No. 8
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. Februar
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1856 Nr. 8 Seite 1]

- Aus der Krim wird gemeldet, daß ungeachtet der oft durch die Zeitungen gemeldeten Einstellung der Feindseligkeiten die Angriffe der Russen aus den Nordforts von Sebastopel gegen die Stellung der Alliirten auf der Südseite, fortdauert. In der Nacht vom 29. Januar fand zwischen russischen und französischen Boten, welche gegenseitig in der Regel nächtliche Recognoscirungen im dortigen Hafen machen, ein Zusammenstoß statt; jedes feuerte einen Kanonenschuß ab. Dadurch wurde den russischen Batterien das Signal gegeben; es erschienen plötzlich an den verschiedensten Stellen bengalische Feuer, welche den ganzen Hafen beleuchteten, und an 300 Kanonen eröffneten ein furchtbares Feuer, so daß man völlig in die Zeiten der Belagerung zurückversetzt wurde. Auch am 2. Februar dauerte das Feuern noch fort.
- Ueber den Tag der Eröffnung der Friedens=Conferenzen zu Paris erfährt man noch immer Nichts gewisses. Es heißt, derselbe sei von dem Eintreffen des türkischen Gesandten abhängig. Als der russische Gesandte Hr. v. Brunnow in Paris ankam, wurde er am Bahnhofe von Neugierigen mit sichtlichen Wohlwollen empfangen. Man hat bemerkt, daß der englische Gesandte Lord Cowley fast in demselben Augenblick Paris verließ. Aus Rußland sind in Paris zahlreiche Aufträge auf Wohnungsmiethen eingetroffen, so wie von russischen Kaufleuten namhafte Waarenbestellungen. - Die Kriegskosten=Entschädigung, welche die Pforte beansprucht, soll dadurch ausgeglichen werden, daß Rußland das von ihm besetzte türkische Gebiet in Asien zurückzugeben sich erboten hat. Die Türkei wird in diesen Vorschlag wohl einwilligen müssen, da durchaus keine Aussicht vorhanden ist, daß Rußland sich zu einer Entschädigung in Geld herbeilassen wird. Auch nach dem Friedensschluß werden die Verbündeten eine längere militairische Besatzung in den türkischer Provinzen lassen, um die angestrebten Reformen durchzuführen. Außer einer östreichischen Besatzung in den Donaufürstenthümern werden sie Konstantinopel, Gallipoli, Adrianopel und Varna, so wie Trapezunt und Erzerum besetzt halten. - Zwischen dem Kaiser von Oestreich und Napoleon soll ein sehr intimes Verhältniß herrschen.
- Auf der Rhede von Helsingör ist neuerdings ein englisches Kriegsschiff angekommen, welches Recognoscirungen in der Ostsee vornehmen soll. Es werden noch mehrere erwartet. - Der Amerikaner mit seiner verdächtigen Ladung, welcher in Folge englischer Requisition auf der Kopenhagener Rhede versiegelt worden war, und am ersten Weihnachtstage so behend der englischen Wachsamkeit entschlüpfte, kam in voriger Woche auf der Heimfahrt nach Newyork bei Kopenhagen vorbei. Der Capitain war glücklich in Reval angekommen, wo er seine wertvolle Ladung gelöscht.


Vermischtes.

