No. 60
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. August
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 60 Seite 1]

Ueber die Nordlandsfahrt des Kaisers wird aus Mo weiter berichtet, daß daselbst am Dienstag von den Booten der "Hohenzollern" und der "Prinzeß Wilhelm" in Gegenwart des Kaisers ein Wettrudern abgehalten worden ist, zu welchem der Kaiser Preise ausgesetzt hatte. Das Wetter ist prachtvoll und daher der Aufenthalt in Mo um 24 Stunden verlängert worden.
Ueber die Reise des Kaisers wird aus Trondhjem, 1. August, berichtet: Nach zwanzigstündiger Fahrt bei schönstem Wetter ist die Hohenzollern heute Mittag 12 Uhr vor Trondhjem angekommen. Der Kaiser, welcher sich andauernd des besten Wohlseins erfreut, arbeitete während des ganzen Vormittags an Deck mit den ihn begleitenden Chefs respective Vertretern der verschiedenen Ressorts.
Der Finalabschluß des Reichshaushaltes für 1890/91 ergiebt, wie der "Reichsanzeiger" bekannt giebt, im Ganzen an ordentlichen Einnahmen, soweit sie dem Reich verbleiben, gegen den Etat Mehreinnahmen von 22 727 157 Mk. und Mehrausgaben von 7 578 956 Mark, also einen Ueberschuß von 15 148 201 Mk. Die Militärverwaltung hat den Etat um 13 717 000 Mk. überschritten, dagegen sind im Ressort des Reichsschatzamtes Ersparnisse im Betrag von 9 598 000 erzielt worden. Wie aus der Begründung der Mehrausgaben bei der Militärverwaltung hervorgeht, sind dieselben hauptsächlich mit auf Rechnung der Lebensmittelvertheuerung zu setzen.
Die zweite Wahlschlacht im Reichtagswahlkreis Kassel=Melsungen hat mit einem Sieg des nationalliberalen Kandidaten Sanitätsrath Dr. Endemann geendigt der etwa 1500 Stimmen mehr erhalten hat als sein sozialdemokratischer Gegner Pfannkuch. Es ist zweifellos, daß die Konservativen insgesamt und die Antisemiten zum größten Theil für Dr. Endemann gestimmt haben. Von besonderer Wichtigkeit ist die Thatsache, daß die sozialdemokratischen Stimmen um rund 1000 seit dem vorigen Jahr zurückgegangen sind, obschon die Arbeiterbevölkerung sich stetig gemehrt haben soll und die sozialdemokratischen Agitatoren bei der diesmaligen Stichwahl geradezu verzweifelte Anstrengungen gemacht haben, um den Wahlkreis den Ordnungspartheien zu entreißen.
Die Berl. Pol. Nachr. bringen die nachfolgende Meldung: Die zahlreichen Unglücksfälle, welche neuerdings sowohl in Deutschland, wie in anderen Ländern auf den Eisenbahnen vorgekommen sind, haben der preußischen Eisenbahnverwaltung, obwohl die derselben unterstehenden Bahnen weniger betheiligt waren, den Anlaß gegeben, nach allen Richtungen hin eingehendste Untersuchungen sowohl in Bezug auf die Konstruktion der Bahnanlagen, als in Bezug auf die Sicherheit des Bahnbetriebes, wie auch in Bezug auf die Inanspruchnahme des Personals für den Dienst eintreten zu lassen. Das reisende Publikum darf sich der vollen Zuversicht hingeben, daß es auf den preußischen Staatsbahnen mit völliger Sicherheit verkehren kann, und daß weder Mängel der Anlagen, des Materials, noch der Betriebseinrichtungen, noch auch eine Ueberlastung des mit dem Betriebe und der Ueberwachung der Bahnen betrauten Personals Anlaß zur Gefährdung der Reisenden bieten.
In Betreff der Reform der Eisenbahntarife wird im "Hamburger Korrespondenten" ausgeführt, daß hinsichtlich des Personentarifs keine durchgreifenden Aenderungen zu erwarten seien. Die zunächst beabsichtigten Reformen sollen nur die Schnelligkeit und die Sicherheit der Beförderung, sowie die Bequemlichkeit des reisenden Publikums bezwecken.
Berechtigtes Aergerniß hat es erregt, als kürzlich von einem bayerischen Gericht eine von einem preußischen Standesbeamten geschlossene Ehe auf Grund des Artikels 33 des bayerischen Heimathsgesetzes für ungültig erklärt werden mußte. Im beregten Falle hatte der Ehemann versäumt, von seiner bayerischen Heimathsbehörde ein Zeugniß sich verabfolgen zu lassen, auf dem zu bescheinigen war, daß der beabsichtigten Eheschließung kein Hinderniß entgegenstehe. Jetzt wird berichtet, daß die bayerische Regierung bei dem Landtag zweierlei Abänderungen des Heimathsgesetzes beantragen werde. - Die erste betrifft die Heimathsberechtigung der Hinterbliebenen der bei den bayerischen Truppen des Reichslands stehenden Offiziere. Ferner soll die außerhalb Bayerns von einem Bayern ohne Einholung des Verehelichungszeugnisses geschlossene Ehe künftig rechtlich giltig sein. Bis zur Nachholung des Verehelichungszeugnisses sollen Heimath und Unterstützung ruhen. Die nichtbayerische Ehefrau soll nebst ihren Kindern, jedoch auch ohne Verehelichungszeugniß, Heimath und Unterstützung in Bayern im Bedarfsfall angewiesen erhalten, eventuell auf Kosten des Staates.
Die beiden Söhne des Erzherzogs Joseph, die Erzherzöge Joseph August und Ladislaus haben in Alcsuth in Lebensgefahr geschwebt. Während sich beide Erzherzöge im Bad befanden, hat der Blitz neben ihnen ins Wasser geschlagen. Erzherzog Joseph August wurde zu Boden geworfen, Ladislaus an die Wand geschleudert; beide haben unbedeutende Verletzungen erlitten.
Andauernde Regengüsse verursachten in verschiedenen Landestheilen der österreichischen Monarchie ein bedenkliches Steigen der Alpenflüsse. Die Salzach, Mur und Drau sind bedeutend angeschwollen; Passau meldet bereits Hochwasser.
In Paris ist am Montag der Kongreß zu Verhandlungen über die Tuberkulose eröffnet worden, an dem gegen 400 französische und auswärtige Aerzte Theil genommen haben. Professor Lannelongue hat 40 Fälle von mit Zinkchlorür behandelter Tuberkulose vorgestellt.
Als Admiral Gervais in Kronstadt gelandet war, wurden ihm von jungen Mädchen Blumen auf seinen Weg gestreut - ein Zwischenfall, wie er bezeichnender kaum sein kann. Einem einfachen Vizeadmiral Blumen vor die Füße streuen - eine solche Frucht kann nur der mit starken Reizmitteln

