[ => Original lesen: 1891 Nr. 62 Seite 1] Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das 2. Hanseatische Infanterie=Regiment Nr. 76
1. am 15., 17., 18., 19., 20. und 21. d. Mts.
in der Zeit von 7 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags Schießübungen mit scharfen Patronen und
2. am 22., 24., 25., 27., 28., 29. und 31. d. Mts.
in der Zeit von 7-11 Uhr Vormittags Regiments=Exercitien auf der Palinger Haide abhalten wird.
Die Schießübungen mit scharfen Patronen ad 1 werden stattfinden in dem Gelände, welches begrenzt wird durch den Weg von Lauen nach Bardowick bis zu der Stelle, wo der Weg von Palingen her einmündet, diesen letzteren Weg, durch eine von diesem Wege an dem Dorfe Palingen vorüber nach dem Palinger Mühlenbach gedachte Linie, durch den Mühlenbach bis zu dem alten Bahnkörper, diesen Bahnkörper bis zum Wege von Brandenbaum nach Wesloe, den Weg von Brandenbaum nach Wesloe, von Wesloe nach Schlutup und von Schlutup nach Lauen. Dieses Terrain wird durch eine Postenkette abgesperrt bezw. durch Warnungstafeln deutlich gemacht werden. Das Betreten des Terrains in der gedachten Zeit wird zur Vermeidung von Unglücksfällen bei Strafe hiemit verboten. Den Anordnungen der das Terrain absperrenden Posten ist unbedingt Folge zu geben.
Die Regiments=Exercitien ad 2 werden im Wesentlichen auf demselben Gelände stattfinden; doch werden die Grenzlinien nach allen Seiten hin etwas erweitert, namentlich im Süden bis zu dem neuen Bahnkörper der Strecke von Lübeck nach Lüdersdorf ausgedehnt werden.
Schönberg, den 3. August 1891.
Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.
Nr. 12 des Offiz. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1891 enthält in der
I. Abtheilung.
(5.) Genehmigungsurkunde, betr. die Abänderung des § 18 sub C der Revidirten Statuten der Allgemeinen Feuer=Versicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.
II. Abtheilung.
(1.) Bekanntmachung, betr. die Ausführung des Gesetzes wegen Erhebung von Reichsstempelabgaben.
(2.) Bekanntmachung, betr. die an Bord des Dampfers "Neko" der deutschen Dampfschifffahrts=Gesellschaft "Kosmos" gewesene Post.
III. Abtheilung. Dienst= etc. Nachrichten.
Bei Gelegenheit des Empfanges der Deputation des "Vereins deutscher Reichsangehöriger in St. Petersburg" seitens des Fürsten Bismarcks in Kissingen hat derselbe der Deputation gegenüber verschiedene Male hervorgehoben, wie dringend nothwendig es sei, ein freundschaftlich gutes Einvernehmen zwischen Deutschland und Rußland zu pflegen. Der Münchener "Allgemeinen Zeitung" wird über den empfang der Deputation berichtet: Der Fürst, welcher an die von tiefer Dankbarkeit und unwandelbarer Verehrung, welche die St. Petersburger deutsche Kolonie für den Fürsten Bismarck erfüllt, eingegebene Ansprache des Sprechers der Deputation anknüpfte, hob hervor, daß er während seiner ganzen dienstlichen Wirksamkeit stets bestrebt gewesen sei, das freundschaftliche gute Einvernehmen zwischen Deutschland und Rußland zu Pflegen und zu stärken. Auch heute sei er noch der Ansicht, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Mächten, deren Erhaltung auch der Sprecher der Abordnung als den lebhaftesten Wunsch der Deutschen St. Petersburgs hervorgehoben habe, in beiderseitigem Interesse ungetrübt erhalten werden müßten, und zwar um so mehr, als diese beiden mächtigen Reiche einander störende Interessen nicht hätten. Der Fürst, welcher sehr wohl aussah, war in der heitersten Stimmung, und dadurch gestaltete sich, sowie auch durch die überaus große Liebenswürdigkeit der Fürstin, die Unterhaltung zu einer sehr lebhaften. Hochinteressante politische Betrachtungen und ernste Erörterungen allgemeiner Art wechselten ab mit mannigfaltigen Mittheilungen aus Haus und Familie und die lebhafte herzgewinnende Art, in welcher der Fürst und die Fürstin die Unterhaltung pflegten, legte erfreuliches Zeugniß für die große Geistesfrische, für die frohe und zufriedene Stimmung des Fürsten und der Fürstin ab. Beim Frühstück erhob der Fürst das Glas, sprach dem Verein seinen Dank aus und lieh abermals dem Wunsch nach dauerndem Bestand des guten Einvernehmens zwischen Rußland und Deutschland Worte, die in den Herzen aller das freudigste Echo fanden. Als nach Aufhebung der
[ => Original lesen: 1891 Nr. 62 Seite 2]Tafel um 3 1/2 Uhr die Deputation sich dankerfüllten Herzens verabschiedete, gab der Fürst diesem Wunsch zum dritten Mal Ausdruck, indem er die Hoffnung aussprach, daß die in Rußland lebenden Deutschen, welche unter dem Scepter des Kaisers Alexanders III. eine zweite Heimath gefunden, fortfahren möchten, auch ihrerseits nach Kräften zum Fortbestand der guten Beziehungen zwischen den beiden Nachbarreichen beizutragen.
Der Wiederzusammentritt des deutschen Reichstages soll am 10. November d. J. erfolgen. Die Volksvertretung würde somit hinreichend Zeit haben, die Handelsverträge durchzuberathen, die bekanntlich am 1. Februar 1892 in Kraft treten sollen.
Die Freude über die Nachricht, daß der neue Eisenbahnminister einen Versuch mit dem Zonentarif zu machen beabsichtige, war von kurzer Dauer. Wie die "Nordd. Allg. Zeitung" offiziös meldet, ist die Nachricht falsch, trotz der sehr detaillirten Angaben des freisinnigen Blattes, welches die Neuigkeit seinen Lesern zuerst aufgetischt hat. Vom Zonentarif, im Sinn der für einen solchen betriebenen Agitation, sei keine Rede. Erwogen werde jedoch, wie der gedachte Vorortsverkehr anders zu gestalten und zu vereinfachen sei, worüber seiner Zeit bereits unter der Verwaltung Maybachs sowohl im Abgeordneten= wie im Herrenhaus Auskunft ertheilt wurde. Ueber den Termin der Einführung dieser in Erwägung gezogenen Aenderungen sei noch keine Bestimmung getroffen worden, weil eben die Erwägungen noch nicht zum Abschluß gelangt seien.
Wegen der durch die Witterangsverhältnisse verzögerten Erntearbeiten ist eine Abänderung der Vorübungen zum Kaisermanöver befohlen. Die Garnison von Halle rückt zum Beispiel statt am 15. August erst am 4. September zum Manöver aus.
In der königlichen Pulverfabrik zu Spandau begann vor drei Wochen die Nachttour wieder. Es sollte bis zum 15. August eine größere Menge Manöverpulver hergestellt werden. Die neuerdings auch in dieser Fabrik erfolgten Kündigungen sind wieder zurückgenommen werden, da soeben eine größere Bestellung aufgegeben worden ist. Es werden nunmehr höchst wahrscheinlich noch weitere Einstellungen von Arbeitern erfolgen.
Der auf Grund der lex Huene für das Etatsjahr 1890/91 aus dem Ertrag der Getreidezölle auf Preußen entfallende Betrag beläuft sich auf 47 251 622 Mk.
Das neueste Buelletin über das Befinden des Großherzogs von Mecklenburg=Schwerin lautet vom 9. August: Die bedrohlichen Erscheinungen im Zustande Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs sind seit Freitag Mittag gewichen. Anfälle von Asthma und anderen nervösen Reizungssymptomen treten noch ebenso oft, aber weniger heftig auf. Der Schlaf ist ruhiger und anhaltender geworden. Der Appetit ist nicht genügend, eine Zunahme der Kräfte noch nicht bemerkbar. Die Lähmungen der Diphtherie bestehen unverändert fort. Müller. Martius.
Ueber das Befinden des Königs von Württemberg meldet der württembergische "Staatsanzeiger": Seit dem 1. August trat bei dem König neuerdings eine akute Steigerung des Unterleibskatarrhs mit leichter Fieberbewegung auf. Sämmtliche Krankheitserscheinungen sind aber bereits wieder in erfreulicher Abnahme begriffen Das Fieber ist geschwunden, der König muß jedoch noch einige Tage das Bett hüten; das Befinden ist indes den Umständen nach leidlich gut.
Die bayerische Regierung hat einen offiziellen Saatenbericht für die gesammte Monarchie für den Monat Juli veröffentlicht, in welchem es heißt:
Wintergetreide gut entwickelt, Sommergetreide durchgängig gut, vielfach hat sich die Ernte verschlechtert und verzögert infolge von Regenfällen. Der zweite Kleeschnitt und Wiesenwuchs verspricht den ersten noch zu übertreffen, der Gerstenschnitt befriedigt, Hafer recht gut, Hopfen bisher gut, Hülsenfrüchte und Futterrüben werden gelobt, Kartoffeln stehen unregelmäßig, in trockenen Lagen gut, die Frühkartoffeln sind angefault. Der Weinbergstand ist etwas zurück, der Fruchtansatz gering, Obst reichlich.
Die Handelsvertragsverhandlungen zwischen der Schweiz einerseits und Deutschland und Oesterreich=Ungarn anderseits sind auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Die Verhandlungen werden jetzt voraussichtlich abgebrochen und zu gelegenerer Zeit wieder aufgenommen werden.
Wie die Emin Pascha nahestehende "Neisser Zeitung" mittheilt, hatte Emin seinen Eintritt in den Reichsdienst unter den gestellten Bedingungen zugesagt und sei entschlossen zu bleiben, auch wenn Wißmann bleibe.
Auch die französische Regierung erklärt jetzt, daß ihr von einem Bündnißvertrag mit Rußland absolut nichts bekannt ist.
Nach Privatmeldungen französischer Journale grenzte der Empfang des Admirals Gervais in Moskau an ein Freudendelirium. Gervais wurde von der Volksmenge auf den Schultern durch die Straße in seine Wohnung getragen, alles aus Deutschenhaß, denn die Moskauer Bevölkerung ist wegen ihrer Abneigung gegen alles, was nur an Deutschland von fern erinnert, schon seit Jahr und Tag bekannt.
Die Franzosen werden sehr bald Gelegenheit haben, sich für die ihnen an den Gestaden der Newa widerfahrene Ehre zu revanchieren. Der General=Admiral der russischen Armee, Großfürst Alexis, wird nächsten Dienstag in dem Badeort Vichy erwartet, wo schon öfters russische Würdenträger, man denke nur an den Kriegsminister Wannowski und den Botschafter Baron Mohrenheim, der Gegenstand begeisterter Kundgebungen gewesen sind. Wenn das Wetter in Vichy nicht besser ist als hier zu Lande, so ist den armen Badegästen die Abwechselung wohl zu gönnen.
Wie man aus St. Petersburg meldet, wird das russische Kaiserpaar die Reise nach Kopenhagen am 19. August antreten. Der Aufenthalt des Kaiserpaares in Dänemark dürfte ungefähr einen Monat dauern. Für die Fahrt wird die Dersjawa oder der neuerbaute prächtige Polarstern benützt werden.
Kaiser Alexander ist in Finnland angekommen, um den dortigen Manövern beizuwohnen. Der Empfang durch die Bevölkerung, welche durch die brutalen Russifizierungsmaßregeln sich schwer gekränkt fühlt, war ein eisiger. Kühle Höflichkeit war Alles, von irgend welcher Herzlichkeit war keine Rede.
Der Großfürst=Thronfolger trifft um den 14. bis 16. August nach Beendigung seiner großen Reise in Petersburg ein.
Kommt die Ernüchterung schon jetzt? Die "Kölnische Zeitung" läßt sich aus St. Petersburg melden, daß man in dortigen diplomatischen Kreisen entschieden nicht an den Entwurf eines französisch=russischen Vertheidigungsvertrags glaube, denn an allerhöchster Stelle sei man von der fast an Tollheit grenzenden Begeisterung der Russen für die Gäste keineswegs erbaut. Selbst in der russischen Kaiserfamilie befänden sich noch Freunde Deutschlands, namentlich machen die Großfürsten Wladimir und Michael kein Hehl aus ihrer Abneigung gegen die Republik. Das Spielen der Marseillaise werde nach der Abfahrt der Franzosen einfach wieder verboten werden.
Eine wahre Schreckensscene muß es gewesen sein, die sich am Montag nachmittag zwischen der Königin von Belgien und ihrer bekanntlich unheilbar geisteskranken Schwägerin, der Exkaiserin Charlotte von Mexiko, abgespielt hat. Die Kranke muß einen Anfall von Verfolgungswahnsinn gehabt haben, denn sie stürzte plötzlich auf die Königin zu und versuchte diese zu erwürgen. Die Königin, welche infolge von Gelenkrheumatismus herzleidend ist, hatte einen schweren Nervenschlag infolge des leicht begreiflichen Schrecks. Zum Glück ist dieselbe heute wieder als hergestellt zu betrachten. Die kranke Kaiserin Charlotte ward gleich nach der Entfernung der Königin wieder völlig ruhig. Ein ähnlicher Anfall ist bisher nie vorgekommen, vielmehr bezeugte die unglückliche Kaiserin bei Besuchen ihrer Schwägerin stets aufrichtige Freude.
Die Königin Maria von Belgien ist jetzt von ihrer neulichen schweren Nervenstörung im vollen Umfange wiederhergestellt. Dagegen steht es mit der unglücklichen Kaiserin Charlotte von Mexiko weniger gut. Lange Jahre war die Kranke durchaus ruhig und leicht zu leiten, und außer zahlreichen Weinscenen ereignete sich nichts besonderes. Jetzt treten häufig Anfälle von Raserei auf. Die Kaiserin,
[ => Original lesen: 1891 Nr. 62 Seite 3]die seit einem Vierteljahrhundert fast geisteskrank ist, erfreut sich der besten körperlichen Gesundheit. Sie ist erst 52 Jahre alt und nichts spricht dagegen, daß sie nicht das Greisenalter erreicht.
Auch der Kronprinz von Italien wird demnächst von England aus eine Nordlandsfahrt antreten. Es ist bereits für ihn eine Kajüte auf dem norwegischen Touristendampfer "Britannia" bestellt, der am 15. August von Newcastle nach Bergen abgehen wird.
Wie aus Rom gemeldet wird, läßt die italienische Regierung neuerdings in Ungarn bedeutende Pferde=Ankäufe vornehmen.
Die Königin Viktoria von England verlieh dem Kronprinzen von Italien den Hosenbandorden.
Das englische Parlament ist am Mittwoch abend geschlossen worden. Die Thronrede gedenkt der zahlreichen Gesetzentwürfe, welche im Laufe der Session fertiggestellt worden sind und konstatiert eine erhebliche Besserung in Handel und Industrie, sowie in den Finanzen. Des Besuches des deutschen Kaisers wird mit großer Wärme gedacht und betont, daß die Beziehungen Großbritanniens zum deutschen Reiche, wie überhaupt zu allen Staaten die besten sind. Die Zustände in Aegypten sind recht befriedigend geworden, auch in Irland ist eine wesentliche Verringerung der Landunruhen zu verzeichnen. Die Thronrede hofft, daß unter dem Schutze des gesicherten Friedens Englands Handel und Industrie immer mehr gedeihen werde.
Die Londoner Admiralität hat den Flottenbehörden zu Portsmouth 40 000 Mark zur Bestreitung der Kosten eines Ballfestes zu Ehren der Offiziere des französischen Geschwaders bei deren bevorstehenden Besuch bewilligt.
Das Amtsblatt des griechischen Patriarchen von Konstantinopel erklärt die vollzogene Taufe der Kronprinzessin Sophie von Griechenland für giltig und eine nochmalige Taufe für nicht erforderlich. Damit ist denn die vielbesprochene Angelegenheit definitiv erledigt.
- Neustrelitz, 7. August. Se. K. Hoheit der Großherzog ist heute Morgen in Begleitung des Kammer=Junkers von Oertzen=Kittendorf nach Homburg abgereist.
- Der Rücktritt des Oberhofpredigers D. Kögel von seinem Amt dürfte jetzt beschlossene Sache sein. Nachdem Herr D. Kögel, angeblich wiederhergestellt, kurze Zeit in Berlin amtiert hatte, ist er neuerdings in ein bayerisches Bad gereist, um sich daselbst einer Kur zu unterziehen. Sein Zustand wird jetzt als derartig geschildert, daß er die Kanzel nicht mehr werde betreten können.
Das neue Wappen des Generalpostmeisters v. Stephan beschreibt die "National=Zeitung" folgendermaßen: Das Wappenschild zerfällt in drei Theile und ein Mittelschild: links im weißen Feld ist die Erdkugel, rechts im schwarzen Feld das gelbe Posthorn im roten Mittelschild in natürlicher Farbe der Anker, das Sinnbild der Schiffahrt. Darüber auf goldenem Feld sieht man aus Wolken, dem Sinnbild der Entfernung, zwei Hände herausreichen, die sich verschlingen. Die Helmzier ist reich. Aus dem von der siebenzackigen Krone überragten Helm aber ragt ein Arm himmelwärts, und die kräftig geballte Faust umschließt zuckende Blitze, die Darstellung der Elektrizität. Das Band unter dem Wappen enthält das Motiv: "Fest!"
- Der Sohn des verstorbenen ersten Statthalters des Reichslandes Elsaß=Lothringen, Feldmarschalls Frhrn. v. Manteuffel, der Major a. D. Frhr. Edwin v. Manteuffel, früher im ersten Garde Regiment zu Potsdam, ist seit dem 1. Juli als kommissarischer Hilfsarbeiter bei der kaiserlichen Verwaltung für Ostafrika angestellt. Der finanzielle Niedergang der Familie Manteuffel ist wohl der Anlaß zu diesem Schritt gewesen.
- Endlich beginnen an der Berliner Börse die übertrieben hohen Roggenpreise, welche durch das schlimme Wetter bisher beeinflußt wurde, zu sinken. Der Hauptgrund sind gute Ernte=Nachrichten aus dem Auslande und das Bevorstehen großer Korn=Einfuhren.
- Die kleinen silbernen 20=Pfennigstücke werden aus dem Verkehr verschwinden. Die öffentlichen Kassen haben Anweisung erhalten, die vereinnahmten Münzen anzuhalten und nach Berlin einzusenden.
- Am Donnerstag, den 6. d. M., sind es gerade 100 Jahre gewesen, daß das neuerbaute Brandenburger Thor in Berlin dem Verkehr übergeben worden ist.
- Eine erste deutsche Ausstellung von Dachshunden, sog. "Teckelhunden", findet im September im Park des Neuen Walhalla=Theaters in der Berliner Hasenhaide statt. Ueber dreihundert Anmeldungen sind dem Comite bereits zugegangen.
- Nach Spandau wurden zu einer 45tägigen Uebung 15 Militärbäcker der Reserve eingezogen und werden an den Payerschen Feldbacköfen, die zu diesem Behufe auf dem großen Exerzierplatze Aufstellung gefunden haben, und in denen täglich ca. 500 Brote à 3 Pfund gebacken werden, ausgebildet.
- Durch die Explosion eines Kastens mit Zündhütchen wurde am Mittwoch in der Spandauer Munitionsfabrik ein Arbeiter schwer, und vier leicht verletzt. Die Ursache der Entzündung ist noch nicht aufgeklärt. Der Kasten hatte über ein Jahr unberührt gestanden, und sollte erst jetzt wieder geöffnet werden, wobei die Katastrophe eintrat.
- Vierundzwanzig durchgehende Pferde der 4. und 5. Escadron des Ulanen=Regiments Kaiser Alexander II. von Rußland haben am Donnerstag in Fürstenwalde Schrecken verbreitet. Die Pferde hatten die am Eingange zum Stallhofe befindliche Barrière durchbrochen, einen Ulanen, der sie aufhalten wollte, über den Haufen gerannt, und durchtrabten geschlossen die Straßen der Stadt. Vierzehn der Thiere waren gewohnheitsgemäß nur bis zum Exercierplatz geeilt, von wo sie, nachdem sie sich müde gelaufen, wieder in den Stall zurückkehrten, die übrigen zehn dagegen liefen auf der Bahnstrecke nach Berlin dahin und brachten zwei aus der Residenz kommende Züge fast in Gefahr der Entgleisung durch ihr plötzliches Auftauchen; glücklicherweise konnten die Führer noch rechtzeitig bremsen. Bis jetzt hat man die Pferde noch nicht wieder einfangen können Ulanen, welche zu diesem Behufe ausgesandt waren, sind unverrichteter Dinge zurückgekehrt. Von den aus freien Stücken zurückgekehrten Thieren sollen einige sich bei dem Ausfluge nicht unerheblich verletzt haben.
- Die von Potsdam nach Dresden gerittenen Offiziere des Garde du Corps haben die Strecke an einem Tag auf denselben Pferden zurückgelegt und sind am folgenden Tage nach Potsdam zurückgekehrt. Die ganze Strecke, die innerhalb 48 Stunden zurückgelegt wurde, beträgt fast 340 Kilometer.
- Der Blitz scheint es in diesem Jahre vornehmlich auf unser Militär abgesehen zu haben. Bei einem heftigen Gewitter traf derselbe nämlich am Sonnabend Nachmittag die neue Kaserne des 24. Infanterie=Regiments zu Neu=Ruppin, ging durch die Schalung und zertrümmerte das Schieferdach, um sodann durch das dreistöckige Gebäude bis in die im Keller liegende Menageküche zu fahren, glücklicherweise ohne zu zünden.
Anzeigen.
Die Großherzogliche Hauptkasse hieselbst ist bis zum 10. September cr. geschlossen.
Schönberg, den 10. August 1891.
G. Grapow.
Die Schulgelderhebung
findet vom 11.-22. August statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.
J. Wegner,
Schulgelderheber.
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gut erhaltene Halbchaise;
auch eine neue Sensenhämmermaschine steht preiswürdig zu verkaufen bei
Schönberg. P. Ehmcke,
Stellmachermeister.
Presennige und Zeltlaken
vermiethet Simon Valk, Lübeck, Mengstr. 41.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 62 Seite 4]Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und ein Lustspiel) in der Spielzeit 1891/92, für welche ein Platz im erster Range 12 M., im Parkett u. in der Parkettloge 10 M., im II. Rang, Balkon und Mitte 6 M. im II. Rang Seite 5 M. kostet. Für diejenigen Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und zurück an demselben Tage bei genügender Betheiligung Rückfahrtskarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 1. September d. J. nimmt Herr Hotelbesitzer Spehr zu Schönberg Anmeldungen freundlichst entgegen.
Die Ausgabe der Karten erfolgt voraussichtlich im September.
Schwerin, 1. August 1891.
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.
Sedanfeier in Schönberg.
Zu der Sedanfeier, welche am 1. und 2. September d. J. von unserm Verein veranstaltet wird, laden wir hierdurch Stadt und Land ergebenst ein.
Schönberg, den 10. August 1891.
Das Sedan-Comité
des Kriegervereins für das Fürstenthum Ratzeburg.
Das Sedanfest
wird auch in diesem Jahre in bekannter, großartiger Weise am 2. September in Ratzeburg gefeiert.
Ratzeburg, im Juli 1891.
Das Sedan-Comité.
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Todes-Anzeige.
Sonntag Mittag 1 1/2 Uhr verschied unsere liebe Mutter, Schwiegermutter u. Großmutter,
Engel Elisabeth Rentzow
geb. Dettmann.
Sie folgte nach langer Krankheit ihrem vor 15 Wochen vorangegangenen Gatten in die Ewigkeit.
Familie Lenschow.
Die Beerdigung findet am Donnerstag den 15. August, Nachmittags 2 1/2 Uhr, statt.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 62 Seite 5]Beilage
zu Nr. 62 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 11. August 1891.
- Unter seinen Mitarbeitern war der Arbeiter Teichert in Stettin schon lange als Schwimmkünstler bekannt. Besonders wußte er durch seine Wassersprünge aus bedeutender Höhe Aufsehen zu erregen. Teichert vollführte aus ganz beträchtlichen Höhen Kopfsprünge ins Wasser und hat bisher diese tollen Manöver auch ohne Schaden für seine Gesundheit ausgeführt. Vor einigen Tagen war Teichert auf dem Bremer Vollschiff "Johann Friedrich" am Danzig mit Entladen beschäftigt und wollte nun in der Frühstückspause ein Bad nehmen und dabei seinen Mitarbeitern ein neues Sprungkunststück zeigen. Er kletterte nach der Bramraa und stürzte sich mit einem Kopfsprung aus der Höhe von 120 Fuß herab. Während seine Collegen diesen Sprung mit Beifallsruf lohnten, kam Teichert noch einmal zum Vorschein, dann sank er als Leiche in die Tiefe. Eine durch den Sprung hervorgerufene innere Verletzung hatte seinem Leben ein plötzliches Ende gemacht.
- Vater von dreiunddreißig Kindern ist der im Orte Golgräber=Hauland in der Provinz Posen lebende Wirth Uttenbach. Dem jetzt noch sehr rüstigen, 72 Jahre alten Herrn ist von seiner bedeutend jüngeren Gattin zweiter Ehe kürzlich das siebzehnte Kind beschert worden, während er aus erster Ehe sechzehn Kinder besitzt. Vivat sequens!
- Auf einem in der Nähe des Rothen Gutes bei Meißen befindlichen Roggenfelde waren am Freitag 10 Arbeitsleute mit Mähen und Aufbinden des Getreides beschäftigt. Beim Herannahen des Gewitters wurde vom Pferdejungen die Bemerkung geäußert, daß die Sensen den Blitz anzögen, worauf der Mittelknecht Kattowitz erwiderte: "Wenn mich der Blitz erschlägt, dann brauche ich die Ernte nicht mitzumachen." Kurze Zeit darauf fuhr ein fürchterlicher Blitzstrahl hernieder und streckte den Knecht tot zu Boden; drei Mägde wurden betäubt.
- Am Donnerstag, morgens um 9 Uhr, fand in Trier die Erhebung des heiligen Rockes in Anwesenheit des Bischofs Korum, des Domkapitels, der Stadtgeistlichkeit und des Oberbürgermeisters statt. Die vorjährige Beschließung wurde unverletzt vorgefunden. Die Rückwand des Altars wurde aufgebrochen und der Rock in die Schatzkammer übergeführt, welche der Bischof darauf wieder abschloß.
- Mit Bezug auf die Ausstellung des heiligen Rockes in Trier erläßt das bischöfliche General=Vikariat eine eingehende Bekanntmachung, welche den ungeheuren Zudrang von Wallfahrern einigermaßen zu regeln bestimmt sei. Es soll darnach für einzeln ankommende Pilger täglich zweimal eine Prozession gebildet werden. Die regelmäßige tägliche Dauer der Ausstellung ist auf die Dauer von 6 Uhr morgens bis 7 Uhr abends festgesetzt. Von der Berührung des Rockes bleiben alle einem frommen Gebrauch nicht unmittelbar dienenden Gegenstände ausgeschlossen. Kinder unter zehn Jahren sollen nicht zur Wahlfahrt mitgenommen werden.
- Eine tüchtige Schwimmerin scheint Fräulein Meitinger aus München zu sein. Sie ist dieser Tage quer über den Starnberger See von Possenhofen nach Leoni geschwommen und hat dazu etwa eine Stunde gebraucht. Für alle Fälle war ihr ein Kahn zur Begleitung mitgegeben.
- Ein Konstanzer Sängerverein wollte zum Sängerfest in Bregenz ziehen und führte dabei einen Lorbeerkranz mit sich. Die österreichischen Zollwächter ließen die Herren aber erst passieren, nachdem jener Kranz als "frisches Gemüse" verzollt war.
- Für das Reichsland Elsaß=Lothringen sind die Pariser Blätter "Soleil" und "Gaulois" verboten worden.
- Die letzten Reliquien Napoleons I., einer seiner grauen Ueberröcke, ein Hut, den er während des Feldzuges von 1813 trug, eine dreifarbige Cocarde, die beim Abschied in Fontainebleau an seinem Hut befestigt war, eine Generalsuniform, eine Bank, deren sich Napoleon auf St. Helena bediente, und endlich sein Feldbett sind dieser Tage aus dem Musèe des Souverains im Louvre nach dem Artilleriemuseum im Invalidenhotel übergeführt worden, gemäß einem Decret des Präsidenten der Republik vom 20. Juli.
- Vor einem französischen Gerichtshof steht ein des Diebstahls Beschuldigter. Der Richter beginnt das Verhör und fragt den Anklagten nach seinem Namen. Dieser zuckt die Achtel und antwortet in deutscher Sprache: "Ich verstehe kein Sterbenswörtchen französisch." Da erhebt sich der Richter und fährt von patriotischen Zornes den doppelten Sünder an: "Wie können Sie es wagen, in einem Land zu stehlen, dessen Sprache Sie nicht einmal sich angeeignet haben?"
- Während die Schüler sich mindern, steigen die Ausgaben für die französischen Staatsschulen. Die Lyceen erforderten 1888 7 679 000 Fr., 1890 aber 8 019 000 Fr., unbeschadet eines Nachschubs von 1 300 000 Fr. Jeder Schüler kostet den Steuerzahlern 183 Fr. jährlich, ganz abgesehen von den Zinsen der Gebäude, die sich für jede Anstalt auf 80= bis 300 000 Fr. belaufen. Rechnet man diese hinzu, dann kommen 700 Fr. für jeden Schüler heraus.
- In Marseille wurde ein kleines Kind von einem Affen zerfleischt und getötet. Bei einem Ausfluge an den Strand hatte man einen großen, aus Afrika stammenden Affen mitgenommen. Während man nun der Beschäftigung des Angelns nachging, band man den Affen an einen Baum und ließ das ermüdete Kind in der Nähe des Tieres schlafend zurück. Diesen Augenblick benützte der Affe, sich loszumachen und sich auf die Kleine zu stürzen, die er alsbald gräßlich zerfleischte. Auf das Geschrei des Kindes eilten die Eltern herbei. Aber es war zu spät und die Kleine bereits eine Leiche. Der entfliehende Affe wurde durch eine Flintenkugel zu Boden gestreckt.
- In Monte Carlo gewann ein Engländer in 3 Tagen 400 000 Mk. am Spieltisch. Nach diesem Erfolg dampfte der Glückliche sofort ab.
- Aus Anlaß der goldenen Hochzeit des Königspaares in Dänemark, zu der man in weiteren Kreisen der Bevölkerung Vorbereitungen zu treffen gedenkt, beabsichtigen die Kopenhagener Handwerkervereine, dem Königspaare eine Goldkarosse zu schenken. Auch andere Korporationen bereiten sich vor, dem Königspaar Geschenke darzubringen.
- Was doch alles zum Reisegepäck einer vornehmen Dame gehört! Der in Oedenburg wohnenden Gräfin Nora Fugger, geb. Prinzessin Hohenlohe=Bartenstein sind, wie ein wiener Blatt berichtet, auf der Eisenbahn eine Anzahl Werthgegenstände entwendet worden. Die Gräfin ließ am 21. Juli auf der Bahnstation Königinhof einen Koffer aufgeben, an welchem bei der am 27. Juli in Oedenburg erfolgten Ankunft der Leinwand=Ueberzug aufgerissen und das Schloß erbrochen war. Aus einem in der Mitte des Koffers unter Wäschestücken verpackten Papiercarton wurden Pretiosen im Werthe von circa 500 Gulden entwendet, und zwar: eine goldene Cigarettentasche mit eingravirter Namenszeichnung "Cary", darin eine Meerschaumspitze mit der in Goldlettern ausgeführten Namenszeichnung "Cary"; eine kleine Cigarettentasche aus Aluminium, außen eingravirt "Unfair", innen "Geza Szechenyi";
eine silberne Cigarettentasche, eingravirt "Ali"; eine silberne Cigarettentasche mit dem gräflich Szechenyi'schen Wappen, innen der Name "Emil Szechenyi" eingravirt; ferner ein Feuerzeug, englisches Silber; ein Cigarettenpfeifchen mit der Inschrift "Just one more" und ein silbernes Petschaft mit Doppelwappen. Vier Cigarettentaschen, zwei Spitzen, ein Feuerzeug! Man sollte glauben, die Dame liebe, zu rauchen!
[ => Original lesen: 1891 Nr. 62 Seite 6]- Obwohl die Sache noch geheim gehalten werden soll, so ist es doch in die Oeffentlichkeit gedrungen, daß seit einigen Tagen in den Kliniken Roms mit einem neuen Mittel Heilversuche an Lungenkranken stattgefunden, und daß diese Versuche zu glänzenden Ergebnissen geführt haben. Es handelt sich um ein neues Mittel des Chemikers und Apothekers Tacchini aus Casatennovo. Weiteres darüber bleibt abzuwarten.
- Ein neues Räuberstückchen wird aus Italien gemeldet. In Cagliari haben sechs Briganten am hellen Tage den Kaufmann Lubraß überfallen und denselben erst gegen ein Lösegeld von 100 000 Lire freigegeben.
- Der Räuberhauptmann Athanas bereitet der ottomanischen Polizei ein Fiasko nach dem anderen. Der Gendarmerieoberst Tewfik Bey, der ihn bei Ismidt zernieren sollte ist von dort mit leerer Hand zurückgekehrt. Auch wurde ein Commis, welcher beim Ueberfall von Tscherkeskiöi mitgewirkt haben sollte, als unschuldig in Freiheit gesetzt. Alle Verhaftungen, die man aufs Geratewohl vorgenommen hat, erwiesen sich als Irrthümer und Athanas ist und bleibt auf freiem Fuß.
- Ist Jack der Aufschlitzer wieder an der Arbeit? Am Freitag früh ist in Cannon=Street, Road Whitechapel, zu London, demselben Bezirk, wo Jack seine Mordthaten verübt hat, eine alte Frau Namens Wolf, eine Deutsche, von einem Mann mit einem großen Messer angefallen worden. Sie erhielt einen schrecklichen Halsschnitt, wehrte sich aber und schrie, worauf der Mann noch ihren Arm verwundete und weglief. Die Verwundete wurde ins Hospital gebracht. Man zweifelt an ihrem Aufkommen. Ein Mann wurde als verdächtig verhaftet.
- In einer der letzten Nächte wurde in Dijon eine Mannsperson in einer Blutlache aufgefunden. Im Krankenhaus entdeckte man, daß man es mit einer Frauensperson zu thun hatte. Die Unglückliche erklärte, sie habe sich verkleidet, um ihren Mann auf frischer That des Ehebruchs zu überführen, sei aber von einem Unbekannten überfallen und niedergestochen worden.
- Das Luftschiff, welches der Elektriker H. Maxim zur Zeit in Crayford baut, naht sich seiner Vollendung. Eine Schraube, welche 2500 Drehungen in der Minute macht, wird das Schiff treiben. Den Motor bildet eine 1800 Pfd. wiegende Petroleum=Kondensationsmaschine. Der Ballon mißt 110 Fuß in der Länge und 40 Fuß in der Breite. Das gesammte Luftschiff wird ungefähr 18 000 Pfd. wiegen. Es ist zur Aufnahme von Fahrgästen eingerichtet und kann 20 bis 24 000 Pfd. Güter an Bord nehmen.
- In Chicago wird dem Andenken Fritz Reuters ein Denkmal errichtet, welches demnächst enthüllt werden soll.
- Der Fetischdienst, welcher zum Zwecke des Kannibalismus Menschenopfer verlangt, grassirt noch in allen Theilen der Republik Haiti. In der "New=York Sun" erzählt ein Ungar, daß er erst vor wenigen Wochen in der Port=au=Prince eine Versammlung von Kannibalen belauscht habe. Dem Woodon=Priester wurde ein lebendiges Kind vorgelegt, mit einem Schnitt trennte derselbe den Kopf vom Rumpfe, und der Körper wurde dann zerlegt und von den Anwesenden verzehrt. Im Jahre 1890 kam der französische Consul von San Domingo in eine Vorstadt von Port=au=Prince; er begab sich in ein Gasthaus, in dessen Hofe viele Neger versammelt waren; er verlangte dort eine Suppe und löffelte eine Kinderhand aus derselben heraus. Sofort holte er die Polizei, welche die Küche untersuchte und in einem Kessel die Ueberreste eines Kindes fand. Der Ungar erzählt ferner, es sei Thatsache, daß auf dem Markte von Port=au=Prince Kinderfleisch verkauft werde.
Die Fremdenvorstellungen des Großherzoglichen Hoftheaters in Schwerin.
Wie in früheren so wird auch in diesem Jahre das Großherzogliche Hoftheater in Schwerin seine Pforten für die bekannten Fremdenvorstellungen offen halten. Ueber den hier gebotenen großen Kunstgenuß herrscht wohl nirgends eine Meinungsverschiedenheit, fraglich ist nur, ob das Interesse an diesem Kunstgenuß sich dauernd auf einer Höhe hält, welche den Fortbestand an diesen Fremdenvorstellungen sichert.
Es scheint uns eine Erörterung dieser Frage gerade jetzt geboten, wo so Viele sich dahin schlüssig zu machen haben, ob sie auch in diesem Jahre die Vorstellungen besuchen sollen oder nicht. Wir gehen zu, dieser Entschluß wird vielfach nicht so leicht zu fassen sein; wenn wir aber wünschen, daß derselbe zu Gunsten der Fremdenvorstellungen ausfällt, so leiten uns dabei folgende Beweggründe.
Einmal Rücksichten auf das Hoftheater selbst. Wir wissen zwar, daß der pecuniäre Ertrag, den das Hoftheater aus den Fremdenvorstellungen erzielt, für die Einrichtung dieser Vorstellungen wenig in Betracht kommt. Denn wie groß dieser Ertrag auch sei, er wird niemals im Verhältniß zu dem stehen, was das Theater zu bieten im Stande ist. Wohl aber muß es dem Hoftheater als dem ersten Kunstinstitut unseres Landes daran liegen, seine veredelnden Wirkungen auch auf solche Kreise regelmäßig zu erstrecken, die außerhalb seines engeren (localen) Gebietes liegen. Das Hoftheater soll seinem ganzen Wesen nach eine Landes=, keine bloße städtische Anstalt sein und gerade Fremdenvorstellungen sind mit ein geeignetes Mittel, dem Hoftheater die Bedeutung als Landesanstalt dauernd zu sichern.
Maßgebend aber in noch viel höherem Grade ist für uns bei Empfehlung der Fremdenvorstellungen die Rücksicht auf das Publicum. Es ist ja fraglos, daß das Hoftheater auch schon früher vor Einrichtung der Fremdenvorstellungen auswärtige Besucher heranzog, denn wer, der in der Winterszeit am Abend in Schwerin bleibt, benutzt nicht gern einmal die Gelegenheit, auch einer Theatervorstellung beizuwohnen. Ja, von Manchem wird Schwerin nur dieser Vorstellungen wegen besucht. Aber hiermit hat es häufig doch seine eigene Bewandtniß. Zunächst kommt der Eintrittspreis in Betracht, und dann ist der Besucher in Bezug auf die Vorstellung, auf den Platz sehr vom Zufall abhängig. Bei den interessantesten Vorstellungen findet er das Haus nicht selten ausverkauft. Wie viel günstiger ist dagegen derjenige gestellt, der den Fremdenvorstellungen beiwohnt! Hier ist die Auswahl der Vorstellungen derartig, daß Oper und recitirendes Schauspiel gleichzeitig zu ihrem Recht kommen und daß dabei stets das so wesentliche Moment der Ausstattung genügend hervortritt. Dem Besucher werden in planmäßiger Weise Kunstgenüsse geboten, die nachgerade Jeder kennen lernen muß, der sich in Sachen der Kunst selber ein Urtheil bilden will.
All diese Vorzüge sind aber in Frage gestellt, wenn die Fremdenvorstellungen mangelnder Betheiligung wegen aufgegeben werden müßten. Ein wichtiges Bildungsmittel ginge damit für weite Kreise verloren, und gerade das ist es, was im Interesse der Kunstpflege in Mecklenburg, auf die man hier mit Recht stolz ist, verhindert werden sollte.
Darum möchten wir an alle diejenigen, welche für diese Kunstpflege Sinn und Verständniß haben, die dringende Bitte richten, ihrerseits zum Fortbestehen der hier in Frage stehenden Einrichtung beizutragen, zumal die Opfer dafür verhältnißmäßig so geringe sind. - Selbst diejenigen, die ein oder das andere Mal am Besuch der Vorstellungen verhindert sind, erleiden damit keineswegs eine Einbuße. Die Billete sind für die Eisenbahnfahrt wie für den Theaterbesuch, wenn sie vereinigt bleiben, übertragbar. Fahrgeld und Eintrittsgeld sind dabei so ermäßigt, daß vermittelst der dadurch erzielten Ersparniß andere Ausgaben, wie sie naturgemäß eine Reise nach Schwerin bedingt, bestritten werden können. Schwerin bietet ja auch in der Winterszeit neben dem Theater so Manches, was den Auswärtigen reiche Anregung gewährt. Wir erinnern nur an die Sammlungen im Museum und an unsere großen Monumentalbauten, zu denen neuerdings der imposante Domthurmbau getreten ist.
Ueber den im Theater gebotenen Kunstgenuß selbst braucht wohl nicht viel gesagt zu werden, denn es ist allgemein bekannt und gewürdigt, wie das Hoftheater durch sein Ensemble, seine Ausstattung und den Reichthum an erprobten künstlerischen Kräften zu den mustergültigen Kunstanstalten Deutschlands gerechnet wird. Die Theaterleitung hat wiederholt gezeigt, daß sie gerade bei Fremdenvorstellungen diese Vorzüge hervortreten zu lassen bestrebt ist. Ein Ueberblick über das für die bisherigen Fremdenvorstellungen gebotenen Repertoire veranschaulicht dies am besten:
1887/88. |
1888/89 |
1889/90. |
1890/91. |
Opern. |
Tannhäuser, |
Don Juan, |
Freischütz, |
Die lustigen Weiber von Windsor, |
Oberon, |
Folkunger, |
Zauberflöte, |
Der fliegende Holländer, |
Margarethe, |
Rheingold, |
Undine, |
Mignon, |
Lohengrin, |
Carmen, |
Gioconda, |
Tell. |
Schauspiele. |
Wilhelm Tell, |
Maria Stuart, |
Sommernachtstraum, |
Demetrius, |
Wintermärchen, |
Käthchen von Heilbronn, |
Braut von Messina Quitzows, |
Colberg. |
In Zukunft wird natürlich eine ebenso sorgsame Auswahl getroffen werden.
Wenn wir schließlich darauf hinweisen, wie die Bedeutung des Hoftheaters auch von denen anerkannt wird, die aus weiter Ferne kommend den Vorstellungen beiwohnen, - so können wir dabei um so mehr dem Wunsche Ausdruck geben, daß Fremdenvorstellungen in erster Linie für Mecklenburger berechnet sind, nicht an Mangel wegen Theilnahme ausgegeben werden müßten. Träte diese Nothwendigkeit ein, so würde es sehr schwer fallen, die schöne Einrichtung wieder aufzunehmen. Gerade deshalb hoffen wir dringend, daß sich in allen Orten, die bei diesen Fremdenvorstellungen in Betracht kommen, ein fester Stamm von Theaterbesuchern findet und erhält, der es als Ehrensache ansieht, unserm Mecklenburg und seinem Hoftheater die hier in Rede stehende Einrichtung dauernd zu erhalten. G-e
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