor einigen Tagen erschien nun eine in Trauer gekleidete junge Dame in der dortigen Caserne und fragte nach dem Sergeant B.; man erklärte ihr, daß dieser bereits Lieutenant geworden und in der Nachbarschaft wohne. Sie eilte in die angegebene Wohnung und fällt bei ihrem Eintritt in dieselbe in Ohnmacht; denn ihr erster Blick war auf das Kind gefallen, das gemüthlich mit den Gaben spielte, welche das Neujahr gebracht hatte, ihr eigenes Kind, welches sie im Augenblick der Flucht in den Armen der Amme zurückgelassen. Der Lieutenant stellte natürlich das Kind der Mutter zu.
- Von Bremen sind im vorigen Jahr 35,688 Auswanderer expedirt (1855 nur 30,761). Unter den von Hamburg 1856 angegebenen Auswanderern waren 6353 Mecklenburger die nächstgrößte Zahl aus deutschen Staaten); aus Preußen nur 11,905.
- Als Beweis der Keimkraft mancher Samenkörner berichtet der H. C. folgenden Fall aus dem bei Parchim belegenen Badeorte, der Brunnen genannt. Ein vor 33 Jahren daselbst erbautes Gebäude, das, wie gewöhnlich, gewindelt war, wurde im vorigen niedergenommen; die mit Lehm und Roggenstroh umwickelten Hölzer waren in Haufen aufgestellt und nachdem sie einige Zeit gelegen, wuchsen überall aus dem Strohlehm eine Menge Roggenpflanzen recht kräftig hervor, deren Körner also über dreißig Jahre die Keimkraft erhalten hatten, obgleich schon bei Anfertigung der Windeln durch den dabei angewandten nassen Lehm das Keimen der Körner sehr angeregt sein mußte.
- Hamburger Getreidemarkt flau. Auf den süddeutschen Markten waren die Preise in Folge der Friedensaussichten in etwas gewichen.
- Zu kaufen: Ein schöner Hof an der Chaussee vor Hamburg von 5 1/4 Last Acker, guter Weizen= und Roggenboden, mit ausgezeichneten Wiesen, Garten und Torfmoor; guten Wohn= und Wirthschaftsgebäuden, für 10,000 Taler (Mecklenburg) preuß. Cour. Näheres beim Rittergutsbesitzer Dr. Bote in Ludwigslust.


Herrn Müller's Sylvesterabend.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]

[ => Original lesen: 1857 Nr. 4 Seite 3]

Herrn Müller's Sylvesterabend.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]

[ => Original lesen: 1857 Nr. 4 Seite 4]

Herrn Müller's Sylvesterabend.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]


        Von den Dorfschaften Boitin=Resdorf, Groß= und Klein=Mist ist die Aufhebung des von Boitin=Resdorf nach Groß=Mist führenden Fußsteiges beantragt, und wird ein Jeder, welcher dieser Aufhebung widersprechen zu können glaubt, aufgefordert, seine Einwendungen dagegen binnen 6 Wochen a dato dieser Bekanntmachung vorzubringen und zu begründen, nach welchem Zeitpunkte die Aufhebung dieses Fußsteiges von Amtswegen verfügt werden wird.
      Schönberg, den 5. Januar 1857.

                          Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
                          F. Graf Eyben.


Verkaufsanzeigen.

Am

Montag den 2. Februar,
Morgens 9 Uhr,

soll auf dem Hafenplatze bei der hiesigen Mühle eine Parthie Tannen=Bauholz, bestehend in

Balken, Sparren und Sohlholz, sowie einigen Brettern und zwei= und dreizölligen Bohlen,
gegen baare Zahlung verkauft werden.
    Schönberg, 15. Januar 1857.

                                                    Landreiter Seegert.


Vermischte Anzeigen.

        Von Antoni dieses Jahrs an hat die Lebens=Versicherungs= und Sparbank in Schwerin für alle Geld=Einlagen von 500 Taler (Mecklenburg) und darüber den Zinsfuß auf 3 1/2 pCt. erhöht. Indem wir dies zur allgemeinen Kenntniß bringen, ersuchen wir Diejenigen, die im Besitz solcher Bankscheine und Policen sind, diese bei uns einzureichen, damit sie zur Umschreibung nach Schwerin befördert werden können.
    Schönberg und Siechenhaus bei Dassow.

                                                    J. P. Bade.         J. P. Oldörp.


      Einem geehrten Publikum zeige ich hiermit ergebenst an, daß ich am Markt im Ladendorf'schen Hause wohne. Indem ich um geneigtes Wohlwollen und Zutrauen bitte, verspreche ich stets die pünktlichste Bedienung.
    Schönberg, den 19. Januar 1857.

                                                    E. Leichert,
                                                    Barbier und Chirurg.


Feuer=Versicherungs=Bank
für
Deutschland
zu Gotha.

        Nach einer mir zugegangenen Mittheilung der Feuerversicherungsbank für Deutschland zu Gotha wird dieselbe, nach vorläufiger Berechnung, ihren Theilnehmern für 1856

ca. 60 Procent

ihrer Prämien=Einlagen als Ersparniß zurückgeben können.
        Die genaue Berechnung der Dividende für jeden Theilnehmer der Anstalt, so wie der vollständige Rechnungsabschluß derselben für 1856 wird, wie gewöhnlich, zu Anfang Mai d. J. erfolgen.
        Zur Annahme von Versicherungen für die Feuerversicherungsbank, auch in dem Schönberger Districte, bin ich jederzeit bereit.
    Gadebusch, 12. Januar 1857.

                                                    F. W. Erhardt, Agent.


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Am Sonnabend 10. Januar ist auf dem Wege von Schönberg nach Kl. Bünsdorf eine Wagenkette verloren, deren ehrlicher Finder ersucht wird, solche in der Expedition dieser Blätter gegen eine Belohnung zurückzugeben.


Kirchliche Nachricht.
In der Gemeinde Schönberg sind vom
15.-22. Januar

Geboren: Dem Bäckermeister Greif in Schönberg eine Tochter. - 2 uneheliche Kinder.
Gestorben: Holländer Husen in Torriesdorf, 90 Jahre alt. - Kind: Anna Cath. Söhlbrand in Schönberg, 18 Tage alt. - Unverehelichte Elisabeth Pingler aus Duvennest in Schönberg, 30-40 Jahre alt. - Joachim Herdei, Altentheiler in Lockwisch, 80 Jahre alt.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg)   6-22 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 36-48 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 40-50 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 34-44 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 44-48 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 26-27 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 28-34 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 24-25 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 40-48 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 16-17 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, 5 Schilling (Mecklenburg).
Altona=Hamburger Viehmarkt.
Fette Schweine, 100 Pfund 36 Mark.


Redaction, Druck und Verlag von L. Bicker.


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