No. 52
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. Dezember
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1856 Nr. 52 Seite 1]

- Der Moniteur (Organ der franz. Regierung) meldet über die Neuenburger Angelegenheit wörtlich: Die großen Mächte haben im Jahre 1852 zu London ein Protocoll unterzeichnet, das die Rechte Sr. Maj. des Königs von Preußen auf Neuenburg anerkennt. Die gleich den anderen Cabineten engagirte Regierung des Kaisers konnte, wie groß auch Ihr Interesse für die Schweizer war, nicht das verkennen, was die Verträge geheiligt haben. - Im Jahre 1848 hat in Neuenburg eine Revolution stattgefunden und die Bande zerrissen, die den Canton an den König von Preußen knüpften. Dieser Souverain hat beständig gegen die neue Ordnung der Dinge protestirt, indem er sich ausdrücklich seine Rechte vorbehält, und er hat nicht aufgehört, zu Gunsten eines Theiles der Bevölkerung zu reclamiren, der sich über Unterdrückung durch die Sieger beklagte. Im Monat September d. J. versuchte die besiegte Partei, ihre Revanche zu nehmen, indem sie den Namen des Königs anrief. Dieser Versuch scheiterte, der Canton wurde von den Bundestruppen besetzt, und die mit den Waffen in der Hand ergriffenen Neuenburger wurden vor die schweizerischen Gerichte gestellt. Dieses Ereigniß mußte natürlich einen Conflict zwischen der Eidgenossenschaft und Preußen herbeiführen; denn erstere, indem sie Truppen marschiren ließ, um die Ordnung im Canton Neuenburg herzustellen, behauptete, eine Bundes=Obliegenheit zu erfüllen; Preußen seinerseits fand seine Ehre dabei betheiligt, über die Männer nicht richten zu lassen, welche die Fahne des Königs wieder erhoben hatten, und welche, nach ihrer Ueberzeugung, sich für das Recht und die Gesetzlichkeit schlugen. - Durch die Thatsache der geographischen Lage Frankreichs mußte die Haltung seiner Regierung. nothwendig einen hervorragenden Einfluß auf die Lösung des Zerwürfnisses haben. Auch lag es im Interesse beider Theile, nichts zu versäumen, um sich ihre Beihülfe zu sichern. Der König von Preußen wandte sich an den Kaiser, indem er ihm in lebhaft empfundenen Ausdrücken das ganze Interesse aussprach, das er an den für seine Sache compromittirten Männern nahm. Er bat den Kaiser, ihre Freilassung auch zu verlangen, indem er ihm zu gleicher Zeit seine versöhnlichen Gesinnungen kund machte. - Die französische Regierung, in der Hoffnung, einem Conflicte zwischen zwei Mächten vorbeugen zu können, mit denen freundliche Beziehungen sie verknüpfen, beeilte sich, dem Wunsche des Königs Friedrich Wilhelm zu willfahren, und verlangte, im Bewußtsein ihrer wohlwollenden Absichten gegen die Schweiz, sowie der versöhnlichen Gesinnungen Preußens, die Freilassung der Neuenburger Gefangenen. Sie stellte dem Bundessrathe vor, daß die Ehre der Eidgenossenschaft keineswegs compromittirt sei; denn nicht den Reclamationen Preußens, sondern den Bitten Frankreichs