No. 6
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 08. Februar
1856
sechsundzwanzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1856 Nr. 6 Seite 1]

Alle vom 1. August 1834 bis zum 31. Julius 1835, beide Tage einschließlich, gebornen jungen Leute männlichen Geschlechts werden, um Zwecks der bevorstehenden Militair=Aushebung angeschrieben zu werden, hiermit geladen, am Sonnabend

den 16. Februar c., Morgens 9 Uhr,

vor Großherzoglicher Landvogtei zu erscheinen, zugleich auch angewiesen, unfehlbar ihre Taufscheine mitzubringen.
                Für diejenigen jungen Leute, welche auf Wanderung, oder sonst behindert sind, am gedachten Tage persönlich zu erscheinen, muß einer der Angehörigen, oder der Vormund sich einfinden und den Taufschein produciren.
                    Schönberg, den 26. Januar 1856.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          F. Graf Eyben.       C. L. v. Oertzen.       Plettner.


- Die englische und französische Regierung sollen beschlossen haben, die Rüstungen zur See wie zu Lande vorläufig nicht einzustellen, bevor ein befriedigender Friedens=Tractat abgeschlossen sein wird. Auch die Lieferungs=Contracte für Armeebedürfnisse sind wieder verlängert. - Im englischen Volk herrscht keine Neigung zum Frieden, da das Land in diesem Kriege viel verloren, aber nichts gewonnen hat und daher bei einer Fortdauer des Krieges auf eine bessere Wendung dieses Verhältnisses hofft. Dagegen giebt es dort eine entschiedene Friedensparthei, deren Macht fortwährend wächst und die sich jetzt besonders geltend macht. Frankreich wünscht den Frieden so sehr, daß es vorschnell ihn zu haben meint. Die öffentliche Meinung dort spricht jetzt laut und nimmt Parthei für den Frieden. Was Rußland angeht, so hat Kaiser Alexander am 16. Januar einen Entschluß gefaßt, der seine Versöhnlichkeit und Menschenfreundlichkeit unvergessen machen wird in der Weltgeschichte. Er hat für den Frieden seines Landes und des ganzen Europas unbesiegt die größten Opfer gebracht und die Hand so weit ausgestreckt zur Versöhnung, daß selbst die Gegner überrascht waren. Er hat ein Recht darauf, daß Europa dies anerkenne, und daß seine Gegner ihm nun eben so loyal entgegenkommen. Ob die Türkei den Frieden will oder nicht, davon ist nirgends die Rede.
- In Wien sind am 1. Februar die Friedens=Präliminarien durch die Gesandten von Oestreich, Frankreich, England, der Türkei und Rußland unterzeichnet. Dabei wurde der Waffenstillstand grundsätzlich festgestellt. Eine Mittheilung über die Friedens=Präliminarien wird Oestreich demnächst an die deutsche Bundes=Versammlung machen, wobei man auch auf einen Anschluß Deutschlands hofft.
- Aus der Krim wird nichts neues gemeldet. In Sebastopol sind die prachtvollen Docks jetzt sämmtlich gesprengt. Bei Kertsch und bei Kinburn erwarteten die Franzosen Mitte Januar einen Angriff der Russen über das Eis.
- Am 1. ist zu Warschau der Fürst Paskiewitsch nach langen und schweren Leiden gestorben; er war 1782 geboren, trat sehr jung ins Militair, wurde 1807 bei Austerlitz verwundet, 1812 kämpfte er bei Smolensk, 1813 bei Leipzig; 1826 besiegte er die Perser, 1827 die Türken und nahm die Festungen Kars und Erzerum mit Sturm; 1829 schlug er die polnische Revolution nieder und 1849 die ungarische.


Vermischtes.

- In Hamburg, Berlin und überhaupt auf allen deutschen und auswärtigen Märkten hatte das Fallen der Getreidepreise das Ende noch nicht erreicht. Die alten Bestände kommen immer mehr an den Markt und bewirken ein allmäliges Nachgeben der Preise. Doch der größere Druck scheint der vollendeten Gewißheit des Friedens noch bevorzustehen. In den russischen Ostseeprovinzen dagegen war das Getreide seit Bekanntwerden der Friedensaussichten um 25 Procent gestiegen.
- Am Donnerstag den 14. Februar wird in Lübeck ein Pferdemarkt abgehalten. - Im Laufe des Monats Januar sind in Lübeck durch den Brodverein 27,566 Brodkarten, im Werthe von 5168 Mark 10 Schilling (Mecklenburg), an Bedürftige ausgegeben. Mit der ferneren Vertheilung solcher Karten, zu 2 Schilling (Mecklenburg) das Stück, soll auch für die Monate Februar und März fortgefahren werden. Daneben werden an Unbemittelte Kartoffeln per Scheffel zu 26 Schilling (Mecklenburg) abgelassen.
- Am 21. Januar hielt der landwirthschaftliche Verein für das Herzogthum Lauenburg eine

[ => Original lesen: 1856 Nr. 6 Seite 2]

Versammlung, hier wurde berathen über Verwendung des von Sr. Majestät dem König zu landwirthschaftlichen Zwecken bewilligten Summe von 400 Taler (Mecklenburg). Man beschloß, vorerst durch den Ankauf von Zuchtpferden Verbesserung der einheimischen Pferdezucht einzuleiten, und wurde vorgeschlagen, besonders die Verbreitung der hannoverschen Pferderace zu befördern. Am 22. März wird eine dritte Versammlung in Ratzeburg, und am Tage vor der Thierschau eine vierte in Mölln abgehalten werden. - Die lauenburger Domaine Hollenbeck, Amts Ratzeburg, soll nächstens parcellirt werden. Dies Gut hält 15 Last Acker, und fällt zu Maitag außer Pacht. Die Gebäude sind so schlecht, daß bei einer neuen Verpachtung der ganze Hof neu gebaut werden muß, deren Bauanschlag 30,000 Taler (Mecklenburg) beträgt. Zur Ersparung dieser Summe scheint es vortheilhafter den Hof zu parcelliren und durch den Verkauf, mit Hülfe eines immerwährenden Canons, die Einnahme der Domainenkasse zu sichern.
- Es wird angenommen, daß die gestiegenen Zuckerpreise ihren Grund mit darin haben, daß sich jetzt viele Rübenzuckerfabriken mit der Branntweinfabrikation aus Rübensaft beschäftigen. Allein in Frankreich sind an 100 Rübenzuckerfabriken eingegangen und in Spiritusfabriken umgewandelt.
- In Paris hörte man von nichts als von Bällen. Man wußte in der vornehmen Welt nicht mehr, wo anfangen, wo aufhören. In einem Hotel zählte man nicht weniger als 6000 Personen, 4 Orchester und 30,000 Portionen Eis und alle Uniformen der bekannten Welt. Die Reihe der Equipagen war so groß, daß viele der Eingeladenen, wenn sie nicht den Muth hatten, die Straße entlang zu Fuß zu gehen, die halbe Nacht in ihren Wägen zubrachten und die Ballsäle erst Morgens 4 Uhr in dem Augenblick erreichten, wo die Mehrzahl der Tänzer sich tanzmüde zurückzog. Kurz das Gedränge war so groß, daß viele der kostbarsten Schmuckgegenstände verloren gingen und des Morgens auf dem Kampfplatz gefunden wurden. Ehe der dazu angestellte Diener diese Sachen den Eigenthümern wieder zurückgab, hatte er den Einfall, zu erfahren, wie viele hunderttausend Franken diese verloren gegangenen Brillanten etc. wohl werth sein mochten.. Er ließ einen Juwelier kommen, und fragte ihn: Wie hoch schätzen Sie dies Alles? Der Juwelier prüfte diese Gegenstände mit der größten Aufmerksamkeit. Mein Herr, sagte er, sie sind wohl 60 Franken werth. - Der falsche Schmuck war nie so sehr in Mode wie jetzt.
- Ein englischer Officier, Namens Bell, welcher vor zwei Jahren in einem Gasthofe in Granville wohnte, blieb dem Wirthe bei seiner Abreise ungefähr 600 Francs schuldig, wogegen er ihm einen kleinen Reisesecretair zurückließ, dessen Aufbewahrung er dem Gasthofbesitzer anempfahl. Da Bell auch an verschiedene andere Personen der Stadt eine Summe von etwa 2000 Francs schuldete und Tag um Tag, Jahr um Jahr verging, ohne daß man von ihm hörte, so wurden die Gläubiger unruhig und ersuchten den Polizei=Commissar der Stadt, den Inhalt des im Depot gelassenen Reisesecretairs zu constatiren. Der Koffer wurde durch den Beamten geöffnet, und man war nicht wenig erstaunt, in demselben in verschiedenen Wertpapieren die Summe von 1,300,000 Francs zu finden. Die Gläubiger können nun ruhig sein. Von Bell aber weiß man vorerst nur, daß er seiner Zeit, d. h. vor zwei Jahren, zu seinem Regimente nach Bombay abging. Seitdem soll er von Indien nach der Krim gekommen und dort auf dem Felde der Ehre gefallen sein.
- Ein Pariser Fleischer hat seinem Sohne, der bei der leichten Infanterie in der Krim dient, einen lebendigen, 25 Centner schweren Ochsen, den er seit einem Jahre mästet, zum Neujahrsgeschenk gemacht. Man erbot sich, ihm das ungeheure Thier um 700 Francs abzukaufen, - aber der Familienvater blieb bei seinem Vorhaben; er verwarf alle Anerbieten und bestand darauf, seinem Sohne, einem tapfern, kürzlich decorirten Soldaten, dieses "zarte" Andenken zu schicken. - Der Ochse hat Lyon bereits passirt und ging unverzüglich nach Marseille ab.
(Chinesisches Rezept zum Theekochen.) Setze über ein mäßiges Feuer ein Gefäß mit drei Füßen, fülle es mit klarem Wasser von geschmolzenem Schnee, laß dieses Wasser bis zu dem Grade erwärmt werden, bei welchem der Fisch weiß und der Krebs roth wird, gieße dieses Wasser auf feine Blätter einer auserwählten Theesorte, laß es etwas stehen, bis die ersten Dämpfe, welche eine dicke Wolke bilden, sich allmählig vermindern und nur leichte Nebel auf der Oberfläche schweben, trinke alsdann langsam diesen köstlichen Trank.


Eine altenburgische Bauernhochzeit.

Die deutschen Touristen und Reisenden sind sonderbare Leute. Um originelle, nationale Sitten und Trachten zu sehen, flüchten sie sich aus dem Gewühl der großen Städte des platten Landes hinunter nach Italien, in die apulischen Gebirge oder zu den Basken, in die Thäler der Pyrenäen oder gar zu den Beduinen in der Sahara, während in dem Herzen Deutschlands ein Volksstamm hauset, dessen Sitten und Trachten zum Wenigsten eben so ursprünglicher Natur, als die irgend eines, den wir in weiter Entfernung aufsuchen, wir meinen die altenburgische Bauernschaft, diesen letzten, unvermischten Rest der alten Sorben=Wenden.
Ich war noch ein junger Student, als ich einst eine kurze Zeit unter diesem Völkchen weilte, aber die Bilder, die ich da gesehen, haben sich meiner Erinnerung so tief eingeprägt, daß sie noch heute in bunten, frischen Farben vor dem innern Auge stehen. - Der rauhe, scharfe Nordwind strich schon über die gelben Stoppelfelder der fruchtbaren, wellenförmigen Ebene, als wir in das Dorf, wo unser Gastfreund wohnte, hineinfuhren. Der erste Anblick schon zeigte von der Behäbigkeit und Wohlhabenheit dieser Bauern, die in ihren weißen, weiten, gefältelten Hemdärmeln, ihren kurzen, schwarzen, ledernen Pumphosen, das runde, schwarze Filzhütchen auf dem Kopf und die Thonpfeife zwischen den Zähnen, vor ihren Gehöften standen, und sich in ihrer eigenthümlichen Mundart von ihren bäuerlichen Arbeiten unterhielten. - Da sah man keine alten, zerfallenen, mit Stroh oder Schindeln gedeckten Hütten, keine verwilderten, mit Unkraut überwucherten, von zerbrochenen Stacketen oder verfaulten Zäunen umschlossenen Gärtchen, kein mageres, dürftiges Vieh in wüstem Durcheinander auf unreinlichem Hof, keine unsauberen, verkommenen Menschengestalten, wie sie wohl hie und da in manchen ländlichen Bezirken dem Auge entgegentreten. Alle die Bauernhöfe an den beiden Seiten der Dorfgasse waren gar stattliche, steinerne, mit rothen Ziegeln gedeckte Gebäude mit zierlichen, reinlich gehaltenen Gärtchen daneben, in denen noch bunte Herbstblumen, Astern und Georginen blühten. Frische muntere Mädchengesichter mit glänzenden Wangen, um die Stirn ein farbiges kattunenes oder seidenes Tuch, mit auf den Nacken herabfallenden Zipfeln, geschlungen, sahen aus den Fenstern oder standen an den Zäunen der Gärtchen und unten, von der Dorfgasse herauf, trieben die Kühjungen braune, glänzende, fette Rinder, die von der Weide auf den Wiesen kamen, in die einzelnen, von dem eigentlichen Bauernhof abgesonderten Viehhofe. - "Ihr kommt zu rechter Zeit," sagte unser Freund, uns die Hand zum Willkommen reichend, "denn morgen zum Durstig (Donnerstag) ist große Hochzeit, meines Nachbars Jüngster, der Malcher (Melchior) freit die "schüne Bille" in - dorf." Die "schöne Bille" sollte schöne Sybille heißen. "Wir gehören zur Freundscht (Freundschaft) und Ihr könnt als Trollgast mitgehen."
Eine altenburgische Bauernhochzeit! Wahrlich,

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wir konnten dem Zufall danken, der uns zu so glücklicher Stunde herführte. Kaum warf am andern Morgen die Herbstsonne ihr mildes Licht durch die von Weinranken überzogenen, runden Fensterscheiben auf die großblumigen Kattunvorhänge des hohen Himmelbettes, in dem wir im Gastzimmer schliefen, als rauschende Musik von der Dorfgasse herauf ertönte, Pistolenschüsse die Luft erschütterten und rasselnde Wagen mit muthigen, laut wiehernden Pferden bespannt, zur Dorfgasse heraufrollten. Als wir mit dem Gastfreunde aus dem Thor des Gehöftes traten, herrschte schon lautes, buntes Durcheinander vor dem Hause des Nachbars, dessen Sohn der Bräutigam war. Da saßen auf hohen, kräftigen, prächtig aufgeschirrten, braunen und schwarzen Hengsten, von deren Köpfen rothe, gelbe, blaue, orangefarbene Bänder niederflatterten und deren lange Schweife in grüne Laubguirlanden und bunte Blumensträußer eingebunden waren, stattliche Bauern in langen, kurztaillen, schwarzen, mit grünem Flanell gefütterten Röcken, weiten, schwarzledernen, bis an das Knie reichenden Hosen, und hohen eng anschließenden Stiefeln, kleine Blumenbouquets auf den runden Filzhütchen. Musikanten in grünen Tuchspenzern und denselben Unterkleidern, wie sie die Reiter hatten, standen vor dem Gehöfte und schmetterten aus ihren Trompeten und Posaunen lustige Tänze und Volksmelodien in die frische, herbstliche Morgenluft hinaus, während buntgekleidete Frauen und Mädchen, deren Tracht wir später ausführlicher beschreiben werden, in der großen Wohnstube an breiten, schneeweiß gescheuerten eichenen Tischen bei Kaffee und Kuchen saßen.
Vor dem Thor des Gehöftes aber stand zwischen zwei großen Körben die kleine Mäd (Magd) und vertheilte ganze Berge voll breiter= und Sternkuchen an die sie umringende, schreiende und jubelnde Dorfjugend. Unterdessen kamen immer mehr Hochzeitsgäste in bebänderten und mit Guirlanden verzierten Wagen unter lustigem, übermüthigen Gejodel die Dorfgasse heraufgefahren - denn der Bräutigam und die Braut hatten eine große "Freudscht" - und der Zug setzte sich endlich, nachdem sich auch die zuletzt Gekommenen mit kaltem Braten und Geflügel, Bier, Schnaps, Kaffee und Kuchen gestärkt, in Bewegung. Voran auf einem mit Laubwerk, bunten seidenen Bändern, Herbstblumen und Flaggen geschmückten Wagen saßen die Musikanten und spielten lustige Weisen auf. Dann hoch zu Roß: der Festordner und Leiter des Ganzen, der Hochzeitbitter. Von der Spitze seines hohen Hutes, an dessen hinterer Krempe zwei große, grüne, mit Blumen durchflochtene Kränze befestigt waren, flatterten seidene, weiße, rothe und grüne Bänder, unter welche sich auch ein einziges schwarzes gemischt hatte; ein Zeichen, daß eins von den Aeltern des Brautpaars - es war die Mutter des Bräutigams - gestorben sei. In der Linken hielt er einen kurzen, braunen Stab, während aus der Brusttasche der langen, feintuchenen, schwarzen Kappe der Zipfel eines zierlich zusammengelegten, buntseidenen Taschentuchs stutzerhaft heraushing. - In früheren Zeiten war das Amt eines Hochzeitbitters ein sehr gesuchtes und noch einträglicher als jetzt. Hinter dieser wichtigen Person unseres Festzuges ritt zwischen seinen zwei Brüdern, ein Blumenbouquet im Knopfloch und einen Rautenkranz mit einem Sträußchen auf dem Hütchen, der glückliche, rotwangige Bräutigam, dem die übrigen Bauern gleichfalls zu Pferde folgten. - Den Männern folgten die, welche himmlische Rosen in's irdische Leben flechten: die Frauen und die Mädchen, oder vielmehr die Hormtjungfern in ihrem strahlenden, phantastischen Schmuck. "Hormtjungfern?" - Wer sind diese räthselhaften Jungfrauen, was bedeutet dieses seltsame Wort? Nun, die Hormtjungfern sind eben frische, blühende, rosige Mädchengestalten, welche die Braut zum Altare geleiten und die ihren Namen von dem blitzenden, funkelnden Kopfputz, den sie auf dem Haupte tragen, von dem "Hormt" - ein altes wendisches Wort - haben. Dieses Hormt, welches von den altenburgischen Bauernmädchen, aber nur von den Mädchen, nicht von den Frauen, bei Kindtaufen und Hochzeiten getragen wird, ist eine Art runder Schachtel - möchten wir fast sagen - mit purpurrothem Sammet überzogen, an welchem eine Menge kleiner silbernen Tafeln mit silbernen Knöpfchen, an denen wieder kirschblätter=ähnliche vergoldete Schildchen hängen, befestigt sind. Am Hintertheil dieses seltsamen Kopfputzes gehen zwei aus den Haaren des Mädchens geflochtene und mit farbigem Sammetband umwundene Zöpfe, zwischen denen ein Kränzchen aus Silberlahn sitzt, bogenförmig empor und farbige Glaskorallen erhöhen den Glanz dieses funkelnden und bei der leisesten Bewegung des Hauptes klingenden und tönenden phantastischen Kopfputzes. Ein buntfarbiges Mieder von Seidenzeug, mit jenem überzogenen, seltsamen, pappenen Küraß, der als Vorstecklatz dient, ein engärmliches Jäckchen von gleichem Stoff, wie der des Mieders, ein kurzer, bis zur Wade reichender, buntcarrirter, sehr faltiger Rock, unter welchem coquett die gestickten, mit Goldfäden durchwirkten Strumpfbänder, und die weißen, durchbrochenen Strümpfe hervorschimmern und kleine, zierliche Saffianpantoffeln, die einen netten, wohlgeformten Fuß bedecken, vollendeten den Anzug dieser Mädchen, der zugleich, mit Ausnahme des Hormt, ihre gewöhnliche Sonntagstracht ist. Denn die während der Werkeltage besteht, wenn auch Form und Schnitt gleich sind, doch aus geringeren Stoffen.
Die Arrieregarde des Zugs endlich bildeten wieder Bauern auf ihren mit rothem, gelbem, grünem Riemenzeug geschirrten Pferden. So geordnet, brach die Karavane auf und brauste unter Sang und Klang und Gejodel durch mehrere Dörfer, die man passiren mußte, ehe man in das Heimathdorf der Braut kam. In jedem Dorf kamen die Einwohner aus ihren Häusern, brachten Bier, Branntwein und kalte Speisen, mit denen sie gastfreundlich die durchziehenden Hochzeitsgäste bewirtheten. Vor noch gar nicht langer Zeit gab es dabei noch mehr Formen und Ceremonien. - Drei bis vier Reiter sprengten dem Zuge voraus, hielten auf dem freien Platz in dem Dorf, welches der Hochzeitszug passiren mußte, an, erhoben sich in dem Sattel und trugen mit lauter, weit hinschallender Stimme: ob es ehrlichen Leuten erlaubt sei, hier einzusprechen, ihre Geschäfte zu verrichten und sich mit Speise und Trank zu erquicken und dann ungehindert ihres Wegs zu ziehen, auf welche ernsthafte und förmliche Anrede eine ebenso ernsthafte Antwort nach hergebrachter Form gegeben wurde. - Vom Morgenwind herübergetragene Glockenklänge, die verkünden sollten, daß heute eine Trauung stattfinde, sagten uns, daß wir uns dem Heimathsdorf der Braut näherten. - Noch eine Biegung der Straße, und die rothen Giebel der Häuser glänzten dem Blick entgegen. Frischen Athem holten die Musikanten, lauter erscholl ihre Fanfare und unter brausendem Jubel und Jodeln stürmte der Zug der Gäste zu Roß und Wagen in's Dorf. Am Hause der Braut standen die Aeltern und Verwandten zum Gruß und zur Bewillkommnung bereit, und nach einem rasch verzehrten Frühstück ging es zur Kirche.
Voran wieder die Musikanten, einen lustigen Hochzeitsmarsch blasend, dann der Brautführer und die Braut mit dem Hormt, ihr zur Linken der Küster mit einem Rosmarinstengel und einem buntseidenen Tuch in der Hand, und dicht hinter ihr der glänzende Schwarm der Hormtjungfern und die übrigen weiblichen Hochzeitsgäste. - In ähnlicher Ordnung, ebenfalls mit Musikanten an der Spitze, zog der Zug des Bräutigams einher, nur daß dieser von

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einem sogenannten Brautdiener geleitet wurde. Nach Beendigung der kirchlichen Ceremonie, bei welcher unter Anderem die Brautleute einen Mahlschatz unter sich wechselten, der aus einer Reihe an einer grünseidenen Schnur befestigter alter Henkel Speciesthaler bestand, ging es in derselben Weise zurück in's Hochzeitshaus. -

(Schluß folgt.)      


Eichen= und Holz=Auction.

Am

Sonnabend, den 16. Februar dieses Jahres,
Morgens 9 Uhr,

sollen im Holze des Gutes Lowitz bei Rehna, 1/4 Stunde von der Rehna=Schönberger Chaussee entfernt, circa 50 Stück gefällte und abgelängte Eichen, die sich zu Schiffsbauholz qualificiren, sowie circa 25 Faden Buchen Kluftholz gegen sofortige baare Zahlung öffentlich meistbietend verkauft werden. - Die Besichtigung des Holzes ist nach zuvoriger Meldung auf dem Hofe zu Lowitz jederzeit gestattet, auch können die Bedingungen dort eingesehen werden.
          Lowitz im Februar 1856.


Vermischte Anzeigen.

Die

Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebens=, Leibrenten= und Sterbekassen=Versicherungen, Zeitrenten=, Darlehns=, Einlage= und sonstige Geldgeschäfte ab, und verzinst alle Kapital=Einlagen von mindestens 50 Taler (Mecklenburg) mit 3 1/4 Procent für's Jahr, durch die unterzeichneten Agenturen.

Agentur Schönberg und Dassow.
J. P. Bade,              J. P. Oldörp,
Buchbinder.              Schul= und Siechenmeister


Da meine Zeit es nicht erlaubt, die Spinnerei zu betreiben, so sehe ich mich genöthigt drei Maschinen, als: eine Tock=, eine Kratsch= und eine Spinnmaschine zu verkaufen, und bitte die löblichen Weber oder Maschinen=Freunde, sich bei mir in Duvennest einzufinden. Die Spinnmaschine spinnt 30 Faden, sie kann auf 80 Faden gestellt werden.
Auch sind bei mir ein paar hundert Grafensteiner=, Nonnen=, Kammrath=, Goldperlen= und Schmuck=Aepfelbäume vorräthig, welche ich allen Stadt= und Landbewohnern zum raschen Verkauf empfehle. Der Baum kostet 6 Schilling (Mecklenburg).

                                                    D. Brüggemann,
                                                    Schul= und Webermeister.


Von dem 1. Februar bis Ende des Monats werden sämmtliche bei der Inventur heruntergesetzten Manufaktur=Waaren, darunter auch Mäntel und Mantillen, zu sehr niedrigen Preisen verkauft, bei

                                                    U. Beermann & Co.
                                                    in Lübeck,
                                                    Klingberg Nro. 927.


Einem verehrlichen Publikum Schönbergs und Umgegend die Anzeige, daß ich den bevorstehenden Fastnachts=Markt zum letzten Male mit meinem noch vorräthigen

Tuch=, Manufactur= und Mode=Waaren=Lager

besuchen werde. Um mein gesammtes Lager, wie schon mehrfach in diesen Blättern angezeigt, so rasch als möglich zu räumen, habe ich die Preise für sämmtliche Waaren aufs allerwohlfeilste gestellt, so daß jeder seinen Einkauf zu spottbilligen Preisen nehmen kann. Ich offerire feines Tuch

die Elle jetzt zu 1 Taler (Mecklenburg) 8 Schilling (Mecklenburg), reeller Preis 1 Taler (Mecklenburg) 40 Schilling (Mecklenburg),

allerfeinste Sorte

die Elle zu 1 Taler (Mecklenburg) 24 Schilling (Mecklenburg), reeller Preis 2 Taler (Mecklenburg) 24 Schilling (Mecklenburg);

eben so alle anderen, als: seidene, wollene, halbwollene und baumwollene Waaren in demselben billigen Verhältniß.
Sämmtliche Waaren sind reel und von bester Qualität, und darf ich um so mehr auf recht zahlreichen Zuspruch Rechnung machen.
Mein Stand ist vor dem Hause des Herrn Posthalters Fick und ist die Bude mit meiner Firma versehen.

                          Achtungsvoll
Rehna.                                                     S. J. Saul.


Moritz Stein
aus
Ratzeburg
empfiehlt zum bevorstehenden Markte sein bekanntes
Tuch= und Manufacturwaarenlager.

Sein Stand ist im Hause des Posthalters Herrn Fick. Um damit aufzuräumen werden weit unter dem Einkaufspreise verkauft: Hosenzeuge, Westen, Tücher, Kleiderzeuge und Cattune. Ganz besonders empfehlenswerth sind feine couleurte und schwarze Paramattas, volle 7/4 breit, zu 8 Schilling (Mecklenburg) die Elle.


Alle diejenigen, die etwa noch Forderungen an den gemüthskranken Klempnermeister Maaß haben, fordere ich hierdurch auf, selbige bei mir binnen 14 Tagen einzureichen, indem später solche nicht berücksicht werden können.
Schönberg, den 8. Februar 1856.

                                                    Fr. C. Schlebusch,
                                                    als Curator des gemüthskranken
                                                    Klempners Maaß.


Für dieRatzeburgerBahnhofs=Restauration wird zum 15. Februar eine gewandte Demoiselle gesucht. Hierauf Reflectirende wollen sich melden im Hotel zum Rathskeller in Ratzeburg.


Kirchliche Anzeige.

Sonntag Invocavit. Hauptpredigt: Pastor Masch. Statt der Frühkirche während der Fastenzeit Nachmittagsgottesdienst.
Freitag den 15. Februar: Bußtag. Hauptpredigt: Pastor Gerling. Text: 1 Moses 4, 8-16. Nachmittagspredigt: Candidat Fischer. Text: 1 Cor. 11, 31. 32.


Getraide und Markt=Preise in Lübeck

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 32-52 Schilling (Mecklenburg),     Wicken 1 Taler (Mecklenburg) 4-8 Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg) 26-30 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen 1 Taler (Mecklenburg) 8-16 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg) 4-6 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 44-46 Schilling (Mecklenburg),     Sommer=Rapsaat - Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg) 16-20 Schilling (Mecklenburg),     Schlagleinsaat 18-20 Mark (Lübeck)
Butter 10 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.      Kartoffeln, a Faß 8 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


[ => Original lesen: 1856 Nr. 6 Seite 5]

Extra=Ausgabe
zu den Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 11. Februar 1856.

In der Nacht vom 31. Januar/1. Februar d. J. ist zu Sülsdorf aus einer dem Hauswirth Burmeister daselbst gehörigen Scheune mittelst Einbruches eine große Menge dort zum Trocknen aufgehängt gewesenen Wäsche gestohlen worden, und zwar gegen 40 Hemden, 6 Bettlaken, mehreres Tischzeug u. s. w.
Die Thäter - wahrscheinlich sind deren zwei oder mehrere gewesen - haben sich bisher nicht ermitteln lassen, und ersuchen wir demnach sämmtliche verehrliche Gerichts= und Polizei=Behörden hierdurch zur Hülfe Rechtens, auf obenbenannte Gegenstände - die näher nicht bezeichnet werden können - sowie auf die Thäter vigiliren zu lassen, letztere nebst den gestohlenen Effecten im Betretungsfalle anzuhalten und uns sodann sofort mit Nachricht zu versehen. Wir erklären uns zur Erstattung der dadurch etwa verursacht werdenden Kosten bereit.
Schönberg, den 5. Februar 1856.

                          Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.
(L. S.)


Bekanntmachung.

Der hiesige Frühjahrs=Markt wird nicht wie bisher am Dienstag und Mittwoch nach Reminiscere - sondern nach Cantate - in diesem Jahre am 22. und 23. April abgehalten werden.
Schönberg den 9. Februar 1856.

                                                    Magistrat.


Landwirthschaftlicher Verein für das Herzogthum Lauenburg.

Nächste Versammlung am Freitag den 22. Februar in Ratzeburg.



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