[ => Original lesen: 1892 Nr. 1 Seite 1] Die Weihnachtsbescheerung im Neuen Palais bei Potsdam für die kaiserliche Familie fand am Christabend in gewohnter Weise statt. Alle in Berlin und Potsdam anwesenden Prinzen und Prinzessinnen waren mit den kaiserlichen Majestäten um die brennenden Tannenbäume vereinigt. Die Stunden nach der Bescheerung widmeten der Kaiser und die Kaiserin ihren Söhnen und das Palais erschallte vom lauten Jubel der beglückten Kinder. Am ersten Festtage besuchten der Kaiser und die Kaiserin den Gottesdienst in der Potsdamer Garnisonkirche und fuhren dann nach Berlin, um an der Familientafel bei der Kaiserin Friedrich theilzunehmen. Die Kaiserin Friedrich kam nach Schluß der Tafel mit nach Potsdam hinüber, um ihre Enkel zu begrüßen. Am zweiten und dritten Festtage erledigte der Kaiser zunächst Regierungssachen und empfing dann verschiedene hochgestellte Personen, darunter den Reichskanzler v. Caprivi, den Grafen Waldersee und Andere, welche ihren Dank für die ihnen übermittelten Weihnachtsgeschenke aussprachen. Den Rest des Tages widmeten sich die Majestäten ihrer Familie. - Man sagt, Fürst Bismarck habe ein Weihnachtsgeschenk des Kaisers erhalten.
Auf dem Weihnachtstisch des Kaisers lag u. a. auch ein prächtiger Lampenschirm mit kunstvollen Skizzen der Umgegend der norwegischen Hauptstadt und mit der Inschrift: "Gruß von Christiania". Wie die "K. Ztg." hört, stammt der Lampenschirm von einer in Norwegen wohnenden Dame, die ihn ohne Nennung ihres Namens durch Vermittlung des schwedischen Gesandten dem Kaiser hat überreichen lassen.
Die Uebersiedelung der kaiserlichen Familie aus dem Neuen Palais bei Potsdam in das königliche Schloß zu Berlin ist am Mittwoch erfolgt. Von diesem Tage ab wird demnach das gesammte kaiserliche Hoflager in Berlin vereint sein.
In den Hofkreisen Berlins erzählt man, der Kaiser habe bei Gelegenheit eines im Neuen Palais bei Potsdam stattgefundenen Festmahls dem General v. Caprivi unter Erwähnung des dem Letzteren für seine Verdienste um das Zustandekommen der Handelsverträge verliehenen Grafentitels gesagt: "Füge es Gott, daß ich Sie auch mit dem Titel eines Fürsten zu ehren habe, um Ihnen für einen neuen großen Sieg zu danken, nicht für einen Sieg auf dem Schlachtfelde, sondern für einen Sieg auf dem Friedensboden des Fortschrittes Deutschlands in seinen internationalen Beziehungen." Ob diese Mittheilung richtig ist, muß dahingestellt bleiben.
Der deutsche Reichsanzeiger verkündet amtlich die Erhebung des Reichskanzlers v. Caprivi in den Grafenstand.
Das Befinden des Statthalters von Elsaß=Lothringen, Fürsten Hohenlohe, das in den ersten Tagen seines Unwohlseins zu ernsten Besorgnissen Anlaß gegeben hatte, hat sich während der letzten Tage fortdauernd gebessert, so daß alle Hoffnung vorhanden ist, daß der Fürst sich in absehbarer Zeit wieder der ganzen frischen Rüstigkeit erfreuen werde, die ihm trotz seiner 72 Jahre in gesunden Tagen eigen ist.
Der Alt=Reichskanzler feierte im Kreise seiner gesammten Familie in Friedrichsruh ein frohes Weihnachtsfest. Wie in allen früheren Jahren bescheerte der Fürst auch diesmal seinen sämmtlichen Beamten und Arbeitern.
Der Gesundheitszustand des deutschen Botschafters in St. Petersburg, des Generals v. Schweinitz, soll derartig angegriffen sein, daß der Rücktritt des Generals ins Privatleben in nächster Zeit zu erwarten sein soll. Der kommandirende General des X. Armeekorps, Bronsart v. Schellendorf, hat, wie gemeldet wird, sein Entlassungsgesuch eingereicht; als sein Nachfolger gilt Graf Waldersee.
Zu den ersten Vorlagen, die dem preußischen Landtage zugehen sollen, wird der mehrfach angekündigte Entwurf über den Welfenfonds gehören. Es heißt, daß die Erörterungen über den Entwurf sich ziemlich umfangreich gestaltet hätten und noch einer letzten Entscheidung vorbehalten wären. Im Allgemeinen verlautet, daß die Verwendungszwecke der Provinz Hannover hauptsächlich zu Gute kommen sollten.
Ueber die in Aussicht genommene Versetzungsprüfung von Untersekunda nach Obersekunda gab in der letzten Sitzung des Realschulmännervereins in Berlin der Director des Falk=Gymnasiums, Dr. Bach, folgende Aufklärung: Aus den Verhandlungen der Dezemberkonferenz und anderen Kundgebungen erhelle, daß diese Prüfung zur Gewinnung und Erhaltung eines tüchtigen Offizierstandes beitragen sollte, nicht nur in der Reserve, sondern auch in der Linie, denn da drohe Mangel an ausreichendem und geeignetem Nachwuchs. Die beregte Prüfung solle also dazu dienen, eine neue Gewähr für eine ausreichende Gewinnung und ausreichende Schulbildung der Offiziersaspiranten zu bieten. Wie anderweitig verlautet, soll diese Versetzungsprüfung von Ostern 1893 ab Platz greifen. Ohne Zweifel im Zusammenhang mit derselben verlautet, daß mit diesem Zeitraum das Versetzungszeugniß für Obersekunda an Stelle desjenigen für Prima zur Zulassung als Offiziersaspirant befähigen soll.
