No. 7
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 15. Februar
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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- Das in Wien am 1. d. M. von den Repräsentanten Oesterreichs, Frankreichs, Großbritanniens, Rußlands und der Türkei unterzeichnete Protocoll zu den Friedenskonferenzen lautet wörtlich: Die Unterzeichneten sind in Folge der Seitens ihrer resprectiven Höfe erfolgten Annahme der fünf Propositionen, welche in dem unter dem Titel Präliminarien=Entwurf hier beigeschlossenen Document enthalten sind, nachdem sie dasselbe gemäß der zu diesem Zweck erhaltenen Ermächtigung paraphirt haben, übereingekommen, daß Jede ihrer Regierungen Bevollmächtigte ernennen wird, mit den nötigen Vollmachten versehen, um zur Unterzeichnung der formellen Friedens=Präliminarien zu schreiten und einen Waffenstillstand und einen definitiven Friedensvertrag abzuschließen. Die besagten Bevollmächtigten haben binnen drei Wochen vom heutigen Tage an, oder auch früher, wenn es sein kann, in Paris zusammenzutreten. - Dieses Protocoll ist von Oesterreich der Bundes=Versammlung zur Annahme am 7. Februar vorgelegt worden. Man versichert, daß sowohl Preußen wie die deutschen Mittelstaaten von dem österreichischen Cabinet eine genaue Auslegung des fünften Garantiepunktes zuvor verlangen, um demgemäß die Vorlage zu beantworten. Da aber eine derartige gewünschte Aufklärung nicht nach Wunsch gegeben werden konnte, so konnte die Beantwortung nicht ertheilt werden, und wurde diese Vorlage einem Ausschusse zur Prüfung überwiesen.
- Den fünften Punkt der Friedenspräliminarien bildet die Gränzberichtigung zwischen Rußland und der Türkei und die daraus hervorgehende Abtretung eines Theils von Bessarabien an die Moldau. Daher ist es von Interesse über dieses wenig gekannte Land etwas Näheres zu erfahren. Bessarabien ist zwischen dem Pruth und Dniestr gelegen, und hat einen Flächenraum von 800 Quadratmeilen, mit 750,000 Einwohnern, 8 Städten, 16 Märkten und 1030 Dörfern. Sie theilt sich in 8 Distrikte (Pzinus): Chotym, Sorika, Jassy, Drhea, Kischenew, Bender, Akjerman und Kahul. Man zählt 5 Festungen, wovon 3, und zwar Chotym (die bedeutendste), Bender und Akjerman, am rechten Donau=Ufer, die anderen 2 Festungen heißen Kili und Ismail. Das Land ist arm an Bergen, Wäldern und Wasser. Nach dem Sinne der obigen Friedensproposition würde Rußland zwar drei Fünftel von Bessarabien an der Gränze der Moldau bis etwa 20 Meilen von der Mündung der Donau abtreten, was für Rußland von weniger Bedeutung wäre, wohl aber das Aufgeben des Schlüssels zur Donau ist es, was sehr in Betracht zu ziehen ist.
- So sehr man einer Seits bedacht sein wird, die Frage über Krieg oder Frieden rasch zu entscheiden, so sehr wirkt der Einfluß Napoleons dahin, die Friedens=Bedingungen zu mildern. So erfährt man, daß der dritte Punkt von den alliirten Mächten eine solche Fassung erhielt, daß Nikolajew nicht unter die Hafenplätze gereiht werden solle, deren See=Arsenale unterdrückt werden müssen, wodurch Rußland der Weg zu einem ehrenvollen Frieden geebnet ist. Der Kaiser der Franzosen geht dabei von der Ansicht aus, daß wenn man den Frieden dauernd begründen will, unerläßlich wird, "Rußland solchen möglichst annehmbar zu machen". Dies ist der Ausdruck, den sich Napoleon dem brittischen Botschafter gegenüber bedient hat.
- Auf die französische Armee haben die Friedensnachrichten einen ungünstigen Eindruck gemacht. Man bietet höchsten Orts Alles auf, um den Officieren wie Soldaten zu schmeicheln für den Ruhm, den sie erfochten.
- Es heißt, daß während der Friedens=Conferenzen zu Paris der Kaiser Napoleon eine Revue über einen imposanten Theil des französischen Heeres abhalten will, um in dem Augenblicke, wo er von seiner aufrichtigen Friedensliebe offenen Beweis gäbe, der Welt auch ein Zeugniß von der ungeschwächten militairischen Macht Frankreichs zu geben. Es sollen zu diesem Zweck 150,000 Mann bei Paris zusammengezogen werden.
- Die wachsenden Friedenshoffnungen, schreibt man aus Wien, üben auf unsern Handel in Staats=Papieren einen sehr belebenden Einfluß; es herrscht im Publikum eine ungemeine rege Kauflust, die alle Course in die Höhe treibt. Der Andrang des Publikums in den Wechselstuben ist so groß, daß man daselbst stundenlang warten muß, bis man befriedigt wird, und daß viele Wechsler sich genöthigt sehen, ihre Comptoire vor den gewöhnlichen Stunden zu öffnen und zu schließen.
- An die Stelle des verstorbenen Fürsten Paskiewitsch ist der General=Adjutant Fürst Gortschakow (bisher Oberkommandirender der russischen Truppen in der Krim) zum Statthalter des Königreichs Polen und zum Oberbefehlshaber der westlichen und mittleren russischen Armeen ernannt.
- Die englische Regierung hat einen militairischen Orden gegründet, der den Namen "Victoria=Kreuz" führt. Er besteht in einem Maltheserkreuz mit dem königl. Wappen, nebst einer Schleife mit der Inschrift: "Für Tapferkeit". Dieses Kreuz wird von der Mannschaft der Flotte an einem blauen, von der Landarmee an einem rothen Bande auf der linken Brust getragen. Für jeden neuen Beweis hervorragender Tapferkeit, durch den ein bereits mit dem Victoria=Kreuz Decorirter sich später auszeichnet, erhält er eine Spange am Ordensband. Unterofficiere und Gemeine im Heer, die den Orden erhalten, haben auf eine besondere Pension von 10 Pfd.

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(65 Taler (Mecklenburg)) jährlich, und auf eine weitere Pension von 5 Pfd. für jede etwa nachträglich verdiente Spange.
- Die Annahme der Friedensvorschläge von Seiten Rußlands ist den verbündeten Heeren in der Krim durch den englischen General Codrington verkündet worden. In Konstantinopel sprach sich nach Ankunft dieser Nachricht eine unverkennbar freudige Bewegung unter den Türken aus, und die Pforte beeilte sich ihre Kriegs=Rüstungen zu beschränken. In Konstantinopel sind eine Menge Bankerotte bei Kaufleuten ausgebrochen, die in Erwartung der Fortsetzung des Krieges große Armee=Bedürfnisse angekauft haben, die sie nun nicht verkaufen können.
- Aus Balaklawa wird geschrieben: Den Eindruck zu schildern, den die Verkündigung der neuen Friedens=Unterhandlungen bei den Truppen machte, gehört zu den Unmöglichkeiten; Niemand wollte seinen Ohren, Niemand den eigenen Augen trauen; wie ein schwacher Traum stand Alles da, und als wir, uns endlich ermunternd, das bezügliche Programm noch einmal zur Hand nahmen, siehe, da hatte sich weder an Schrift noch Wort auch nur ein Jota verändert, und klar steht es vor dem erstaunten Blicke da: "Die Waffen ruhen, des Krieges Stürme schweigen!" Der Unwahrheit schuldig würden wir uns machen, wollten wir behaupten, daß diese Waffenstillstandskunde auch nur Einen unter uns Allen unangenehm berührt oder gar betrübt hätte; im Gegentheil, überall Frohsinn, überall Freudigkeit. Durch alle Gassen tönt Gesang und Tanz, und wir erinnern uns nicht, National= und andere Lieder jemals so frisch und fröhlich, jemals mit solchem Ausdruckstenor aus Soldatenkehlen schallend, vernommen zu haben, als gerade in den gegenwärtigen Augenblicken. Die Freude in den Lagern ist so groß und überquellend, daß man einstweilen sogar aller und jeder Feindschaft gegen die drüben liegenden Moscowiter vergessen hat, daß man sogar wünscht, dieselben - die natürlich von gleicher Freude beseelt sein dürften, wie wir - möchten auch gleich uns des Grolles vergessen, und nachdem sie so lange uns feindlich gegenüber gestanden, jetzt mit uns so lange freundlich Hand in Hand wallen, bis aus Paris das entscheidende Wort eintrifft, welches dem Kampfe entweder ein definitives Ende macht, oder aber seinen erneuerten Fortgang gebietet. Unter den Officieren ist die Rede davon, auf neutralem Gebiet ein Monstrezelt zu erbauen und dasselbe zum internationalen Officier=Casino, zu welchem auch den russischen Officieren Zutritt zu gewähren sei, dienen zu lassen; unter den Mannschaften regen sich ähnliche Wünsche, man ist für die Idee, statt der vielen blutigen Rencontres mit den Russen nun auch einmal friedliche Begegnungen mit denselben eintreten zu lassen, ungemein eingenommen. - Auch bei den Russen hat diese Nachricht eine um so größere Ueberraschung hervorgebracht, da wenige Tage vor Ankunft derselben auf eine fernere andauernde Kriegführung hingewiesen war. Es wurden sofort die getroffenen Anordnungen zur Fortsetzung der Kriegführung rückgängig gemacht und das Feuer aus den Nordforts Sebastopols eingestellt.


Vermischtes.

- Am 9. Februar fand in Ratzeburg der Verkauf der königl. Domaine Hollenbeck in 3 Parcellen statt. Für die Hauptparcelle von 400 Morgen, à 120 []Ruthen, wurden nahe an 32,000 Taler (Mecklenburg) geboten, für die zweite von 250 Morgen 12,000 Taler (Mecklenburg) und für die letztere von 100 Morgen 2000 Taler (Mecklenburg), und außer diesem übertrieben hohen Preise lastet noch ein immerwährender Canon von 2 Taler (Mecklenburg) pro Morgen auf den Grundstücken. Die Genehmigung dieser Verkäufe wird von Kopenhagen erwartet. - Ratzeburg hat seit Neujahr durch das Verdienst des dortigen Kaufmanns Johannes Gußmann eine Gasanstalt, deren Beleuchtungsmaterial als ganz vorzüglich geschildert wird. Aus mehreren Städten Holsteins und Mecklenburgs sind bereits Commissionen erschienen, um sich diese Anstalt anzusehen und solche für ihre Heimath als Muster zu nehmen.
Neustrelitz. Zur Minderung der Entbehrungen, welche die herrschende Theuerung einzelnen Klassen der städtischen Bevölkerung auferlegt, sind zur Vertheilung an die zur Landschaft gehörigen Städte aus allgemeinen Landesmitteln 5000 Thlr. Cour. und von der Ritterschaft durch eine Auflage auf ihre Hufen ebenfalls 5000 Thlr. Cour. bewilligt. Den Flecken Mirow und Feldberg hat Se. K. H. der Großherzog jedem eine Unterstützung von 500 Thlr. zu gleichem Zweck zu Theil werden lassen und der Residenz Neustrelitz 2000 Thlr. Cour. mit der nähern Bestimmung bewilligt, daß von dieser Summe ungefähr 200 Thlr. zu Theuerungszulagen für die städtischen Diener verwendet und 300 Thlr. Cour. an die Armenkasse abgegeben werden soll.
- In Hamburg war am 12. Februar der Getreidemarkt wieder höher in Preisen; Weizen ist seit dem niedrigsten Stande um 20 bis 30 Taler (Mecklenburg) per Last gestiegen, Roggen 12 bis 13 Taler (Mecklenburg), Gerste 6 Taler (Mecklenburg). Die übrigen Artikel ohne Geschäft.


Eine altenburgische Bauernhochzeit.
(Schluß.)

Sollen wir noch das nun folgende, wahrhaft homerische (Gastmahl - das letzte Epitheon in Bezug auf die Massenhaftigkeit der Gerichte gebraucht - die Menge Schüsseln und Pfannen voller Gänse, Enten, Karpfen, Schinken, Hasen, Kalbs= und Schöpskeulen, diese Ströme von Bier, rothem und weißen Branntwein, schildern? Diese Pyramiden von Asch= oder Sternkuchen? Sollen wir von den Freuden des Tages sprechen, von dem "Rummelpuff", diesem grotesken Tanz, der jetzt nur noch in der Tradition, in der Erinnerung lebt, dessen Charakter aber man vielleicht schon aus dem Namen errathen kann? Die Feder bebt zurück vor solcher Aufgabe. - Drei Tage ging es so fort unter Saus und Braus, am dritten Tag aber, als der Neumond in vergangener Nacht am Himmel gestanden, nahm die hübsche, junge Frau Abschied von ihren Aeltern, ein großer hamburger Wagen mit Blumen und Kränzen geschmückt und mit den Hochzeitsgeschenken beladen, fuhr vor, und hinauf kletterte die junge Frau, sich oben ehrbarlich und züchtig neben das nußbraune Spinnrad und den Flachsrocken - den alten klassischen Symbolen der Häuslichkeit - setzend.
So feiert der altenburgische Bauer seine Hochzeiten. Wir betonen absichtlich das Wort: Bauer. Denn auch diese ländliche Bevölkerung hat ihre Rangunterschiede, und ein Fremder, der auf einem altenburger Jahrmarkt vielleicht alle diese Männer in altenburgischer Bauerntracht und diese Frauen und Mädchen in ihren, kurzen, bunten, faltigen Röcken, bunten Kopftüchern, Brustlatz und weißen Strümpfen für Angehörige ein und derselben Klasse halten würde - wäre in einem gewaltigen Irrthum befangen. - Wie die alte Bevölkerung Attika's ihre drei Klassen, ihre Eupatriden, Geomoren und Demiurgen, wie Rom seine Classes und Centuriones hatte, um nicht von den Unterschieden der germanischen Völker zu sprechen, so hat auch diese altenburgische Bauernschaft ihre verschiedenen Abstufungen oder Kasten. Zuerst kommen die Bauern oder Anspanner, auf sie folgen die Gärtner oder Hand=, auch Kuhbauern genannt, und zuletzt schließt sich an diese beiden die Klasse der Häusler, auch schlechthin die "Kleinen" genannt. Den Kern der Bevölkerung aber bildet die erste Klasse, die der Bauern oder Anspanner, die den letzten Namen davon führen, daß sie zur Bewirtschaftung ihrer Felder neben dem gewöhnlichen Zugvieh an Rindern auch und insbesondere Pferde benutzen, nach deren Zahl - die wieder von der Größe des Grundbesitzes, von der Menge der zu einem Gut gehörigen Hufen oder Acker abhängig - man die Anspanner wieder in Zwei=, Drei=, Vier=, Fünf= auch wohl Sechsspän=

[ => Original lesen: 1856 Nr. 7 Seite 3]

ner theilt. Diese Bauern oder Anspanner sind es, von deren Reichtum und Behäbigkeit, deren hohem Spiel, insbesondere dem sogenannten "Scatspiel", dessen Vaterland Altenburg sein soll, von deren Festlichkeiten, wie eine oben geschildert worden, sich die Leute im Lande umher wunderbare Dinge erzählen. Manches davon mag wohl übertrieben sein, indessen ist auch viel Wahres darunter. Wohlhabend sind diese Anspanner fast alle, und daß Viele von ihnen, die mit dem großer Kober von geflochtenem Stroh über dem grünen Tuchspenzer zum Wochenmarkt nach "Almerg" (Altenburg) gehen, wohl schwerlich mit manchem Rittergutsbesitzer tauschen, der in eleganter Chaise fährt, ist gewiß. Die Bauern wissen das aber auch, und deshalb sehen sie auch darauf, daß Grund und Boden, der den Hauptbestandtheil ihres Reichthums bildet, zusammenbleibt und nicht "verzettelt wird. Ein Bauers= oder Anspannersohn oder eine Tochter aus einem solchen Gut wird daher auch selten eine Mißheirath schließen, das heißt, ein Mädchen oder einen Burschen aus der Klasse der "Kleinen", der Häusler, heirathen; sie freien meistens untereinander, so daß Besitz zu Besitz kommt. - So fließt das Leben des altenburger Bauers ruhig und behaglich dahin, und auf ihn vor Allem könnte man jene Worte des Horaz: Glücklich derjenige, der fern von den Staatsgeschäften seine heimatlichen Fluren mit seinen Stieren pflügt, anwenden. Neigt sich endlich seine Lebensbahn abwärts, bleichen sich seine Haare, werden die Glieder matt und schlaff, dann sieht er sich nach einem Nachfolger in der Wirthschaft um, und gewöhnlich - doch nicht immer - ist es der jüngste Sohn, dem er das Anwesen übergiebt, während er für sich und die alternde Gattin nur eine Leibzucht, wie es das gemeine deutsche Recht nennt, oder einen Auszug, wie es hier heißt behält. Die Extreme berühren sich, Freud' und Leid liegen im Leben oft nur wenige Stunden aus einander, und oft ist kaum der Jubel der Festtage verhallt und schon mischen sich in den verklingenden Freudenlärm die Seufzer und Klagen der Trauer.
Es war wenige Tage nach jener eben geschilderten Hochzeit, als in dem Dorfe, in dem wir weilten, ein junges, hübsches Mädchen, die schöne Marie oder "schüne Mareige", wie die Leute sagten, starb. Auf der Hochzeit hatte sie noch lustig mitgetanzt und gescherzt und gelacht hatte sie wie die Andern vielleicht sogar noch etwas übermüthiger - und nun war sie plötzlich gestorben, mit einem Mal "war es über sie gekomme", und in wenig Stunden war sie gesund und munter und todt und kalt. Die Leute meinten, sie wäre immer so vollblutig gewesen und es müßte wohl ein "Herzschlag" sie getroffen haben. Am Begräbnißtage hatte es den ganzen Morgen geregnet, und erst um Mittag brach die Herbstsonne durch das graue, trübe Gewölk. - Zugleich tönte das Sterbegeläute von dem Kirchthurm, und die Leidtragenden fingen an sich in dem Hause zu versammeln. In der Oberstube stand der offene Sarg zwischen Kränzen und Blumenstöcken, und darin lag in ihrem Sonntagsmieder, das buntseidene Tuch um das dunkelblonde Haar geschlungen, eine Citrone mit schwarzen Stecknadeln in der Hand, die schöne "Mareige", bleich wie eine Lilie und kalt wie Marmor. - Während die Angehörigen und Freunde die weinenden Aeltern trösteten, nahte sich unter Vortragen des Kreuzes mit dem Heilandsbild und unter dem Singen eines Chorals die Schuljugend, den Schulmeister und Pfarrer an ihrer Spitze. - Vor dem Gehöft stellte sie sich auf, und als das Lied geendet und die Leiche herunter vor die Hausthür getragen worden war, stieg der Pfarrer auf die "Häuste", wie man die Erhöhung vor dem Hause nennt, und hielt eine kurze Rede an die Leidtragenden, in welcher er den Aeltern Trost zusprach und den Anwesenden für ihre Theilnahme dankte. Dann wurde der Sarg zugeschraubt und unter Gesang und Glockengeläute bewegte sich der Zug, während zur Rechten und Linken der Bahre junge Mädchen - Freundinnen der Verstorbenen - mit Kränzen und Blumenstöcken gingen, nach dem Friedhof. Beim Eintritt in die Kirche setzten die Träger die Bahre zur Erde; es wurde gesungen, gebetet und der Segen gesprochen, wobei - es ist dies eine alte, hergebrachte Sitte, wie alle diese Gebräuche - die nächsten Anverwandten der Verstorbenen sich dicht zusammen auf eine Bank setzten, nicht mit sangen, sondern das Gesicht auf die Kirchenstände niederlegten. Die Männer darunter behielten auch - während die Uebrigen das Haupt entblößten - während des ganzen Gottesdienstes und selbst beim Segensspruch die Hütchen auf dem Kopf. Früher trugen die die Leiche begleitenden Frauen besondere schwarze Trauermäntel und Schleier, doch ist diese Tracht jetzt so ziemlich überall verschwunden und die Frauen gehen in ihrer gewöhnlichen Tracht, nur daß diese bei solcher Gelegenheit von Schwarzem Trauerkattun ist und die bunten, grellen Farben wegfallen. - Unter Absingen eines Grabliedes wurde der Sarg in's Grab gesenkt, drei Hände voll Erde darauf geworfen, ein Vaterunser gebetet - und dann ging es wieder in's Trauerhaus, wo eine Trauermahlzeit die traurige Feierlichkeit beschloß.
Doch hinweg mit den trüben Bildern! Wir sprachen oben von dem Spiel der Bauern. - Manches, was man sich davon erzählt, gehört in's Reich der Fabel oder wenigstens, wenn es überhaupt vorgekommen, zu den seltenen Fällen, so z. B. daß die Bauern unter sich um Laubthaler nach der Elle, 14 Stück auf die Elle gerechnet, spielen sollten, indessen hoch gespielt wird, und daß beim allgemeinen "Landfressen", wie da zu Lande die Kirmse genannt wird, Scat den Point zu einem Zwanzigkreuzer gespielt wird - das ist keine.
Da dies Spiel außerhalb Sachsens und Thüringens wenig bekannt wird, so wollen wir für die dieses Spiels unkundigen Leser nur so viel bemerken, daß dies ein ziemlich hoher Satz ist, und Einer, falls er Unglück hat oder sonst ungeschickt spielt - das Spiel ist nämlich kein Glücksspiel im strengen Sinn des Worts, sondern beruht mit auf Combinationen der Spieler - wohl ein paar hundert Thaler den Abend verspielen kann. So leidenschaftlich die Bauern aber auch dies Spiel lieben, so ruhig, so unverwüstlich gelassen sind sie im Fall sie verlieren, und mit einem guten oder schlechten Witzwort trösten sie sich oder Andere. -
Wir sahen einst in Baden=Baden einen französischen Chevalier beim Pharao, der nachdem er im Ganzen vielleicht dreihundert Franken verloren, so außer sich gerieth, daß er seine Manschetten mit den Zähnen abbiß, sich die Haare zerraufte und endlich unter fortwährenden Ausbrüchen von Wuth und Aerger davon lief - und dann sahen wir wieder zu einem Volksfest, bei einem Vogelschießen in einer thüringischen Stadt einen altenburger Bauer in einer Spielbude eine Stunde lang Speciesthaler um Speciesthaler verlieren, so daß er zuletzt immer tiefer in die weiten Taschen seiner bauschigen Hosen greifen mußte. Endlich - es mochte vielleicht der achtzigste Speciesthaler sein, den die gefräßige habsüchtige Harke des Spielers eingezogen, schienen die Thaler entweder ein Ende zu nehmen oder der Bauer war des Hineingreifens in die Tasche überdrüssig, denn mit einem Male brachte er ein kleines, ledernes, schmutziges Schnürbeutelchen hervor, und es auf den grünen Tisch legend, sprach er: "Gält's uder gält's nich?" (Gilt es oder gilt es nicht?) Der Spieler, der nicht wußte, was in dem Beutelchen war, zögerte anfangs, den Satz anzunehmen und wollte wenigstens wissen, was oder wieviel in dem Beutel wäre, der Bauer aber wiederholte hartnäckig die obige Frage. "Nun meinetwegen, so soll es gelten", sagte endlich von der Begierde besiegt der Spieler. - Die Kugel drehte sich und - der Bauer hatte dieses Mal gewonnen. Gelassen löste er nun die Schnüre seines Beutelchens und zählte dem erbleichenden Spieler vierzig neue, unbeschnittene Dukaten vor, die den Einsatz gebildet hatten, Ver=

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zweiflungsvoll zahlte der Spieler den Gewinn aus, der Bauer aber strich ihn ruhig ein, wünschte dem Croupier "gute Verrichtung", und alle weiteren Versprechungen und Lockungen zu bleiben, waren umsonst - er ging.


Eichen= und Holz=Auction.

Am

Sonnabend, den 16. Februar dieses Jahres,
Morgens 9 Uhr,

sollen im Holze des Gutes Lowitz bei Rehna, 1/4 Stunde von der Rehna=Schönberger Chaussee entfernt, circa 50 Stück gefällte und abgelängte Eichen, die sich zu Schiffsbauholz qualificiren, sowie circa 25 Faden Buchen Kluftholz gegen sofortige baare Zahlung öffentlich meistbietend verkauft werden. - Die Besichtigung des Holzes ist nach zuvoriger Meldung auf dem Hofe zu Lowitz jederzeit gestattet, auch können die Bedingungen dort eingesehen werden.
          Lowitz im Februar 1856.


Bekanntmachung.

Die Bewohner des Schönberger Armen=Districts werden aufgefordert, die volle Armensteuer an die resp. Vorsteher, in Schönberg an den Schuhmachermeister Joh. Friedrichs, Webermeister Joh. Kähler und Webermeister Aug. Threms, und auf den Dörfern an die Hauswirthe Joach. Wigger in Menzendorf, H. Maas in Kl. Siems, Eckmann in Blüßen und Bonhoff in Mahlzow, fordersamst zu bezahlen.
Schönberg den 13. Februar 1856.

                                                    Die Armenbehörde.


Bekanntmachung.

Der hiesige Frühjahrs=Markt wird nicht wie bisher am Dienstag und Mittwoch nach Reminiscere - sondern nach Cantate - in diesem Jahre am 22. und 23. April abgehalten werden.
Schönberg den 9. Februar 1856.

                                                    Magistrat.


Vermischte Anzeigen.

Zum bevorstehenden Ostern halte ich für Confirmanden mein wohlassortirtes

Manufactur=Waaren=Lager

in schönem billigen Tuch und Buckskin, Orkean und Paramatta in allen Farben, breiten ächten Cattunen von 3 Schilling (Mecklenburg) an, in einer großen Auswahl von Westen, Tüchern in aller Art u. s. w. bestens empfohlen, und gebe die billigsten Preise.
Schönberg, 14. Februar 1856.
                                                    Ludwig Creutzfeldt.


Gesucht werden sogleich in eine Landstelle

1 bis 2000 Taler (Mecklenburg)

gegen gute Hypothek, für Jemand, der sich in Mecklenburg=Schwerin angekauft hat. Näheres darüber erfährt man bei

                                                    Aug. Spehr.

Schönberg, 14. Februar 1850.


Landwirthschaftlicher Verein für das Herzogthum Lauenburg.

Nächste Versammlung am Freitag den 22. Februar in Ratzeburg.


Haysan=Thee a Pfund 20 Schilling (Mecklenburg);
Congo=Thee a Pfund 24 Schilling (Mecklenburg);
Kugel= (Imperial-) Thee a Pfund 28, 32 und 40 Schilling (Mecklenburg);
Pecco=Blüthen=Thee a Pfund 1 Taler (Mecklenburg) 40 Schilling (Mecklenburg) und 2 Taler (Mecklenburg)

empfiehlt                                                                              Aug. Spehr.


Da meine Zeit es nicht erlaubt, die Spinnerei zu betreiben, so sehe ich mich genöthigt drei Maschinen, als: eine Tock=, eine Kratsch= und eine Spinnmaschine zu verkaufen, und bitte die löblichen Weber oder Maschinen=Freunde, sich bei mir in Duvennest einzufinden. Die Spinnmaschine spinnt 30 Faden, sie kann auf 80 Faden gestellt werden.
Auch sind bei mir ein paar hundert Grafensteiner=, Nonnen=, Kammrath=, Goldperlen= und Schmuck=Aepfelbäume vorräthig, welche ich allen Stadt= und Landbewohnern zum raschen Verkauf empfehle. Der Baum kostet 6 Schilling (Mecklenburg).

                                                    D. Brüggemann,
                                                    Schul= und Webermeister.


Von dem 1. Februar bis Ende des Monats werden sämmtliche bei der Inventur heruntergesetzten Manufaktur=Waaren, darunter auch Mäntel und Mantillen, zu sehr niedrigen Preisen verkauft, bei

                                                    U. Beermann & Co.
                                                    in Lübeck,
                                                    Klingberg Nro. 927.


Mein

hellbrauner, starker Hengst

deckt in diesem Jahr fremde Stuten für 2 Taler (Mecklenburg) und 16 Schilling (Mecklenburg) an den Knecht. Die Stuten können von 9 zu 9 Tagen wieder beigebracht werden, bis sie abschlagen.

                                                    Hauswirth Voß in Falkenhagen.


Alle diejenigen, die etwa noch Forderungen an den gemüthskranken Klempnermeister Maaß haben, fordere ich hierdurch auf, selbige bei mir binnen 14 Tagen einzureichen, indem später solche nicht berücksicht werden können.
Schönberg, den 8. Februar 1856.

                                                    Fr. C. Schlebusch,
                                                    als Curator des gemüthskranken
                                                    Klempners Maaß.


Für dieRatzeburgerBahnhofs=Restauration wird zum 15. Februar eine gewandte Demoiselle gesucht. Hierauf Reflectirende wollen sich melden im Hotel zum Rathskeller in Ratzeburg.


Kirchliche Anzeige.

Sonntag Reminiscere. Hauptpredigt: Pastor Pumplün.
Kein Nachmittagsgottesdienst.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 32-52 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 4-8 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg) 26-30 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg) 8-16 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg) 4-6 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 44-46 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 16-20 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 18-20 Mark (Lübeck)
Butter 10 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, a Faß 8 Schilling (Mecklenburg).
Altona=Hamburger Viehmarkt.
Fette Ochsen, Handel gut, 100 Pfund 11-14 Taler (Mecklenburg).
Fette Schweine, gut, 100 Pfund 36-38 Mark.


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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