No. 58
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. Juli
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 1]

                Das Impfgeschäft im Impfbezirk Schönberg II (westlich) findet in diesem Jahre in nachbezeichneter Weise statt und zwar:

1. im Impfdistrict Schönberg,

bestehend aus den Ortschaften.

Bauhof Schönberg, Kleinfeld und Malzow

im Hause des Herrn Landphysikus Dr. Marung in Schönberg

a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder aus der Schule zu Kleinfeld

am Sonnabend, den 25. Juli d. Js.,
Morgens 9 resp. 9 1/2 Uhr.

und Revision der Schutzblattern

am Freitag, den 31. Juli,
Morgens 9 resp. 9 1/2 Uhr,

2. im Impfdistrict Zarnewenz,

bestehend aus den Ortschaften:

Zarnewenz (Hof und Dorf), Schwanbeck mit Siechenhaus, Schönberg=Sülsdorf und Teschow
im Kruge zu Zarnewenz
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder in den Schulen zu Siechenhaus, Schönberg=Sülsdorf und Teschow

am Sonnabend, den 25. d. Mts.,
Nachmittags 3 resp. 3 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 1. August,
Nachmittags 2 resp. 2 1/2 Uhr.

3. im Impfdistrict Rieps,

bestehend aus den Ortschaften:

Rieps, Boitin=Resdorf, Heiligeland, Gr. und Kl. Mist, Schlag=Resdorf mit Perückenkrug, Schlags=Sülsdorf, Thandorf, Wendorf,
im Kruge zu Rieps
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus den Ortschaften Rieps, Gr. und Kl. Mist, Boitin=Resdorf, Wendorf und Schlag=Sülsdorf,

am Montag, den 27. Juli,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Montag, den 3. August,
Nachmittags 3 Uhr,

b. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus den Ortschaften Schlag=Resdorf mit Perückenkrug und Thandorf mit Heiligeland

am Montag, den 3. August,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Montag, den 10. August,
Nachmittags 3 Uhr.

c. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen Rieps, Gr. und Kl. Mist, Schlag=Resdorf, Schlag=Sülsdorf und Thandorf,

[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 2]

am Montag, den 10. August,
Nachmittags 3 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Montag, den 17. August,
Nachmittags 3 Uhr.

4. im Impfdistrict Selmsdorf

bestehend aus den Ortschaften:

Selmsdorf (Hof und Dorf), Bardowick, Hohemeile und Lauen,
im Locale des Gastwirths Michaelsen
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,

am Sonnabend, den 1. August,
Nachmittags 3 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 8. August,
Nachmittags 2 1/2 Uhr.

b. Wiederimpfung der Kinder aus der Schule zu Selmsdorf,

am Sonnabend, den 8. August,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 15. August,
Nachmittags 3 Uhr.

5. im Impfdistrict Herrnburg,

bestehend aus den Ortschaften:

Herrnburg, Duvennest, Lenschow, Lüdersdorf, Palingen und Wahrsow (Hof u. Dorf)
im Gastwirth Lohse'schen Locale zu Herrnburg
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus Herrnburg, Palingen und Duvennest

am Mittwoch, den 29. Juli,
Nachmittags 4 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 5. August,
Nachmittags 5 Uhr.

b. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus Hof und Dorf Wahrsow und Lüdersdorf

am Mittwoch, den 5. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr.

c. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Herrnburg, Duvennest, Palingen und Wahrsow

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 19. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr.

6. im Impfdistrict Petersberg,

bestehend aus den Ortschaften:

Petersberg, Bechelsdorf, Lockwisch (Hof und Dorf), Niendorf, Rupensdorf, Wahlsdorf und Westerbeck,
im Kruge zu Petersberg
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder

am Mittwoch, den 5. August,
Nachmittags 2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 2 Uhr,

b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Petersberg, Lockwisch, Niendorf, Rupensdorf und Wahlsdorf

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 2 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 19. August,
Nachmittags 2 Uhr.

             Den Ortsvorständen wird hierdurch aufgegeben, für die rechtzeitige Bekanntmachung der

[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 3]

obgedachten Termine und für die Zuführung der Impflinge durch Ansage der Eltern, Pflegeeltern oder Vormünder Sorge zu tragen.
             Eltern, Pflegeeltern, Vormündern, deren Kinder oder Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.
             Diejenigen Betheiligten, welche von der Impfung durch den Impfarzt keinen Gebrauch machen wollen, werden hierdurch aufgefordert, dem bestellten Impfarzte bis zum Jahresschluß den Nachweis der geschehenen Genügung der Impfpflicht zur Vermerkung in der Impfliste zu geben.
             Schönberg, den 22. Juli 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.


        Nr. 11 des Offiz. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1891 enthält in der
        II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung, betr. die Anmeldung dienstpflichtiger unabkömmlicher Beamter.
(2.) Bekanntmachung betr. die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat Juni 1891.
(3.) Bekanntmachung, betr. die Realschule in Schönberg.
(4.) Publicandum, betr. die Erhebung einer Steuer im Fürstenthum Ratzeburg zur Deckung der Kosten des Landesfonds.
        III. Abtheilung. Dienst=etc. Nachrichten.


Kaiser Wilhelm kam von Hammerfest auf der Insel Skaarö an, um dort dem Walfischfange und der Meeres=Jagd beizuwohnen. Die Bewohner empfingen den Monarchen in einfach herzlicher Weise. Das Wetter ist ungünstiger geworden.
Zum Zweck des Ankaufs eines Reitpferds für den Kaiser hat ein kaiserlicher Stallmeister kürzlich die Remontedepots in Ostpreußen besucht und in demjenigen von Liesken eine 5 Fuß 6 Zoll große Fuchsstute für den genannten Zweck ausgewählt.
Fürst Bismarck wird demnächst eine Deputation der Petersburger Reichsdeutschen empfangen, die ihn zu ihrem ersten Ehrenmitglied ernannt und ihm gleichzeitig ein Ehrengeschenk gestiftet haben.
An der Zentralstelle für das dem Alt=Reichskanzler in Berlin zu errichtende Denkmal sind bis jetzt 949 000 Mark eingegangen.
Bei den militärischen Mehrforderungen, welche dem Reichstage zugehen werden, soll es sich nach Berliner Blätter um den Ausbau strategischer Bahnen handeln.
Nach den im Reichs=Versicherungsamt angefertigten Zusammenstellungen hat Ende Juni 1891 die Zahl der seit dem Inkrafttreten des Invaliditäts= und Altersversicherungsgesetzes erhobenen Ansprüche auf Bewilligung von Altersrenten bei den Reichsanstalten und den 8 zugelassenen Kasseneinrichtungen 131 459 betragen. Von diesen und 90 706 Rentenansprüche anerkannt, 15 694 zurückgewiesen und 1740 auf andere Weise erledigt worden, 23 319 Ansprüche sind unerledigt auf den Monat Juli übergegangen.
Die feierliche Enthüllung des Kaisersteines auf Helgoland soll endgültiger Bestimmung zufolge am Montag, den 10. August, dem Jahrestage der Besitzergreifung Helgolands, durch den deutschen Kaiser vollzogen werden. An den Kaiser ist von Seiten der Bewohner Helgolands in einer Petition die Bitte gerichtet worden, diesem Akt persönlich beizuwohnen. Der "Kaiserstein" besteht aus einem von rohem schwedischen Granit angefertigten vier Meter hohen Obelisk.
Zu den Vorschlägen einiger franz. Zeitungen, Deutschland möge Elsaß=Lothringen an Frankreich zurückgeben, bemerkt die "Nat.=Ztg.": Als moralischer Grund für die Festhaltung von Metz und Lothringen genügt die Thatsache, daß es deutsches Gebiet ist, und das deutsches Gebiet ebenso heilig und unverletzlich, ebensowenig Gegenstand von Tauschspekulationen sein kann und darf, wie französisches. Metz ist der strategische Ersatz für Luxemburg, den wir aber erst nahmen, nachdem die Franzosen uns mit einem frivolen Eroberungskrieg überzogen, welches ihnen schlecht bekam. Jede deutsche Zeitung müßte es fortan, nachdem sogar in England die rechte Einsicht Platz gegriffen, für eine Anstandspflicht halten, über die dauernde Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit deutschen Gebiets zu Deutschland jede Diskussion ganz und vollständig ablehnen. Ueber Metz wurde 1870 mit Kanonen diskutirt, und sollte über dasselbe wieder einmal diskutirt werden, so könnte es ebenfalls nur wieder mit Kanonen geschehen.
Die badische Regierung hatte vor einiger Zeit eine Kommission nach England zum Studium der dortigen Eisenbahnverhältnisse gesandt. Ueber das Ergebniß der Reise erfährt jetzt die Mannheimer "Landes=Zeitung" aus zuverlässiger Quelle, daß die Beschleunigung der Fahrgeschwindigkeit aus den badischen Bahnen beschlossen ist. Binnen Jahresfrist soll der ganze Oberbau von Heideberg bis Basel verstärkt, auch sollen Schnellzugsmaschinen mit 120 Kilometer Fahrgeschwindigkeit für die Hauptstrecken und 80 Kilometer für die Schwarzwaldbahn eingeführt werden.
Ueber ein einheitliches Militär=Strafprozeßverfahren soll nach den Angaben süddeutscher Zeitungen eine Vereinbarung zwischen Preußen und Bayern erfolgt sein. In der Hauptsache wird dadurch das Militär=Strafverfahren für die ganze deutsche Armee ein öffentliches, was bisher nur in Bayern der Fall war.
Der soeben von Hamburg nach Ostafrika abgegangene Reichspostdampfer "Kanzler" nahm die für den Bau von Feldeisenbahnen im Schutzgebiete erforderlichen Schienen und Wagen mit. Das Schwellenmaterial glaubt man an Ort und Stelle
gewinnen zu können, und die für Fertigstellung dieses Bahnverkehrs erforderlichen Lokomotiven werden mit einem später von Hamburg abgehenden Dampfer verladen werden.


Anzeigen.

Steckbrief.

Gegen den Knecht Johann Carl Heinrich Mirow, zuletzt in Lübeck, geb. 4. März 1870 zu Hohenkirchen, welcher sich verborgen hält, soll eine durch vollstreckbares Urtheil der Strafkammer bei dem Großherzogl. Amtsgerichte zu Schönberg vom 16. Juni 1891 erkannte Gefängnißstrafe von 3 Monaten vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in die Strafanstalt zu Strelitz i/Meckl. abzuliefern.
Neustrelitz, den 13. Juli 1891.

Der Erste Staatsanwalt.
In Vertretung: H. Gundlach.
                                                    Seyberlich.


Bekanntmachung.

Die nochmalige Hebung einer Armensteuer zum halben Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert ihre Beitrage fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, d. 20. Juli 1891.

Die Armenbehörde.


Torf=Auction.

Am Sonnabend, den 1. August cr., Morgens 9 1/2 Uhr, beabsichtige ich auf meinem am Rodüchelsdorf=Lübseer Wege gelegenen Moore circa

208 Mille Preßtorf

öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung zu verkaufen.
Rodüchelsdorf, im Juli 1891.

                                                    P. Grevsmühl.
                                                    Schulze.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 29. Juli und 1. August 1891.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Den geehrten Bewohnern von Selmsdorf und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich hier als

Sattler & Tapezier

niedergelassen habe. Indem ich prompte und gute Bedienung in allen in meinem Fach vorkommenden Arbeiten zusichere, bitte ich mein Unternehmen gütigst zu unterstützen.

                                                                      Achtungsvoll
Selmsdorf.                                                     J. Grevsmühl,
                                                                       Sattler & Tapezier.


Eine Büdnerei,

wo sonst eine Schlosserei betrieben wurde, ist preiswürdig zu verkaufen. Näheres ertheilt

                                                    J. Burmeister Büdner.
                                                    Schlagsdorf bei Ratzeburg.


Meine zu Raddingsdorf belegene
Büdnerei,

bestehend aus 6 Scheffel Acker, 1 Scheffel Gartenland, 1 Wohnhaus mit 2 Wohnungen, Viehställen und Backhaus beabsichtige ich entweder sogleich oder zu Michaelis zu verkaufen. Kaufliebhaber wollen mit mir in Unterhandlung treten.

                          Zimmermann und Büdner Oldenburg
                                                    in Raddingsdorf.


Triumph=Conserve=Büchsen
Ersatz für Blechdosen
1/2, 1 und 1 1/2 Liter Inhalt empfiehlt                                                    
                                                    C. Schwedt.


Hanfpferdeschuhe
mit lederner Schnalle sind stets vorräthig bei                                                    
                                                    H. Maass, Wasserstraße.


Norddeutsches Versand-Haus.
Fritz König
in Hildesheim.

Nickelwecker
bestes Fabrikat.
Wecker Versandhaus Hildesheim Franko gegen Nachnahme von
4 Mk. 50 Pfg.


