No. 63
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. August
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 63 Seite 1]

Der Kaiser ist am Sonnabend Nachmittag an Bord der "Hohenzollern" von seiner Nordlandsfahrt im besten Wohlsein nach Kiel zurückgekehrt. Die kaiserliche Yacht "Meteor", sowie die Yacht "Irene" waren dem Kaiser bis nach Friedrichsort entgegen gesegelt, erstere vom Vizeadmiral Knorr, letztere vom Prinzen Heinrich gesteuert. Der Kaiser hat sich bei der Abfahrt von Bergen sehr befriedigt über seine diesjährige Reise geäußert und seine Wiederkehr fürs nächste Jahre in Aussicht gestellt. Der Kaiser wohnt während seines Aufenthaltes in Kiel, der nach der "Post" bis zum 18. d. Mts. dauern wird, an Bord der "Hohenzollern", auf welcher auch die Kaiserin Wohnung nehmen wird. Der Reichskanzler General v. Caprivi hat sich auf kurze Zeit nach Kiel begeben, um dem Kaiser Vortrag zu halten.
Die Art der Verletzung, welche sich der Kaiser auf der Hohenzollern zugezogen und die dadurch nothwendig gewordene Behandlung werden, anscheinend von ärztlicher Seite in der Nationalzeitung in nachstehender Weise dargestellt. Als Urfache der Verrenkung der Kniescheibe ist anzunehmen, daß bei dem Ausgleiten auf dem durch Regen schlüpfrig gewordenen Deck wahrscheinlich die Gelenkkapsel und einige Gelenkbänder des Kniegelenks zerrissen und die Kniescheibe aus ihrer normalen Stellung seitlich verdrängt wurde. An sich sind solche Verletzungen unbedenklich und ernstere Complicationen sind im Verlaufe des Heilungsprocesses nicht zu befürchten. Das einzig Unangenehme ist dabei, daß, so lange der Riß in der Gelenkkapsel noch offen ist, die Kniescheibe immer wieder die Neigung hat, sich zu verschieben und aus dem Riß der Gelenkkapsel herauszutreten, sobald der Patient Bewegungen in dem verletzten Knie macht. Da hierdurch die Heilung verzögert werden würde, muß die Kniescheibe durch
geeignete Mittel an ihrer normalen Stelle festgehalten werden, bis der Kapselriß zugeheilt ist. Dies geschieht entweder durch einen Gipsverband oder, wie es jetzt beim Kaiser nach den vorliegenden Mittheilungen erfolgte, durch geeignete Bindeneinwickelung und eine besondere Schutzvorrichtung, die das Verschieben der Kniescheibe verhindert. Immerhin pflegen derartige Verletzungen mehrere Wochen zu ihren Heilungen zu bedürfen.
In Hofkreisen in Berlin nimmt man, wie der "Kölnischen Zeitung" von dort geschrieben wird, an, daß der Kaiser vorerst etwa vierzehn Tage in Kiel Wohnung nehmen und noch nicht nach Potsdam zurückkehren wird. Man hält es sogar für nicht unwahrscheinlich, daß der Kaiser die diesjährige Parade des Gardecorps auf dem Tempelhofer Feld, welche auf den 22. August anberaumt ist, nicht abnehmen wird, zumal der jüngste Unfall eine thunlichste Schonung des rechten Knies erheischen wird, damit keine dauernden Nachwirkungen von dem Fall übrig bleiben. Jedenfalls wird der Kaiser an den österreichischen und bayrischen Manövern theilnehmen, und schon um für die Strapazen bei denselben besser gerüstet zu sein, wird er alles vermeiden, was eine unnöthige Anstrengung bewirken kann.
S. K. H. der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin ist am 12. d. M. an häufigen, aber wenig heftigen Anfällen fast athemlos gewesen. Der Appetit hat sich noch nicht gehoben, die Schwäche ist dementsprechend groß. Die Nacht ist verhältnißmäßig ruhig verlaufen und brachte mehrere Stunden anhaltenden Schlaf. Müller. Martins.
Der Festabend zu Ehren des Fürsten Bismarck im königlichen Theater in Bad Kissingen, von Director Reimann veranstaltet, war vom lebhaftesten Enthusiasmus getragen. Das Publicum stand bis auf die Straße. Jedem Verse des von Ernst Possart verfaßten und selbst gesprochenen Prologes folgten minutenlange Beifallsstürme. Der Fürst war von Rührung übermannt. Nach dem zweiten Act des Töpfer'schen Lustspieles von "Des Königs Befehl" verließ der Fürst das Theater. Ernst Possart wurde vom Fürsten Bismarck zur Tafel gezogen und erhielt zur Erinnerung das Brustbild des Fürsten mit eigenhändiger Unterschrift. Die zum Feste anwesenden Studenten hatten Nachmittag 4 Uhr in Klaushof einen von den Corps veranstalteten großen Commers.
Dem Fürsten Bismarck ist am Montag mittag in Kissingen der von der deutschen Studentenschaft gewidmete Ehrenhumpen feierlich überreicht worden. Die Stadt war festlich geschmückt, die Auffahrt der Studenten=Deputation erfolgte unter starker Theilnahme des Volkes. Der Fürst dankte in sehr herzlichen Worten für die kostbare Spende und widmete der deutschen Studentenschaft, in welcher er immer die Zukunft des Vaterlandes gesehen, seine besten Wünsche. Der Ueberreichung schloß sich ein Kommers an. Leider ist der Humpen von dem Schicksal vieler Kunstwerke betroffen, er ist nämlich bis zur Ueberreichung nicht rechtzeitig fertig geworden, Untersatz und Deckel harren noch der Vollendung, und Fürst Bismarck wird mithin das Gefäß noch einmal zurückgeben müssen.
Aus Kissingen wird der Augsburger Abendztg. geschrieben, daß der Reichstagsabgeordnete Lutz Heidenheim, der am Freitag Mittag von dem Fürsten Bismarck in Audienz empfangen worden war, an den Alt=Reichskanzler die Frage gestellt, ob der Fürst, wie verbreitet worden war, gegen den Handelsvertrag mit Oesterreich und gegen Herabsetzung der Getreidezölle nichts einzuwenden habe. Der Fragesteller erhielt darauf vom Fürsten folgende Antwort: "Sie können es Jedem sagen, ich halte jede Herabsetzen unserer Getreidezölle für ein vaterländisches Unglück!"
Das Testament der kürzlich verstorbenen Herzogin Wilhelmine von Schleswig=Holstein=Glücksburg ist angefochten worden und zwar von einer Adoptivtochter des verstorbenen herzoglichen Paares, der Freiin v. Beust aus Langen=Orla in Thüringen, verehelichten Rittmeister v. Raven. Die Freiin war bei ihrer Verheiratung mit 90 000 Thalern abgefunden worden. Die genannte Dame soll dem Vernehmen nach ihren Anspruch auf eine angeblich nicht ganz fehlerfreie Abfassung der Abfindungsurkunde

[ => Original lesen: 1891 Nr. 63 Seite 2]

gründen. Zum Anwalt der Nachlaßmasse ist Dr. Lohmann in Flensburg in dieser Streitsache angenommen.
Dem früheren Kriegsminister, General Verdy du Vernois ist in seiner Eigenschaft als hervorragender Militär=Schriftsteller der Orden pour le mérite für Kunst und Wissenschaft verliehen worden. Graf Moltke ist ebenfalls Mitglied der Friedenskasse des Ordens pour le mèrite gewesen und General Verdy du Vernois hat gerade das Kreuz erhalten, welches durch den Tod des großen Feldmarschalls vakant geworden war.
Die Ausführungsbestimmungen zu dem preußischen Einkommensteuergesetz, die in etwa vierzehn Tagen erscheinen werden, sind ein sehr umfangreiches Werk. Der im Finanzministerium ausgearbeitete Entwurf zu denselben war an sämmtliche deutsche Regierungen zur Begutachtung übersandt und ist, nachdem diese Gutachten eingegangen waren, einer nochmaligen Bearbeitung unterzogen worden, bei der mehrfache nicht unerhebliche Aenderungen unter Berücksichtigung der als zweckmäßig erkannten Vorschläge der Regierungen vorgekommen sind.
Wie von verschiedenen Seiten verlautet, soll die Gleichstellung der Lehrer an höheren stattlichen Lehranstalten in Preußen mit den Amtsrichtern im Gehalt (Anfangsgehalt 2400 Mk., Höchstgehalt 6000 Mk.) mit dem neuen Etatsjahre ins Leben treten. Die Verhandlungen des preußischen Unterrichtsministeriums haben schon vor mehr als 14 Tagen in diesem Sinne ihren Abschluß gefunden. Es werde vermuthet, daß die Regelung der Avancementsfrage sich unmittelbar daran anschließen wird; im Interesse des leichteren Uebergangs aus einer Provinz in die andere werde man sich wahrscheinlich für das Aufrücken nach dem ganzen preußischen Staat entscheiden, was dem Wunsche der überwiegenden Mehrzahl der Lehrer höherer Lehranstalten entsprechen würde.
Die Aussichten auf ein sofortiges Zustandekommen des deutsch=österreichisch=schweizerischen Handelsvertrages sind sehr schwach. Wahrscheinlich werden die Verhandlungen noch längere Zeit in Anspruch nehmen.
Der russische Botschafter in Berlin, Graf Schuwalow, wird binnen Kurzem seinen Berliner Posten aufgeben und zunächst in Petersburg seinen Wohnsitz nehmen
Ende dieses Monats beginnen unweit der deutschen Grenze die diesjährigen großen französischen Manöver, an welchen fast 100 000 Mann theilnehmen und in welchen die besten französischen Generale commandiren. Es handelt sich bei der Manöver=Idee darum festzustellen, welche Folgen der Marsch einer fremden Armee auf Paris haben könnte, resp. auf welche Schwierigkeiten dieselbe Stoßen würde.
Die "Times" bespricht den französischen Besuch in Rußland und dessen Tragweite und kommt zu dem Resulte, daß die Franzosen sich gewaltig irren, wenn sie glauben, Rußland werde ihnen Elsaß=Lothringen mit Vergnügen zurückerobern helfen. Und ebenso irrten sich die Russen, wenn sie glauben, Frankreich werde sich willig als Vorspann zur Eroberung von Konstantinopel gebrauchen lassen.
Das russische Kaiserpaar ist am Freitag aus Finnland nach Petersburg zurückgekehrt. Tags darauf hat der junge König von Serbien unter den üblichen Ehrenbezeugungen die russische Hauptstadt verlassen, um sich nach Wien zu begeben. Der Zar hat am Sonnabend in Peterhof den Regenten Ristitsch und den Ministerpräsidenten Pasitsch empfangen und beide durch Verleihung hoher Orden ausgezeichnet. Auch der König von Serbien hat am Sonnabend noch eine Anzahl Audienzen ertheilt, u. a. dem deutschen und dem französischen Botschafter. Eine bulgarische Deputation, die sich gleichfalls um die Ehre des Empfanges bemüht hatte, ist jedoch abgewiesen worden. Wie aus Wien berichtet wird, trifft Graf Kalnoky in den nächsten Tagen in Ischl ein, um mit den Begleitern des Königs über die demnächst aufzunehmenden handelspolitischen Verhandlungen zu berathen.
Kaiser Alexander hat dem Großfürstenthum Finnland schon wieder den Rücken gekehrt und ist wieder in Peterhof eingetroffen. Der Empfang durch die über die Russifizierungsmaßregeln erbitterte Bevölkerung war überall derartig, daß der Zar es vorzog, umzukehren. So erschien bei der Einfahrt in den Städten außer den dazu verpflichteten Beamten auch nicht eine Menschenseele zur Begrüßung, unter Todesschweigen mußte der Zar seinen Weg fortsetzen.
Das russische Verbot der Ausfuhr von Roggen, Roggenmehl und Roggenkleie über die Häfen der Ostsee, des Schwarzen und des Asow'schen Meeres sowie über die gesammte Westgrenze ist ein vollständiges. Es triff daher alle außerrussischen Länder in gleicher Weise, soweit diese Länder bisher Roggen aus Rußland bezogen haben. In Wirklichkeit ist es aber hauptsächlich gegen Deutschland gerichtet, denn weder Frankreich noch England, diese hauptsächlich Weizenbrod consumirenden Länder, haben Roggen, Roggenmehl oder Kleie aus Rußland bezogen. Von allen europäischen Ländern ist es ganz besonders Deutschland, welches dieses Brodkorn aus Rußland in großen Mengen eingeführt hat, und zwar belief sich diese Einfuhr im Jahre 1890 auf 27,663,000 Pud, im Jahre 1891 auf 21,323,000 Pud, während alle übrigen europäischen Länder - nur die skandinavischen Länder, in denen neben dem Weizen=Consum auch Roggenbrod in größeren Mengen gegessen wird, lassen wir außer Betracht - noch nicht die Hälfte der erwähnten Menge von Roggen aus Rußland bezogen haben. Die Frage wird daher entstehen müssen, ob wir es bei dem russischen Ausfuhrverbot lediglich mit einer durch die Rücksicht auf innere wirthschaftliche Verhältnisse gebotenen Maßregel zu thun haben oder ob für diese Maßregel politische Gründe maßgebend gewesen sind. Mit völliger Klarheit wird die Beantwortung dieser Frage sich erst nach dem Ablauf eines gewissen Zeitraumes beantworten lassen: allein mancherlei Umstände deuten darauf hin, daß die Entscheidung jedenfalls nicht ohne Mitwirkung politischer Motive getroffen ist.
Der Petersburger Correspondent der Kölnischen Zeitung schreibt, es herrsche kein Zweifel darüber, daß der russischen Regierung die Kundgebungen für die Franzofen schließlich über den Kopf gewachsen seien. Rußland habe in Wirklichkeit zwölf ihm für spätere Zeiten recht gefährliche Tage durchgemacht. Nachträglich sehe die russische Regierung die Gefährlichkeit der Franzosentage ein Das russische Volk, sowohl die vornehmen wie die gewöhnlichen Leute, lernten fabelhaft schnell auch nicht gekrönten Häuptern Hurrah zuzurufen, eine Errungenschaft, welche es, wenn es Geschmack daran gefunden habe, über kurz oder lang auf eigene Faust verwerthen dürfte.
Das französische Geschwader hat Rußland verlassen, aber das Echo der Festlichkeiten von Kronstadt, Petersburg und Moskau hallt in ganz Franreich nach. So am 5. d. M. in Marseille, wo die Menge während des Promenadenconcertes stürmisch die russische Hymne verlangte; als sie dann gespielt wurde, wollten die Hochrufe auf Rußland kein Ende nehmen. Wie ein kalter Wasserstrahl wird solchen Kundgebungen gegenüber eine Auslassung des "Grashdanin" wirken, welcher der Abrede des Geschwaders einen Artikel widmet, in dem es u A. heißt: "Gott sei Dank! Morgen um diese Zeit wird es in Petersburg wieder möglich werden, ruhig zu leben, denn die Franzosenmanie wird verschwinden. Inmittten all dieser meistens lächerlichen Sympathie=Ergüsse haben wir zwei Dinge bemerkt, welche des russischen Volkes unwürdig sind: die auf einigen öffentlichen Plätzen stattgehabte Deutschenhetze und die ungeheure Verschwendung. Die Deutschen in Petersburg haben sich während der Zeit der Frankomanie tadellos und taktvoll benommen. Man demonstrirte im Zoologischen Garten zwei Deutsche, weil sie beim Absingen der Marseillaise das Haupt nicht entblößt hatten. Dieser Vorgang ist abscheulich und auch unwürdig. Zweitens begreife ich nicht, wie eine so kolossale Verschwendung zu Ehren der Franzosen getrieben werden konnte, während in Rußland viele, viele Tausende von Menschen hungern. Niemand hat daran gedacht. Sehr traurig!" - Der Enthusiasmus, der sich in dem Toast des Generals Tschernajew bei dem Bankett in Moskau kundgegeben hat, ist den Franzosen selbst etwas zu starker

[ => Original lesen: 1891 Nr. 63 Seite 3]

Tabak gewesen und der Martin findet sogar den Muth, die Worte des Generals offen zu mißbilligen, da dieselben die Grenzen weit überschritten, welche die zwischen dem Zaren und Carnot gewechselten Telegramme den Gefühlsausbrüchen beider Nationen gezogen hätten. Nichts erlaube die Folgerung, daß Rußland für Revanchegelüste Frankreichs eintreten wolle. Man möge sich dafür hüten, die Bedeutung der Depeschen des Zaren zu übertreiben und ihnen ein postscriptum zu geben, das der Zar selbst nicht hinzuzufügen beabsichtigte. Zu der Frage des russisch=französischen Allianzvertrages schreibt der offiziöse Berliner Mitarbeiter der "Politischen Correspondenz", daß Admiral Gervais selbstverständlich mit russischen Persönlichkeiten Besprechungen gehabt habe, auch sei nicht ausgeschlossen, daß er und irgend eine hochgestellte russische Persönlichkeit etwaige Erörterungen in Protokollen niedergeschrieben hätten, welche sie verglichen, richtig befunden und unterzeichnet hätten. Dies sei allerdings noch lange kein wirklicher Allianzvertrag, und selbst wenn ein solcher vorläge, wäre er auf einige strengbegrenzte Eventualitäten berechnet, so daß Frankreich nicht unter allen Umständen auf den rückhaltlosen Beistand Rußlands rechnen dürfe. Die leicht irregeleitete öffentliche Meinung Frankreichs täusche sich jedoch darüber und die gesteigerte französische Selbstschätzung werde möglicherweise maßgebend sein für die Ereignisse einer vielleicht nahen Zukunft.
Der König von Dänemark verlieh dem Präsidenten Carnot den Elephanten=Orden und Carnot verlieh dem Prinzen Christian, dem ältesten Sohne des Kronprinzen von Dänemark, das Großkreuz der Ehrenlegion.
Ein Pariser Blatt hatte seinen Lesern die Erzählung aufgetischt, daß König Milan von Serbien nach starken Spielverlusten einen Selbstmordversuch gemacht habe. Diese Meldung entbehrt nach authentischer Auskunft jeder Begründung.
Die Untersuchung wegen der Ermordung des bulgarischen Finanzministers Veltschaw ist nunmehr, wie aus Sofia berichtet wird, beendet. Anklagen sollen gegen den früheren Minister Karawelow und die Deputierten Oraschakow und Mokow erhoben werden.


- Schönberg. In Veranlassung des bisherigen wechselnden und der Einbringung der Ernte nicht günstigen Wetters will Großherzogliche Landesregierung gestatten, daß an den nächsten drei Sonntagen - am 16., 23. und 30. August - Erntearbeiten nach beendigtem Gottesdienste und mit Einwilligung der Arbeiter vorgenommen werden können.
- Schönberg. Das nun schon 14 Tage anhaltende Regenwetter macht die Aussicht auf die diesjährige Ernte immer trüber. In hiesiger Gegend ist bisher noch keine Fuhr Roggen vom Felde gefahren, und die Hocken werden bereits grün von Auswuchs. Die Höfe haben theilweise ihre Oelfruchternte noch nicht beendet und erleiden gleichfalls durch das Regenwetter hieran sehr erheblichen Schaden durch Ausfall und Auswuchs der Körner. Die gedrückte Stimmung der Landleute ist unter solchen Umständen eine wohl berechtigte.
- Schönberg. Der Arbeiter Johann Will von hier, ein über 70 Jahre alter Mann, war mit seinen Ansprüchen auf Altersrente von der Versicherungs=Anstalt Mecklenburg abgewiesen, weil er in den in den letzten drei Jahren bescheinigten 147 Arbeitswochen auch als Hausschlachter und Dachdecker thätig gewesen war, und diese als selbstständige Gewerbe angesehen wurden und deshalb von der Arbeitszeit zu streichen seien. Die Berufung an das Schiedsgericht für Invaliditäts= und Altersversicherung hat für Will ein günstiges Resultat gehabt. Dasselbe ging von der Ansicht aus, daß die von ihm betriebene Dachdeckerei als Tagelöhnerarbeit mit in Ansatz zu bringen sei und billigte ihm die Altersrente zu.
- Schönberg. Der hiesige Gesangverein "Teutonia" nahm am Sonntag Theil an dem Gesangfest in Gadebusch, das in befriedigender Weise trotz der Ungunst der Witterung verlief. In heiterster Weise verlief die gemeinsame Festtafel, an welcher der Verbandspräses Schultz von hier den ersten Toast auf die Landesherren ausbrachte. In der Vorstandssitzung der vereinigten Gesangvereine Schönberg, Rehna und Gadebusch wurde Schönberg zum nächstjährigen Festort gewählt
- Schönberg. Bekanntlich ziehen die hiesigen Imker mit ihren Bienenstöcken zur Zeit der Lindenblüthe nach Lübeck, um die dort so reichliche Lindenweide für ihre Bienen auszunutzen. In diesem Jahre ist jedoch dort die Honigernte nur schwach ausgefallen, so daß manche Imker kaum auf die durch den Transport der Stöcke entstandenen nicht unerheblichen Kosten gekommen sind.
- Schönberg. Am Montag ertrank im Dorfteich zu Demern der dreijährige Sohn eines dort wohnenden Arbeiters. Das Kind war beim Spielen dem Wasser zu nahe gekommen und leider verunglückt.
- Die Ausstellung der Entwürfe zum National=Denkmal für Kaiser Wilhelm I. in Berlin wird gleich nach der Rückkehr des Kaisers nach Berlin beginnen. Bisher haben sich nur vier deutsche Künstler an diesem zweiten Wettbewerbe betheiligt, nämlich R. Begas, C. Hilgers, J. v. Schilling und B. Schmitz.


Anzeigen.

Die Großherzogliche Hauptkasse hieselbst ist bis zum 10. September cr. geschlossen.
Schönberg, den 10. August 1891.

                                                    G. Grapow.


Gartenbauverein.
Die Versammlung findet nicht am 16., sondern am 23. August statt.                                                    
                                                    Der Vorstand.


Norddeutsches Versand-Haus.
Fritz König
in Hildesheim.

Nickelwecker
bestes Fabrikat.
Wecker Versandhaus Hildesheim Franko gegen Nachnahme von
4 Mk. 50 Pfg.


Am 14. und 15. d. M. werden auf dem dem Hoffelde zu Neuhof

Rappschoten verbrannt.
                                                    Städing.


Bei genügender Betheiligung dresche ich mit der Dampfdreschmaschine vor dem Siemzer Thore.

                                                    C. Egert.


Gesucht wird zu Michaelis d. J. ein

junges Mädchen

zur unentgeltlichen Erlernung der Wirthschaft in einem ländlichen Haushalt in der Stadt. Offerten unter F. D. 6 befördert die Annoncen=Exped. von Friedrich Dierking, Ratzeburg.


Am 29. Juli d. Js. ist auf dem hiesigen Bahnhofe oder im Schnellzuge ein neuer,

dunkelblauer Sommerüberzieher

gegen einen älteren von ähnlicher Farbe vertauscht.
Meldung erbittet

                                                    Hill,
                                                    Stationsvorsteher.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 63 Seite 4]

Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und ein Lustspiel) in der Spielzeit 1891/92, für welche ein Platz im erster Range 12 M., im Parkett u. in der Parkettloge 10 M., im II. Rang, Balkon und Mitte 6 M. im II. Rang Seite 5 M. kostet. Für diejenigen Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und zurück an demselben Tage bei genügender Betheiligung Rückfahrtskarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 1. September d. J. nimmt Herr Hotelbesitzer Spehr zu Schönberg Anmeldungen freundlichst entgegen.

Die Ausgabe der Karten erfolgt voraussichtlich im September.
Schwerin, 1. August 1891.                                                    
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Sedanfeier in Schönberg.

Zu der Sedanfeier, welche am 1. und 2. September d. J. von unserm Verein veranstaltet wird, laden wir hierdurch Stadt und Land ergebenst ein.
Schönberg, den 10. August 1891.

Das Sedan-Comité
des Kriegervereins für das Fürstenthum Ratzeburg.


Das Sedanfest

wird auch in diesem Jahre in bekannter, großartiger Weise am 2. September in Ratzeburg gefeiert.
            Ratzeburg, im Juli 1891.

                                                    Das Sedan-Comité.


Für Kranke

empfehle:
ff. Medicinal Tokayer- u. Samos-Auslese-Wein,
ferner:
feinste Tischweine, garantirt rein u. a. Niersteiner, Zeltinger Mosel, Wehlener Mosel und Mosel Blümchen weiter:

Rothweine, garantirt Bordeaux
Hochfeine Marken.

La Flotte, Bayle-Saint_Vigent, Chat-Bemonnes-Cassac, Chateau der Perez, Montferrand, Panillae, Moulis, Macan u. s. w.

Kochweine:
Rothwein-Krone à 90 Pfg.
Graves (weiss) à 90 Pfg.

Obige Marken gebe mit wenig Nutzen ab und empfehle mich damit zu Festlichkeiten so angelegentlichst wie ergebenst

                                                    Max C. Sass.


Eine hervorragend schöne Auswahl in
Lampen

aller Art in modernster Ausstattung u. unter Garantie haltbarster Qualität, sowie Dochte, Cylinder, Kuppeln u. Schirme, in lakirten Eimern, Wasserkellen, Theebrettern, Brodkörben, Kochapparaten, Sparbüchsen mit beweglichen Figuren, Stall= u. Wagenlaternen u. s. w. empfiehlt zu sehr billigen Preisen.

                                                    Louis Schramm,
                                                    Klempner.


Sommerfang=Flohm=Hering
empfiehlt                                                    
                                                    Max C. Sass.


Sommerfang=Flohm=Hering
empfing                                                    
                                                    A. Zander.


ff. Sommerfang-Hering
empfiehlt                                                    
                                                    W. Maass.


Neuen Sommerfang=Hering
empfiehlt                                                    
                                                    J. F. Eckmann.


Zum 24. October werden zu Neuhof
2 Knechte u. 1 verheirath. Kuhhirte
gesucht.                                                    Städing.


Christine Drevs
Carl Hoffbauer
Verlobte.
Bauhof Schönberg.                                                     Neubrandenburg.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 16. August

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
   Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 33.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 63 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 63 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 14. August 1891.


- In großer Unumwundenheit widerräth der englische Generalkonsul in Hamburg den deutschen Wanderlustigen die Uebersiedelung nach England, auf dessen Boden sie der großen Mehrzahl nach vergeblich Verdienst und Auskommen suchen würden. Die Warnung ist sicher ebenso loyal wie dankenswerth. Im Zusammenhalt mit den einschlägigen Mittheilungen aus Nordamerika, wie andererseits Oesterreich scheint sie zu beweisen, daß daheim im alten Deutschland die Verhältnisse für den fleißigen und tüchtigen Mann immer noch relativ die besten sind.
- Vor einigen Tagen ist ein Einbruchsversuch in die Potsdamer Wohnung des britischen Botschafters Sir Edward Malet gemacht worden. Als der Einbrecher verhaftet wurde, leistete derselbe so heftigen Widerstand, daß er, ehe die Polizei ihn überwältigen konnte, verschiedene schwere Wunden erhielt. Er wurde deshalb in das städtische Hospital in Potsdam gebracht, wo er auch gestorben ist.
- Im großen Militär=Waisenhause zu Potsdam geriethen kürzlich zwei Zöglinge miteinander in Streit. Dabei schlug der etwa zwölf Jahre alte Zögling Detmolt mit einer eisernen Hantel auf den Kopf seines Gegners, des zehnjährigen Zöglings Wettermann, welcher sofort besinnungslos zusammenbrach und nach wenigen Tagen infolge eines Schädelbruchs verstarb.
- Eine drollige Szene spielte sich am 10. d. M. in der Allee= bezw. Schulstraße zu Potsdam ab. Ein Offizierbursche hatte sich den Scherz erlaubt, auf seinem Ritte nach dem Bornstedter Felde sein Schätzchen auf's Pferd zu heben. Die süße Last verstand der stolze Renner indeß gar schlecht zu würdigen, denn er ging mit derselben zum Entsetzen des erschreckten Burschen durch und rannte durch die russische Kolonie die Alleestraße entlang bis zur Schulstraße, wobei die "schöne Reiterin" den Hals des Durchbrenners umschlang. In der Schulstraße ging die Unduldsamkeit des bösen Gaules endlich gar so weit, daß er die halb zu Tode geängstigte Maid in den Straßenkoth warf. Da die unglückliche Reitsportlerin keinen ersichtlichen Schaden genommen hatte, so wirkte die originelle Szene bei den Augenzeugen lediglich komisch.
- Die Buchdrucker=Berufsgenossenschaft für Deutschland hat in ihrer letzten General=Versammlung das Projekt in Erwägung gezogen, für jede Provinz ein Genesungshaus für im Beruf Verunglückte zu bauen. In nächster Versammlung soll Beschluß darüber gefaßt werden.
- Das Landgericht zu Görlitz verurtheilte kürzlich den Zahntechniker Boldt wegen fahrlässiger Körperverletzung zu sechs Wochen Gefängniß, weil er infolge mangelhafter Berufsfähigkeit einer Frau durch Anfertigung und Einsetzung eines fehlerhaften Gebisses langwierige Schmerzen verursacht hatte. Die dagegen eingelegte Revision wurde zurückgewiesen.
- Am Montag abend unterhielt sich der am Adlerpflychtplatz in Frankfurt a. M. wohnende, 48 Jahre alte Wirth Eberhard mit einem Droschkenkutscher über das vor dem Hause haltende Pferd, über das er sein Urtheil dahin abgab, "daß es so dürr wie ein Gickel sei". Eine scherzhafte Redensart folgte der andern, Kutscher und Wirth geriethen immer mehr ins Lachen, als auf einmal Eberhard zur Erde fiel und sofort eine Leiche war. Der herbeigerufene Arzt konnte nur den bereits eingetretenen Tod konstatiren, den ein Herzschlag herbeigeführt hatte. Der Mann ist im besten Sinne des Wortes lachend gestorben.
- Aus Danzig wird gemeldet, daß in der dortigen Bucht vom deutschen Manövergeschwader auf einer Spazierfahrt Kapitänlieutenant Ludwig, ein Assistenzarzt und zwei Matrosen ertranken. Das Meer war ziemlich lebhaft, so daß das kleine Boot, in dem die Herren fuhren, kenterte und die Insassen den Tod in den Wellen fanden. Rettung war unmöglich, und obwohl sofort zahlreiche Böte und Dampfbarkassen die westliche Bucht absuchten, waren die Leichen bis jetzt nicht zu finden.
- Wie die "Köln. Volksztg." meldet, haben sich zur Ausstellung des heiligen Rockes in Trier jetzt schon 600 000 Pilger angemeldet.
- Nach sechstägiger Schwurgerichtsverhandlung wurde in Znaim in Oesterreich=Ungarn der Gutspächter Karl Fukatsch des Schwestermordes einstimmig für schuldig erkannt und zum Tode durch den Strang verurtheilt.
- Ueber das Wetter in der Schweiz wird der "N. Fr. Pr." aus Zürich geschrieben: "Die zahlreich hier anwesenden Engländer," heißt es in dem Schreiben, "haben heuer reichlich Gelegenheit, ihren Shakespeare zu citiren: "Und der Regen regnete jeglichen Tag." Nur am Tage des Nationalfestes gab es Sonnenschein, doch seither ist das schlechte Wetter wieder an der Tagesordnung. In den Thälern regnete es, im Berner Oberland hingegen, in Grindelwald, Mürren u. s. w. herrscht grimmige Kälte, welche die Reisenden schaarenweise in die tiefer gelegenen Orte treibt. Am schmerzlichsten empfindet man das Wetterungemach in den verschiedenen hochgelegenen Stationen für Lungen= und Nervenleidende, wo der Mangel an Sonne deprimirend wirkt. Auf "Aussicht" haben in diesen trüben Tagen selbst die Zuversichtlichsten verzichten gelernt; die Gletscher verhüllen ihre Häupter, man wüßte gar nicht, daß sie da sind, wenn sie nicht kalte Luftwellen herabsenden würden. Die Wirthe jammern, die Gäste jammern, kurz, es herrscht wenigstens in diesem Punkte vollkommenste Einigkeit zwischen Jenen, die Rechnungen ausstellen, und den Anderen, die diese zahlen."
- Die Stadt Bern feiert am 14. August ihr 700 jähriges Bestehen. Es soll ein historischer Festzug veranstaltet werden, auch gelangt ein Volksdrama von dem schweizerischen Prediger Weber, mit Musik von Munsinger zur Aufführung.
- Ein Bergsturz bedroht die Gemeinde Zillis im Schamserthale (Graubünden). Die Gefahr des Bergsturzes kann durch Felssprengungen und Ableitung des Wassers möglicherweise beseitigt werden.
- Der zweite Sohn des französischen Präsidenten Carnot, Erneste, hat kürzlich ein Diplom als Ingenieur erhalten. Er ist in den Dienst der Compagnie "Messageries maritimes" getreten und macht in dieser Stellung demnächst eine Reise nach Indien, China und Japan.
- Der reichste Mann Rußlands, Großfürst Nikolai Jusupow, ist soeben gestorben. Sein Vermögen beziffert sich angeblich auf mehrere Hundert Millionen. Er hinterläßt eine einzige Tochter, die vor sieben Jahren einen armen Officier, den Grafen Sumorokow=Elston heirathete. Dieser wurde gleichzeitig vom Schwiegervater adoptirt und trägt nunmehr nach dem Ableben des alten Fürsten, den Namen eines Fürsten Jusupow.
- In Moskau bildet jetzt das kühne Unternehmen einer jungen Russin Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Die junge Dame, Fräulein Durnowo, eine Nichte des gegenwärtigen russischen Ministers des Innern gleichen Namens, hat am 1. d. M. früh Kiew verlassen, in der Absicht, die tausend Kilometer lange Strecke nach Moskau zu Fuß zurückzulegen. Von Moskau aus gedenkt die mutige Touristin den Marsch nach Paris gleichfalls zu Fuß zu unternehmen. Um nicht fehl zu gehen, marschirt Fräulein Durnowo immer dem Eisenbahngeleise entlang. Auf gleiche Weise gedenkt sie auch den Weg nach Paris zurückzulegen.
- Miquel Lopez, der Verräter Kaiser Maximilians, ist in Rio de Janeiro gestorben. Die Einzelheiten seines fluchwürdigen Verrats sind bekannt. Als Kommandant der Truppen, welche den unglück=

[ => Original lesen: 1891 Nr. 63 Seite 6]

lichen Kaiser aus Queretaro herausholen sollten, überlieferte er ihn für 7000 Dollars an Juarez, dessen Truppen er nachts in die Forts ließ. Lopez lebte seitdem in Rio allgemein verachtet und von jedermann gemieden. An Geldmitteln aber scheint es ihm nie gefehlt zu haben.
- Auf der deutschen Ausstellung in London ist der Spatenbrauerei von Gabriel Sedlmayr in München das Ehrendiplom 1. Classe (die höchste Auszeichnung) ertheilt worden. Das Münchener Bier imponirt auch den kaltblütigen Engländer.
- Das Küchen=Comite des englischen Unterhauses hat kurz vor dem Schlusse desselben auf den Tisch des Hauses einen Bericht gelegt, aus welchem hervorgeht, daß die Gesetzgeber während der abgelaufenen Session im Speisesaal 7422 Luncheons und 10 195 Diners eingenommen haben, während im Speisesaale der Fremden 1564 Luncheons und 1069 Diners, im Speisezimmer auf der Terrasse aber 210 Luncheons und 1301 Diners servirt worden sind.
- Glück muß man haben. Der englische Abgeordnete Atkinson verließ kürzlich in London das Unterhaus, ohne seinen Ueberzieher mitzunehmen, in welchem sich Banknoten im Werthe von 13 000 Pfund Sterl. (mehr als eine Viertelmillion Mark) befanden. Erst am zweiten Tage später fiel ihm seine Unterlassungssünde ein und daran denken und in schnellstem Trabe nach Westminster fahren, war eins. Er begab sich sofort nach der Garderobe, in welcher er das Kleidungsstück zurückgelassen und fand daselbst zu seiner Freude nicht allein dieses, sondern auch seine Banknoten unberührt vor.
- Der größte Esel von Felixstowe. Zu den Hauptvergnügungen der kaiserlichen Prinzen gehörte bekanntlich in dem genannten englischen Badeorte außer dem Graben im Sande das Reiten auf Eseln. Der etwas ältliche Verleiher dieser nützlichen Thiere begleitete aber seine prinzlichen Kunden nur auf ihrem ersten Ausritte. Sie sausten ihm etwas zu rasch einher, und er ließ sich deshalb später von einem Jungen vertreten, der bald ein Günstling der Prinzen wurde, deren kaiserliche Mutter seine dürftige und mangelhafte Gaderobe durch einen neuen Anzug ersetzen ließ und ihn sogar aufgefordert haben soll, mit nach Deutschland zu gehen. Dieses freundliche Angebot lehnte er aber nach längerer Ueberlegung ab, und wird nun von seinen Genossen als der "größte Esel in Felixstowe" angesehen.
- Die Athanas und Genossen scheinen auf den Geschmack gekommen zu sein und gefunden zu haben, daß das Räuberhandwerk in der Nähe des Goldenen Horns noch immer goldenen Boden hat. Es wird aus Paris vom Montag gemeldet: Türkische Räuber entführten nach hier eingegangenen Meldungen aus Konstantinopel am 7. August in der Nähe der Gegend, wo Anfang Juni der Ueberfall des Orient=Expreßzuges stattgefunden hat, den Franzosen Raymond, Inhaber einer Farm, und dessen Verwalter Ruffie. Die Entführten leisteten Widerstand, wurden jedoch überwältigt, im Kampfe verwundet und fortgeführt. Ruffie wurde sehr bald entlassen, um ein Schreiben Raymond's an den französischen Botschafter in Konstantinopel, Grafen von Montebello, zu überreichen. Raymond bittet in demselben um 115,000 Francs als Lösegeld, da er andernfalls erschossen werden würde. Graf von Montebello that ohne Verzug die nothwendigen Schritte bei dem Sultan und der hohen Pforte, um die sofortige Befreiung Reymond's zu erwirken.
- Wie über Triest aus Genua gemeldet wird, werden heuer an den italienischen Küsten Haifische in besorgnißerregender Zahl gesehen; aus 17 Orten seien hierüber Nachrichten eingelaufen. In Genua badeten zwei Arbeiter beim Molo Nuovo, als plötzlich einer derselben, unter entsetzlichem Jammergeschrei das Meer blutig färbend, verschwand. Bei Messina riß ein angeblich 7 Meter langer Haifisch einen 15jährigen Knaben aus der Mitte der zahlreichen Badenden. Bei Mare Grosso verschlangen Haifische einen Maultiertreiber mit seinem Tier, das er im Meer badete. In Messina wurden hohe Prämien auf den Fang der Haifische ausgesetzt und das Baden ist außerhalb der Schwimmanstalten behördlich untersagt.
- Ueber ein Erdbeben auf hoher See berichtet der Kapitän des vor wenigen Tagen von Calcutta in Newyork eingetroffenen Schiffes "Glenfinlas". Die Erschütterung, so erzählt der Seemann, habe ungefähr 5 Minuten gewährt und die Matrosen wie ihn selbst in die größte Angst versetzt, da sie sämtlich annehmen mußten, daß das Schiff auf einen Felsen aufgelaufen sei. Der Vorgang habe sich am 7. Mai nachmittags in einer Entfernung von 600 bis 700 englischen Meilen von der Küste Javas zugetragen, und 4 Tage später sei ein zweiter Stoß erfolgt, der aber nicht so heftig gewesen sei wie der erste.
- Nach einer Meldung aus New=York wird der Getreide Ertrag der Vereinigten Staaten auf 600 Millionen Bushel (Scheffel) geschätzt, von den 200 Millionen Bushel zur Ausfuhr bestimmt sind. Die Preise sind, trotz dieser guten Ernte, nicht wesentlich gesunken.
- Wie aus New=York gemeldet wird, sind am Freitag aus der Irrenanstalt zu Auburn 17 Irre entsprungen, welche in der Stadt ein großes Blutbad angerichtet haben.
- Rauchen unschädlich gemacht. Dr. Gautrelet aus Vichy hat entdeckt, daß die schädliche Wirkung des Nikotins dadurch schadlos werden kann, daß man in eine Lösung von Pyrollgallus=Säure getauchtes Baumwollenbäuschchen in die Pfeife oder Cigarrenspitze steckt, welche der Rauch zu passiren gezwungen ist. Die früher oft vorgekommene nachtheilige Einwirkung auf Herz, Mund und Nerven wird dadurch beseitigt. Der Geschmack des Tabaks bleibt unverändert.
- Für welche Früchte eignet sich die Düngung mit Thomasphosphatmehl? Wie alle Erfahrungen zeigen, ist das Thomasphosphatmehl mit Vortheil für alle Früchte zu verwenden. Eine ganz besondere Wirkung zeigt die Düngung mit demselben bei Klee= und Luzernenfeldern, auf Weiden und Wiesen, bei allen Hülsenfrüchten - Erbsen, Bohnen, Wicken, Lupinen -, bei allem Getreide, sowie sämmtlichen Hackfrüchten. - Bei der Anlage von Futterfeldern, Obstgärten, Weinbergen, Weidenplantagen, überhaupt da, wo es sich darum handelt, einen größeren, langandauernden Vorrath von Phosphorsäure in den Boden zu bringen, bietet das Thomasphosphatmehl ein Düngemittel, durch welches man die Erträge und den Reingewinn in ganz außerordentlichem Maße zu steigern vermag. - So liegen z. B. zahlreiche Mittheilungen über die Erfolge auf Wiesen vor, nach welchem hier der Erfolg auf das Drei=, ja Fünffache stieg. Zugleich aber zeigt sich überall, daß die Düngung auch die Qualität des Futters erheblich verbessert, indem gute Gräser und kleeartige Pflanzen an Stelle der früheren minderwerthigen treten. - Auch als Gartendünger empfiehlt sich Thomasphosphatmehl neben Stalldung sehr, und werden durch seine Zufuhr die Erträge überall bedeutend erhöht. - Die Erfolge der Düngung bei allen Kleearten, Erbsen, Wicken, Bohnen, Luzernen u. s. w. sind fast überall entsprechende. - Man wird übrigens die vortreffliche Wirksamkeit dieser Düngung sehr leicht begreifen, wenn man nur berücksichtigt, daß alle Kulturpflanzen - sie mögen heißen wie sie wollen - einen angemessenen Ueberschuß von Phosphorsäure und Kali im Boden vorfinden müssen, wenn sie sichere Erträge und höchste Ernten liefern sollen.
- Wetterregeln. Nach Verlauf des regenreichen Juli lassen sich nach A. Madert aus Berlin folgende Witterungsmaßregeln aufstellen:
                          Wenn die Berg' im Nebel stehn: -
                                                    Giebt es Regen,
                          Wenn die Wind' aus Westen weh'n: -
                                                    Giebt es Regen,
                          Wenn sie rund herum sich dreh'n: -
                                                    Giebt es Regen,
                          Wenn die Berge nah' man sieht: -
                                                    Giebt es Regen,
                          Wenn Zirruswolken am Himmel zieh'n: -
                                                    Giebt es Regen,
                          Wenn der Himmel noch so klar: -
                                                    Giebt's doch Regen.
Fragt man nun die Leute gar, - Ob's Wetter gut werd' oder net,
So sagen's bieder, treu und wahr: - 's ko sain - 's ko sain a net.


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ZVDD