No. 31
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 01. August
1834
vierter Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1834 Nr. 31 Seite 1]

Vorladungen.

Proclama.

        Zur Richtigstellung der Hinterlassenschaft des, ohne Leibes=Erben hieselbst verstorbenen, zu Zittow gebürtigen Brennerknechts Johann Joachim Gottlieb Hochgreiff, werden alle diejenigen, welche an den Nachlaß desselben aus Erbrecht oder sonst irgend einem erdenklichen Grunde rechtsbegründete Ansprüche machen zu können glauben, geladen, solche

am 30sten August d. J.

Morgens 11 Uhr specificirt und gehörig bescheinigt, vor der unterzeichneten Behörde auf dem Stadthause hieselbst, unter dem ein für allemal angedroheten Nachtheil der gänzlichen Ausschließung von der Nachlaß=Masse, anzuzeigen.
    Rehna den 29sten May 1834.

Bürgermeister und Rath.      


        Zur Liquidation und Bescheinigung jeglicher Ansprüche an den wailand Jäger Frahm zu Schwansee ist auf den 30sten August d. J. Termin festgesetzt, wozu alle, welche solche Ansprüche haben, sub praejudicio pro omni praeclusionis vorgeladen werden.
      Grevismühlen im Schwanseeer Patrimonial=Gericht den 13. May 1834.

Zum Patrimonialgericht Verordnete.  


        Es hat der Kaufmann Schultz hieselbst als Vormund der Christoph Levermannschen Minorennen dahier, zur Registratur erklärt, wie er den Nachlaß der jüngst verstorbenen Levermannschen Eheleute für seine Pupillen nur sub beneficio legis et inventarii anzutreten gedenke, und zu dem Ende gebeten, den beregten Nachlaß zu proclamiren. Es werden daher alle diejenigen, welche an diese Masse Forderungen und Ansprüche jeglicher Art zu machen haben, hiedurch peremtorisch geladen, solche ihre Ansprüche an den auf Sonnabend

den 30sten August d. J. 10 Uhr
vor Mittag

von uns anberahmten Liquidations=Termine vor uns auf der Rathsstube specifice und wohl bescheiniget anzugeben, im Unterlassungs=Falle aber zu gewärtigen, daß sie damit unter Auflegung eines

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ewigen Stillschweigens werden ab und zur Ruhe verwiesen werden.
    Gadebusch den 27. May 1834.

Zum Waisengericht Verordnete.    


Vermischte Anzeigen.

          Zur bevorstehenden Erndte empfiehlt sich mit schönem Berger Flohm=Hering, zu billigen Preisen,

M. F. Bunge in Lübeck,      
an der Trave Nr. 474.        


Etwas über Mäßigkeits=Vereine.

          "Man hört und liest seit einiger Zeit Manches von Mäßigkeits=Vereinen," sagte Jemand in einer Gesellschaft, als eben einer der Anwesenden einen darauf bezüglichen Zeitungs=Artikel vorgelesen hatte. "Ich kann darüber nicht klug werden, besonders da die Vereine unter Völkern aufkommen, die ehehin und meines Wissens noch jetzt im Rufe der Mäßigkeit stehen." "Eben darum," entgegnete ein Anderer, "weil unter diesen Völkern das Laster der Unmäßigkeit vom bessern Theile verabscheut wird, und der Greuel dieses Lasters ihm vor Augen liegt, findet die Mäßigkeit noch ihre Verehrer - und da kein Volk so tief gesunken ist, daß nicht einzelne Wenige sich von den öffentlichen Lastern frei hielten, so schließen sich eben diese näher aneinander, eines Theils um durch Vereinigung stärker zu werden im Kampfe gegen die Versuchung, andern Theils, um Verbesserungsfähige zu bessern, und überhaupt einem allgemeines Verderben drohenden Uebel einen Damm entgegenzusetzen, gegen welches keine positiven Gesetze besonders in Freistaaten anzuwenden sind.
          "Es giebt allerdings," nahm nun ein Dritter das Wort, "National=Laster, die durch keine Gesetze unterdrückt werden können; die Nothwendigkeit tritt oft ins Mittel, und der helle Verstand der bessern Staatsbürger benutzt die Krisis, heilende Mittel anzuwenden. Dahin gehören die Mäßigkeits=Vereine, welche ganz gewiß dem Verstande und dem Patriotismus ihre Entstehung verdanken.
          Allerdings herrschte die leidige Trunkliebe ungesunder hitziger Getränke unter den Nordamerikanern bis 1828 weit ärger, als im Norden Europa's und in den Ländern, wo leider die Wohlfeilheit des Kartoffelbranntweins und die Theurung des Biers uns täglich Scheusale der Trunkenheit zeigt. - Jährlich starben von 13 Millionen Menschen in den nordamerikanischen Freistaaten wenigstens 30,000 an den Folgen der Völlerei, ohne diejenigen, welche unter den 2 Millionen Negersklaven sich diesem Laster ergeben hatten, und von 5000 Verbrechern, welche im Staate New=York mit einer freien Bevölkerung von mehr als 2 Millionen Köpfen jährlich bestraft wurden waren weit über die Hälfte Personen, welche im trunkenen Muthe Verbrechen und Frevel begangen hatten.
          Alle Laster schänden den sittlichen Menschen, machen ihn jedoch nicht absolut zum Sklaven eines thierischen Genusses, und weil dies der Fall ist, so kehrt doch mancher Lasterhafte früher oder später zur sittlichen Regelmäßigkeit und zur Selbstbeherrschung zurück; allein die Trunkenheit raubt dem Säufer den Gebrauch jeder edleren Seelenkraft und läßt die Arbeitsamkeit des thätigsten Mannes lässig werden.
          In allen civilisirten Staaten vermag die öffentliche, von der Vernunft unterstützte Meinung gar viel. Wenn daher in solchen verkehrte Gesetze, Sitten und Gewohnheiten die Menschen lange genug geplagt haben, so entsteht aus den Mißbräuchen selbst mit oder ohne Mitwirkung der Regierung ein besserer Zustand. Weil im Staate New=York von der Periode des Freiheitskrieges her die Völlerei besonders in der Hauptstadt gleichen Namens mit 200,000 Einwohnern, also der größten amerikanischen Stadt, überhand genommen hatte, so sammelten sich dort zuerst und hernach überall erst in diesem und hernach in andern Frei=Staaten freiwillige Vereine, welche dem Branntweine, Rum und Arrak gänzlich entsagten. Es entstanden 21 Hauptmäßigkeitsgesellschaften mit 4000 Filialen. An diesen Gesellschaften nehmen jetzt Theil 1 1/2 Million Köpfe.
          650 Seeschiffe, amerikanischer Flagge, untersagten sich allen Gebrauch jener Getränke, weil die Rheder keine andern Kapitaine, Steuerleute und Matrosen annahmen, als die sich diesem Vereine anschlossen. - Ueber die Hälfte der Brauereien gingen ein, die Einfuhr destillirter Getränke fiel monatlich immer mehr. Die klugen Jungfrauen beschlossen, nur Jünglinge zu heirathen, welche sich dem Mäßigkeitsvereine angeschlossen; die Väter gaben ihre Töchter nur ganz nüchternen Bräutigamen. Dieß wirkt um so mehr, da sich

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junge Männer nirgends früher verheirathen, als in den Freistaaten, wo es jedem fleißigen Familienvater so leicht ist, eine Gattin und Kinder zu ernähren.
          Verhältnißmäßig sind die meisten Mitglieder der tugendhaften Gesellschaft junge Personen, aber selbst viele der dem Trunke schwer ergebenen Greise treibt die Schaam der Verachtung, welche die Jugend wider lasterhafte alte Personen ausspricht, vom Laster allmählig zurück zu treten. Am Wenigsten schlossen sich ältere unverehelichte Personen beider Geschlechter dem Mäßigkeitsvereine an. Auch trifft man unter diesen unverehelichten die meisten Verbrecher und Egoisten.
          Ich rühme bei dieser Gelegenheit eines der weisesten Polizeigesetze Norwegens, daß nur Wittwen und Männer von höherem, wenigstens 50jährigem Alter und bekannter Nüchternheit Schenkwirtschaften in den Städten und auf dem Lande treiben dürfen. Der Grund des Gesetzes ist, daß das gemächlichste aller Gewerbe dem Alter ausschließungsweise gebühre. Irre ich nicht, so dürfen auch in einem Schenkhause in Norwegen keine ledigen Frauenzimmer auf ihre eigene Hand wohnen. Der norwegische storthing (Ständeversammlung) zeichnet sich durch feste Haltung an seine, als nützlich sich bewährende Verfassung aus, und seine Deputirten durch kurze Debatten über unbedeutende Staatsverfügungen. Er sucht sehr rühmlich die einfachen Sitten seiner Mitbürger zu erhalten.


Rückblicke.

      Aus einer Predigt vom J. 1687. - "seht, nur das Putzwesen, Thun und schmücken der Weiber! seht wie sie ihre Haare bleichen, hängen den Schädel über einen Gang in die sonne, waschen sich mit sonderlicher zugerichteten Lauge voll lauter Hoffahrt und Ziererei. Sie schmieren, schmücken und streichen mit diesem und jenem Wässerlein - die Kanne 8 bis 10 Gr. geltend - mit diesem und dem spanischen Kleisterwerk. Eine will klar und weiß sein, die andere glühend und roth, und machen's oft so grob, daß man das Geschmiere hinter den Ohren kleben sieht, oder der Safran in den Haaren klebt. Dabei ist kein Glaube, keine Andacht und kein Gewissen! - Des Spiegels können sie gar nicht entbehren und stehen stets vor demselben. So tragen sie auch die Spiegel nicht nur täglich in den Beuteln, sondern auch auf ihrem Nähekissen. Ja, Spiegel haben sie sogar in den Büchern, die sie mit in die Kirche nehmen; wenn man nun meint, sie sind andächtig und lesen in den Büchern, so schauen sie sich und andere in dem Spiegel. Eine Schande ist es mit den großen ungeheuren Ochsenköpfen und großen Zöpfen von gelben Haaren, die sich um die Köpfe herum wiegen wie große Waschplauel, daß man Pferde darauf tummeln mochte. Auch will es bei uns Deutschen und Sachsen aufkommen, daß der Weibspersonen große Ueppigkeit sich in dem gar schändlichen bloß tragen. O! Greuel und Frevel, das zu zeigen, was heimlich bleiben soll! - Das geschieht nun besonders von den Mädchen, solchen Schnepperlingen, die ihre Manier gar nicht genug aufthun können; daß doch solche Rauschause etwas auf die Schnäbel bekämen! So machen es aber heutzutage die männersüchtigen Weibsstücke, ehe sie noch von einem Freier oder Bräutigam wissen, tanzen und laufen sie, und bieten sich gleichsam selbst zum Kauf an. Durch solche Liebesmerkanzen aber beschandflecken sie sich selbst nicht wenig. - Ach Gott! sonst war eine Jungfrau eine Alma, jetzt macht sie sich zur Almoda! - Das kommt auch daher, daß viele in solche Komödien gehen, wie welche agirt werden; das ist liebliches Zeug!"
      "So ist es aber mit dem Weibervolke! da müssen sie haben mancherlei Schleier, gelb und klar, mit silbernen und güldenen Streiflein und hohlen Näthen, schöne und kostbare Mützen, Schleppen, Barete von Sammet, Cartek, klein, groß, rund, eckig, mit breitem Rande und Aufschlägen, mit dickem Zobelgebräme, große Wülste, schöne Hauben, die in die Augen flinkern, und gilt deren keine nicht, wenn sie nicht 10 oder 15, auch 20 Gulden kostet. Dabei stehen wohl seidene Zöpfe, Bänder, güldene Schnuren, dicke Perlenbänder, schmale und breite Borten mit silbernen Nadeln, güldene Hefte, Knäufe, köstliche Kränze u. dgl. mehr. - An den Hals gehören viele seltsame, wunderliche große und kleine Ketten. Demnach muß man haben feine Thiesemknöpfe, gekrümmte Goldgülden, Herzlein, Krenzlein, edle Gesteine in Gold gefaßt, köstliche Kragen, Schleier. Hernach kommen die feinen, bunten, unsittlichen Vorhänge oder Brustlatze etc. bzw. usw.. Weiße Handschuhe, Koller, die herrlichen Häublein von Damasken. Da schnüret und preßt man sich, daß man darüber ungesund wird. Hierzu gehören noch die schmalen, spitzigen Schuhe etc. bzw. usw.. Ach, welche Zeit haben solche Schlumpsäcke nur zu

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verwenden, um die Näthe dieses tollen Putzwerkes zu verfertigen! da giebt es mancherlei Näthe: spanische, welsche, englische mit mancherlei Benennungen, z. B. die blinde Nath, die Hohlnath, Kaisernath, Schnurnath, Zopfnath, Blochnath, Kreuznath, Faltennath, Malernath etc. bzw. usw.., kurz. so viel Näthe, als es närrische Köpfe giebt! etc. bzw. usw..


Vermischtes.

        So schreckliche und unzählige Jammerscenen vom Uebergange der Beresina im Jahre 1812 bekannt geworden sind, so weiß doch jeder der wenigen Zeugen, die dabei waren, immer noch unbekannte davon mitzuteilen. In "L. v. Roos ein Jahr aus meinem Leben, Petersburg 1832" findet sich S. 349 so eine Scene, die wohl Jedem, der einiges Gefühl hat, auf's Aeußerste ergreifen wird: "Die schöne fünfundzwanzigjährige Frau eines französischen Obristen hatte ihren Mann ein paar Tage vorher in einem Gefechte verloren und hielt ohnweit der Brücke an der Beresina. Gleichgültig gegen Alles, was um sie herum tobte, hatte sie nur Aufmerksamkeit für ihre Tochter von 4 Jahren, welche sie vor sich auf dem Pferde hielt. Alle Versuche, die Brücke zu erreichen, waren vergebens. Die Verzweiflung schien ihr ganzes Wesen zu erfüllen. Sie weinte nicht; starr waren ihre Augen, bald zum Himmel, bald auf ihre Tochter gerichtet. Einmal sprach sie: "o Gott, wie bin ich so gränzenlos elend, daß ich nicht einmal beten kann!" Gleich darauf stürzte ihr Pferd von einer Kugel getroffen. Eine andere Kugel zerschmetterte ihr den Schenkel über dem Kniee. Mit der Ruhe stiller Verzweiflung nahm sie ihr weinendes Kind, küßte es öfters, löste das blutige Strumpfband vom zerschmetterten Beine und erwürgte dasselbe. Hierauf schloß sie das gemordete Kind in die Arme, drückte es fest an sich, legte sich neben ihr gefallenes Pferd und erwartete, ohne einen Laut hören zu lassen, das Ende. Es dauerte nicht lange, so war sie von den Hufen der andrängenden Rosse zertreten."


        Mit besonderer Pracht und außerordentlichem Aufwande wurden während des 16ten und 17ten Jahrh. die ehelichen Verbindungen der Fürsten gefeiert. Im Jahre 1716 verband sich die sächsische Prinzessin Anna mit dem Grafen Wilhelm Prinz v. Oranien. Die Hochzeit ward in Leipzig gehalten. Außer dem sächsischen Hofstaate, welcher 1544 Pferde mit sich führte und dem Bräutigam nebst seinen Grafen, Herren und Edelleuten, welche 1100 Pferde mitbrachten, waren als Gäste zugegen: der Kurfürst von Brandenburg, der Markgraf zu Küstrin und Markgraf zu Anspach, der Herzog von Mecklenburg, drei Fürsten von Anhalt, der Pfalzgraf von Neuburg, vier Herzöge von Braunschweig, die Herzoginnen von Lauenburg und Braunschweig, die Gesandten der Könige von Spanien, Dänemark und des Herzoges von Braunschweig, des Erzbischofes von Halle, die Bischöfe von Meißen, Merseburg und Naumburg, und überdieß noch eine Menge Grafen, Herren und Edle zu Pferde, so daß die Gesammtzahl der Pferde 5647 betrug. Die Feierlichkeiten begannen am 25. Aug. und endigten am 31. Aug. In dieser Zeit waren verzehrt worden 4000 Scheffel Waizen, 8000 Schfl. Korn, 3600 Eimer Wein, 1600 Faß Bier, 13,000 Scheffel Hafer.


        Die pariser Schneider bekommen jetzt die Damen, denen sie Kleider anmessen sollen, allemal ins Haus geschickt, nämlich große Lederpuppen, die genau so gemacht sind, wie die resp. Damen. Jede Frau, die etwas auf ihre Reputation hält, hat in ihrem Zimmer eine solche Puppe stehen, der erst alle Kleider anprobirt werden, und die gerade wie die Madam selbst ist, so daß sich der Mann mitunter vergreifen kann.


Getraide=Preise in Lübeck
vom 29. Juli.
Taler (Mecklenburg)
Waitzen, Mecklenburger und Holsteiner 66
Roggen, Mecklenburger und Holsteiner 54
              Petersburger 66
Gerste, Mecklenburger und Holsteiner 32
Hafer,   Mecklenburger und Holsteiner 38
Erbsen, Brecherbsen 68
             Futtererbsen -
Wicken -
Buchweitzen -
Winter=Rapsaat die Tonne - Mark (Lübeck)
Sommer=Rapsaat -
Schlagleinsaat 131/2


Gedruckt und verlegt von L. Bicker.


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