No. 57
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 24. Juli
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 57 Seite 1]

Publicandum.

           Auf Allerhöchsten Befehl soll im Fürstenthume Ratzeburg für das Jahr vom 1. Juli 1891 bis dahin 1892 zur Deckung der Kosten des Landesfonds, sowie des dem Fürstenthume an den Bundeslasten obliegenden Antheils nach dem unterm 5. Oktober 1853 erlassenen und durch den Officiellen Anzeiger Nr. 13 publicirten Edikte eine Steuer erhoben und damit fördersamst angefangen werden, welches zur allgemeinen Nachachtung und mit dem Anfügen bekannt gemacht wird, daß

der 23. Juli 1891
als Normaltag

für die Bestimmung des status quo, wonach die Steuer zu bezahlen, festgesetzt ist.
           Diejenigen Landesbewohner, deren Gesellen und Dienstboten ihr Geschäft resp. ihren Dienst vor Erhebung der Steuer verlassen, haben von denselben die edictmäßige Steuer zurückzubehalten und am Zahlungstage, der demnächst bekannt gemacht werden wird, mit zu berichtigen.
           Schönberg, den 20. Juli 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
In Vertretung: H. Spieckermann.


                Das Impfgeschäft im Impfbezirk Schönberg II (westlich) findet in diesem Jahre in nachbezeichneter Weise statt und zwar:

1. im Impfdistrict Schönberg,

bestehend aus den Ortschaften.

Bauhof Schönberg, Kleinfeld und Malzow

im Hause des Herrn Landphysikus Dr. Marung in Schönberg

a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder aus der Schule zu Kleinfeld

am Sonnabend, den 25. Juli d. Js.,
Morgens 9 resp. 9 1/2 Uhr.

und Revision der Schutzblattern

am Freitag, den 31. Juli,
Morgens 9 resp. 9 1/2 Uhr,

2. im Impfdistrict Zarnewenz,

bestehend aus den Ortschaften:

Zarnewenz (Hof und Dorf), Schwanbeck mit Siechenhaus, Schönberg=Sülsdorf und Teschow
im Kruge zu Zarnewenz
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,
b. Wiederimpfung der Kinder in den Schulen zu Siechenhaus, Schönberg=Sülsdorf und Teschow

am Sonnabend, den 25. d. Mts.,
Nachmittags 3 resp. 3 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 1. August,
Nachmittags 2 resp. 2 1/2 Uhr.

3. im Impfdistrict Rieps,

bestehend aus den Ortschaften:

[ => Original lesen: 1891 Nr. 57 Seite 2]

Rieps, Boitin=Resdorf, Heiligeland, Gr. und Kl. Mist, Schlag=Resdorf mit Perückenkrug, Schlags=Sülsdorf, Thandorf, Wendorf,
im Kruge zu Rieps
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus den Ortschaften Rieps, Gr. und Kl. Mist, Boitin=Resdorf, Wendorf und Schlag=Sülsdorf,

am Montag, den 27. Juli,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Montag, den 3. August,
Nachmittags 3 Uhr,

b. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus den Ortschaften Schlag=Resdorf mit Perückenkrug und Thandorf mit Heiligeland

am Montag, den 3. August,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Montag, den 10. August,
Nachmittags 3 Uhr.

c. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen Rieps, Gr. und Kl. Mist, Schlag=Resdorf, Schlag=Sülsdorf und Thandorf,

am Montag, den 10. August,
Nachmittags 3 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Montag, den 17. August,
Nachmittags 3 Uhr.

4. im Impfdistrict Selmsdorf

bestehend aus den Ortschaften:

Selmsdorf (Hof und Dorf), Bardowick, Hohemeile und Lauen,
im Locale des Gastwirths Michaelsen
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder,

am Sonnabend, den 1. August,
Nachmittags 3 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 8. August,
Nachmittags 2 1/2 Uhr.

b. Wiederimpfung der Kinder aus der Schule zu Selmsdorf,

am Sonnabend, den 8. August,
Nachmittags 3 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 15. August,
Nachmittags 3 Uhr.

