No. 37
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 12. September
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1856 Nr. 37 Seite 1]

Bei der eingetretenen regnigten Witterung soll es gestattet sein, auch an den nächstfolgenden drei Sonntagen nach beendigtem Gottesdienste mit Einwilligung der Arbeiter Ernte= und Heu=Arbeiten zu verrichten.
          Neustrelitz, den 26. August 1856.

                          Großherzoglich Mecklenb. Landesregierung.
                          v. Bernstorff.


- Der Kaiser von Rußland ist mit den fürstlichen Personen seines Hofstaates in Moskau angekommen und hat die altehrwürdige Zarenburg, den Kreml, bezogen. Der Einzug fand unter der lebhaftesten Teilnahme der Bevölkerung statt. Es ist alte Sitte, wenn der Kaiser bei seinem Einzug in den Kreml das eigentliche Wohnschloß betritt, daß ihm aus den Händen des Krönungsmarschalls Brod und Salz überreicht wird. Sie ist ein Sinnbild der Gastfreundschaft und der Heilighaltung des Gastes, welcher Brod und Salz mit dem Wirthe gegessen. Das Brod befindet sich bei solcher Gelegenheit auf einem silbernen Teller und das Salz in einem goldenen Gefäß. Der Hofmarschall überreicht beides und bittet dabei den Kaiser, sich das Brod der alten Stadt Moskau wohl schmecken zu lassen. Der Kaiser ißt dann von dem Brode, nachdem es in Salz getaucht. Das dabei gebrauchte Brod ist von eigenthümlicher Form, ungefähr wie ein Kürbis von der Art, die man den "Türkenbund" nennt, oder Wie eine umgekehrte Untertasse, auf welche die ebenfalls umgekehrte Obertasse gesetzt ist. Die Kaufmannschaft Moskau's hat zu dem Zwecke zwei kostbare Becken anfertigen lassen, von denen das eine von Gold 25 Pfd., das andere von Silber 40 Pfd. wiegt. Diese Becken sind sehr geschmackvoll gearbeitet, auf dem Boden derselben befindet sich der Kreml in erhabener Arbeit dargestellt, über den die aufgehende Sonne ihre Strahlen verbreitet. Zu den Seiten sind der russische Adler mit dem Reichsapfel und Scepter und das Wappen der Stadt Moskau angebracht, und zwischen ihnen die Figuren der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit in sinniger Weise eingefügt. - Der Einzug des Kaisers Alexander fand wie folgt statt. Am 29. Aug. schien die Witterung früh Morgens ungünstig; es fiel ein feiner Regen, aber um 10 Uhr heiterte das Wetter sich auf. Ueberall strömten die Menschenmassen nach den im Programm bezeichneten Straßen, die sämmtlich mit rothen Behängen an den Balcons geschmückt waren. Auch das hügelichste Pflaster war mit einer Schichte von feinem Sande bedeckt. Mittags hielten die Truppen, 80,000 Mann, ihren Einzug mit klingendem Spiel. Besonders günstigen Eindruck machten das Pawlowkische und das Preobraschenskische Garde=Regiment, lauter kriegerische und gebräunte Gesichter mit markirten Zügen, die Uniformen reich und eigenthümlich; auch die Linien=Infanterie nahm sich gut aus. Bald wurde Spalier gebildet und die Circulation sehr schwierig; die Menschenmassen hielten die Häuser bis zu ihren Giebeln besetzt, die Dächer waren mit Muschiks überfüllt, die Fenster voll geputzter Damen. Jetzt erschien der Zug der Botschafter; man bewunderte besonders die Equipagen des Herrn v. Morny und des Fürsten Esterhazy. Das diplomatische Personal versammelte sich in dem Hotel der Fürstin Kotschubey, die ihren Palast zu Moskau, der vor sechs Monaten noch ganz öde war, mit feenhafter Pracht aufgeziert hatte. Unter den Uniformen zeichnete sich die des Grafen Morny durch die Einfachheit seiner Tracht und den Glanz seines Ordenssternes aus, während Fürst Esterhazy von fünf bis sechs jungen Leuten im prachtvollen Costüme der Magyaren umgeben war; auch die reiche Nationaltracht des griechischen Geschäftsträgers, Fürsten Sutzo, erregte Aufsehen, mehr aber noch die persischen Diplomaten in europäischer Tracht mit kegelförmiger Kopfbedeckung (Kalpak). Bis 3 Uhr wartete man auf den kaiserlichen Zug; da ertönte ein Kanonenschuß von der Batterie des Kreml zum Zeichen, daß der Kaiser Petrowski verlassen. Nun erklang das Glockengeläut von allen Kirchthürmen, die Geistlichkeit verließ ihre Tempel mit den Heiligenbildern voran. Das Militair stellte sich in Spalier auf. In einer Viertelstunde später erschien der Polizeimeister mit 12 Gensdarmen zu Pferde, die den Zug eröffneten. Erst dann die Leib=Escorte des Kaisers: Lesghier, heidnischen oder muhammedanischen Glaubens, in düstern Rüstungen, die an die Kreuzritter erinnerten; Tscherkessen in glänzenden Farben mit Karabiner, Bogen und Pfeil; tschernomorische Kosaken auf kleinen schwarzen und feurigen Pferden, in rothen Uniformen und Pelsmützen, ächte Steppengesichter; darauf die Garde=Kosaken in rothen Dolmans; sodann die Repräsentanten des hohen Adels in Amtstrachten; die Deputirten der asiatischen Völkerschaften, unter denen die Tataren sich durch ihr wildes Aussehen hervorthaten; dann die kaiserliche Hausdienerschaft, worunter 80 Läufer von Kopf bis Fuß mit goldenen Tressen bedeckt, in Uniformen, die jede 3-400 Rubel kostete; hieran 25-28 Staatswagen, jeder mit 6 Rossen, mit Gold und Sammt bedeckt, lauter Meisterwerke und historische Monumente; zwischen den Wagen Massen von Kammerherren und Ceremonienmeistern in den buntesten Anzügen. Zunächst kam dann die Cavalier=Garde der Kaiserin, aus den Söhnen der ersten Familien bestehend, mit versilberten Kürassen und Hel=

[ => Original lesen: 1856 Nr. 37 Seite 2]

men mit dem Doppel=Adler, auf Pferden von der edelsten Race, deren Anblick einen allgemeinen Ruf der Verwunderung entlockte; darauf die Garde=Kürassiere auf schwarzen Pferden und in weißen Uniformen. Nun erschien der Kaiser in Generalissimus=Uniform mit dem Bande und Stern des Andreas=Ordens, auf einem herrlichen Apfelschimmel, in ruhiger und stolzer Würde, aber mit einem milden Ausdruck seiner großen blauen Augen; rechts und links etwas weiter zurück seine Söhne, die Großfürsten Nikolaus und Alexander; sodann die Großfürsten Constantin, Nikolaus und Michael, Brüder des Kaisers, die Prinzen Romanowski (Leuchtenberg), Prinz Peter von Oldenburg, die fremden Prinzen und über 300 russische und fremde Generäle. Nach Trommelschlag und Zinkenklang ließ die Musik das Nationallied: Boshe Tsara chrani! (Gott segne den Zaren!) ertönen. Die Kaiserin mit ihrem jüngsten Sohne, dem Großfürsten Wladimir, zur Seite, war von dem enthusiastischen Empfang wahrhaft gerührt. Ihr Wagen war von einer Anzahl Pagen, Stallmeister und Kammerlakaien umgeben; voran ritt Fürst Galizin in Husaren=Uniform auf einem arabischen Rosse. Dann folgte der Wagen der Kaiserin=Mutter, hierauf eine Reihe von Equipagen, in denen sich die verschiedenen Prinzessinnen und Ehrendamen befanden. Der Zug, der mindestens zwei Werste lang war, wurde durch ein Militair=Defilé geschlossen, in dessen Mitte man die Moskauer Handels=Gilden mit ihren Fahnen wahrnahm. Einen tiefen religiösen Eindruck machte das Tedeum in der Kathedrale zur Himmelfahrt Mariä. Von da begab sich der Kaiser nach den drei anderen Kathedralen des Kremls. Die Illumination des Abends fiel nicht besonders glänzend aus, da die Vorbereitungen noch nicht alle beendigt waren. Abends war die Elite der Diplomatie bei der Fürstin Kotschubey versammelt und bei dem Banket, zu welchem alle Mysterien der Kochkunst erschöpft waren, brachte Graf Morny, als Chef des diplomatischen Corps, das Wohl II. MM. des Kaisers und der Kaiserin aller Reußen aus.
- Aus Moskau wird unterm 7. Sept. gemeldet, daß die Krönung an diesem Tage Mittags beim schönsten Wetter unter endlosem Jubel feierlich und prachtvoll vollzogen worden.
- Die in Moskau lebenden Franzosen waren am 15. August in ganz besonderer Bewegung, weil sie den wieder Mode gewordenen Napoleonstag feierten. Man erzählt sich, es wäre in Petersburg durch den Telegraphen angefragt worden, ob eine Oeffentlichkeit dieser Feier genehm wäre, - und die Antwort hätte gelautet: Man könne nichts dagegen haben, es wäre aber wohl zu bedenken, ob bei den Erinnerungen, welche Napoleon gerade in Moskau zurückgelassen, eine Oeffentlichkeit bei der Feier seines Namenstages angemessen sei. Und so blieb denn der Enthusiasmus der hiesigen Franzosen in gehöriger Beschränkung. Daß die "Erinnerungen" gerade hier noch außerordentlich lebendig sind, davon habe ich mich gestern wieder überzeugt, als ich mir die Spasskoi=Warota, nämlich dasjenige Thor des Kremls genauer ansah, durch welches der Kaiser in den Kreml einreitet, nachdem er dem wunderthätigen Mutter=Gottesbilde am Wosskressenskischen Thore seine Ehrfurcht bezeigt. Das Spasskoi oder Erlöserthor wird auch das "heilige Thor" genannt, und zwar wegen eines alten Bildes des Heilandes, welches hoch über dem Thore angebracht ist. Dieses Bild, so erzählte mir mein Führer und bestätigten Zuhörer, die mit entblößtem Kopfe dabeistanden - denn es darf hier Niemand durchgehen, ohne die Kopfbedeckung abzunehmen, - dieses Bild haben die Franzosen 1812 aus seinem Rahmen, den sie für Gold hielten, herausbrechen wollen; aber das Thor zeigte eine solche Wunderkraft, daß alle Leitern, die man ansetzte, in der Mitte zerbrachen, keine Stange reichte und kein Haken fassen wollte. Auf das Jubelgeschrei, welches die dabei versammelten Russen ausstießen, als sie sahen, daß alle Bemühungen der Franzosen vergeblich waren, wurden die Franzosen böse und richteten eine der auf dem Rothen Platze im Park aufgefahrenen Kanonen gegen das Bild. Aber es begann zu regnen und das Pulver auf dem Zündloche wollte nicht zünden. Da legte ein französischer Kanonier eine glühende Kohle auf das Zündloch, und siehe da, der nun allerdings losgehende Schuß sprengte die Kanone, riß den Kanonier und mehrere seiner Kameraden in Stücke, die Kugel aber fuhr vor dem Bilde vorbei und ließ es unversehrt.
- Am kaiserl. russischen Hofe wird der französische Gesandte gegenwärtig mit ganz besonderer Auszeichnung behandelt; es wird ihm mehr Aufmerksamkeit geschenkt, wie dem englischen und östreichischen Gesandten. Auch in Konstantinopel nimmt der französische Gesandte die erste und mächtigste Stelle ein. Der Einfluß Frankreichs dringt unaufhörlich in alle Lebensadern der Türkei ein. Die französische Sprache hat im Orient unendlich an Boden gewonnen, und selbst der Sultan hat sich wieder einen neuen französischen Sprachlehrer genommen. Und durch das würdevolle Auftreten des russischen Gesandten bei der Pforte giebt man sich in Konstantinopel der Hoffnung hin, daß das Verhältniß zwischen Rußland und der Pforte sich freundlicher als je gestalten werde. Der Gesandte äußerte sich in einer Unterredung mit dem türkischen Minister über die Absicht Rußlands, den Pariser Friedensvertrag strenge zu erfüllen und der Pforte jeden Zweifel an des Kaisers Bereitwilligkeit zur Einhaltung desselben zu benehmen. Der Zar wolle der Welt zeigen, wie Ernst es ihm damit sei.
- Prinz Adalbert von Preußen ist am 5. Sept. in Southampton in England im besten Wohlsein angekommen. Er gedachte die Reise über London nach Hamburg fortzusetzen. In letzter Stadt ist derselbe am 9. angekommen, von wo er am selben Tage nach Berlin abreiste.
- Die preußische Dampf=Corvette "Danzig" ist in Konstantinopel angekommen, um dort in Folge des Pariser Friedens zur Disposition des königlichen Gesandten zu bleiben.
- Am 2. September ist in dem Fürstenthum Neuenburg in der Schweiz, das im Jahre 1848 der rechtmäßigen preußischen Regierung durch eine aufständische Bewegung entrissen wurde, eine royalistische Revolution ausgebrochen. Die königlich Gesinnten besetzten das Schloß zu Neuenburg, nahmen einige Glieder der republikanischen Regierung gefangen, mußten aber, nachdem die Bergbewohner zu Gunsten der letzteren die Waffen ergriffen, und das Schloß mit 1500 Mann angriffen, solches wieder räumen. Die Königlichen hatten 23 Kampfunfähige, darunter 9 Todte, die Republikaner einige Verwundete. Die Anführer der Königlichen wurden sämmtlich gefangen. Durch eine Proklamation zeigten die Bundes=Commissaire die Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustandes an und forderten die Bürger auf, zur Ruhe wieder zurückzukehren.
- Ihre königl. Hoheit die Frau Erbgroßherzogin von Mecklenburg=Strelitz ist am 31. August in Baden=Baden angekommen, wo auch die Herzogin und Prinzessin von Cambridge gegenwärtig sich befinden.
- Die englische Regierung beabsichtigt die noch aufzulösende englisch=deutsche Legion nach dem Cap zu senden, um dort durch sie eine Militaircolonie zu gründen. Die Regierung erbietet sich, jeden Legionair, der sich als Colonist dort niederlassen will, militairisch auszustatten, und wenn er verheirathet, ihn mit seiner Familie frei dorthin zu schaffen. Ist er unverheirathet, so kann er vor der Abreise noch sich verehelichen. Den deutschen Colonisten ist dann die Aufgabe, die englische Niederlassung gegen die wilden Einwohner zu schützen. Mancher unserer Landsleute kann in kurzer Zeit zu einem soliden Wohlstande gelangen.
- Die französische Regierung hat eine Anleihe von 200 Millionen Franken zum Zweck der Ackerdrainirung angeordnet. Die Bodenfläche, welche der Entwässerung bedarf, umfaßt beinahe 44 Millionen Scheffel Aussaat. Man nimmt allgemein an, daß diese Fläche, drainirt, den Ernteertrag demnächst um ein Viertel bis zur Hälfte jährlich erhöhen wird, und Frankreich, nachdem die Entwässerung ausgeführt, alsdann einer fremden Korneinfuhr nicht mehr bedürftig ist.


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Vermischtes.

- Nachdem in verschiedenen Gegenden des Herzogthums Holstein die Lungenseuche des Rindviehs von Neuem zum Ausbruch gekommen, so ist nach einer Verordnung im Schweriner Regierungsblatt die westliche und südwestliche Landes=Gränze Mecklenburgs, von der Elbe bis zur See, gänzlich abgesperrt gegen die Ein= und Durchführung von Rindvieh aller Art, sowie der rohen Theile von geschlachtetem und gefallenem Vieh.
- In Norwegen ist es Gebrauch, die Häuser mit Birkenrinde zu bedachen, nachdem zuvor die Dachsparren mit Brettern abgedeckt sind. Die Birkenrinde wird 6 Zoll hoch mit Erde beschüttet oder mit Rasen belegt; die Dachflächen benarben sich nicht nur, sondern tragen auch Blumen und selbst kleine Birken=, Tannen = und Fichtenstämme.
- Das große und schöne Dorf Bergsheimfeld bei Schweinfurt hat ein bedeutendes Unglück durch einen Blitzstrahl getroffen, der in eine Scheune schlug und wodurch an 150 Haupt= und Nebengebäude mit allem Erntevorrath in Asche gelegt und viel Vieh getödtet wurde.
- In der großen Handelsstadt Rzyvzkow in Volhynien, welche kürzlich niederbrannte, wurde eine Million Scheffel Weizen ein Raub der Flammen.
- Aus Petersburg waren seit dem Beginn der diesjährigen Schifffahrt 1,478,586 Tschetwert Getreide ins Ausland verladen worden, darunter 506,187 Tschetwert Weizen und 379,366 Tschetwert Roggen. In Odessa hat sich der Getreide=Vorrath in letzter Zeit wieder ungemein vergrößert, ohne daß die Preise gefallen sind. Aus dem Asowschen Meere langten bedeutende Massen Getreide in Marseille an.
- In Ungarn hat die Ernte, begünstigt vom erfreulichsten Wetter, ein höchst erfreuliches Ergebniß gegeben.


Vom Heuwerben.

Jeder Landwirth weiß, es sei am vortheilhaftesten, den Klee zu mähen, wenn er seine ersten Blüthen bekommt, und die Wiesen, wenn die meisten der besten Gräser in Blüthe stehen; und wenn dies aus Mangel an Aufmerksamkeit, oder an Arbeitskräften, nicht beobachtet wird, so hat man davon mehr Nachtheil, als Mancher glaubt. Um die angegebene Zeit enthalten die zu Heu zu machenden Pflanzen eine viel größere Portion von Gummi, Zucker und Stärke, als wenn sie länger stehen. In letzterm Falle werden beim Klee die Stengel hart, die untern Blätter gelb, und fallen ab; der Zuckersaft wird absorbirt, und verschwindet im Reifungsprozeß der Samen, ein großer Theil des Gummi's, des Zuckers und der Stärke geht in Holzfaser über, und so gehen die nahrhaftesten Theile des Heues verloren.
Bei manchen Gräsern geht diese Verwandlung schneller vor sich, als bei anderen, z. B. beim Raygras, das seine Verwandlungen so rasch durchgeht, daß es, nachdem die Samenstengel sich entwickelt haben, oft nach dem Abmähen noch blühet und Samen ansetzt, wenn es nicht schnell zu Heu geworben wird. Wenn das Raygras unter Klee steht, so ist es in der Regel mit demselben zugleich mäherecht, und befördert gar sehr das Heuen des letztern; steht es aber allein, so darf man mit dem Mähen desselben nicht warten, bis es blühet, sondern muß es mähen, sobald sich die Aehre entwickelt hat; dadurch erhält man die nahrhaftesten Stoffe desselben. Wenn man die zu Heu bestimmten Pflanzen auch in ihrem besten Zustande gemähet hat, so ist es doch besser, sie je eher je lieber zu Heu zu machen, da man, je längere Zeit man mit dem Werben zubringt, desto mehr an wertvollen Bestandtheilen desselben verliert dadurch, daß es länger der Hitze und Luft ausgesetzt ist, und durch Thau und Regen die löslichen Stoffe, welche sich an den Blättern und saftigen Stengeln verdichtet, und dieselben candirt haben, abgespühlt werden. Wenn nun bei der besten Methode des Heu=Werbens schon viele werthvolle nahrhafte Stoffe verloren gehen, wieviel mehr wird man nicht verlieren bei einem sorglosen und indifferenten Verfahren? -
Um das Heuen zu beschleunigen, muß man besonders, soviel irgend möglich, dahin streben, daß kein Gras, oder halbgeworbenes Heu, über Nacht auf dem Boden ausgebreitet liegen bleibt, sondern muß es vor Abend in kleinere oder größere Haufen bringen, da sonst bei einfallendem starken Thau, oder Regen, der beste Theil des andern Tages verloren geht, ehe man es kehren oder zusammenbringen kann; bei obiger Vorsicht aber kann man oft schon von acht Uhr des Morgens dabei zu arbeiten anfangen.

(Pr. W.)            


Die Pariser Boulevards und Tuilerieen.

Die feine und vornehme, so wie die glänzende und berühmte Pariser Welt hat sich in die Wälder und Bäder zerstreut, es ist also augenblicklich nur die Stadt selbst, die den Fremden fesselt. Das ist freilich auch genug, denn die Straßen sind hier, so zu sagen, schon Kunstausstellungen, und die Reihen der Schilder Museen. Besonders üben die Boulevards täglich neue Anziehungskraft: reich verzierte Gebäude, Kaffeehäuser, die von Spiegeln, Lichtern und Vergoldung glänzen, elegante Restaurants, Theater, Magazine mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet, lange Passagen, wo die Spaziergänger und "Flaneurs" zu Tausenden Schutz finden gegen die Ungunst der Witterung, zahllose andere Etablissements für Luxus und Vergnügen jeglicher Art. - Diese Vereinigung auf einer Straße, welche eine Stunde lang und nie unter 100 Fuß breit ist, darf wohl als ein Vorzug gelten, den Paris vor allen übrigen Städten der Welt voraus hat. Die Boulevards bilden fast einen einzigen Bazar - eine Art immerwährender Ausstellung, wo Geschmack und Mode ihre gewaltige Herrschaft ausüben - auf ihnen ist auch das Pariser Leben concentrirt. Hier ist Alles öffentlich - mit Ausnahme der Politik und der "geheimen Intentionen" natürlich -; vor den Kaffeehäusern auf den asphaltirten breiten Fußsteigen, zu beiden Seiten des macadamisirten Fahrweges, trinken die Franzosen, und der Sitte folgend auch die Fremden, ihren Kaffee, später Bier und essen am Abend Eis bei dem Neapolitaner, hier vor dem Cafee Leblond an der Passage de l'Opera wird nach dem Schlusse der großen Börse "die kleine Börse" fortgesetzt, - hier stehen die meisten Verkäufer von Zeitungen, die dann auch im Freien auf einem der gemietheten Stühle gelesen werden, hier durchkreuzen sich alle Omnibus, welche Paris nach den verschiedensten Richtungen für nur 30 Centimes (etwas über 3 Schilling (Mecklenburg)) durchfahren, - hier haben Antiquare ihre Regale mit eleganten und gewöhnlichen Büchern aufgestellt, hier liegen Kupferstiche und bunte Bilder auf ebener Erde, - hier werden auch die meisten - Hunde zum Verkauf ausgeboten, obgleich das Lieblingsthier der Franzosen die Katze ist, denn im Schaufenster unter Seidenstoffen, Bijouterien, Eßwaaren etc. sieht man in allen Straßen Katzen sitzen, sich leckend und wohlbehaglich sich streckend. Hier auf den Boulevards ist eigentlich Paris - Handel und Wandel in allen Farben wie Formen. Wer von der Kunst sich zur Natur wenden will, betritt den dem Anfang der Boulevards nahegelegenen Tuilerieen=Garten, in dem Alt und Jung, Vornehm und Gering ungestört und anständig gemischt sich ihres Lebens freuen im Flaniren und dem "Denken so an Nichts" - der Hauptbeschäftigung des echten Parisers. Die Einen spazieren die schönen Gänge unter den alten, hohen Bäumen entlang, die Anderen stehen und plaudern, lächeln über die Tagesereignisse, welche sie in dem eben angekauften Zeitungsblatte lesen - man sieht dieselben Personen und dieselben Sitten an der rechten Seite des Gartens täglich wieder, nur die Toiletten wechseln in der geschmackvollsten und niedlichsten Mannigfaltigkeit. Alles ist ungezwungen, frei und lebendig, aber nichts laut, grob und Aufsehen erregend. Doch wer kann in diesem Gewimmel auf Alles aufmerksam sein? und wem erlaubt es der Anstand, auf Alles aufmerksam zu sein? Eine Gruppe verdrängt die andere, ein Gegenstand vertreibt den anderen - die Diebin Gelegenheit kann freilich un=

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gestört ihre Schalksstreiche nebenbei ausüben und vorbereiten. Doch alles Getreibe und Gedränge kann doch die Gedanken nicht wegbringen an die Erinnerungen, welche sich an dieses düstere Schloß mit seinem Park knüpfen - ein Theil der Geschichte Frankreichs, kann man sagen, welche zur Ehre der Nation lieber ungeschehen geblieben. - Der National=Convent hielt hier seine Sitzungen, hier ward das verbrecherische Todes=Urtheil über Ludwig XVI. gesprochen, hier tagte der Rath der Alten, hier wurden im Februar 1848 die schändlichsten Verwüstungen an dem Eigenthum des "Bürger=Königs" verübt. - -


Verkaufs=Anzeigen.

Auf Antrag der Curatel der Kinder des hierselbst verstorbenen Schusters Heinrich Lenschow soll das zum Nachlasse dieses Verstorbenen gehörende, an der Wasserstraße sub No. 62 des Häuser=Registers belegene Wohnhaus mit Zubehör nach ertheiltem Veräußerungs=Decrete, öffentlich, im Wege des Mehr= und Meistgebots, verkauft werden. Es sind dazu Liquidations=Termine auf

den 1. September d. J.,
den 8. September d. J. und
den 15. September d. J.

Morgens 11 Uhr, präfigirt worden, und werden Kaufliebhaber dazu vor Gericht geladen, mit der Bemerkung, daß die Bedingungen im ersten Termine regulirt werden sollen, und daß die Besichtigung des Grundstücks, nach vorgängiger Meldung bei dem Webermeister Lenschow hierselbst, freisteht.
Schönberg, den 15. August 1856.

                          Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
(L. S.)                                                     Reinhold.


Auctions=Anzeige.

Am

Freitag den 26. d. M., Morgens 9 Uhr,

sollen in der Wohnung des Walkmüllers Vorbeck zu Römnitz nachfolgende Gegenstände, als:

Tische, Stühle, Schränke, 1 Stubenuhr mit Gehäuse, eine Schatulle mit Aufsatz, Laden, Kisten, Bettstellen, ein großer kupferner Kessel, mehrere messingene Kessel von verschiedener Größe, eine Staubmühle, Siebe, Küben, ein Backtrog, 1 große und 1 kleine Waagschaale mit 2 Gewichten à 50 Pfund und mehreren kleinern Gewichten, 1 Pfünder, einige Bretter und Bohlen, Schlete, Nutzholz, eine Hobelbank mit Geräthen, 6 silberne Theelöffel, 1 Eßlöffel, eine Meerschaumpfeife mit Silber=Beschlag, außerdem noch allerlei Haus= und Küchengeräthe,
öffentlich meistbietend gegen gleichbaare Bezahlung verkauft werden.
Schlagsdorf den 5. September 1856.

                                                    H. Speck, Landreiter.


Bekanntmachung.

Die Notwendigkeit erfordert eine nochmalige Armensteuer zum vollen Beitrag an die resp. Armenvorsteher zu zahlen.
Die Bewohner des Schönberger Armen=Districtes werden daher aufgefordert, ihre Beiträge fördersamst berichtigen zu wollen.
Schönberg, 11. September 1856.

                                                    Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

Da ich von Michaelis dieses Jahres an die zu Römnitz belegene Walkmühle, welche bisher mein verstorbener Vater in Pacht hatte, übernehme, so zeige ich dieses dem hiesigen und auswärtigen Publikum hierdurch ergebenst an, und bitte, indem ich prompte und reelle Bedienung verspreche, das meinem verstorbenen Vater geschenkte Vertrauen auch auf mich zu übertragen.
Römnitz, den 7. September 1856.

                                                    H. Vorbeck.


Aachener und Münchener
Feuerversicherungs-Gesellschaft.

Kapital=Garantie pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 3,000,000.  --
Reserve am 31. Decbr. 1855 Taler (Mecklenburg) 2,308,934.  10
Einjährige  Prämie  1,390,829.  26
Zinsen=Einnahme      139,429.  29
------------------------- 1,530,259.  25
Versicherungen in Kraft im Jahre 1855 pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 766,159,814.  --

Mit Bezug auf vorstehenden Geschäftszustand der Gesellschaft halte ich mich zur Vermittelung von Versicherungen auf Gebäude und bewegliche Gegenstände bestens empfohlen. Nähere Auskunft ertheile ich mit Vergnügen und bin auch gern bei Anfertigung von Anträgen behülflich.
Schönberg, den 4. September 1856.

                          J. P. H. Spehr,
                          Agent der Aachener und Münchener Feuer=Versicherungs=Gesellschaft.


Da ich Michaelis meine Praxis aufgeben und das Fürstenthum auf unbestimmte Zeit verlassen werde, so ersuche ich jeden, der Forderung an mich hat, mir seine Rechnung einzureichen. Diejenigen aber, die mir schuldig sind, wollen ihre Rechnung noch vor Michaelis berichtigen.

                                                    Hörcher, Dr.


Die Landmeister der Weberzunft werden hiermit aufgefordert, am Montag den 22. September, als am Quartaltage, sich hier einzufinden und ihr rückständiges Quartal=Geld einzureichen; von den Säumigen aber, die es dann nicht bezahlen, soll es gerichtlich eingefordert werden.
Schönberg den 25. August 1856.

                          Die Aelterleute der Weberzunft:

H. Renzow.
J. Brüggemann.


Am nächsten Montag und Dienstag soll auf dem hiesigen Hof=Felde Rappsaatstroh verbrannt werden.
Gr. Molzahn, 8. September 1856.

                                                    Drenckhahn.


Verloren, am verflossenen Sonntag Abend: eine schwarzseidene Schürze. Der Finder wird gebeten, dieselbe in der Expedition dies. Bl. abzugeben.


Ein kräftiger Laufbursche
kann bei mir zu Michaelis einen Dienst bekommen.
                                                    F. Stüve, Tabacksfabrikant.


Es wird am 6. October und folgendem Tage
bei mir ein
Scheibenschießen

stattfinden, wozu ich Schießliebhaber hiermit einlade.
Der Einsatz für 3 Schüsse beträgt 16 Schilling (Mecklenburg). Büchsen und Pulver werden gehalten. Auf jeden Einsatz fällt nur ein Gewinn.

                                                    Krüger Ahrendt
                                                    in Neschow.


Am 15. September und an folgenden Tagen wird bei mir ein

Scheibenschießen

statthaben, wozu ich Schießliebhaber hiermit einlade.

                                                    Krüger Holst zur Neuenwelt.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 2 Taler (Mecklenburg) 12-24 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 4-10 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg) 8-12 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg) 12-16 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 28-29 Mark (Lübeck)
Hafer 1 Taler (Mecklenburg) 2-  6 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 10-11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, neue 6 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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