würde dieselbe die Freigebung der Gefangenen bewilligen. Andererseits verhehlte die Regierung des Kaisers nicht die glücklichen Ergebnisse, welche diese Bewillung haben könnte, weil sie für Frankreich eine Art von Verpflichtung sein würde, jeden bewaffneten Conflict zu verhindern und seine Bemühungen aufzubieten, um vom Könige von Preußen eine definitive, den Wünschen der Schweiz entsprechende Regelung der Frage zu erlangen. - Leider sind diese so weisen Erwägungen keineswegs gewürdigt worden; die Rathschläge Frankreichs sind zurückgewiesen worden, und die Bundesregierung hat lieber den in ihrer Umgebung thätigen demagogischen Einflüssen nachgegeben, als wohlwollende Rathschläge befolgen wollen, welche einzig der Wunsch eingegeben hatte, eine Frage gütlich zu lösen, die seit nur zu langer Zeit schwebend, durch ihre Verwickelung die Ruhe von Europa stören könnte. Auf diese Weise hat Frankreich auf der einen Seite die Mäßigung, den aufrichtigen Wunsch eine kitzelige Frage zu lösen, und eine höfliche Rücksichtnahme auf seine politische Lage angetroffen; auf der anderen, im Gegentheil, eine beklagenswerthe Halsstarrigkeit, eine übertriebene Empfindlichkeit und völlige Gleichgültigkeit gegen seine Rathschläge. Die Schweiz wird sich daher nicht wundern dürfen, wenn sie im Verlaufe der Ereignisse nicht mehr den guten Willen vorfindet, dessen sie sich leicht um den Preis eines ganz geringen Opfers versichern konnte.
- Dieser amtliche Artikel hat in Paris eine ungewöhnliche Sensation hervorgerufen. Derselbe läßt nicht bloß keinen Zweifel davon übrig, daß Frankreich die preußische Regierung an der Geltendmachung ihrer Rechte zu verhindern nicht versuchen wird, sondern schließt auch die feste Ueberzeugung der französischen in sich, daß die Geduld Preußens ein Ende erreicht hat. Von englischen Agenten sollen die demagogischen Einflüsse, welche die schweizerische Regierung beherrschen, geleitet und ermuthigt werden. - Auch soll Frankreich bereit sein, gegen die Schweiz ein Truppenkorps aufzustellen, zumal wenn sich ergeben sollte, daß revolutionaire Einflüsse sich in der Schweiz geltend machen, um noch größere Verwickelungen herbeizuführen.
- Aus Berlin wird schon auf die Truppenmacht hingedeutet, die für den möglichen Zug nach der Schweiz bestimmt sind. Es heißt, daß zwei Divisionen von jedem der acht Armeekorps zu dem angedeuteten Zweck bestimmt seien. Auf diese Weise werde das ganze Heer an der Sache gleichmäßig betheiligt. Die Stärke der preußischen Operationsarmee werde etwa 135,000 Mann vorläufig betragen.
- An der Berliner Börse hofft man von dem obigen Artikel im Moniteur, daß es wegen dieser von Frankreich geführten Sprache nicht zum Feldzug nach der Schweiz kommen werde.
- Aus Bern wird gemeldet, daß der Bundesrath die schleunige Einberufung der Stabsofficiere angeordnet habe und daß die Bezeichnung der Corps=Commandanten an die Cantone abgegangen sei.

[ => Original lesen: 1856 Nr. 52 Seite 2]

Ferner heißt es, der Bundesrath habe 20,000 Mann aufgeboten, wovon 10,000 Mann unter Bourgeois Befehl Basel, 10,000 Mann unter Ziegler aber Schafhausen besetzen sollen. Der ganze Auszug und die Reserven werden auf's Piquet gestellt.
- Der preußische Gesandte bei der schweizer Regierung hat am 18. in einer Note den Abbruch der diplomatischen Verbindung angekündigt und zugleich seine Gesandtschafts=Canzlei geschlossen. Es wird versichert, der englische Gesandte in der Schweiz, welcher bekanntlich allein von allen Vertretern der Großmächte den Bundesrath zur Verwerfung der preußischen Forderungen ermunterte, habe sich neuerlichst dahin ausgesprochen, daß seine Regierung die Forderung Preußens entschieden unterstützen werde.
- Aus Bern wird vom 23. telegraphirt, daß die Vermittelung aller diplomatischen Vertreter, welche einen Vergleich zwischen Preußen und dem Bundesrathe aufgestellt hatten, auch diesmal an der Halsstarrigkeit des letzteren gescheitert ist.
- Unter den in Neuenburg angeklagten 66 Royalisten ist der älteste 69 Jahr alt; die größte Zahl derselben besteht aus Männern von 40-50 und über 60 Jahre. Im Verhaft sitzen gegenwärtig noch 11; 12 sind flüchtig. Ihre Freilassung gegen Caution ist von mehreren zurückgewiesen, andere haben sie aus Gesundheitsrücksichten annehmen müssen.
- Auch in der schweizer Angelegenheit fängt ein Paletot an, als drohendes Vorzeichen, seine Rolle zu spielen. Als nämlich jüngst dem Schweizer Bundespräsidenten der Besuch des französischen Gesandten angekündigt wurde, befand sich ersterer gerade in Hemdsärmeln und dachte erst, als der Graf Salignac schon in den Saal eingeführt war, daran, daß der Kleiderschrank sich hinter diesem Salon befinde. Was thun? Hinaus auf den Vorsaal und da einen eleganten Paletot ausgelesen unter den hängenden. Die Audienz konnte nun mit Würde gegeben werden, aber welchen Schrecken! als beim Abschied der französische Graf seinen Paletot nicht finden konnte, als auf dem Rücken der höchsten Magistratsperson der Schweiz.
- Bei Gelegenheit der gemeldeten Eroberung des Forts Sudschuk=Kale, an der nördlichen Küste von Tscherkessien, durch die Russen, haben letztere daselbst 18 türkische Kauffahrtheischiffe weggenommen. Dieser Vorfall hat in Konstantinopel große Aufregung hervorgebracht; der russische Gesandte daselbst soll behaupten, diese Schiffe hätten keine richtigen Papiere gehabt; doch würden sie nach Erfüllung der nöthigen Formalitäten sofort wieder freigelassen werden. Sollte übrigens eine Verletzung der bestehenden Verträge vorliegen, so verspreche er die nöthige Genugthuung.
- Der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen hat am 21. Paris wieder verlassen.
- Zwei Agenten der Pariser Nordbahn=Direction sind mit den Büchern der Administration nach Amerika abgereist. Dem Cassirer Carpentier und Consorten soll die Fälschung der Bücher nachgewiesen werden, um ihre Auslieferung zu erwirken.
- Zu Berchtesgaden in Baiern herrscht schon seit den Sommermonaten eine Typhusepidemie in so hohem Grade, daß in den Kirchen daselbst Gebete gehalten werden, um die Abwendung des Uebels zu erflehen. Auch in dem weimarschen Orte Gerthausen ist der Hungertyphus ausgebrochen, den die dortige Bevölkerung der schwarze Tod nennt.
- Unterm 15. Decbr. ist in Lübeck ein neues Münzgesetz publicirt. Nach demselben ist on jetzt an unter der Bezeichnung "Thaler" oder "Thaler Courant" nur ein Betrag von 2 Mark 8 Schilling (Mecklenburg) oder 40 Schillingen Courant zu verstehen, sofern nicht in einzelnen Zahlungsverbindlichkeiten ein Anderes ausdrücklich bestimmt. - Es sollen Lübeckische Thalerstücke zu 2 Mark 8 Schilling (Mecklenburg) mit dem Lübeckischen Wappen und ihrem Nennwerth 2 1/2 Mark und als Thalerstücke geprägt werden; ferner Acht= und Vierschillingsstücke mit dem Lübeckischen Wappen und ihrem Nennwerthe in Lübeckischen Schillingen, sowie als Scheidemünze Schillinge, Sechslinge und Dreilinge. Es normirt darnach folgender Tarif bei Annahme auswärtiger Münzen an den öffentlichen Kassen des Freistaates Lübeck:

1) Als Courantmünze werden bis auf Weiteres angenommen:
Stücke von 2 Thalern Dän. Reichsmünze (Speciesthaler) zu 3 Mark (Lübeck) 12 Schilling (Mecklenburg).
do. von 1 1/3 Thalern Dän. Reichsmünze (2/3 Species oder Vierzigschillingsstücke) zu 2 Mark (Lübeck) 8 Schilling (Mecklenburg).
Hamburg. und Mecklenb. Zweimarkstücke des 34 Markfußes zu 2 Mark (Lübeck).
Stücke von 1 Thaler Dän. Reichsmünze (1/2 Species oder 1 Reichsbankthaler) zu 1 Mark (Lübeck) 14 Schilling (Mecklenburg).
do. von 2/3 Thaler Dän. Reichsmünze (1/3 Species oder Zwanzigschillingsstücke) zu 1 Mark (Lübeck) 4 Schilling (Mecklenburg).
Hamburg. u. Mecklenb. Einmarkstücke des 34 Markfußes zu 1 Mark (Lübeck).
2) Als Theilungsmünze werden bis auf Weiteres angenommen:
Stücke von 1/2 Thaler Dän. Reichsmünze zu 15 Schilling (Mecklenburg).
do. von 1/3 Thaler des 14 Thalerfußes, 10 Silbergroschen oder 16 Schillingen Mecklenb. Courant, zu 13 Schilling (Mecklenburg).
do. von 1/3 Thaler Dän. Reichsmünze (1/6 Species oder Zehnschillingsstücke) zu 10 Schilling (Mecklenburg).
Hamb. u. Meckl. Achtschillingsstücke des 34 Markfußes zu 8 Schilling (Mecklenburg).
Stücke von 1/6 Thaler des 14 Thalerfußes, 5 Silbergroschen oder 8 Schillingen Mecklenb. Courant, zu 6 1/2 Schilling (Mecklenburg).
do. von 1/6 Thaler Dän. Reichsmünze (1/12 Species oder Fünfschillingsstücke) zu 5 Schilling (Mecklenburg).
Hamb. u. Meckl. Vierschillingsstücke des 34 Markfußes zu 4 Schilling (Mecklenburg).
3) Als Scheidemünze werden bis auf Weiteres angenommen:
Stücke von 1/12 Thaler des 14 Thalerfußes, 2 1/2 Silbergroschen oder 4 Schillingen Meckl. Courant, zu 3 Schilling (Mecklenburg).
do. von 8 Schillingen Dän. Reichsmünze zu 2 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Hamburgische Zweischillingsstücke zu 2 Schilling (Mecklenburg).
Stücke von 4 Schillingen Dän. Reichsmünze zu 1 Schilling (Mecklenburg).
Hamburgische Schillinge zu 1 Schilling (Mecklenburg).
Stücke von 3 Schillingen Dän. Reichsmünze zu 3/4 Schilling (Mecklenburg).
Mecklenburgische Schillinge zu 3/4 Schilling (Mecklenburg).


Die deutsche Weihnachtsfeier.
(Schluß.)

Wenden wir uns nun zu der Art, in welcher das Fest gefeiert wurde, so ist der Umzug in Götter verkleideter Menschen, dessen Reste wir in dem Ruprecht, Märten, Nikolaus etc. erblickten, schon erwähnt. Ein noch bedeutsamerer Zug aber war die grüne Tanne, die man mit Lichtern besteckte und mit den Köpfen der geschlachteten Opfer behing. Sie mag ein Symbol des ewig grünenden Baumes gewesen sein, als den unsere Väter sich die Welt vorstellten, dessen Zweige sie in der Milchstraße sahen, und dessen Früchte ihnen die Sterne gewesen sein mögen. Dieser heilige Weltbaum kommt auch in den Trümmern anderer deutsch=heidnischer Festlichkeiten vor. In den Gegenden, wo man gleichwie in Steiermark keine Weihnachtstanne im Zimmer anzündet, stellt man sie wenigstens vor das Haus, und die Maien, die man am ersten Tage des Maimonats oder zu Pfingsten vor die Bauernhäuser pflanzt, versinnlichen dieselbe Idee der nie ganz ersterbenden, immer treibenden, im Winter nur in sich zurückgezogenen, im Frühling lustig aufgrünenden Lebenskraft der Natur, ja in Geldern besteckt man diese Maibäume ganz wie bei uns die Weihnachtstanne mit Kerzen.
In gleicher Weise haben sich von den einst üblichen Opferschmäusen des Julfestes Spuren erhalten. Eine Hauptrolle spielten damals die Schweine. Der Juleber wurde geschlachtet, Pferdeopfer fanden statt, und man backte Kuchen in Form von Ebern, Rossen und Rädern. Das Opferschwein wurde noch vor 200 Jahren am Rheine von manchen Dorfschaften gemeinschaftlich aufgefüttert, und das Thier für unverletzlich gehalten. In Herkenrath bei Bensberg (welches Seinen Namen von der Erdgöttin Herke hat) besteht noch heute der Gebrauch, daß am Antoniustage Schweinefleisch auf dem Altare geopfert wird, welches nach dem Gottesdienste der Pfarrer an die Armen vertheilt. Andere Erinnerungen an den Juleber sind der Gebrauch, nach welchem man in der Ukermark zu Weihnachten grünen Kohl mit Schweinskopf zu essen pflegt, ferner in England beim Weihnachtsschmause einen mit Lorbeer und Rosmarin angeputzten Eberkopf als Hauptgericht auf die Tafel stellt, und endlich in Oxford zum Christfeste einen solchen Kopf feierlich umherträgt und dazu singt: "Ein Ebernhaupt trag' ich umher und lobe Gott den Herrn", einen deutlichen Hinweis auf einen alten Opfergesang zu Ehren des Gottes, dem der Eber heilig war. Als Nachklang der Pferdeopfer sind die Rößchen und Reiter anzusehen, welche in verschiedenen deutschen Landschaften in der Weih=

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nachtszeit aus Honigkuchenteig gebacken werden, wobei noch nachzuholen ist, daß man in Schweden den Weihnachtsgebäcken gern die Gestalt eines Ebers giebt. An die Kuchen in der Gestalt des Sonnenrades endlich erinnern unsre Bretzeln, deren Zeit zu Weihnachten beginnt, die ostfriesischen Nüjarskaukches, die rheinischen Neujährchen und die Neujahrringe, die man sich im badischen Unterlande zum Sylversterabend schenkt. Außerdem aber hat fast jede Gegend in den zwölf Nächten ihre gewissen Speisen, an die sich abergläubische Erwartung knüpft, daß ihr Genuß Segen bringe, oder die Unterlassung dieses Genusses von den Gespenstern, in welche die Götter sich allmälig verwandelt haben, gestraft werde. Auch von den Tänzen, die beim Julfeste zu Ehren der Götter aufgeführt wurden, haben wir noch ein Ueberbleibsel, das sogenannte Perchtenspringen, eine Sitte, die durch alle Thäler der Alpen geht, wo Deutsche wohnen. Sie besteht darin, daß in den zwölf Nächten die jungen Bursche der dortiger Dörfer, häufig mehrere Hundert stark, unter Kuhglockenschall und Peitschenknall in eigenthümlicher Vermummung von Haus zu Haus, von Ort zu Ort ziehen, jauchzen und singen und sich an allerhand grotesken Sprüngen belustigen. In einigen Strichen Schwabens kommt der Gebrauch gleichfalls vor, wiewohl ohne jenen Namen.
Zum Schlusse unserer Heraufbeschwörung des halbversunkenen Mitwinterfestes unserer Väter mag noch eine kleine Sammlung bunt durch einander stehender Züge des Aberglaubens der zwölf Nächte einen Platz finden. Am zweiten Weihnachtsfeiertage reitet man in Schwaben die Pferde aus, weil dies vor Hexerei schützen soll. Ebendaselbst darf in den zwölf Nächten nicht gesponnen werden. Der dritte Tag erinnert mit der Sitte rheinischer und schwäbischer Katholiken, sich in der Kirche vom Pfarrer ein Maß Wein weihen zu lassen (die s. g. Johanniswiene), das hernach zu Hause getrunken wird, an den einstigen Trunk zu Ehren Wodan's. Ist in Obersteiermark die Stube des Bauern am Christabend nicht gebührlich gefegt und gesäubert, dann kommt die Perchtel, schneidet den trägen Mägden den Bauch auf und stopft den Kehricht hinein, weshalb sie einen Besen und auch, damit der Schnitt wieder zugenäht werden kann, Nadel und Scheere bei sich hat. Im Saterlande (einer oldenburgischen Landschaft) wird zu Neujahr guten Freunden oder geliebten Mädchen die Wepelrot (d. h. Weifenrad) durch's Fenster in die Stube geworfen. Dieselbe ist ein Rad aus Weidenruthen, dessen Nabe ein Goldblech schmückt, und dessen Speichen über die Felgen hinausragen und an den Enden mit Aepfeln besteckt sind. Der Werfende entflieht sofort nach dieser eigenthümlichen Huldigung. Wer sich in Schwaben in der Sylvesternacht auf einen Kreuzweg stellt, der sieht den Himmel offen und erfährt, was sich das Jahr über zutragen wird. Was man in derselben träumt, das trifft ein. Bäckt man in derselben Nacht so viele Kuchen als Leute im Hause sind, giebt jeden Kuchen den Namen eines Hausbewohners und drückt in alle ein Loch mit dem Finger, so wird das Loch dessen, der im Laufe des Jahres sterben soll, beim Backen zugehen. Wollen die Mädchen im Cölnischen den Stand ihres Zukünftigen wissen, dann gießen sie in der Sylversternacht geschmolzenes Blei durch einen Schlüsselkamm in eine Schüssel mit Wasser, worin sich alsdann das Handwerksgeräth des künftigen Bräutigams bildet.
Der Schluß des Festes der zwölf Nächte bildete, wie bemerkt, der heutige Dreikönigstag, der, wie ebenfalls bereits erwähnt wurde, in mehreren Gegenden vorzüglich Wodan's Gemahlin, Gerke, Holle, Friek oder Perchta geweiht war und in Oberösterreich noch jetzt der Perchtentag heißt. In andern Strichen galt er allen Göttern, und dieselben hielten an ihm einen großen Umzug. Dieser letztere ist durch das Christenthum in den Umzug der drei Könige aus dem Morgenland verwandelt worden, welche in den meisten Gegenden Nord= und Süd=Deutschlands mit ihrem Sterne noch umherziehen. Besonders hoch gehalten werden die zwölf Tage von Weihnachten bis zum 6. Januar auf den Höfen an der obern Wupper und an der Sieg. Hier wird während der ganzen Zeit kein eisernes Werkzeug in den Kuhstall gebracht und von Neujahr bis zum Dreikönigsfeste nichts gearbeitet, sondern geschmaust und getanzt. Diese Schmäuse nennt man Herkemai, ein Name, welcher deutlich an die Erdgöttin Herke mahnt und den in einigen Gegenden auch noch das Erntefest führt.
So sehen wir denn den Ursprung der deutschen Weihnacht aufgestellt. In das "Ehre sei Gott in der Höhe" des christlichen Chors klingt aus grauer Vorzeit der Jubel des heidnischen Julfestes. Die Kerzen des Christbaumes strahlen nicht bloß als Mahnung an das geistige Licht, das an diesem Tage geboren ist, sondern auch zu Ehren des Geburtstages der Sonne, der unsern Vätern auf den Tag der Sonnenwende des Winters fiel. Die vergoldeten Aepfel und Nüsse endlich, die um den grünen Tannenbaum hängen, sind nicht bloß eine Freude der Kinder, sondern zugleich eine Stellvertretung einstiger Opfer. Die Leser aber werden nach dieser Erklärung, die das allgeliebte Fest zu einem vorwiegend heidnischen macht, unsere Weihnacht und ihren freundlich strahlenden Lichterbaum nicht weniger lieben und nicht weniger wünschen, daß der alte Ruf, mit dem Freunde sich beim Abschiede vor dem fünfundzwanzigsten December trennen, der altehrwürdige Ruf: "Fröhliche Weihnacht!" mit dem auch wir uns heute von ihnen verabschieden, noch lange Jahrhunderte wiederhalle.


Präklusiv=Bescheid.

In Sachen des Schulzen Faasch zu Selmsdorf, als gerichtlich bestellten Curators der Kinder und Beneficial=Erben des daselbst verstorbenen Tischlermeisters Maaß, Provocanten, wider alle Diejenigen, welche aus irgend einem Rechtsgrunde Ansprüche und Forderungen an den Nachlaß dieses Verstorbenen haben oder zu haben vermeinen, Provocaten, giebt das

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg,

nachdem die Bescheinigungen wegen vorschriftsmäßiger Bekanntmachung der öffentlichen Ladungen vom 1. October d. J. zu den Acten genommen worden, hiermit zu R

daß nunmehr alle Diejenigen, welche sich so wenig im vorgewesenen Liquidations=Termine am 4. d. M. als bis jetzt gemeldet haben, mit ihren Ansprüchen an den Tischler Maaßschen Nachlaß, unter Vollstreckung des in der Ladung gedroheten Nachtheils, damit von diesem Nachlasse für immer hierdurch ausgeschlossen und abgewiesen sein sollen.

Von Rechts Wegen!
Decretum Schönberg, den 12. December 1856.
                          C. L. v. Oertzen.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Bekanntmachung.

Daß an Stelle des Zimmergesellen Schröder in Schönberg, der Maurermeister Johann Schleuß allhier hinwiederum zum curator der Wittwe Grünthal daselbst, gerichtlich bestellt worden, wird hierdurch zur Kenntniß des interessirenden Publicums gebracht.
Schönberg, den 16. December 1856.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
(L. S.)


Bekanntmachung.

Die bisher unberichtigt gebliebenen Beiträge zur 3. Hebung der Armensteuer können noch in den nächsten 8 Tagen an die resp. Armenvorsteher bezahlt, dann aber müssen die Listen zur Einforderung der Rückstände Großherzoglicher Landvogtei übergeben werden.
Schönberg, den 18. December 1856.

                                                    Die Armenbehörde.


[ => Original lesen: 1856 Nr. 52 Seite 4]

Vermischte Anzeigen.

Meine, am 19. d. M. in Waren vollzogene, eheliche Verbindung mit dem Fräulein Fanny Strecker, zeige ich hierdurch meinen Freunden und Bekannten in der Heimath ergebenst an.

                                                    Fischer,
                                                    Lieutenant und Bataillons=Adjutant
                                                    im Großherzogl. Mecklenburg=Strelitzischen
                                                    Infanterie=Bataillon.


Wir machen hiermit bekannt, daß der Krugtag der Schuhmachergesellen am Montag nach Neujahr, den 5. Januar, stattfindet, und fordern sämmtliche Mitbrüder auf, am gedachten Tage zu erscheinen oder ihre Auflage zu schicken.
Schönberg, 17. December 1856.

                          Die Vorsteher und Altgesell der Schuhmacher=Gesellen=Brüderschaft.


Decimal=Waagen mit Gewicht

zu billigen Preisen, sowie Wallnüsse das Schock zu 6 Schilling (Mecklenburg) und sehr schöne Feigen das Pfund zu 6 Schilling (Mecklenburg) sind zu haben bei

                                                    C. H. Vock.


Mit dem heutigen Tage habe ich mein
Magazin
von
Möbeln und Spiegeln

nach der Breitenstraße No. 791. = zwischen der Mengstraße und Bäckergrube = verlegt.
Indem ich hiemit zugleich die Anzeige verbinde, daß ich zum bevorstehenden Feste eine große Auswahl, namentlich solcher Sachen vorräthig habe, die zu Geschenken sehr passend sind, bitte ich zugleich um zahlreichen Zuspruch.

Hochachtungsvoll                          
                                                    Joh. Wencker.

Lübeck den 12. December 1856.


Dem verehrten Publikum mache ich die ergebene Anzeige, daß ich mich hieselbst als

Horn= und Holzdrechsler

etablirt habe, und empfehle mich demselben in allen in meinem Fach vorkommenden Arbeiten.
Daneben bemerke ich, daß ich alle Arten Schirme, sowohl neue mache, als alte reparire.
Boitin=Resdorf, 12. December 1856.

                                                    H. Ehlers,
                                                    Drechslermeister.


Tivoli in Lübeck.
Der
Weihnachts=Bazar
im Tivoli
ist vom 22. Decbr. 1856 bis zum 5. Januar 1857, täglich von Nachmittags 4 Uhr an, dem Publikum geöffnet.
Die große Halle und Veranda sind festlich decorirt und erleuchtet.
Unterhaltungs=Musik von der Prager Bergcapelle.
Kaufläden verschiedener Art.
Polichinell=Theater, Karoussel, Vorstellung der natürlichen Magie, Panorama, Schießbahn, Riesenwunder etc. etc.
Entree 6 Schilling (Mecklenburg), Kinder 4 Schilling (Mecklenburg).