Ueber den Unfall, von welchem der Prinz Christian von Schleswig=Holstein=Sonderburg=Augustenburg bei einer in der Nähe von Osborne abgehaltenen Jagd betroffen wurde, verlautet weiter, daß der Prinz durch eine Schrotladung aus dem Gewehre des Herzogs von Connaught verletzt wurde und daß hierbei ein Schrotkorn in das linke Auge des Prinzen drang.
Dem Prinzen Christian von Schleswig=Holstein hat das durch einen Schrotschuß verletze linke Auge herausgenommen werden müssen. Die Prinzessin hat an die Königin telegraphirt, der Prinz habe eine gute Nacht verbracht und alles gehe, den Umständen entsprechend, gut.
Im ungarischen Reichstage werden die neuen Handelsverträge jetzt endgültig angenommen. Kaiser Franz Joseph genehmigte die Auflösung des Par=
[ => Original lesen: 1892 Nr. 1 Seite 2]laments zur Vornahme von Neuwahlen, die im Monat Februar erfolgen sollen.
In Saint=Etienne, der durch ihre Waffenfabriken bekannten Stadt des französischen Departements Loire, sind jetzt zwei englische Spione, Namens Cooper und Bodwell, zu fünfzehn beziehentlich zwei Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Der Prozeß ist dadurch bemerkenswerth, daß, als die ersten Meldungen über die Verhaftung der beiden Spione auftauchten, von den chauvinistischen Organen sogleich versichert wurde, Cooper und Bodwell wären nur vorgeschobene Personen, hinter denen sich ein deutscher Auftraggeber verborgen habe. Der Ausgang des Prozesses hat aber gezeigt, wie übertrieben die ersten Nachrichten waren, während aus den Verhandlungen selbst auch nicht das geringste Beweismoment für die angebliche Betheiligung deutscher Mitschuldigen hervorgeht.
Im Pariser Gemeinderath ist beantragt worden, den Namen der Rue d'Allemagne durch den Namen Rue de Kronstadt zu ersetzen. Die Rue d'Allemagne trägt ihren Namen seit undenklichen Zeiten, da sie eben die alte Heerstraße nach Deutschland und erst seit der Erweiterung der Verzehrungssteuerlinien im Jahr 1780 in das Weichbild der Stadt gelangt ist. Die Geschäftsleute wollen jedoch von einer derartigen Aenderung nichts wissen und so ist denn der Antrag abgelehnt worden. Die Russenliebe des ultraradikalen Gemeinderaths fordert sogar den Spott der Franzosen heraus und der "Figaro" rät den Vätern der Stadt, anläßlich des bevorstehenden Besuchs der Kaiserin von Rußland die Rue Mazarine umzutaufen in die Rue "Ma Tsarine".
Geldnoth im allerhöchsten Grade herrscht zur Zeit im russischen Finanzministerium, und zwar ist sie derartig, daß der Minister weder ein noch aus weiß. Da alle Besuche, aus Deutschland Geld zu erhalten, fehlgeschlagen sind, so soll noch einmal der Versuch einer Anleihe in Paris gemacht werden, obwohl die letzte bekanntlich total verunglückte.
Die russische Adels=Agrarbank stellt wiederum 1552 Rittergüter wegen nicht bezahlter Hypothekenzinsen zum öffentlichen Verkauf.
Wie aus Stockholm gemeldet wird, erkrankte der König an Influenza, hat wenig Schlaf, hohe Temperatur und starken Pulsschlag. Das Befinden war besorgnißerregend.
Major v. Wißmann ist, wie die "Post" erfährt, so weit wieder hergestellt, daß er bereits daran denkt, mit Dr. Bumiller zusammen einen Ausflug den Nil hinauf zu machen. Allerdings ist die Abreise nicht vor Januar zu erwarten. Die für die Schutztruppe angeworbenen 300 Sudanesen werden bestimmt die letzten sein, da die ägyptische Regierung erklärt hat, künftig keine Anwerbungen mehr zu gestatten. Sie sind am Anfang der vergangenen Woche unter Führung des Hauptmanns v. Perbandt nach Ost=Afrika abgereist.
- Schönberg. Am 29. Dec. wurde von dem hiesigen Amtsgericht im Zwangsversteigerungs=Verfahren 1) die zu Selmsdorf belegene Windmühle des Müllers Leppin mit Wohnhaus öffentlich meistbietend verkauft; am Meistgebot blieb Rechtsanwalt Senator Ihlefeldt in Grevesmühlen mit 10 830 M., während die Hypothekenlast des Grundstücks sich auf 18 000 M. belief; 2) die dem Tischler Jahns gehörige, zu Cronscamp belegene Büdnerei, welche der Zimmergeselle Oldenburg daselbst für 3000 M. kaufte. Die ebenfalls zum Meistgebot gestellte Besitzung des Ziegeleibesitzers Vest zu Hammer blieb unverkauft, da kein Gebot dafür abgegeben wurde.
- Schönberg. An Stelle des kürzlich verstorbenen Gerichtsraths Runge zu Feldberg wird der Rechtsanwalt Fölsch hieselbst von Ostern d. J. an als Amtsrichter beim dortigen Amtsgericht angestellt.
- Der beim hiesigen Amtsgerichte beschäftigte Protokollführer Schnell geht zu Ostern d. J. als Actuar an das Amtsgericht zu Mirow.
- Nach dem endgültigen Ergebniß der Volkszählung vom 1. October 1890, zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt, zählte Mecklenburg=Schwerins ortsanwesende Bevölkerung 578 342 Einwohner, darunter männliche 285 092, weibliche 293 250, gegen 1885 mehr 3190 bez. 851 männlichen und 2339 weiblichen Geschlechts; Mecklenburg=Strelitz 97 978 Einwohner, darunter 47 971 männliche, 50 007 weibliche, gegen 1885 weniger 393, 137 männlichen, 356 weiblichen Geschlechts.
- Aus Fürstenberg meldet der "F. A." vom 24. December: In den letzten Tagen vergangener Woche wurden von dem Unterförster Warnckt=Schönhorn am Glietzen=See, in der Nähe des durch seine Naturschönheiten bekannten Peetsch=Sees, zwei verkämpfte Hirsche, ein Kronhirsch und ein Achtender, gefunden. Dieselben müssen zu Ende der Brunstzeit dort ertrunken sein, da das Wildpret noch Farbe hatte. Nach Aussage erfahrener Forstmänner sollen die Hirsche in der Oberförsterei Steinförde erst spät zur Brunst eintreffen.
- Der deutsche Reichsanzeiger veröffentlicht das amtliche Gesammtresultat der letzten Volkszählung. Darnach hat das deutsche Reich (einschließlich Helgoland) 49 428 470 Einwohner und gegen 46 855 704 Einwohner (ohne Helgoland) im Jahre 1885.
- In Berlin starb der bekannte Staatsrechtslehrer Ludwig v. Rönne im Alter von 87 Jahren. Die Beisetzung erfolgte zum Feste unter außerordentlicher Theilnahme.
- Ein Lehrer aus dem Kreise Trebnitz hatte sich beim Corrigieren von Heften mit der tintengefüllten Feder gestochen. Die Verletzung erschien unbedeutend, hatte aber die traurigsten Folgen. Es trat eine Blutvergiftung ein, die bald den ganzen Arm ergriff, so daß der Lehrer in dem Trebnitzer Malteser Krankenhaus Heilung suchte, leider aber war es zu spät, denn 12 Stunden nach seiner Aufnahme im Krankenhaus starb er.
- Gegenwärtig wird in Dresden die erste electrische Straßenbahn auf Bestellung der Deutschen Straßenbahngesellschaft durch die Firma Siemens und Halske gebaut.
- Aus Brüssel wird von einem schrecklichen Raubmord berichtet. Eine reiche Wittwe ist samt ihrem Stubenmädchen von unbekannten Männern ermordet worden; die Mörder haben dann Kasten und Schränke erbrochen und Werthpapiere im Betrag von 100 000 Franken geraubt.
- In Paris erfolgte auch in diesem Jahre die übliche Weihnachtsbescheerung an etwa 6000 Kinder elsaß=lothringischer Eltern in dem für die Gelegenheit schön ausgeschmückten Hyppodrome unter Leitung des Comites der ,,Assoziation gènérale d'Alsace-Lorraine" und des elsaß=lothringischen Frauenvereins, an dessen Spitze die Generalin Charras, die Gattin des Kammerpräsidenten Flouquet und Frau Jean Dollfus stehen. An Kleidern, Spielzeug und einigen Näschereien wurden für über 60 000 Franken vertheilt.
- Einer der wenigen Ueberlebenden der "großen Armee", der Oberst Soufflot, hat in diesen Tagen in Paris seinen hundertjährigen Geburtstag gefeiert und ist aus diesem Anlaß durch Verleihung des Kommandeur=Kreuzes der Ehrenlegion ausgezeichnet worden. Das Kreuz der Ehrenlegion empfing Soufflot 1813. Offizier wurde er im Jahr 1843.
- Als ein Opfer der Spielbank in Monaco bei Roccebrullen ist die Leiche eines 19jährigen Deutschen aufgefunden worden, dessen Visitenkarte den Namen Hermann Charles trägt. Auf der Karte standen die Worte: "Ich sterbe, die Spielhölle von Monte Carlo verfluchend."
- Das Brautkleid der Prinzessin May, das sie bei der Feier ihrer Hochzeit mit dem ältesten Sohne des Prinzen von Wales tragen wird, wird, wie man aus London meldet, zur Zeit in Spitalfield gewebt. Der herrliche Stoff ist ein Geschenk des Damen=Comités der National Silk Association. Das Brautkleid wird vorzugsweise mit Orangeblüthen geschmückt sein. Acht Brautjungfern, Töchter von Herzögen und Grafen, werden auf dem Gange zum Altar die Schleppe des Gewandes tragen. Diese jungen Damen werden in Weiß und Silber mit Maiblumenschmuck gekleidet sein, letzteres als Anspielung auf den Namen der Braut. Die Hochzeitsfeier wird mit großem Ceremoniell vor sich gehen. Die Damen tragen die Hofschleppe, nur die Brautjungfern erscheinen ohne solche. Die Webstühle von Spitalfield sind geschäftiger denn je, um die Kleider der Braut und der Brautjungfern herzustellen und
[ => Original lesen: 1892 Nr. 1 Seite 3]auch andere Stücke für den Trousseau. Es soll nach Möglichkeit jedes Stück in England gefertigt sein.
- Am 24. d. M. ist bei Gothenburg der Thingwalla=Dampfer "Island", der die Reise zwischen Europa und Amerika 100 Mal ohne den geringsten Unfall zurückgelegt hat, gescheitert. Die Mannschaft und die Passagiere sind gerettet worden, das Schiff aber ist ein vollständiges Wrack geworden.
- Der Dampfer "Kavalier" ist bei den Scilly=Inseln total verloren gegangen. Die ganze Besatzung des Schiffes, 30 Mann, ist vermuthlich ertrunken.
- Eine Hinrichtung mit Hindernissen. Sofia, den 20. December. Ein sonderbarer Fall hat sich in Haskowo gelegentlich der Vollziehung der Todesstrafe an einem Räuber ereignet. Der Räuber, Stanco mit Namen, war mit einer außerordentlichen Kraft begabt, so daß er bei seinen zahlreichen (20) Morden niemals Waffen gebrauchte, sondern seine Opfer nur mit den Händen erwürgte. Als er nun gehenkt werden sollte, und ihm das Kleid über den Kopf angezogen wurde, wie es der Brauch ist, um sein Gesicht zu verhüllen, wußte er dem Kopf mit weit aufgerissenem Munde eine solche Haltung zu geben, daß der Henker ihm den Strick statt um den Hals, um den Kopf und offenen Mund legte. Dann packte er den Strick fest mit den Zähnen, und als der Schemel weggerückt wurde, blieb er ruhig hängen. Schließlich glaubte man, es sei alles vorüber und das Publicum entfernte sich. Als jedoch der Arzt den Tod constatiren wollte, bemerkte er, daß der Delinquent noch lebte und daß ihm die Procedur keinen Schaden zugefügt habe. Er hatte sich nur verstellt und wollte, wenn man ihn wieder herabnehmen würde, entwischen. Der Scharfrichter schritt nun zum zweiten Male zur Ausführung seiner Pflicht und diesmal mit Erfolg.
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Anzeigen.
Konkursverfahren.
In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Büdners und Tischlermeisters Joh. Jahns zu Cronscamp ist zur Prüfung der nachträglich angemeldeten Forderungen Termin auf
Sonnabend, den 16. Januar 1892,
Vormittags 11 Uhr
vor dem Großherzogl. Amtsgerichte hierselbst anberaumt.
Schönberg, den 29. December 1891.
W. Harms, Agdtr.
als Gerichtsschreiber des Großherzogl. Amtsgerichts.
Bekanntmachung.
In der Besetzung der für den Bezirk der diesseitigen Berufsgenossenschaft errichteten Vertrauensmanns= bezw. Vertrauensmann=Stellvertreter=Aemter treten mit dem 1. Januar 1892 innerhalb des Amtsgerichtsbezirks Schönberg folgende Veränderungen ein.
Es werden fungiren für den
20. Bezirk, umfassend die Stadt und die Vogtei Schönberg sowie das Gut Torisdorf, als
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Hauswirth Behncke zu Menzendorf) - der Hauswirth Burmeister zu Rodenberg.
21. Bezirk, umfassend die Vogtei Rupensdorf, als
Vertrauensmann - statt des bisherigen (Schulze Hagendorf zu Boitin=Resdorf) - der Oberförster Hottelet zu Schönberg.
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Erbpächter Prüß in Lauen) - der Hauswirth Joachim Oldenburg zu Niendorf.
22. Bezirk, umfassend die Vogtei Stove, als
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Schulze Wigger zu Samkow)) - der Hauswirth Seeler zu Samkow.
23. Bezirk, umfassend die Vogtei Schlagsdorf nebst Domhof und Palmberg bei Ratzeburg, als
Vertrauensmann - statt des bisherigen (Schulze Stein zu Rieps) - der Hauswirth Hecht zu Schlag=Resdorf.
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Schulze Hauschild zu Ziethen) - der Pächter Röper zu Gr. Molzahn.
24. Bezirk, umfassend die Vogtei Mannhagen nebst den Gütern Horst und Dodow, als
Vertrauensmann - statt des bisherigen (Viceschulze Brüggemann zu Mannhagen) - der Schulze Brüggemann zu Walksfelde.
Neubrandenburg, den 19. December 1891.
Der Vorstand
der Mecklbg.=Strelitz'schen Landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft.
C. Graf von Bernstorff.
Holz=Auction Nr. 6.
Am Donnerstag, den 7. Januar, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Wiencke zu Sülsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.
Aus den Schwanbecker Zuschlage.
264 Stück loheichen Drümme mit 67,56 Fstmet.,
43 Rmet. loheichen Knüppel I. u. II. Cl.,
3 Stück buchen Nutzholzblöcke,
273 Rmet. buchen Kluft I. u. II. Cl.,
27 Rmet. buchen Knüppel,
43 Fuder buchen Pollholz,
32 Fuder ellern Wadelholz I. u. II. Cl.
Schönberg, den 27. December 1891.
Der Oberförster.
C. Hottelet.
Holz=Auction Nr. 7.
Am Montag, den 11. Januar, Morgens 10 Uhr sollen in "Stadt Lübeck" hieselbst nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:
Aus dem Rupensdorfer Holz.
Eichen Drümme, geloht u. ungeloht,
43 Rmet. loheichen Knüppel I. u. II. Cl.,
1 Fuder eichen Pollholz,
1 Stück eschen Nutzholz = 0,57 Festmet.,
7 1/2 Fuder eschen Wadelholz I. u. III. Cl., für Kiepenmacher,
2 Fuder eschen Pollholz,
136 Rmet. buchen Kluft u. Knüppel,
48 Fuder buchen Durchforstholz II. u. III. Cl. und Pollholz,
1 Fuder ellern Wadelholz.
Schönberg, den 31. December 1891.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Holz=Auction Nr. 8.
Am Dienstag den 12. Januar, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Wiencke in Sülsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden:
Aus dem Kleinfelder und Sülsdorfer Zuschlage.
6 Stück eichen Nutzhölzer = 1,76 Festmet.,
7 Rmet. eichen Kluft und Knüppel,
29 Fuder eichen Durchforstholz II. Cl., (Kiepenmacherholz)
158 Rmet. buchen Kluft I. u. II. Cl.,
24 Rmet. buchen Knüppel,
29 1/2 Fuder buchen Pollholz,
2 Stück birken Nutzhölzer = 0,58 Festmet.,
5 Rmet. birken Kluft u. Knüppel,
2 Fuder birken Pollholz,
15 Fuder ellern Wadelholz I., II. u. III. Cl.,
1 Fuder Aspen pp. Busch,
3 Rmet. fichten Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 31. December 1891.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Am Freitag, den 8. Januar, Morgens 10 Uhr soll im Selmsdorfer Kirchenholz an Ort und Stelle nachstehendes Brennholz gegen baare Bezahlung verkauft werden:
31 Raummeter buchen Olm u. Knüppel,
 13 Fuder buchen Pollholz,
   5 Fuder ellern Wadelholz II. Cl.,
   8 Fuder aspen Weiden.
Der Förster.
W. Polle.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 1 Seite 4]Am Montag, den 4. Januar 1892, präc. 1 Uhr Nachmittags, Haupt=Versammlung der
Schuhmacher-Innung
zu Schönberg i/M.
im Innungs=Locale, wozu freundlichst einladet
der Vorstand.
Tagesordnung:
1) Rechnungs=Ablage,
2) Vorstands=Wahl,
3) Erheben der halbjährlichen Beiträge,
4) Ein= und Ausschreiben von Lehrlingen,
5) Allgemeine Innungs=Angelegenheiten.
D. O.
Zu dem am Sonntag, den 3. Januar 1892 bei Hrn. Gastwirth J. Oldenburg in Palingen stattfindenden
BALL
der jungen Leute zu Palingen und Umgegend wird hierdurch freundlichst eingeladen.
Anfang Abends 6 1/2 Uhr.
Stadt Lübeck.
Sylvester- und Neujahrsabend
Tanzmusik
Sylvester und Neujahr
Tanzmusik
bei J. Boye.
Am Sonntag, den 3. Januar
Ausspielen von Gänsebrüsten
auf meinem Billard. Anfang 3 Uhr.
J. Böckmann,
Gastwirth.
Dr. Oeinck, Lübeck.
Hals-, Nasen- u. Ohrenarzt,
zurückgekehrt.
Neujahrskarten
in großer, schöner Auswahl empfiehlt
Emil Hempel,
Schönberg. Buchbinder.
Flechtenkranke
versäumen nicht, das von Rolle, Hamburg, St. Pauli, Neuer Pferdemarkt 16, herausgegebene und nur daselbst zu beziehende Buch zu lesen. Preis M. 1,50.
Herrn Rolle, Hamburg. Ich kann Ihnen zu meiner Freude berichten, daß mein Leiden, Lupus, fast vollkommen geheilt ist, nur die kleinen Knötchen sind noch nicht ganz entfernt. Ihr Patient H. Schröttler, Schadehorn b. Oldesloe.
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Kaufmann W. Oldenburg.
Am 25. December wurde auf dem Wege nach dem Bahnhofe ein großes schwarzes Tuch verloren. Der ehrliche Finder wird gebeten, dasselbe gegen Belohnung in der Expd. d. Bl. abzugeben.
Kirchliche Nachrichten.
Neujahr.
Frühkirche (7 Uhr): Consistorialrath Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Sonntag nach Neujahr.
Vormittagskirche Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche fällt aus.
Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 1.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1892 Nr. 1 Seite 5]Beilage
zu Nr. 1 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 1. Januar 1892.
- Ein hübsches Familienbild entwickelt sich oft in der kaiserlichen Kinderstube. Das Kaiserpaar pflegt auch dann, wenn es keine Gäste zur Tafel gezogen hat, getrennt von den Prinzen zu speisen. An solchen Tagen sucht dann das Kaiserpaar nach Aufhebung der Tafel das Kinderzimmer auf, und es kommt hier zu ergötzlichen Scenen. Man sieht nicht selten den Herrscher, einen seiner Sprößlinge Huckepack tragend durch die Räume eilen, während die übrige Schaar lärmend folgt. Uebrigens nimmt der kleine Kronprinz bei Tische eine recht dominirende Stellung ein und benutzt seinen Vorsitz oft dazu, seine lauschenden Brüder durch Tischreden zu ergötzen.
- Die kaiserliche Familie hat zwei Knaben in Spandau zu Weihnachten eine große Freude bereitet. Der 9jährige Sohn des Botenmeisters Egerlein vom königl. Amtsgericht daselbst hatte an den Kaiser einen Brief gerichtet, worin er in kindlicher Weise erzählte, daß sein Vater Feldwebel gewesen wäre; er und sein 7jähriger Bruder hätten sich schon längst Säbel und Gewehre gewünscht; sein Vater könnte dieselben aber nicht kaufen, weil sie zu theuer seien; er bitte, ihm und dem Bruder solche Dinge von dem Spielzeug zu schicken, welches die Prinzen abgelegt hätten. Dieser Weihnachtswunsch ist in Erfüllung gegangen. Am Heiligabend traf vom kaiserlichen Hof aus Potsdam eine Kiste bei den Eltern der Knaben ein, welche zwei Helme, zwei kleine Gewehre (Modell 88), zwei Säbel und zwei Trommeln für die beiden Kinder enthielt. Während des Festes haben die Kleinen, welche, ausgerüstet mit den militärischen Geschenken, stundenlang in den Straßen umherstolzirten, den Neid der ganzen Knabenwelt Spandaus erregt.
- Ueber den Rückgang der Geschäfte in diesem Jahre bringt die "Deutsche Verkehrs=Zeitung" ganz ungeheuerliche Zahlenangaben aus Berlin. Hiernach hatte ein Verkaufsgeschäft in der Leipziger Straße, der eigentlichen City von Berlin, in den beiden ersten Decemberwochen des Vorjahres eine tägliche Lösung von nicht unter 145 und nicht über 190 Mk., in diesem Jahre mit 6,20, 25, 33 Mk. und nicht über 95 Mark. Weiter: Zwei Barbiergeschäfte in der Friedrichsstadt, also der besten Geschäftsgegend, denen jeder reguläre Sonntag nicht unter 20 Mark und nicht über 26 Mark Tageseinnahme bringt, hatten an den letzen beiden Sonntagen 4,90, 5,20 Mk, bezw. 9,10 und 8,90 Mk. Weiter: Ein Kaffeegeschäft in der Friedrichstadt, dessen tägliche Gäste für Kaffee, Thee, Chocolade, Milch u. s. w Handwerksgesellen, Hausdiener, Droschkenkutscher u. s. w. sind, und dessen Inhaber nur 2400 Mk. Jahresmiethe zu zahlen hat, ist in seiner täglichen Einnahme um rund 45 Prozent heruntergegangen, obgleich es sich hier doch nur um Bedürfnisse des täglichen Lebens, und zwar um solche von den billigsten Preisen handelt. Weiter: Zwei Tischlermeister, von denen der eine 18, der andere 11 Gesellen beschäftigt, und welche nur gute, sogenannte bestellte Arbeit liefern, sind schon seit Monaten ohne jede größere Bestellung und lassen in Erwartung besserer Zeiten auf Vorrath arbeiten. Wenn diese Zahlen wirklich zutreffend sein sollten, so wäre es allerdings höchste Zeit, daß eine Wendung zum Besseren eintrete, denn sonst würde halb Berlin unabwendbar Bankerott machen.
- Einen eigenartigen Lotteriegewinn erhielt dieser Tage ein Herr zugesandt, welcher im Sommer während eines kurzen Aufenthalts in Zwickau für 1 Mark ein Loos von einer dortigen Gewerbe= und Industrie=Ausstellung gekauft hatte und davon benachrichtigt war, daß auf seine Nummer ein "großer" Gewinn gefallen sei. Neulich kam nun eine mit 3 Mk. 50 Pfg. Porto belastete riesengroße Kiste bei dem glücklichen Gewinner an. Als derselbe sie öffnete, fand er darin eine große metallene Kirchthurmspitze, welche eine erzgebirgische Blechhütte für die genannte Industrie=Ausstellung gestiftet hatte. Tableau!
- Zur Geschichte der Influenza. Geschichtlich soll die böse "Grippe im 13. Jahrhundert schon aufgetreten sein, während sie in unseren Gauen erst später wahrgenommen worden ist. Man nannte sie "das russische Fieber". Anno 1404 grassirte die "beschwerliche Seuche" sowohl "in Sachsen und um den Hartz, als auch im Thüringer Lande". Der Chronist bemerkt beschreibend: "Die Leute bekamen den Schnuppen und fielen mit denselben die flüsse jhnen auff die Lunge, darüber fingen sie an, on auffhören zu husten, und fand sich dabey eine unnatürliche Hitze, dempffete und stickete sie also, und nahmen jhnen das Häupt darneben die ungewöhnliche Hitze ein, daß sie harte und schwere Läger hatten, und also daran viel Menschen, jung und alt, gleich ersticken und sterben mußten. Zu Magdeburg hat man offt ein tag hundert Leichen gehabt". Verschiedene dieser Symptome kann man auch an den heutigen Grippekranken beobachten. Aus dem Jahr 1517 wird berichtet, daß "viel Leute an der Hauptkrankheit (Kopfweh!) und anderen hitzigen Fiebern" in Thüringen und Sachsen darnieder gelegen und mehrfach auch gestorben seien. Auch anno 1553 machte sich "der gefürchtete Schüttelfrost" in Deutschland bemerkbar, wobei des bekannten Geschichtsschreibers Spangenberg Frau und Bruder zu Eisleben "abgestorben" sind. Ja sogar drei Jahre darnach (1556) trat das "bekannte Uebelbefinden" abermals auf, so daß die davon befallenen Personen "eines Theils Brustwehe, eines Theils Hauptwehe geklagt, jhrer etliche auch vom Aufsteigen aus dem Magen deßgleichen vom Schlucken und Gluxen, dessen kein Aufhören bei jhnen gewesen, grosse Marter gehabt, und darüber gestorben". "Im November 1571 hat", wie es weiter heißt, "die Häuptkrankheit sehr zu regieren angefangen. Sind viele Leute daran niederkommen, auch eins Theils gestorben". Mit dem merkwürdigen Namen "Spanischer Fips" wird über die "newe Krankheit" aus dem Jahr 1580 gemeldet. Man höre darüber Linhard in seiner "Thüringischen Chronica" 1601 auf S. 193: "Im Herbste erhub sich eine seltzame geschwinde unerhörte newe Seuche. Erstlich kam es die Leute mit Frost an, etliche auch mit Hitze, davon entstund Husten und Heiserkeit, währte aber drey oder vier Tage. Die an solcher Krankheit zur Ader ließen, starben gemeiniglich, andere nicht. Man sagt, solche Krankheit sey durch gantz Europen gangen". Auch in Meiningen hat man damals unter diesem Katarrhfieber viel gelitten. Guth nennt diese "gemeine Seuche mit den derzeitigen Aerzten "Febrin malignam cum catharro", während das Volk vom "Schafshusten" sprach. Schlimmer sah es noch anno 1732 aus, als die Grippe Europa von Osten nach Westen durchflog und fast die Hälfte der Bewohner dieses Erdtheils aufs Krankenlager streckte, wie sie auch 1782 "aus Rußland kam und fast ganz Europa überzog". In Polen, Rußland und Ungarn hauste die Influenza besonders im Jahr 1788; man nannte sie "Hundekrankheit", jedenfalls, weil zwei Jahre zuvor die Hunde im Sommer und Herbst unter einem ähnlichen Uebel gelitten hatten, und, "nachdem sie lange geschwankt, sanken". Vor hundert Jahren kannte man die Krankheit bereits als "Influenza". Die Kranken klagten über Gliederreißen, Hitze und Angst auf der Brust. Als Heilmittel werden "kühle Luft, Speisen und Getränke und kühlende Arzneien, nicht aber Aderlaß" genannt. Hieraus ist ersichtlich, daß die böse Seuche bereits eine ansehnliche, wenn auch sehr unrühmliche Vergangenheit hat. F. K.
- Der Schnapsteufel in Belgien. Welche fürchterlichen Fortschritte der Schnapsverbrauch in Belgien gemacht hat, geht aus folgenden Ziffern hervor: Während in England jährlich für den Kopf der Bevölkerung 2 1/2 und in Frankreich 4 Liter Schnaps in Anschlag zu bringen sind, beläuft sich dieses Maß in Belgien auf 12 Liter, und während in England eine Schankwirthschaft auf je 190 Einwohner und in Holland je eine auf 175 Einwohner
[ => Original lesen: 1892 Nr. 1 Seite 6]kommt, hatte Belgien am 31. März je eine auf 37. In den letzten 14 Jahren nahm in Belgien die Bevölkerung um 14, der Schnapsverbrauch dagegen um 37 Prozent zu, und in derselben Zeit vermehrten sich die Fälle von Blöd= und Wahnsinn um 45 Prozent, die Zahl der Selbstmorde um 80 Prozent und die Zahl der Vagabunden und Bettler um 150 Prozent. Von sämmtlichen blödsinnig geborenen Kindern hatten 48 einen Trunkenbold zum Vater; die Zahl der Personen, welche alljährlich infolge zu übermäßigen Schnapsgenusses überhaupt in Belgien zu Grunde gehen, wird auf rund 20 000 geschätzt. Die Ausgaben für Genever erreichen in Belgien alljährlich die ungeheuere Summe von 135 Millionen Franks, welche zum größten Theil von der arbeitenden Klasse bezahlt werden, und rechnet man hierzu noch die Verluste, welche den Letzteren dadurch entstehen, daß der Genevergenuß die Arbeiter krank oder sonst arbeitsunfähig macht, so ergiebt sich ein Betrag von rund 200 Mill. Franks, welche der Genever den 6 Mill. Belgiern jedes Jahr kostet.
- König Leopold von Belgien hatte sich zum Weihnachtsabend die sechshundert Arbeiter, welche am Wiederaufbau des Laekener Schlosses und an dem Ausbau der dortigen Wintergärten thätig gewesen waren, nach der Stätte ihres angestrengten Wirkens zu Gaste geladen. Am großen Gitter des Schlosses fanden sie sich ein, die Brüsseler, nach einer unter ihnen heimlich umgegangenen Loosung, in festlichem Staat, die übrigen, wie sie gebeten waren, in schlichter Arbeitstracht. In Laeken übernahmen die Unternehmer die Führung ihrer Gruppen. Einige Hofbeamten empfingen die Geladenen und geleiteten sie zuerst nach der Orangerie; hier wurde ein Namensaufruf gehalten, wobei einem jeden nach Verdienst und Alter ein Geldgeschenk, 5 bis 20 Francs, überreicht wurde. Dann gab es einen Imbiß. Die Arbeiter ließen sich es wohl schmecken, vergaßen aber nicht, den anstoßenden großen Speisesaal für 150 Personen zu bewundern, der eben vollendet wurde und in dem am 19. Januar die sämmtlichen Abgeordneten an der königlichen Tafel sitzen werden. Dann wurden die Gäste nach dem Wintergarten geleitet, wo die Kapelle des 1. Husaren=Regiments spielte. Bald darauf erschienen, mit Hochrufen begrüßt, der König, die Königin und die Prinzessin Clementine. Der König begab sich zu jeder Gruppe, und, da er während der Bauzeit die Arbeiten fortlaufend besichtigt und durch zweckmäßige Angaben geleitet hatte, war es ihm nicht schwer, in zahlreichen Gesprächen mit einzelnen Arbeitern Stoff zur Unterhaltung zu finden. Als es dunkel wurde, erstrahlte plötzlich die ganze Flucht der Treibhäuser zum ersten Male in elektrischem Licht. Nach Verlauf einer Stunde zog die königliche Familie sich zurück. Darauf ergingen sich die Geladenen in den herrlichen Treibhäusern, deren eines ausschließlich für die Congoflora bestimmt ist. Eine letzte Ueberraschung wartete der Arbeiter, als sie sich gegen sechs Uhr zurückzogen: einem jeden wurde eine Flasche Rothwein, sechs Cigarren und aus besonderm Auftrag der Königin, die auch den Angehörigen der Arbeiter eine Freude bereiten wollte, eine Schachtel Bonbons überreicht.
- Das war diesmal ein schlimmer Heiligabend in der Familie des Bankbeamten Schultze: Es war, als hätte sich Alles verschworen, um einen Strich durch Schultze's Weihnachtswonne zu machen. Der Schlingel, der Paul, der Schultzesche Stammhalter, war zu Michaelis auf die höhere Bürgerschule gekommen, und hatte als erste Censur Numero Drei mit nach Hause gebracht, wozu namentlich sein "Mangel an jeglicher Disziplin" beigetragen hatte. Es war Frau Schultze gelungen, ihrem vielbeschäftigten Gatten die Unglückscensur zu verheimlichen. Aber auch Schultze sen. hatte Pech gehabt, da die erwartete Gratification ausgeblieben war. Das Familienoberhaupt kehrte deshalb am Heiligabend zu den Seinigen in wenig rosiger Stimmung zurück, die noch dadurch verschlechtert wurde, daß eine freundliche Nachbarin ihm auf der Treppe mittheilte, daß Mariechen Schultze, das Töchterlein, "graulich" in der Tanzstunde mit einem Studenten pussire. Zu Hause waren die Geschenke unter der Pyramide bereits aufgebaut, als der liebende Vater mit umwölkter Stirn eintrat. "Stich die Pyramide an," sagte Herr Schultze barsch zu seiner Gattin. Während diese, von bangen Ahnungen erfüllt, die Kerzen anzündete, setzte sich Mariechen ans Klavier, und präludirte das "Stille Nacht." "Sei so jut und laß die Klimpelei," sagte Schultze und warf ihr einen niederschmetternden Blick zu. "Paul bring mal Deine Censur!" Paul erbleicht, seine Mutter nicht minder. "Ach Jott, Wilhelm," ruft sie, "laß das doch man heute sind mit die dumme Censur. Du weißt ja die Lehrer . . . ." "Paul, die Censur!" ertönt die gebieterische Stimme Schultze's. Paul schwankt ab. "Mariechen, hierher! Was ist das mit dem Studenten aus der Tanzstunde? Na?" Aber noch ehe das erröthende Mariechen antwortet, steht Paul mit der Drei in der Thür. "Her damit!" herrscht der Vater und überfliegt das unselige Papier. "Ah, das wird ja immer besser. Dir werde ich . . ." Schultze holt mit sicherem Griff einen stattlichen Rohrstock hinter'm Schranke her, zieht den Sprossen über's Knie und bläut ihn gründlich durch, die Hiebe mit dem tiefsinnigen Satze begleitend: "Dis=ci=plin unter=schei=det den Menschen von's Thier!" Die Prügel "zieht" mehr als Paul lieb ist und die Pyramide vertragen kann, die plötzlich in hellen Flammen steht. Allgemeines Geschrei. Schultze wirft den Stock weg, reißt die Pyramide vom Tisch, und den gemeinsamen Anstrengungen gelingt es, den Brand zu löschen. Die Pyramide ist natürlich vernichtet. "Daran bist Du schuld, Range," sagt Schultze und wischt sich den Schweiß von der Stirne. "Blos wegen Deine Disciplin . . ." Die Gattin ist dem gereizten Vater inzwischen in den Arm gesunken und klagt laut weinend: "Nee, so'n Heiligabend! - So lange wie ich lebe . . . und der scheene Karpen . . . nun hat Keiner mehr Appetit . . ." Wie Schultze das Wort "Karpen" hört, bricht das Eis seines Herzens. "Emilie, den Karpen wollen wir uns nicht verderben lassen. Richt'n man an, ich verpuste mich erst ein bischen in meiner Stube." Der Karpfen ist nun ausgezeichnet und bei jedem Bissen wird Schultze weicher. "Emilie," sagt er endlich, "ich werde noch'n kleinen Punsch machen. Die Aufbauerei woll'n wir nu man bis morgen lassen." Damit sind Alle zufrieden, und auf den bösen Heiligabend ist ein ganz harmonischer erster Feiertag gefolgt.
- Marzipan und Pfefferkuchen. Unser weihnachtliches Lieblingsgebäck, Marzipan und Pfefferkuchen, hat eine altehrwürdige Geschichte, die untrennbar ist von der des Tannenbaums und des Festes überhaupt. Schon mehr als ein halbes Jahrtausend ist verflossen, seitdem sich unsere Vorfahren zum erstenmal an diesem köstlichen Gebäck erfreut haben. Lebekuoche oder Lebkuoche nannten sie den heutigen Pfefferkuchen nach der Weisung, die von frommer Seite an sie ergangen war, denn die neue, süße, würzige Erfindung stammte aus den Klöstern. Jüngeren Ursprungs ist das Marzipan, das gleichfalls bald eine wichtige Stelle unter den Leckereien des Christfestes einnahm. Sein Name ist schwer zu deuten. In Lübeck, einem alten Markt für diesen gesuchten Leckerbissen des Weihnachtsfestes, erzählte man sich im Mittelalter über den Ursprung des Marzipans folgendes Märlein: Es war einmal ein böses Jahr, so daß alle Früchte verdarben und eine große Hungersnoth entstand. Die Menschen mußten Gras essen und wer einer Nuß habhaft werden konnte, zahlte gerne dafür 3 Pfg. Zur Erinnerung an diese trübe Zeit backte man in der Folge, um darzuthun, daß nun eine bessere gekommen sei, reich gewürzte Brötchen aus allerhand leckeren Stoffen, welche man, weil das gewöhnlich am Markustag geschah, "Marci panem" nannte. Indessen ist diese Sage wohl gewaltsam geschaffen, nur um den fremdartigen Namen zu deuten. Wahrscheinlich stammt er aus dem Italienischen, wo panis seine Bedeutung als Brot beibehält und maza so viel als Milchmus ist.
- Diejenigen Rosenbesitzer, welche die Kronen ihrer Rosenstämmchen zum Schutze gegen die Winterkälte mit Erde bedeckt haben, thuen wohl, die Kronen wieder frei zu legen, weil bei der anhaltend nassen Witterung die Triebe in der feuchten Erde ersticken und schwarz werden; besonders nöthig ist das Bloßlegen da, wo die Kronen in eine Erdvertiefung gelegt wurden, weil sich dort das Wasser am ersten sammelt.
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