No. 51
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 19. Dezember
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1856 Nr. 51 Seite 1]

- Ueber die Zeit der Eröffnung der Pariser Conferenzen verlautet noch immer nichts Gewisses. Wie es heißt, wird auf denselben die Neuenburger Angelegenheit nicht verhandelt werden, sondern einzig nur über die Bessarabische Grenzfrage, nebst dem, was damit unmittelbar zusammenhängt, von deren Regulirung die östreichische und die englische Regierung die Räumung der Donau=Fürstenthümer und des schwarzen Meeres abhängig gemacht haben sollen. Ueber die Erledigung dieser Grenzfrage wird Oesterreich die Occupation nicht ausdehnen. Beide Regierungen halten demgemäß die Occupation nur so lange aufrecht, bis sämmtliche Friedensbedingungen erfüllt sind.
- In Betreff Neuenburgs hat Preußen abermals eine Note an die vier Großmächte und an den deutschen Bund gerichtet, in welcher zunächst alle Schritte erwähnt sind, welche Preußen in dieser Angelegenheit der Schweiz gegenüber bisher gethan hat. Da diese Schritte indeß erfolglos geblieben, so befände sich Preußen nunmehr nur noch in der Lage, auf seine eigene Machtstellung sich zu stützen. Wenn indeß die Schweiz sich später eines Besseren besinnen und die Vermittelung einer fremden Macht anrufen sollte, für den Fall soll die preußische Regierung nicht abgeneigt sein, erneuete Erklärungen entgegen zu nehmen.
- In der Schweiz hetzt die fremdländische eingewanderte Demagogie unaufhörlich zum Kriege, theils durch fortwährende Beleidigungen der Monarchien, theils durch Bramarsiren im Namen der Schweizer.
- England hat gegen Persien den Krieg erklärt. Der Schah hat in einer Proklamation sein Volk davon in Kenntniß gesetzt. Sechs englische Kriegsschiffe haben die Insel Ormus am Eingange des persischen Meerbusens besetzt; auch rückten von der Landseite, aus Indien, Truppen gegen Persien vor. Als Grund der Kriegserklärung wird englischer Seits angegeben, daß Persien einen im Jahre 1853 mit England abgeschlossenen Vertrag gebrochen habe.
- Während die Unordnungen auf Sizilien unterdrückt sind, fängt es in Mailand wieder zu rumoren an. Der alte lombardische Geist der Widerspänstigkeit rührt sich von Neuem, seitdem der Wind aus Sizilien Revolutionsdüfte über die lombardischen Flächen herüberwehte. Die Aufregung ist groß und die Behörde hat in Turin zahlreiche Verhaftungen vorgenommen.
- Das Attentat auf den König von Neapel wurde bei Gelegenheit einer Revue von einem Soldaten begangen, der aus Reih und Glied heraustretend, sich auf den zu Pferde sitzenden Monarchen warf und gegen denselben einen oberhalb des Wehrgehänges gerichteten Bajonettstoß ausführte, welchem dadurch die Kraft benommen wurde, daß ein Oberst von der Suite des Königs den Soldaten im selben Momente ergriff und zu Boden warf. Der König selbst wurde unerheblich an der Brust verletzt. Er kehrte an die Spitze der Truppen, mitten unter einer großen Volksmasse in die Stadt zurück. Später wurde der Verbrecher mit dem Strange hingerichtet. Der Meuchelmörder heißt Milano und ist ein Insurgent von 1848, der 1852 begnadigt wurde und mit Hülfe falscher Papiere in das Heer eintrat.
- In Madrid kostet das Pfund Brod gegenwärtig so viel wie 6 Silbergroschen und die Bäcker haben erklärt, daß es noch im Preise steigen würde.
- Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen ist am 11. von London in Paris angekommen. Auf dem Bahnhof wurde er vom Prinzen Napoleon und der preußischen Gesandtschaft empfangen; er begab sich, geleitet von diesen und einem Detaschement Garde, nach den Tuillerieen, wo der Kaiser den Prinzen an der Treppe empfing. Während seiner Anwesenheit wurde dem Prinzen die größte Aufmerksamkeit bewiesen. Es fanden Manöver der Pariser Armee zu Ehren des Prinzen statt. Bei seinem Besuche im Invalidenhause verweilte er lange am Grabe des Kaisers Napoleon. - Aus London wird geschrieben, daß die Vermählung der Prinzeß Royal mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen am 21. November k. J. stattfinden soll, an welchem Tage die Braut das 17. Jahr erreicht haben wird.
- Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß die Russen unter (General Philippsen am 22. v. Mts. Suchum=Kale, an der Küste des schwarzen Meeres, wieder genommen und die Tscherkessen daraus vertrieben haben. Am 23. hat ein hartnäckiger Kampf stattgefunden.
- Die Conferenzen, welche die endgültige Feststellung des Münzvertrages herbeiführen sollen, haben am 9. December in Wien begonnen.
- In Lübeck hat der Senat ein auf Grundlage des Vierzehn=Thaler=Fußes ausgearbeitetes neues Münzgesetz an den Bürgerausschuß gebracht. Darnach sollen 35 Lübische Thaler einer Mark feinen Silbers gleich sein.
- In Schwerin ist die Einrichtung getroffen, aus den vier Infanterie=Bataillonen je vier Unterofficiere als Lehrlinge zur Erlernung des Locomotivdienstes bei der mecklenburgischen Eisenbahn anzustellen und einzuüben, um bei Truppentransporten diese von den Lokomotivführern unabhängig zu machen.
- Die Frau Herzogin Louise, Fürstin Windischgrätz (Schwester Sr. königl. Hoheit des Großherzogs von Mecklenburg=Schwerin) ist am 11. von einer Prinzessin glücklich entbunden. Das Befinden der hohen Wöchnerin und der Neugebornen ist höchst erfreulich.


>Vermischtes.

- In den nördlichen Kreisen Schwedens herrscht die Sitte, daß jeder Ackerbauer zum Christfeste rings

[ => Original lesen: 1856 Nr. 51 Seite 2]

um seine Behausung einige ungedroschene Korngarben stellt. Die Vögel, welche zur Winterzeit, wo dichter Schnee die Erde deckt, nur schwer Nahrung finden, kommen in Schaaren herbeigepflogen und suchen die Körner aus jenen Garben heraus. Fragt man jene Leute, warum sie den Vögeln die ganzen Garben hinstellen, so antworten sie: "Alles freut sich in dieser Zeit, wo wir das Andenken an die Geburt Christi feiern; es ist daher billig, daß sich auch die Vögel freuen und Gott loben und daß auch sie festliche Weihnachten begehen."
- Im Hamburger Krankenhause feierte am 14. December eine Frau ihren 99sten Geburtstag. Dieselbe war noch körperlich rüstig und erfreute sich im vollen Bewußtsein der ihr gewordenen Aufmerksamkeit bei Ueberbringung der Liebesgaben durch die Vorsteher der Anstalt. - Als ein sehr zweckmäßiges Weihnachtsgeschenk für Knaben von 7-14 Jahren empfiehlt der H. C. Hrn. Lüneburgs (in Hamburg) verbessertes Schreib=Etui. In einem saubern Kästchen vereinigt es Alles, was nur irgend zum Schreibgebrauch benutzt wird. Preis 1 Mark 6 Schilling (Mecklenburg) nebst einer Gratiszugabe von 4 Bilderbogen oder einem Zeichenbuch mit Seidenpapier durchschossen.
- Unter den Sehenswürdigkeiten Hamburgs für die diesjährige Festzeit zeichnet sich ein Riese aus, welcher aus Irland gebürtig, 20 Jahre alt ist und seine 8 Fuß mißt. Leute gewöhnlichen Schlages reichen mit erhobenem Arme diesem Giganten an die Schulter.
- Schweine als Feuerungs=Material. Die Stürme der letzten Woche haben im Irischen Kanal nicht minder heftig als an der Süd=Küste Englands gewüthet. Ein Schiff, der Troubadour, das am 4. von Cork nach Milford abgegangen war, brauchte 4 volle Tage zur kurzen Reise und konnte nur mit genauer Noth den Hafen von Dublin erreichen. So heftig wogte das Meer, daß der Troubadour, ein guter Dampfer, es nicht wagen konnte, sich der Küste zu nähern, sondern bemüht sein mußte, in der Mitte des Kanals zu laviren. Darüber gingen ihm die Kohlen aus; um diese zu ersetzen, wurde der Kessel mit 150 todten Schweinen, die einen Theil der Fracht ausmachten und der Seekrankheit erlegen waren, geheizt, und so kam das Schiff endlich bis Dublin. Von 300 Schafen und ebensoviel Schweinen, die es an Bord hatte, waren die meisten den Leiden der Fahrt erlegen.
- Die im Laufe dieses Jahres bisjetzt von Australien verschiffte Quantität Gold beläuft sich auf 55 Mill. Thlr.
- In Amerika, im Ohio=Distrikte, wird jetzt Eis in großen Quantitäten auf künstliche Weise durch Dampf fabricirt.
- Auf dem Berliner Markt wurde in voriger Woche wieder ein verschmitzter Gaunerstreich ausgeführt. Eine höchst elegant gekleidete Frau erscheint daselbst, hinter sich einen gallonirten Bedienten, der zwei Körbe trägt, deren einer zwei große Hüte Zucker enthielt. Die Dame kauft sechs fette Gänse und läßt sie in den zweiten Korb legen, greift nach der Börse und vermißt dieselbe zu ihrem Schreck. Sie glaubt sich bestohlen, bis der Bediente bescheidentlich bemerkt, daß er die Börse zu Hause auf dem Tische habe liegen sehen, und daß dieselbe dort wahrscheinlich vergessen worden sei. Madame befiehlt ihm, sie allsogleich zu holen; der Bediente setzt den schweren Korb mit dem Zucker bei der Bauer=Frau nieder und nimmt einstweilen den Korb mit den Gänsen mit, während die Madame seine baldige Rückkehr erwarten will. Die vornehme Dame ist aber sehr empfindlich gegen das nasse Wetter, trippelt hin und her und bittet endlich, wenn der Diener zurückkommt, sie aus einer nahgelegenen Conditorei rufen zu lassen, wo sie einstweilen eine Tasse Chocolade trinken wolle. Sie geht in die Conditorei - aber wer nicht kommt, ist der Bediente. Man sucht endlich die Dame in der Conditorei - aber auch die ist längst nicht mehr dort, und als man sich an die beiden Hüte Zucker halten will, findet man in der geschickt gemachten Emballage - harten Lehm.
- In und bei Kronstadt liegen nicht weniger als 392 Schiffe eingefroren, welche keine Hoffnung haben, vor Mai fortzukommen. Das Quantum Waaren, das sie geladen, ist sehr bedeutend; an Getreide, Mehl und Saat wird es auf 350,000 Tschetwert und an Talg auf 12,000 Fässer geschätzt. In Folge dessen sind die Getreidepreise gewichen, worauf die aus allen Theilen des Reichs jetzt eingetroffenen günstigen Ernteberichte gleichfalls nicht ungünstig eingewirkt haben. In Odessa war die Schifffahrt noch im Gange und die Möglichkeit vorhanden, die ansehnlichen Getreidevorräthe noch zu verladen.
- Die Wurzeltiefe der landw. Kulturflanzen. Weizen erreicht eine Länge von 3 Fuß 2 Zoll bis über 4 Fuß, Roggen bis 3 Fuß 11 Zoll, Erbsen 4 Fuß, Winterrapps 4 Fuß 2 Zoll, Klee 3 Fuß 10 Zoll, Je nachdem der Boden schwer oder locker und nicht naßgründig ist. Die Wurzeln der Winterpflanzen verkürzen sich, indem sie abfaulen, so weit sie im Frühjahr durch höher steigende Feuchtigkeit erreicht werden; daher das gelbe krankhafte Aussehen der Wintersaatpflanzen auf noch kaltem Boden. Die kräftige Entwickelung der Pflanzen hängt weniger von der Größe und Schwere des Saamenkorns, als vielmehr davon ab, ob letzteres tief oder flach mit Erde bedeckt ist und ob ihre erste Lebensperiode reichliche und kräftige Nahrung vorfindet. Je flacher das Saamenkorn mit Erde bedeckt wird, desto kräftiger ist die Entwickelung der Pflanze, wie ihrer Wurzel. - Auch die Wiesengräser treiben ihre Wurzeln in eine sehr beträchtliche Tiefe, so z. B. Thimothee= und Kraulgras bis zu 4 Fuß 6 Zoll, englisches Raygras bis gegen 4 Fuß.
- Getreide=Märkte in flauer Stimmung; in Hamburg Weizen wieder um einige Thaler billiger, Roggen, Gerste und Hafer unverändert fest.


Der Landmann und der Sterndeuter.

Kalligenes, ein Landmann, als er froh
Den Saamen in der Erde hatte, ging
Zum Sternendeuter Aristophanes,
Zu fragen seine Weisheit: ob die Saat
Auch wohl gedeihen und die Ernte wohl
Gerathen werde. Stracks befragte
Der Weise seine Kunst: er zeichnete
Figuren, Kreise, Zahlen auf den Tisch,
Hob seinen Finger auf und sprach;
"Bekommt der Acker Regen wie er soll,
Und schießt auf ihm nicht wildes Unkraut auf,
Trifft deine junge Saat nicht böser Frost
Und Hagel; äs't sie auch das Wild nicht ab,
Und bleibt sie sonst von Wetterschaden frei,
So sag' ich dir, daß Saat und Ernte gut
Gerathen werden. Doch noch Eins, mein Freund,
Noch Eins! Nimm vor Heuschrecken dich in Acht."


Die deutsche Weihnachtsfeier.

Zu den Dingen, die der Reisende, der Deutschlands Grenzen verläßt, und der Verbannte, welcher sie fliehen muß, am Schmerzlichsten zu vermissen pflegt, gehört vor Allem die Feier des Weihnachtsfestes. Sie ist eines der anmuthigsten Zeugnisse für das Kleinod unserer Nation, das sie an ihrer Gemüthlichkeit hat, und mit Wehmuth und Heimweh blickt der Deutsche in der Fremde auf die dunkelbleibenden oder nur matterleuchteten Fenster, die ihn umgeben. Fragen wir uns, wie es kommt, daß das Fest nur von uns in dieser Weise begangen wird, daß Engländer und Amerikaner, Russen und Italiener, und selbst die lebensfrohen Franzosen nichts von den Freuden wissen, die es uns bringt, so giebt die Wissenschaft darauf eine Antwort, die Manchen Wunder nehmen wird. Diese Antwort nämlich lautet: Die deutsche Weihnacht mit ihren weithinstrahlenden Lichterbäumen, ihrem Flittergold, ihren Gaben und ihren seltsamen Gebäcken entstammt derselben Quelle, aus welcher die Osterfeuer und die Johanniskronen, die Maikönige und die Kirmsen und die eigenthümlichsten von den Gebräuchen hervorgegangen sind, mit denen unser Landvolk sich in der Fasten= und Adventszeit vergnügt, d. h. sie ist ein Rest des Heidenthums unsrer Urväter, und der Ju=

[ => Original lesen: 1856 Nr. 51 Seite 3]

bel, der in ihr durch alle Schichten der Nation geht, ist ein Nachhall des erhabensten und heiligsten ihrer Feste. Darauf deutet zunächst schon der Umstand, daß die deutsche Weihnacht, d. h. die Aufstellung der grünen Tanne und die Bescheerung, wie ihr Name schon sagt, des Nachts gefeiert wird; denn alle Feste der alten Germanen scheinen nächtliche gewesen zu sein. Mit Bestimmtheit wissen wir, daß unsere Vorväter in der Zeit des Mitwinters, gerade so wie im Mitsommer ein großes Fest feierten, welches - vielleicht nach der Zahl ihrer Götter - zwölf Nächte dauerte und seinen Ursprung in der Periode hatte, wo die Naturmächte als segnende Gewalten und namentlich die Sonne göttlich verehrt wurden. Man scheint dabei die Vorstellung gehegt zu haben, daß die Sonne, welche gegen das Ende des Decembers am Tiefsten steht, sich alsdann verjünge, daß sie gleichsam neugeboren werde. Man hieß das Fest deshalb die "Mutternacht" (Modernath) oder, weil man sich die Sonne unter dem Bilde eines Rades vorstellte, das "Radfest" (Jul, ein Wort, das noch jetzt im friesischen Dialekte ein Rad bedeutet). Bei diesem Feste zogen die Götter, anfänglich hocherhaben in den Lüften, später wahrscheinlich, durch verkleidete Menschen dargestellt, durch das Land, um die Wintersaat zu segnen und die Opfer ihrer Verehrer entgegenzunehmen. Die ganze Welt war mit ihrer wunderbaren Kraft erfüllt. Das Wasser sowohl wie das Feuer hatte in dieser Zeit eine besondere Weihe. Nirgends gelang Zauber und Erforschung der Zukunft so gut, als in den heiligen zwölf Nächten des Jul. Von der Art und Reihenfolge der ursprünglichen Festgebräuche ist wenig bekannt. Als ausgemacht dürfte nur anzunehmen sein, daß Tannenbäume mit Lichtern besteckt, ein Symbol einerseits des auch im Winter grünenden Naturlebens, andrerseits des auch in der Nacht nicht erstorbenen Lichtes, schon damals eine bedeutende Rolle spielten, daß Opferschmäuse stattfanden, bei denen vorzüglich Pferde und Eber geschlachtet und zu Ehren der obersten Gottheiten Becher geleert wurden, daß während des Jul keine Arbeit gethan werden durfte, und daß im Verlaufe desselben Aufzüge zu Pferde mit Reigentänzen, Wettkämpfen, die den Sieg der Sonne über die als Riesen vorgestellten Mächte des Winters versinnbildeten, und andern religiösen Ceremonien, wie sie auch beim Frühlings= und Mitsommerfeste üblich waren, abwechselten.
Von allen diesen Gebräuchen des Naturdienstes der Urzeit haben sich zahlreiche Spuren erhalten, ja sie eben sind es, in denen die Eigenthümlichkeit der deutschen Weihnachtsfeier besteht. Das Christenthum vermochte das Heidenthum nur zu besiegen, nicht zu vertilgen. . Es hat seine Götter in Gespenster, seine frommen Bräuche in Possen verwandelt. Immer aber brach der altheidnische Jubel, als ob er dem Volke im Blute läge, durch die Freude über das Geburtsfest des Weltheilands wieder hindurch, und so erklingt er noch heutigen Tages in seltsam geheimnißvollen Accorden, wenn man sich im Allgemeinen auch über seine eigentliche Natur nicht Rechenschaft geben kann, und wenn es auch vorzugsweise die Kinderwelt ist, welcher die Weihnachtstanne strahlt.
Ganz wie einst, als das Christenthum noch nicht in die Wälder des Nordens eingedrungen war, wird die festliche Zeit vom 26. December bis zum 6. Januar ausgedehnt; ganz wie einst nennt sie der Volksmund die "heiligen zwölf Nächte", und ganz wie einst der Glaube läßt jetzt der Aberglaube in dieser Periode übermenschliche Wesen durchs das Land wandeln. Wie einst Wodan, der Himmelsgott mit dem Sonnenauge auf seinem weißen Rosse seine Verehrer heimsuchte, ihre Gebete und Opfer entgegennahm und ihren Saaten Gedeihen schenkte, so zieht jetzt in Sachsen der Ruprecht (dieser Name bedeutet "der Ruhmstrahlende", in Schwaben der Pelzmärkte oder Schanteklas, in Oesterreich der Wauwau, in Thüringen der Nikolaus, in Mecklenburg der rauhe Clas (Nikolaus), in zottigem Pelz und auch oft in Erbsstroh gehüllt, und so in der Mark der Schimmelreiter von Haus zu Haus, um mit den Kindern zu verfahren, wie einst mit den Erwachsenen. Ueberall hört er Gebete an, überall verleiht er Gaben. Hin und wieder kommt er selbst auf dem weißen Pferde (so in schwäbischen und schlesischen Strichen), ja bisweilen müssen ihm die kleinen sogar in ihren Schuhen ein Haferopfer für seinen Schimmel vor die Kammerthür stellen (so am Niederrhein, wo die Kirche den Gott in einen heiligen Martin verwandelt hat). Seine Erscheinung beschränkt sich aber nicht bloß auf die Kinder. Auch Erwachsenen ist er noch sichtbar in dem wüthenden Heere, welches unzweifelhaft eine Erinnerung an den Umzug des Gottes mit den nach Walhalla aufgenommenen Helden ist, in Schwaben sogar Wuotas Heer genannt wird, wenn es recht braust, ein fruchtbares Jahr bedeutet und allenthalben vorzüglich in den Nächten der Weihnachtszeit sich vernehmen läßt. Aber auch andere Gottheiten erschienen in dieser festlichen Periode des Jahres: der Gewittergott Donar, der mit einem Gespann von Ziegenböcken fuhr, der Erntespender Froho, den ein weißer Eber begleitete, und die Gemahlin Wodan's, welche den Flachsbau und die Spinnstuben beaufsichtigte und die verstorbenen Kinder zu sich nahm. Und siehe da, auch von diesen haben sich Erinnerungen, wenn auch dunkel und halbverwischt, im Gedächtnisse des Volkes an die Weihnachtszeit geknüpft erhalten.
In verschiedenen Gegenden Deutschlands endlich geht die Sage, daß in der letzten der zwölf Nächte Frau Holle oder Perchta durch die Gefilde zieht. In der einen Landschaft sieht sie nach, ob die Rocken abgesponnen sind, in der andern beschenkt oder schreckt sie die Kinder wie Ruprecht und Nikolaus, wieder in andern schreitet sie einer Schaar von Kinderseelen voran, welche einen Pflug ziehen und - eine ungemein schöne Mythe - in Krügen die Thränen tragen, welche um sie vergossen worden sind. Außerdem aber ist die Periode von Weihnachten bis zum großen Neujahr dem Aberglauben aller Orten die rechte Zeit für die Gespenster.

(Beschluß folgt.)


Verkaufs=Anzeigen.

Am                                                    
Sonnabend den 27. dieses Monats,
Morgens 10 Uhr,

sollen im Kruge zu Schlag=Resdorf Frauenkleidungsstücke, bestehend in

Mützen, Schürzen, Halskragen, Halstüchern, wollenen Röcken, Tuch=Röcken, Jacken, 50 Ellen Wollenzeug, Hemden u. s. w.
öffentlich meistbietend gegen gleichbaare Bezahlung verkauft werden.
Schlagsdorf, den 8. December 1856.

                                                    H. Speck, Landreiter.


Bekanntmachung.

Die bisher unberichtigt gebliebenen Beiträge zur 3. Hebung der Armensteuer können noch in den nächsten 8 Tagen an die resp. Armenvorsteher bezahlt, dann aber müssen die Listen zur Einforderung der Rückstände Großherzoglicher Landvogtei übergeben werden.
Schönberg, den 18. December 1856.

                                                    Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

Die

Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebens=, Leibrenten= und Sterbekassen=Versicherungen, Zeitrenten=, Darlehns=, Einlage= und sonstige Geldgeschäfte ab, und verzinst alle Kapital=Einlagen von mindestens 50 Taler (Mecklenburg) mit 3 1/4 Procent, Capitale von 1000 Thlr mit 3 1/2 pCt. für's Jahr, durch die unterzeichneten Agenturen.

Agentur Schönberg und Dassow.
J. P. Bade,              J. P. Oldörp,
Buchbinder.              Schul= und Siechenmeister


[ => Original lesen: 1856 Nr. 51 Seite 4]

Wir machen hiermit bekannt, daß der Krugtag der Schuhmachergesellen am Montag nach Neujahr, den 5. Januar, stattfindet, und fordern sämmtliche Mitbrüder auf, am gedachten Tage zu erscheinen oder die Auflage zu schicken.
Schönberg, den 7. December 1856.

                                                    Die Vorsteher und Altgesell
                                                    der Schuhmacher=Gesellen=Bruderschaft.


Alle diejenigen, welche in diesem Antoni=Termin durch mich Geld und Sparkassenbücher an die Schweriner Sparkasse zu besorgen gedenken, wollen solche entweder an mich oder an den Herrn Buchbinder Bade in Schönberg, spätestens bis zum 17. Januar k. Js. abgeben lassen.
Siechenhaus bei Dassow, den 18. December 1856.

                                                    J. P. Oldörp,
                                                    Schul= und Siechenmeister.


Die Vertheilung der Weihnachts=Geschenke an arme Kinder findet am

Dienstag den 23. d. Mts.,
Abends 5 Uhr,

im Boye'schen Saale statt.
Schönberg, den 16. December 1856.

                                                    Der Vorstand
                                                    des Männergesangvereins.


Decimal=Waagen mit Gewicht

zu billigen Preisen, sowie Wallnüsse das Schock zu 6 Schilling (Mecklenburg) und sehr schöne Feigen das Pfund zu 6 Schilling (Mecklenburg) sind zu haben bei

                                                    C. H. Vock.


Weihnachts=Ausstellung.

Einem geehrten hiesigen und auswärtigen Publikum die ergebene Anzeige, daß ich am Sonntag den 7. December meine diesjährige

Weihnachts=Ausstellung

eröffnet habe, und empfehle ich mich mit einer reichhaltigen Auswahl auf das geschmackvollste gearbeitete Conditor=Waaren zu möglichst billigen Preisen, als:
sehr sauber gearbeitete Liqueursachen in allen Assortements, Naturelconfect, glasirten Marcipan, echte Zuckerbilder, Schocoladeconfect, Pfeffermünzliqueur und eine große Auswahl Schaumconfect; ferner braune und weiße Kuchen verschiedener Art und Pfeffernüsse, so wie alle zur Conditorei gehörenden Gegenstände. Bestellungen auf Aufsätze, Torten und sonstige Confitüren werden, wie immer, prompt und billig ausgeführt.
Ich bin überzeugt, den Anforderungen eines geehrten Publikums Genüge leisten zu können, und bitte, mit dem Versprechen einer reellen Bedienung, um zahlreichen Zuspruch. Ergebenst

Schönberg.                                                     M. Greiff.


Mit dem heutigen Tage habe ich mein
Magazin
von
Möbeln und Spiegeln

nach der Breitenstraße No. 791. = zwischen der Mengstraße und Bäckergrube = verlegt.
Indem ich hiemit zugleich die Anzeige verbinde, daß ich zum bevorstehenden Feste eine große Auswahl, namentlich solcher Sachen vorräthig habe, die zu Geschenken sehr passend sind, bitte ich zugleich um zahlreichen Zuspruch.

Hochachtungsvoll                          
                                                    Joh. Wencker.

Lübeck den 12. December 1856.


Mit                                                    
Spielwaaren
für Kinder

empfehle ich mich ergebenst zu billigen Preisen.

                                                    C. Schwedt.


Zum bevorstehenden Weihnachtsfeste halte ich mein

Manufactur=Waaren=Geschäft

bestens empfohlen. Durch persönliche Einkäufe auf der Leipziger Messe bin ich in aller Art bestens assortirt und gebe die billigsten Preise.

Schönberg.                                                      Ludwig Creutzfeld,
Siemzerstraße.


Einem geehrten Publikum mache ich hiermit die ergebene Anzeige, daß ich am Sonntag den 7. December meine diesjährige

Weihnachts=Ausstellung

eröffnen werde.
Schönberg, den 5. Decbr. 1856.

                                                    J. P. Bade, Buchbinder.


Neue Citronen, Citronenöl, neue Succade, candirte Pommeranzenschalen, trockene dito, Feigen, Traubrosinen, Krachmandeln, Wallnüsse, Lambertsnüsse, neue türkische Tafelpflaumen, neue böhmische Pflaumen, Galetine, Sardellen (brabanter) empfiehlt

                                                    A. Spehr.


Mit einer bedeutenden Auswahl von

allen Sorten Uhren

empfiehlt sich bestens

L. A. Vogel, Uhrmacher.

Schönberg.


Dem verehrten Publikum mache ich die ergebene Anzeige, daß ich mich hieselbst als

Horn= und Holzdrechsler

etablirt habe, und empfehle mich demselben in allen in meinem Fach vorkommenden Arbeiten.
Daneben bemerke ich, daß ich alle Arten Schirme, sowohl neue mache, als alte reparire.
Boitin=Resdorf, 12. December 1856.

                                                    H. Ehlers,
                                                    Drechslermeister.


Tivoli in Lübeck.
Der
Weihnachts=Bazar
im Tivoli
ist vom 22. Decbr. 1856 bis zum 5. Januar 1857, täglich von Nachmittags 4 Uhr an, dem Publikum geöffnet.
Die große Halle und Veranda sind festlich decorirt und erleuchtet.
Unterhaltungs=Musik von der Prager Bergcapelle.
Kaufläden verschiedener Art.
Polichinell=Theater, Karoussel, Vorstellung der natürlichen Magie, Panorama, Schießbahn, Riesenwunder etc. etc.
Entree 6 Schilling (Mecklenburg), Kinder 4 Schilling (Mecklenburg).


Gute                                                    
Schlacht= wie auch Ausschuß=Pferde

werden jederzeit zu den höchsten Preisen von mir angekauft.

Ratzeburg.                                                     G. Brunnenberg.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 2-18 Schilling (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) 42-50 Schilling (Mecklenburg),
Roggen - Taler (Mecklenburg) 40-48 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 30-  40 Schilling (Mecklenburg),
Gerste - Taler (Mecklenburg) 36-40 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 28-36 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 26-27 Mark (Lübeck)
Erbsen - Taler (Mecklenburg) 40-46 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln 5 Schilling (Mecklenburg).
Altona=Hamburger Viehmarkt.
Fette Schweine, gut, 100 Pfund 36 Mark.


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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