[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 1] Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben gnädigst geruht, den bisherigen Bezirks=Feldwebel Jacobs hieselbst zum Landreiter für die Vogteien Schönberg und Rupensdorf zu ernennen. Solches wird mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß dem p. Jacobs die Landreitergeschäfte heute übertragen sind.
Schönberg, den 8. März 1892.
Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
Die nachstehende Uebersicht der gemäß § 14 des Statuts der Invaliditäts= und Altersversicherungsanstalt Mecklenburg festgestellten Vertrauensmännerbezirke innerhalb des Fürstenthums Ratzeburg, sowie der für dieselben bestellten Vertrauensmänner und deren Ersatzmänner wird hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Schönberg, den 29. Februar 1892.
Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
Bekanntmachung.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 2. d. M. bringe ich hierdurch zur allgemeinen Kenntniß, daß vor der Musterungscommission die Hauptmusterung der von den Districtsvorständen beorderten Pferde des hiesigen Fürstenthums stattfinden wird:
1. für die Stadt Schönberg, die sämmtlichen Ortschaften der beiden Vogteien Rupensdorf und Stove, sowie für das Gut Torisdorf am
Montag, den 21. März d. J.
von Morgens 8 Uhr an
in Schönberg auf dem sogenannten Amtsbauplatze gegenüber dem Schützenhause,
2. für sämmtliche Ortschaften der Vogtei Schönberg am
Dienstag, den 22. März d. J.
von Morgens 8 Uhr an
in Schönberg auf dem sogenannten Amtsbauplatze gegenüber dem Schützenhause,
3. für sämmtliche Ortschaften der Vogtei Schlagsdorf am
[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 2]Mittwoch, den 23. März d. J.
von Morgens 9 Uhr an
in Schlagsdorf auf dem Dorfplatze in der Nähe des alten Kirchhofs,
4. für sämmtliche Ortschaften der Vogtei Mannhagen am
Donnerstag, den 24. März d. J.
von Morgens 10 Uhr an
im Dorfe Mannhagen auf der Dorfstraße vor dem Viceschulzengehöfte.
Die Besitzer der von den Districtsvorständen als diensttauglich bezeichneten Pferde haben letztere in dem bestimmten Termine pünktlich an Ort und Stelle vorzuführen.
Schönberg, den 9. März 1892.
Der Großherzogliche Bezirkskommissarius.
Cl. v. Oertzen.
Holz=Auction Nr. 28.
Am Donnerstag den 24. März, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Michaelsen zu Selmsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden:
Aus den Hohemeiler Tannen.
5 Rmet. birken Knüppel,
290 Rmet. kiefern Kluft,
ca. 400 Rmet. Knüppel,
ca. 100 Rmet. kiefern Rodestämme,
ca. 40 Fuder kiefern Durchforstholz von Schleet= und Hopfenstangenstärke.
Nähere Auskunft über Standort des Holzes ertheilt Herr Förster Polle zu Hohemeile.
Schönberg, den 17. März 1892.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Holz=Auction Nr. 29.
Am Freitag den 25. März, Morgens 9 Uhr sollen hieselbst in "Stadt Lübeck" nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.
1. Aus dem Rupensdorfer Holze
2 Rmet. eichen Knüppel,
9 Fuder eichen Durchforstholz III. Cl. (trocken Holz -Schälschlag.),
119 Rmet. buchen Kluft und Knüppel.
41 1/2 Fuder buchen Durchforstholz u. Pollholz,
9 Rmet. birken und aspen Knüppel,
3 Fuder ellern Wadelholz III. Cl.,
50 Rmet. kiefern u. fichten Kluft u. Knüppel,
10 Stück kiefern Kiepenhölzer.
Der Verkauf beginnt mit Nr. 364, das Holz befindet sich im Schälschlag, in den Sülsdorfer Tannen und in der Försterkoppel.
2. Aus dem Niendorfer Holze.
9 Rmet. fichten pp. Kluft und Knüppel,
26 Rmet. fichten Rodestämme.
Schönberg, den 17. März 1892.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Kiepenhölzer=Auction.
Am Donnerstag den 24. März, Morgens 9 Uhr sollen im Forstorte Bahlen an Ort u. Stelle nachstehend aufgeführte Kiepenhölzer u. Leiterbäume meistbietend verkauft werden:
28 Stück ausgeschnittene tannen Kiepenhölzer,
2 Stück ausgeschnittene tannen Klassenbäume I. Cl.,
5 Stück Nadelholz Klassenbäume II. u. III. Cl.,
30 Stück fichten Leiterbäume II. Cl.
Versammlung der Käufer Morgens 9 Uhr am Schlagbaum der alten Lanckower Landstraße an der Ziethener Feldmark.
Schönberg, den 17. März 1892.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Holz=Auction.
Wegen Räumung des Platzes!
am Mittwoch, den 25. März a. c., Vormittags 10 Uhr sollen auf der Lastadie, Platz Nr. 6, hieselbst ca.
3000 Zw. ebenk. u. Wahlbretter
öffentlich meistbietend durch mich verkauft werden.