5. im Impfdistrict Herrnburg,

bestehend aus den Ortschaften:

Herrnburg, Duvennest, Lenschow, Lüdersdorf, Palingen und Wahrsow (Hof u. Dorf)
im Gastwirth Lohse'schen Locale zu Herrnburg
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus Herrnburg, Palingen und Duvennest

am Mittwoch, den 29. Juli,
Nachmittags 4 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 5. August,
Nachmittags 5 Uhr.

b. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder aus Hof und Dorf Wahrsow und Lüdersdorf

am Mittwoch, den 5. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr.

c. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Herrnburg, Duvennest, Palingen und Wahrsow

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 19. August,
Nachmittags 4 1/2 Uhr.

[ => Original lesen: 1891 Nr. 57 Seite 3]

6. im Impfdistrict Petersberg,

bestehend aus den Ortschaften:

Petersberg, Bechelsdorf, Lockwisch (Hof und Dorf), Niendorf, Rupensdorf, Wahlsdorf und Westerbeck,
im Kruge zu Petersberg
a. Impfung der im Jahre 1890 geborenen Kinder

am Mittwoch, den 5. August,
Nachmittags 2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 2 Uhr,

b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Petersberg, Lockwisch, Niendorf, Rupensdorf und Wahlsdorf

am Mittwoch, den 12. August,
Nachmittags 2 1/2 Uhr,

und Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 19. August,
Nachmittags 2 Uhr.

             Den Ortsvorständen wird hierdurch aufgegeben, für die rechtzeitige Bekanntmachung der obgedachten Termine und für die Zuführung der Impflinge durch Ansage der Eltern, Pflegeeltern oder Vormünder Sorge zu tragen.
             Eltern, Pflegeeltern, Vormündern, deren Kinder oder Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.
             Diejenigen Betheiligten, welche von der Impfung durch den Impfarzt keinen Gebrauch machen wollen, werden hierdurch aufgefordert, dem bestellten Impfarzte bis zum Jahresschluß den Nachweis der geschehenen Genügung der Impfpflicht zur Vermerkung in der Impfliste zu geben.
             Schönberg, den 22. Juli 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.


Nachdem Kaiser Wilhelm am 22. Juli 1/2 12 Uhr am Nordkap an Land gegangen war, wurde der Aufstieg gegen 12 Uhr begonnen und nach einstündigem Marsch der vordere Rand des Plateaus erreicht. Trotz heftigen Windes war die Spitze des Nordkaps in dichten Nebel gehüllt. Nach dem Frühstück, welches auf der Höhe eingenommen, wurde der Abstieg angetreten, und um 4 Uhr war der Kaiser zurück an Bord der "Hohenzollern", welche darauf die Fahrt nach Hammerfest fortsetzte, wo sie heute früh um 11 Uhr eintraf und voraussichtlich 24 Stunden liegen bleiben wird.
Aus Anlaß seines Besuches in Holland hat der Kaiser kürzlich dem langjährigen Gesandten in Berlin, Dr. Jonkheer van der Hoeven, den Rothen Adlerorden erster Classe und dem jetzigen deutschen Gesandten im Haag, Grafen Rantzau, dem Schwiegersohn des Fürsten Bismarck, den Stern zum Rothen Adlerorden zweiter Classe mit Eichenlaub verliehen.
Von der englischen Kaiserreise kommt jetzt noch manches als Nachlese an die Oeffentlichkeit und lassen wir daraus noch einen kleinen Zwischenfall, der recht charakteristisch ist für englische freie Bürgersitten, hier folgen. Bei dem feierlichen Empfang des Kaisers in Guildhall war dieser gerade im Begriff, auf die Willkommungsrede des Lordmayor's zu antworten und hatte sich zu diesem Zweck von seinem Sitze erhoben. Der Prinz von Wales, aus Courtoisie gegen den Kaiser, stand gleichfalls auf, und seinem Beispiel folgte die gesammte königliche Familie, sowie alle Würdenträger des Hofes. Aber diese Gestaltung der Dinge mißfiel auf das Höchste den Londoner Gemeinderäthen, die hinter dem Hofe plazirt waren und durch dessen Aufstehen am Sehen und Hören verhindert wurden. Infolge dessen riefen sie mit Stentorstimmen den königlichen Hoheiten zu: "Setzen! Setzen!" wie man das etwa im Theater thut, wenn ein Vordermann im Parquet sich erhebt und den Ausblick auf die Bühne stört. Einige Mitglieder der Hofgesellschaft setzten sich auch wirklich nieder; der Prinz von Wales aber und die königliche Familie blieben bis zum Schluß der kaiserlichen Rede stehen, zum nicht geringen Aerger der Stadtväter der City.
Der Entwurf eines Reichsgesetzes über das Auswanderungswesen ist, wie die "Berliner Politischen Nachrichten" melden, jetzt fertiggestellt worden.
Um den Klagen über den verspäteten Anfang und vorzeitigen Schluß der Universitätsvorlesungen abzuhelfen, hat der preußische Kultusminister Graf Zedlitz angeordnet, daß die Vorlesungen in jedem Semester innerhalb der ersten sieben Tage zu beginnen und innerhalb der letzten sieben Tage zu schließen sind. Die Bestimmung tritt mit Beginn des nächsten Wintersemesters an allen preußischen Universitäten in Kraft.


Anzeigen.

Auctions=Anzeige.

In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Büdners und Tischlermeisters Johann Jahns zu Cronscamp werde ich am

Sonnabend, den 25. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

sämmtliche Sachen des Gemeinschuldners in Cronscamp an Ort und Stelle in öffentlicher Auction verkaufen lassen. Es kommen zum Verkauf:

1 Schwein, 5 Gänse, Kleeheu, Roggen, Mengekorn und Gerste auf dem Halm, Kartoffeln, 1 Milchschrank, 1 Kleiderschrank, mehrere Tische u. Stühle, 1 Sopha, 1 Uhr, 2 vollständige Betten mit Bettstellen, ca. 150 angefangene Kiepen, div. Haus= und Küchengeräth, 1 Hobelbank, vollständiges Tischlerhandwerkzeug, Bretter, Nutzholz, Brennholz etc. etc.
Die Auction beginnt in dem Hause des Gemeinschuldners.
Schönberg, den 20. Juli 1891.

                                                    Der Koncursverwalter
                                                    H. Fölsch. Rechtsanwalt.


Bekanntmachung.

Die nochmalige Hebung einer Armensteuer zum halben Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert ihre Beitrage fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, d. 20. Juli 1891.

Die Armenbehörde.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 57 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 29. Juli und 1. August 1891.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Montag, den 27. Juli d. J., Nachmittags 1 1/2 Uhr, sollen beim Gemeindevorsteher in Panten, die anderweit gepfändeten Sachen als:

6 Milchkühe, 1 Starke, 3 Kälber, 3 kl. Schweine, 2 Schafe, 3 Lämmer, 3 Gänse, 4 Hühner, 2 breitreifige eisenachs. Bauwagen, 1 Stuhlwagen, 2 Eggen, 2 Pflüge, 2 Pferdesielen, circa 5-6 Fuder Streustroh, 2 Fuder Heu, 40 Säcke, 1 Decimalwaage mit Gewichten, 1 Schlitten etc.
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Der Verkauf wird voraussichtlich nicht widerrufen.
Schönberg, den 21. Juli 1891.

                                                    C. Staffeldt. Gerichtsvollzieher.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung

am Sonntag, den 26. Juli 1891, Nachmittags 4 Uhr, im Vereinslocal.
                        Tagesordnung.
1. Abänderung des § 24 der Vereinsstatuten.
2. Feier des diesjähr. Sedanfestes.
3. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Zur Tanzmusik

am Sonntag, den 26. Juli, bis über Mitternacht hinaus, ladet freundlichst ein

                                                    J. Wienck-Sülsdorf.


Eine Büdnerei,

wo sonst eine Schlosserei betrieben wurde, ist preiswürdig zu verkaufen. Näheres ertheilt

                                                    J. Burmeister Büdner.
                                                    Schlagsdorf bei Ratzeburg.


Meine zu Raddingsdorf belegene
Büdnerei,

bestehend aus 6 Scheffel Acker, 1 Scheffel Gartenland, 1 Wohnhaus mit 2 Wohnungen, Viehställen und Backhaus beabsichtige ich entweder sogleich oder zu Michaelis zu verkaufen. Kaufliebhaber wollen mit mir in Unterhandlung treten.

                          Zimmermann und Büdner Oldenburg
                                                    in Raddingsdorf.


Triumph=Conserve=Büchsen
Ersatz für Blechdosen
1/2, 1 und 1 1/2 Liter Inhalt empfiehlt                                                    
                                                    C. Schwedt.


Hanfpferdeschuhe
mit lederner Schnalle sind stets vorräthig bei                                                    
                                                    H. Maass, Wasserstraße.


Zahnschmerzen aller Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extrakt beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. In Fl. à 50 Pfg. im Alleindepot für Schönberg bei Heinr. Böckmann, Bandagist.


Pianino prachtvoll, für 400 M. baar sofort zu verkaufen Berlin, Friedrichstr. 37a., I.


Zu verkaufen:
schöne, große Ferkel
in der Meierei                                                    
                                                    Bauhof Schönberg.


Ich suche zu sofort eine                                                    
Wirthschafterin
für meinen Haushalt.                                                    
                                                    Hauswirth Robrahn
                                                    in Kl. Molzahn.


Gesucht wird zu Michaelis d. J. ein

junges Mädchen

zur unentgeltlichen Erlernung der Wirthschaft in einem ländlichen Haushalt in der Stadt. Offerten unter F. D. 6 befördert die Annoncen=Exped. von Friedrich Dierking, Ratzeburg.


Gesucht zu Michaelis                                                    
2 junge Mädchen
zur Erlernung der Damenschneiderei von                                                    
                                                    C. Renzow geb. Tretow.


Am Montag, den 20. Juli, Nachmittags 5 1/2 Uhr entschlief sanft in dem Herrn mein lieber Mann

Franz H. Kramp
zu Rabensdorf.
                                                    Tiefbetrauert von mir und unserer Familie
                                                    Marie Kramp geb. Roxin.

Die Beerdigung findet statt in Schönberg am Freitag, den 24. d. M., Nachm. 4 1/2 Uhr.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 26. Juli.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
   Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 30.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 57 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 57 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 24. Juli 1891.


Das ist ein gutes Zeichen für den europäischen Frieden! Der preußische Kriegsminister v. Kaltenborn=Stachau ist am vorigen Sonntag von Straßburg aus mit längerem Urlaub nach dem Rigi abgereist.
Wiener Blättern zufolge fand dieser Tage in Preßburg in Gegenwart des Erzherzogs Friedrich, der Generalität und sämmtlicher Offiziere der Garnison eine großartige Sprengübung des Preßburger Pionier=Bataillons statt. Zum ersten Male seit Einführung des neuen Armeesprengstoffes "Ecrasit" wurde derselbe im Großen verwendet. Im Vergleiche zu Dynamit ergab sich eine doppelte Leistung des Ecrasits.
Ueber den ungarischen Zonentarif auf der Eisenbahn, der bekanntlich ganz erstaunliche Resultate geliefert haben sollte, kommen plötzlich ganz merkwürdige Nachrichten dahin lautend, daß die Eisenbahnverwaltung jetzt einen erheblichen Einnahme=Ausfall konstatieren muß, und demzufolge gezwungen ist, zu einer Erhöhung der Billetpreise zu schreiten.
Die Einfuhr Frankreichs hat im ersten Halbjahr ds. Js. 144 Millionen Frcs. mehr als im Vorjahr und die Ausfuhr 97 Millionen Frcs. weniger betragen.
Dem Eifer der russischen Marineoffiziere, die nächstens den Besuch des französischen Geschwaders empfangen werden, hat der Zar doch ein Riegelchen vorgeschoben. Er hat ihnen verboten, bei dieser Gelegenheil politische Reden zu halten; auch wird der Zar bei dem Bankett nicht zugegen sein, Großfürst Alexis wird vielmehr als Generaladmiral der russischen Flotte daran theilnehmen.
Das französische Geschwader wird in wenigen Tagen vor Kronstadt vor Anker gehen. Die Petersburger Blätter stellen große Vorbereitungen für den Empfang fest. Die "Nowoje Wremja" meint, alle früheren Feierlichkeiten beim Empfang ausländischer Schiffe würden vor dem jetzigen Empfang der Franzosen weit zurückstehen. Ganz Mitteleuropa werde unwillkürlich über denselben nachdenken müssen und auf die ganze Welt werde die enge Freundschaft der lateinischen und slavischen Race einen tiefen Eindruck machen. - Dasselbe Blatt sagt, es sei ein Irrthum, wenn man meine, daß Frankreich und Rußland durch das gute Einvernehmen Deutschlands mit England zum Frieden gezwungen würden, ein solches Ziel würde selbst ein formell abgeschlossenes Bündniß Englands mit Deutschland, Oesterreich=Ungarn und Italien nicht erreichen.
Die russischen Zeitungen sind angewiesen worden, keine alarmierende Nachrichten über die Ernteaussichten zu bringen. - Sämmtliche Intendanturchefs erhielten den Befehl, mit großer Umsicht sobald als möglich und so billig als möglich Hafer und Roggen in genügender Menge einzukaufen.
Aus Rom wird gemeldet, daß das Befinden des Papstes trotz der großen Hitze ein gutes sei. Das letzte Unwohlsein des Papstes soll vollständig gehoben sein.
Große Fortschritte hat Persien unter der Regierung von Nasr=Eddin Schah, "der Sonne Persiens" gemacht. Vor seiner Thronbesteigung war die Hauptstadt Teheran eine ganz vernachlässigte Stadt mit kaum 100 000 Einwohnern. Diese Zahl hat sich inzwischen um das Dreifache vergrößert und prachtvolle Regierungsgebäude, schöne Privathäuser, öffentliche Anlagen und Promenaden, welche einen Vergleich mit den Champs Elysées in Paris wohl aufnehmen können, errege die Bewunderung des europäischen Reisenden, welcher nach Teheran kommt. Die Armee ist nach europäischem Muster uniformirt und disziplinirt. Banken, Gasanstalten, Post= und Telegraphenämter, Eisenbahnen und Straßenbahnen, welche vor dem Regierungsantritt des Schah in Persien unbekannt waren, haben ihren guten Antheil zur Entwickelung des Reiches beigetragen.
Bei dem früheren Kaiser von Brasilien der in Vichy wohnt, ist zu einer Fußwunde der Krebs getreten. Da der Zustand des Kaisers bedenklich ist, wurden die berühmten Wundärzte Charcot und Pontet dorthin berufen.
Aus Mekka wird über London gemeldet, daß dort und in der Umgegend bis zum Sonntag 360 Todesfälle in Folge der Cholera vorgekommen sind. Die egyptische Regierung hat in Eltor ein militärisches Lager zur strengen Handhabung der Quarantäne errichtet und alle sonstigen erforderlichen Vorsichtsmaßregeln getroffen. - Eine Meldung aus Triest lautet noch ernster: In Abessinien wüthet die Cholera. In Mekka sollen Sonnabend 140, Sonntag 380 Pilger gestorben sein.
Nach einer Meldung der "Times" aus Bangkok hat der König von Siam in Asien den ersten Spatenstich zur Bangkok=Pankam=Eisenbahn in Gegenwart einer zahlreichen enthusiastischen Menge gethan.
Aus Samoa kommen bedenkliche Nachrichten. König Malietoa hatte seinen früheren Gegner Mataafa aufgefordert, nach Apia zu kommen, was Letzterer aber verweigert hat, indem er erklärte, er fürchte, verhaftet zu werden. In Apia besorgte man sogar einen Angriff auf die Stadt. In der That haben Ansammlungen zahlreicher unzufriedener Eingeborener stattgefunden. Die Behörden ergriffen Vorsichtsmaßregeln und wurden dabei durch das Kanonenboot "Sperber" unterstützt. Auch erließen die drei Konsuln eine Proklamation zur Befestigung der Stellung Malietoas. Seitdem hat die Beunruhigung nachgelassen, zumal die Anhänger Mataafas ihre Steuern bezahlt haben.


- Neustrelitz. Die Herzogin Helene zu Mecklenburg, Hoheit, Tochter der Großfürstin Catharina, ist Montag Mittag, von Petersburg kommend, zum Besuch am hiesigen Hofe eingetroffen. - II. KK. HH. der Erbgroßherzog, die Erbgroßherzogin sowie die Prinzessinnen und der jüngste Prinz haben sich am Sonntag nach Prillwitz begeben, um daselbst längere Zeit zu verweilen.
- Neustrelitz, 20. Juli. S. K. H. der Großherzog ließ dem Fuhrmann Rönbeck, der heute 50 Jahre Bürger ist, ein Geldgeschenk überreichen.
- Neustrelitz S. K. H. der Großherzog hat den hiesigen Landgerichtsassessor Selmer zum Landgerichtsrath, den Rechtsanwalt Moll, sowie den Syndicus Präfcke in Neubrandenburg zu Räthen ernannt.
- Schönberg. Sicherem Vernehmen nach ist dem Rector der hiesigen Mädchenschule, Candidat Krüger, die zu Weihnacht d. Js. durch Versetzung des Pastors Langbein nach Stargard frei werdende zweite Pfarre hieselbst wieder verliehen. - Als Lehrer für die combinirte Schule zu Kleinfeld und Mahlzow ist der Lehrer Schnoor, jetzt zu Wahlsdorf, ernannt.
- Der Kaiser schenkte wegen Rettung der Mannschaft der Barke "Memel" dem Kapitän Frehn vom Lloyddampfer eine kostbare goldene Uhr, dem Steuermann Seggeling ein überaus schönes Marinefernglas, beides mit den kaiserlichen Anfangsbuchstaben. Drei Seeleute erhielten je 100 Mark.
- Für das Kaiser Friedrich=Denkmal bei Wörth sind bis jetzt 269 000 Mk. gesammelt worden; 31 000 Mk. fehlen noch.
- Der Kirschensegen, besonders der Ueberfluß an süßen Kirschen ist, wie das "Spand. Tgbl." schreibt, trotz des vielen Regenwetters in diesem Sommer so ungeheuer, daß in der Umgegend von Berlin die schönsten Kirschen nicht mehr gepflückt werden können, weil die Händler nur 3 und 2, sage zwei Pfennige pro Liter bieten. Man überläßt die Süßkirschen deshalb lieber den Vögeln.
= Ostseebad Müritz, 20. Juli. Ein höchst beklagenswerthes Unglück hat sich gestern hier ereignet. Der hier mit seinen Kindern zur Kur weilende Professor Friedrichs aus Leipzig fuhr gestern Nachmittag

[ => Original lesen: 1891 Nr. 57 Seite 6]

mit seinen 5 Kindern in einem Segelboot auf der Ostsee spazieren. An der Fahrt nahm weiter Theil ein etwa 14jähriges Fräulein von Blücher aus der Gnoiener Gegend, welche mit ihrer Mutter hier Aufenthalt genommen hatte. Führer des Bootes war der Schiffer Johann Paape jun. von hier. Diese Fahrt sollte ein tief trauriges Ende nehmen. Gegen 1/2 5 Uhr kam plötzlich ein orcanartiger Sturm, der das Boot in Gefahr brachte zu kentern. Der Schiffer, sogleich die drohende Situation erkennend, begann sofort die Segel einzureffen, kam hierbei jedoch zu Fall, zerschmetterte sich den Schädel, fiel über Bold und fand sofort seinen Tod. Jetzt schlug das Boot um und ein furchtbarer Kampf der Insassen begann mit den Wellen. Am Strande hatte man bald die Lage erkannt. Der Bahnwärter Winter bemannte schleunigst ein Boot und den übermenschlichen Anstrengungen der Leute gelang es, den Professor Friederichs und 4 Kinder zu retten, zwei junge Menschenleben - das jugendfrohe Fräulein von Blücher und ein 14jähriger Sohn des Professor Friedrichs - fielen dem Elemente auch zum Opfer. Die Leichen dieser beiden Verunglückten sind bis heute noch nicht gefunden, obgleich sofort die erforderlichen Maßregeln zur Bergung derselben ergriffen wurden. Dagegen gelang es noch gestern Abend, die Leiche des Schiffers ans Land zu bringen. Von den hier zur Cur weilenden Aerzten Dr. Karl Schäfer und Dr. Engel wurden sofort Wiederbelebungsversuche angestellt, welche aber keinen Erfolg hatten. Paape hat eine klaffende Wunde quer über der Stirn, welche er sich bei dem oben erwähnten Fall zugezogen haben wird. Der Verunglückte hinterläßt eine junge Wittwe; er war erst seit 8 Wochen verheirathet. Bezüglich der verunglückten jungen Dame erfahre ich noch, daß dieselbe mit ihrer jetzt so schwer heimgesuchten Mutter noch gestern Abend Müritz verlassen wollte, um an einer Hochzeit bei Verwandten theilzunehmen. Das Schicksal hat es anders gewollt, ein jäher Tod bereitete dem blühenden Leben ein Ende. Der ganze Ort ist durch diesen Unglücksfall in tiefste Trauer verfetzt. - Nach anderen Berichten soll der Schiffer Paape, während er die Segel festzumachen suchte, von dem umbrechenden Mast an den Kopf getroffen und dann besinnungslos über Bord gefallen sein. Ferner ist nach diesen Quellen die ertrunkene Dame ein Fräulein v. Blücher aus München, welche sich zum Besuch im Müritzer Friedrich Franz=Hospiz aufhielt.
- Eine sehr einleuchtende Erklärung für das Mönchensteiner und Eggolsheimer Eisenbahnunglück findet sich in einer Zuschrift an die "National=Zeitung". Die Katastrophen, sagt der Einsender, sind entstanden, weil die Züge von 2 Lokomotiven geführt worden sind. Bremst nun, wie es in beiden Fällen geschehen ist, die vorderste Lokomotive zuerst, ohne die zweite zu verständigen, so muß die zweite in jeder Kurve, und eine solche hat bei Mönchenstein und bei Eggolsheim vorgelegen, entgleisen resp. ausspringen. Die zweite Lokomotive hat zuerst zu bremsen und muß von der vor ihr laufenden das Zeichen empfangen. Dies geschieht aber fast nie. Und wenn man die Statistik der Eisenbahnentgleisungen verfolgt, so wird man finden, daß in den meisten Fällen es Züge waren, die von zwei Lokomotiven geleitet waren. Die Nutzanwendung ergiebt sich von selbst.
- Der Freitag war für die Jugend der Stadt Coblenz ein Unglückstag. Morgens fiel ein fünfjähriges Kind aus dem Fenster der elterlichen Wohnung auf die Straße und blieb tot; eine Stunde später stürzte ein sechsjähriger Knabe in die Mosel und konnte kaum noch vor dem Tode des Ertrinkens gerettet werden. Nachmittags wurde ein fünfjähriger Knabe übergefahren und starb alsbald darauf.
- Bei einem Uebungsschießen, das die dritte Eskadron des Husaren=Regiments Nr. 9 mit Platzpatronen abhielt, versagte, wie aus Trier berichtet wird, dem Husar Limbach ein Schuß. Als L. sich bückte, um Platzpatronen aufzuheben, beging er die Unvorsichtigkeit, sich auf den Karabiner mit der Brust zu stützen. Plötzlich ging der Schuß los und drang ihm ins Herz. Limbach war innerhalb fünf Minuten ein Leiche.
- Der Magistrat der Stadt Breslau hat beschlossen, die deutsche Turnerschaft einzuladen, das im nächsten Jahre stattfindende deutsche Turnfest dortselbst abzuhalten.
- Bei Gelegenheit einer am 7. d. M. in der katholischen Kirche zu Würben bei Schweidnitz in Schlesien stattgefundenen Trauung, bei welcher nach altem Brauche die Glocken geläutet wurden, löste sich während des Läutens der Klöppel der einen Glocke aus, fiel zum Schallloch heraus und mitten unter die große Menge der Brautschauer. Die Frau des dortigen Dominialschaffners erhielt von dem schweren Klöppel einen Schlag an den Kopf; sie stürzte besinnungslos nieder und wurde schwer verletzt in das Krankenhaus gebracht.
- Nach zwanzig Jahren! Am 9. Dezember 1870, so berichtet der Bezirksarzt Dr. Franz in Schleiz in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" wurde im Gefecht bei Cravant der bei der sechsten Compagnie des 94. Regiments Stehende Füsilier Fr. aus Kleinwolschendorf in Reuß i. L. durch eine Gewehrkugel, welche den rechten Tornisterriemen unterhalb des Schultergelenks durchschlug, in der Brust verwundet. Er wurde zuerst in das Feldlazareth Cravant aufgenommen und von dort nach Orleans gesandt. Später wurde er nach Münster und von dort in das Garnisonlazareth zu Schlawe überführt. Hier nahm man an, daß die Kugel noch im Körper wäre, ohne daß man sie fühlen oder erkennen konnte. Allmählich besserten sich alle Erscheinungen, sodaß Fr. im März 1871 zum Ersatzbataillon Weimar als Rekonvaleszent entlassen wurde. Fr. glaubte dann infolge bohrender und ziehender Schmerzen, daß die Kugel sich gesenkt hätte. Er war wegen der Verletzung noch mehrmals in Behandlung, doch hatte er 1876 eine Landwehrübung mitzumachen und wurde auch noch nach zwei Jahren eingezogen, konnte aber nur 1 1/2 Tage Dienst thun. Er kam nun ins Lazarett wurde aber schon nach acht Tagen als "geheilt" entlassen. Schließlich brachen an der Brust mehrfache Wunden auf. Bei allen militärärztlichen Untersuchungen jedoch wurde Fr. wegen nicht anerkannter Invalidität mit seinen Ansprüchen abgewiesen und vielfach als Simulant, ja einmal sogar als Betrüger angesehen. Im Mai 1890 stellte er sich beim Bezirksarzt Dr. Franz in Schleiz mit einer Fistel an der rechten unteren Brustseite vor, in welcher ein harter Gegenstand in der Tiefe zu finden war. Bald trat dieser Gegenstand weiter hervor und wurde durch Aufschneiden mit der Scheerenspitze als Bleistück von ziemlicher Größe konstatirt. Dann wurde im städtischen Krankenhaus die Kugel entfernt. Fr. ist zur Zeit, soweit es ihm die Verwachsung der rechten Lunge mit dem Thorax ermöglicht, gesund und hat die Freude erlebt, daß ihm nahezu 6000 Mk. nachbezahlt wurden.
- Die bayerische Eisenbahnverwaltung bestreitet anläßlich des bekannten Eisenbahnunglücks und der wider sie von den Passagieren des verunglückten Zuges erhobenen Beschuldigungen, daß der Eisenbahnbetrieb in Bayern weniger sicher sei als im übrigen Deutschland, muß aber schließlich doch zugeben, daß das Unglück bei erhöhter Aufmerksamkeit des betheiligten Personals hätte vermieden werden können.
- Das französisch=russische Messer. Ein französischer Messerschmied, der auch seinen Beitrag zu der französisch=russischen Allianz liefern wollte, hatte ein Taschenmesser fabrizirt, dessen Heft auf der einen Seite das Bildniß des Kaisers Alexander und auf der anderen dasjenige des Präsidenten der Republik aufweist. Dieses Gouteau franco - russe, das man jetzt in Paris in allen Bazaren für 29=Sous verkauft, hatte der Fabrikant für die Moskauer Ausstellung bestimmt. Aber damit hat er eine bittere Enttäuschung erlebt; denn, wie er selbst der Presse mittheilt, hat sich die russische Zollverwaltung geweigert, dem Adressaten die staatsgefährlichen Dinge auszuliefern. Seitdem hat er Schritte über Schritte bei dem russischen Konsulat in Paris und der französischen Botschaft in Petersburg gethan, um wenigstens wieder in den Besitz seiner Sendung zu gelangen, durch die er "die Freundschaft zwischen den zwei Nationen befestigen wollte. Bisher aber vergeblich.
- Madame Bonnemain, die Freundin Boulangers starb am Sonntag zu Brüssel in der Wohnung des Generals.


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