[ => Original lesen: 1892 Nr. 49 Seite 1] Die Reise des Fürsten Bismarck nach Wien
zur Hochzeit des Grafen Herbert hat eine Kette von Kundgebungen für den greisen Staatsmann hervorgerufen, die den Fürsten tief bewegt haben. Die fürstliche Familie verließ Sonnabend mittag Friedrichsruh. In Charlottenburg, vor Berlin, wurde der fürstliche Salonwagen von dem fahrplanmäßigen Schnellzuge abgehängt und auf der Ringbahn nach dem Anhalter Bahnhof gebracht, wo eine große Menschenmenge zur Begrüßung des Fürsten versammelt war. Als um 5 Uhr 10 Minuten der Salonwagen des Altreichskanzlers in die Bahnhofshalle einfuhr, brachen die Hunderte in stürmische, immer wieder sich erneuernde Hochrufe aus. Es war ein Anblick von bedeutender Wirkung, als die Menge, in welcher sich Frauen und Herren aus allen Ständen und Gesellschaftsklassen, darunter auch Offiziere in Uniform sich befanden, zu dem Wagen des Fürsten hindrängten, dabei unverkennbar darauf bedacht, den Anordnungen der Polizeibeamten, die sehr rücksichtsvoll vorgingen und von übermäßig strengen Maßnahmen Abstand nahmen, zu entsprechen. Die Hochrufe gingen in die Klänge des Liedes "Deutschland, Deutschland über Alles" über, das wie auf Verabredung angestimmt wurde, als der Wagen des Fürsten in der Bahnhalle anhielt und der Fürst an dem geöffneten Fenster sichtbar wurde. Gleichzeitig wurde auf den Altreichskanzler ein förmliches Bombardement mit Blumen eröffnet. Und da stand der alte Herr, ein Bild ungebrochener, unverwüstlicher Kraft, mit freundlichem Lächeln und Winken für die ihm dargebrachte Huldigung dankend.
Auf der Fahrt nach Dresden wurden dem Fürsten besonders in Meißen Ovationen dargebracht. - Die sächsische Hauptstadt hatte sich in ein glänzendes Festgewand geworfen. Die Fahnenfülle war unendlich, Bismarckbüsten standen in hunderten von Schaufenstern, prachtvolle Guirlanden spannten sich über die Straßen. Alle Hotels waren überfüllt, tausende von Fremden aus dem Königreich und aus Böhmen waren eingetroffen. Der Empfang des Fürsten war schon auf dem Bahnhofe ein enthusiastischer. Auf die Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters Dr. Stübel antwortete der Fürst: "Der Empfang in Dresden erscheint mir wie ein neuer Orden. Meine Antheilnahme an der nationalen Politik ist noch von derselben Lebhaftigkeit und Tiefe, wie sie in den 60er Jahren gewesen ist. Ich habe kein anderes Interesse, als das Gedeihen des Vaterlandes, wenn ich auch jetzt fern den Geschäften bin. An meinen Erfolgen hat König Albert, der mir immer ein gnädige Herr gewesen ist, wesentlichen Antheil." Unter bedeutendem Jubel erfolgte die Fahrt nach Bellevue, wo der Fürst sich ein sehr einfach ausgestattetes Zimmer bestellt hatte. Wiederholt wurden Versuche gemacht, die Pferde auszuspannen. Die Absperrungen auf dem Theaterplatz wurden von Zehntausenden durchbrochen, die sich dem Wagen des Fürsten mit begeisterten Hochrufen entgegenstürzten. Die Ankunft im Hotel erfolgte deshalb erst um 9 1/2 Uhr abends. Dort empfing der Fürst eine Abordnung des Festausschusses unter Führung des Hofrathes Dr. Osterloh, der betonte, nicht durch Volksbeschlüsse, nicht durch Gesangs= und Turnfeste sei die Einigung Deutschlands zu erzielen gewesen, wenn auch die Sehnsucht nach einem geeinten Vaterlande durch sie immer neue Nahrung erhielt. Indem er die Verdienste Bismarcks um Deutschland feierte, betonte er, daß die Bürgerschaft Dresdens es als ihre größte Ehre betrachte, den Fürsten durch das Ehrenbürgerrecht ihrer Gemeinde dauernd verbunden zu wissen. Der gefeierte Gast dankte mit herzlichen Worten. Als Fürst Bismarck dann tief bewegt auf der vor dem Hotel errichteten Tribüne erschien, dauerte der Jubel lange Minuten. Der gewaltige Fackelzug und die mit ihm verbundene Serenade waren prächtig. Tausende waren daran betheiligt. Die Innungen erschienen zum Theil kostümiert. Der Vortrag des ersten Liedes: "Wie könnt' ich Dein vergessen!" erschütterte den Fürsten mächtig. In den Gesang mischten sich unausgesetzt tausendfältige Jubelrufe.
Nach dem Vortrage der "Wacht am Rhein" bei dem ihm dargebrachten Ständchen sprach Fürst Bismarck folgende Worte: "Ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie mir noch das Lied gesungen unter dessen Klängen wir die Einheit erkämpft haben, in schweren Kämpfen. Geben wir uns alle das Versprechen, daß die Zerreißung der Einheit noch viel mehr kosten würde, wenn sie je versucht werden sollte. Ich habe mein Leben dem Dienste der Nation gewidmet, und wenn ich darin Erfolg gehabt, so ist das ein Beweis, daß ich nicht umsonst gelebt habe. Der heutige Abend beweist mir aber, das ich Erfolg gehabt habe. Bleiben wir ein einig Volk von Brüdern." Unendlicher Jubel brach nach diesen Worten aus.
An dem Fackelzug nahmen gegen 13 000 Personen theil, darunter gegen 1600 Sänger. Die Kosten, die sich auf etwa 6000 Mark belaufen, werden durch freiwillige Beiträge gedeckt.
Ueber die Abreise berichtet die "Post" noch: "Die Ovationen für den Fürsten Bismarck bei seiner Abreise waren begeistert bis zum Maßlosen."
In Wien war der Empfang des Fürsten und seiner Gemahlin über alles Erwarten warm und großartig. In der Bahnhofhalle, wo nur etwa 200 Menschen sich hatten aufstellen dürfen (der Bahnhof war abgesperrt), ertönten Hochrufe. Der Fürst schritt tiefbewegt und milden Antlitzes zum Wagen, der sich kaum von der Stelle bewegen konnte. Draußen warteten Tausende, deren Jubel nicht zu beschreiben ist. Handeschütteln, Blumengrüße und Hochrufe wollten kein Ende nehmen. Ein Empfang oder eine Ansprache fand nicht statt.
Die Trauung des Grafen Hubert Bismark ist bei herrlichem Wetter programmmäßig verlaufen. Die Straßen, welche vom Hochzeitszug passiert wurden, zeigten eine ungeheure Menschenmenge, welche sowohl den Fürsten Bismarck als das Brautpaar mit Hochrufen begrüßten. Die Auffahrt vor der Dorotheenkirche begann nach 10 Uhr. Um 12 Uhr
[ => Original lesen: 1892 Nr. 49 Seite 2]begann die Trauungsceremonie, welche Superintendent Schack mit einer ergreifenden Rede einleitete. Nach der Trauung fand die Gratulation statt. Die Neuvermählten reisen zunächst nach Linz und dann in die Schweiz.
Das italienische Königspaar ist am Montag Abend um 6 Uhr über Bellinzona, Basel, Frankfurt a. M. in Potsdam eingetroffen und an der Wildparkstation von dem Kaiser, der Kaiserin, den in Berlin und Potsdam anwesenden Prinzen aus souverainen Häusern, dem kaiserlichen Hauptquartier etc. empfangen worden. Die Begrüßung zwischen den beiden Herrscherpaaren wird als eine überaus herzliche geschildert. Die Herrschaften begaben sich in offenen Wagen, escortirt von einer Schwadron des Leib=Garde=Husaren=Regiments, nach dem Neuen Palais, wo um 7 Uhr Familientafel stattfand. Die Straßen von Berlin, durch die König Humbert am Mittwoch nach der Rückkehr vom Schießplatz in Jüterbog nach dem königlichen Schloß fuhr, trugen einen festlichen Schmuck, zu welchem der Magistrat der Reichshauptstadt 10 000 Mk. bewilligt hat.
Die "Post" macht nähere Angaben über die bevorstehende Militärvorlage, wobei sie von der Herabsetzung der Dienstzeit ausgeht. Sie veranschlagt die Erhöhung der Präsenzstärke auf 63 000 Mann, die dauernden Mehrkosten auf jährlich 60 Millionen.
Es erscheint bemerkenswerth, daß der veröffentlichte Wochenausweis der Reichsbank am 22. d. M. zum erstenmale einen Metallbestand der Bank von mehr als eine Milliarde Mark aufweist.
In dieser Woche werden die Offiziere des Gardekorps die Generalstabsreise unter Führung des Generalstabschefs des Gardekorps des Obersten v. Bülow, antreten. Die Reise geht nach dem Harz. An der Uebung wird auch Prinz Friedrich Leopold von Preußen teil nehmen.
Während Fürst Bismarck am Sonnabend nachmittag unter enthusiastischen Kundgebungen auf der Reise nach Wien Berlin passierte, war der Kaiser im dortigen Schlosse anwesend. Die Konstatierung dieser einfachen Thatsache genügt, um alle Meldungen über eine Aussöhnung zwischen dem Monarchen und dem Fürsten, die in letzter Zeit verbreitet waren, in das Reich der Fabel zu verweisen. Ueberdem läßt Fürst Bismarck in den Hamburger Nachrichten schreiben: "Wir haben uns über die ganzen sog. "Aussöhnungs"=Artikel der Blätter in der Hauptsache des Urtheils enthalten und beschränken uns auf die Wiederholung unserer Ansicht, daß bei uns zu Lande das Wort "Aussöhnung,, für das Verhältnis des Kaisers zu seinem früheren Minister ein ungeschickt gewähltes ist. Wir wissen nicht, ob Fürst Bismarck bei Sr. Majestät in Ungnade ist, aber wenn er es wäre, so wird er eben ruhig abzuwarten haben, ob und wann diese Situation aufhört. Das Verhältnis ist kein zweiseitiges gleichstehender Beteiligten, sondern soweit es existiert, notwendig ein einseitiges.
Man scheint von Seiten Frankreichs in Dahomey nun doch Ernst machen zu wollen. Das "Journal offiziell" giebt wenigstens jetzt bekannt, daß die Regierung beschlossen, habe die Küste von Dahomey zu blockieren.
Der Czar wird am 5. Juli in St. Petersburg erwartet. Man hält es für möglich, daß die Rückreise über Stockholm erfolgt.
Der Kaiser von Rußland hat dem Ulanen=Regiment in Militsch, dessen Chef er ist, sein lebensgroßes Portrait mit einem überaus kostbaren Rahmen zum Geschenk gemacht.
Der russische Finanzminister machte einen neuen Besuch in Paris, um ein paar hundert Millionen zu pumpen. Geglückt ist's noch nicht.
In dem Residenzschlosse Bernstorff bei Kopenhagen sind die Masern ausgebrochen. Die älteste Tochter des Herzogs von Cumberland ist von der Krankheit, die anscheinend milder Natur ist, ergriffen worden.
Der König von Schweden hat am Donnerstag auf der Rückreise nach Stockholm einige Stunden am dänischen Königshof in Schloß Bernstorff verweilt und dann die Fahrt nach Helsingör fortgesetzt.
Anzeigen.Ersparniss- und Vorschuss-Anstalt.
Die Anstalt ist während des
Johannistermins
vom 24. Juni bis 1. Juli d. J.
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und
am Sonntag den 26. Juni d. J.
von 7 bis 9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.
Schönberg, den 15. Juni 1892.
Das Direktorium.
Zur Reform der Unterkleidung.
Für kräftige und gesunde Menschen sind alle Reformunterkleider, mögen sie auf Jägers, Kneipps, Lahmanns oder Böhms Namen getauft sein, ziemlich gleichwerthig. Da ist die Wahl Sache des Geschmacks, des Klimas und der Jahreszeit. Aber keins von den genannten Systemen entspricht, so behauptet Dr. Ernst Jacobi, Chefarzt der Dr. Driverschen Heilanstalt für Lungenkranke in Reiboldsgrün i. S., den Anforderungen, die man an eine rationelle Unterkleidung für Rekonvaleszenten, für Blutarme und besonders für Lungenkranke stellen muß. Eine zweckmäßige Unterkleidung für alle Menschen mit mangelhafter Hautreaktion und vermehrtem Wärmebedürfniß müßte, wie Dr. Jacobi erklärt, vor allem zwei Eigenschaften in sich vereinigen: die dauernde Durchlässigkeit des Baumwollgewebes mit der erwärmenden Kraft der wollnen Stoffe. Eine einfache Kombination von Wolle und Baumwolle, wie wir sie z. B. in der Vigogne besitzen, genügt dazu erfahrungsgemäß nicht. Nach vielen mühevollen Versuchen ist es nun einem Fabrikanten in Chemnitz gelungen, nach den Angaben des genannten Arztes einen aus Baumwolle und Wolle bestehenden Stoff herzustellen, der vermöge seiner Wirkart die guten Eigenschaften der thierischen und der Pflanzenwolle vereinigen und die schlechten ausschließen soll. Dieser Stoff besteht aus zwei Schichten. Eine locker gewirkte Wollmasche bildet die äußere, eine straffe Baumwollmasche die innere Schicht. Nach zahlreichen Versuchen, die Dr. Jacobi mit der neuen Unterkleidung an Kranken in der Dr. Driverschen Heilanstalt angestellt hat, ist der erhoffte Zweck in der denkbar vollkommensten Weise erreicht. In einer uns vorliegenden Broschüre, welche sich "Wissenschaftliche Begründung der Unterkleidung für Blutarme, Rekonvaleszenten und Lungenkranke" betitelt, äußert sich Dr. Jacobi unter anderem wie folgt: "Ich habe die Unterkleidung probeweise besonders von Blutarmen und stark schwitzenden Patienten tragen lassen und bei diesen beiden Kategorien von Kranken, die an die Leistungsfähigkeit des Unterzeugs gewiß die größten Anforderungen stellen, hat es sich glänzend und dauernd bewährt. Weich, warm und durchlässig war es am ersten Tage und unverändert behält es diese Eigenschaften bei auch längerem Tragen und mehrfachem Waschen. Die Baumwolle geht in der Wäsche bekanntlich nicht ein und verhindert dadurch hier auch die Wolle am Filzen. Was die Form der Hemden betrifft, so sind dieselben, was jedenfalls bequemer, vorn zu knöpfen, nicht auf der Schulter und ferner so eingerichtet, daß das ganze Lungenorgan mit doppelter Bedeckung versehen ist. Wenn sich das neue Unterzeug, welchem Dr. Jacobi die Bezeichnung "Heureka" (Ich hab's gefunden) beigelegt hat, für Blutarme, Rekonvaleszenten und vor allem für Lungenkranke als eine Wohlthat erweist, so ist es nicht minder auch allen Gesunden, namentlich solchen, welche in Folge ihres Berufs Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, als das Beste, was bisher in dieser Beziehung geboten wurde zu empfehlen. Das Hauptdepot für Schönberg und Umgegend in dem Artikel befindet sich bei
Gebrüder Burchard.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 49 Seite 3]Agentur der Mecklenburgischen Bank in Schwerin
------------------
für Schönberg und Umgegend.
Spar= und Capital=Einlagen werden z. Zt. verzinst:
1, gegen Sparbücher der Bank mit 3 1/2%;
2, gegen Schuldverschreibungen der Bank je nach der Kündigungsfrist mit 3 1/2, 3 u. 2%;
3, im Baar=Conto=Corrent mit 2%.
Die Bank bewilligt Darlehen gegen genügende Sicherheit und übernimmt Bankcommissionsgeschäfte aller Art zu billigen Bedingungen.
Schönberg i/M. Stadtsceretair Wilh. Schrep.
Außerordentliche Versammlung der
Selmsdorfer Todtenlade
am Sonntag den 26. Juni
Nachmittags 2 Uhr.
Tagesordnung: Statutenberathung.
Die Mitglieder werden ersucht, recht zahlreich zu erscheinen. Rückständige Beiträge können gleichzeitig entrichtet werden.
Selmsdorf, d. 13. Juni 1892.
Der Vorstand.
Allgemeine Deutsche Viehversicherungs-Gesellschaft a. G.
zu Lübeck.
Die Gesellschaft versichert bei normalem Verlust zu festen Prämien Pferde, Rindvieh, Schweine, Ziegen und Luxushunde gegen Todes= und Unglücksfälle aller Art, auch gegen dauernden Minderwerth. Gilden erhalten Ermäßigung. In Schadenfällen wird die ganze Versicherungssumme abzüglich 5% umgehend nach Regulierung des Schadens ausgezahlt. Tüchtige Agenten werden sofort angestellt.
Die Direktion.
Am Montag, den 27. d. M. Nachmittags präcise 2 Uhr
Haupt-Versammlung der
Schuhmacher-Innung
im Innungslokale, wozu die Mitglieder hierdurch freundlichst eingeladen werden.
Tagesordnung:
1) Erheben der Innungs=Beiträge,
2) Allgemeine Innungs=Angelegenheiten.
Schönberg, im Juni 1892.
Der Vorstand.
Generalversammlung
der Mitglieder der Schweineversicherung
des Kirchspiels Carlow am Sonntag, den 3. Juli nachmittags 2 Uhr im Krellenberg'schen Locale.
Carlow, d. 20. Juni 92. P. Törper.
Gartenbau-Verein.
Sonntag den 26. Juni Nachmittags 4 Uhr Versammlung im Hotel Stadt Lübeck.
Theilnahme der Damen erwünscht.
Der Vorstand.
Annoncen für Wismar
bestimmt, finden im
Wismarschen Tageblatt
(Unparteiische Wismarsche Zeitung)
zweckmäßigste Verbreitung und kosten pro Zeile nur
10 Pfg.
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Schönberg i/M. J. Oldenburg.
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habe billig abzugeben unter Garantie.
Lockwisch. Johs. Teege.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 49 Seite 4]Zu dem am Montag, den 4. und Dienstag, den 5. Juli
dieses Jahres hieselbst stattfindenden
Königschuß
laden wir die geehrten Bewohner von Stadt und Land so höflich als ergebenst ein.
Schönberg, den 23. Juni 1892.
Kapitain und Schaffner der Schützenzunft.
C. Schultze. J. Greiff. H. Soltmann i. V.
Prima-Gusstahlsensen
krumme und gerade Sensenbäume
und Heuharken empfiehlt
C. Schwedt.
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für Carlow und Umgegend befindet sich bei Herrn Emil Borchard daselbst.
Hochachtungsvoll
C. Schwedt.
Schönberger=Dampf=Bier=Brauerei.
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Vor der Marien=Straße 46.
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Näheres in der Expedition dieses Blattes.
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einige Arbeitsleute
welche den ganzen Sommer Arbeit haben.
Zur Tanzmusik Sonntag, den 26. d. Mts. ladet freundlichst ein
Sülzdorf, Juni 1892. J. Wienke.
Am Sonntag, den 26. Juni findet im Kuhlrader Zuschlage (sog. Schaar) ein
Holzfest verbunden mit Ringreiten
statt, wozu freundlichst einladen
Die Dorfschaft Kuhlrade. Ad. Eduard Creutzfeldt, Gastwirth.
Für die Glückwünsche zu unserer Hochzeit sagen wir unsern verbindlichsten Dank.
Galenbeck d. 23. Juni 1892.
Fr. Ollmann, Lehrer,
u. Frau geb. Möller.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 26. Juni.
Frühkirche: Pastor Krüger.
Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Krüger.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des bekannten
Bankhauses G. Daubert jr.
in Braunschweig bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser besonders aufmerksam machen.
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 26.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 49 Seite 5]Beilage
zu Nr. 49 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 24. Juni 1892.
- Schönberg. Am 22. Juni morgens um 8 Uhr entstand in Rieps ein Schadenfeuer. Es brannte das dem Büdner W. Oldenburg gehörige Wohnhaus theilweise nieder. Das Gebäude ist versichert bei der Hamburger Actien=Versicherung. Die Mobilien, die aber fast ganz gerettet wurden, sind bei dem Möbel=Versicherungs=Verein versichert. Entstehungsursache des Feuers ist noch unbekannt.
- Schönberg. In Wahrsow ereignete sich am Sonnabend ein trauriger Unglücksfall. Auf dem dortigen Moor waren die Arbeitsleute Schütt und Schröder, beide wohnhaft in Wahrsow, schon seit längerer Zeit mit Torfstechen beschäftigt. Schütt benutzte häufiger die Gelegenheit und badete in den Wasserlöchern auf dem Moor. Dies that er auch am Sonnabend. Da er nicht wieder zum Vorschein kam, sprang ihm sein Kollege nach, um Hilfe zu leisten. Derselbe hatte kaum das Wasser berührt, als er, vom Schlage gerührt, in die Tiefe sank. Die Leichen konnten erst später aus dem Wasser gefischt werden. Die Verunglückten hinterlassen Frauen und mehrere unversorgte Kinder.
- Schönberg. Bei dem Gewitter am 21. d. schlug der Blitz, ohne zu zünden, in die Vogtswohnung zu Hof Zarnewenz, wodurch einige Fenster und der Spiegel zertrümmert sind und Kalk von der Wand gerissen wurde.
- Schönberg. Auf dem Rückwege von der Schule zu Selmsdorf wurden am 20. d. Mittags einige Mädchen von einem reisenden Arbeiter angefallen. Auf das Geschrei der Kinder kamen auf dem Felde arbeitende Leute herbei, die den Attentäter festnahmen und in das hiesige Gefängniß lieferten.
- Schönberg. Die Sommerferien der hiesigen Schulen beginnen am Freitag den 15. Juli und dauern bis zum Montag den 15. August
- Schönberg. Zum heutigen ersten Ferkelmarkt waren in 5 Wagen 45 Ferkel zugeführt, von denen jedoch nur 19 verkauft wurden. Die Preise stellten sich auf 8-19 M. pro Stück.
- Neustrelitz. Ihre Königl. Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin kehrten am Sonntag aus Kissingen, wo sie eine Zeit lang Aufenthalt genommen haben, hierher wieder zurück.
- Ein Kieler Restaurateur verklagte die dortige Polizei auf Zahlung von mehreren tausend Mark, weil bei den strengen Absperrungsmaßregeln am Tage des Zarenbesuchs niemand sein Lokal betreten konnte und er dadurch nachweislich einen großen Einnahmeausfall gehabt hat.
- Ein Orkan, welcher vor einigen Tagen über Sherburne County in Central=Minnesota dahinzog, brachte einen Eisenbahnzug der St. Paul Pacific=Eisenbahn zum Entgleisen. Die Waggons wurden von der Gewalt des Sturmes umgestürzt und es sollen nach den bisher vorliegenden Berichten hundert Personen dabei umgekommen sein.
- Der Straßenschleppe ist am Sonnabend in Berlin in einer von Damen und Herren zahlreich besuchten Versammlung der Krieg erklärt worden. Nach einer wirksamen Rede der Frau Dr. phil. Schubert=Feder ist einstimmig der Beschluß gefaßt worden, dem kgl. Polizeipräsidium die Bitte vorzutragen, durch eine Verordnung oder durch sonst geeignete Mittel (?) den durch die Straßenschleppe hervorgerufenen Gefahren entgegenzutreten.
- Aberglaube. Die Neue Bad. Landesztg. berichtet: Vor einigen Tagen sollte in einem Orte bei Mannheim die Hochzeit eines sehr wohlhabenden Paares stattfinden. Alles war fertig, das Hochzeitsmahl gerichtet, und das Brautpaar schickte sich an, den Gang auf das Standesamt in Begleitung der Hochzeitsgäste zu thun. Beim Austritt aus dem Wohnzimmer blieb zufällig die Braut am Thürhaken hängen und riß ein gewaltiges Dreieck in ihr Hochzeitskleid. Alles war bestürzt über das schlimme Vorzeichen. Notdürftig wurde der Riß zugenäht. Als aber beim Eintritt in das Zimmer des Standesbeamten der gleiche Unfall vorkam und die Braut wieder an einem Nagel hängen blieb, war kein halten mehr. Die Braut weigerte sich entschieden, und die Hochzeit unterblieb.
- Paris wiederhallt von den Wehklagen der Hundefreunde. Vor einiger Zeit erließ der Polizeipräfekt eine Verordnung, welche die Hunde vom 1. Juni an zum Tragen des Maulkorbes verdammte und die nicht mit diesem Marterinstrument versehenen zum Tode verurtheilte. Seit zehn Tagen wurden 2789 Hunde eingefangen und 2505 davon durch Leuchtgas vergiftet, während die übrigen 284 von ihren Eigenthümern abgeholt wurden.
- Der Viermaster "Crofton Hall", von Calcutta nach Hull unterwegs, mußte wegen Cholera an Bord nach Calcutta zurückkehren. Sechs Mann sind bereits an der Cholera gestorben.
- Die Aussichten für die bevorstehende Ernte scheinen in Rußland keineswegs überall sehr glänzende zu sein. Die "Nowoje Wremja" veröffentlicht die neuesten officiellen Berichte aus den Provinzen und resümiert dieselben zwar dahin, "daß im Allgemeinen die Ernte=Aussichten als vollkommen befriedigend zu betrachten seien", schließt aber ihren Bericht mit einem Hinweis auf neue Nothstandsmaßregeln. Diesmal sind es die Südprovinzen des Reiches und Transkaukasien, für die eine Mißernte in Aussicht gestellt wird, während im übrigen Reich eine gute bezw. sehr gute Ernte zu erwarten stehe.
- Die Sachsengängerei hat auch in diesem Jahre wieder einen erheblichen Umfang angenommen, obschon im Osten der preußischen Monarchie die Nachfrage nach Arbeitern das Angebot an solchen um ein bedeutendes übersteigt. Um dem infolge dessen auch in diesem Jahr vorhandenen Mangel an ländlichen Arbeitern abzuhelfen, hat eine größere Zahl russisch=polnischer Arbeiter zugelassen werden müssen.
- Gefälschte Blutapfelsinen. Bekanntlich sind die sogenannten Blutapfelsinen sehr geschätzt und sie stehen daher höher im Preise, als die gewöhnlichen. Es sind daher Schwindler in Paris auf den Einfall gerathen, das Fleisch der gewöhnlichen Apfelsinen künstlich blutroth zu färben. Sie verwenden dazu das sogenannte Biebrich=Roth, welches in die Frucht wahrscheinlich mittelst einer dünnen Spritze eingespritzt wird. Die Farbe ist unschädlich. Es steht aber zu befürchten, daß zur Verfälschung der Apfelsinen mit der Zeit andere wohlfeilere und vielleicht weniger harmlose Stoffe verwendet werden.
- Seit einer Reihe von Jahren ist in London selbst kein Eisenbahnunglück vorgekommen, welches so viele Opfer gefordert hat wie das, welches sich am Dienstag morgen um 1/2 7 Uhr in der Station Bishopsgate auf der Great=Eastern=Bahn zutrug. Vier Personen sind getötet und ungefähr vierzig verwundet worden. Davon gehören neun Zehntel dem Arbeiterstande an. Der Zugführer des von Enfield kommenden Zuges hatte das Haltesignal nicht bemerkt und rannte mit seinem Zug in einen andern auf dem Bahnhofe haltenden Zug hinein. Beide Züge waren Arbeiterzüge und enthielten mindestens 1800 Fahrgäste. Sobald das Rollen des nachkommenden Zuges den Insassen des stehenden Zuges die Gefahr verkündete, stürtzte alles nach den Thüren. Für viele war es aber zu spät. Die zwei letzten Wagen des Walthstamower Zuges wurden von der Lokomotive des Einsielder Zuges in einander geschoben. Dann entgleiste die Maschine, fuhr gegen einen Pfeiler und kam zum Stehen. Die Verunglückten befanden sich fast
[ => Original lesen: 1892 Nr. 49 Seite 6]sämtlich in den zwei letzten Wagen. Bald legte alles Hand an, um die Toten und Verwundeten unter den Trümmern hervorzuziehen.
- Getäuschte Hoffnung. Zu dem in Berlin, Prinzenstraße 43 wohnhaften Lotterie=Unternehmer Kämpf kam am Mittwoch eine Frau, welche in der preußischen Lotterie ein Viertel von einem Loose spielte, daß in der letzten Ziehung mit einem Gewinn von 300 Mark herausgekommen war. Der Einnehmer zählte das Geld auf den Tisch und bedeutete der Kundin, über den richtigen Empfang der Summe zu quittiren. Wie erstaunte er aber, als die Frau lebhaft gegen die Annahme des Geldes protestirte und schließlich mit der Behauptung hervortrat, daß das Loos mit 30 000 Mark herausgekommen sei, sie also das Hundertfache der aufgezählten Summe zu beanspruchen habe. Herr Kämpf bekam keinen kleinen Schreck; ein Blick in die amtliche Gewinnliste belehrte ihn indeß, daß er Recht habe. Auf seine Frage, worauf die Frau ihre Behauptung, daß das Loos mit 30 000 Mark herausgekommen, stützte, erwiderte dieselbe, daß dies in der Zeitung gestanden habe. Die Frau eilte nun nach Hause und brachte in kurzer Zeit die Nummer einer Berliner Zeitung, in welcher thatsächlich hinter der Loosnummer der Vermerk des Gewinnes von 30,000 Mark gedruckt war. Der Lotterie=Einnehmer sah nun, daß dies ein fataler Druckfehler war; er bedauerte zwar die aus allen Himmeln gefallene Frau, konnte ihr aber nur den nach der amtlichen Gewinnliste ihr zugefallenen Gewinn auszahlen.
- Ueber ein wertvolles Kunstdenkmal aus der altdeutschen Kaiserzeit, den sog. Kaiserbecher in Osnabrück, ist zwischen den dortigen städtischen Behörden und der Regierung ein Streit ausgebrochen. Der Regierungspräsident hatte einen Verkauf des Kleinods, für das Baron Rothschild in Frankfurt a. M. vergeblich 120 000 Mk. geboten hatte, zur Zeit untersagt, weil es im Interesse der vaterländischen Denkmalspflege geboten sei, zu verhüten daß hervorragende unersetzliche Kunsterzeugnisse der deutschen Vorzeit, wie der Kaiserbecher, der Heimat verloren gehen. Angesichts dieses Bescheides hat der Magistrat beschlossen, den Beschwerdeweg einzuschlagen.
- Zwei russische Gerichtsvollzieher hatten kürzlich ein Vermögen aufzunehmen. Dabei gerieth unter anderem eine volle Flasche in ihre Hände. "Marsala!" erklärte überzeugungsvoll der eine Exekutor, indem er den Inhalt probirte. "Nein, Portwein!" entgegnete der andere. Da die Ansichten getheilt waren, probieren beide noch einmal. "Ich sagte es Ihnen ja, daß es Marsala ist!" "Und ich sage Ihnen, es ist Portwein. Versuchen wir nochmals!" Das geschah denn auch. "Nun, was soll ich im Verzeichniß aufschreiben, Marsala oder Portwein? fragte der erste. "Schreiben Sie schon lieber eine leere Flasche!" entgegnen der andere und trank den Rest.
- Am Dienstag Abend ist in Danzig die Gattin des Direktors der Gewehrfabrik, Majors Daum, beim Pflücken von Wasserrosen im Festungsgraben ertrunken.
- Ein Wettlauf von Paris nach Belfort. Aus Paris wird vom 9. d. M. berichtet: Seitdem vorigen Sonntag verfolgt das Publikum mit großem Interesse ein neues vom Petit Journal veranstaltetes Sport=Experiment. Es handelt sich diesmal um einen Wettlauf zu Fuß v. Paris nach Belfort - eine Strecke von nahezu 500 Kilometern. Die Theilnehmer, über 800 an der Zahl, marschierten Sonntag früh 7 Uhr von Paris ab; schon am Dienstag hatte sich ihre Zahl auf etwa 100 eingeschränkt. Bis zur Hälfte des Weges, d. h. bis Bar=le=Duc wechselten die Namen der Vorläufer jeden Augenblick, doch glaubte man an den Erfolg des Professors Duval, eines 49jährigen Mannes, der um seiner Gewandtheit in Körperübungen willen in weiten Kreisen bekannt ist. In Bar=le=Duc jedoch trat ein Stallknecht aus Chantilly namens Ramogé, an die Spitze, und erhielt seinen Vorsprung bis zum Ende; in kurzer Entfernung folgte ihm ein Schlächtergeselle, namens Gonnet.
- Ein Trichinenverächter. In verantwortlichem Leichtsinn hat sich ein Mann an den Rand des Grabes gebracht. Bei dem im Blankenfelde ansässigen Schlachtermeister Finke war ein junger Mann als Geselle thätig, welcher nicht an das Vorhandensein von Trichinen glauben wollte. Als nun kürzlich in einem geschlachteten Schwein Trichinen gefunden und der Genuß des Fleisches folgedessen amtlich verboten worden war, verschaffte sich der leichtfertige junge Mann mehrere Fleischstücke, welche er vollkommen roh verzehrte. Die Folgen der unbesonnenen That ließen nicht lange auf sich warten. Er ist an der Trichinosis so schwer erkrankt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.
- In Warschau sind 160 Studenten wegen Demonstration gegen den russischen Professor der Physik relegiert und nach Hause geschickt worden.
- Der Raubmörder Schindler in München, der erst vor wenigen Tagen zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt worden ist, hat einen Zellengenossen mittels einer Schneiderscheere ermordet.
- In Straubing hat sich der Einjährig=Freiwillige Pöllmann erschossen, weil er mit dreitägigem Mittelarrest infolge Lachens beim Spalierstehen bestraft worden war.
- In einer Versammlung der Impfgegner in Eisleben, in der ein gewisser Dr. Hübner einen Vortrag gehalten hatte, fragte in einer Debatte Jemand, ob es wahr sei, daß die Kinder des Kaisers nicht geimpft worden seien und aus welchem Grunde die Impfung unterblieben sei? Herr Dr. Hübner antwortete, daß er gleich nach der Geburt des jetzigen Kronprinzen im Jahre 1882 an den Vater, den damaligen Prinzen Wilhelm, ein Buch eingesandt habe mit dem Bemerken, daß er es für seine patriotische Pflicht halte, dringend von der Impfung des jüngsten Hohenzollern=Sprößlings abzuraten. Bald darnach habe er vom Hofmarschallamt den Bescheid erhalten, daß Prinz Wilhelm mit Interesse von dem Inhalt der Broschüre Kenntnis genommen habe. Das Ergebnis dieser Eingabe sei gewesen, das sämtliche Prinzen unseres jetzigen Kaiserhauses ungeimpft seien. Man darf gespannt sein, ob diese Mittheilung Bestätigung finden wird.
Umtauschung der Quittungskarten. Im dienstlichen Interesse erscheint es geboten, daß die mit dem Umtausch der Quittungskarten für die Invaliditäts= und Alters=Versicherung verbundene Arbeit mehr und mehr über das ganze Jahr verteilt werde. Wenn auch diese Vertheilung allmählich in gewissem Umfange von selbst eintreten wird, so empfiehlt es sich doch, dies Ergebnis durch geeignete Maßregeln thunlichst zu beschleunigen. Deshalb sollten die Ausgabestellen und das beteiligte Publikum überall in geeigneter Weise darauf aufmerksam gemacht werden, daß Quittungskarten nicht notwendig so lange im Gebrauch behalten werden müssen, bis Sie mit Marken vollgeklebt sind. Nach § 102 Abs. 2 des Invaliditäts= und Altersversicherungsgesetzes ist der Versicherte berechtigt, zu jeder Zeit die Ausstellung einer neuen Quittungskarte gegen Rückgabe der älteren Karte zu beanspruchen. Ferner wird in der Anweisung, betreffend das Verfahren bei Ausstellung der Quittungskarten, vom 17. Okt. 1890 vorgeschrieben, daß für die Ausstellung von Quittungskarten nur dann von den Versicherten ein Kostenbetrag von 5 Pfennig erhoben werden soll, wenn der Umtausch verlangt wird bevor die Karte mit mindestens 30 Marken gefüllt worden ist. Je mehr die Versicherten von der ihnen hiernach zustehenden Befugnis Gebrauch machen, desto rascher wird der Umtausch der Quittungskarten sich auf das ganze Jahr verteilen. Eine Anregung in dieser Richtung wird daher voraussichtlich erheblich dazu beitragen, die bei der Ausführung des Gesetzes bisher hervorgetretenen Uebelstände und Belästigungen nach Möglichkeit zu beseitigen.
- Der "Times" wird aus Teheran gemeldet: daß die offiziellen Angaben über die durch die Cholera verursachte Sterblichkeit die Wahrheit nicht enthüllen. In Meshed seien 550 Todesfälle vorgekommen statt der offiziell zugestandenen 100. Auch in Rangoon sind Cholerafälle aufgetreten, doch breitet sich die Epidemie nicht in westlicher Richtung aus.
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