- Aus Polen wird vom 15. Januar berichtet daß die Verheerungen der Rinderpest dort furchtbar seien, indem in ganzen Distrikten von dem früheren Viehstande nur noch ein Viertel übrig sei. Diesen Schlag wird die Landwirtschaft Polens noch in einem Jahrzehent nicht verwinden.
- In der Priegnitz ist die Lungenseuche unter dem Rindvieh ausgebrochen, und daher auf der ganzen südlichen Gränze Mecklenburgs die Ein= und Durchführung von Rindvieh verboten.
- In England sind bedeutende Zufuhren an Weizen aus Egypten und Amerika angekommen; von ersterem gehen viele Ladungen als bereits verkauft nach dem Kontinent, während der amerikanische größtentheils für Frankreich bestimmt ist. Die Ostsee=Zeitung bemerkt, daß das gegenwärtige Getreidegeschäft Erscheinungen ganz außerordentlicher Art zeigt. Nicht allein, daß man in Stettin mit Beginn der Schiffahrt Weizen aus England erwarte, sondern es befinden sich auch Weizenladungen pr. Eisenbahn von Schlesien nach Stettin unterwegs und von München erwartet man Probesendungen von Roggen. Egyptische Weizenladungen sind nach Hamburg dirigirt und werden wahrscheinlich nach Berlin gehen. Die Provinz Preußen, die sonst eine starke Roggenausfuhr hatte, erwartet zur Befriedigung ihres Bedarfs bei Eröffnung der Schiffahrt dringend Zufuhr dieses Artikels. Von Böhmen, Mähren und Sachsen kauft man in Pommern Hafer. Ueberhaupt wird die Notwendigkeit fremder Zufuhr bei Beginn des Frühjahrs stärker hervortreten. Auch in England ist das Vertrauen für die Zukunft zurückgekehrt, da alle an der Küste angekommenen Ladungen rasch verkauft sind.
- In Hamburg war der Getreidemarkt, bei geringem Geschäft, unverändert ruhig, zu den Preisen der vorigen Woche.
- Das Schuhmacher=Gewerk Berlins hat in einer zahlreichen Versammlung der Gewerbsmeister beschlossen, daß in Anbetracht des langen Creditnehmens, der um 50 Procent gestiegenen Leder= und der hohen Lebensmittelpreise, eine Preiserhöhung der Schuhmacherarbeiten um 2 1/2 Silbergroschen für den Thaler eintreten zu lassen. Der Innungsvorstand veröffentlicht diesen Beschluß und stellt zugleich an das Publikum die Bitte, eine Hauptbenachtheiligung der kleinen Meister dadurch zu heben, daß man sich

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gewöhne, die Schuhmacherarbeit möglichst bald nach Empfang zu bezahlen, statt für lange auf Rechnung schreiben zu lassen.


Ein Tag aus dem Leben eines großen Kriegers.

In Algier, zwischen den Städten Tenes und Orleansville und dem rechten Ufer des Scheliff liegt eine große, von einzelnen Hügeln übersäete Ebene, die Dahara genannt. Viele dieser Hügel sind mit Feldern, Orangen und Feigenbäumen bedeckt, und zwei von ihnen durch eine natürliche Mauer, hoher, wild übereinander getürmter Felsblöcke, El Kantara (die Brücke) genannt, verbunden. In dieser von einem tiefen Graben begrenzten Felswand öffnen sich mehrere Höhlen, deren von zackigen Felsstücken begrenzte Eingänge leicht zu vertheidigen sind, und den Kabylen jeder Zeit einen sichern Zufluchtsort vor den Verfolgungen der Türken und Araber darboten.
Im Juni 1845 brach in dieser Gegend ein Aufstand aus. Der Gouverneur Vugeaud rückte selbst in's Feld, überließ jedoch nach einer Reihe von Kreuz= und Querzügen und Razzia's ohne Ende das Commando den Obersten Pelissier, Ladmirault und de St. Arnaud, welche fortfuhren, "Feuerbänder" hinter sich herzuziehen. Einige Stämme unterwarfen sich, um der Vernichtung zu entgehen, andere widerstanden muthig. Unter den Letzteren befanden sich die Med=Riah, ein Kabylenstamm, welcher sich nach mehreren Gefechten mit Weib und Kind, ihren Heerden und allen Habseligkeiten in eine jener Höhlen, Dahree=Freschih genannt, zurückzog und den Eingang besetzte. - Am 17. Juni kam Oberst Pelissier mit 2 1/2 Bataillonen, einem Berggeschütze und einem Detaschement Kavallerie vor den Höhlen an. Seine Avantgarde drängte einige Kabylenhaufen, die ihm die Passage streitig machen wollten, in dieselben zurück, und nur mit großer Mühe gelang es, einen der Vertheidiger herauszulocken. Man sagte demselben, daß, wenn sie sich nicht unterwürfen, sie von den Franzosen verbrannt werden würden. Ohne zu zittern, sagte er, daß seine Brüder sich zu vertheidigen beschlossen hätten.
Am folgenden Tage machte eine Compagnie Grenadiere einen Versuch, den Eingang zu erstürmen. Nachdem man an den zugänglichsten Punkten Kavallerieposten aufgestellt, rückte die Kolonne den hohlen Weg hinauf, allein eine wohl gezielte, aus dem dunklen Schlunde hervorblitzende Salve, die sie nicht erwidern konnten, nöthigte sie zum Rückzuge. Die Stellung war unangreifbar. Die Araber wurden noch einmal aufgefordert sich zu ergeben; allein, noch niemals den Franzosen unterworfen und stolz auf ihre natürlichen Verschanzungen, in welche sich die Türken niemals gewagt hatten, verweigerten sie die Unterwerfung. Sofort gab der Oberst Befehl, Holzwellen mit Stroh vermischt zu machen, welche, mit vieler Mühe von der Höhe der El Kantara hinunter geworfen, richtig vor dem Eingange der Höhle zu liegen kamen, aber theilweise von den Arabern trotz des Feuers der französischen Tirailleure in die Höhle gezogen wurden. Endlich, nachdem mehrere von den Unglücklichen niedergeschossen und der Eingang ganz von Wellen bedeckt war, ließ man brennende Holzbündel hinabfallen, um diesen ungeheuern Scheiterhaufen anzuzünden. Den ganzen Tag über wurde das Feuer unterhalten. Bald tönte ein furchtbarer Tumult aus dem Innern der Höhle hervor. Menschengeheul, Thiergebrüll, Stöhnen und Gewehrschüsse hallten durcheinander. Der Oberst, welcher seine Gegner mürbe glaubte, ließ mit dem Feuer inne halten, allein die Unterhandlungen führten zu keinem Ziele. Der Oberst wollte ihnen nach Ablieferung der Pferde und Waffen freien Abzug gestatten, widrigenfalls er fortfahren würde, "ihnen einzuheizen". Die Med=Riah hingegen verlangten, daß sich die Franzosen zurückziehen sollten, worauf sie die Höhle verlassen und sich unterwerfen wollten. Nachdem eine vom Oberst gestellte letzte Bedenkzeit von drei Stunden verstrichen war, wurde am 19. Mittags das Feuer wieder angezündet und die ganze Nacht hindurch unterhalten. Der Wind trieb Rauch und Flammen in die Höhle hinein. Die französischen Truppen in ihren rothen Hosen sprangen wie die dienstbaren Geister Satans um dieses Höllenfeuer herum, es geschäftig nährend und schürend, und die Holzbündel eifrig "wie in einen Backofen" hineinschiebend. Von Zeit zu Zeit schlugen die Flammen bis über den Gipfel der Felsen empor und dicke Rauchwolken wirbelten von der Höhle in die Lüfte. Dazwischen ertönte das dumpfe Gestöhne der Männer und Frauen, das Gewinsel der Kinder, das Geheul der unbändig gewordenen Thiere. Felsen lösten sich von der Hitze los und stürzten krachend und zerschmetternd auf die unglücklichen Opfer nieder; Schüsse donnerten im Innern der Höhle und schaurige, Mark und Bein durchdringende, herzzerreißende Töne kamen aus diesem Höllenschlunde hervor. Um Mitternacht ertönten noch einige Schüsse; - dann war Alles ruhig. Nur das Knistern der Flammen und der Zuruf der Posten unterbrach die traurige Stille. Das Werk war vollbracht. -
Gegen Anbruch des Tages machte ein Detaschement des Artillerie= und Genie=Corps den Eingang zur Höhle frei. Die ersten Räume waren mit Ochsen, Eseln und Hammeln angefüllt, deren Instinkt sie nach dem Ausgange getrieben hatte. Bis an den eigentlichen Eingang mußte man durch einen fußhohe Lage von Asche wandeln und von dort aus gelangte man in die eigentlichen, bald eng verschlungenen, bald sich weit auseinander dehnenden Felsenhallen. Nichts kann eine Idee von dem furchtbaren Schauspiele geben, welches sich den Blicken der Eindringenden darbot. Durch eine dicke von Asche geschwängerte Atmosphäre erblickte man in einander verschlungene Haufen von Leichnamen, und die Stellung, in der man sie fand, konnten einen Begriff von den Konvulsionen und Martern geben, die sie ausgestanden haben mußten, ehe sie ausgehaucht hatten. Die Vordersten, dem Feuer am meisten Ausgesetzten. waren von versengten Lumpen umhüllt, theilweise verkohlt, während andere ganz nackte Leichname Geschundenen ähnlich aussahen. Vielen stand das Blut in Mund und Nase; Mütter mit Kindern an der Brust lagen zwischen Trümmern aller Art, Ueberresten von Thieren und Geräthen. Andere hatten sich an die Felsenritze geklammert, um einen Hauch frischer Luft zu erschnappen; noch Andere hatten sich umschlungen und in den Konvulsionen des Erstickens die Zähne einander tief in's Fleisch geschlagen. Umgestoßene Gefäße, halb verbrannte Teppiche, Geräthe und Waffen aller Art vollendeten das Grausige des fürchterlichen Bildes. Ungeachtet der Anstrengungen der Officiere konnte man die Soldaten nicht hindern, sich der Effekten zu bemächtigen, den Leichnamen die Arm= und Halsbänder von den halbverkohlten Gliedern zu lösen und die blutigen Burnusse von den Schultern zu reißen.
Man hat nicht erfahren können, was sich im Innern der Höhle zugetragen hat; ob sich die Araber mit jenem Stoicismus, dessen sie sich rühmen, dem Tode geweiht, oder ob ihre Chefs und Marabu's sich ihrer Unterwerfung widersetzt haben. Wie dem auch sei, das Drama war entsetzlich, und die Geschichte weiß ihm wenige an die Seite zu stellen. Die Anzahl der heraus geschleppten Leichen belief sich auf 800-1000, ohne diejenigen zu zählen, welche wie eine Pastete halb verkohlt über einander gehäuft und wie in einander verschmolzen, und die Kinder, welche fast ganz in den weiten Gewändern ihrer Mütter verborgen waren, wo sie Schutz vor der Gluth zu finden gehofft hatten. Nur 60 vom ganzen Stamme wurden dreiviertel todt herausgezogen; 40 allein überlebten diese furchtbare Katastrophe, 30 von ihnen wurden in die Ambulance aufgenommen, und die letzten 10 in Freiheit gesetzt, um in ihre Heimath zurückzukehren - sie hatten nichts mehr als Ruinen, ihre Heimath war eine

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traurige Wüste. Der Zweck, die Med=Riah zu unterwerfen, war erreicht - es lebten kaum noch ein Dutzend vom ganzen Stamme.
Am 23. Juni Abends mußte man das Lager eine Viertelmeile weiter aufschlagen, denn der Gestank verjagte "die Sieger". Sie räumten ihren Platz den Aasgeiern ein, die unzählig und mit widrigem Gekrächz um dieses weite Grab schwärmten. Die Nacht aber gehörte den Schakalen und Hyänen, die hier ihr grauses Mahl hielten.
Als man in Frankreich erfuhr, daß es unter der "großen Nation" einen Mann gebe, welcher im Stande sei, achthundert Feinde, die sich weigerten, sich zu ergeben, mit ihren Weibern und Kindern lebendig zu verbrennen und zu ersticken - erhob sich ein Schrei des Unwillens, der Empörung im ganzen Lande. Alle Stimmen verlangten seine Kassirung, alle Stimmen verlangten, daß er der Gerechtigkeit überliefert und den Schimpf, den er auf die französische Fahne geworfen, mit seinem Kopfe sühnen Solle. Und dieser Mann, in der Meinung der französischen Nation entehrt, in der Meinung von ganz Europa und Afrika geächtet, dieser Mann wurde noch in demselben Jahre von Louis Philippe zum General ernannt, und Louis Napoleon beehrte ihn mit dem Commando der Krim=Armee!


Mittel und Verfahren zur Verhütung der Kartoffelkrankheit.

Die Lübecker Anzeigen enthalten darüber Folgendes: Man bringe die zum Pflanzen bestimmten Kartoffeln, wenn irgend möglich große, so bald starke Fröste nicht mehr zu befürchten sind, auf die Scheundiele oder auf den Boden, wo möglichst viele Zugluft gemacht wird, schütte dieselben nur 1 bis 1 1/2 Fuß hoch und wende sie alle acht Tage mit der Schaufel um. Zwei bis drei Wochen vor dem Auspflanzen schneide man alle Kartoffeln durch, bringe sie auf einen Haufen und streue, so wie welche zugeschüttet werden, zu Pulver gelöschten Kalk darüber. Zu Pulver gelöschter Kalk ist solcher, auf den nur so viel Wasser gesprengt ist, daß die harten Stücke sich wie Mehl aufgelöst haben; keinenfalls darf so viel Wasser aufgesprengt werden, daß der sich lösende Kalk naß wird. Sind nun die so eingekalkten Kartoffeln tüchtig durchgestochen, so werden dieselben wieder 1 bis 1 1/2 Fuß hoch auseinander geworfen; man lasse nun dieselben so liegen und steche sie bis zum Auspflanzen mindestens alle acht Tage um.
Zum Bepflanzen mit Kartoffeln nehme man, wenn irgend möglich, solches Land, welches nicht frisch gedüngt oder zum wenigsten schon im Herbst gedüngt ist, aber möglichst kräftigen Boden, kalke die Kartoffeln kurz vor dem Pflanzen noch einmal und menge sie mit dem Kalk gut durch. Man ziehe sich die Linien mindestens 2 Fuß weit und lege in der Reihe 1 Fuß von einander 4 bis 6 Stück durchgeschnittene Kartoffeln, jedoch nur so flach, als wenn Gärtner Krupbohnen pflanzen. Man pflanze auch ja nicht so früh, daß dieselben noch in der Erde erfrieren können. Die so flach und im Anfang Mai gelegten Kartoffeln werden bald hervor kommen. Sind die Keime 4 bis 5 Zoll aus der Erde, so überhäufe man die Reihen der Länge nach und natürlich von beiden Seiten so, daß die Keime ganz mit Erde bedeckt sind; dies wiederhole man mindestens noch zweimal, wodurch die Saatkartoffel dann 10 bis 12 Zoll tief mit Erde bedeckt ist. Die so jung angehäuften Kartoffelkeime werden jedenfalls mehr Kartoffeln ansetzen, da der ganze Wurzelstock in fruchtbarer Erde steckt und es ist sehr wahrscheinlich, daß Kartoffeln, die so hoch gepflanzt sind, viel weniger von Feuchtigkeit leiden, reichlicher tragen und sich gesünder erhalten werden. Die Unterzeichneten, welche in dieser Weise Versuche anzustellen und über den Erfolg weitere Mittheilung zu machen gedenken, halten für sehr wünschenswerth, daß möglichst viele Gärtner und Landwirthe sich zu ähnlichen Versuchen entschließen, und sind ihrerseits gerne erbötig, über dies Verfahren, so weit ihnen dasselbe klar geworden ist, weitere Auskunft zu ertheilen.
Lübeck im Februar 1856.

J. C. W. Hartwig,                  J. C. Boy,                  J. C. C. Evers
St. Lorenz.                  St. Jürgen.                  St. Gertrud.


Steppenbild.

Nicht allein die Fieber der Regenzeit, die Musquitos, noch andere Feinde bedrohen Menschen und Thiere in den Steppen Afrika's. Mit Sonnenuntergang hat der Nomade seine Heerden in der sicheren Serieba eingehordet. Dunkel senkt sich die Nacht auf das geräuschvolle Lager herab. Die Schafe blöcken nach ihren Jungen; die Rinder, welche bereits gemolken wurden, haben sich niedergethan. Eine Meute wachsamer Hunde hält die Wacht. Mit einem Male läutet sie hell auf, im Nu ist sie versammelt und stürmt in einer Richtung in die Nacht hinaus. Man hört den Lärm eines kurzen Kampfes, wüthende, bellende Laute und grimmiges, heiseres Gebrüll - sodann Triumphgeläut - eine Hyäne umschlich das Lager, mußte aber vor den muthigen Wächtern der Heerden nach kurzer Gegenwehr die Flucht ergreifen. Einem Leoparden würde es nicht besser gegangen sein. Urplötzlich scheint die Erde zu beben -in nächster Nähe brüllt ein Löwe. Dreimal - so sagen die Eingebornen - kündet er mit donnernder Stimme seine Ankunft, dann nähert er sich der Serieba. In dieser offenbart sich die größte Bestürzung. Die Schafe rennen gegen die Dornenhecken, die Ziegen schreien laut, die Rinder rotten sich mit lautem Angstgestöhn zu wirren Haufen zusammen, das Kameel sucht, weil es gern entfliehen möchte, alle Fesseln zu zersprengen. Und die muthigen Hunde, welche Leoparden und Hyäne bekämpften, heulen laut und kläglich und flüchten sich zu ihrem Herrn. Dieser aber wagt sich nicht hinaus in die Nacht; er wagt es nicht, nur mit seiner Lanze bewaffnet, einem so mächtigen Feinde gegenüberzutreten und läßt es geschehen, daß er mit einem gewaltigen Satze die oft zehn Fuß hohe Dornenmauer überspringt und sich ein Opfer auswählt. Ein Schlag seiner furchtbaren Pranken betäubt ein zweijähriges Rind, das kräftige Gebiß zermalmt die Wirbelknochen des Halses und damit den Lebensnerv des widerstandsunfähigen Thieres. Dumpf grollend liegt der Räuber auf seiner Beute, die großen Augen funkeln hell vor Siegeslust und Raubbegier. Dann tritt er seinen Rückweg an. Er muß zurück über die hohe Umzäunung und will auch seine Beute mit sich nehmen. All' seine ungeheure Kraft ist erforderlich, mit dem Rind im Rachen den Rücksprung auszuführen. Aber es gelingt und nun schleppt er die schwere Last mit Leichtigkeit seinem, vielleicht eine Meile entfernten Lager zu. Alles Lebende im Lager athmet freier auf, es schien durch die Furcht gebannt zu sein. Der Hirt ergiebt sich gefaßt in sein Schicksal, er weiß, daß der Löwe seiner Heerde immer auf dem Fuß folgt, mag er sich wenden wohin er will. Der Verlust, den er durch den König der Wildniß erleidet, ist ebenso groß als die Steuer, welche er in untadelhaften Viehstücken dem Könige des Landes geben muß. Zwei Könige fordern Tribut von ihm, er muß beiden gerecht werden; beider Forderungen sind unabwendbar. Er ist froh, wenn ihn der Himmel noch vor größerem Unheil bewahrt.
Ich bin erst durch vielseitige Versicherungen der Eingebornen und eigene Anschauung überzeugt worden, daß der Löwe wirklich ein derartiges Kraftstück auszuführen vermag, wie den oben erwähnten Zaunsprung. Man hat mir am blauen Flusse eine Serieba von mindestens acht Fuß Höhe gezeigt, über welche ein Löwe mit einem Rind im Rachen gesprungen war. Wenn sich meine Leser ein Bild des Löwen der Wälder Ost=Sudahn's machen wollen, bitte ich sie, die halberwachsenen, halbverkrüppelten

[ => Original lesen: 1856 Nr. 8 Seite 4]

Exemplare, welche man in Menagerieen sieht, nicht zum Maßstabe zu nehmen.
Man könnte das Gebrüll des Löwen einen Ausdruck seiner Kraft nennen; es ist einzig in seiner Art und wird von keiner Stimme eines anderen lebenden Wesens übertroffen. Die Araber haben ein sehr bezeichnendes Wort dafür: "raad", donnern. Beschreiben läßt es sich nicht. Tief aus des Löwen Brust scheint es hervorzukommen, es scheint diese zersprengen zu wollen. Furchterregend schlägt es an jedes Ohr. Die heulende Hyäne, der brummende Panther, die blöckende Heerde verstummt; der gurgelnde Affe klettert zu den höchsten Aesten der Baumwipfel hinauf; die Gazelle entflieht in eiligem Laufe; das beladene Kameel zittert, gehorcht keinem Zurufe seines Treibers mehr, wirft seine Lasten, seinen Reiter ab und sucht sein Heil in eiliger Flucht. Und selbst der Mensch, der so wohl Ausgerüstete, jedes Thier so hoch Ueberragende, fragt sich, ob wohl seine moralische Kraft der höchsten Potenz der physischen die Spitze bieten könne.


Bekanntmachung.

Die Bewohner des Schönberger Armen=Districts werden aufgefordert, die volle Armensteuer an die resp. Vorsteher, in Schönberg an den Schuhmachermeister Joh. Friedrichs, Webermeister Joh. Kähler und Webermeister Aug. Threms, und auf den Dörfern an die Hauswirthe Joach. Wigger in Menzendorf, H. Maas in Kl. Siems, Eckmann in Blüßen und Bonhoff in Mahlzow, fordersamst zu bezahlen.
Schönberg den 13. Februar 1856.

                                                    Die Armenbehörde.


Vermischte Anzeigen.

Am Dienstag, den 26. d. Mts., wird im Saale des Gastwirths Spehr hieselbst die dritte musicalische Abendunterhaltung Statt finden. Anfang Abends 6 Uhr.
Schönberg den 21. Februar 1856.

                                                    Der Vorstand des Gesangvereins.


Gesucht werden sogleich in eine Landstelle

1 bis 2000 Taler (Mecklenburg)

gegen gute Hypothek, für Jemand, der sich in Mecklenburg=Schwerin angekauft hat. Näheres darüber erfährt man bei

                                                    Aug. Spehr.

Schönberg, 14. Februar 1850.


Zum bevorstehenden Ostern halte ich für Confirmanden mein wohlassortirtes

Manufactur=Waaren=Lager

in schönem billigen Tuch und Buckskin, Orkean und Paramatta in allen Farben, breiten ächten Cattunen von 3 Schilling (Mecklenburg) an, in einer großen Auswahl von Westen, Tüchern in aller Art u. s. w. bestens empfohlen, und gebe die billigsten Preise.
Schönberg, 14. Februar 1856.
                                                    Ludwig Creutzfeldt.


Mein

hellbrauner, starker Hengst

deckt in diesem Jahr fremde Stuten für 2 Taler (Mecklenburg) und 16 Schilling (Mecklenburg) an den Knecht. Die Stuten können von 9 zu 9 Tagen wieder beigebracht werden, bis sie abschlagen.

                                                    Hauswirth Voß in Falkenhagen.


Warnung.

Da sich jetzt viele Menschen finden, über meinen Hof einen Richtsteig zu nehmen, und mir dadurch vielmals die Thore aufgelassen werden, so daß mein Vieh vom Hof kommt, besonders die Schweine, die jedesmal Schaden thun; so finde ich mich genöthigt, diesen Richtsteig über meinen Hof hiermit gänzlich zu verbieten. Diejenigen, die ich jetzt treffe, werde ich von Gerichtswegen bestrafen lassen.

Rieps.                                                     Timcke.


Von dem

Ratzeburger Gesangbuch

habe ich eine neue, wohlfeilere Ausgabe in kleiner Schrift veranstaltet und soeben vollendet. Einem hochgeehrten Publicum unseres Fürstenthums empfehle ich dieselbe zur geneigten Abnahme ganz ergebenst.
Ungebundene Exemplare zu 26 Schilling (Mecklenburg) sind bei mir, und gebundene bei den resp. Buchbindern hier und in der Umgegend zu haben.

                                                    L. Bicker.


            Die

Magdeburger Vieh=Versicherungs=Gesellschaft
versichert
Pferde, Rindvieh, Schaafe, Ziegen und Schweine

zu festen Prämien, ohne alle Nachzahlung, gegen alle Verluste, die in Folge von Krankheiten, Seuchen oder Unglücksfällen, durch Sterben, Tödten, Abschlachten oder Verkauf entstehen.

Nähere Auskunft ertheilt                          
die Haupt=Agentur Schönberg:
Wilh. Heincke.
die Agentur Ziethen:
H. Wulff.


Kirchliche Anzeige.

Heute den 22. Februar Vormittags 10 1/4 Uhr: Passionswochengottesdienst.
Sonntag Oculi. Hauptpredigt: Pastor Gerling. Kein Nachmittagsgottesdienst.
Freitag den 29. Februar 10 1/4 Uhr: Passionswochengottesdienst.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 32-54 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 8-16 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg) 32-34 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg) 4-8 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg) 4-8 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 44-46 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 20-24 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 18-20 Mark (Lübeck)
Butter 10 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, a Faß 8 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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