4 Mal wöchentlich.

Seit Ende September 1855 kommt die in Bergedorf vor Hamburg erscheinende

Eisenbahn-Zeitung

viermal wöchentlich heraus, nämlich Montags, Mittwochs, Freitags und Sonnabends, ohne daß der so billige Preis erhöht ist. - Der Erfolg dieser Vermehrung hat die davon gehegten Erwartungen noch weit übertroffen. - Die Redaction glaubt aber auch ihre Versprechungen erfüllt zu haben und wird auch ferner bestrebt sein, die Reichhaltigkeit der Zeitung zu vermehren. Sie wird darin durch eine Anzahl von neuen Mitarbeitern in den verschiedensten Gegenden ihres weiten Leserkreises unterstützt.
Ihre überaus günstige Lage setzt sie in den Stand, ihre Berichte so frisch zu liefern, wie es nicht alle täglich erscheinenden Zeitungen können.
Bündige Kürze und offener Freimuth werden der Redaction auch ferner als Regel dienen.
Sie liefert in jeder Nummer:
Kleine Notizen über alles Neue, was in Hamburg, Mecklenburg, den Herzogthümern und Umgegend passirt.
Leitende Artikel, sowie Mittheilungen über alle wichtigen Ereignisse, Criminal=Prozesse, Theater etc.
Politische Uebersichten, viermal wöchentlich, über die neuesten Begebenheiten, mit pragmatischer Würdigung derselben.
Vom Kriegsschauplatz das Neueste meistens so schnell, wie die täglichen Zeitungen.
Haus= und Landwirtschaftliches.
Vermischtes, eine große Menge merkwürdiger Vorfälle, Curiosa, Anecdoten u. dgl.
Im Feuilleton eine reiche Auswahl spannender Erzählungen, theils Original, theils Uebersetzung, oder Auslese aus deutschen Blättern, auch Literatur= und Kunst=Notizen.
Mit einem der tätigsten deutschen Verleger hat die Redaktion der Eisenbahn=Zeitung einen Vertrag geschlossen, wodurch sie die schönsten Erzählungen seines Verlags zum Abdruck in der Eisenbahn=Zeitung gewonnen hat.
Die amtlichen Erlasse, Personalien etc. für das Großh. Mecklenburg, zeigt die Eisenbahn=Zeitung regelmäßig an; die wichtigen giebt sie ausführlich. Ebenso bringt sie die vorkommenden Vacanzen in Amts= und Schulstellen schnell und vollständig. - (Auch die benachbarten amtlichen Erlasse und Personalien werden angezeigt.)
Korn=, Fettwaaren=, Kaffee= und Zuckerpreise, Geld= und Fondscourse, Viehmärkte, Elbwasserstand, Hamburger Falliten etc. (Den Geldcours auch nach Reichsmünze.)
In Folge der großen Verbreitung wird die Eisenbahnzeitung lebhaft zu Anzeigen benutzt, welche bei kleiner Gebühr guten Erfolg haben.
Die Eisenbahn=Zeitung ist jeden Montag, Mittwoch, Freitag und Sonnabend für vierteljährlich 40 Schilling (Mecklenburg) zu erhalten bei

                          Wilh. Heincke in Schönberg.


Einem geschätzten hiesigen Publikum und den verehrlichen Landleuten mache ich die ergebene Anzeige, daß ich am Dienstag den 30. December meinen Laden in

Kram=, Material= u. Gewürz=Waaren

aller Art eröffnen werde und bitte Freunde und Gönner, mich mit Ihren Aufträgen erfreuen zu wollen, die ich mit der größten Reellität ausführen werde. - Schönberg, den 25. Decbr. 1856.

                                                    H. Brüchmann.


Verloren, am 22. d. M. auf dem Markte hierselbst eine kleine Pfeife mit porzellanem Kopf. Der ehrliche Finder wird gebeten, solche in der Expedition dieses Blattes abzuliefern.


Rechnungen pr. Buch 50, 100 oder 200 Stück,
à Buch 14 Schilling (Mecklenburg),
empfiehlt                                                    L. Bicker.


Vorläufige Anzeige.

Die hier durchreisende Künstler=Gesellschaft wird die Ehre haben, Sonntag den 28. December ihre großen Vorstellungen im Saale des Ackerbürgers Hrn. Boy zu geben. Das Nähere besagen die Zettel.

                                                    Neumann.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 2-18 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 42-50 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 40-48 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 30-  40 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 36-40 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 28-36 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 26-27 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 40-46 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln 5 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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