Presennige und Zeltlaken
vermiethet Simon Valk, Lübeck, Mengstr. 41.                                                    


Erntearbeiter,

welche Lust haben, diese Arbeiten bei mir in Accord zu verrichten, wollen sich umgehend bei mir melden.

Dorf Rabensdorf.                                                     W. Egert.


Gesucht zu Michaelis                                                    
2 junge Mädchen
zur Erlernung der Damenschneiderei von                                                    
                                                    C. Renzow geb. Tretow.


Wunderbar ist der Erfolg

Sommersprossen, unreiner Teint, gelbe Flecke etc. verschwinden unbedingt beim täglichen Gebrauch von:

Bergmann's Lilienmilch-Seife

von Bergmann & Co. in Dresden.
Vorräthig à Stück 50 Pfg. bei Apotheker Montag.


Gesucht wird zu Michaelis d. J. ein

junges Mädchen

zur unentgeltlichen Erlernung der Wirthschaft in einem ländlichen Haushalt in der Stadt. Offerten unter F. D. 6 befördert die Annoncen=Exped. von Friedrich Dierking, Ratzeburg.


Ich suche zu sofort eine                                                    
Wirthschafterin
für meinen Haushalt.                                                    
                                                    Hauswirth Robrahn
                                                    in Kl. Molzahn.


Danksagung.

Für die rege Theilnahme und die zahlreichen Kranzspenden bei der Beerdigung unserer lieben Tochter, insbesondere dem Herrn Pastor Kaempffer für seine trostreichen Worte unsern herzlichsten Dank.

                                                    J. Flügge u. Familie.


Allen, die unsern lieben Entschlafenen Franz H. Kramp zu Rabensdorf die letzte Ehre erwiesen und seinen Sarg mit Kränzen schmückten, sagen ihren herzlichsten Dank

                                                    die Hinterbliebenen.


Hierdurch allen Verwandten und Bekannten die traurige Nachricht, daß am Sonnabend, den 25. d. Mts, Mittags 1 Uhr, nach kurzem Krankenlager unsere liebe Mutter

Doris Meier

im Alter von 62 Jahren sanft in dem Herrn entschlafen ist.

Dies zeigen tiefbetrübt an                          
                                                    die trauernden Hinterbliebenen.
Schönberg, den 27. Juli 1891.                                                    

Die Beerdigung findet heute Dienstag, den 28. Juli, Nachmittags 4 Uhr, statt.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 58 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 28. Juli 1891.


Der Krieg der Zukunft.

Einer russischen militärischen Zeitschrift, die als "sehr ernst und gediegen" bezeichnet wird, hat kürzlich die Berliner "Post" eine Darstellung der Verpflegungs=Schwierigkeiten entnommen, mit denen die deutsche und österreichische Armee bei einem Krieg mit Rußland zu kämpfen haben würden. Der ungenannt gebliebene russische Verfasser geht von der Annahme aus, daß die beiden Mächte einen Offensivkrieg führen und daß die westrussischen Landestheile den Kriegsschauplatz bilden würden. Nach seinen Berechnungen würde Deutschland 960 000 Mann mit 220 000 Pferden und Oesterreich=Ungarn ebenfalls 220 000 Pferde, aber 1 070 000 Mann über die Grenze werfen. Werden die deutschen wie die österreichischen Vorräthe, die in den Magazinen aufgespeichert liegen, sowie die weitere Leistungsfähigkeit beider Länder in Bezug auf Ersatz der Vorräthe als hinreichend für einen Bedarf von 10 Monaten in normalen Zeiten angenommen, so würde sich bei der ungeheuren Conzentration der Truppen doch nur ergeben, daß die deutschen Vorräte für etwa 25 Menschentage und 23 Pferdetage, die österreichischen Vorräthe für 39 Menschentage und 20 Pferdetage ausreichen. Dabei ist noch eine gewaltige Anspannung des Eisenbahntransportdienstes angenommen. Der Verfasser hält den Ersatz der aufgebrauchten Nahrungsmittel, den allerdings Amerika liefern könnte, darum für unzulänglich, weil bis zum Eintreffen dieser Transporte die Operationen der Armeen bereits empfindlich gestört sein könnten. Die Fragen, ob der Bedarf nicht aus den Gebieten des Kriegsschauplatzes selber gedeckt werden könnte, wird unbedingt verneint. Was an Vorräthen in Polen, Wilna, Podolien etc. noch vorhanden sein mag, das würden die russischen Truppen bei ihrem Rückzug mitnehmen und Requisitionen wie in dem reichen Frankreich würden kein Ergebniß liefern. Der Verfasser schließt: "Die verbündeten Heere werden in einem furchtbaren Kampf mit dem Hunger liegen und die Ueberwältigung dieses schrecklichen Feindes wird nur bei Anspannung aller Kräfte, vielleicht gar unter Verzicht auf wesentliche militärische Zwecke, erreicht werden können."
Diesem nicht uninteressanten Auszug aus der russischen Zeitschrift fügt nun der militärische Mitarbeiter der "Post" hinzu, daß die Grundlagen, auf denen der Verfasser sein Thema aufbaut, von der deutschen Heeresleitung sicher nicht geringer gewürdigt werden, als in Rußland selbst. Man darf wohl auch dies noch hinzufügen, daß die angeführten Gesichtspunkte auf die öffentliche Meinung in Deutschland und Oesterreich=Ungarn gleichfalls Eindruck machen werden. Die Fragen, die der russische Militärschriftsteller anregt, gehören durchaus nicht nur vor das militärische Forum, sondern sie greifen tief in volkswirthschaftliche Probleme ein. Die Ueberzeugung ist wohl allgemein, daß der nächste europäische Krieg, wenn er wirklich unvermeidlich sein sollte, den ganzen Welttheil in seinen Schlund reißen wird. Die Ernährungsfrage würde damit ein Gesicht bekommen, wie niemals zuvor in der Welt. Die letzte Epoche eines Weltkrieges ist die der napoleonischen Kriege gewesen. Damals konnte aber die Landwirthschaft aller Länder (bei verhältnißmäßig geringer Bevölkerung) noch den Inlandsgebrauch aus Eigenem decken, und es ist weiter zu berücksichtigen, daß die Heere, auch die größten, im Vergleich zu heute, nur klein waren. Seitdem haben wir in Europa immer nur partielle Kriege gehabt, bei denen diejenigen kriegführenden Staaten, die Zufuhren benöthigten, diese aus einem Nachbarland einführen konnten. So konnten wir 1870 Getreide und Vieh aus Rußland hereinschaffen, Frankreich ebenfalls aus Rußland und Amerika. Stellt man sich nun aber vor, daß alle Großmächte, England eingeschlossen, mit einer Gesammtmacht von vielleicht 10 Millionen Menschen im Krieg mit einander sind, dann stellt sich das Bild sofort anders dar. Deutschland würde selbstverständlich die russische Bezugsquelle verlieren und die amerikanische könnte durch die französische Flotte verschlossen werden. Für Italien und Oesterreich wäre das Gleiche der Fall. Nimmt man aber an, wozu doch einiger Recht vorhanden ist, daß die vereinigten Flotten von England, Italien, Deutschland und Oesterreich=Ungarn der russisch=französischen überlegen bleiben, dann braucht eine dauernde und regelmäßige Versorgung unseres Welttheils noch immer nicht gesichert zu sein, weil gelegentliche und sehr empfindliche Durchbrechungen der Flotten der vier Mächte doch nicht vorhindert werden könnten.
In noch viel schwierigeren Verhältnissen aber wäre jedenfalls Frankreich. Denn die Zufuhren aus dem befreundeten Rußland würden ihm ganz sicher, die aus Amerika zum größten Theil abgeschnitten werden können. Es sind Zukunftsperspectiven, die ganz und gar nichts Phantastisches an sich haben. Bei der großen Volksdichtigkeit Westeuropas, bei der ungeheuren Größe der Armeen, bei der vermehrten Schwierigkeit für die zu Hause Bleibenden, das Feld zu bebauen, bei der jetzt unumgänglichen sehr bedeutenden Zufuhr aus den Getreideländern wird ein europäischer Krieg die Ernährungsschwierigkeiten nicht blos für die Heere, sondern auch für die übrige Bevölkerung zu einem beinahe unfaßbaren Maß steigern müssen. Wir sind allerdings überzeugt, daß die furchtbaren Gefahren, die in diesem Zustand schlummern, den Heeresverwaltungen nicht blos bekannt sind, sondern daß sie diese und überhaupt die Regierungen dazu bringen müssen, einen Kriegsausbruch nach Möglichkeit fernzuhalten. Von welcher Seite man auch den Zukunftskrieg betrachtet, er ist etwas so Fürchterliches, daß nur ein Wahnsinniger ihn herbeiwünschen kann.


Im ungarischen Abgeordnetenhaus hat der Ministerpräsident Graf Szapary am Mittwoch auf eine bezügliche Interpellation betr. die Verlängerung des Dreibundes Folgendes erwidert: Es ist allgemein bekannt, daß das Defensivbündniß zwischen Oesterreich=Ungarn und Deutschland seit 1879 besteht; am 3. Februar 1888 wurde die Thatsache gleichzeitig in Wien, Budapest und Berlin veröffentlicht. Es ist auch allgemein bekannt, daß Italien demselben beigetreten ist. Ich constatire als Thatsache, daß neuerdings Italien der Verlängerung des Vertrages auf mehrere Jahre zugestimmt hat und kann Jedermann beruhigen, daß die weitere Erhaltung dieses rein defensiven Friedensvertrages gesichert ist. Zur Bekräftigung dieses Vertrages, die auch früher nicht erfolgt ist, beabsichtigen die interessirenden Regierungen keine Unterbreitung desselben bei den Parlamenten, daher könne auch die ungarische Regierung keinen solchen Vorschlag machen.
In Prag hat es am Montag schon wieder eine slavenfreundliche Demonstration mit der obligaten Verhöhnung der Deutschen gegeben. Die "interressanten" Nationalitäten müssen doch nun bald alle dort gewesen sein!
Der feierliche Einzug des großherzoglichen Paares ging am Donnerstag durch die festlich geschmückten Straßen von Luxemburg vor sich. Tausende von Menschen jubelten dem Landesfürsten entgegen. Der Bürgermeister begrüßte das großherzogliche Paar an der Stadtgrenze. Nach dem Einzug zogen über 200 Gesellschaften am Palais vorbei, während die großherzogliche Familie auf dem Balkon stand und freundlich grüßte. Sämmtliche Tagesblätter haben Festnummern mit dem Bildnisse des Landesfürsten erscheinen lassen. Die Luxemburger Zeitung schließt ihren Festartikel mit folgenden Worten: "Luxemburger sind wir, Luxemburger wollen wir bleiben. Als Luxemburger wollen wir leben, als

[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 6]

Luxemburger wollen wir sterben. Den Wunsch verkörpert unser Großherzog."
In einem militärischen französischen Blatt findet sich folgende interessante Thatsache vermerkt: Eine Nachwirkung des Krieges von 1870/71 ist in Frankreich die verhältnißmäßige Schwäche des Rekrutenjahrganges 1890, welcher im bevorstehenden November in das Heer eingestellt werden wird. Die Kopfzahl bleibt um 21 000 hinter derjenigen der Classe von 1889 zurück.
Das französische Panzergeschwader lief am Donnerstag mittag im Hafen von Kronstadt ein und wurde vom Admiral Großfürst Michael an der Spitze eines russischen Geschwaders unter Salutschüssen und den üblichen Ehrenbezeugungen empfangen. Dank den Anstrengungen des stockrussischen Empfangs=Comités waren Hunderte von Fahrzeugen und Tausende von Menschen unterwegs, um die Franzosen mit stürmischem Jubel zu begrüßen. Kaiser Alexander wird am Freitag die französischen Offiziere empfangen, und dabei vielleicht doch an Moskau und Sebastopol denken. Außerdem finden noch ein ganzes halbes Schock Festlichkeiten statt, welche der amtliche Telegraph gewissenhaft aufzählt.
Großes russisch=französisches Verbrüderungsfest auf der Rhede von Kronstadt à conto der Anwesenheit des französischen Geschwaders! Sämmtliche Petersburger Blätter bringen franzosenfreundliche Begrüßungsartikel und heben hervor, daß das Ereigniß Zeugniß von den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Frankreich und Rußland ablege. Die "Nowoje Wremja" meint, die Vereinigung beider Geschwader im finnländischen Meer sei ein imposanter Reflex der internationalen Politik beider Länder. Die russische "St. Petersburger Zeitung" sagt, Rußland und Frankreich seien durch ein natürliches Bündniß verknüpft; Rußland fürchte Niemand. Die Pariser Blätter stehen ihren russischen Kolleginnen natürlich nicht nach. Sie sind von Schilderungen und Erörterungen über den Besuch der französischen Flotte in Kronstadt. Derselbe ist nach dem "Paris" die Antwort auf die Begegnung von Windsor und die Bestätigung einer "eventuellen" Allianz!
Der russische Thronfolger wird in den ersten Tagen des August in St. Petersburg erwartet. Der Zar und dessen Gemahlin reisen dem Thronfolger nach Moskau entgegen, wo sie einen Tag mit ihm verweilen werden. Dann wird sich die kaiserliche Familie nach Gatschina begeben, von wo aus der Zar im August zu den Manövern nach Finnland gehen wird.
Das russische Justizministerium hat es jetzt als Regel festgesetzt, daß die vom Judenthum zum Christenthum übergetretenen Rechtsanwaltsgehülfen erst nach dreijähriger Frist dieselben Rechte wie ihre christlichen Kollegen erlangen sollen.
In St. Petersburg und in anderen russischen Proviantplätzen sind einmal wieder "kleine Unregelmäßigkeiten" entdeckt worden. Es ist festgestellt worden, daß die staatlichen Getreidemagazine, welche für den Nothfall immer gefüllt sein sollen, beträchtliche Manquos aufweisen. Eine Commission ist ernannt worden, die für die Zukunft derartige Manquos verhindern soll.
Wie die "Köln. Ztg." ferner meldet, ist das bisherige Verbot, die Marseillaise in Rußland zu spielen, für die Zeit des Besuches des französischen Geschwaders aufgehoben worden.
König Oskar wurde in Christiania mit großem Enthusiasmus empfangen, wo er zur Feier des 250jährigen Jubiläums der Stadt eintraf. Die Festrede des Königs, worin derselbe die Selbständigkeit Norwegens betonte und auf die damit verbundenen Pflichten, besonders dringend auf neue Küstenbefestigungen hinwies, fand herzlichen Anklang.
Zu der Herzensangelegenheit des Kronprinzen von Rumänien mit Fräulein Vacarescu bringt die "Kölnische Ztg." jetzt von, wie sie besonders hervorhebt, "wohlunterrichteter Seite" eine Darstellung, der zufolge es sich von Seite des genannten Fräuleins um nichts weniger, als um sentimental=romantische Gefühle, vielmehr nur um eine mit kalter Berechnung angelegte Intrigue, zu deren Förderung in erster Reihe die Königin Natalie, ohne daß sie es selbst geahnt habe, mißbraucht worden sei. Für Fräulein Bucarescu habe es sich um Befriedigung ihres Ehrgeizes, für ihre Mitverschworenen darum gehandelt, das Königshaus und besonders den noch ganz unmännlichen Kronprinzen in völlige Abhängigkeit von den zweifelhaftesten Elementen der überhaupt so zweifelhaften Bojarengesellschaft zu bringen. Fräulein Vacarescu, durchaus französisch gebildet und zu russischen Interessen dienstbar, dabei beiläufig gesagt, weder schön noch graciös und als französische Dichterin eine Prophetin der Sinnlichkeit, habe den hinter ihr stehenden politischen Machern als Werkzeug dienen sollen, das sicherste Bollwerk der westlichen Kultur im Osten, Rumänien so zu unterwühlen, daß es sich im Kriegsfall als widerstandsunfähig erwiesen haben würde.
Die Bukarester Zeitungen haben den endgiltigen Verzicht des Kronprinzen auf das Heirathsprojekt mit der Hofdame Fräulein Vacarescu gebracht.
Wie man aus Bukarest schreibt, wird der König von Rumänien Ende August mit dem Prinzen von Wales in Blankenberghe eine Zusammenkunft haben wegen des Projectes, den Thronfolger Prinzen Ferdinand mit einer Tochter des Herzogs von Edinburgh zu vermählen.
König Alexander von Serbien ist am Mittwoch früh auf dem Dampfer "Sofie", begleitet von dem russischen Gesandten Persiani und seinem Gefolge nach Rußland abgereist. Am 10. August gedenkt der junge König in Ischl beim Kaiser von Oesterreich seine Aufwartung zu machen.
Gegenüber alarmirenden Nachrichten aus Deutsch=Ostafrika geht von Bagamoyo die Meldung ein, daß dort vollständige Ruhe herrscht. Auch im Hinterlande ist zur Zeit von Kämpfen nicht die Rede, die fliegenden deutschen Kolonnen halten mit großer Energie die Ordnung aufrecht. Dort, wohin noch keine Deutsche kamen, sieht es natürlich etwas anders aus.


- Die an den preußischen Hochschulen veranstalteten Sammlungen für einen dem Fürsten Bismarck zu widmenden Ehrenhumpen haben gegen 35 000 M. ergeben. Die feierliche Uebergabe des Humpens wird am 10. August in Kissingen durch eine studentische Abordnung erfolgen. Am Abende desselben Tages soll ebenda ein Festcommers stattfinden, dem, wie man sicher hofft, auch der Fürst beiwohnen wird.
- Geheimrath Dr. Robert Koch scheidet nicht nur als Direktor der hygyenischen Institute in Berlin aus, er legt damit auch zugleich seine ordentliche Professur nieder. Es besteht aber in akademischen Kreisen der lebhafte Wunsch, den großen Forscher auch in Zukunft der Universität als Lehrer zu erhalten. In der That steht denn auch eine Ernennung bevor, welche Professor Koch die Möglichkeit gewährt, auch ferner an der Berliner Hochschule Vorlesungen zu halten.
- Ueber die Krebsversuche des Professors Dr. Hahn in Berlin veröffentlicht die "Medizinische Wochenschrift" neuerdings eine Zuschrift des Chirurgen Dr. Frank, der an den Versuchen Theil genommen hat. Derselbe hebt hervor, daß es sich in erster Linie nicht um die Untersuchung der Möglichkeit der Krebsübertragung gehandelt habe, sondern daß eine Besserung des Zustandes der Patientin durch Ueberpflanzung gesunder Haut auf eine Krebsfläche versucht und festgestellt worden sei; daß sich auf der übertragenen Stelle später Krebsknötchen gebildet hätten, habe nachträglich Interesse erregt; das Befinden der Patientin sei durch die Behandlung nicht ungünstig beeinflußt worden.
- Ein Steuerzahler in Berlin wollte kürzlich eine 120 Mark betragende Steuersumme in Fünfzigpfennigstücken entrichten. Die Steuerkasse weigerte sich indessen, die Zahlung in dieser Form anzunehmen. Auf die eingereichte Beschwerde bei der Regierung wurde sie indessen angehalten, ihre Weigerung zurückzunehmen. In dem betreffenden Bescheide heißt es, daß die Rentmeister verpflichtet seien, jeden Betrag in Reichs=Münzen anzunehmen.
- Von den Opfern der Blitzkatastrophe auf dem Tempelhofer Felde in Berlin mußte der Musketier Börs wegen dauernder Dienstuntauglichkeit mit Pension entlassen werden. Die Wunde, welche derselbe am Kopfe erhalten hat, ist allerdings wieder vernarbt, doch verliert er zeitweise noch immer das Bewußtsein.

[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 7]

- Die Verhandlungen, die wegen der Coloniallotterie mit verschiedenen Bankhäusern stattfanden, haben nunmehr zu dem Ergebniß geführt, daß die geschäftliche Durchführung dieses Unternehmens der "Nationalbank für Deutschland" im Verein mit dem Berliner Lotteriegeschäft von Carl Heintze übertragen worden ist.
- In den Militärwerkstätten in Spandau wird der Betrieb zum Herbst wieder eine beträchtliche Erweiterung erfahren, nur in der Gewehrfabrik ruht auf unbestimmte Zeit fast jede Thätigkeit.
- Die Uebungen der Garde=Ulanen an der Unterspree werden noch immer fortgesetzt und zwar mit täglich sich mehrendem Erfolge. Das Uebersetzen der Mannschaften, Waffen und Geschirre in Böten und auf Flößen geht schnell und mit großer Präzision von statten; die Pferde durchschwimmen den hier sehr tiefen und breiten Strom meist ohne alle Schwierigkeiten. Eine Schwadron vermag im Laufe von kaum einer Stunde bereits am anderen Ufer wieder feldmarschmäßig abzureiten. Die Korona von Zuschauern am Schleswiger Ufer wird mit jedem Morgen größer.
- Ganzen Zügen von Radfahrern begegnet man in letzterer Zeit öfter auf den Chausseen in der Umgegend Berlins. An der Spitze derselben fahren meist Damen in höchst kleidsamer Tracht, welche einem neuen Damen Radfahrer=Verein angehören. In anderen Städten wie Altenburg, Leipzig, Dresden, München, Nürnberg etc., sind radfahrende Damen durchaus keine Seltenheit mehr. In Kopenhagen giebt es deren einige Hundert und in London legen unzählige Damen auf dem niedrigen Zweirad täglich den Weg in das Geschäft und nach Hause zurück.
- Eine Falschmünzerbande ist in Bahrenfeld bei Hamburg entdeckt wurden, welche dort in einer Krähenhütte in den Geyenschen Tannenwaldungen gehaust hat. Als sich kürzlich ein Geyenscher Arbeiter in die Nähe der Hütte begab, sah er, wie dort mehrere Personen aus= und eingingen. Als die Polizei von dieser Beobachtung in Kenntniß gesetzt wurde, begaben sich, wie die "Hamb. Nachr." mittheilen, sechs Personen unter Führung zweier Polizisten zur Nachtzeit an Ort und Stelle, um die Hütte zu untersuchen. Man fand drei Männer und eine Frau darin, sowie das Material, Schmelztiegel, Münzmetall etc., welches zur Falschmünzerei erforderlich ist. Man bemächtigte sich der Gesellschaft, doch sind zwei derselben angehörige Personen entflohen und bis jetzt nicht ergriffen worden. Unter Laub verborgen, fand man in der Nähe der Krähenhütte viele falsche Ein= und Zweimarkstücke, sowie Fünfzigpfennigstücke vor.
- Wie aus Hamburg berichtet wird, brach der Wettschwimmer Ulsted aus Liljeholmen am Sonntag Morgen bei einem großen Versuchssprung das Genick und starb sofort.
- Das neue Panzerschiff, das am Mittwoch, auf der Werft der Aktiengesellschaft "Weser" in Bremen glücklich von Stapel lief, .und auf den Namen "Frithjof" getauft wurde, ist ein Schwesterschiff von "Siegfried" und "Beowulf". Eine Eigenthümlichkeit des neuen Schiffes sind die stark eingefallenen Bordwände. Zwischen den Thürmen ist ein Aufbau angebracht, auf welchem sich die über die Bordwände ragende Kommandobrücke befindet, das Panzerfahrzeug wird, dem jetzigen Gebrauch entsprechend, keine besondere Takelage, sondern nur einen sogenannten Gefechts= und Signalmast erhalten. Die Besatzung wird aus 256 Mann bestehen.
- Das Anbringen von Stacheldrahtzäunen an öffentlichen Straßen und Wegen hat das Reichsgericht als unstatthaft erklärt.
- In Hannover wurden in letzter Zeit verschiedene Personen wegen Erschleichung von Altersrenten angeklagt und auch bestraft. Es mag das zur Warnung dienen. Die Controlle bei der Altersversicherung ist eine sehr genaue, und es darf niemand darauf rechnen, für die Dauer den Versicherungsanstalten ein Schnippchen zu schlagen.
- Die Schäden, die die diesjährige Hagelwetter angerichtet haben, sind ganz enorm. So wird der Schaden, den Braunschweig und dessen nähere Umgebung erlitten hat, nach genauen Berechnungen auf 2 1/2 Millionen Mark geschätzt. Der Hagelschaden an Feldfrüchten in dem westfälischen Amt Wolbeck allein beziffert sich auf 1 094 000 Mk.
- Der im Dortmunder Gefängniß sitzende, zum Tode verurtheilte Raubmörder Michalski hat einen Mordversuch gegen den Gefangenwärter unternommen und denselben erheblich verletzt.
- In Frankfurt a. M. wurden in den Läden und auf Straßen der Stadt eine Menge Flugschriften vertheilt, die den Weltuntergang für den kommenden September prophezeien und zur Buße und Besserung mahnen.
- Die in der jüdischen Gemeinde zum Besten der russischen Juden veranstaltete Sammlung ergab 50 000, die in Frankfurt 500 000 Mark.
- Am 20. Juli starb in Frankfurt a. M. im 67. Lebensjahre der Begründer der Frankfurter und Nürnberger Bierbrauerei=Gesellschaften Herr Heinrich Henninger. Der Verstorbene, der in Berufskreisen sich den Namen eines umsichtigen und fachverständigen Mannes erworben hatte, besaß infolge seiner persönlichen Liebenswürdigkeit zahlreiche Freunde.
- In Türkenfeld bei Cöln trafen in dem dortigen St. Ottilien=Missionshause eine Anzahl ungetaufter Negermädchen, die im Alter von 7 bis 10 Jahren stehen, ein. Sie hatten die Reise von Dar=es=Salaam glücklich zurückgelegt.
- 1000 Mark Belohnung hat nunmehr die Oberpostdirection Münster wegen der auf dem Wege von Jena nach Osnabrück verschwundenen 24 000 Mark ausgesetzt.
- In Worms sind sehr viele absichtlich beschädigte Goldstücke an den Kassen eingelaufen. Die Goldstücke sind theils durch Säuren, theils durch mechanisches Abdrehen und Wiederpolieren der Ränder um einen beträchtlichen Theil ihres Gewichts gebracht. Die Umstände deuten darauf hin, daß in dortiger Gegend irgend ein heimlicher "Industrieller" sich mit derartigem "Goldsuchen" befaßt.
- Bei einer Ballfestlichkeit in Dzingellen (Ostpr.) begaben sich eine größere Anzahl Mädchen im Alter von 16 bis 20 Jahren stark erhitzt zu einem Brunnen und tranken Wasser. Das Wasser des Brunnens war aber gesundheitsschädlich, und die schrecklichen Folgen blieben nicht lange aus. Alle diese blühenden Mädchen wurden vom Nervenfieber ergriffen, und drei davon schon durch den Tod von ihren Leiden erlöst.
- In Posen stürmte am Donnerstag Abend ein betrunkener Soldat vom 46. Infanterie=Regiment mit gezogenem Seitengewehr durch einen großen Theil der Stadt und hieb auf alle ihm entgegenkommenden Personen los. Er verletzte auch eine Anzahl derselben, darunter einen katholischen Geistlichen und einen Arzt. Schließlich wurde er von mehreren Soldaten ergriffen und nach der Hauptwache gebracht.
- Wie man aus Bayern schreibt, wird in diesem Jahre viel weniger gereist, als in den früheren. Die Badeorte weisen weniger Besuch auf, als in den drei vorangegangenen Sommersaisons. Selten war in München der Fremdenverkehr so gering als augenblicklich. Noch eine andere Erscheinung macht sich bemerkbar: Die Tageszüge sind viel besetzter als die Nachtzüge, sonst war bei längeren Reisen der umgekehrte Fall bemerkbar. Man kann hier unschwer eine Rückwirkung der Eisenbahnunfälle merken.
- In den Vergnügungs=Sonderzügen scheint das Publicum ein Haar gefunden zu haben. Ein staatlicher Sonderzug zum Heinrichsfeste in Bamberg fand in Nürnberg ganze 4 Theilnehmer, und ein Privatsonderzug von Nürnberg nach München konnte mangels Betheiligung überhaupt nicht gehen.
- Die Nachricht von dem Selbstmord des Dichters Oskar v. Redwitz erweist sich als eine wahrscheinlich von ultramontaner Seite ausgegangene gehässige Lüge. Man kann eben in diesen Kreisen dem verstorbenen Dichter den Abfall von der "allein selig machenden Kirche" selbst über das Grab hinaus nicht verzeihen. Die Münchener "Allgemeine Zeitung" ist in der Lage, über die letzten Stunden des Dichters folgende authentische Mittheilung zu machen: Freiherr v. Redwitz nahm zur Heilung seines schweren Nervenleidens am 3. Juni Aufenthalt in St. Gilgenberg bei Bayreuth, der Nervenheilanstalt des

[ => Original lesen: 1891 Nr. 58 Seite 8]

Herrn Dr. Falco, wohin ihn seine Tochter, Frau v. Kühlmann, begleitete. Er fühlte sich von dem Aufenthalt und der Umgebung sympathisch berührt, und wenn auch das eigentliche Leiden sich nicht wesentlich besserte, so wich doch die hochgradige Erregtheit größerer Ruhe. Am 30. Juni verließ ihn seine Tochter; nach deren Abreise liefen gute Nachrichten über sein Befinden ein, es schien ein wesentlicher Schritt zur Besserung zu verzeichnen. Nach der Nacht vom 5. bis 6. Juli äußerte er eines Morgens gegen den Diener, besonders gut geschlafen zu haben. Den Morgen verbrachte er in Gesellschaft im Garten bis zur Tischzeit, aß mit gutem Appetit und machte darnach seinen gewohnten Mittagsschlaf, aus dem er nicht mehr erwachen sollte. Der Arzt, durch sein längeres Fernbleiben von der Gesellschaft beunruhigt, schickte den Diener zu ihm und dieser fand ihn todt auf dem Sopha liegend, in derselben Stellung, wie er ihn ganz kurze Zeit vorher ruhig atmend schlafen gesehen hatte. Angestellte Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein unerwartetes Ende bereitet.
- Als ein Wunder der Natur muß die 15jährige Marie Ulrich aus dem Elsaß bezeichnet werden, welche bei einer Höhe von 1 3/4 Meter das unglaubliche Gewicht von 302 Pfund besitzt.
- Die Deutsche Landwirthschafts=Gesellschaft hatte im October vorigen Jahres ein Preisausschreiben erlassen für eine Prüfung von Bindemähmaschinen mit Garbenbindern. Zu derselben waren 10 Anmeldungen eingegangen, 2 davon wurden zurückgezogen und 1wurde nur für die Arbeit in Weizen und Sommergetreide angemeldet, während die übrigen 7 sowohl für Weizen und Sommerkorn, wie für Roggen angemeldet waren. Es war von vornherein ein erfreuliches Zeichen für die Bestrebungen der Fabrikanten, ihre Maschinen deutschen Verhältnissen anzupassen, daß sie fast sämmtlich zu Roggen angemeldet hatten. Am heutigen Tage fand die Prüfung in Roggen zu Falkenrehde bei Potsdam statt. Es nahmen an der Prüfung theil folgende Bindemäher:
"Mc. Cormick", ausgestellt von W. Siedersleben & Co., Bernburg,
"Adriance", ausgestellt von Adriance, Platt& Co., New=York und Hamburg,
Mähmaschine von Walter A. Wood, Berlin,
"Massey", ausgestellt von The Massey=Manufacturing=Compagnie, Toronto und London,
"Hornsby", ausgestellt von R. Hornsby & Sons, Grantham.
"Mähmaschine 1" von A. Haaris, Son & Co., Brantford, ausgestellt von Ad. Pieper, Mörs a/Rh.,
"Osborne", ausgestellt von Cl. Dreyer, Bremen.
Die Maschinen mähten in einem stark gelagerten Roggen, den sie einseitig anschnitten. Es zeigte sich bei dieser Prüfung, daß alle Maschinen ihrer Aufgabe vollkommen gerecht wurden, man kann wohl sagen, daß diese Bindemäher über Erwarten gut in dem langen Roggen ihre Arbeit verrichteten. Selbstredend war Ausführung und Erfolg der Arbeit nicht überall der gleiche und wird es Sache der Richter sein, die vorzüglicheren dieser Maschinen auszuzeichnen. Das Urtheil wird erst ausgesprochen, nachdem die Bindemäher auch in Weizen und Hafer, welche Früchte zur Zeit noch nicht reif sind, gearbeitet haben, der Schluß dieser Prüfung kann daher erst etwa binnen zwei Wochen stattfinden.
- Auf dem Marsch zur Frühübung scheute das Pferd des ungarischen Husarenmajors Grafen Rudolf Wallis zu Steinamanger. Der Graf wurde herabgeschleudert, blieb aber in dem einen Steigbügel hängen und wurde die Straße entlang geschleift. Er erlag bald darauf seinen Verletzungen.
- In Luxemburg gelangen jetzt neue Briefmarken zur Ausgabe. Dieselben sind von außerordentlich klarer Prägung und zeigen den Kopf des Großherzogs mit der Umschrift: "Grandduché de Luxembourg".
- In der Nacht auf den Freitag hat der Pariser Pöbel einen Tumult auf dem Roquetteplatz in Paris veranlaßt. Auf diesem Platz steht das Gefängniß, in dem die zum Tod verurtheilten Mörder von Courbonoin sitzen. Während der ganzen Nacht hatte der Pöbel den Platz belagert, bis schließlich die Polizei 268 Sistierungen vornehmen mußte. Von den Verhafteten sind 60 im Polizeigewahrsam zurückbehalten worden. Irrthümlicherweise war auch der Direktor des Gefängnisses mitarretirt worden.