Verzeichnisse sind bei mir am Comptoir, Breitestraße Nr. 18, zu haben.
Lübeck, den 12. März 1892.
Emil Tesschau,
beeidigter Auctionator.
Verkaufs=Anzeige.
Donnerstag den 24. März d. Js., Vormittags 10 Uhr sollen auf der Schulzenstelle zu Rupensdorf wegzugshalber
1 eich. Chatoulle, Kommoden, Koffer, Bettstellen, 2 Sophas, Tische, Stühle u. sonstiges Haus= und Küchengeräth, auch Manneskleidungsstücke, 3 Flinten und vieles mehr
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Wir bringen hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß wir dem
Gastwirth Herrn Wiencke in Sülsdorf
unsere Vertretung für Sülsdorf u. Umgegend übertragen haben.
Güstrow, den 8. März 1892.
Mecklenbg. Vieh=Versicherungs=Gesellschaft a. G.
Die Direction.
Danksagung.
Der Mecklenburgischen Vieh-Versicherungs-Gesellschaft a. G. zu Güstrow sage ich meinen verbindlichsten Dank für die außerordentlich schnelle Regulirung des mich betroffenen Schadenfalles.
Am 28. Februar d. Js. crepirte mir ein bei oben genannter Gesellschaft zu 900 Mk. versichertes werthvolles Pferd und schon am 4. d. Mts. war ich im Besitze der Entschädigungssumme.
Ich kann jeden Viehbesitzer nur empfehlen, seinen Viehbestand bei vorerwähnter Gesellschaft, die als prompt und reell bekannt ist, zu versichern.
Retelsdorf b. Schönberg, den 4. März 1892.
Schulze F. Grevsmühl.
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Handschuhmacher.
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 3]Zur bevorstehenden Frühjahrs= und Sommersaison empfehle mein
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Schneidermeister.
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Ziehung 6/7. April und 28/29 April 1892.
Hauptgew. 90 000, 50 000, 30 000, 20 000, 15 000, 10 000, 2 à 6000, 5000, 5 à 3000 u. s. w.
zusammen 6600 Gew. M. 590 000 baar Geld, ohne Abzug.
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Bestellungen erbitte auf Postanweis.=Abschnitt oder Nachnahme, doch nehme auch Postmarken in Zahlung.
Wiederverkäufer wollen sich an Rob. Th. Schröder, Stettin, wenden.
Stadt Lübeck.
Mittwoch den 23. März:
Großes Militär-Concert
ausgeführt vom Musikcorps des Großherzogl. Meckl. Grenadier=Regiments Nr. 89 zu Schwerin, unter Leitung seines Dirigenten, Herrn Otto Frommann.
Anfang 7 1/2 Uhr.
Entrée im Vorverkauf in Spehr's Hotel à Person 50 . Kassenpreis 75 .
Nach dem Concert: Ball.
Hierzu ladet ergebenst ein
M. Köster.
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der Crowned Eagle Canning Co.
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Niederlage bei Aug. Spehr, Schönberg.
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Lübeck, Breitestraße 29.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 4]Zur Konfirmation
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Lübeck, Breite-Strasse 51.
Mittfasten, Mittwoch, den 23. März d. J., findet beim Gastwirth J. Boye in Schönberg ein
Kriegervereins-Ball
statt, was den Kameraden hierdurch angezeigt wird, mit dem Hinzufügen, daß:
a. der Ball Abends 7 1/2 Uhr beginnt,
b. Nichtmitglieder durch Mitglieder eingeführt werden können, und Eintrittskarten für erstere - à 1 Mk. für Herren und 50 Pfg. für Damen - bei den Kameraden Oldenburg und Vogel, sowie ausnahmsweise am Ballabend an der Kasse zu lösen sind und
c. die Kameraden, sofern sie Vereinszeichen angelegt haben, zu diesem Ball für sich und ihre Familien freien Eintritt haben.
Der Vorstand.
Zu der am 26. d. Mts., nachmittags 4 Uhr, im Boye'schen Gasthause stattfindenden
Generalversammlung
des Herbergsvereins für das Fürstenthum Ratzeburg erlaubt sich einzuladen
Der Vorstand des Herbergsvereins.
Schönberg, 16. März 1892.
Bahnhofsrestauration Schönberg.
Am Wahltage und am Sonntag, sowie an den Pferdemusterungstagen, Montag den 21. und Dienstag den 22. d. Mts:
Rostocker Bier.
Ferner täglich Rostocker Lagerbier, wozu ergebenst einladet
F. Richter.
Durch die schwere aber glückliche Geburt einer Tochter wurden hocherfreut
J. J. Burmeister u. Frau.
geb. Wittfoth.
Hamburg, den 14. März 1892.
Statt jeder besonderen Meldung!
Die glückliche Geburt eines gesunden Töchterchens zeigen ergebenst an
O. Schnell u. Frau.
Schönberg, 16. März 1892.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 20. März.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr:) Consistorialrath Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Krüger.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 12.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 5]Beilage
zu Nr. 23 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 18. März 1892.
Ein letztes Wort an denkende Wähler!
Die freisinnigen wie die konservativen Versammlungen haben mit einem Hoch auf die Redner geendet. Die Besucher waren zum großen Theil dieselben; wofür werden sie sich entscheiden?
Dr. Witte schob dem Grafen Schwerin die Aeußerung unter, er sei "von einer höheren Warte zu uns Wählern herabgestiegen". Das ist unwahr. Hunderte von Männern hörten, wie der Graf als Gemeiner mit nach Frankreich gezogen ist und mit allen Kameraden als Bruder lebte. Witte sprach von seinem Gegner wegwerfend, Schwerin mit edler Hochachtung. Wessen Kampfesweise verdient unser Vertrauen?
Bismarck hat als sein politisches Vermächtniß eine ergreifende Warnung vor der Fortschritts= oder der "freisinnigen" Partei hinterlassen, welche ihn und sein Wirken aufs schmählichste befehdet hat. Wem wollen wir mehr vertrauen, dem greisen Staatsmann, um den uns Europa beneidet, oder den Sendlingen seines Todfeindes E. Richters?
Die freisinnige Partei hat die Nationalliberalen mit Hohn und Spott überschüttet. Ist also Wilbrandt liberaler Kandidat?
Die liberalen "Freiheiten" haben das Handwerk, das mit dem Bauernstande das Rückgrat des Staates bildet, dem Untergange nahe gebracht. Die Konservativen gehen dem Hausierhandel zu Leibe, die Freisinnigen als gehorsame Diener der Börse und des Kapitalismus vertheidigen diese Plage des Landes und diesen Ruin der Städte. Witte weiß keinen andern Rath als bessere Ausbildung auf Gewerbeschulen. Gewiß ist sie nötig, aber für die große Masse ist dieser Weg unmöglich, und kann dies allein nützen? Wer den vom Kapitalismus fast erdrückten Handwerker auf Bildungsvereine und Gewerbeschulen verweist, ohne ihn durch staatliche Hülfe und durch Zusammenschluß zu helfen - ist der für gesunden Fortschritt? Oder nicht vielmehr um ein halbes Jahrhundert zurück? Und der redet dann noch von "Naivität" seines Gegners!
Doch ein Verdienst wollen wir Witte lassen. Er versicherte, an den Grundlagen der Freizügigkeit würde nie gerüttelt werden. Damit hat er das freisinnige Flugblatt widerlegt, jene gehässige "Warnung", die das Gegentheil behauptet. Was aber die Warnung vor dem Katholicismus mit unserer Wahl zu thun hat, weiß der Berliner Verleger sicherlich selbst nicht. Den übrigen:
Nur die allergrößten Kälber.
Wählen ihren Schlächter selber.
Herr Dr. Witte hat den Bauern verkündet, die Verfassungsfrage würde auch im Fürstenthum ihre Erledigung finden, wenn in den Herzogthümern eine constitutionelle Verfassung einmal durchgesetzt sei. Letztere würde kommen - ganz gewiß; nur der Zeitpunkt, wann sie käme, könnte noch nicht mit Bestimmtheit genannt werden. Bis dahin aber sollten die Bauern bei ihrer bisherigen Haltung beharren.
Unzweifelhaft ist es richtig, daß das Fürstenthum mit den Herzogthümern zusammen eine Verfassung erhalten wird, wenn die letztere in den Herzogthümern wird constitutionell gestaltet werden, und wenn zu diesem Zeitpunct die zu Recht bestehende Verfassung des Fürstenthums noch nicht functionirt. Damit wäre die Verfassungsfrage, zugleich aber auch das Fürstenthum Ratzeburg als solches erledigt. Wir erinnern daran, daß bereits bei den Verhandlungen in den Verfassungs=Angelegenheiten der Herzogthümer darüber kein Zweifel bestand, daß die demnächstige Verfassung sich über das Fürstenthum Ratzeburg mit zu erstrecken habe. Also: Wollt Ihr Eure Euch durchaus eigenthümliche und naturwüchsige Weise (vergleiche Vorwort zur Gesetzsammlung von Masch i. A.) erhalten - wollt Ihr nicht auf Eure bisherige Sonderstellung verzichten, dann wartet nicht, wie Euch Herr Dr. Witte gerathen hat, bis in den Herzogthümer "einmal" eine Krisis eintritt, sondern macht wenigstens den Versuch, die bestehende Versassung in einer Weise auszubauen, daß das Fürstenthum als solches erhalten bleibt.
Die freisinnige Partei warnt jetzt die Arbeiter, "die Conservativen wollten sie wieder an die Scholle fesseln." Davon ist nie die Rede gewesen. Wohl aber sieht nicht blos die conservative sondern auch die nationalliberale Partei ein, daß dem schrankenlosen Zuzug in die großen Städte, der dort Arbeitslosigkeit, hier Arbeitermangel zur Folge hat, in irgend einer Weise entgegengetreten werden muß. Der Meklb Landwirthschaftsrath ist bereits aufgefordert, zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
† Großherzog Ludwig IV. von Hessen.
Großherzog Ludwig von Hessen hat ausgelitten, nach achttägigem Krankenlager ist er in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag früh um 1 1/4 Uhr durch einen sanften Tod von seinen Leiden erlöst worden. Großherzog Ludwig IV. war am 12. September 1837 als Sohn des Prinzen Karl von Hessen und dessen Gemahlin, der Prinzessin Elisabeth von Preußen, geboren. Am 1. Juli 1862 vermählte er sich mit der zweiten Tochter der Königin Victoria von England, Prinzessin Alice, die sich namentlich seit 1870 durch ihr Eintreten für humane und Wohlthätigkeitsbestrebungen verschiedener Art und durch ihren Verkehr mit freidenkenden Gelehrten, z. B. Strauß, eine große Anhänglichkeit und Verehrung bei der Bevölkerung des Großherzogthums zu erwerben verstanden hatte. Diese Ehe, aus der fünf Töchter und ein Sohn (Ernst Ludwig, geboren am 25. November 1868, der nunmehrige Nachfolger des Verstorbenen) am Leben geblieben sind, wurde bereits am 14. Dezember 1878 durch den Tod der Großherzogin gelöst. Im Kriege von 1868 hat der Verstorbene eine Brigade im hessischen Kontingent, im deutsch=französischen Kriege die hessische (25.) Infanteriedivision geführt, die, zum IX. Korps gehörend, namentlich bei Gravelotte und in den Loirekämpfen stark engagirt war und rühmlichen Antheil nahm. Am 13. Juni 1877 bestieg der jetzt Entschlafene als Nachfolger seines Oheims, des Großherzogs Ludwig III., als Ludwig IV. den hessischen Thron, den er fast 15 Jahre innegehabt hat. Im Jahre 1884 war er eine morganatische Ehe mit Frau v. Kolemine eingegangen, die indes nach kurzem Bestand gerichtlich getrennt wurde. Der Verstorbene hat sich durch wahrhaft liebenswürdige Eigenschaften, durch ein stets freundliches Wesen als Mensch und als Regent durch eine aufrichtig deutsche, streng konstitutionelle Gesinnung ausgezeichnet und nicht nur bei der hessischen Bevölkerung, sondern auch im deutschen Volke überhaupt beliebt gemacht. Die Nachricht vom Tod des Großherzogs wird deshalb in weiten Kreisen aufrichtige Trauer hervorrufen.
Der "Reichsanzeiger" widmet dem verstorbenen Großherzog von Hessen einen warmen Nachruf, in welchem es u. a. heißt: "Von echt deutscher Gesinnung erfüllt, war Ludwig IV. seinem Lande ein gütiger, fürsorgender Regent und für das Reich ein treuer Bundesfürst, dessen Herz lebhaft für die nationale Entwickelung des deutschen Volkes schlug. Mit Trauer um den Dahingeschiedenen verbindet das deutsche Volk den Wunsch, daß es Sr. Kgl. Hoheit dem nunmehrigen Großherzog Ernst Ludwig beschieden sein möge, sein Land in Glück und Frieden und zum Segen seines wie des gesammten deutschen Volkes lange Jahre hindurch zu regieren."
Die feierliche Beisetzung des verstorbenen Großherzogs von Hessen wird am Donnerstag, den 17. d. M., vormittags 11 Uhr, stattfinden. Dem Vernehmen nach werden die Kaiserin Friedrich, die Prinzessin Margarethe, der Herzog von Edinburg, sowie der Erbprinz und die Erbprinzessin von Meiningen zu den Trauerfeierlichkeiten in Darmstadt eintreffen. Der Kaiser hat seine ursprüngliche Ab=
[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 6][ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 0]
Vom Welfenfonds.
Das Ereigniß des Tages ist der Abschluß eines Vergleichs zwischen S. M. dem deutschen Kaiser als König von Preußen und dem vormaligen Kronprinzen von Hannover, jetzigen Herzog von Cumberland. Der Inhalt des Vergleichs ist zunächst der, daß der Herzog zusagt, daß jedes "den Frieden des Deutschen Reiches und der ihm angehörenden Staaten störende oder bedrohende Unternehmen" seinen Absichten fern liege; als deutscher Fürst liebe er sein deutsches Vaterland treu und aufrichtig und nie würde er - das versicherte er ausdrücklich - wissentlich veranlassen oder gut heißen, daß mit den zu seiner Verfügung stehenden Mitteln feindselige Unternehmungen gegen den preußischen Staat direct oder indirect angestiftet oder gefördert würden.
Von der Thronfolge in Braunschweig ist in diesem Briefe so wenig die Rede, wie von einem Verzicht auf Hannover. Aber, wie verlautet, hat man sich auch mündlich über Braunschweig dahin geeinigt, daß der älteste Sohn des Herzogs von Cumberland dereinst die Regierung dieses Landes übernehmen soll.
Bei allen unabhängig denkenden Leuten kann diese Versöhnung nur Freude erregen, und Dank gegen S. M. den Kaiser, der in hochherziger Weise die Hand geboten und die Voraussetzungen geschaffen hat, um eine Wunde zu schließen, die noch offen war im deutschen Reich.
Die Stärke Deutschlands nach außen hin wird immer auf seiner inneren Einheit beruhen. Diese innere Einheit fördern, ist daher eine gute Politik. Und sie ist um so besser, je weniger gut durch lange Jahre die Aufkünfte des sog. Welfenfonds verwandt worden sind, nämlich zum Kauf und zur Bestechung käuflicher Zeitungen. Großmuth und Milde stehen immer dem Starken und Mächtigen wohl an; sie werden gewiß auch in diesem Falle erfreuliche und segensreiche Wünsche tragen.
Die Nordd. Allg. Ztg. erklärt zur Vermeidung von Irrthümern, daß die preußische Regierung unbedingt an dem neuen Volksschulgesetzentwurf festhalten werde. Sie denke auch nicht an ein Einlenken.
Die Enthüllung des Kriegerdenkmals, das der Prinzregent von Bayern zum Andenken an die zu allen Zeiten bewiesene Tapferkeit und Treue des bayerischen Heeres gestiftet hat, hat am Sonnabend, dem 71. Geburtstag des Prinzregenten, in der Feldherrnhalle in München stattgefunden. Die Feier trug, dem Character des Gegenstandes entsprechend, ein rein militärisches Gepräge. Das Denkmal, das 7 Meter hoch ist, verkörpert in einem antiken Krieger das Heer. Derselbe hält seinen Schild schützend über eine Frauengestalt, welche den Frieden darstellt, und schwingt mit der Linken das Siegespanier empor. Der Schöpfer des Denkmals, Ferdinand v. Miller, ist durch Verleihung des Maximlliansordens ausgezeichnet worden. Nach der Enthüllungsfeier hat für die Offiziere der Münchener Garnison ein Festmahl stattgefunden, an dem sämtliche Prinzen und Prinzessinnen des kgl. Hauses theilgenommen haben.
In Petersburg hat sich das von französischen Werkmeistern in einer eigens dazu errichteten Fabrik nach dem französischen Recept hergestellte rauchlose Pulver als unbrauchbar erwiesen, in Folge dessen die Schließung der Werkstätten und die Ablohnung der Franzosen erfolgt ist. Gleichzeitig wurde ein neuer Contract auf 800 000 Pud rauchlosen Pulvers mit der Schlüsselburger Pulverkompagnie nach einem früher eingerichteten Muster à 60 Rubel per Pud abgeschlossen, giebt einen Betrag von 48 Millionen Rubel, der im Budget nicht vorgesehen war.
Exkönig Milan von Serbien verzichtete gegen Bezahlung seiner Schulden durch die serbische Regierung auf alle seine Rechte und selbst auf seine serbische Staatsangehörigkeit. Die betreffende, gerade nicht sehr hocherbauliche Vereinbarung kommt soeben in der Belgrader Volksvertretung zur Berathung.
Der Streik der englischen Bergarbeiter hat am Sonnabend begonnen und sogleich eine große Ausdehnung angenommen. Die Zahl derer, die bereits in den Ausstand eingetreten sind, wird auf 3 bis 400 000 geschätzt, doch ist anzunehmen, daß diese Zahlen um ein Beträchtliches zu hoch gegriffen sind. Der Preis der Kohlen ist um 2 1/2 Shilling die Tonne gestiegen und die Vorräthe in den Hauptkohlenzentren sollen bereits erschöpft sein. Es ist vorläufig noch gar nicht abzusehen, ob der Streik eine Woche oder 14 Tage anhalten wird. Die Streikenden bieten alles auf, um die Kohlenträger an der Themse und am Tyne zu überreden, aus dem Ausland kommende Kohlen (von Deutschland und Belgien sind bereits eine Anzahl Schiffe unterwegs) nicht auszuladen. Man hat daher Grund, zu befürchten, daß wieder Ruhestörungen in den Docks ausbrechen werden.
Der Oberführer der Schutztruppe für Ostafrika, Dr. Schmidt, ist für die Kommissarstelle der Marschallinseln ausersehen, welche seit dem Weggange des Vicekonsuls Biermann schon längere Zeit unbesetzt ist.
- Nach der Jagdliste sind die Ergebnisse der Jagd in dem Gräflich von Bothmer'schen Jagdreviere, in der Klützer Gegend gelegen, vom 1. März 1891 bis 1. März 1892 folgende gewesen. An eßbarem Wild wurden erlegt: 28 Rehe, 280 Hasen, 29 Fasanen, 21 Waldschnepfen, 16 Enten, 29 Rebhühner, 217 Krammetsvögel. An Raubzeug: 99 Füchse, 3 Baummarder, 2 Steinmarder, 21 Iltisse, 3 Dachse, 13 Wiesel, 12 Katzen, 3 Hunde, 66 Eichhörnchen, 3 Hühnerhabichte, 10 Sperber, 2 Gabelweihen, 30 Bussarde, 6 Fischreiher, 14 Elstern und 189 Krähen. Am 3. März schoß der Förster Paris die erste diesjährige Waldschnepfe, welche nach seiner Meinung hier überwintert hatte.
- Der Staatsbaudirektor von Lübeck wird Ende dieser Woche das fertige Elb=Trave=Kanalprojekt dem Senat überreichen. Die Kosten werden voraussichtlich mehr als 18 Millionen Mk. betragen.
- Das Verschwinden eines der meist beschäftigten Aerzte erregt in Lübeck seit einigen Wochen alle Kreise der Bevölkerung. Mit dem Arzte sollte gleichzeitig die schöne Gattin eines hohen Beamten das Weite gesucht haben.
- Zu der am 10. Mai stattfindenden Grundsteinlegung zum Kaiser Wilhelm=Denkmal auf dem Kyffhäuser ist eine Einladung an den Kaiser ergangen.
- Die Veranlagung zur Einkommensteuer in Berlin ergiebt ein Mehr von sieben Millionen Mark.
- Wie verlautet, soll eine Lotterie veranstaltet werden, deren Ertrag zur Niederlegung der Häuser am Schloßplatz zwischen dem Marstallgebäude und der Spree bestimmt ist.
- Gegen die Einschränkung der Sonntagsarbeit protestirte am Montag Nachmittag eine Versammlung der Berliner Barbier=, Friseur= und Perrückenmacherinnungen, welche zusammen 1200 Mitglieder zählen. Ein großer Theil der Geschäfte lebe fast nur von den Arbeiten an Sonnabenden und Sonntagen. Wenn diese Geschäfte nicht zu Grunde gerichtet werden sollten, so müsse gestattet sein, an Sonn= und Feiertagen im Sommer von 7 Uhr Morgens bis 2 Uhr und im Winter von 9 Uhr bis 5 Uhr Nachmittags ununerbrochen zu arbeiten.
- Einen Millionenerben hat das 4. Garde=Regiment z. F. in Spandau aufzuweisen. Der Gefreite Mumm von der 5. Compagnie ist der Glückliche, welcher demnächst in den Besitz von zwei Millionen Mark gelangen soll. Erblasser ist ein Großonkel seiner Mutter, der vor einigen Jahren in England gestorben ist. Der Soldat, sowie seine Anverwandten, welche gleichfalls Erben sind, hatten von ihrem Glück keine Ahnung. Der Commandeur eines hessischen Regiments, bei dem der Bruder des Spandauer Erben dient, las den Aufruf zur Ermittelung der Verwandten des Goldonkels in einem Blatte
[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 7]und hat das Weitere veranlaßt. Die demnächstigen Millionäre waren bis jetzt blutarm.
- Der Todestag Windthorst's ist in den katholischen Kirchen von Hannover durch einen Trauergottesdienst begangen worden.
- Wer als Dreijährig=Freiwilliger in das stehende Heer einzutreten gesonnen sind, möge die Zeit bis zum 31. März hierzu benutzen. Sie ist insofern die günstigste, als allen bis dahin eingestellten Mannschaften später ihre Dienstzeit schon vom 1. Oktober v. Js. angerechnet wird. Bei allen am 1. April als Dreijährig=Freiwillige Eintretenden zählt die Dienstzeit erst vom 1. Oktober ds. Js. ab.
- Bei den 21 173 Krankenversicherungskassen aller Art in Deutschland waren im Jahre 1890 rund 6 580 000 Mitglieder versichert, die zusammen 39 177 000 Tage krank gewesen sind und über 84 Millionen Mark Kosten verursacht haben. An diesen Kosten participiren Arzt und Arznei mit 31 und die Krankengelder mit 40 Millionen Mark. Die Gesamtausgabe der Krankenkassen stellte sich auf 92 709 644 Mk., die Gesamteinnahme auf 114 448 315 Mk., wovon 91 228 727 Mk. aus Beiträgen und Eintrittsgeldern entwachsen sind.
- In der Nacht zum Montag versuchten zwei auf dem Transport nach Königsberg i. Pr. befindliche Militärgefangene ihre beiden Transporteure unweit Filehne zu überwältigen. Einer der Angreifer ist totgeschossen worden.
- Die Pockenepidemie nimmt einen für die oberschlesischen Industriebezirke bedenklichen Character an; in Folge dessen ist die Paßausgabe in Myslowitz auf ein Minimum eingeschränkt worden. An sämmtlichen Grenzübergängen fand die Errichtung von Desinfectionskammern statt.
- Die Main=Neckarbahn hat dieser Tage eine von Cockerill in Seraing erbaute Schnellzugsmaschine erhalten, welche die Fahrzeit derart abkürzen wird, daß Courierzüge zwischen Darmstadt und Frankfurt a. M. anstatt wie seither 29 Minuten nur 19 Minuten benötigen sollen.
- Im Personenwagen eines von Heidelberg nach Mannheim abgehenden Zuges der Dampfstraßenbahn brach am Sonnabend Feuer aus. Die Mitfahrenden retteten sich durch Flucht ins Freie. Der Brand entstand jedenfalls durch Ueberheizung.
- Schon wieder sind infolge Einathmung von Kohlenoxydgas, das durch zu frühzeitiges Schließen der Ofenklappe entstanden war, drei Personen ums Leben gekommen, nämlich eine Kellnerin, eine Köchin und ein Küchenmädchen, die auf dem Schützenhause in Sorau bedienstet waren.
- Aus mehreren Provinzen Oesterreichs kommen Nachrichten, daß dort ein strenger Nachwinter eingetreten ist. In Wien wüthete in den letzten Tagen ein heftiger Schneesturm, auch Spital am Semering, Troppau, Lemberg und Prag hatten gleichfalls unter heftigen Schneestürmen zu leiden.
- Im Landtag von Tirol ist von der Innsbrucker Sektion des Touristenklubs eine Petition eingegangen, in der um Maßregeln gegen die Ausrottung des Edelweißes nachgesucht wird.
- Die schreckliche Katastrophe in Anderlues hat nach der offiziellen Aufstellung 173 Opfer gefordert. Allein damit scheint das Unglück leider noch nicht erschöpft zu sein. Die Kohlengesellschaft von Anderlues betreibt drei Gruben, welche sich auf elfhundert Hektare ungefähr erstrecken und über tausend Arbeiter beschäftigen. In Folge des in den unteren Schichten entstandenen Brandes und der Gefahr neuer Explosionen werden zwei dieser Gruben längere Zeit geschlossen bleiben müssen. Die Grube 3, in der das Unglück sich ereignet hat, ist völlig zerstört und es ist sogar eine Frage, ob die Arbeit in derselben jemals wieder aufgenommen werden kann. Das heißt also, daß eine nothgedrungene Arbeitseinstellung wenigstens die Hälfte der Arbeiter treffen wird und dieses neue Unglück zu dem andern sich gesellt. Nach der Aussage der Fachmänner ist dieses schlagende Wetter eines der heftigsten gewesen, welche man je erlebt hat. In den Schichten, wo man vor dem Ausbruch des Brandes eindringen konnte, fanden sich fast alle Leichname im gräßlichsten Zustande vor, geknickt, zerschmettert, wie durch eine Riesenkraft zerrissen.
Selbst die unten für den Zugdienst gebrauchten Pferde fand man zerrissen. Bis in die tiefste Schicht, 500 Meter, gelang es keinem Lebenden, hineinzudringen. Wie mag es dort erst ausgesehen haben!
- In Kopenhagen starb im Alter von 70 Jahren der frühere Grenzzollinspector, Capitänlieutenant O. E. Hammer, bekannt durch seine verunglückten Angriffe zur See im Jahre 1864 gegen die preuß. Armee in Schleswig=Holstein.
- In Memphis (Tenessee) drangen maskierte Männer in das Gefängniß, wo 29 Neger wegen Mordes inhaftiert waren. Die Maskierten ergriffen drei der Neger und erschossen dieselben außerhalb des Gefängnisses.
- Aus Nordamerika sind kurze Telegramme über einen furchtbaren "Blizzard" (Schneesturm), welcher besonders das weite Gebiet zwischen dem Michigan=See und Montana durchrast hatte, eingelaufen. Die Temperatur war plötzlich um 50 Grad (Fahrenheit) gesunken. Der Verlust an Menschenleben dürfte alle Befürchtungen übertreffen. Viele Personen sind erfroren. In Waterloo, im Staate Iowa, wurde ein Zug der Illinois Zentralbahn von dem Sturme erfaßt und vom Geleise geworfen. Seit dem großen Blizzard im März 1888 hat kein Orkan von ähnlicher Stärke die Vereinigten Staaten heimgesucht. Ein Reutersches Telegramm aus Chicago berichtet noch folgendes: In St. Paul, Minnesota, hat der Schneesturm volle 30 Stunden gedauert. Darauf folgte intensive Kälte. In Fargo, Dakota und Crookston hat der Sturm großen Schaden angerichtet. In Fergus Falls wurden Dächer abgeweht. In Ellendale, Nord=Dakota, wurde das Grafschaftsgebäude beschädigt. Die Farmer mußten alle Arbeiten auf dem Felde einstellen.
- Verschleppung von Reisegepäck. Die in letzter Zeit immer häufiger beobachteten Verschleppungen von Reisegepäck durch ältere Post= und Eisenbahnzeichen, welche von den Gepäckstücken nicht entfernt worden sind, haben den deutschen Eisenbahnverkehrsverband veranlaßt, auf Maßnahmen zu einer strengen Durchführung der Bestimmungen des § 25 des Betriebs=Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands bedacht zu sein. Hiernach wird vom Publikum die Entfernung aller älteren Post= und Eisenbahnbeklebungen vom Reisenden gefordert und dieser für allen aus der Nichtbeachtung dieser Vorschrift entstehenden Schaden selber haftbar gemacht. Dabei ist auch zur Sprache gekommen, die Unsitte der Hotels, zu Reklamezwecken die Gepäckstücke ihrer Hotelgäste mit Karten, Abbildungen und Empfehlungen zu bekleben, entgegen zu treten, da durch diese Zettel die Uebersicht über die den Weg und die Bestimmungsstation angebenden Bezettelungen der Eisenbahn beeinträchtigt wird.
- Der Werth des mageren und des fetten Rindfleisches. Das Fleisch der fetten Ochsen enthält nach angestellten genauen Untersuchungen auf 1000 Theile über 200 Theile Nahrungsstoffe mehr als das der mageren, also einen bedeutend größeren Nährwerth.
- Entfernung des Ungeziefers bei Stubenhunden. In 1/2 Liter lauwarme Wasser gießt man unter Umrühren 6 bis 8 Gramm Aloëtinktur. Mit dieser Flüssigkeit wäscht man die Hunde und kämmt deren Haare, bevor dieselben trocken waren. Insektenpulver vertreibt zwar von den Hunden das Ungeziefer, aber dieses stirbt nicht und belästigt die Menschen, verdünnte Aloëtinktur jedoch tötet das Ungeziefer augenblicklich. Aloëtinktur ist in allen Apotheken vorräthig.
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 23 Seite 8]Letzter Ruf.
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Wer Alles, was unsere Väter hoch und heilig hielten, wofür sie fraglos bereit waren, Gut und Blut einzusetzen, als verbrauchten Plunder über Bord werfen will, wer Religion für Privatsache erklären, öffentlichen Gottesdienst aufheben, die Gotteshäuser in Speicher und Vergnügungslocale verwandeln,
wer die Ehe, das deutsche Haus mit der allen Völkern als Muster geltenden Frau abschaffen, wer seiner Kinder und deren Erziehung überdrüssig ist und diese dem Staat überlassen will,
wer sich zwangsweise vorschreiben lassen will, was und wie lange er arbeiten soll, was und wann er essen soll, wo und wie er wohnen soll,
wem dies Alles erstrebenswerth scheint,
der wähle getrost Lütgenau.
Wer das Bedürfniß hat, daß immer noch mehr gewählt wird, daß über die wichtigsten Fragen nicht der Verstand sondern die Zahl entscheidet,
wer auf dem Wege des Freizügigkeitsgesetzes noch weiter fortschreiten will, des Gesetzes, das jetzt schon das platte Land entvölkert und die großen Städte mit einer Unzahl brot= und arbeitsloser Leute überflutet, das unserm deutschen Vaterland eine Armee von ca. 200,000 Rittern der Landstraße eingebracht hat, die durch Betteln etc. eine jährliche Steuer von mindestens 50 Millionen Mark erheben,
wer die Gewerbefreiheit noch weiter ausdehnen will, und zu Gunsten von Pfuschern und Marktschreiern dem einst so angesehenen und leistungsfähigen deutschen Handwerk den letzten Rest seines früheren goldenen Bodens nehmen will,
wer zu Gunsten des Freihandels die Kornzölle beseitigen und die Landwirthschaft, bei uns die Haupterwerbsquelle, schädigen und zur Verarmung des Landes beitragen will, und wer gläubig genug ist, sich über die zu gewärtigenden Schäden durch einen Hinweis auf England trösten zu lassen, was doch ungefähr ebensoviel werth hat, als ob man einen Hund Heu fressen lassen will, weil es dem Ochsen auch bekommt, wer bei jetziger Zeit, wo unsere beiden Nachbarn fortwährend ihre Kriegsstärke vermehren, das deutsche Heer durch Verkürzung der Dienstzeit und andere Abzüge glaubt schwächen zu dürfen, und nicht bedenkt, daß, wie Moltke einst sagte, ein noch so kurzer mit Niederlage endender Krieg das Tausendfache kostet,
wer so sich zu Gunsten einer von der praktischen Wirklichkeit sich loslösenden Theorie das Vaterland und den Wohlstand eines großen Theils des deutschen Volks und namentlich unsres Fürstenthums in Gefahr bringen will,
der wähle Wilbrandt.
Wer durch weitere Ausbildung und Besserung der Arbeiterschutzgesetze für den fleißigen Arbeiter sorgen, ihn gegen unverschuldete Noth schützen und ihm die Früchte seines Fleißes sichern will, wer durch Einführung von Fähigkeitsnachweisen gerechten Gesellen und Meisterprüfungen, dem Handwerk seine berechtigte Stellung wieder erringen und dasselbe gegen Pfuscher und Marktschreier schützen will,
wer der Landwirthschaft den Schutz der Kornzölle wahren, und den Anbau von Korn möglich erhalten und die große Zahl derer, die ihre Existenz allein im Landbau finden, vor Verarmung schützen will,
wer in der Frage nach der Dienstzeit im Heer überzeugt ist, daß zur Zeit allein die Rücksicht auf den Frieden und bei aufgedrungenem Kriege die Rücksicht auf eine siegreiche Durchführung desselben maßgebend sein darf,
der wähle Hermann Grafen von Schwerin.
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