[ => Original lesen: 1891 Nr. 71 Seite 1] Kaiser Wilhelm, dem die starken Strapazen der Manöver in Oesterreich vorzüglich bekommen sind, hat sich zu den Herren seiner Umgebung und gegenüber den zum Ehrendienst bei ihm befehligten österreichischen Militär außerordentlich befriedigt über seinen Aufenthalt in Oesterreich ausgesprochen. Der Abschied Kaiser Wilhelms von seinem kaiserlichen Gastgeber, von den übrigen Mitgliedern des österreichischen Kaiserhauses und vom Grafen Kalnoky war ein überaus herzlicher. Unter tausendstimmigen Hurrahs erfolgte Kaiser Wilhelms Abreise nach München.
Die Kaisermanöver in Oesterreich haben am Montag in glänzender Weise ihren Abschluß gefunden und Kaiser Wilhelm ist bereits in München eingetroffen, um Mittwoch eine Heerschau über die zwei bayerischen Armeekorps abzuhalten. Am letzten Manövertag bei Schwarzenau haben beide Kaiser Ansprachen an das Offizierkorps gehalten, in denen den Truppen die höchste Anerkennung gezollt wurde und die Waffenbrüderschaft der Deutschen und Oesterreicher kräftigen Ausdruck fand. Am Sonntag hat Kaiser Wilhelm den Grafen Kalnoky und Kaiser Franz Josef den Reichskanzler v. Caprivi in längerer Audienz empfangen, worauf beide Staatsmänner ihren Herrschern Vortrag gehalten haben.
Die großen österreichischen Manöver bei Schwarzenau, welchen der deutsche Kaiser und König Albert von Sachsen als Gäste des Kaisers Franz Joseph beiwohnen, erreichten am Montag ihr Ende. Wegen des regnerischen Wetters wurde jedoch die Kaiserparade abgesagt. Die Fürsten folgten allen Einzelheiten des ausschließlich mit rauchlosem Pulver durchgeführten Manövers auf das Genaueste, und besteht große Zufriedenheit mit den gewonnenen Resultaten in militärischen Kreisen. Man kann von dem verwendeten Pulver in der That als von einem rauchlosen reden, denn die leichten Dampfwölkchen, welche sich bei scharfen Salven erhoben, waren für unbewaffnete Augen unsichtbar. Irgendwelche Festlichkeiten haben nicht stattgefunden. Allgemein erkannte man auch die großen Marschleistungen der Truppen, ihre Unverdrossenheit und ihren Frohsinn, welche Eigenschaften trotz der großen Anstrengungen der letzten beiden Tage sich geltend machten, an.
Kaiser Wilhelm traf am Montag abend wohlbehalten in München ein und wurde vom Prinz=Regenten Luitpold empfangen und auf das Herzlichste begrüßt. Auf dem Bahnhofe waren die bayerischen Prinzen, die Mitglieder der Regierung, die Generalität etc. zugegen. Nach der Abschreitung der aufgestellten Ehrenkompagnie erfolgte die Einfahrt in die glänzend erleuchtete und festlich geschmückte Stadt. Der Wagen des Kaisers und des Prinz=Regenten war von Kavallerie eskortirt. Auf die Begrüßung der städtischen Behörden erwiderte der Kaiser mit verbindlichen Dankesworten. Unter lebhaften Hochrufen bewegte sich der Zug zum Residenzschlosse, wo der Kaiser die Prinzessinnen des bayerischen Königshauses begrüßte; wiederholt erschienen noch die Fürsten auf dem Balkon des Schlosses, um der jubelnden Volksmenge zu danken. Dann fand Abendtafel statt. Am Dienstag fand große Parade statt.
Die großen Seekriegsübungen eines Theils unserer Marine haben am 3. d. M. begonnen und es scheint, wie aus Kiel berichtet wird, daß mit ihnen eine neue Aera unserer Flottenübungen eintritt. Während sich früher auch die Kriegsmanöver programmmäßig abspielten, scheint man jetzt mehr dem Beispiel Englands folgen zu wollen. Der angreifenden und der vertheidigenden Flotte werden bestimmte Aufgaben gestellt, deren Lösung von dem Geschick der Führer und den besonderen Umständen der Stärkeverhältnisse, des Wetters u. s. w. bedingt wird. Es dürfte sich bei den Seekriegsübungen dieses Jahres um eine Erprobung der Sicherheit und Bereitschaft der deutschen Küstenvertheidigung handeln. Die Leitung der ganzen Uebung findet unter dem Befehl des kommandirenden Admirals v. d. Goltz statt. Die Pläne der Vertheidigung wie die des Angreifens sind in tiefes Geheimniß gehüllt. Aus den Maßnahmen, die in Friedrichsort und den Küstenbefestigungen der Kieler Bucht getroffen sind, darf man schließen, daß ein Angriff von seiten eines feindlichen Geschwaders erwartet wird. Die Forts an beiden Seiten der Bucht haben kriegsmäßige Besatzung, Laboe mit seinem kleinen wichtigen Ausfallhafen am südlichen Ufer der Bucht hat eine Einquartierung von 300 Mann erhalten. Die wichtigste Abwehrmaßregel ist die Minensperre, welche bei Friedrichsort gelegt ist und die ein Eindringen in den Kieler Hafen unmöglich macht. Für eine der nächsten Nächte wird ein Angriff auf die Minensperre erwartet.
Wie schon gemeldet, soll bezüglich des Welfenfonds dem preußischen Landtag eine Vorlage zugehen. Es liegt auf der Hand, daß die Regierung über die oft betonten Umtriebe der Welfenparthei bei dieser Gelegenheit in einer oder der anderen Richtung Rechnung abzulegen bemüht sein wird. Es wird gesagt, daß ihr dazu ein ziemlich umfassendes Material zur Verfügung stehe, und man darf gespannt sein, wie weit sich dies bestätigt. Vielleicht stehen die Haussuchungen damit in Verbindung, die jüngst in der Stadt Hannover bei Mitgliedern der Welfenparthei stattgefunden haben.
Einem Ischler Telegramm zufolge soll die Verlobung des künftigen österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz d' Este mit Prinzessin Sophie, Tochter des Herzogs Karl Theodor von Bayern aus dessen zweiter Ehe (geb. 22. Febr. 1875) demnächst bevorstehen.
Ein hoher deutscher Militär fällte auf Grund seiner Beobachtungen während des Manövers folgendes Urtheil über die österreichisch=ungarische Armee: "Oberleitung und Generalstab sind vorzüglich und haben große Fortschritte gemacht, das Leutematerial ist gut, die Kadres sind theilweise unzulänglich und einzelne daher minderwerthig."
Die großen Manöver des 5., 6., 7. und 8. Armeekorps in Frankreich gehen bei drückender Hitze vor sich, auch waren durch mehrfache starke Regengüsse die Wege schlüpfrig geworden. Die Reservisten ertragen die Strapazen besser als die jungen Mannschaften, von denen eine große Anzahl vor Erschöpfung zurückbleiben mußte. Ein Soldat ist
[ => Original lesen: 1891 Nr. 71 Seite 2]bereits den Strapazen erlegen. Die Ambulanzen sind von erkrankten Soldaten angefüllt. Die Blätter fordern, daß die Uebungen in den Frühstunden abgehalten werden, damit die Soldaten von der Hitze nicht zu sehr zu leiden haben.
Nach dem Czas sollen binnen zwei Wochen in Warschau und Umgebung Truppen in einer Stärke von 150 000 Mann eintreffen, über deren weitere Bestimmung bisher nichts bekannt geworden ist.
In Rußland ergreift die orthodoxe Geistlichkeit die Initiative zur Veranstaltung von Sammlungen für die Nothleidenden in den von der Mißernte heimgesuchten Gouvernements. Der heilige Synod hat angeordnet, daß Büchsen=Sammlungen in den orthodoxen Kirchen veranstaltet, die Nothleidenden seitens der reicheren Klöster und Kirchen durch Geld und Speise unterstützt und in den Gouvernements= und Kreisstädten Comités zur Annahme und Vertheilung freiwilliger Gaben eingesetzt werden sollen. Außerdem ist eine spezielle Anordnung ergangen wegen der Sammlung von Spenden für die Lehrer und Schüler der der dortigen orthodoxen Geistlichkeit unterstehenden Kirchenpfarr= und Leseschulen in den von der Mißernte heimgesuchten Gouvernements.
Aus vielen Gouvernements in Rußland wird gemeldet, daß die Nothlage der Bevölkerung täglich zunehme und der Hungertyphus weit verbreitet sei. Im Gouvernement Woronesch betteln viele Tausende von Arbeitern um Brot. In den nächsten Tagen tritt das Ministercomité abermals zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um über neue Maßregeln zur Abhilfe des Nothstandes zu berathen.
In Bezug auf die Dardanellenfrage gedenkt die Pforte demnächst, wie aus Konstantinopel versichert wird, an die Mächte eine Zirkularnote zu richten. Die Pforte gedenke keineswegs eine Aenderung der Stipulationen des Pariser und Berliner Friedens vorzuschlagen, es handle sich nur um eine Zusatzklausel behufs größeren Spielraums für die Interpretation des Vertrags. Der Botschafter der Türkei in Wien, Zia Bey, soll, wie es heißt, nach Konstantinopel berufen worden sein, um anstatt Said Paschas, welcher zum Präsidenten des Staatsraths designirt sei, Minister des Auswärtigen zu werden. Ueber die wirklichen Beweggründe zu dem eingetretenen Kabinettswechsel herrscht auch jetzt noch Ungewißheit. Die "Politische Korrespondenz" meint: Nach den Bestimmungen des neuen Dardanellen=Abkommens zwischen der Pforte und Rußland sind russische Schiffe bloß in dem Fall, wenn sie aus dem Kriegsdienst vollständig entlassene Soldaten nach der Heimath befördern, von der Pflicht einer vorhergängigen Anzeige an die Pforte entbunden, während in allen anderen Fällen für die Durchfahrt eine spezielle Erlaubniß erforderlich ist. Die Pariser Blätter begrüßen, kurzsichtig, wie die Franzosen sind, die Vorgänge in Konstantinopel mit Jubel, da ja Rußland dabei betheiligt ist. Dagegen führt die Wiener "Neue Freie Presse" in einem Leitartikel über die seit der letzten Kaiserzusammenkunft veränderte politische Lage aus, es sei nicht gewiß, ob der Dreibund noch die Fähigkeit besitze, den Frieden zu erhalten. Die Möglichkeit eines russisch=französischen Gegenbundes sei vorhanden und damit auch die Möglichkeit des Krieges; der Bestand des europäischen Friedens hänge von dem Grade der Furcht ab, welche der Dreibund in Paris und Petersburg einflöße. Die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms II. mit dem Kaiser von Oesterreich finde daher zur rechten Zeit statt.
Es bestätigt sich, daß die Königin Victoria von England die Einladung angenommen hat, im nächsten Frühsommer einen Besuch in Berlin zu machen. Der Aufenthalt der Königin in Deutschland wird sich auf vierzehn Tage erstrecken. Nur ein Theil dieser Zeit wird in Berlin und Potsdam, der Rest auf Schloß Stolzenfels am Rhein zugebracht werden.
Die vor Valparaiso liegenden fremden Kriegsschiffe wimmeln noch von chilenischen Flüchtlingen, doch ist noch immer nicht entschieden, was mit ihnen geschehen soll. Der deutsche Gesandte und der kommandirende General der deutschen Schiffe haben sich über das Verfahren mit den unter dem Schutz der deutschen Flagge befindlichen Chilenen nicht zu einigen vermocht. Der Gesandte wollte die Flüchtlinge an die Kongreß=Junta ausliefern, während der Admiral erklärte, dies nur auf Befehl des Kaisers thun zu wollen. Eine telegraphische Anfrage beim Kaiser soll nun nicht im Sinn des Gesandten beantwortet sein. Laut Meldungen aus Valparaiso hat ein Bundesschiff aus Baltimore 20 chilenische Flüchtlinge aufgenommen, deren Leben in Chile gefährdet war.
- Einer der bekanntesten Spekulanten der Berliner Produktenbörse, der 52 Jahre alte Emil Treitel, erschoß sich soeben. Berliner Zeitungen zu Folge hinterläßt er etwa 300 000 Mark unbezahlte Differenzen an der Produktenbörse und einen etwa vierfach größeren Schuldbetrag an der Fondsbörse.
- Am Sonnabend wurde im Berliner Opernhause die Gedenkfeier aus Anlaß des hundertjährigen Geburtstages des berühmten Komponisten Giacomo Meyerbeer begangen. Zur Darstellung gelangte Meyerbeers Oper "Robert der Teufel".
- In Bremerhaven traf der Fischereidampfer "Amely" mit der württembergischen Spitzbergen=Expedition an Bord ein. Alles war wohl. Trotz der kurzen Fahrzeit bringt die Expedition stattliche Sammlungen aus der Fauna und Flora von Spitzbergen und der Bäreninsel, sowie Mineralien und ethnologischen Gegenstände mit, die, wie verlautet, nach dem Museum in Stuttgart überführt werden.
- In Gadderbaum bei Bielefeld versuchten die Sozialdemokraten die Sedanfeier des Turn= und Kriegervereins gewaltsam zu stören. Im Handgemenge wurden die Störenfriede jedoch überwältigt und an die Luft gesetzt.
- Ein furchtbarer Orkan suchte am vergangenen Dienstag die Gemeinde Altendorf und insbesondere die Kruppsche Arbeiterkolonie Croenberg bei Essen heim. In der Sektion M. und J. wurden fast sämmtliche Häuser abgedeckt. An verschiedenen Gebäuden sind die Fenster eingedrückt, Thüren ausgehoben und zerstört und Theile des Mauerwerks umgerissen worden. Eine Kegelbahn fand man mehrere Meter fortgeschleudert vor. Schwere Eichbäume sind entwurzelt und eine große Anzahl Obstbäume abgeknickt worden. Der Schaden ist für die Gemeinde ein ganz enormer.
- Im Zirkus Rousseau in Weitmar (Westfalen) stürzte während einer Vorstellung die kleine siebenjährige Kunstreiterin, das Töchterchen des Direktors, so unglücklich vom Pferde, daß sie das Genick brach und wenige Augenblicke darauf verschied.
- In der sehr gewerbreichen Stadt Göppingen liegt die Textilindustrie gegenwärtig darnieder, wie sich überhaupt in allen Industriezweigen ein schlechter Geschäftsgang bemerkbar macht. In verschiedenen Fabriken wurde die Arbeitszeit theilweise bis auf 8 Stunden verkürzt, in anderen wird nur 4 bis 5 Tage wöchentlich gearbeitet.
- Aus Kattowitz in Oberschlesien wird berichtet: Eine gemeinsame Untersuchung der einzuführenden Schweine erfolgt fortan zweimal wöchentlich durch russische und preußische Thierärzte in Sasnowice und Medrzow. Die Untersuchung der Schweine in den preußischen Grenzkreisen ist aufgehoben worden.
- Aus Straßburg in Elsaß wird gemeldet, daß bei Niederschösselsheim während des Manövers ein Sergeant des 6. kgl. sächsischen Infanterieregiments Nr. 105 erschossen wurde. Bei einem Soldaten des 3. Infanterieregiments Nr. 99 fand man scharfe Patronen.
- Die weltbekannte Textilindustrie in Mühlhausen i. E. macht gegenwärtig eine Krisis durch. Angesichts dieses Umstandes und der Preissteigerung der Lebensmittel steht man dem kommenden Winter nicht ohne Besorgniß entgegen. Sowohl Woll= als Baumwollspinnereien setzen ihren Betrieb in dem bisherigen Umfange fort, um keine Arbeiter entlassen zu müssen. Fertige Waare ist in Masse vorhanden; aber die Besitzer suchen vergebens nach einem Absatz dafür. Man spricht davon, nur noch 5 Tage in der Woche zu arbeiten. Nicht nur in den Spinnereien, sondern auch in den großen Maschinenfabriken sieht es trübe aus. Das bekannte Haus Steinlein u. Co. läßt gegenwärtig für sich nur Werkzeuge fabriziren. Es fehlt an jeder Bestellung. Die große Gießerei, die über 3000 Arbeiter beschäftigt, wollte nur noch 5 Tage in der Woche
[ => Original lesen: 1891 Nr. 71 Seite 3]arbeiten. Die kleineren Maschinenfabriken entlassen fortwährend Arbeiter.
- In Thann (Ober=Elsaß) erhielten sechs Familienväter den Befehl, binnen 6 Wochen auszuwandern oder sich naturalisiren zu lassen.
- Bei Walburg im Kreise Weißenburg wurde eine Petroleumquelle erbohrt, die täglich 90 Faß Rohöl ergiebt. Fast gleichzeitig wurden vier schwächere Quellen erbohrt. Der Eigenthümer der Quellen ist Dr. Finkler in Godramstein.
- Der Geschäftsgang in den mechanischen Webereien der sächsischen Oberlausitz soll fast ganz ins Stocken gekommen sein. Die Kleiderstoff=Fabriken in Zittau seien nur wenig mit Aufträgen versehen und würden, wenn eine Besserung nicht bald eintrete, Arbeiterentlassungen vornehmen müssen.
- Bei Helgoland strandete der mit Hafer beladene, von Kronstadt nach Bremen bestimmte Dampfer "Delta." Die Besatzung wurde gerettet.
- Auf Helgoland wurden in diesem Jahre bis Ende August 39 Paare von auswärts ohne vorheriges Aufgebot, aber unter Beobachtung der die materiellen Ehehindernisse betreffenden Paragraphen des Reichsgesetzes, getraut.
- Am Freitag hat sich im Karltheater in Wien ein sensationeller Unglücksfall ereignet. Zwei Schauspieler traten dankend vor die Rampe, da stürzte vom Schnürboden ein Statist herab: die Vorstellung wurde indessen fortgesetzt, da das Publicum nicht wußte, daß der verunglückte Statist getötet war.
- Wie aus St. Petersburg telegraphisch berichtet wird, ist in Finnland die Stadt Kotka zur Hälfte niedergebrannt und mehrere Menschen in den Flammen umgekommen. Die großen Stadtmagazine, in denen sich für einige hunderttausend Mark Waaren befanden, sowie die Nordische Bank wurden gleichfalls ein Raub der Flammen.
Anzeigen.
Oeffentl. Zwangsversteigerung.
Mittwoch, den 16. September d. J., Vorm. 10 Uhr, sollen im Hause des Gastwirths Schrep vor der Siemzerstraße verschiedene, anderweitig gepfändete Sachen als namentlich:
1 Bett, 1 Sopha, 1 Tisch, 6 Stühle, etliche Meter Holz, Gartengewächse, Heu u. Dung, 2 Wanduhren, Wassereimer, circa 50 Pfd. Sohl= und Oberleder und anderes mehr
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
C. Staffeldt. Gerichtsvollzieher.
Gartenbau-Verein.
Sonnabend den 12. Sept. abends 8 Uhr Versammlung bei Herrn Kaufmann Maaß. Tagesordnung: Ausstellung und Obstmarkt.
Der Vorstand.
Ich habe mich hierselbst als
prakt. Thierarzt
niedergelassen und wohne im Hause des Herrn Gastwirth Steffen.
Thierarzt Ad. Erxleben.
Ratzeburg, im September 1891.
Tilsiter Fettkäse
à 50 . empfiehlt
H. Brüchmann.
Saatkorn.
In der Pfaffenmühle bei Ratzeburg wird jedes Quantum Roggen und Weizen zu Saatkorn gereinigt.
R. Petersen.
ff. Weinessig
(zum Einmachen) empfiehlt
Max C. Sass.
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Eine reiche Auswahl in
Hängelampen,
Tischlampen,
Wandlampen,
Handlampen,
Stalllaternen,
Wagenlaternen,
Taschenlaternen.,
u. s. w.
sowie die verschiedensten
Dochte, Cylinder, Glocken
in bester Qualität.
empfiehlt
W. Wieschendorf,
Klempner.
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Den Bewohnern von Schönberg und Umgegend mache ich hiermit die ergebene Anzeige, daß ich jetzt hieselbst Siemser-Strasse 150 mein Geschäft selbständig betreibe und nehme alle, in meinem Fach vorkommenden Arbeiten gerne entgegen.
Achtungsvoll
Heinr. Wittfoth,
Schuhmacher.
Rottweil-Jagd-Pulver,
geladenen Rottweil Patronen,
sowie Hülsen zu Lanc. & Lef. nebst Zubehör
empfiehlt C. Schwedt.
Grundstück-Verkauf.
Wegen anderweitiger Unternehmen beabsichtige ich mein in der Sabowersstraße belegenes Haus mit Scheune, auf Wunsch mit Ländereien und Wiesen, zu verkaufen oder zu vermiethen.
Johanna Creutzfeldt.
Die Nachmatt einer kleinen Wiese (Kuhfutter) hat preiswürdig abzugeben
F. Lundwall.
Veredelte Rosen
Hoch= und Halbstämme
von 30 Pfg. an, hat abzugeben
W. Schär.
Einen Posten leerer Säcke,
zu Kartoffelsäcken sich eignend, pro Stück 30 Pfg., hat abzugeben.
A. Wigger, Nachf.
Gesucht zu sofort oder 1. October ein
Knecht
bei Pferden.
J. H. Pump, Schlutup.
Gesucht zum 1. November ein
kräftiges, gesundes Mädchen
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Zum 1. November cr. findet ein zweites junges Mädchen aus guter Familie bei familiärer Stellung und mäßigem Lehrgeld Gelegenheit zur Erlernung des ländlichen Hausstandes auf einem kleinen Gute in der Nähe Wismar. Offerten unter M K. 136 an die Eberhardt'sche Annocen=Expedition Wismar erbeten.
Verbrenne Sonnabend, den 12. d. M. Rappspahlen.
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 71 Seite 4]Soeben erschien im Verlage der Stiller'schen Hofbuchhandlung zu Schwerin in vierter Auflage:
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der Grossherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg Strelitz.
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Das täglich 2mal in einer Abend= und Morgen=Ausgabe erscheinende
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mit Effecten=Verloosungsliste nebst seinen werthvollen Separat=Beiblättern: Illustr. Witzblatt "Ulk", belletr. Sonntagsblatt "Deutsche Lesehalle", feulletonist. Beiblatt "Der Zeitgeist", "Mittheilungen über Landwirthschaft, Gartenbau und Hauswirthschaft"
kostet bei allen Postämtern des Deutschen Reiches nur 5 Mark 25 Pfennig vierteljährlich.
Für das nächste Quartal hat das "Berliner Tageblatt" zum alleinigen Abdruck in Deutschland ein
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erworben. - In diesem Roman schildert der berühmte Autor, selbst ein Künstler, das Leben und Streben, das Liebes=Glück und Leid einer Gruppe von Malern und Bildnern, aus deren Mitte jener Wiener Malerpoet hervorragt, dessen Meisterhand die Welt und ihre Gestalten in wunderbar leuchtenden Farben zu zeigen wußte.
Zu dem am Sonntag und Montag, den 13. und 14. September, bei mir stattfindenden
Scheiben-Schiessen
nach guten Gewinnen, lade ich hierdurch meine Freunde und Gönner freundlichst ein.
Auf einen Satz von 3 Schüssen fällt nur 1 Gewinn.
Gastwirth Kohs, Menzendorf.
Der Ball findet am Montag, den 13. Septr. statt.
Zu meinem am 20. und 21. September stattfindenden
Scheiben-Schiessen
nach guten Gewinnen lade ich hierdurch freundlichst ein.
1 Satz von 3 Schüssen kostet 1 Mark.
Lockwisch. Gastwirth Oldenburg.
Zum Erntebier
am Sonntag, den 13. d. Mts.
ladet ergebenst ein
J. Wienck.
Sülsdorf, den 9. September 1891.
NB. Tanzmusik über Mitternacht hinaus.
Zur Tanzmusik
am Sonntag, den 13. d. Mts.
ladet freundlichst ein
Menzendorf. H. Rebbin.
Wegen meines bevorstehenden Wegzuges muß ich zur Vermeidung von Weiterungen um durchaus rechtzeitige Lieferung (resp. Bezahlung) des bis einschließlich Michaelis d. Js. fälligen Korns bitten.
Schönberg, September 1891.
C. Langbein, Pastor.
Eintragungen in das Familien=Register des Standesamts=Bezirks Carlow
pro Monat Juli und August 1891.
a. Geburten:
Der unverehel. Wilhelmine Kaven zu Cronscamp 1 S.
Dem Vice=Schulzen Heinrich Jabs zu Carlow 1 S.
Dem Arbeiter Peter Schäding zu Pogetz 1 T.
Dem Arbeiter Johann Lange zu Maurinmühle 1 S.
Dem Gastwirth Heinrich Kähler zu Klocksdorf Drillinge: 2 Töchter, 1 Sohn.
Dem Zimmerges. Heinrich Robrahn zu Klocksdorf 1 S.
Dem Tischlermeister Heinrich Ohde zu Pogez 1 S.
Dem Schullehrer Carl Breest zu Kuhlrade 1 S.
b. Eheschließungen:
Keine.
c. Sterbefälle:
Die Zimmergesellenfrau Elisabeth Törper zu Pogez, 66 Jahre alt.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 6. September.
Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Langbein.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 37.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 71 Seite 5]Beilage
zu Nr. 71 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 11. September 1891.
(Aus Mecklenburg=Schwerin eingesandt.)
Ueber die Hebung der Landwirthschaft in unseren bäuerlichen Wirthschaften.
Jeden, der die Verhältnisse in unserem Lande in Betreff der kleinen bäuerlichen Wirthschaften näher kennt, müssen bange Sorgen für die Zukunft unseres Bauernstandes ergreifen, denn die Verschuldung und Hypothekenlast, die auf den Domanial=Erbpachthufen ruht und mit jedem neuen Termine anwächst, ist wirklich kaum mehr zu ertragen.
Wenn dies besonders in den guten Gegenden unseres Landes hervortritt, zum Beispiel in den Aemtern Bukow, Schwaan, auf der Insel Poel, so ist dies einestheils auf die neue Zwangsvererbpachtung und die hohen Abfindungssummen, die die neuen Erbpächter an ihre Geschwister bei Antritt der Stellen haben zahlen müssen, oft noch verbunden mit einem hohen Altentheil für die Ehehälfte des letzten Besitzers, zurückzuführen, anderentheils trägt auch viel die Schuld, daß die Wirthschaften noch in alter Weise, wie unsere Väter sie führten, gehen, daneben aber die Ansprüche, die die Arbeiter und Dienstleute machen, sowie die eigenen Bedürfnisse ganz bedeutend gestiegen sind. Wenngleich nun mit diesen gesteigerten Wirthschaftskosten die Preise für Vieh und Produkte aus der Viehhaltung etwas gestiegen sind, so sind die Kornpreise doch noch so, wie sie vor 40 bis 50 Jahren waren. In der 20jährigen Roggenregulierungsperiode von 1853-1873 war der Durchschnittspreis für den Scheffel Roggen 1 Thrl. 23 Schill., macht nach heutiger Preisrechnung für den Sack 16,50 Mk., ein Preis, der in diesem Jahre wohl etwas höher ist, sonst aber in diesen Jahren nicht mehr bezahlt ist. Wenn nun unsere Väter bei ihrer Wirthschaft haben gut bestehen können, so ist es für die Söhne doch jetzt ein Anderes, und sie müssen, wenn sie bestehen wollen, sich nach einer anderen Wirthschaftsweise umsehen. Es galt früher allgemein und auch jetzt vereinzelt der Grundsatz, daß der Anerbe, da er später von der Stelle leben solle, auch in der Jugend an der Stelle arbeiten müsse, mit anderen Worten, daß er stets auf der Stelle bleiben müsse und sich keine andere Wirthschaft anzusehen brauche.
Unser mecklenburgischer kleiner Landwirth hängt ungemein am Alten fest. Doch was er einmal als gut erkannt hat, davon geht er nicht ab. Neuerungen in der Wirthschaft führt er nicht eher ein, als bis er dieselben in seinen Verhältnissen als praktisch und gewinnbringend erkannt hat. Manche neu sich ankaufende Erbpächter haben in dieser Hinsicht schon für die betreffende Gegend durch ihr Beispiel Großes geleistet, indem sie durch ihre Wirthschaftsweise den alten Erbpächtern ein gutes Beispiel gaben, und diese ihnen schon vielfach gefolgt sind. Ich erinnere nur an die sogenannten Magdeburger, die sich bei Rostock angekauft haben, andererseits hört man auch vielfach von neu zugezogenen Leuten, die durch Ausschlachten der Wirthschaft kein gutes Beispiel gaben, so daß das so oft empfohlene Auskaufen unserer alten Bauern und der Ersatz derselben durch fremden Zuzug als ein zweischneidiges Schwert erscheint, welches den eigenen Stand verwundet.
Es ist deßhalb nothwendig, daß den Leuten in anderer Weise ein gutes Beispiel gegeben wird, und sind in dieser Hinsicht manche Versuche gemacht.
Die durch Veranlassung unseres hochseligen Großherzogs durch den Grafen zur Lippe gebildeten Vereine kleinerer Landwirthe haben schon manche Anregung gegeben, und sind die Erfolge derselben gewiß nicht zu unterschätzen. Um so mehr sind einige patriotisch gesinnte Männer aus dem Beamten=, Gutsbesitzer= und Pächterstande hoch zu achten, die vermöge ihrer Stellung auf die ländliche Bevölkerung einen Einfluß haben und diesen benutzen, um auf die kleinen Landwirthe dahin einzuwirken, daß diesen die neueren Mittel zur Hebung ihrer Wirthschaften zugänglich und bekannt werden.
Ferner sind Versuche gemacht, durch Wanderlehrer einzuwirken, aber ohne allen Erfolg. Die Leute hören so einen Vortrag der Herren wohl an, aber nachher heißt es: "Dei Kierl hett klauk schnacken, wenn hei man sülben Bur wier, wür hei grar so wirthschaften, as wi, un wenn hei dat nich deiht, muß hei woll bald dorvan loopen."
Dann sind die in neuerer Zeit so vielfach entstehenden Molkerei=Genossenschaften ein vorzüglicher Hebel unserer bäuerlichen Wirthschaften, denn nicht allein, daß die einzelnen Wirthe oft in einen Wettstreit eintreten, die meiste Milch zu liefern, sondern auch dadurch, daß die Leute jeden Monat ihr Geld ausbezahlt erhalten, sehen sie ihren Vortheil besser ein, füttern besser, und die Hausfrauen wirthschaften sparsamer, da sie Butter kaufen müssen. Dadurch aber, daß die Leute ihr Vieh besser halten, gewinnen sie mehr Dung, und durch diesen bauen sie mehr Korn.
Ein vorzüglicher Hebel aber, unsere bäuerlichen Wirthschaften auf die Höhe der Zeit zu heben, sind die theoretisch=praktischen Ackerbauschulen. Referent hatte kürzlich Gelegenheit, diejenige, die in Zarrentin vor einigen Jahren gegründet ist, zu sehen. Die Felder derselben liegen auf der Feldmark Zarrentin zerstreut und bestehen theilweise aus rothem eisenschüssigen Kiesboden, so undankbar, wie man ihn selten findet, theilweise aus gutem Roggenboden und theilweise aus ausgezeichnetem Weizenboden, so daß so ziemlich alle Bodenarten vertreten sind. Es wird ohne reine Brache gewirthschaftet, trotzdem stand das Korn auf den Schulfeldern besser, wie auf den Stücken der Bauern. Besonders auffallend war ein Stück mit Winterrogen. Dieses stand ausgezeichnet. Der daneben führende Weg trug Haidekraut, die angrenzenden Stücke schlechtes Korn, und gegenüber diesem war eins, das blaue Blumen als Unkraut trug. Diese Erfolge in der Wirthschaft waren durch die richtige Anwendung der künstlichen Düngemittel erzielt. Bei dieser Gelegenheit wurde von einem anwesenden Domänenpächter, der im vorigen Jahre auf Veranlassung des Herrn Professor Heinrich Versuche mit verschiedenen Düngemitteln gemacht hatte, mitgetheilt, daß, wenn er statt der einzelnen Parcelen seinen ganzen Haferschlag so behandelt, hätte er für 5000 Mark Hafer mehr gebaut. Die ganze Wirthschaft der Ackerbauschule machte einen äußerst angenehmen Eindruck.
Die hier vorkommenden Arbeiten müssen die Schüler verrichten. Nur das Melken der Kühe - in welchem übrigens die Schüler auch unterrichtet werden - besorgt eine Tagelöhnerfrau, so daß für dieses, die eigentliche Hausarbeit und Hülfe in der Ernte, jährlich nur etwa 300 Mark an Tagelohn und Leutelohn verausgabt werden. Neben der praktischen Arbeit werden die jungen Leute auch theorethisch beschäftigt, und ist für den Unterricht ein Lehrer angestellt, welcher im Verein mit dem Direktor diesen ertheilt. Getrieben wird besonders Futter= und Düngerlehre, dann die Anfangsgründe der Chemie, Deutsch, Rechnen, Naturgeschichte und Geographie, um den hauptsächlichen Zweck der Anstalt zu erreichen, die Schüler theoretisch und praktisch für den Betrieb einer bäuerlichen Wirthschaft vorzubereiten. Die jungen Leute lernen hier nicht allein mechanisch diese und jene Arbeit verrichten, sondern sie lernen gleichzeitig die Gründe kennen, weßhalb Dieses und Jenes so gemacht werden muß, und sehen dann später in der Ernte die Erfolge ihrer Arbeit. Das eigene Nachdenken der Schüler wird angeregt, so daß mir dieses der einzig richtige Weg zu sein scheint, den jungen Bauersöhnen Gelegenheit zu geben, sich für ihren späteren Beruf auszubilden. Auch in anderen Ländern arbeiten diese Art Schulen mit großem Erfolg. In Dänemark giebt der Staat große Summen zur Unterstützung derselben. Nach einem Bericht, den der Engländer Craigie, Sekretär der Centralkammer für Landwirthschaft in England,
[ => Original lesen: 1891 Nr. 71 Seite 6]über die in Frankreich bestehenden landwirthschaftlichen Schulen gemacht hat, sind dort in neuerer Zeit vielfältig die praktischen Wirthschaftsschulen gegründet, die etwa 700 Schüler zur Zeit ausbilden. Nach vielen Versuchen, die man dort durch Anstellung von Wanderlehrern, durch Unterstützung größerer Landwirthe, die mehrere Lehrlinge theoretisch und praktisch beschäftigen sollten, vornahm, ist man dort zu der Ueberzeugung gekommen, daß diese praktischen Ackerbauschulen der einzig richtige Weg sind, die bäuerlichen Wirthschaften zu heben.
Ich glaube auch, daß man mit der Zeit hier zu Lande wird dieselbe Erfahrung machen, wenngleich jetzt noch ein Vorurtheil dagegen vielfach verbreitet ist. Man sagt dagegen, daß die eigene Wirthschaft und das eigene Interesse des Besitzers der beste Lehrmeister ist. Das ist wahr, wer aber in der eigenen Wirthschaft erst lernen soll, der muß theures Lehrgeld bezahlen, und in fremder Wirthschaft zu lernen, ist oft sehr schwierig. Denn da das eigene Interesse meistens vorwaltet, so giebt es unendlich viele Lehrherren, die sich nicht weiter um ihren Lehrling kümmern, wenn er nur tüchtig für sie arbeitet und sie einen möglichst hohen Gewinn aus demselben ziehen können, sie haben auf diese Weise einen billigen Hofgänger. Ferner heißt es gegen diese Schulen, daß die jungen Leute dort das Faullenzen lernen, da dort so viele seien, daß sie nicht ordentlich beschäftigt werden könnten. Unter der schlechten Leitung so einer Schule mag dies zutreffen. Doch muß man bedenken, daß die Schüler sich nicht als Hofgänger vermiethet haben und nur ausnahmsweise den ganzen Tag praktisch arbeiten, daß sie einen großen Theil ihrer Zeit auf ihre theoretische Ausbildung verwenden müssen. Wenn überhaupt wirklich mehr Schüler da sein sollten, wie nothwendig zur Bestreitung der nöthigsten Arbeiten erforderlich sind, so müßte dies doch ein schlechter Direktor sein, der nicht nutzbringende Arbeiten in Feld und Garten finden könnte, die Schüler anregend zu beschäftigen.
Ich will nicht unerwähnt lassen, daß in der Zarrentiner Ackerbauschule die Schüler ganz mit zu der Familie des Direktors gezählt werden, mit dieser zu Mittag und zu Abend essen und gemeinschaftliche Morgen= und Abendandacht haben, und daß auch für die Erholung der Schüler in den Freistunden gesorgt ist, indem unmittelbar an dem schönen am Schaalsee gelegenen Garten die Schüler eine Badeanstalt, in welcher Schwimmunterricht ertheilt wird, eine Kegelbahn, einen Spiel= und einen Turnplatz haben.
Die Ausbildung der Schüler ist aber nicht der einzige Nutzen, den diese Anstalten bringen, sondern sie wirken anregend auf die ganze Gegend. Es giebt auch unter den kleinen Landwirthen genug denkende Menschen, welche die Erfolge, die auf einer Wirthschaft erzielt werden, auch auf der eigenen versuchsweise anwenden, und auf diese Weise kann so eine praktische Ackerbauschule zu einer Musteranstalt für die Gegend werden, und es ist nur wünschenswerth, daß solche Anstalten im Lande bald mehrere entstehen. Meinen Kollegen, den Erbpächtern, aber, will ich zurufen: Geht hin nach Zarrentin, beseht Euch die Ackerbauschule, und dann sendet Eure Söhne dorthin zur Ausbildung, es wird Euch nie gereuen. Ein Erbpächter.
- Ueber die kürzlich erfolgte Auslösung des von Räubern weggeführten Franzosen Raymond wird aus Belgrad berichtet: Die Ueberbringung des Lösegeldes für Raymond an den Kapitain Thomas erfolgte durch den Dragoman des französischen Consulats in Rodosto, Herrn Tachella, welcher von seinem Diener, einem kräftigen und landeskundigen Mann, begleitet war. Jeder trug 2500 Pfund in einem Ledergürtel um den Leib geschnallt. Nach 14stündigem Marsch erreichten sie den Wald, wo sie laut der erhaltenen Instruktion Halt machten und ein weißes Tuch schwenkten. Bald darauf standen, wie aus der Erde gewachsen, drei Banditen vor ihnen und fragten, ob sie das Lösegeld brächten. Einer der Banditen kehrte zurück, um dessen Befehle einzuholen, die beiden anderen hielten bei Tachella Wache. Erst am nächsten Tag kam die Ordre des Kapitäns, die Ueberbringer des Lösegeldes zu ihm zu führen. Nach vierstündigen Kreuz= und Querzügen in dem dichten Wald langten sie in dem Räuberlager an, wo Raymond sich in der Mitte der Räuber wohlbehalten befand. Thomas übernahm das Geld und lieferte feierlich Raymond an Tachella aus, indem er diesem zugleich folgende Bestätigung in griechischer Sprache aushändigte: "Die Summe von fünftausend Pfund als Lösegeld für Herrn Raymond erhalten, welchen wir unsere Versicherung geben, daß er niemals mehr Gegenstand eines Angriffes von unsrer Seite sein wird. Kapitän Thomas". Im Gespräch mit Tachella sagte Thomas: "Glauben Sie nicht, daß alles Geld uns gehört. Das Metier ist nicht so glänzend, wie es scheint. Ich habe bereits mehr als 200 Pfund Spesen." Die Räuber verabschiedeten sich herzlichst von Raymond und Thomas umarmte ihn. Raymond wurde zum französischen Botschafter, Grafen Montebello. nach Therapia berufen. Er befindet sich, obwohl er 18 Tage in der Gefangenschaft der Räuber zugebracht hat, wohl; seine Wunde ist unter der Behandlung der Räuber geheilt.
- Ein merkwürdiges Beispiel von dem Unterschied in der örtlichen Zeitrechnung zwischen dem fernen Osten und dem fernen Westen erzählt Archibald Forbes, der bekannte englische Kriegsberichterstatter, in der englischen Monatsschrift "Nineteenth Century": Am frühen Morgen des 22. November 1878 besetzte eine englische Division unter General Sir Samuel Browne die afghanische Festung Ali Musdschid. Ich ritt zehn (engl.) Meilen nach Dschumrud, wo sich der Feldtelegraph befand, und sandte die Nachricht in einer kurzen Depesche nach England. Das Telegramm war datiert 10 Uhr Morgens. Der Zeitunterschied zwischen Indien und England beträgt fünf Stunden, sodaß die Ausgabe der "Daily News", welche die 10 Uhr Morgens aufgegebene Depesche enthielt, um 9 Uhr an demselben Morgen in den Straßen Londons zum Verkauf angeboten wurde. Allein das Ueberholen der Zeit ging noch weiter: Zwischen London und Newyork beträgt der Zeitunterschied ebenfalls fünf Stunden, sodaß dieselbe Depesche auch in der gewöhnlichen Morgen=Ausgabe der Newyorker Blätter erschien. Sie wurde sofort über den amerikanischen Kontinent telegraphiert und die frühen Zeitungsleser in San Francisko, die um 7 Uhr früh ihr Morgenblatt erstanden, waren in der Lage, von einem Ereigniß zu lesen, daß sich nach der örtlichen Zeitrechnung zwei Stunden später in einer Entfernung von 13 000 englischen Meilen auf der anderen Seite des Erdballes zugetragen hatte. Puk erklärt im Sommernachtstraum, er könne in 40 Minuten einen Gürtel um die Erde spannen, allein diese Depesche eilte um die Hälfe der Weltkugel in zwei Stunden weniger als der Schnelle des Augenblicks.
- Folgende originelle Geschichte wird der "Allgemeinen Hotel= und Gastwirthszeitung" von einem älteren Herrn, der jetzt als Rentner lebt, erzählt: "Ich mochte so ungefähr 24 Jahre alt sein und war damals Reisender. Meine Reise führte mich auch nach Coburg, wo ich, also vor ca. 40 Jahren, im Hotel zum grünen Baum, dessen Besitzer Herr Prediger war, abstieg. Ich war natürlich als junger Mann lebenslustig und, da meine Reiseerfolge ziemlich günstige waren, so sah ich durchaus keinen Verstoß darin, mir gegen 10 Uhr vormittags eine halbe Flasche Wein zu bestellen. Ich äußerte diesen Wunsch Herrn Prediger selbst, kam aber schön damit an. Mit ernstem Gesicht hub der ehrenwerthe Mann an: "Junger Herr, es ist besser, Sie gehen erst hinaus und verdienen ihr Geld, dann, wenn Sie ihr Geschäft gemacht haben, bin ich gerne bereit, Ihnen Wein zu geben." "Ich war arg verblüfft", sagt unser Gewährsmann, "nahm schleunigst meinen Hut und ging an mein Geschäft. Erst wollte ich dem Mann zürnen, nach reiflicher Ueberlegung aber fand ich, daß Herr Prediger nicht ganz Unrecht hatte, und nie habe ich es mir einfallen lassen, vormittags irgend wieder Wein zu verlangen."
- Unerwartet. Professor: "Meyer, die letzte Arbeit können Sie unmöglich allein gemacht haben. Sagen Sie mir einmal, mit wessen Kalbe Sie gepflügt haben." - Meyer: "Ihr Sohn hat mir geholfen."
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