- Die Pariser Blätter gehen jetzt schon so weit, den französischen Geschäftsleuten eine Betheiligung an der in Chicago geplanten Ausstellung zu widerrathen, weil "Chicago eine halbdeutsche Stadt sei und die Deutschen bei der Ausstellung den Vorrang haben würden".
- In Marseille herrscht große Aufregung, da kurz hintereinander zwei Mädchen ermordet worden sind und die Schandthaten große Aehnlichkeit mit denen von Whitechapel haben.
- In Vincennes bei Paris ist jüngst eine originelle alte Dame gestorben, die mit wunderbarer Geschwindigkeit die Flaschen zu leeren verstand und in dem Ruf stand, pro Monat ein Stückfaß Wein zu ihrem persönlichen Bedarf zu verbrauchen. In ihrem Testament hat sie ihr nicht unbeträchtliches Vermögen von 200 000 Frcs. ihrer Vaterstadt Toul ausgesetzt und sich nur als letzten Wunsch ausbedungen, in Vincennes "möglichst weit von ihrem verstorbenen Gatten" beerdigt zu werden.
- Prämie auf Geburten. Während des Jahres 1890 war im Zivilstandsregister der Gemeinde Charette in Frankreich nicht eine einzige Geburt zu verzeichnen gewesen. Das war dem Maire des Orts, dem Grafen von Chardonnet, doch über den Spaß und er hat die folgende Bekanntmachung austrommeln lassen: "Wir, Maire von Charette, versprechen eine Prämie von 100 Franken jeder Frau zu zahlen, welche während des Jahres 1892 ein lebensfähiges Kind in die Welt setzen wird. Diese Prämie wird acht Tage nach der diesbezüglichen Anzeige auf dem Standesamt bezahlt. Die Eltern müssen der Gemeinde mindestens seit einem Jahr angehören."
- In der Nähe von Petersburg ist unter dem Rindvieh die sibirische Pest ausgebrochen.
- In vielen Ortschaften des Transkaukasus, im Süden Rußlands, in den Steppen Kleinrußlands und insbesondere in Dnjepronsk und Melitotol wütet gegenwärtig, wie der Grashdanin meldet, ein Heuschreckenschwarm, der die Saaten vernichtet und der Landwirthschaft großen Schaden zugefügt. Im Transkaukasus selbst sind mehr als 300 000 Deßjatinen von Heuschrecken bedeckt. Mehr als 5000 Arbeiter sind mit der Ausrottung der Heuschrecken beschäftigt, jedoch bisher ohne Erfolg.
- Die Pulvermühle der dänischen Pulverfabrik Drese flog am Donnerstag in die Luft. Eine größere Zahl von Arbeitern ist verletzt, aber nur einer schwer.
- Der Erfinder der antiseptischen Wundbehandlung, Sir John Lister, hat durch den Bankerott eines Londoner Bankhauses einen Theil seines Vermögens im Betrag von 18 000 Pfd. Sterl. verloren.
- Eine Sichelschlacht wurde vor einigen Tagen in dem sizilianischen Dorfe Terranova=Bracciolini zwischen einer zahlreichen Schnitterschar ausgefochten, wobei das Blut in Strömen floß and mehrere Kämpfer schwer verwundet wurden. Irgend ein Wortwechsel hatte den Anlaß zu der wüsten Metzelei gegeben.
- Der ganze Süden von China soll sich in großer Aufregung und Unruhe befinden. Bewaffnete Banden durchziehen das Land und setzen die Bewohner in Angst und Schrecken, jedes Handelsgeschäft unmöglich machend. Die Anführer der Meuterer in Wuhu sind verhaftet worden.
- Ein wahres Goldfieber hat, wie einem Kabeltelegramm aus Newyork zufolge aus dem Staate Nikaragua gemeldet wird, die Auffindung eines Goldlagers bei Prinzapulca in ganz Central=Amerika hervorgerufen. Man hat dort neuerdings Goldklumpen im Gewicht von 6 bis 38 Pfund gefunden. Die Entdeckung ist ganz zufällig von einem Soldaten des Staates Nicaragua gemacht worden; dieser fand ein 18pfündiges Stück Gold, welches er für 2800 Dollars verkaufte. Das Goldlager verdankt man einem vulkanischen Ausbruche, durch welchen das tief unter der Erde lagernde Gold, in Folge der ungeheuren Hitze zu größeren Klumpen zusammengeschmolzen, auf die Oberfläche geworfen wurde. Der Bezirk, in welchem das Gold gefunden wird, dehnt sich etwa 30 Meilen im Umkreise um Prinzapulca aus und war ursprünglich ein reiches Weideland.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD