No. 11
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. März
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1856 Nr. 11 Seite 1]

- Aus dem englischen Lager auf der Krim vor Sebastopol wird geschrieben, daß die Vernichtung der Vertheidigungswerke von Sebastopol unaufhörlich vorwärts schreitet; den Sprengungen der Docks und des Nikolaus=Forts sind die des Forts Alexander, dann die der zu den Docks führenden Wasserleitung und ferner jene eines in der Karabelnaja zunächst den Kasernements belegenen Häuser=Ruinen=Complexes schnell auf einander nachgefolgt; Malakow, Redan, Mast=Bastion, Central=Bastion, Quarantäne=Bastion, Quarantäne=Fort und die große Batterie an der Artillerie=Bucht haben noch im Laufe dieses Monats ein gleiches Schicksal zu gewärtigen. - Nach Sprengung des Alexander=Forts, dessen größter Theil in den Hafen stürzte, hat die französische Artillerie ihre sämmtlichen Ufer=Batterieen bis auf nur wenige Geschütze desarmirt und sowohl ihre eigenen als auch die ihr bei Besitznahme Sebastopols zum Beute=Antheile gefallenen russischen Mörser und schweren Kanonen nach Kamiesch beschafft, wo selbige theils zur Garnirung der dortigen und der Kasatsch=Werke verwendet, theils nach französischen Kriegshäfen eingeschifft werden. - Auch nach England sind eine Menge erbeuteter Festungskanonen expedirt.
- Die riesenhaften Kriegsrüstungen zur See haben in Rußland ihren ungestörten Fortgang. In Kronstadt werden die Linienschiffe aus ihrem winterlichen Nachtkleide geputzt, gesäubert und nebst den Mörser= und Kanonenbooten zum activen Dienst ausgerüstet, und die beiden Divisionen der Kriegsflotte gehen rüstig an das Werk der Verteidigung. Die Seezeichen und Baaken sind längs der ganzen Küste eingezogen. Ueberhaupt werden die Vorbereitungen zum künftigen Feldzuge eine Ausdehnung erlangen, wie noch in keinem Jahre. Jedoch glaubt man in Petersburg an eine Wiederholung der Feindseligkeiten nicht. - Aus Stockholm wird gemeldet, daß vier russische Kriegsschiffe vor den Scheeren Stockholms gesehen worden. Der englische Consul warnte deshalb die nach der Ostsee fahrenden englischen Schiffe. Es heißt, daß die Russen die Absicht haben, mit der Vorhut des englischen Geschwaders in der Ostsee anzubinden und daß es in dem Plan des Großfürsten Konstantin liegt, in diesem Jahre den Engländern eine Seeschlacht zu bieten.
- Auch in den englischen und französischen Häfen herrscht fortwährend eine außerordentliche Thätigkeit in Kriegsrüstungen. In Marseille und Toulon sind gegenwärtig 20,000 Mann beisammen, welche nur des Befehls harren, um sich nach dem Orient einzuschiffen. Die französische Armee in der Krim hat gegenwärtig eine Stärke von 120,000 Mann. - England versorgt seine Truppen in der Krim in diesem Winter verschwenderisch mit jeder Leibes= und Geistesnahrung. Bücher und Predigten treffen ein und zum Theil über Bedürfniß. Zwei große Kisten voll von Mäßigkeits=Tractätchen kamen an, die natürlich nur wenig Leser fanden. Die Verpflegung der französischen Armee ist eine genügende, während die Piemontesen weder des Guten noch des Schlimmen zu viel haben. Dagegen befindet sich die türkische Armee in einer bedauernswerthen Lage; Offiziere wie Soldaten haben seit 8 Monaten keinen Sold mehr erhalten, es fehlt ihnen an warmer Kleidung und selbst mitunter an Proviant; allein trotz aller Noth ist der türkische Soldat bei seiner Mäßigkeit zufrieden. - Am 20. Febr. sind zwischen den Bevollmächtigten der kriegführenden Theile, in Folge des durch die Pariser Conferenzen gefaßten Beschlusses, die Feindseligkeiten eingestellt.
- Ueber die Pariser Conferenzen melden öffentliche und Privatnachrichten, daß das Friedenswerk im besten Gange sei. - Da die französischen Zeitungsschreiber in das Geheimnißvolle dieser Conferenzen nicht dringen können, schließen sie durch allerlei äußere Anzeichen, namentlich bei den russischen Gesandten, auf Krieg oder Frieden. So z. B. deuten sie es als ein gutes Zeichen, daß die letzteren bei der Eröffnungs=Ceremonie der Conferenzen in Uniform erschienen, welches Benehmen in der diplomatischen Welt als ein Zeichen der demnächstigen Wiederherstellung der officiellen Beziehungen des Petersburger Hofes mit Frankreich und England gedeutet wird. Ferner hat das Personal der russischen Gesandschaft kürzlich bei den Gesandten von England und Frankreich gespeist, woraus gleichfalls auf eine Versöhnung der Großmächte geschlossen wird.
- Der französische Senat wird gleich nach der Entbindung der Kaiserin derselben ein Wittwengehalt aussetzen und eine Appanage für das neugeborne Kind. Die Stadt Paris schenkt demselben eine kostbare Wiege. Für eine großartige Beleuchtung werden in Paris die umfangreichsten Vorkehrungen getroffen. Der Pabst hat in einem sehr verbindlichen Schreiben angezeigt, daß er die ihm angetragene Pathenstelle annehme. - Die Ausschmückung des Prunkzimmers, wo die Wiege des Kaiserl. Kindes aufgestellt wird, ist äußerst prachtvoll. Herrliche Tapeten, die etwa 40,000 Fr. gekostet haben, sind mit goldenen Bienen besäet, die zu Lyon durch die geschicktesten Arbeiterinnen gestickt wurden. Die Rue Vivienne war seit mehreren Tagen mit glänzenden Equipagen angefüllt. Die ganze vornehme Welt begiebt sich nämlich seit dem 8. zu Dem. Felicie, um das dort ausgestellte Kinderzeug der "Kinder von Frankreich" zu bewundern. Die Pariser eleganten Damen sind genöthigt, in ihren Wagen zu warten,

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wie das gewöhnliche Publikum vor den Theatern, und eine große Anzahl Stadt=Sergeanten halten die elegante Welt in Ordnung. Der Salon bietet einen merkwürdigen Anblick dar. Man hat Alles doppelt angeschafft, d. h. das Kinderzeug für einen Knaben und das für ein Mädchen, und zwar Alles für zwei Jahre. Man sieht Wickelzeug aller Art, Kleidchen, Röckchen, Höschen, Flanell=Jäckchen, Taschentücher, Windeln, Häubchen, Hütchen aller Art, und wie sonst das Zeug heißen mag. Alles ist in so großer Menge vorhanden, daß man glauben könnte, es sei die Ausstattung eines ungeheuren Findelhauses, wenn nicht alle Gegenstände so kostbar und so reich mit Spitzen verziert wären. Unsere Damenwelt schenkt diesen Gegenständen natürlich die höchste Aufmerksamkeit. Die Polizei=Agenten müssen oft interveniren.
Neustrelitz. Des Großherzogs Königliche Hoheit haben den Advocaten Iwan Seip zu Wrechen auf seinen deßfallsigen Antrag als Auditor bei der Großherzoglichen Landvogtei und dem Großherzoglichen Justizamte zu Schönberg zu ernennen geruht.


Vermischtes.

- Der preuß. Unterrichts=Minister hat eine Verordnung erlassen, wonach die Schulvorstände auf die gemeinschädlichen Folgen hingewiesen werden, welche mittelbar aus der Liebhaberei der Jugend für die Anlegung von Eiersammlungen hervorgehen. Die Regierungen werden aufgefordert, nöthigenfalls mittelst bestimmter Verbote bei der Schuljugend der erwähnten Neigung möglichst entgegen zu wirken.
(Zur Kartoffelkultur.) Im August 1854 wurde in der Umgegend von Parchim ein Stück Gartenland mit Kartoffeln bepflanzt; jene liefen rasch auf und bildeten alsbald ein ansehnliches Kraut. Letzteres wurde beim Eintritt des Frostes abgeschnitten und die Kartoffelreihen dann mit Waldlaub und später noch mit Dung bedeckt. Beides wurde nun im Frühling 1855 entfernt, wonach sich alsbald neues Kraut bildete. Die Kartoffeln waren nun bereits im Mai reif, gewährten eine gute und gesunde Ernte und waren dabei durchaus gut von Geschmack. Da nun ähnliche Versuche auch anderswo mit Erfolg gemacht sind, so verdient dieses Verfahren da, wo hinlängliche Winterbedeckung vorhanden ist, die größte Beachtung; denn man wird dadurch die Frucht um 6-7 Wochen früher als gewöhnlich haben können.
- Der Gründer der Muster=Speise=Anstalt in Hannover, Fabrikbesitzer Georg Egestorf hat dem Publikum kürzlich einen Plan zur Errichtung einer Brotfabrik vorgelegt. Nach der von dem Unternehmer gestellten Berechnung will derselbe bei den jetzigen hohen Roggenpreisen ein aus unverfälschtem Roggenmehl gefertigtes Grobbrot, wovon ein sechspfündiges gegenwärtig 6 Gutegroschen 5 Pf. kostet, für 4 gGr. 7 Pf. liefern, mithin 1 gGr. 10 Pf. billiger. Hr. Egestorf will sich auf die Anfertigung von 18,000 Pfund Brot täglich beschränken, und schon bei diesem Quantum Brod, das für Hannover lange nicht ausreichend ist, würde nach seiner Berechnung das Publikum täglich 229 Thaler und jährlich 83,585 Th. weniger ausgeben, als von den Bäckern bisher dafür erhoben worden.
- Das Schicksal der Familie des Zahnarztes Janson, welcher am 6. März erst seine beiden Kinder, dann seine Ehefrau und endlich sich selbst im Gasthofe zum Einsiedler in Potsdam mittelst Cloroform getödtet hat, erregt in Berlin, begreiflicher Weise, allgemeine Theilnahme. Janson war ungefähr 40 Jahre, die Ehefrau etwa 36 Jahre, das Mädchen 10 Jahre, der Knabe 8 Jahre alt. Beide Kinder sollen von blühender Schönheit gewesen sein. Er vermochte sich durch den Betrieb dieser Kunst aber nicht hinreichend zu ernähren und gerieth tief in Schulden. Er war wiederholt ausgepfändet worden, vermochte seine Gläubiger in keiner Weise zu befriedigen und sah daher, da ihm der nötige Muth fehlte, Mangel und Elend zu ertragen, hoffnungslos in die Zukunft. So vereinigte er sich denn mit seiner Ehefrau zu dem Entschluß des Selbstmordes, und er entwickelte bei der Ausführung dieses Entschlusses einen seltsamen Heroismus. In zwei Briefen, welche die Eheleute unmittelbar vor ihrem Tode geschrieben haben, und in welchen dieselben mit einfachen, ergreifenden Zügen ihr Elend und ihre Leiden schildern, versichern dieselben, daß die Liebe zu ihren Kindern zu groß gewesen wäre, als daß sie sich von diesen hätten trennen können. So fuhr denn die ganze Familie am Morgen des 6. d. nach Potsdam, angeblich um bei Verwandten eine Hochzeit zu feiern. Am Vormittage langten dieselben in dem Gasthofe "Zum Einsiedler" an, mietheten dort ein Zimmer und legten sich anscheinend früh zu Bett. Da man bis zum Nachmittage des 7. d. nichts mehr von der Familie vernahm, so gelangte man endlich zu der Ueberzeugung, daß derselben ein Unglück zugestoßen sein müsse. Das Zimmer wurde amtlich mit Gewalt erbrochen und man entdeckte nun die vier Leichen, welche still wehmüthig dalagen. Auf dem Tisch lag der Rest der Baarschaft der Familie, welcher drei Thaler und einige Groschen betrug. Jedenfalls sind alle vier Personen still und schmerzlos aus der Welt gegangen. Ein Mord und ein Selbstmord durch Chloroform sind bisher, so viel uns erinnerlich ist, in unserer Gegend noch nicht vorgekommen, und es eröffnet sich hier für unsere Criminalisten und Aerzte ein ganz neues Feld. Jedenfalls mahnt die Leichtigkeit und Sicherheit, mit welcher der Tod in solcher Weise herbeigeführt werden kann, auf's Neue zur dringenden Vorsicht bei der Anwendung des Chloroforms zu medicinischen Zwecken.
- Durch alle Schichten der Bevölkerung Berlins machte am 10. d. M. ein so beklagenswerthes Ereigniß die Runde, daß die Erzählung desselben Anfangs als leeres Gerücht betrachtet wurde, bis endlich leider die tragische Thatsache ihre volle Bestätigung fand. In einem Duell, das heute Morgen 10 Uhr auf dem Werder bei Charlottenburg stattfand, hat der Generalpolizeidirector Hr. v. Hinkeldey einen Schuß in die Brust erhalten und ist, da derselbe das Herz traf, auf der Stelle geblieben. Sein Gegner war das Mitglied des Herrenhauses Hr. v. Rochow auf Pessow, die Secundanten auf der einen Seite der Geh. Regierungsrath v. Münchhausen, auf der anderen der Lieutenant im Garde du Corps Regimente v. Prillwitz. Hr. v. Hinkeldey war, wie man hört, der Herausforderer. Der Grund des Duells liegt in persönlichen Differenzen, die schon seit längerer Zeit dauerten und die aus Anlaß einer im hiesigen Hotel du Nord vor einigen Monaten erfolgten Auflösung einer Gesellschaft entstanden, an der auch Hr. v. Rochow Theil nahm, der bei dieser Gelegenheit verhaftet wurde. Herr v. Rochow hat sogleich nach dem Ausgange des Duells sich auf der Commandantur zur Haft gestellt.
- Der alte Kastanienbaum auf den elysäischen Feldern bei Paris, der sonst immer am 20. März im Blüthenschmucke prangt, hat sich diesmal früher aufgemacht. In der Umgegend von Paris sah man zu Ende Februar schon viele blühende Nuß= und Mandelbäume.
- Im Jahr 1855 sind in England 5,729,241 Quarter vermiedener Getreidesorten und 1,922,318 Centner Mehl eingeführt worden. 1854 betrug die Einfuhr 6,850,498 Quarter und 3,705,161 Centner. Aus den russischen Ostsee=Häfen wurden blos 4, aus den russischen Häfen des Schwarzen Meeres blos 282 Centner Mehl eingeführt. In den letzten Jahren hatte die Einfuhr vom schwarzen Meere im Durchschnitt anderthalb Millionen Quarter Korn betragen. Unter den Weizen einführenden Staaten steht Preußen oben mit 536,123 Quarter, dann folgen Aegypten mit 437,441, Dänemark mit 313,767, Amerika mit 248,906, die Hansestädte mit 224,818, Spanien mit 201,716 und Mecklenburg mit 179,573 Quarter.
- Hamburger Getreidemarkt fest, bei geringem Geschäft, Weizen 2 Taler (Mecklenburg) höher im Preise.

[ => Original lesen: 1856 Nr. 11 Seite 3]

Die englischen Märkte scheinen noch immer nicht den niedrigsten Standpunkt erreicht zu haben. So oft man von dorther versichert hat, daß die Vorräthe bei den Producenten erschöpft seien, weil mit Hülfe der Dampfdreschmaschine, welche jetzt bei der englischen Landwirthschaft eine große Rolle spielt, fast die ganze Ernte rasch gedroschen und auf den Markt gebracht worden, so zeigt sich doch immer noch keine Abnahme in den Landzufuhren, und es scheint daher fast, als ob die Ernte früher unterschätzt sei.


Bruchstücke einer Reise in die Rostocker Gegend.

Der kleine Landwirth kann zur Ausbildung seiner Kenntnisse im Gesammtgebiete der Landwirthschaft wenig thun. Es gebricht ihm zu dem Zwecke an Zeit und besonders an Mitteln. Anders steht es in solcher Beziehung mit dem großen Landwirthe. Zur Ausbildung in der Praxis, die auf Anschauung und Erfahrung beruht, bedarf es der landwirthschaftlichen Reisen, wenn auch nicht immer in fremde Länder, so doch in Gegenden des Vaterlandes, die sich eines guten Rufes wegen ihrer eigenthümlichen Verhältnisse erfreuen. Mir, dem kleinen Landwirthe, der auf wenigen tausend []Ruthen sitzt und hin und her forscht, wo es zu lernen und sehen giebt, sind die Mittel und auch die Verhältnisse beschränkt, den Wissensdurst zu befriedigen. Doch man muß thun und nicht unterlassen, was die Verhältnisse grade bieten und gewähren. Sollen gute Freunde einer Gegend besucht werden, so stelle ich unter den Hauptzweck den Nebenzweck: - Erweiterung der Kenntnisse und Erfahrungen.
Eine Reise der beregten Art machte ich vor 2 Jahren in die Rostocker Gegend, wie gesagt, gute Freunde zu besuchen, zu sehen und zu lernen. Von vorne herein gestehe ich, daß mir die Ackercultur vieler Bauern der Rostocker Gegend nicht sonderlich gefallen hat. Der üppigste Boden hatte zwar Kraft genug, einen Pflanzenwuchs zu treiben, der allen Anforderungen genügt hätte, wenn der Acker besser bearbeitet worden wäre. Es war nicht tief gehakt und die eiserne Egge war zur Verkleinerung und Lockerung nicht angewendet. Ich erstaunte darüber, erfuhr aber bald, daß die großen, schönen, überall im Lande und über dessen Grenzen hinaus berühmten Pferde dazu zu gut wären. Solche Arbeit koste Pferdefleisch, wie nicht minder das Mergelfahren, das auf vielen Feldern noch gar nicht versucht war, weil man fürchte, der fette Boden würde nach dem Mergel nur Lagerkorn produciren. Ich fand Lagerkorn, und man suchte mich dadurch zu überzeugen, daß der Boden in guter Dungkraft stehe und schon zu kräftig sei. Ich behauptete: der Mergel mache den Acker fester, löse dessen große Nährstoffe und mache sie so den Pflanzen zugängig, stärke die Vegetation und setze den Acker in den Stand, löhniges Getreide zu geben und wie sonst noch demonstrirte ich und docirte meinen Berufsgenossen. Ich schien aber meinem Wirthe in solcher Weise nicht zu gefallen. Er erwartete jedmöglichen Körnerertrag vom Dunge, der wohlfeil in Rostock zu haben sei und fast täglich von der Stadt mitgebracht werde. Ich fragte, wie dazu Zeit sei. Nun denn, der Bauer fahre doch jeden Tag mit seinen landwirthschaftlichen Produkten zur Stadt und bringe dann den fraglichen Dung mit. Es gehöre zur Ausnahme, wenn der Bauer einen Tag nicht in Rostock sei; - es sei das einmal eine Gewohnheit, wovon man schwerlich lasse. - Wie gesagt, die Pferde der Rostocker Bauern lassen in den meisten Wirtschaften in Bezug auf schönen Körperbau, Größe, Stärke und Fleischmasse Nichts zu wünschen übrig; ich habe sie oft bewundert. Nicht so gut gefiel mir das Rindvieh der dortigen Bauernwirthschaften. In den meisten Fällen war es klein und mager. Es wird schlecht aus dem Winter gemacht und nicht viel darauf gegeben. Die Pferde verzehren das beste Heu und insbesondere den Klee, dessen Anbau freilich ziemlich umfangreich betrieben wird. Bei bloßer Strohfütterung gedeiht aber auch das Rindvieh schlecht und der Milchertrag muß gewiß geringe sein. Indeß giebt es aber auch Wirthschaften, deren Rindvieh ausgezeichnet zu nennen ist und die auf Milchproduktion sehr viel geben, besonders zum Verkauf nach Rostock. Die Besitzer solcher Wirthschaften gehören aber nicht dem eigentlichen Bauernstande an, sondern haben solche durch Kauf an sich gebracht. Die eigentlichen Bauern stellen die Pferdezucht über allen andern Ertrag. Es ist auch nicht in Zweifel zu ziehen, daß ein losgeschlagenes Pferd alle Abgaben deckt. Ja, es sind mir Falle erzählt, daß Pferde hier mit 400 Thaler und darüber bezahlt sind; Saugefüllen werden oft für 150 Thlr. verkauft. Sieht man nun auf die wirklich schönen Pferde vieler Bauern, so kommt man nicht in Verlegenheit, solche Erzählungen für übertrieben zu halten. Da ist also auch ersichtlich, daß den Pferden reichlich aufgedeckt wird, und es nimmt kein Wunder, daß die Rindviehzucht sehr in den Hintergrund der Wirtschaft tritt. Doch ich muß bemerken, daß ich es durchaus nicht entsprechend finde, wenn der Landwirth, namentlich der Bauer, in solchen Dingen ein Steckenpferd reitet; die Ackerkultur gehe ihm vielmehr über Alles, denn von ihr hängt zunächst das Meiste ab.
Die Gebäude bieten zum Theil etwas Alterthümliches dar. Abgesehen von dem alten Baustyle wird daran auch der Aberglaube alter Zeit vertreten. Es finden sich nämlich an den Ständern und Balken Schnitzfiguren von durchaus keinem Kunstwerthe, Eulen, Katzen u. s. w. darstellend, zur Abwehr der Hexen, Teufel und Kobolde und was für Ungethüme der Aberglaube noch sonst erfunden hat. Da der Bauer noch im Allgemeinen dem Alterthümlichen in Tracht und Sitten huldigt, so entfernt er solche Fratzen nicht, hat wohl selbst noch dunkle Sympathien für dergleichen Hexenfiguren. - Das Innere bietet auch hier nichts Auffallendes. Wie überall in den alten Bauernhäusern, kommt zuerst und zwar an beiden Seiten der großen breite Diele, die Wohnung der Thiere und dann, in dem Hintergrunde, die der Menschen. Den Pferden und dem Rindvieh wird das Futter unmittelbar von der großen Diele gereicht. Mag solche Einrichtung ihre Bequemlichkeit und ihr Gutes haben, mir wenigstens gefällt sie nicht. Die Thiere werden vielfach gestört und sind der Zugluft und der Kälte ausgesetzt. Die Pferde fordern zur Beschaulichkeit auf und der Besitzer lenkt gerne die Aufmerksamkeit auf die schönen Thiere; sie sind gleichsam sein Stolz und die Zierde seiner Wirthschaft. - Die Wohn= und Familienstube unterscheidet sich nicht sonderlich von der patriarchalischen Einrichtung der Bauerstube im übrigen Theile des Landes. Die daran grenzende kleine Stube ist durch einen Vorhang geschlossen. Gleich zu Anfange derselben steht ein Gefäß mit Kringeln oder ähnlichem Gebäck und Zucker zu Näschereien bestimmt. Der Besucher wird aufgefordert, sich davon zu bedienen und auch zur Kaffezeit verwendet man davon nach Belieben. Mangel an solchen Leckereien kann nicht eintreten, da der Bauer jeden Tag zur Stadt fährt und für frische Waare sorgt. In dieser Hinterstube speist der Bauer mit Frau und Kindern, während das Gesinde in der großen Stube seine Mahlzeiten abhält. Dies Isoliren vom Gesinde, während jener feierlichen Akte, wie sie die Mahlzeiten unserer kleineren Landwirthe bilden, paßt übrigens nur schlecht zu der übrigen patriarchalischen Lebensweise; vielleicht aber ist es auch erst ein Produkt der Neuzeit; doch glaube ich, daß es ziemlich allgemein in jener Gegend verbreitet ist.
Auffallend ist die Tracht vieler Bewohner einiger Dorfschaften in der Rostocker Gegend. Man nennt sie die schwarze und die Innehaber derselben die Schwarzen, als Unterscheidungsbenennung der bunten Kleidung gegenüber. Der Anzug ist bei wohlhabenden Bauern von schwarzem Tuche. Die Hosen sind etwas weit bis über die Kniee gehend, wo sie mit Schleifen auf den weißen Strümpfen befestigt sind. Die Fußbekleidung vollenden s. g. Halbstiefel von nicht altmodischer Form. Den Oberkörper bekleidet eine Weste, Wamms genannt, und

[ => Original lesen: 1856 Nr. 11 Seite 4]

eine Jacke mit aufstehendem Kragen. Beide Kleidungsstücke sind besonders auffällig durch 2 Reihen dicht neben einander stehender, erhabenrunder, weißer blanker Knöpfe - bei reichen Bauern von Silber. Den Hals umschließt ein schwarzer Tuch, in Schleifen ausgehend. Den Kopf bekleidet ein kleiner rundgewölbter Filzhut mit Krempe.
Was die Tracht des weiblichen Geschlechts betrifft, so ist solche ebenso eigenthümlich, als auch in einigen Fällen von einander abweichend und in Modeformen übergehend. Im Allgemeinen trägt man enganschließende, vorne geöffnete und beknöpfte Jacken mit enggeformten Aermeln. Die Röcke gehen oben bis unter die Arme und müssen von Tragebändern getragen werden. Ihre ungewöhnlich große Weite und Kürze ist charakterisch, eben so sind es die rothen Zwickelstrümpfe und die ledernen Schuhe mit silbernen Schnallen und den spitzen hohen Absätzen. Die Kopfbekleidung bildet eine kleine Mütze oder Haube mit vielen schwarzen Bändern. Nicht viel anders ist der kleine Strohhut geformt und bekleidet. Aermere umhüllen auch den Kopf nur mit einem Tuche, der unter dem Halse zugeknöpft wird. - Obgleich die Kleidung beim ersten Anblick wohlfeil zu sein scheint, so ist sie es doch nicht. Es sind Tuchkleider, bei Reichen von feinen Stoffen. Die Röcke der Frauen enthalten wegen ihrer Weite viele Ellen. Halbvertragen werden solche wieder zu Kleidungsstücken für die Kinder verwandt. Auf Sparsamkeit ist Alles berechnet. Die gutmüthigen Leute glauben, daß sie verarmen, wenn sie zu der bunten Kleidung, die allerdings viel Flatterhaftes hat, übergehen. Sie halten sich daher auch entfernt von den neumodischen, bunten Bewohnern des Dorfes und der Umgegend. Heirathen mit Leuten anderer Tracht gehen sie selten ein. Es scheint in ihrer Absicht zu liegen, ihren Stamm rein zu erhalten. Man hat schon oft gefragt, wie alt der Stamm sei und woher er stamme. Nach einer Sage unter den Leuten selbst, sollen sie Abkömmlinge der Bewohner der Rheingegend, namentlich aus der Umgegend von Coblenz sein. Diese Sage hat sehr viel für sich, da in der zur Rede stehenden Gegend eine sehr ähnliche Tracht sich findet. Von dorther werden also ihre Vorfahren eingewandert sein. Nicht unwahrscheinlich ist es, daß die Bewohner etlicher Bauerdörfer in der Umgegend der Stadt Rehna und weiter im Fürstenthum Ratzeburg Stammverwandte sind; denn diese haben eine fast gleiche Tracht und führen eine ähnliche Lebensweise.

(Pr. Ldw.)              


Verkaufs=Anzeigen.

Am Tage nach Ostern, den 25. März d. Js., sollen im Kruge zu Carlow zwei gangbare Weber=Thaue u. s. w. in öffentlicher Auction gegen gleich baare Bezahlung meistbietend verkauft werden.
Carlow den 11. März 1856.

                                                    Labann, Landreiter.


Vermischte Anzeigen.

Wir machen hiermit bekannt, daß der Quartaltag des Sattler= und Drechsler=Amts in der Folge immer am Dienstag nach Ostern, demnach dieses Jahr den 25. März abgehalten werden soll.
Schönberg, den 28. Februar 1856.

                          Die Aelterleute des Sattler= und Drechsler=Amts.


150 Scheffel gute Eßkartoffeln
sind bei mir zu haben.                                                    
Rehna, den 26. Februar 1856.                          
                                                    J. H. Kindt,
                                                    Kaufmann.


Die

Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebens=, Leibrenten= und Sterbekassen=Versicherungen, Zeitrenten=, Darlehns=, Einlage= und sonstige Geldgeschäfte ab, und verzinst alle Kapital=Einlagen von mindestens 50 Taler (Mecklenburg) mit 3 1/4 Procent für's Jahr, durch die unterzeichneten Agenturen.

Agentur Schönberg und Dassow.
J. P. Bade,              J. P. Oldörp,
Buchbinder.              Schul= und Siechenmeister


Anzeige für Blumenfreunde.

Durch die von Ernst und von Spreckelsen in Hamburg bezogenen Blumen=Sämereien bin ich in den Stand gesetzt, viele schöne, theils Prachtsorten, zu billigen Preisen liefern zu können.
Ferner halte ich ein Sortiment von 12 Sorten er neuesten englischen, mit Preisen gekrönten, gefüllten Stockrosen in prachtvollen Farben, a Pflanze 3 Schilling (Mecklenburg), bestens empfohlen.
Lübse im März 1856.

                                                    Splitter, Lehrer.


Wir machen hiermit bekannt, daß der Krugtag der Schuhmachergesellen am Tage nach Ostern, den 25. März, stattfindet, und fordern sämmtliche Mitbrüder dringend auf, am gedachten Tage zu erscheinen oder die Auflage zu schicken.
Schönberg, den 7. März 1856.

                                                    Die Vorsteher und Altgesell
                                                    der
                                                    Schuhmacher=Gesellen=Brüderschaft.


Alle diejenigen, welche an meinen verstorbenen Bruder noch Forderungen haben sollten, so wie diejenigen, welche demselben schuldig sind, werden hierdurch aufgefordert, sich spätestens bis zum 22. März bei mir zu melden, erstere bei Verlust ihrer Forderung, letztere bei dem Nachtheil gerichtlich belangt zu werden, falls sie ihre Schuld nicht zahlen.

                                                    Hauswirth Zieting
                                                    in Thandorf.


Warnung.

Da sich jetzt viele Menschen finden, über meinen Hof einen Richtsteig zu nehmen, und mir dadurch vielmals die Thore aufgelassen werden, so daß mein Vieh vom Hof kommt, besonders die Schweine, die jedesmal Schaden thun; so finde ich mich genöthigt, diesen Richtsteig über meinen Hof hiermit gänzlich zu verbieten. Diejenigen, die ich jetzt treffe, werde ich von Gerichtswegen bestrafen lassen.

Rieps.                                                     Timcke.


Kirchliche Anzeige.

Sonntag Palmarum. Hauptpredigt: Candidat Fischer. Nachmittags: Prüfung der Confirmanden.
Grün=Donnerstag, 9 Uhr Vormittags: Einsegnung der Confirmanden.
Charfreitag. Hauptpredigt: Pastor Gerling. Nachmittagspredigt: Candidat Thomsen.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 32-54 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 8-12 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg) 24-30 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg) 4-8 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg) 6-10 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 46-48 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 20-24 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 18-20 Mark (Lübeck)
Butter 12 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, a Faß 8 Schilling (Mecklenburg).
Altona=Hamburger Viehmarkt.
Fette Ochsen, Handel gut, 100 Pfund 12-16 Taler (Mecklenburg).
Fette Schweine, gut, 100 Pfund 38-40 Mark.


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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