No. 59
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 31. Juli
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 59 Seite 1]

               Der Schlachter C. Waack in Herrnburg beabsichtigt in seiner daselbst sub Nr. 40 belegenen Büdnerei Schlachterei zu betreiben und hat bei Einreichung eines bezüglichen Situationsplanes die obrigkeitliche Erlaubnis hierzu nachgesucht.
             Indem wir dies in Gemäßheit des § 17 der Gewerbeordnung zur allgemeinen Kenntniß bringen, ergeht hierdurch die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen 14 Tagen bei uns anzubringen.
             Schönberg, den 28. Juli 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.


Der Bundesrath hat Bestimmungen beschlossen, wonach der Reichskanzler für den Fall einer drohenden Kriegsgefahr ermächtigt wird, von den Bundesregierungen die sofortige Einziehung aller gestundeten Beträge an Zöllen, Verbrauchssteuern und Spielkartenstempeln zu beanspruchen. Die Bestimmungen treten am 1. August in Kraft.
In Bezug auf das Berechtigungswesen an den höheren Schulen Preußens ist nach einer Mittheilung des "Reichs= und Staatsanzeigers" in den Verhandlungen des Staatsministeriums eine Verständigung dahin erzielt worden, daß die Abiturienten der Ober=Realschulen Preußens Zugang zum Maschinenbau, Baufach, Bergfach, Forstfach und zum Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften mit Aussicht auf Anstellung an realistischen Lehranstalten erhalten, ebenso auch im Dienstbereich des Reichs für Post= und Telegraphenwesen, den Marineschiffsbau und Marinemaschinenbau. Die Oberrealschulen werden also den Realgymnasien im Wesentlichen gleichgestellt. Das Reifezeugniß höherer Bürgerschulen berechtigt künftig zu dem gesammten Subalterndienst, nicht bloß, wie bisher, zu dem Justizsubalterndienst. Der bisherige Vorzug bei den neunjährigen sowie den Siebenjährigen Anstalten, daß die Befähigung zum einjährig=freiwilligen Dienst durch Versetzung nach Obersekunda ohne Prüfung erreicht wird, hört auf. An allen Anstalten findet nach Abschluß des sechsjährigen Cursus eine Prüfung unter Vorsitz eines Staatscommissars statt. Von dem Bestehen dieser Prüfung hängt die Ertheilung des Berechtigungsscheines für den einjährigen Dienst ab.
Unter dem Vorsitz des Fürsten von Wied hat am vorigen Sonnabend in Koblenz eine Sitzung des Comites für die Anti=Sklaverei=Lotterie stattgefunden. Es wurde der Beschluß gefaßt, 700 000 Mark für den Dampfer auf dem Victoria=See und 100 000 Mark für die Erforschung der geographischen Verhältnisse für die Erforschung der Geographischen Verhältnisse des Victoria=Sees zu verwenden. Abends wurde ein Festesten in der Weinhalle der Gewerbeausstellung zu Ehren der eingetroffenen Gäste von Wißmann, Bumiller und Borchert gegeben.
Am Dienstag, Morgens 7 Uhr, erhielt das 1. Bataillon des 9. Infanterie=Regiments in Würzburg den Befehl zur sofortigen Mobilisirung. Abends 4 Uhr war das ganze Geschäft der Uebergabe und Kriegsausrüstung vollendet und das ganze Bataillon stand marschfertig da.
Die Wiener Regierungsorgane äußern sich über den französischen Flottenbesuch in Kronstadt sehr kühl. Sie erklären denselben einfach für eine Demonstration, die nichts weiter zu bedeuten habe.
Das Festmahl, welches der Großfürst Alexis am Sonntag am Bord des Kreuzers "Asia" dem französischen Admiral Gervais, seinem Stabe und den Commandanten der französischen Schiffe gab, und an dem auch mehrere hohe russische Persönlichkeiten theilnahmen, hatten einen glänzenden Verlauf. Gegen 200 französische Matrosen kamen ebenfalls am Sonntag mit ihren Offizieren nach St. Peterburg und wohnten dort einem Concerte bei. Dieselben wurden von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt. Privatberichte aus Petersburg besagen übrigens, daß das Publikum, welches sich bei jeder Gelegenheit an die Franzosen herandrängt, etwas mehr als gemischt ist und häufig den Eindruck macht, als hätte es zu tief in die Schnapsflasche geschaut. Von einem wahren, großen Volksenthusiasmus ist absolut nichts zu bemerken.
Das Ministerium der russischen Verkehrsanstalten arbeitet im Verein mit dem Finanzministerium an einer Reform des Personentarifs auf den russischen Eisenbahnen. Ein Zonentarif ist bereits ausgearbeitet, der gleich beim Zusammentritte des Reichsrathes demselben unterbreitet werden soll.
Fürst Ferdinand von Bulgarien traf aus Coburg, wo derselbe einer Gedächtnißfeier für seinen Vater beigewohnt hatte, wieder in Wien ein. Er begiebt sich in den nächsten Tagen nach Sofia zurück.
Die Königin von England soll, wie der "Post" aus Paris gemeldet wird, den Wunsch ausgesprochen haben, das französische Geschwader bei seiner Rückkehr von Kronstadt zu besichtigen. In Folge dessen ist die Segelordre abgeändert worden und das Geschwader wird am 20. August vor Portsmouth eintreffen.
Zu Ehren der Anwesenheit des Prinzen von Neapel hat am vorigen Freitag auf Schloß Osborne bei der Königin Victoria ein Festmahl stattgefunden, bei dem die Königin in herzlichen Worten einen Toast auf die Eltern des Prinzen, den König und die Königin von Italien, ausgebracht hat. Am Sonnabend Nachmittag hat der Prinz dem Premierminister Lord Salisbury in Hatfield=House einen Besuch abgestattet.
Nach einer Reutermeldung ist die Cholera in Djeddah im Abnehmen. Bisher sind der Epidemie 4200 Personen erlegen.

[ => Original lesen: 1891 Nr. 59 Seite 2]

- Güstrow. Der wegen des Neuhöfer Mordes zum Tode verurtheilte Schmiedegeselle Richter aus Eberswalde, dessen Hinrichtung für den 11. d. M. bereits angesetzt, dann aber verschoben worden war, hat nunmehr eine Umwandlung seiner Strafe erfahren. Die Todtesstrafe wurde im Gnadenwege in lebenslängliche Zuchthausstrafe verwandelt.
- Ratzeburg. Vor einiger Zeit versammelten sich die Actionäre des hiesigen Spar= und Vorschußvereins, es waren 119 erschienen. Wie wir s. Z. meldeten, ist der Cassirer des Vereins, Stapelfeldt, nach Unterschlagung von 177,267,21. Mark flüchtig geworden. Stapelfeldt wurde in Altona ergriffen und sitzt nun im hiesigen Gefängniß in Untersuchungshaft. Zur Deckung des Fehlbetrages sind die Actionäre dem Statut gemäß verpflichtet. Voraussichtlich wird jede Actie (auf 30 M. lautend,) mit 600 M. herangezogen werden müssen. Der Vorsitzende eines inzwischen zusammengetretenen Actionscomités schlug vor, daß die Einleger diese Summe von ihrem Guthaben abschreiben lassen sollten. Andere, welche hierzu in der Lage seien, möchten die Summe gleich oder in kurzen Raten einzahlen. Für die Uebrigen würden Wechsel auf Namen für diese Summe ausgegeben werden, welche mit 5 Procent zu verzinsen seien und monatlich oder vierteljährlich mit 20 Procent zurückgezahlt werden müßten. Geld sei unter allen Umständen anzuschaffen, um die erfolgten Kündigungen zu decken und einen vollständigen Zusammenbruch der Kasse zu vermeiden. Nach diesen Eröffnungen brach ein wahrer Sturm der Entrüstung gegen den Vorstand aus; es wurden demselben die schwersten Pflichtwidrigkeiten zum Vorwurf gemacht, seit Jahren soll keine regelrechte Revision der Casse stattgefunden haben. Der Vorstand habe die vorgelegten Bilanzen nur nach den eingereichten Monatsabschlüssen des ungetreuen Cassirers ausgearbeitet und sie, mit feinem Namen gedeckt, den verschiedenen Generalversammlungen vorgelegt. Wie sich jetzt ergebe, hätten sich diese Bilanzen schon seit vielen Jahren als falsch erwiesen. Die Versammlung ruhte nicht eher, bis der Vorsitzende, der dem Vorstande angehörte, die Leitung der Versammlung dem Vorsitzenden des Actien=Comités übertragen hatte. Es wurden jetzt die oben mitgetheilten Vorschläge gegen 34 Stimmen genehmigt. Ein Antrag, daß sämmtliche Actionäre ihr Guthaben bei der Casse stehen lassen sollten, und daß außerdem die hundert besser situirten Actionäre je 500 Mark à fonds perdu zeichnen sollten, fand keine Annahme. Die anwesenden Vorstandsmitglieder erklärten, ihren Dienst nicht länger versehen zu können. Die Versammlung enthob sie ihrer Aemter, selbstverständlich aber ohne sie von ihrer jetzigen Haftpflicht dem Verein gegenüber zu entbinden. Wie man sich denken kann, ist die ganze Bevölkerung unseres friedlichen Städtchens, die nun durch den Leichtsinn eines Mannes in die schwerste Bedrängniß gerathen ist, sehr verstimmt.
- Am 27. Juli wurde in Fürstenberg ein bedeutender Goldmünzenfund gemacht. Als nämlich Telegraphenarbeiter mit dem Aufwerfen eines Loches neben dem Roeringschen Hause beschäftigt waren, fanden sie etwa 2 Fuß tief in einem alten Fundamente 76 Goldmünzen und zwar Friedrichsdors mit der Inschrift "Friedericus borussorum rex" aus den Jahren 1760 bis 1792 und einige Silber= und Kupfermünzen. Auch wurde ein gut erhaltenes Kastenschloß und halb vermodertes, halb verbranntes Holz gefunden, welches zu der Annahme berechtigt, daß das Geld hier in einem Kasten vergraben worden ist. Neben dem vermoderten Holze wurde auch verkohltes Papier gefunden. Vielleicht hat jemand zur Franzosenzeit sein Vermögen hier wohlverwahrt und ist dann darüber hinweggestorben, oder es ist dieser Platz bei dem Brande von 1807, welcher die Hälfte der Stadt in Asche legte, in Vergessenheit gerathen. Die Friedrichsdors haben ein Gewicht von ca. 15 Gramm und werden von Sachverständigen für Doppelkronen gehalten, die früher einen Werth von 11 Thaler 8 Groschen hatten; wie hoch sie heute im Werth stehen, weiß man noch nicht. Der Fund wurde auf dem sog. Bürgersteig, etwa 1 1/2 Meter vom Roeringschen Hause und zwar an der Karlsstraße und Baalenstraße, gemacht. Zur Zeit wird noch eifrig weiter gesucht, und es ist nicht ausgeschlossen, daß noch mehr Geld gefunden wird, da bis jetzt noch immer vereinzelt Geldstücke zum Vorschein kommen. Der Fund ist vorläufig an den Magistrat abgeliefert.
- Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht die Ernennung Kochs zum Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten und zum Honorarprofessor der medizinischen Fakultät sowie die Verleihung der großen goldenen Medaille für Wissenschaft an Professor du Bois=Reymond.
- Dem Vernehmen nach plant der Militärfiskus den Bau einer Tuchfabrik und einer Sprengstofffabrik in Spandau.
- Von den Einnahmen aus der Antisklaverei=Lotterie sollen für das Wißmann=Dampfer=Unternehmen sowie für die Borchertsche Expedition (Peters=Stiftung) je 35 0000 Mk. verwandt werden.
- Die erste Lokomotive von Borsig. Am 24. Juni sind es 50 Jahre gewesen, daß in Borsigs Fabrik in Berlin die erste Lokomotive fertig gestellt worden ist. Sie führte den Namen ihres Erbauers, August Borsig, der am Tage vorher sein 37. Lebensjahr vollendet hatte. Es war an einem Sonnabend, als sie nach ihrem Bestimmungsort, dem Anhalter Bahnhof, geschafft wurde. Während der Nacht zum Sonntag waren Borsig und seine Arbeiter beschäftigt, die Lokomotive, die bereits am Morgen ihre Probefahrt unternehmen sollte, betriebsmäßig in Stand zu setzen. In Hangen und Bangen, daß sein erstes Werk vielleicht doch nicht den Erwartungen entsprechen könnte, sah der Meister dem Augenblick entgegen, der die Entscheidung bringen mußte. "Sie geht!" rief in freudiger Erregung Borsig aus, als die Lokomotive sich in Bewegung setzte. Die Fahrt, an der Borsig und seine Oberbeamten theilnahmen, ging nach Großbeeren und von dort wieder zurück. Borsig's Name war in aller Mund. Im Frühling des Jahres 1854 wurde die 500. Lokomotive vollendet. Wenige Monate später, am 6. Juli, starb der Berliner "Lokomotivenkönig". Auf dem Dorotheenstädtischen Kirchhof in der Chausseestraße, gegenüber der nun schon seit Jahren durch Wohnhäuser besetzten Stätte seiner Arbeitslust und seines Ruhmes, ruhen seine Gebeine.
- In Spandau ist eine Bewegung der dortigen Arbeiter ausgebrochen. Die Leute behaupten, daß die Bäckermeister Schuld an den hohen Brotpreisen seien, während die Bäckermeister dies bestreiten.
- Der für eine wissenschaftliche Expedition gecharterte Dampfer "Amely" ist am Sonntag nach dem Nordkap abgegangen.
- Am Dienstag nachmittag nahm der Gefreite B. von der 1. fahrenden Batterie des Rheinischen Artillerie=Regiments Nr. 8 beim Granatsuchen auf der Spellner Haide bei Wesel ein nicht krepiertes Geschoß auf. Kaum hatte er das gefährliche Sprengstück berührt, als dasselbe sich entzündete und ihm die linke Hand ganz und von der rechten drei Finger wegriß. Außerdem ist (neben anderen Verwundungen) das rechte Auge schwer verletzt.
- Der Mörder des Oberstlieutenants Prager in Metz, Uebing, ist vom Kriegsgericht zum Tode verurtheilt worden.
- Die Hochwassernachrichten aus Schlesien vom Sonnabend lauten sehr traurig. In Folge des Hochwassers der Oder sind die Uferdämme der Mathias=Insel bei Breslau geborsten. Die Ortschaften Romberg, Marschwitz, Stapelwitz und Rathen stehen unter Wasser, das noch immer steigt. Doch Schlesien ist nicht allein heimgesucht, auch Mähren und Galizien haben unter dem plötzlich eingetretenen Hochwasser zu leiden. So steht der österreichische Theil der Oberniederung zum dritten Mal in diesem Jahr unter Wasser. Auch aus Dessau wird ein rasches Steigen der Elbe gemeldet, sodaß Hochwasser unvermeidlich erscheint.
- Der Schuhmachergeselle Weißleder in Leipzig, der sich im Lauf der letzten Monate in etwa 15 Fällen den "Spaß" gemacht hatte, Damen auf der Straße die Kleider zu zuschneiden, ist vom dortigen Schöffengericht zu 3 Jahren Gefängniß verurtheilt worden.
- Bei der Czernowitzer Zollbehörde wurden

[ => Original lesen: 1891 Nr. 59 Seite 3]

viele Unterschleife entdeckt und zahlreiche Beamte von ihren Posten enthoben.
- Zwischen den Stationen Rothe Erde und Aachen stürzte am Sonnabend abend ein noch unbekannter Passagier einen die Billets fordernden Schaffner über einen 20 Fuß hohen Viadukt. Der Schaffner erlitt tödtliche Verletzungen.
- Eine Explosion von - Berliner Weißbier erfolgte kürzlich in der Bierremise des Gasthofbesitzers Pohl in Sagan. Von einem 135 Kilo schweren Fass barst der untere Boden und das schwere Faß wurde derart gegen die Decke geschleudert, daß eine große Oeffnung entstand und das Mauerwerk herabstürzte. Der in der Remise anwesende Gasthofbesitzer kam mit einer leichten Verwundung einer Hand davon.
- Ein Erfolg deutscher Aerzte. Die deutsche medizinische Wissenschaft hat wiederum einen bedeutenden Erfolg zu verzeichnen. Fürstin Milena von Montenegro, die bekanntlich seit längerer Zeit schwer erkrankt ist, hatte Heilung bei den französischen Aerzten gesucht. Dieselben diagnosticierten ihre Krankheit als Wechselfieber und konnten bei dieser Diagnose keine Heilung oder Besserung erzielen, ja, es trat ein Zustand ein, der das Bedenklichste bei der schwerkranken Fürstin erwarten ließ. Auf Anrathen ihrer russischen Verwandten suchte sie deutsche Hülfe auf und begab sich zunächst nach Heidelberg, um dort Professor Dr. Kußmaul zu konsultieren. Professor Kußmaul stellte alsbald die Diagnose auf Gallenstein. Die Fürstin und ihre Anverwandten willigten in die nothwendige Operation ein. Professor v. Czerny vollzog dieselbe auf das Glänzendste und befreite die Fürstin von sechs großen Gallensteinen. Jetzt schon ist der Zustand ein solcher, daß baldige vollständige Heilung in bestimmter Aussicht steht.
- In verschiedenen Blättern wird jetzt berichtet, daß unter der eingeborenen Bevölkerung der Insel Helgoland vielfach Unzufriedenheit und allerhand Befürchtungen herrschen. Vor allem meinen die braven Helgoländer, die in Kürze, am 10. August, den ersten Jahrestag ihrer Zugehörigkeit zu Deutschland feiern können, daß die von der deutschen Regierung beabsichtigten Befestigungsarbeiten nicht dazu beitragen werden, die Anziehungskraft der Insel für Badegäste zu vermehren. Eine große Arbeiterkolonne, etwa 200 Mann, soll demnächst auf der Insel eintreffen, um die Arbeiten in Angriff zu nehmen. Da werden Baracken gebaut werden müssen, mit der friedlichen Stille auf der Insel wird es vorüber sein und Absperrungen aller Art werden erfolgen, die sich bei der Beschränktheit des Raumes doppelt fühlbar machen werden. Schon jetzt leidet der Besuch Helgolands unter diesen Verhältnissen. Die Bevölkerung ist einsichtig genug, sich zu sagen, daß es sich nur um einen Uebergangszustand handelt, nach dessen Ueberwindung die Vortheile überwiegen werden. Einstweilen haben aber die Leute den Schaden zu tragen. Zum Theil helfen sie sich in einer wenig billigenswerthen Weise. So sind die Preise für Segelfahrten, ein beliebtes Vergnügen der Badegäste, von den bisher üblichen 3 Mark für die Stunde auf 6 Mk. erhöht worden. "Wir haben das so vereinbart," wird von den biederen Fischern kaltlächelnd erwidert, wenn Klagen über diese Vertheuerung kommen. So winzig das Beispiel ist, so lehrreich ist es doch als Beitrag zur Naturgeschichte der Ringe und Monopole. Weil die Helgoländer Fischer ohne Concurrenz sind, können sie die Preise nach Belieben feststellen, und die besten Charactereigenschaften verhindern nicht, daß der Verlockung zur "Ausbeutung" nachgegeben wird.


Anzeigen.

Steckbrief.

Gegen den Knecht Johann Carl Heinrich Mirow, zuletzt in Lübeck, geb. 4. März 1870 zu Hohenkirchen, welcher sich verborgen hält, soll eine durch vollstreckbares Urtheil der Strafkammer bei dem Großherzogl. Amtsgerichte zu Schönberg vom 16. Juni 1891 erkannte Gefängnißstrafe von 3 Monaten vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in die Strafanstalt zu Strelitz i/Meckl. abzuliefern.
Neustrelitz, den 13. Juli 1891.

Der Erste Staatsanwalt.
In Vertretung: H. Gundlach.
                                                    Seyberlich.


Steckbrief.

Gegen den Arbeiter Heinrich Eduard Emil Brümmer, geboren am 4. September 1865 zu Wismar, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Verbrechens gegen § 177 und § 43 St. G. B. verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichts=Gefängniß zu Schönberg (Meckl.) abzuliefern.
Neustrelitz, den 28. Juli 1891.

Der Erste Staatsanwalt.
In Vertretung: H. Gundlach.
                                                    Renter.


Bekanntmachung.

Die nochmalige Hebung einer Armensteuer zum halben Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert ihre Beitrage fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, d. 20. Juli 1891.

Die Armenbehörde.


Torf=Auction.

Am Sonnabend, den 1. August cr., Morgens 9 1/2 Uhr, beabsichtige ich auf meinem am Rodüchelsdorf=Lübseer Wege gelegenen Moore circa

208 Mille Preßtorf

öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung zu verkaufen.
Rodüchelsdorf, im Juli 1891.

                                                    P. Grevsmühl.
                                                    Schulze.


Den geehrten Bewohnern von Selmsdorf und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich hier als

Sattler & Tapezier

niedergelassen habe. Indem ich prompte und gute Bedienung in allen in meinem Fach vorkommenden Arbeiten zusichere, bitte ich mein Unternehmen gütigst zu unterstützen.

                                                                      Achtungsvoll
Selmsdorf.                                                     J. Grevsmühl,
                                                                       Sattler & Tapezier.


Erntearbeiter,

welche Lust haben, diese Arbeiten bei mir in Accord zu verrichten, wollen sich umgehend bei mir melden.

Dorf Rabensdorf.                                                     W. Egert.


Suche noch einen                                                    
Erntearbeiter
                                                    Hauswirth Lohse.
                                                    Gr. Siemz.


Ich suche zu sofort eine                                                    
Wirthschafterin
für meinen Haushalt.                                                    
                                                    Hauswirth Robrahn
                                                    in Kl. Molzahn.


Gesucht wird zu Michaelis d. J. ein

junges Mädchen

zur unentgeltlichen Erlernung der Wirthschaft in einem ländlichen Haushalt in der Stadt. Offerten unter F. D. 6 befördert die Annoncen=Exped. von Friedrich Dierking, Ratzeburg.


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Wohnung mit Zubehör.
Offerten unter E. W. 10 an die Exped. d. Bl.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 59 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 29. Juli und 1. August 1891.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Das Sedanfest

wird auch in diesem Jahre in bekannter, großartiger Weise am 2. September in Ratzeburg gefeiert.
            Ratzeburg, im Juli 1891.

                                                    Das Sedan-Comité.


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     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Am Sonntag, den 2. August, Nachmitt. 4 Uhr ordentliche Versammlung im Vereinslocal.
                          Tagesordnung:
            1) Bericht über den Delegirtentag zu Hagenow.
            2) Sedan=Feier.
            3) Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Dr. med. Oeinck
Lübeck, Mengstr. 18.

Specialarzt für Hals=, Nasen= u. Ohrenleiden, früher Assistent an der B. Baginski'schen Klinik zu Berlin.
Sprechstunden: Vormittags   9 bis 11 Uhr
                               Nachmittags 3 bis   5 Uhr
                               Sonntags      9 bis 10 Uhr


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verleiht                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Gesucht zu Michaelis                                                    
2 junge Mädchen
zur Erlernung der Damenschneiderei von                                                    
                                                    C. Renzow geb. Tretow.


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Statt jeder besonderen Meldung.

Heute Morgen 3 1/2 Uhr wurde uns ein gesunder kräftiger Junge geboren.
Wahrsow, den 29. Juli 1891.

                                                    G. Hörcher und Frau,
                                                    geb. Jensen.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 2. August.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Horn
    Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 31.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 59 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 59 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 31. Juli 1891.


- Ueber die Umstände, unter denen der Major Graf Rudolf Wallis des 11. Husaren=Regiments in Steinamanger dieser Tage um's Leben gekommen ist, wird jetzt aus Budapest berichtet, was folgt: Major Graf Wallis war einer der tüchtigsten Offiziere des Regiments und ein wahrer Wohlthäter der Armen. Um 6 Uhr morgens führte der Bereiter des Grafen dessen Pferd Linda vor. Das feurige Roß begann schon vor dem Hause widerspenstig zu werden. Gerade als der Graf den Fuß in den Bügel gesetzt hatte, schossen am Ende der Straße die Husaren; in Folge dessen scheute das Pferd und begann zu laufen, und der Graf, der den Fuß nicht mehr aus dem Bügel ziehen konnte, klammerte sich an den Hals des Pferdes. Rittmeister Hauer eilte dem Major zur Hilfe und auch mehrere vor dem Gerichtsgebäude stehende Gefängnißwärter wollten das Pferd aufhalten. Linda wurde aber noch wilder, sprang zur Seite, und da geschah es, daß der Kopf des Majors an einen Akazienbaum gedrückt wurde; zugleich erlitt der Major durch seinen Säbelkorb am Haupt eine tödtliche Wunde. Dann erst wurde das Pferd gebändigt; es war aber zu spät, Graf Wallis fiel tot zu Boden. Erzherzog Friedrich und Oberst Baron Kotz konnten die Thränen nicht zurückhalten, als sie des Leichnams des tapferen Offiziers ansichtig wurden. Der Kaiser wurde von dem Vorfall telegraphisch verständigt. Ein Bruder des Verunglückten, Rittmeister Graf Georg Wallis, welcher mit demselben Pferd vor einigen Wochen einen Unfall erlitten hat, ließ das Thier sofort niederschießen. Die ganze Stadt ist voll Theilnahme für das Schicksal des Grafen, der früher Feldvikar gewesen und später mit Erlaubniß des Kaisers Kavallerie=Offizier geworden ist.
- Aus Mähren, Schlesien, Galizien kommen immer neue Hiobsposten über die durch anhaltende Regengüsse veranlaßten Wasserschäden. Der österreichische Theil der Oberniederung steht jetzt zum dritten Mal unter Wasser. Das geschnittene Getreide wurde weggeschwemmt, Kartoffeln und Gemüse vernichtet und ganze Dörfer überschwemmt. In Sternberg und Umgebung hat der Schäferbach großen Schaden angerichtet, Oswiecim wurde durch Austritt des Solaflusses überschwemmt und viele Häuser unbewohnbar gemacht.
- Ein gräßliches Brandunglück wird aus Wien gemeldet: In der Eisengießerei von Schefzik in Favoriten trugen Arbeiter einen mit geschmolzenem Eisen gefüllten Kessel über den Hof, wobei einer von ihnen stürzte, so daß sich der glühende Inhalt des Kessels über neun Arbeiter ergoß. Einer derselben war sofort tot, vier wurden schwer, vier leichter verletzt.
- Stanley, der sich mit seiner jungen Gemahlin und seiner Schwägerin in dem durch seine unvergleichlich schöne und erhabene Lage sich auszeichnenden Dörfchen Mürren auf mehrere Wochen niedergelassen hatte, verunglückte und brach den linken Unterschenkel.
- Frau Constans in Paris erhielt am Donnerstag aus Toulon ein kleines Packet mit einem Gebetbuch, das eine Sardinenbüchse mit 200 Gramm Explosivstoff, 20-22 Revolverkugeln und etwa 30 Kapseln enthielt. Auch die Frauen anderer höherer Beamten haben solche Zusendungen erhalten. Als vermuthlichen Absender hat man einen ehemaligen Marinearzt in Toulon verhaftet.
- Eine größere Anzahl von französischen Weinhändlern in Bordeaux will nach Madrid übersiedeln, weil, wie sie sagen, bei den neuen, sehr hohen französischen Weinzöllen jeder Verdienst ausgeschlossen ist.
- Im Gouvernement Simbirsk brannte die Stadt Sengilei gänzlich nieder. Starker Sturm machte alle Rettungsversuche nutzlos. Die gesammten Getreidevorräthe verbrannten. Etwa 1000 Familien sind obdachlos.
- Schwere Wolkenbrüche und Hagelschläge werden aus dem Venetianischen gemeldet. In Monselic (Provinz Treviso) wurden sämmtliche Scheiben eingedrückt, die Rauchfänge umgestürzt und eine 10 Meter lange Mauer niedergerissen.
- Das weibliche Geschlecht in England. Nach der letzten englischen Volkszählung hat das weibliche Geschlecht ein bedeutendes Uebergewicht über das männliche. In England und Wales übersteigt die Zahl der Frauen die der Männer um 900 000, und nimmt man Schottland und Irland dazu, wo das gleiche Verhältniß herrscht, so ergiebt sich eine Gesammtzahl von mehr als einer Million Frauen, welche ledig bleiben müssen. Der "Daily Telegraph" glaubt, daß die mehr und mehr zunehmende Neigung der Männer, nach dem Ausland und den Kolonien zu gehen, wesentlichen Antheil an diesem Zustand habe. Dieses Mißverhältniß wird in England einigermaßen dadurch ausgeglichen, daß das Feld weiblicher Thätigkeit sich in den letzten 30 Jahren außerordentlich erweitert hat. Zu Tausenden und Abertausenden nehmen heute Vertreterinnen des schwächeren Geschlechts Stellungen in den kaufmännischen Geschäften wie in den Bureaux der Regierung ein, während sich für die robusten Arbeiterinnen die Thore der Fabriken geöffnet haben, von welcher sie früher ausgeschlossen waren. Auch die Zahl der Kellnerinnen und Schankmädchen in den öffentlichen Wirthschaften hat bedeutend zugenommen.
- Bedeutendes Aufsehen erregt die Ankunft von 208 in ihrer Ordenstracht gekleideten Tempelrittern, welche mit dem Dampfer "City of Berlin" in Queenstown landeten. Dieselben beabsichtigen, nach längerem Aufenthalte in England auch Schottland, Irland und Belgien zu besuchen.
- In der Menagerie zu Darwin (England) wurde der Löwenbändiger Lorenzo während der Vorstellung von einem großen afrikanischen Löwen angegriffen und fürchterlich zerfleischt. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Im Publicum erregte der entsetzliche Vorfall ungeheuere Aufregung und Bestürzung, viele Frauen fielen in Ohnmacht und es entstand ein großer Tumult, der bald in eine allgemeine Panik ausgeartet wäre.
- Eine reiche Erbschaft fiel der Stadt Padua zu. Der Besitzer des historischen Cafés Pedrochi in Padua ist gestorben und hat sein Eigenthum der Stadt vermacht. Das bedeutet für diese eine jährliche Reineinnahme von 300 000 Lire. Außerdem hat Pedrochi 50 000 Lire zu einem Monument für Mazzini und die gleiche Summe je für ein Kinderasyl, für das Asyl für Obdachlose, für das städtische Hospital bestimmt. Ferner je 40 000 Lire für vier Wohlthätigkeits=Stiftungen, 40 000 Lire für Arbeitshäuser, außerdem Leibrente, einmalige und dauernde Legate für die Armen.
- Die Reifestadien des Getreides. Von dem richtigen Zeitpunkte, in welchem mit dem Schnitte des Getreides begonnen wird, hängt nicht am wenigsten das Gesammtresultat des Getreidebaues ab. Wird zu früh gemäht, so sind die Körner nicht genügend ausgereift, bei der Nachreife bleiben sie fein und verkümmert, und ein Minderertrag in qualitativer und quantitativer Hinsicht ist die Folge. Bei zu spätem Mähen dagegen sitzen die Körner lose in den Spelzen, sodaß sie leicht ausfallen und ein nicht unerheblicher, gerade aus den besten Körnern bestehender Theil der Ernte auf dem Felde liegen bleibt. Es kommt somit bei Bestimmung des Zeitpunktes für den Beginn der Ernte darauf an, das richtige Reifestadium für denselben zu treffen. Wir unterscheiden im allgemeinen vier Reifestadien:
1) Die Milchreife. Der Korninhalt ist von milchiger bis breiiger Beschaffenheit, die Körner zeigen in ihrer Schale eine noch grüne Färbung und lassen sich mehr oder minder leicht durch den Druck der Finger zerquetschen. Die Stoffe, welche den Inhalt des Kornes bilden, sind jetzt noch nicht vollständig in dasselbe eingetreten, sodaß ein Schneiden

[ => Original lesen: 1891 Nr. 59 Seite 6]

des Getreides in diesem Reifestadium die Entwickelung der Körner unterbrechen würde.
2) Die Gelbreife. Der Korninhalt ist mehlig geworden und noch weich genug, daß das Korn über dem Fingernagel bricht. Die grünliche Färbung der Schale ist vollständig verschwunden. Die Bildungsstoffe für das Korn sind in das letztere vollständig eingetreten, sodaß jetzt ein Abmähen des Getreides für die Entwickelung der Körner nicht schädlich ist. Die Gelbreife ist somit ein günstiger Zeitpunkt für den Beginn der Erndte.
3) Die Vollreife. Der Inhalt der Körner ist fest geworden, diese sind jedoch noch etwas biegsam und elastisch. Sie sitzen noch fest in den Spelzen, sodaß ein Ausfallen beim Mähen nicht zu befürchten ist. Auch die Vollreife ist ein für das Schneiden günstiges Stadium.
4) Die Todtreife. Die Körner sind vollständig erhärtet, sodaß man sie nur noch mit den Zähnen zerbeißen kann. Sie sitzen so lose in den Spelzen, daß sie bei stärkerer Erschütterung herausfallen. Wartet man daher bis zur Todtreife, so hat man einen bedeutenden Verlust an Erntemasse zu erwarten.
Gelbreife und Vollreife sind somit günstige, Milchreife und Todtreife ungünstige Erntetermine. Auf demselben Gute werden die verschiedenen Felder derselben Getreideart, je nach der Saatzeit, dem Standorte, der Varietät u. s. w. verschiedene Zeitpunkte der Reife zeigen. Auch auf ein und demselben Felde reifen die Körner nicht alle gleichmäßig, die kleineren Körner sind im allgemeinen früher, die größeren später reif. Wenn wir nun mit der Ernte einer Getreideart beginnen, sobald auf dem am frühesten reifenden Felde derselben die stärkeren Körner gerade gelbreif werden, so wird uns noch Zeit genug bleiben, bei etwas Eile das Mähen zu vollenden, ehe die spätest reifenden Felder in die Todtreife übergehen.
- Geflügel schnell zu mästen. Um Hühner und anderes Geflügel in kurzer Zeit zu mästen, ist es vortheilhaft, dem Futter etwas gepulverte Holzkohle und phosphorsauren Kalk hinzuzufügen. In Frankreich, wo die Geflügelzucht stärker als in Deutschland betrieben wird, werden Hühner meistens mit Gerste und gedämpften Möhren (gelben Rüben) gefüttert, und man behauptet, daß die Thiere nicht nur in kurzer Zeit fett würden, sondern daß sie auch dadurch ein zartes wohlschmeckendes Fleisch bekämen.
- Zum Schutz der Hausthiere gegen Fliegen und Bremsen wird von einem Landwirth im "L. Tgbl." eine starke Abkochung von Wallnußblättern empfohlen. Man benetzt damit Rücken und Flanken der Pferde und Kühe etc., bestreicht die Nasengegend der Schafe etc. Ersteres geschieht am besten mittelst Pferdeschwammes. Dadurch fallen die Thiere vollkommen gegen Fliegen und Bremsen geschützt sein, das Mittel muß aber wenigstens alle zwei Tage (besser jeden Tag) erneuert werden.
- Schutz der Eulen. Ich habe seit Jahren, schreibt ein Einsender im "Deutschen Landwirth", in der Scheune einen alten Bienenkorb oder Tonne an den Balken gebunden und zu meiner Freude gelangt jedes Jahr eine Brut von 3 oder 4 Eulen zur Welt. Da wir Landwirthe kein nützlicheres Thier haben und von Mäuse= und Rattenplage sehr leiden, ist es wohl rathsam, daß wir diese Thiere mehr beachten. Ich habe es wiederholt gesehen, daß Morgens im Neste bei den Jungen 5-6 Mäuse lagen, die am Abend verzehrt waren. Wie viele verzehren noch die Alten?
- Die Ideale eines jungen Mädchens. Die Gräfin Visone zu Rom nimmt ihr Ehrenamt einer Inspectrice der Römischen Mädchenschule ernst. Von Zeit zu Zeit macht sie dieser einen unerwarteten Besuch, um zu sehen, woran es mangelt, und um sich von den Fortschritten der jungen Mädchen zu unterrichten. Kürzlich erschien sie, wie der F. Z. aus Rom geschrieben wird, in der Kommunalschule in der Giustinianistraße, als in derselben gerade eine mündliche Prüfung abgehalten wurde. Das Examen war fast beendet, nur noch drei Mädchen hatten sich demselben zu unterziehen und die Gräfin erbat die Erlaubniß, selbst die Mädchen zu befragen. Jedes der drei Mädchen sollte sich in freiem Vortrag über "Die ideale des jungen Mädchens" äußern, ein kostbares Medaillon, das die schöne Gräfin am Halse trug, war der Lohn für diejenige, die diese Aufgabe am besten löste. Die Antwort Clelias entsprach ganz den zwölf Jahren dieser kleinen Dame: Die Tage in Unschuld verbringen, in einem hübschen Garten Blumen pflanzen, gute Bücher lesen, brav und in der Ehrfurcht vor den Eltern aufwachsen, das schienen ihr die Ideale einer giovinetta. Die Gräfin war recht zufrieden; was hätte sie auch Besseres erwarten können. Jetzt soll sich Ada über ihre Ideale verbreiten; sie ist etwas älter und deshalb minder naiv als Clelia und meistert als echte Italienerin die schwere Kunst der feinen Schmeichelei schon bis zu hohem Grade. "Mein Ideal ist, Ihrer Tugend und Ihrer Grazie nachzustreben, Frau Inspectrice," sagte sie mit leichter Verbeugung und erröthet dabei kaum so sehr wie die Gräfin, der die kindliche Schmeichelei wohl thut und die dem Mädchen mit einiger Verlegenheit lachend "Spitzbübin" zuruft. Man gratulirt Ada bereits allseitig zu dem Medaillon. Doch noch muß Ida das Thema behandeln und sie macht damit einen ganz anderen Eindruck als Ada. "Es giebt so viele Ideale, daß ich nicht anzufangen weiß, und dann hängen sie ganz von jedes Mädchens Denken und Fühlen ab." Die Gräfin mußte der jungen Denkerin Recht geben, wünschte nun aber erst recht Ida's eigene Ideale zu kennen. Aber Ida blieb stumm, und als alle Anwesenden ihr zuredeten, sich doch zu äußern, antwortete Sie mit einem tiefen Seufzer "Das kann ich nicht!" und entlief aus der Klasse, um sich in einem Nachbarraume zu verbergen, wo man sie in krampfhaftem Schluchzen fand. Während die Lehrerinnen sich bemühten, sie zu beruhigen, that die Gräfin das Medaillon in ein Couvert und legte ein Billet mit folgender Inschrift hinzu: "Behalte dies als Andenken an mich, meine Liebe, und wenn Du für Deine Ideale eine Hilfe brauchst, so denke an mich!"
- Die Mutter im Sprüchwort. Eine große und schöne Rolle spielt die Mutter im Sprüchwort. Der deutsche hat über die Würde einer Mutter verschiedene Sprüchwörter. Er sagt: "Muttertreu wird täglich neu." - "Ist die Mutter noch so arm, giebt sie doch dem Kinde warm " - "Wer der Mutter nicht folgen will, muß endlich dem Gerichtsdiener folgend - "Besser einen reichen Vater verlieren, als eine arme Mutter," - Was der Mutter ans Herz geht, geht dem Vater nur ans Knie." - Der Russe sagt: "Das Gebet der Mutter holt vom Meeresgrund herauf." - Der Czeche und Lette sagt: "Mutterland ist weich, auch wenn sie schlägt." - Fast bei allen Völkern hat man das sehr wahre Sprüchwort: "Eine Mutter kann eher sieben Kinder ernähren, als sieben Kinder eine Mutter." - Das Leiden der Mutter bezeichnet der Italiener in dem Sprüchworte: "Mutter will sagen: Märtyrin."
- Welche Ansprüche eine Ballnacht an die Kräfte einer Dame stellt, dieser interessanten Berechnung hat der "Tourist" sich unterzogen und gefunden, daß eine Dame in einer Ballnacht bei den jetzt gebräuchlichen Tänzen, wenn sie dieselben alle mittanzt, nach Schritten gerechnet einen Weg von 30 Kilometer zurücklegt und zwar auf den Fußspitzen hüpfend, von einem küraßartigen Schnürleib zusammengepreßt. Sollte eine solche Dame im bequemsten Anzuge auf besten Wegen eines Tages 30 Kilometer zurücklegen, sie würde, wie das Blatt ungalant meint, glauben, es sei ihr Ende!
- Was sind Thränen? Die junge Gattin eines Professors machte bei einem ehelichen Zwist den Versuch, den gelehrten Gemahl durch Thränen zu rühren. Sie erreichte dabei aber nicht viel, denn er sagte kopfschüttelnd: "Ach, höre auf zu weinen, Thränen sind zu nichts zu gebrauchen. Ich habe sie chemisch untersucht. Sie bestehen aus einer Idee von phosphorsaurem Kalk und etwas Natriumchlorid, das Meiste aber ist unnützes Wasser."
- Schottischer Humor. Ein schottischer Kapitän sendet Dugald, einen seiner Matrosen, ans Land, um Eßwaaren und "ein wenig Whisky" zu kaufen. Dugald kommt mit einem Laib Brod und 7 Flaschen Whisky zurück. Der Schiffer kratzt sich nervös hinter den Ohren, um dann empört auszurufen: "Aber Dugald, was sollen wir mit dem vielen Brod anfangen?"


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