No. 36
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. September
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1856 Nr. 36 Seite 1]

Bei der eingetretenen regnigten Witterung soll es gestattet sein, auch an den nächstfolgenden drei Sonntagen nach beendigtem Gottesdienste mit Einwilligung der Arbeiter Ernte= und Heu=Arbeiten zu verrichten.
          Neustrelitz, den 26. August 1856.

                          Großherzoglich Mecklenb. Landesregierung.
                          v. Bernstorff.


- Am 23. Aug. hat in Madrid die Vermählung des Prinzen Adalbert von Baiern mit der Infantin Amelia von Spanien stattgefunden. Die Braut war bei der Trauung in einfach Weiß gekleidet, mit einem blauen Leibchen, aber von Glück und Schönheit strahlend. Sie ist die jüngste der spanischen Infantinnen und von solcher Schönheit, daß man behauptet, sie habe ihres Gleichen nicht diesseits und jenseits der Alpen.
- Die Königin=Wittwe von Audh in Ostindien ist kürzlich in Southampton in England angekommen. Die ersten Behörden der Stadt haben ihr die Aufwartung gemacht und 30 Damen der Stadt wurden ihr vorgestellt. Später entzog sie sich mit ihren Hofdamen den Blicken der Menge mit einer Sorgfalt, die schon zu manchen komischen Scenen Veranlassung gab. Bei ihrer Ausschiffung hatte der Bürgermeister von Southampton prächtige Equipagen an die Landungsbrücke gesandt, welche mit Teppichen belegt worden, und die Beamten und Hofbediensteten der indischen Fürstin bildeten Spalier. Aus einem über der Schiffstreppe gehaltenen schneeweißen Schirm tauchten zwei wie Mumien gekleidete Gestalten auf und gingen raschen Schritts, die nackten Füße in gelben, an den Spitzen umgebogenen Pantoffeln, zu einer der Kutschen. Es waren die Ehrenfräulein gewesen, aber Niemand hatte unter ihrer Verhüllung etwas Anderes als die Schuhe zu erblicken vermocht. Ihnen folgte die Königin in einem blau= und silbergestreiften Palanquin, über welchem, mehreren Schutzes halber, ein großer scharlachrother Schirm gehalten wurde. Schwertträger, Kammerdiener und Officiere gingen voraus und hielten den herandrängenden Haufen der Zuschauer mit Mühe von dem als unnahbar geltenden Angesichte der orientalischen Königin zurück. Sie ungesehen in den Wagen zu bekommen, machte ihnen sichtlich viel Sorge. Sie hielten an, suchten sich der Menge mit bittenden Geberden zu entledigen und holten endlich einen großen weißen Schirm herbei, den sie zwischen Wagen= und Palanquin=Thür aufspannten, während die Königin einstieg, worauf der königliche Wagen in aller Eile nach dem Royal York Hotel davon fuhr, wo der vornehmere Theil der Reisegesellschaft sich von der Seereise für einige Wochen zu erholen gedenkt. Danach stiegen die beiden Prinzen ein, Schwager und Sohn der Königin. Sowohl der Letztere, ein Jüngling von bleichgelbem Gesicht mit intellectuellen Zügen edler Bildung, als sein älterer Oheim waren Personen von königlichem Aeußern. Ihre durch den Reichtum orientalischer Kleidung gehobene Erscheinung rief ein unwillkürlich enthusiastisches Hurrah hervor. Der Jüngling sah verlegen um sich, er wußte offenbar nicht, was er von dem Geschrei halten sollte; der ältere Prinz lächelte und führte die Außenseite der rechten Hand grüßend nach der Stirn empor. Nun folgte die ganze Menge der Indier in Omnibussen, Droschken, Cabriolets und schien über die Aufregung ebenso höchlich amüsirt, wie ihre Zuschauer. Um die das Hotel belagernden Haufen zu zerstreuen, trat Major Bird, der Agent der Königin, eine Stunde später auf den Balcon heraus, wo er vom Stadt=Mayor vorgestellt wurde und die Zwecke der Königin als der englischen Nation ungemein schmeichelhafte schilderte. Sie käme, um vertrauensvoll ihr Kronrecht und die 4 Millionen Pfd. St. jährlicher Einkünfte herauszuprocessiren, welche der englische Gouverneur von Ostindien ihr kürzlich genommen. Tags darauf hielt die fürstliche Familie ein zahlreich besuchtes Lever für die Honoratioren der Stadt. - Ueber den Reichthum dieser orientalischen Gäste sind die fabelhaftesten Gerüchte im Umlauf.
- Der Kaiser von Rußland nebst der Kaiserin mit ihren Kindern sind zur Krönung nach Moskau bereits abgereist. Der Großfürst Michael und die Großfürstin Katharina nebst dem Herzog Georg von Mecklenburg=Strelitz und die übrigen fürstlichen Personen des russischen Hofes trafen schon früher in Moskau ein. Die Tage des 7., 8. u. 9. Sept. sollen als Festtage im ganzen Lande gefeiert werden.
- Vom 9.-12. Septbr. wird in Lübeck der achte deutsche evangelische Kirchentag abgehalten werden.
- Gegen Montenegro bereitet die Pforte eine Expedition vor, die von den Commandanten Abdi Pascha und Iskender Pascha befehligt werden. Der Fürst Danilo von Montenegro hat eine Aufforderung an alle Montenegriner erlassen, die sich außerhalb Landes befinden, bis Ende September zurückzukehren.
- Das Riesenwerk, die Insel Sicilien mit Afrika durch einen unterseeischen Telegraphen zu verbinden, ist jetzt glücklich zu Stande gebracht, nachdem es zweimal fast scheiterte, indem das dazu verwandte Tau, bei einer plötzlich sich zeigenden ungeheuren Meerestiefe beidemal riß. Es glückte das verloren gegebene Tau wieder habhaft zu werden, worauf alsdann das Unternehmen mit größerer Vorsicht