[ => Original lesen: 1891 Nr. 60 Seite 2]

geschürte Enthusiasmus einer Volksmenge tragen, die im Ausdruck ihrer Empfindungen auch nicht halbwegs das Maß zu halten versteht.
Auf dem vor Kronstadt liegenden französischen Kriegsschiff "Marcean" ist es dieser Tage zu einem kleinen, politisch aber ganz interessanten Zwischenfall gekommen. Zahlreiche Besucher wurden vom dienstthuenden Offizier in der Kajüte bewirthet. Eine russische Dame äußerte dabei, sie möchte wohl nochmals mit dem Offizier anstoßen, dann nämlich, wenn die Franzosen die Deutschen gründlich aufs Haupt geschlagen hätten. Aller anwesenden Franzosen Augen glänzten. Der Offizier füllte sofort nochmals die Gläser und sagte, mit der Russin anstoßend, er würde grenzenlos glücklich sein, wenn er jenen Tag erleben könnte. Vielleicht ist auf diesen Vorfall der Befehl des Admirals Gervais an seine Offiziere zurückzuführen, sie hätten sich jedweder politischen Reden zu enthalten.
Die Festlichkeiten in Petersburg und in Kronstadt zu Ehren der Offiziere und Mannschaften des französischen Geschwaders dauern in ungeschwächtem Maßstabe fort, es wird geschrieen, noch mehr getrunken und zum Glück geht ja alles auf Regimentsunkosten. Im Auslande denkt man sich dabei schon ein Theil. Der französische Admiral Gervais nahm auch mit seinen Offizieren die Kronstädter Befestigungswerke in Augenschein. Nun fehlt blos noch, daß Kaiser Alexander sich auf den Platz der Republik in Paris hinstellt und ein Hoch auf die französische Republik ausbringt. Dann dreht sich sein Großvater Czar Nikolaus im Sarge um.
In den russisch=französischen Verbrüderungstaumel, welcher zur Grundlage nichts anderes hat, als die Waffenbrüderschaft in einem künftigen Krieg mit Deutschland und seinen Verbündeten, klingt recht ernüchternd hinein die Rede, welche am 29. v. M. Lord Salisbury zu London gelegentlich eines Banketts im Monsion=House gehalten hat. Lord Salisbury erklärte, er kenne keinen Zeitabschnitt, in welchem auf dem Gebiet der auswärtigen Politik weniger Schwierigkeit bestanden und in welchem in der europäischen Politik eine größere Ruhe geherrscht habe, Wie in diesem Augenblick. Die friedlichen Empfindungen, welche der deutsche Kaiser in der Guildhall geäußert habe, hätten den Ueberzeugungen aller Anwesenden beredten Ausdruck gegeben. In dem angekündigten Besuch des französischen Geschwaders erblicke England ein neues, überaus werthvolles Unterpfand für den Frieden. Für England seien Verbündete diejenigen, welche die "Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Vertheilung der Länder und des Friedens wollten." Das ist deutlich und giebt den Franzosen einen sehr genauen Aufschluß was sie etwa von England zu erwarten haben, wenn sie den Frieden stören wollen, um Elsaß=Lothringen aus der "gegenwärtigen Vertheilung" der Länder herauszureißen. Wenn auch auf die schönen Worte der Engländer nicht immer ein allzugroßes Gewicht zu legen ist, da dieselben in erster Linie stets ihren Vortheil als ihr Ideal erkennen, so hat eine derartige Kundgebung aus solchem Mund immerhin ein nicht zu unterschätzendes moralisches Gewicht, das in diesem Augenblick doppelt in die Waagschale fällt.
Die französischen Russenfreunde sind sehr ungehalten darüber, daß das glänzende Flottenfest in Kronstadt durch einen Besuch der französischen Flotte in Portsmouth noch ein profanes Nachspiel erhalten soll. Die Regierung ist aber vernünftig genug, sich nicht an den Einspruch dieser Heißsporne zu kehren, ja sie hat sogar, damit kein Unterschied gegen Kronstadt gemacht werde, den französischen Botschafter in London, Waddington, ebenfalls nach Portsmouth beordert. Ueber die Vorgeschichte des Besuches des französischen Geschwaders in England lauten die seitherigen Mittheilungen sehr widerspruchsvoll. Zunächst hieß es allgemein, daß die Königin Victoria den Wunsch ausgesprochen habe, das Geschwader in Portsmouth zu besichtigen und daß die französische Regierung sich selbstverständlich sofort damit einverstanden erklärt habe. Auf Grund dieser Lesart richteten die Pariser Chauvinisten heftige Angriffe gegen den verhaßten Minister des Aeußeren, Herrn Ribot, welcher nach ihrer Ansicht die Einladung hätte ablehnen müssen, um nicht die Bedeutung der Verbrüderungsfeste an der Newa abzuschwächen. Thatsächlich hat die Pariser Opposition noch weit mehr Veranlassung, mit der Haltung der Regierung in dieser Frage unzufrieden zu sein, denn wie man einer offiziösen Darstellung der "Temps" entnimmt, ist die Idee zu dem Besuch des Geschwaders in England von dem Pariser Kabinet selbst ausgegangen.
Die Pariser Journale mühen sich noch immer ab, dem Kronstädter Flottenbesuch eine Bedeutung anzudichten, die derselbe nicht hat und auch nicht haben wird. Auf eine Handvoll Uebertreibungen kommt es dabei auch nicht weiter an. Das französische Geschwader verläßt nach amtlicher Angabe am Mittwoch Rußland wieder und begiebt sich nach Portsmouth. Länger hätten es die französischen Offiziere bei den sich in Rußland einander jagenden Festen auch wohl kaum ausgehalten.
Mit dem Dampfer "Orel" der freiwilligen Flotte traf kürzlich in Odessa ein großer Elefant ein. Das sehr gelehrige Thier ist ein Geschenk des Herrschers von Siam an den Czarewitsch.
Fast noch überraschender als die Meldung von dem Uebertritt der Kronprinzessin von Griechenland zur griechisch=katholischen Kirche ist die, welche neuerdings der "Täglichen Rundschau" aus Athen zugegangen ist, nämlich, daß die an der Kronprinzessin vollzogene Taufe eine unvollkommene gewesen und erstere daher genötigt sei, sich noch einmal der Taufe nach rechtgläubiger Satzung zu unterziehen. Der Patriarch von Konstantinopel habe die Erklärung abgegeben, daß er die Prinzessin als eine Heidin (!) ansehen müsse, da nur die durch Eintauchen aller Körpertheile vollzogene Taufe als gültig angesehen werden könne. Merkwürdigerweise stünden jetzt fast sämtliche Athener Blätter, die sich früher über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Taufe gar nicht aufgehalten hatten, auf seiner Seite. Die "Merimna" schreibt: "Nachdem die junge Prinzessin erklärt hatte, daß es ihr widerstrebe, die Taufe durch Eintauchen zu empfangen, war die heilige Synode schwach genug, die Zeremonie auf eine lächerliche und werthlose Oelung zu beschränken. Die fürstliche Dame ist aber nicht getauft, sondern nur gefirmt." Es verlautet nun mit Bestimmtheit, daß die Kronprinzessin sich entschlossen habe, den Taufakt noch einmal an sich vollziehen zu lassen
Der rumänische Thronfolger, Prinz Ferdinand von Hohenzollern, wird nach Beendigung seiner Reise in das schottische Hochland nach Deutschland kommen, um den in Hessen und Thüringen stattfindenden Kaisermanövern beizuwohnen.
Der "Post" wird aus Sigmaringen geschrieben, daß man demnächst mit der Nachricht von der Verlobung des rumänischen Thronfolgers mit einer österreichischen Prinzessin überrascht werden würde. Der Plan, den Kronprinzen Ferdinand mit Fräulein Bacarescu zu verheirathen, sei nicht nur offiziell, sondern auch de facto abgethan.
Gerüchte aus Konstantinopel melden eine Erkrankung des Sultans. Der "Agence" zufolge leidet der Sultan an einem leichten Geschwür am Schenkel.


- Neustrelitz. I. K. H. die Frau Großherzogin ist am Sonntag Morgen in Begleitung der Staatsdame von Heyden nach Keppschloß bei Dresden abgereist. II. KK. HH. der Großherzog, die Prinzeß Helene sowie der Erbgroßherzog, welcher letzter am Sonntag Morgen von Prillwitz hierher gekommen war, um seine durchlauchte Mutter noch vor der Abreise zu begrüßen, gaben der hohen Frau das Geleite bis zur Bahn. - Se. K. H. der Großherzog wird Ende dieser Woche zum längeren Aufenthalt nach Homburg v. d. H. abreisen.
- Neustrelitz, 31. Juli. Die Rectorstelle an der Mädchenschule in Schönberg ist von Weihnachten d. J. ab dem Prädikanten P. Schinn in Kratzeburg, und die in Folge der Versetzung des Lehrers Cand. d. Theol. Schmidt hierselbst an die Realschule in Schönberg zu Michaelis d. J. frei werdende 2. Lehrerstelle an der hiesigen höheren Töchterschule dem Cand. d. Theol. W. Langbein von hier Allerhöchst verliehen worden.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Baeck sub Nr. 17 belegene Büdnerstelle c. p. des Schneidermeisters

[ => Original lesen: 1891 Nr. 60 Seite 3]

Fritz Otte daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 5. September d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 22. Juni 1891.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Konkursverfahren.

Ueber das Vermögen des Tischlermeisters und Büdners Johann Jahns zu Cronscamp ist heute am 15. Juli 1891, Vormittags 11 3/4 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet.
Der Rechtsanwalt Fölsch hierselbst ist zum Konkursverwalter ernannt.
Offener Arrest, Anzeige und Meldefrist bis 1. September 1891.
Erste Gläubigerversammlung zur Beschlußfassung eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falls über die in § 120 der K.=O. bezeichneten Gegenstände

Sonnabend, den 15. August 1891,
Vormittags 11 Uhr.

Allgemeiner Prüfungstermin

Dienstag, den 22. September 1891,
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Gerichte.
Schönberg i/M., den 15. Juli 1891.

Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    Veröffentlicht
                                                    H. Diederich,
                                                    Amtsgerichtsactuar.


Steckbrief.

Gegen den Arbeiter Heinrich Eduard Emil Brümmer, geboren am 4. September 1865 zu Wismar, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Verbrechens gegen § 177 und § 43 St. G. B. verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichts=Gefängniß zu Schönberg (Meckl.) abzuliefern.
Neustrelitz, den 28. Juli 1891.

Der Erste Staatsanwalt.
In Vertretung: H. Gundlach.
                                                    Renter.


In Folge der Ermächtigung des Großherzoglichen Schöffengerichts zu Schönberg mache ich das nachstehende, rechtskräftige Urtheil desselben:

Im Namen Seiner Königlichen Hoheit des
Allerdurchlauchtigsten Großherzogs
Friedrich Wilhelm
von
Mecklenburg=Strelitz.

        In der Privatklagesache
des Landbaumeisters Hesse zu Grevesmühlen, vertreten durch den Rechtsanwalt Monich daselbst

Privatklägers             

gegen den Schulzen Hagendorf zu Boitin=Resdorf

Angeklagten             

wegen Vergehens gegen § 185, § 186 und § 200 des Str.=G.=B.
hat das Großherzogliche Schöffengericht zu Schönberg in der Sitzung vom 17. Juli 1891, an welcher Theil genommen haben
1. Amtsrichter Horn
                          als Vorsitzender
2. Hauswirth Heinr. Groth aus Walksfelde
3. Hauswirth Johann Wienck aus Bardowieck
                          als Schöffen
      Actuar E. Breuel
                          als Gerichtsschreiber

für Recht erkannt:

daß der Angeklagte Hagendorf wegen Beleidigung, begangen durch ein Inserat in einer Zeitung, auf Grund von § 185, § 186 und § 200 des Str.=G.=B. in eine Geldstrafe von fünfundsiebenzig Mark, welcher im Unvermögensfalle eine Gefängnißstrafe von einer Woche substituirt wird, sowie zur Tragung der Kosten verurtheilt wird.
Auch wird dem Privatkläger das Recht zugesprochen, innerhalb einer Frist von 14 Tagen, nachdem das Urtheil die Rechtskraft erlangt hat, den verfügenden Theil dieses Urtheils durch einmalige Insertion in die hiesigen "Wöchentlichen Anzeigen", und zwar in dem Anzeigentheile auf Kosten des Angeklagten öffentlich bekannt zu machen.

V.           R.           W.

hiermit öffentlich bekannt.
       Grevesmühlen, den 30. Juli 1891.

Der Großherzogliche Landbaumeister.
A. Hesse.


Torf=Auction
im Vitenser Forste
auf dem Woitendorfer Moore

am Donnerstag, den 6. August 1891, unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über:

300 Ruthen Baggertorf,
300 Mille Stechtorf.

Versammlung Morgens 9 Uhr bei der Hütte auf dem Woitendorfer Moor.
Vitense, den 1. August 1891.

                                                    L. Wiegandt,
                                                    Großherzogl. Revierförster.


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[ => Original lesen: 1891 Nr. 60 Seite 4]

Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und ein Lustspiel) in der Spielzeit 1891/92, für welche ein Platz im erster Range 12 M., im Parkett u. in der Parkettloge 10 M., im II. Rang, Balkon und Mitte 6 M. im II. Rang Seite 5 M. kostet. Für diejenigen Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und zurück an demselben Tage bei genügender Betheiligung Rückfahrtskarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 1. September d. J. nimmt Herr Hotelbesitzer Spehr zu Schönberg Anmeldungen freundlichst entgegen.

Die Ausgabe der Karten erfolgt voraussichtlich im September.
Schwerin, 1. August 1891.                                                    
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Meinen geehrten Geschäftsfreunden und Gönnern die ergebene Anzeige, daß ich mein seit Jahren betriebenes

Schweinegeschäft

wegzugshalber an Herrn J. Siebenmark hierselbst überlassen habe. - Indem ich für das mir bisher erwiesene Vertrauen bestens danke, bitte ich solches auf meinen Nachfolger übertragen zu wollen.
Schönberg, den 3. August 1891.

                                                    C. Bucholz.

--------------------

Bezugnehmend auf obige Annonce bitte ich die geehrten Herrschaften Schönbergs und Umgegend, das dem Herrn Vorgänger geschenkte Vertrauen auf mich übertragen zu wollen, und verspreche ich reelle und prompte Bedienung.

                                                    J. Siebenmark.


Den geehrten Bewohnern von Selmsdorf und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich hier als

Sattler & Tapezier

niedergelassen habe. Indem ich prompte und gute Bedienung in allen in meinem Fach vorkommenden Arbeiten zusichere, bitte ich mein Unternehmen gütigst zu unterstützen.

                                                                      Achtungsvoll
Selmsdorf.                                                     J. Grevsmühl,
                                                                       Sattler & Tapezier.


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Sprechstunden: Vormittags   9 bis 11 Uhr
                               Nachmittags 3 bis   5 Uhr
                               Sonntags      9 bis 10 Uhr


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Spezialarzt für Hautkrankheiten,
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vermiethet Simon Valk, Lübeck, Mengstr. 41.                                                    


Allen denen, die unserer lieben Entschlafenen, Doris Meier, die letzte Ehre erwiesen und ihren Sarg so reich mit Kränzen und Blumen schmückten, sagen wir hierdurch unsern herzlichsten Dank.
Schönberg, den 3. August 1891.

                                                    Die Hinterbliebenen.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 60 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 60 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 4. August 1891.


In dem seit 20 Jahren geeinten Deutschen Reich besteht wie in vielen anderen Sachen, auch in der Handhabung der Bestrafung bei Ankündigung von Geheimmitteln in der Presse bei den Gerichten eine ganz verschiedene Praxis. So hat das Kammergericht in Berlin die Gültigkeit von Polizeiverordnungen über die Ankündigung
von Geheimmitteln erkannt. Das Oberlandesgericht in Celle hingegen hat diese Polizeiverordnungen für ungültig erklärt und zwar mit der Motivirung: die Sache würde anders liegen, wenn das Anpreisen von Geheimmitteln allgemein verboten wäre. Indem sich aber das Verbot nur auf das Anpreisen durch die Presse beziehe, werde ein Spezialdelict für die Presse geschaffen. Nach dem § 1 des Preßgesetzes unterliege indessen die Freiheit der Presse nur denjenigen Beschränkungen, welche durch das Preßgesetz vorgeschrieben oder zugelassen sind. Es könne also auch eine derartige Beschränkung der Presse nur durch ein Reichsgesetz ausgesprochen werden. Darnach wird also in Zukunft die Lage der Dinge noch komplizirter; bisher gab es schon Landestheile, für welche ein derartiges Anpreisungsverbot bestand, neben anderen, wo ein solches nicht erlassen; nun wird es auch Gerichtssprengel geben, für welche die Rechtsgültigkeit solcher Verbote bejaht und andere für welche dieselbe verneint wird.
- Auf den 9 preußischen Landesuniversitäten und der Akademie Münster sind in diesem Sommersemester insgesammt 13 138 Studierende immatrikuliert, von denen 2531 oder 19,3% der evangelisch=theologischen, 595 oder 4,5% der katholisch=theologischen, 2578 oder 19,6% der juristischen, 3659 oder 47,9% der medizinischen Falkultät angehören; unter den letzteren befanden sich 1054 oder 27,9% ohne das Zeugniß der Reife.
- Während früher die Nichtbefolgung einer Einberufung der dem Beurlaubtenstande angehörenden Personen zur Uebung nur mit gewöhnlichen Arreststrafen geahndet wurde, wird ein derartiges Vergehen nach einer neuerdings getroffenen Bestimmung fortan mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren belegt werden.
- Der Bau des neuen Reichstagsgebäudes ist jetzt so weit gefördert, daß in ungefähr vier Wochen das Richtfest gefeiert werden kann. Dann wird man auch mit dem Aufbringen der Kupfertheile des Aufbaues beginnen, welche jetzt sämmtlich in Arbeit nahezu vollendet sind.
- Ein Kaufmann in Berlin, der dabei betroffen worden ist, wie er seinen Namen in die Rinde eines wertvollen exotischen Baumes im Humboldthain einschnitt, ist vom Schöffengericht wegen Beschädigung öffentlicher Einlagen zu 5 Tagen Haft verurtheilt worden.
- Die Berliner Gesellschaft ist um einen neuen Typus reicher geworden: Den "Revolutionsgiggerl". Es ist der sehr bezeichnende Name, den der Volkswitz den "Jungen" in der Sozialdemokratie beigelegt hat. Eines der Berliner Theater hat die Bewohner der Reichshauptstadt mit den Wiener Giggerln bekannt gemacht und der Berliner Schalk hat sich beeilt, die Bezeichnung auf die sozialdemokratischen "Jungen" zu übertragen.
- Im Müggelsee bei Berlin ist ein Riesenwels von 1 1/2 Meter Länge und einem Zentner Gewicht gefangen worden.
- Der Spreewald leidet in diesem Sommer schrecklich unter dem Hochwasser, welches in einer Stärke auftritt, wie es seit 1854 nicht der Fall gewesen. Infolge des Deichbruchs bei Briesen vom 17. Juli sind Felder und Wiesen weithin überflutet. Der Schaden ist vorläufig noch nicht absehbar. In den drei Gemeinden Burg allein sind über 3000 Menschen jeglicher Nahrung beraubt, sie wissen heute nicht, wovon sie morgen leben werden, über 6000 Morgen des fruchtbarsten Acker= und Wiesenlandes stehen unter Wasser, viele tausend Stück Vieh haben ebenfalls keine Nahrung. Es ist vorgekommen, daß Leute, bis über die Kniee im Wasser stehend, Kartoffeln hackten, oder, im Kahn über die Getreidefelder fahrend, die Roggenähren abschnitten, um wenigstens etwas zu retten.
- Der "Meisterringer der Welt", Herr Carl Abs aus Hamburg, hat sich mit dem im jüngsten Entscheidungskampf unterlegenen Mr. Tom Cannon, welcher "Revanche" forderte, dahin geeinigt, daß am nächsten Donnerstag Abend auf der Bühne des "American=Sommertheaters" ein Ringkampf von dreißig Minuten Dauer um einen Preis von 300 bezw. 600 Mark stattfinden soll. Für den Fall, daß es Herrn Abs nicht gelingen sollte, den Amerikaner zu werfen, wird Ersterer den von ihm ausgesetzten Betrag von 300 Mark der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und dem Invalidenfonds zu gleichen Theilen überwiesen; wird Mr. Cannon besiegt, so zahlt dieser die Summe von 600 Mark, über deren Verwendung dann der Sieger zu verfügen hätte.
- Wie der "Köln. Ztg." gemeldet wird, beträgt die Zahl der Hamburg berührenden ausgewiesenen russischen Juden etwa 8000. Dieselben nehmen größtentheils die Hülfe des Hamburger Comites in Anspruch. Das Ziel der Auswandernden sei meistens Argentinien, woselbst trotz aller Dementis Baron Hirsch für die Zuziehenden sorge. Dieses sei indeß nur der Vorläufer einer großen Bewegung; viele Tausende seien noch entschlossen, nach Argentinien auszuwandeln. - Jüdische aus Palästina nach Rußland zurückkehrende Auswandrer berichten, daß die mittellos dort ankommenden Juden die bitterste Noth leiden. Viele sind schon dem Hunger oder Seuchen erlegen.
- Die Universität Cambridge hat den Professor Friedrich von Esmarch in Kiel zum Doctor der Rechte honoris causa ernannt.
- Bernkastel am schönen Rhein beging vor einigen Tagen den 600. Gedenktag seiner Erhebung zur Stadt. Zur Feier dieses Tages hatte der löbliche Magistrat das Wasser abgestellt und in die Brunnen ein Fuder (etwa 1000 Liter) köstlichen Bernkastler Weines geleitet. Jedermann durfte trinken, wieviel ihm beliebte, und das Volk that dem Weine denn auch redlich alle Ehre an.
- In Breslau wurde der Dachdeckergeselle Arthur Hoffmann, der während der Einsegnung einer Leiche geraucht hatte, wegen Vergehens gegen die Religion zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Der hohe Stand der Preise für Brodkorn und Kartoffeln im Juni d. J., bis zu welchem Monat die amtliche preußische Preisstatistik reicht, tritt insbesondere bei einer Vergleichung mit den Junipreisen in den vorausgegangenen Jahren hervor. Für die letzten fünf Jahre ist nämlich dieser Statistik folgende Uebersicht zu entnehmen:
Durchschnittspreis im Juni für den Doppelzentner:

  Weizen     Roggen     Kartoffeln  
1887 18,2 M. 13,1 M. 4,75 M.
1888 17,5 M. 13,0 M. 4,85 M.
1889 17,9 M. 14,7 M. 5,15 M.
1890 16,4 M. 4,80 M.
1891 23,5 M. 20,8 M. 8,56 M.
- Das mit einem Kostenaufwand von 3 Mill. Mk. neuerrichtete Universitäts=Bibliotheks=Gebäude in Leipzig wird mit Beginn des Wintersemesters seiner Bestimmung übergeben werden. Mit dem Transport der 54 000 Bände zählenden Bibliothek wird demnächst begonnen werden.
- In Leipzig hat die Schlachthausordnung auch auf Hunde ausgedehnt werden müssen, weil bekannt geworden war, daß ein Gastwirth wöchentlich 3-4 Hunde geschlachtet hat, deren Fleisch von

[ => Original lesen: 1891 Nr. 60 Seite 6]

seinen Gästen übrigens sehr begehrt gewesen sein soll.
- Vom 10. bis 14. August wird in Bern der internationale Geographenkongreß tagen. Zu gleicher Zeit findet daselbst eine internationale geographische Ausstellung statt.
- Ein kleines reizendes Geschichtchen wird aus Neuburg in Steiermark berichtet: Das Töchterchen der Kronprinzessin=Wittwe Stefanie, die kleine Erzherzogin Elisabeth, weilt seit einiger Zeit in Mürzsteg zum Sommeraufenthalt. Die kleine Prinzessin trägt sich, dem Character der Gegend entsprechend, steirisch und so fehlt auch ein kleines Steirerhütchen nicht, das die Toilette der "kleinen Frau" in höchst koketter Weise vervollständigt. Es aber fehlte auf diesem Hütchen die obligate Feder, und als die Prinzessin jüngst in Begleitung ihrer beiden Hofdamen in Neuburg einen Spaziergang machte, entdeckte sie in der Auslage eines Geschäftes prächtige Schildhahnfedern. Die Prinzessin äußerte sofort den lebhaften Wunsch, eine solche Feder zu kaufen und die Damen traten in den Laden. Der Eigenthümer des Geschäftes war gerade nicht anwesend und seine Frau bedient die Kunden, die sie nicht kennt. Die Prinzessin hat rasch eine Feder gewählt, sie kostet 60 Kr., aber - nun beginnt die Verlegenheit; die Damen machen nämlich die Entdeckung, daß sie Alle zusammen nur 27 Kr. an Baargeld besitzen. Die Geschäftsfrau, der offenbar die Damen, welche nicht einmal 60 Kr. besitzen, nicht recht richtig vorkamen, macht ein ziemlich ungehaltenes Gesicht, worauf die eine der Hofdamen erklärt, der restliche Betrag werde sofort durch einen Diener überbracht werden. Und zur besonderen Bekräftigung fügt die kleine Prinzessin treuherzig hinzu: "Wir sind ehrliche Leute". Die Verkäuferin aber nimmt, ohne weiter ein Wort zu reden, der kleinen "insolventen" Käuferin die Feder aus der Hand, worauf die Damen, höchlichst amüsirt, den Laden verließen. Selbstverständlich machte das Erlebniß der kleinen Prinzessin sofort die Runde; so sehr es aber die in Neuberg weilenden Sommerfrischler ergötzte, so unangenehme Nachwirkungen hatte es für die Verkäuferin; als der Gatte von dem Vorfall erfuhr, soll es zwischen dem Ehepaar eine Auseinandersetzung gegeben haben, die alles Andere, nur nicht gemüthlich war.
- In Paris hat am Montag früh die Hinrichtung der zwei jungen Raubmörder Doré und Berland auf dem Richtplatz vor dem Gefängniß La Roquette stattgefunden. Die Polizei hatte die größte Mühe, die johlende Menge zurückzudrängen, die zu verschiedenen Malen die Schranken durchbrach. Die Ankündigung der doppelten Hinrichtung hatte, wie mehrfach berichtet, die ganze Woche hindurch widerliche Szenen verursacht.
- Der arme Boulanger! Jetzt ist das Testament der Frau v. Bonnemain, der kürzlich in Brüssel verstorbenen Freundin Boulangers, geöffnet worden. Dieselbe hat ihr ganzes Vermögen verschiedenen Verwandten unter völliger Ausschließung Boulangers vermacht.
- Die Jungfrau von Orleans. Ein Käufer, so erzählt der "Figaro", betritt in Paris ein großes Magazin, in dem sämtliche Waaren, wie Briefbeschwerer, Federhalter, Streichholzbüchsen, Taschenmesser etc. etc., das Bild der Jungfrau von Orleans tragen. "Welch eine Masse von Jungfrauen!" ruft er erstaunt aus. "Ja", erwidert den Commis einfach, "wir poussiren sie. Sie ist in diesem Jahr dazu bestimmt, den Eiffelthurm zu ersetzen."
- Soeben hat man in London eine Volkszählung beendet. Die Hauptstadt Englands zählt danach augenblicklich 5 633 332 Einwohner, das ist ungefähr soviel wie ganz Belgien und mehr als Schweden (4 800 000), Portugal (4 500 000), Schweiz und Bulgaren (3 000 000), Sachsen(3 200 000), Dänemark (22 000 000), Griechenland und Norwegen (2 000 000). Die eine Stadt London hat doppelt soviel Einwohner als das große Canada, daß so groß ist als Europa; und der Kontinent Australien ist um eine Million geringer bevölkert als die Riesenstadt an der Themse.
- Woraus erklärt es sich, daß der Donner dem Blitz erst später folgt, ist daraus eine Regel auf die Nähe des Gewitters zu ziehen und welches ist dieselbe? Da sich die Lichtstrahlen mit kolossaler Geschwindigkeit (42 000 Meilen in der Secunde) fortpflanzen, der Schall aber nur 340 Meter (ca. 1000 Fuß), so erklärt es sich leicht, warum man stets den Blitz erst sieht und dann später den Donner hört. Wegen der großen Geschwindigkeit des Lichtes können wir annehmen, daß wir den Blitz in dem Augenblick sehen, wenn er entsteht. So viele Secunden man den Donner später hört, so viele 1000 Fuß müßen also zwischen der Gewitterwolke und dem Beobachter liegen. Man hat hiermit also ein leichtes Mittel, die Entfernung eines Gewitters abzuschätzen. Man zählt vom Entstehen des Blitzes langsam (secundenweise, also etwas langsamer, als der Puls schlägt), von eins aufwärts; die Zahl, bis zu der man kommt, giebt, mit 1000 multipliziert, die Entfernung in Fuß an. Würde man also bis 12 zählen zwischen Blitz und Beginn des Donners, so kann man annehmen, daß das Gewitter 12 000 Fuß (= 1/2 deutsche Meile) entfernt ist. Weiter als zwei Meilen hört man den Donner sehr selten. Am Tage hört man ihn nur von solchen Gewittern, die beträchtlich näher sind.
- Wie bringt man junge Obstbäume bald zu reichem Fruchtansatz? Einer derjenigen Faktoren, der die Obstbaumzucht am meisten mit hintenan hält, ist der Umstand, daß es zu lange dauert, bis die Bäume zu tragen beginnen. Es hat das seinen Grund darin, daß der Trieb in der Jugend ein sehr kräftiger ist, daher kein Fruchtholz, sondern nur Triebholz gebildet wird. Oft vergehen 15 und mehr Jahre, bis auch ersteres in genügender Weise zur Ausbildung gelangt. Um dem abzuhelfen, empfiehlt sich das nachstehende Verfahren: Im 4. bis 6. Jahr nach dem Auspflanzen werden dem jungen Baum im Herbst die Spitzen der Hauptwurzeln abgeschnitten, am bequemsten, indem man einen Graben um denselben zieht, die so gestutzten Wurzeln sind im nächsten Frühling nicht imstande, gleich derart zu ernähren, daß er wie im Vorjahr starke Holztriebe machen kann, sondern die Triebe werden nur schwächlich. Mittlerweile verwachsen die Wunden der gestutzten Wurzeln und werden an denselben eine Menge kleiner Wurzeln gebildet. Diese sind wieder imstande, dem Baum größere Mengen von Nährstoffen zuzuführen, namentlich dann, wenn der Graben, der beim Abschneiden der Wurzeln gemacht wurde, mit Kompost gefüllt ist, was stets zu empfehlen oder vielmehr nothwendig ist, damit das Verfahren seinen Zweck voll erreicht. Die kümmerlichen Triebe des Frühjahrs treiben infolge des plötzlichen, starken Saftstromes ihre Seitenaugen aus und bilden Fruchtholz, welches schon im nächsten Jahr reichen Fruchtansatz zeigt. Selbstredend dürfte sein, daß derart behandelte Bäume stärker und reicher gedüngt werden müssen, als andere, denn ihr Wurzelnetz wird auf eine geringere Bodenfläche beschränkt und es werden große Ansprüche an die Leistung des Baumes gestellt. Hat ein so behandelter Baum erst einmal reichlich Frucht getragen, so wird auch weiter regelmäßig das nöthige Frucht holz gebildet.
- Im Restaurant. Gast: "Kellner wie kommen Sie dazu, mir 2 Mark für den halben Hummer anzurechnen, während derselbe auf der Speisekarte nur mit 1.50 Mark verzeichnet steht?" - Kellner: "Verzeihen Sie, mein Herr, die Sache hat aber ihre Richtigkeit. Der Hummer, den ich Ihnen gebracht habe, ist nämlich bedeutend frischer, als der auf der Karte."
- Zoosoziales Familiengemälde. Familienoberhaupt (einen Besucher mit den einzelnen Mitgliedern des Hausstandes bekannt machend): "Mein Ältester ist in Berlin der Löwe der Gesellschaft; der zweite ist Fuchs in Tübingen; unser Backfischchen besucht das Musikinstitut, und hier die kleine Maus, unser Nesthäkchen, wird bei uns zu Hause behütet von meiner Schwägerin - dem Drachen"!
- Die gute, alte Zeit. Kind: "Sag' Papa, wann war denn eigentlich die gute, alte Zeit?" Geschichtsforscher: "O, liebes Kind, da mag man in der Geschichte forschen so weit zurück, als man will, die gute, alte Zeit ist immer schon dagewesen."


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