[ => Original lesen: 1856 Nr. 36 Seite 2]

fortgesetzt zu Stande kam. Am 15. August wurde dem Kaiser von Frankreich die erste telegraphische Depesche aus Algier übersandt.
- Durch eine königl. Verordnung ist die im vergangenen Jahre für den preußischen Staat festgesetzte zeitweise Aufhebung der Steuer=Vergütung für ausgehenden Branntwein aufgehoben, und tritt vom 1. November eine Rückvergütung wieder ein. Es ist dies in Folge einer mit mehreren Zollvereins=Regierungen getroffenen Abkommens für den Fall geschehen, daß die diesjährige Ernte eine befriedigende sein würde.
- In den Zollvereinsstaaten ist die freie Einfuhr von Getreide etc. bis zu Ende dieses Jahres ausgedehnt.
- Der dänische Justizminister hat einen Erlaß veröffentlicht, wonach die immer noch manchmal aus Deutschland kommenden Inhaber solcher Pässe, die "nach Schleswig=Holstein" visirt sind, mit dem Visum, daß es dieser Landesbezeichnung wegen geschehe, von den Grenzen zurückzuweisen sind.
- Der Großherzog von Oldenburg nebst der großherzoglichen Familie werden, wie im verflossenen Jahre so auch in diesem, die ersten Herbstmonate im Fürstenthum Lübeck, zu Eutin, zubringen.


Vermischtes.

- Die Sackgesellschaft in London. Die Hauptstadt Großbritanniens, in der sich Alles riesenhaft gestaltet, und wo namentlich auch das Gewerbsleben Dimensionen annimmt, die man anderswo kaum ahnt, macht Einrichtungen nöthig, an die in der ganzen übrigen Welt Niemand denkt. So giebt es, um nur etwas anzuführen, eine eigene Gesellschaft, welche über die Säcke zu wachen hat, die bei dem ungeheuren Kornhandel Londons verwendet werden. Die Leinewand zu diesen Säcken wird auf besondern Maschinen=Webstühlen in Dundee gewoben, und die Anfertigung derselben besorgen Nähmaschinen in unmittelbarer Nähe der großen Kornmagazine. Diese Säcke werden dem Mehlkäufer vom Müller nicht als mitverkauft angerechnet, sondern sind zurückzugeben, wenn sie geleert sind; und zwar ist der Käufer nicht verpflichtet, sie selbst zurückzusenden, sondern es besteht ein eigenes Gewerbe, welches sich mit dem Einsammeln der leeren Säcke und mit dem Zurückbringen beschäftigt, und täglich können kleine damit beladene Wagen in den Straßen gesehen werden. Bei diesem Transport wird den Säcken nun aber theils von den Sammlern, theils von andern Personen sehr nachgetrachtet, und eine große Menge derselben "verdunstet", wie die Müller zu sagen pflegen, indem sie gestohlen werden, um zu Strohsäcken, zu Sattler=Arbeiten, für die Papiermühlen etc. gebraucht zu werden. Ein Müller wird genannt, welcher innerhalb dreier Jahre 16,500 Säcke auf diese Weise verloren haben soll. Um diesem Verlust ein Ende zu machen, ist nicht etwa die Geschäftsbehandlung geändert, sondern vielmehr eine "Sack=Schutzgesellschaft" gegründet worden, deren Mitglieder eine jährliche Summe bezahlen, mittelst welcher ein eigenes System der Ueberwachung und gerichtlichen Anklage im Gang erhalten wird. Die Gesellschaft besoldet einen Polizeidiener, welcher in bürgerlichen Kleidern verdächtige Personen überwacht, und durch Uebung einen wahren Instinct zur Erkennung eines Mehlsackes erhält, finde er ihn nun als schmutzigen Kartoffel= oder als schwarzen Kohlensack wieder.
- Bereitung von Stärke aus Kastanien. Um die Stärke zu gewinnen, werden die Kastanien geschält und dann auf beliebige Weise zerquetscht. Der Brei wird darauf tüchtig mit Wasser, durchgearbeitet und darauf zum Filtriren in einen Leinwandsack gethan und unter stetem Umrühren und Zugießen von Wasser das Mehl in ein untergesetztes Gefäß getrieben. Das Mehl wird sich hierin zu Boden setzen, nach 24 Stunden gießt man das Wasser ab und wiederholt diese Operation mehrmals. Alsdann läßt man das Wasser rein ablaufen, sticht nach einigen Stunden das Mehl rein heraus, thut es auf Bretter und läßt es trocknen. Darauf wird es gesiebt und an einem trocknen Orte aufbewahrt.
- Ein gutes Hühnerfutter, wonach die Hühner nämlich sehr fleißig legen, und welches in kleinen Wirtschaften Mecklenburgs bereits seit Alters her angewandt wird, ist folgendes: 3 Theile gekochter und zerstampfter Kartoffeln werden mit 2 Theilen Kleie (am besten Weizen= oder Gerstkleie), ebenso wie der Brodteig eingesäuert (mit Sauerteig), gleich dem Brod geformt und beim Backen mit in den Ofen gebracht, doch so, daß jene Stücke nicht allzu hart werden. Hiervon reicht man den Hühnern neben ihrem gewöhnlichen Futter täglich etwas, auch kann man dieselben, wenn die Masse so weit reicht, ausschließlich damit erhalten. Die auf solche Weise gefütterten Hühner legen, wie die Erfahrung gelehrt, während des ganzen Sommers, vielleicht, daß die Säure, dann aber auch die Kleie und die gleichsam gebratenen und so ihres Fruchtwassers mehr und mehr beraubten Kartoffeln, auch dazu beitragen. Bekannt ist übrigens, daß die Hühner zeitweise Sauerteig gerne fressen und daß ihnen derselbe auch ganz gut bekommt. - Das hier empfohlene und als durchaus praktisch sich erweisende Verfahren, dürfte um so mehr Beachtung verdienen, als es besondere Kosten nicht verursacht; denn es wird sich beim Backen immer noch ein Platz im Backofen für das Hühnerbrod, wie die Leute es nennen, finden.
- Die Quatembertage. Bei vielen Leuten, und namentlich unter den minder gebildeten Volksklassen, herrscht noch allgemein der freilich in keiner Weise zu rechtfertigende Glaube, daß der Stand der Quatembertage im Kalender, als Maaßstab für die Kornpreise des laufenden Jahres anzunehmen sei. Fallen dieselben nämlich auf die spätern Tage des Monats, etwa in die zweite Hälfte desselben, so soll das hohe, fallen sie dagegen auf die früheren, z.B. in die erste Hälfte, niedere Preise andeuten. - Weiter spielt auch der Stand des Windes an jenen Tagen eine große Rolle, nicht allein rücksichtlich der Vorherverkündigung der Witterung der nächsten Zeit, sondern auch der Preise während derselben. - In früheren Zeiten galten die Quatembertage, ebenso wie bei uns jetzt Antoni und Johanni, als Zahlungstermine für Pächte u. s. w. Dieselben fallen regelmäßig:

der erste: auf den 2. Mittwoch nach dem Fastnachtssonntage (diesmal auf den 13. Februar),
der zweite: auf den Mittwoch nach Pfingsten (diesmal auf den 14. Mai);
der dritte: auf den Mittwoch vor Matthäus (diesmal auf den 17. Septbr.) und
der vierte: auf den Mittwoch vor Thomas (diesmal auf den 17. December).
- In Algier hat ein Erdbeben stattgefunden das schrecklich in seinen Folgen zu Philippeville gewesen ist, auch mehrere Dörfer der Umgegend sollen zerstört worden sein.
- Ein Bericht des Landes=Oekonomie=Collegiums in Berlin vom 27. August läßt im Allgemeinen mit ziemlicher Zuversicht so viel übersehen, daß sich die Ernte durch die ganze preußische Monarchie als eine gute herausstellen und in Körner= als auch Schotenfrüchten, sowie in Stroh wahrscheinlich über eine Durchschnitts=Ernte erheben wird. Ob dies ein bedeutendes Sinken der Getreidepreise zur Folge haben wird, läßt sich bei dem Mangel an Vorräthen mit Sicherheit noch nicht vorhersagen; auch fehlt es bei dem so schwer in die Wage fallenden, noch unsichern Ausfall der Kartoffelerndte und den noch mangelnden officiellen Berichten über die noch nicht zu übersehenden und auf die diesseitigen Preise so bedeutend einwirkenden Ernteergebnisse der Nachbarländer an den nöthigen Grundlagen hierzu. Nach obigem Bericht ist Weizen am wenigsten begünstigt, er giebt durchschnittlich keine Mittelernte, diese zu 100 pCt. angenommen; für die übrigen Kornarten ist der Ertrag bedeutend über Durchschnitt. Die Provinz Posen ist am meisten begünstigt, man rechnet hier den Roggen, Gerste und Hafer sogar bis auf 150 Procent, in Pommern Roggen 125 Procent, in Schlesien 130 Procent.

[ => Original lesen: 1856 Nr. 36 Seite 3]

- Das Regenwetter erstreckt sich nicht bloß über den nördlichen, sondern auch über den mittleren Theil Europas. Aus Deutschland lauten die Ernteberichte dessenungeachtet immer noch günstig, gleichwie aus Belgien, Holland, England und Frankreich, wenn es auch im Süden des letzteren nur dürftig mit der Ernte steht. Und obgleich in diesen Ländern, mit Ausnahme von England, die Ernte geborgen ist, so macht sich daselbst dennoch kein erhebliches Sinken der Getreidepreise bemerkbar; auf den englischen und norddeutschen Märkten gingen sie sogar wieder höher aus Anlaß der ungünstigen Witterung. Auch in den östlichen Provinzen Preußens war der Roggen noch lange nicht eingebracht; in Mecklenburg hatten große Güter kaum ein Viertel bis zur Hälfte ihres Roggens unter Dach.


Ueber das rechtzeitige Mähen des Getreides.

A. Börne sagte einmal: "es giebt nichts Neues in der Welt; das Alte erscheint nur wieder unter neuen Formen und Gestalten", und so sagen auch wir: "es giebt Dinge in der Welt, die wir als alte, unumstößlich wahre erkennen, welche aber immer wieder, sei's aus Indolenz, Geistesträgheit oder Bequemlichkeit unbefolgt und unbeachtet bleiben". - Auf diese Dinge kann man nicht oft genug zurückkommen; man muß sie wieder ins Gedächtniß rufen, wenn sie nicht zur schlechten Gewohnheit werden sollen. Hierzu gehört auch das rechtzeitige Mähen des Getreides. Ehe und bevor sich der praktische Landwirth zum Mähen des ersten Getreides entschließt, hat er in der Regel immer noch manche andere, seiner Meinung nach nothwendige Geschäfte, welche er um so lieber vor dem Beginn der Ernte beseitigt wissen mögte, als er aus der Erfahrung weiß, daß, wenn das Geschäft der Ernte einmal begonnen, an keine Zwischenakte mehr zu denken sei. - Schwankenden Sinnes läuft er ohne Unterlaß hin an Ort und Stelle, besichtigt ein Mal über das Andere seinen Roggen, und wenn er nun findet, daß ein Uebereinkommen mit gereifteren und noch nicht gereifteren Theilen zu treffen, von Nöthen, also ein Anfangen des Mähens an der Zeit sei, so sieht er sich dennoch stets durch Selbsttäuschung bewogen, nach einigen Aufschubsursachen des Mähens um, damit er noch vorher die hinterm Berge liegenden Geschäfte beseitigen könne. Kommt ihm, nach Hause zurückgekehrt, von allen Seiten die Frage entgegen: "ob der Roggen noch nicht reif sei, und gemähet werden könne?" so ist die Antwort auch schon bei der Hand: "daß derselbe noch einige Tage stehen müsse oder könne," ohne jedoch das instinktmäßige Gefühl seiner Hausgenossen von der Erkenntniß der bereits erschienenen Zeit des Mähens beschwichtigen zu können. - Und hat sich auch die Reife des Roggens noch nicht in der Wirklichkeit überlebt; hat er auch noch keineswegs einen solchen Grad der Reife erreicht, daß in den ersten Tagen des Mähens ein bedeutendes Ausfallen der Körner zu befürchten stände, so wissen wir es doch, daß wenn unter diesen Zuständen die Größe des Roggenfeldes mit der Zahl der Mäher und Binder nicht correspondirte, oder aber der Roggenbau vor dem Weizenbau prädominirte, allemal in den letzten Tagen des Mähens die Klage hörbar wurde: "Mein Gott, wie spritzt der Roggen um die Sense herum; es bleibt mehr als die Saat auf dem Felde." Ebenso wissen wir es auch, daß bei der erdartigen Farbe des Roggens die ausgefallene auf der Erde liegende Saat kaum dem Auge sichtbar erscheint, ja, daß sogar die doppelte Saat auf der Erde liegen könne, ehe und bevor der Verlust recht grell in die Augen springt. - Sonach meinen wir denn, dürfte es in der gegenwärtigen Zeit, bei den hochgesteigerten Fruchtpreisen, wohl sich der Mühe verlohnen, diesem Gegenstande um so mehr unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden, als uns dieser aus Nichtberücksichtigung entspringende materielle Verlust sowohl für den Producenten, als Consumenten als ein unberechenbarer erscheinen will.
Betrachten wir einmal die Aussaat einer Feldmark mittlerer Größe, im ganzen von 400 Scheffel Roggen, welche zur gegenwärtigen Zeit (den Scheffel zu 3 Taler (Mecklenburg) gerechnet) die Summe von 1200 Taler (Mecklenburg) repräsentirt und denken wir uns den durch Indolenz oder Vernachlässigung herbeigeführten doppelten Saatverlust von - 800 Scheffel Roggen, so tritt uns sofort die ungeheure Einbuße von 2400 Taler (Mecklenburg) vor Augen, deren Bedeutung, im Verhältniß zur Allgemeinheit, wir dem Ermessen eines jeden Intelligenten anheimstellen. - Ist man indessen nur versichert und überzeugt, daß sobald der Getreidehalm seine grüne Farbe verloren und unserm Auge vergilbt und verblichen erscheint, nun auch alle und jede Circulation der Pflanzensäfte aufhöre, so wird sich einem jeden unbefangenen Prüfer ohne Weiteres die feste Ueberzeugung aufdringen,

"daß zur Zeit des Mähens das Vorhandensein eines völlig gereiften und erhärteten Korns durchaus nicht von Nöthen sei; im Gegentheil - daß ein Nachreifen und Erhärten desselben ebensowohl am abgemäheten, wie am stehenden Halme stattfinden werde, und daß in diesem obbezeichneten Zustande der rechte Zeitpunkt erschienen, in welchem beim Mähen des Getreides nicht sowohl irgend eine Einbuße am Ertrage zu befürchten, als vielmehr durch ein vermindertes Ausfallen des Saamens, ein Gewinn erwachsen werde, welcher sowohl im Interesse des Gemeinwohls, als wie im Interesse des Producenten als ein immenser, nicht unbedeutender erkannt werden müsse." (Pr. W.)


Die Leipziger Zeitung schreibt:                                                    
Die Magdeburger Vieh=Versicherung.

Wie jede große und neue Unternehmung nur nach und nach sich entwickeln und erst durch eine Reihe von Erfahrungen zur Vollkommenheit gelangen kann, So hat auch das Problem der Vieh=Versicherung erst in letzterer Zeit seine glückliche Lösung gefunden. - Das obengenannte Institut ist das erste, welchem es gelingt nach Principien zu handeln, welche dem Publikum sowohl, als auch der Gesellschaft die vollständigste Sicherheit verbürgen und konnte es deshalb nicht fehlen, daß überall, wo auch nur eine geringfügige Betheiligung stattfand, die segensreichen Wirkungen sich gar bald erprobten, in Folge deren dann die Mehrzahl der bedeutendsten und intelligentesten Besitzer in der Provinz Sachsen, in den Anhaltischen Herzogthümern, in Pommern, Schlesien und Mecklenburg und namentlich in den der Viehhaltung so günstigen Bezirken der Herzogthümer Schleswig und Holstein dem Institute beitraten und hierdurch ihre Zufriedenheit mit den Einrichtungen der Compagnie an den Tag legten. -
Wenn nun in Folge der während des letzten Jahres so geringen Mortalität unter den Viehbeständen im Königreich Sachsen die hiesigen Besitzer wenig Anlaß hatten, sich für das Institut zu interessiren, so möchte es, da diese Verhältnisse gar leicht sich ändern können, auch die Sicherung gegen Verlust nicht erst in der Zeit der Verluste selbst geschehen kann, doch wohl am Ort sein, die Principien der mehrgenannten Anstalt einmal zu beleuchten und demgemäß deren Benutzung zu empfehlen.
Vor Allem basirt das Institut nicht auf Gegenseitigkeit. Mag dies Princip gut und brauchbar sein, wo es sich um Entschädigung solcher Verluste handelt, die lediglich der Zufall herbeiführt, keinenfalls ist es einer Vieh=Versicherung zweckdienlich, deren solidarisch verbindliche Theilnahme stets und nicht mit Unrecht der Meinung sein würde, für den schlechter situirten in der Behandlung des Viehes weniger sorgsamen Mittheilnehmer bezahlen zu müssen. Die Magdeburger Vieh=Versicherungs=Gesellschaft hat durch Königl. Sanction vom 26. Februar 1855 die Rechte und die Verpflichtungen einer juristischen Person, sie haftet mit dem der Preuß. Regierung gegenüber nachgewiesenen Grund=Capital für die Erfüllung ihrer eingegangenen Verpflichtungen und wird die ungeschmälerte Existenz des Bürgschafts=Capitals durch die Ausübung des Ober=Aufsichts=Rechts der Köngl. Pr. Regierung garantirt. - Die Versicherung geschieht gegen feste Prämie, ohne Nachschußzahlung; der je nach den Wirthschafts=, klimatischen, Boden= etc. Verhältnissen, viel=

[ => Original lesen: 1856 Nr. 36 Seite 4]

fach verschiedene Prämien=Procentsatz soll dem normalen Sterblichkeitsverhältniß gleich sein und wird deshalb bei jedem günstig ablaufenden Risico der Compagnie 1/4 der Prämie zur Ausgleichung größerer Verluste übrig bleiben. Da aber die Gesellschaft bei Versicherung größerer Viehbestände stets auf Verlust rechnen muß, so entnimmt sie auch ein für alle mal vom Besitzer nur 2/5 der den Verhältnissen angepaßten Prämie und behält sich vor, die nicht gezahlten 3/5 an ihre Entschädigungen zu kürzen; - ein Capital von 5000 Thlr. in 100 Stück Rindvieh à 50 Thlr. würde z. B. pro anno eine Versicherungsprämie von 2%, als 100 Thlr. beanspruchen, der Versichernde zahlt 40 Thaler und der Gesellschaft bleibt das Recht an ihren event. Entschädigungen 60 Thlr. abzurechnen, werden Entschädigungen nicht nothwendig, so ist die Prämie mit 40 Thlr., also 2/5, % bezahlt, ohne daß irgend welche Nachforderung gemacht werden konnte. - Sonst übliche Umstände und Weitläufigkeiten beim Antrage bei Schadenfällen und Veränderungen, auch bezüglich der Controlirung werden gänzlich vermieden und hat die Verwaltung des Instituts bisher noch keinen Grund gefunden, von dieser liberalen Handlungsweise abzugehen. Die Prämieneinnahmen der Gesellschaft belaufen sich bereits seit längerer Zeit auf monatlich 25-30,000 Thlr., der Cours ihrer Actien geht 18 pCt. über pari. Wir glauben nicht, daß sich ein umsichtigeres und liberaleres Arrangement für ein derartiges Institut treffen ließe, vielmehr finden wir in den Institutionen der Magdeburger Vieh=Versicherung die glücklichsten Ideen vereinigt, wohl geeignet, überall Freunde zu erwerben und selbst das große Mißtrauen zu überwinden, welches frühere derartige Geschäfte im Publikum begründet haben. - Wir haben nicht davon gesprochen, ob die Vieh=Versicherung im Allgemeinen nützlich und gut ist, allein wenn schon der Gedanke, daß der Unbemittelte den Capitalwerth eines einzelnen ihm so wertvollen Thieres mit wenigen Groschen sicher stellen kann, dies hinlänglich darthut, So glauben wir, daß auch die Mehrzahl der bedeutenderen Besitzer aus Erfahrung weiß, wie unangenehm die Verluste in den Ställen sein können und wie sehr es deshalb einer rationellen Handhabung der Landwirthschaft entspricht, die schwankenden Verluste auf eine bestimmte Ziffer zu fixiren.


Verkaufs=Anzeigen.

In Sachen des Hufenpächters Kähler zu Pogetz, Klägers, wider den Schneider und Büdner Steffen daselbst, wegen Schuld, ist der Verkauf der dem Beklagten gehörenden Büdnerei mit Zubehör, zwecks Executionsvollstreckung, erkannt worden. Zu dem Ende werden hiermit Licitations=Termine auf

den 18. September d. J. Morgens 10 Uhr,
den 9. October d. J. Morgens 10 Uhr und
den 30. October d. J. Morgens 10 Uhr

anberaumt, und Kaufliebhaber dazu vor Gericht geladen. - Die Bedingungen - bei deren Abfassung dann sich zu betheiligen, den Steffen'schen Gläubigern unbenommen ist - sollen im ersten Termine regulirt werden. - Die Besichtigung des Grundsstücks, nach vorgängiger Meldung beim Landreiter Labann zu Carlow, ist den Interessenten verstattet.
Zugleich werden diejenigen Schneider Steffenschen Gläubiger, welche dingliche Rechte an die zu Kauf gestellte Steffen'sche Büdnerei haben, und ihre Befriedigung aus den aufkommenden Kaufgeldern verlangen, zu deren Anmeldung und sofortigen Rechtfertigung, bei Vermeidung des Ausschlusses von der Special=Masse und der Nichtberücksichtigung bei Vertheilung der Kaufgelder, auf

den 30. October d. J.

Morgens 11 Uhr, andurch peremtorisch vorgeladen.
Schönberg, den 26. August 1856.

                          Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          Reinhold.
                          (L. S.)                                                     Reinhardt.


Vermischte Anzeigen.

Aachener und Münchener
Feuerversicherungs-Gesellschaft.

Kapital=Garantie pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 3,000,000.  --
Reserve am 31. Decbr. 1855 Taler (Mecklenburg) 2,308,934.  10
Einjährige  Prämie  1,390,829.  26
Zinsen=Einnahme      139,429.  29
------------------------- 1,530,259.  25
Versicherungen in Kraft im Jahre 1855 pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 766,159,814.  --

Mit Bezug auf vorstehenden Geschäftszustand der Gesellschaft halte ich mich zur Vermittelung von Versicherungen auf Gebäude und bewegliche Gegenstände bestens empfohlen. Nähere Auskunft ertheile ich mit Vergnügen und bin auch gern bei Anfertigung von Anträgen behülflich.
Schönberg, den 4. September 1856.

                          J. P. H. Spehr,
                          Agent der Aachener und Münchener Feuer=Versicherungs=Gesellschaft.


Am Sonnabend den 6. Septbr. d. J., Mittags, kommen wir mit einem Transport

holsteinischer Säuge=Füllen

in Schönberg bei Madame Groth, stellen dieselben an diesem Tage zum Verkauf und laden Kaufliebhaber dazu hiermit mit dem Bemerken ein, daß die Füllen sich in diesem Jahre besonders durch starke Knochen, regelmäßige Bauart und Gang auszeichnen.
Rehna im August 1856.

                                                    Gebdr. Baumann.


Da ich Michaelis meine Praxis aufgeben und das Fürstenthum auf unbestimmte Zeit verlassen werde, so ersuche ich jeden, der Forderung an mich hat, mir seine Rechnung einzureichen. Diejenigen aber, die mir schuldig sind, wollen ihre Rechnung noch vor Michaelis berichtigen.

                                                    Hörcher, Dr.


Die Landmeister der Weberzunft werden hiermit aufgefordert, am Montag den 22. September, als am Quartaltage, sich hier einzufinden und ihr rückständiges Quartal=Geld einzureichen; von den Säumigen aber, die es dann nicht bezahlen, soll es gerichtlich eingefordert werden.
Schönberg den 25. August 1856.

                          Die Aelterleute der Weberzunft:

H. Renzow.
J. Brüggemann.


Einem Dienstmädchen

kann ein Dienst zu Michaelis nachgewiesen werden in der Exped. dieser Blätter.


Ein kräftiger Laufbursche
kann bei mir zu Michaelis einen Dienst bekommen.
                                                    F. Stüve, Tabacksfabrikant.


Am 15. September und an folgenden Tagen wird bei mir ein

Scheibenschießen

statthaben, wozu ich Schießliebhaber hiermit einlade.

                                                    Krüger Holst zur Neuenwelt.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 2 Taler (Mecklenburg) 12-24 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 4-10 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg) 8-12 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg) 12-16 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 28-29 Mark (Lübeck)
Hafer 1 Taler (Mecklenburg) 6-10 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat 27-28 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 24-28 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 10-11 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, neue 6 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD