No. 89
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. November
1890
sechzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1890 Nr. 89 Seite 1]

      Nr. 21 des Offic. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1890 enthält in der
        II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung, betreffend die im Auslande zu erledigenden Ersuchungsschreiben der Justizbehörden.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Invaliditäts= und Altersversicherung.
        III. Abtheilung. Dienst= etc. Angelegenheiten.


Bei Eröffnung des preußischen Landtages in Berlin am 12. Nov. im Weißen Saale war die Versammlung so zahlreich wie selten. Unter den mehr als 300 Anwesenden waren alle Parteien vertreten. In der ersten Reihe standen Feldmarschall Graf Moltke und die Minister, Caprivi an der Spitze; dieselben stellten sich zur Linken des Thrones auf. Nach der Meldung des Ministerpräsidenten, daß alles versammelt sei, betrat der Kaiser den Saal in der Uniform der Gardes du Corps mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens, wobei der Präsident des Herrenhauses, Herzog von Ratibor, das Kaiser=Hoch ausbrachte. Der Kaiser setzte den Helm auf und verlas, vor dem Thronsessel stehend, mit weithin vernehmbarer Stimme die Thronrede, welche in ihrem Verlauf sieben Mal und am Schlusse Beifall hervorrief, am lebhaftesten bei dem Passus über die Erhaltung des Friedens. Darauf erklärte Caprivi den Landtag für eröffnet. Der Präsident des Abgeordnetenhauses v. Köller brachte abermals ein Hoch auf den Kaiser aus. Der Kaiser verließ grüßend um 12 Uhr 35 Min. den Saal. - Vorher hatte der Kaiser dem von Dryander geleiteten Gottesdienst in der Schloßcapelle beigewohnt.
An der bevorstehenden Hochzeit der Prinzessin Viktoria von Preußen mit dem Prinzen von Schaumburg=Lippe werden von Fürstlichkeiten nur Angehörige der preußisch=englischen Königsfamilie und der Familie des Bräutigams zugegen sein. Aus England kommen der älteste Sohn des Prinzen von Wales, der Herzog und die Herzogin von Edinburgh und der Herzog und die Herzogin von Connaught.
Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph würden, wie schlesische Blätter melden, noch im Lauf dieses Monats als Jagdgast in Pleß eintreffen. Das Gerücht, daß dem Kaiser von Oesterreich in Gödöllö ein Unfall zugestoßen sei, ist völlig unbegründet, dagegen verlautet bestimmt, daß Kaiser Wilhelm noch in diesem Herbst auf Schloß Urville in Potsdam eintreffen und dort größere Jagden abhalten werde.
Die Veröffentlichung eines kaiserlichen Erlasses an das preußische Staatsministerium über das Unterrichtswesen steht, der Nat.=Ztg. zufolge, nahe bevor. Der Erlaß ist schon älteren Datums, bisher aber nicht bekannt geworden. Das umfangreiche Schriftstück trifft sowohl den höheren, wie den Volksschulunterricht. Es finden sich manche Anklänge an den bekannten Erlaß über den Unterricht in den Kadettenanstalten darin. So namentlich das Verlangen, daß beim Religionsunterricht das Auswendiglernen eingeschränkt und aller Nachdruck auf die sittliche Seite des Unterrichts gelegt werden soll. Für die höheren Schulen wird u. a. die Fortführung des Unterrichts in der Geschichte bis auf die neueste Zeit verlangt. Die Schüler sollen erfahren, daß die preußischen Könige immer für die unterdrückten Klassen gesorgt haben: wie am Anfange des Jahrhunderts durch die Befreiung der Bauern, so im letzten Jahrzehnt durch die sozialpolitische Gesetzgebung. Die Schule soll an der Bekämpfung der Sozialdemokratie Theil nehmen, indem sie die zukünftigen Staatsbürger befähigt, die sozialistischen Irrlehren als solche zu erkennen. Zu diesem Zweck sollen auch die Volksschullehrer in den Seminaren mit den wichtigsten Lehren der Volkswirthschaft bekannt gemacht werden.
Der Kaiser hat das Rücktrittsgesuch des Hofpredigers Stöcker von seinem Amte als Hof= und Domprediger unterzeichnet. Stöcker tritt selbstverständlich mit voller Pension (6000 Mark) in den Ruhestand. Derselbe war seit 1874 Hof= und Domprediger in Berlin. Eine soeben stattgefundene Versammlung der dortigen christlichen sozialen Partei sprach ihm ihr unerschütterliches Vertrauen aus. Man nimmt an, daß Stöcker sich nun noch mehr als bisher der politischen Thätigkeit widmen wird. Er ist bekanntlich Mitglied des deutschen Reichstages wie des preußischen Landtages, in welchen er der deutsch=conservativen Partei angehört.
Der Präsident des Reichstags benachrichtigte die Mitglieder, er beabsichtige, den Reichstag zwischen den 25. und 27. November, spätestens bis zum 2. Dezember zusammentreten zu lassen.
Die neuen dreiprozentigen Anleihen des Reiches und Preußens hatten am Montag infolge der immer noch anhaltenden Geldknappheit an der Berliner Börse einen recht niedrigen Stand erreicht, denn während beide Papiere mit 87 zur Subskription aufgelegt worden waren, notierten sie am Montag 86,40-86,20, und fanden trotzdem nicht einmal nennenswerthe Nachfrage.
Das preußische Landesökonomiekollegium trat am Montag in Berlin zusammen. Angenommen wurde ein Antrag, welcher sich gegen eine erhebliche Ermäßigung der Fleisch= und Viehzölle und gegen die Oeffnung der russischen und österreichischen Grenze ausspricht, da die deutsche Landwirthschaft baldigst in der Lage sein wird, dem Bedürfniß des Fleischmarktes zu entsprechen. Am Dienstag wurde der Kaiser im Kollegium erwartet.
Vom Getreidezoll theilen Berliner Blätter glaubwürdig mit, derselbe solle erheblich herabgesetzt werden. Es ist das offenbar eine Mangel, welche von dem neuen Finanzminister Herrn Miquel ausgeht. In Mecklenburg wird diese Nachricht wenig Freude erwecken. Gewiß sind die Kornpreise augenblicklich hoch, aber es ist in keiner Weise ausgemacht, daß die Preise herabgehen werden, wenn der Zoll beseitigt wird. Bekanntlich sanken die Preise, nachdem der Zoll eingeführt war. Hätten aber inzwischen die Landleute einen kleinen Vortheil gehabt, der nicht auf die Conjunctur, sondern auf den Zoll zurückzuführen wäre, so ist ihnen ein besseres Jahr nach vielen schlechten Jahren sicher zu gönnen. Und auch den Städtern wird im Handel und Wandel die Besserung sehr zu Statten kommen.

[ => Original lesen: 1890 Nr. 89 Seite 2]

Die Erlaubniß zur Einfuhr lebender Schweine ist weiter den Städten Celle, Stendal, Staßfurth, Witten, Bochum, Hagen, Dortmund, Gelsenkirchen und Lippstadt ertheilt worden.
Dem "Diario de Notitias" in Lissabon wird in einem Spezialtelegramm aus Amerika gemeldet, daß der Erzherzog Johann Salvator (Johann Orth) mit seinem Segler, der "Margharita", mit einem Kauffahrer zusammengestoßen sei, wobei die Margharita mit Mann und Maus den Untergang gefunden haben soll. - Dagegen wird aus London gemeldet: Die Admiralität erhielt direkte Nachrichten aus Valparaiso, wonach mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen ist, daß der Dreimaster Johann Orths, des früheren Erzherzogs Johann von Oesterreich, "Margharita", ein Opfer des Orkans geworden ist.
Das Vorgehen der russischen Regierung gegen die Rinderpest ist nach den vorliegenden amtlichen Berichten ein durchaus erfolgreiches gewesen. Während dieselbe 1886 in 40 Gouvernements des europäischen Rußlands herrschte und 226 000 Stück Vieh hinraffte, existirt sie gegenwärtig nur in 5 entfernter gelegenen Gouvernements, am Ural und im nördlichen Kaukasus, und hat in dem Zeitraum vom 1. Januar bis 1. October gefordert. Augenblicklich ist die Regierung im Begriff, noch weitere Verbesserungen Vervollkommnungen der veterinärpolizeilichen Maßregeln vorzunehmen.
Der Reichskanzler von Caprivi überreichte dem Könige von Italien ein eigenhändiges, sehr freundschaftliches Schreiben Kaiser Wilhelms und bringt eine ebenso herzliche Antwort des italienischen Königs mit nach Deutschland zurück.
Der König von Italien hat, um die ohnehin nicht sehr günstigen Finanzen des italienischen Staates nicht noch mehr zu belasten, darauf verzichtet, für den Kronprinzen anläßlich dessen Großjährigkeitserklärung vom Parlament eine Apanage zu beanspruchen. Es ist nur zu loben, wenn die Fürsten im Sparen, das bei den drückenden Lasten der allgemeinen Kriegsrüstung mehr denn je zur Nothwendigkeit geworden ist, allen Anderen mit gutem Beispiel vorangehen.
Der "Kölnischen Volkszeitung" wird aus Madrid mitgetheilt, daß trotz aller officiellen Dementis der Gesundheitszustand des jungen Königs viel zu wünschen übrig lasse. Wenngleich keine ernstere Gefahr vorliege, seien die Aerzte dennoch wegen des anhaltenden Schwächezustandes des Patienten in Besorgniß.


- Schönberg. Von dem am 11. November zusammengetretenen Ausschusse zur Wahl der Schöffen und Geschworenen aus dem Fürstenthum Ratzeburg für das Geschäftsjahr 1891 wurden gewählt:

a. In die Vorschlagsliste der Geschworenen:
  1. Kaufmann Carl Burmeister=Schönberg.
  2. Kaufmann Franz Lundwall=Schönberg.
  3. Realschul-Director Wilhelm Ringeling=Schönberg.
  4. Oberförster Carl Hottelet=Schönberg.
  5. Hauswirth Asmus Kolz=Grieben.
  6. Hauswirth Heinrich Kock=Rüschenbeck.
  7. Hauswirth Heinrich Oldenburg=Kl. Mist.
  8. Schulze Heinrich Lenschow=Blüssen.
  9. Mühlenpächter Theodor Wieschendorf=Maurinmühle.
10. Schulze Joachim Ollrogge=Niendorf.
11. Domainenpächter Alexander Kaiser=Stove.
12. Hauswirth Joachim Oldörp=Schlag=Sülsdorf.
13. Domainenpächter Carl Stamer=Mechow.
14. Hauswirth Heinrich Murjahn=Ziethen.
15. Hauswirth Joachim Ollmann=Schlagsdorf.
16. Viceschulze Franz Ehlers=Panten.
17. Hauswirth Johann Willhöft=Walksfelde.
18. Gymnasiallehrer Heinrich Gebler=Domhof.
19. Förster Adolf v. Linstow=Carlow.
20. Schulze Rudolf Koop=Lindow.
21. Domainenpächter Ludwig Röper=Gr. Molzahn.
b. Zu Hauptschöffen:
  1. Hauswirth Johann Wiencke=Bardowieck.
  2. Zimmergeselle Joachim Meyer=Blüssen.
  3. Hauswirth Jochen Lohse=Kleinfeldt.
  4. Hauswirth Heinrich Freitag=Lübseerhagen.
  5. Hauswirth Heinrich Maaß=Malzow.
  6. Realschullehrer Richard Steinführer=Schönberg.
  7. Copiist Albert Krüger==Schönberg.
  8. Schlossermeister Rudolf Schrep=Schönberg.
  9. Hauswirth Heinrich Boye=Bechelsdorf.
10. Schulze Joachim Wittfoth=Duvennest.
11. Anerbe Joachim Oldenhurg=Niendorf.
12. Hauswirth Joachim Borgwarth=Palingen.
13. Tischlermeister J. Horstmann=Carlow.
14. Hauswirth Heinrich Heitmann=Klocksdorf.
15. Hauswirth Heinrich Wigger=Kuhlrade.
16. Hufenpächter Hans Rieckhoff=Gr. Rünz.
17. Schmiedemeister Fritz Breede=Gr. Molzahn.
18. Halbhufner Hans Retelsdorf=Raddingsdorf.
19. Halbhufner Heinrich Clasen=Schlagbrügge.
20. Musikus Joachim Meyer=Schlag=Sülsdorf.
21. Schulze Joachim Otte=Thandorf.
22. Hauswirth Hans Joachim Stoffers=Wendorf.
23. Hufner Heinrich Stamer=Panten.
24. Hauswirth Heinrich Groth=Walcksfelde.
c. zu Hülfsschöffen.
  1. Registrator Carl Koeppen=Schönberg.
  2. Agent Joachim Böckmann=Schönberg.
  3. Handschuhmacher Emil Jannicke=Schönberg.
  4. Maurermeister Adolf Scharenberg=Schönberg.
  5. Kaufmann Wilhelm Wieschendorf=Schönberg.
  6. Ackerbürger Wilhelm Böckmann=Schönberg.
- Schönberg. Der Martinipreis für Roggen ist am 10. November d. J. (dem Normaltage) in Lübeck pro Scheffel (52 Pfund) auf 4 M. 47 Pfg. festgesetzt worden. Dieser Preis ist für die Entrichtung der Grundsteuer der Hauswirthsstellen im Fürstenthum Ratzeburg pro 1890 maßgebend.
- Schönberg. Am 1. Januar 1891 tritt das Gesetz betreffend die Alters= und Invaliditäts=Versicherung in Kraft. Durch dasselbe werden auch bei uns weitaus die meisten Familien in Stadt und Land unmittelbar berührt. Die zahlreichen Bestimmungen des umfänglichen Gesetzes sind nicht leicht zu verstehen und anzueignen und müssen doch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in gleicher Weise genau beachtet werden, wenn erstere vor schwerem, durch eigene Sorglosigkeit verursachten Schaden und letztere vor mannigfachen Ordnungsstrafen bewahrt bleiben wollen. Trotzdem hört man wenig davon, daß die Bevölkerung sich über die Schritte zu unterrichten suche, die nothwendig und schleunigst geschehen müssen, damit die zu Versichernden baldmöglichst an den großen Wohlthaten des Gesetzes und namentlich auch der so sehr günstigen Uebergangsbestimmungen theilnehmen können. Da wird es mit Freuden begrüßt werden, daß der hiesige Gewerbeverein den ersten practischen Schritt thut, um seine Mitglieder, aber auch weitere Kreise, zum Verständniß und zur richtigen Anwendung des Gesetzes zu führen. Der Vorstand hat den durch mehrfach hier gehaltene Vorträge unter uns wohlbekannten und geschätzten Schriftführer des Verbands=Vorstandes der meckl. Gewerbevereine, Herrn Quade aus Schwerin, veranlaßt, morgen - Freitag - Abends 8 Uhr, über das genannte Gesetz einen Vortrag zu halten, der bei seiner Wichtigkeit ein allseitiges Interesse in Anspruch nehmen darf und sicher einen zahlreichen Zuhörerkreis finden wird. Der Gewerbeverein ist weitherzig genug, auch Nichtmitgliedern diesmal den Zutritt zu gewähren. Selbstverständlich werden an den Vortrag weitere Verhandlungen unter den Mitgliedern, voraussichtlich an mehreren Verhandlungsabenden, sich anschließen, um den Gegenstand nach allen Seiten hin zu beleuchten und die für die hiesigen Kreise wichtigen Bestimmungen im einzelnen zu besprechen. Leider müssen wir bei dieser Gelegenheit auch dem Bedauern Ausdruck geben, daß die Bestrebungen des Gewerbevereins, der Hebung des Gewerbestandes, und den Interessen auch des größeren Publikums durch geeignete Vorträge zu dienen, anscheinend so wenig anerkannt werden. Der Gewerbeverein würde vielmehr wirken können, wenn er, thunlichst aus allen Ständen, mehr Mitglieder hätte.
- Schönberg. In diesen Tagen wurde auf dem Felde des Schulzen Grevsmühl in Retelsdorf bei der Ackerbestellung mit der Pflugschar ein Todtenkopf aus der Erde herausgerissen und fand man an der fraglichen Stelle beim Nachgraben ein vollständiges Skelett. Bei demselben fand sich ein an einem Ende in der Größe eines 2=Pfennigstückes durchlochtes Stück Eisen von der Länge einer Hand, welches auf der einen Seite eine Schneide gehabt zu haben scheint, während es nach der andern Seite etwas stärker ausfällt. Dieses Eisenstück scheint somit von einer Hieb= oder Stichwaffe herzurühren.


Wir machen heute umsomehr auf die Annonce der Herren Mindus & Marienthal in Hamburg aufmerksam, als sich deren Devise: "Wo gewinnt man jedes Mal? Bei Mindus & Marienthal," glänzend bewährt hat, da in deren Collecte wiederum am 4. November (Schlußziehung 298. Lott.)

das Grosse Loos von 200,000 Mark

gefallen ist.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 89 Seite 3]

Anzeigen.

Zur Ausloosung der Geschworenen, welche für die am 8. December 1890 bei dem hiesigen Landgerichte beginnenden außerordentlichen Sitzungen des Schwurgerichts in die Spruchliste aufzunehmen sind, habe ich auf

Sonnabend, den 13. November d. Js.,
Mittags 12 1/2 Uhr,

eine öffentliche Sitzung des Großherzoglichen Landgerichts in dem Sitzungszimmer der Civilkammer I anberaumt.
Güstrow, den 10. November d. Js.

Der Präsident
des Großherzoglich Mecklenburg=Schwerinschen Landgerichts.
gez. von Amsberg.


In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der dem Kaufmann Fritz Wolgast hieselbst gehörigen, zu Schönberg resp. auf dem Schönberger Stadtfelde belegenen Grundstücke c. p. wird hierdurch bekannt gemacht,

daß nunmehr alle diejenigen, welche dingliche Rechte und Ansprüche an die zu verkaufenden Grundstücke c. p. zu haben vermeinen, solche aber bisher nicht angemeldet haben, auch von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Rechten und Ansprüchen abgewiesen sein sollen.
Gleichzeitig wird der auf

Dienstag, den 2. December 1890,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzte Ueberbotstermin mit dem Bemerken in Erinnerung gebracht, daß in dem ersten Verkaufstermin ein Gebot auf das Grundstück c. p. nicht abgegeben worden ist.
Schönberg, den 4. November 1890.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


Es wird von Obercuratelwegen hiermit bekannt gemacht, daß für die entmündigte Hauswirthswittwe Rentzow, Catharina geb. Voß zu Gr. Bünsdorf der Hauswirth Heinrich Wigger daselbst und der Hofschmied Dräger zu Schönberg zu Curatoren bestellt sind.
Schönberg, den 7. November 1890.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    E. Breuel, Act.


Die Nutznießer herrschaftlicher Wohnungen und Gebäude werden hiermit aufgefordert, von eingetretenen Bauschäden sofort Anzeige an die unterzeichnete Stelle zu machen, damit die Reparatur eventuell veranlaßt werden kann. Die Reparatur von Bauschäden, welche der Befürchtung Raum geben, daß sie mit der Zeit sich vergrößern oder gar das ganze Gebäude in Mitleidenschaft ziehen, darf nicht bis nach beschaffter sogenannter Zimmerbesichtigung aufgeschoben werden, widrigenfalls derjenige haftet, dem die Anzeige obgelegen hätte.
Schönberg, den 10. November 1890.

Großherzoglich Meckl. Domainen=Amt.
Cl. v. Oertzen.
                                                    H. Spieckermann.


Hierdurch fordern wir alle diejenigen auf, welche laufende und rückständige Zinsen an die geisteskranke Ehefrau des zu Gr. Bünsdorf verstorbenen Hauswirths Jochen Renzow, Catharina geb. Voß, zu bezahlen haben, solche Zinsen an den Hufschmied Dräger zu Schönberg zu entrichten.
Schönberg, den 13. November 1890.

Hauswirth H. Wigger-Gr. Bünsdorf.
Hofschmied F. Dräger-Schönberg.
als gerichtlich bestellte Curatoren der geisteskranken Hauswirths=Wittwe Renzow, Catharina geb. Voß zu Gr. Bünsdorf.


Der unterzeichnete Vorstand des Vereins zur Erbauung des Landes=Krankenhauses für das Fürstenthum Ratzeburg zu Schönberg richtet hiermit die Aufforderung, dem Verein beizutreten, an die angesessenen Bewohner des Landes, welche unter Zahlung eines einmaligen Beitrages von 10 M. den Zweck des Vereins mit allen Kräften fördern wollen. Nur wenn die Mehrzahl der selbständigen Einwohner, namentlich der seßhaften Bevölkerung des Landes dem Verein angehört, und somit das Land offen bekundet, daß ein unabweisbares Bedürfniß von allen Seiten anerkannt wird, dürfen wir auf Landeshülfe hoffen und damit das Unternehmen gesichert sehen. Die Bedürfnißfrage bedarf keiner Erörterung. Armen= und Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Gemeinden, jeder Dienstherr, jeder Familienvater wird das Bedürfniß als unabweisbar anerkennen. In jeder Ortschaft des Landes wird ein Bogen zur Entgegennahme von Zeichnungen ausliegen und zwar bis zum 1. December, mit welchem Tage die Zeichnungen geschlossen werden sollen.
Schönberg, den 13. November 1890.
Bürgermeister Bicker. G. Dierking. H. Fölsch, Rechtsanwalt. J. Grieben. Dr. jur. E. Hahn, Amtsrichter. J. Hecht, Hauswirth zu Schlag=Resdorf. G. Horn, Amtsrichter. Kaiser, Domainenpächter zu Stove. Kröger, Hauswirth Lockwisch. C. Langbein, Pastor zu Schönberg. Langmann, Pastor zu Carlow. Lenschow, Schulze Gr. Bünsdorf. H. Lohse, Hauswirth Gr. Siemz. F. Lundwall=Schönberg. Dr. M. Marung, Arzt. Drost v. Oertzen. Kirchenjurat. H. Oldörp. H. Oldenburg=Kl. Mist. Ollrogge=Niendorf. H. E. Peters, Glasermeister. Rickmann, Landbaumeister. L. Spehr, Kaufmann. H. Spieckermann, Amtsverwalter.


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                                                    Mindus & Marienthal,
                                                    Hauptkollecteure,
                                                    Hamburg.


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[ => Original lesen: 1890 Nr. 89 Seite 4]

Zu dem am Mittwoch, den 19. November d. J. bei mir stattfindenden

Landmanns-Balle

erlaube ich mir, die Herren Hauswirthe hierdurch freundlichst einzuladen.

                                                    J. Boye.


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Sänger-Concert und Ball

des Gesangvereins Carlow unter Mitwirkung der Schönberger Vereinsmusiker am Sonntag den 16. November im Lokale des Herrn J. Krellenberg. Anfang 6 Uhr.

                                                    Programm

                            1. Kaiser=Marsch v. Unrath.
                            2. Ouvertüre: Im Frühling, v. Natusch.
                            3. Wanderers Nachtgebet, v. Weber (Gesang.)
                            4. Waldandacht, v. Abt (Gesang.)
                            5. Potpouri a. d. Reiche der Töne v. Gärtner.
                            6. Marguita Walzer v. G. Steffens.

                                                    ----------------------
                            7. Ouvertüre z. O. Dichter und Bauer v. Suppé.
                            8. Die drei Röselein, Volkslied (Gesang.)
                            9. Wie hab' ich sie geliebt, v. Möhring (Gesang.)
                          10. Militär=Quadrille, v. Berger.
                          11. Neues Vaterlandslied, v. Kieseler (Gesang.)
                          12. Durch Sonne und Mond, Galopp v. Rixner.


Außerordentliche Versammlung
der Selmsdorfer Todtenlade am

Sonntag, den 16. November, Nachmittags 1 Uhr, bei Herrn Gastwirth Michaelsen.
Zweck: Berathung der Statuten.

Selmsdorf.                                                     Der Vorstand.


Gewerbe-Verein.
Hauptversammlung
Freitag, den 14. November d. J., Abends 8 Uhr.
Vortrag des Herrn G. Quade aus Schwerin,
betreffend die Invaliditäts= und Altersversicherung.


Am Sonntag, den 16. d. M., sollen in Selmsdorf                                                    
8 Gänse beim Gastwirth Lenschow verschossen werden.                                                    


Castor-Wolle,
Decken-Wolle
in allen Schattirungen am Lager. Muster zu Reisedecken stehen gratis zur Verfügung.
Arthur Friedländer
Inh.: Otto Oehlrich
Strumpfwaaren, Strickgarne, Unterzeuge.
Breitestr. Lübeck, Breitestr.


Suche zu Ostern bei großem Verdienst                          
ordentliche Tagelöhner
in Wohnung, event. ohne Hofgänger.                                                    
Neuhof bei Schlagsdorf.                                                    
                                                    Amtmann Staeding.


Suche zu Ostern 1891                                                    
2 Deputat-Knechte u. 1 Kuhhirten
event. ohne Hofgänger.
Mechow bei Ratzeburg, im Nov. 1890.                                                    
                                                    Stamer.


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                                                    Hannover, Lemförderstr. 12.

Manche Herrschaften verwenden den von mir erhaltenen Kaufpreis zu wohlthätigen Zwecken, worauf noch besonders aufmerksam mache.


Händler und Hausirer kaufen bei günstigen Conditionen am besten und billigsten in der Strumpfstrickerei u. Tricotagenfabrik von

                                                    Heinrich Becker in Breslau.


Ein Tagelöhner
wird zu Ostern gescht in Torisdorf bei
Schönberg.                                                    R. Schwarz.


Das Sandfahren aus der Sandkuhle ist bei 30 Mark Strafe verboten.

                                                    Die Dorfschaft Retelsdorf.


Aufforderung!

Im Auftrage der Obervormundschafts=Behörde ersuchen wir Alle diejenigen, welche noch Forderungen an den Nachlaß des verstorbenen Schneidermeisters Hans Joachim Lange haben, dieselben bis zum 15. November ds. Jahres bei der Wittwe des ersteren einzureichen; und Alle diejenigen, welche noch Zahlungen zu leisten haben, selbige ebendort bis zum vorerwähnten Datum zu bewerkstelligen.
Schönberg, den 17. October 1890.

Im Auftrage:
W. Nothdurft,          H. Barkenthien,
als Vormünder der minorennen Kinder.


Meine Verlobung mit Fräulein Lina Pleines, Tochter des Herrn Pastor Pleines in Emden und dessen Frau Gemahlin geb. v. Ameren beehre ich mich hierdurch anzuzeigen.
Schönberg i/M., den 10. November 1890.

                                                    Dr. phil. H. Knauff,
                                                    Realschullehrer.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 16. November.

Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Abendkirche (6 Uhr:) Pastor Kaempffer.
    Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 46.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 89 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 89 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 14. November 1890.


- Montag Morgen wurde der dem Trunke stark ergebene Tischler Sch. zu Lüdersdorf im Fürstenthum Ratzeburg todt vor seinem Bette liegend aufgefunden. Derselbe hatte auch wieder am Abend vorher des Guten zu viel gethan, und hatte in der Nacht noch besonders einer Rumflasche zugesprochen. Nach einer anderen Meldung soll er auch noch aus Unvorsichtigkeit Petroleum getrunken haben. Ein Schlaganfall hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Die Leiche wurde in hockender Stellung unmittelbar vor dem Bette in voller Kleidung gefunden.
- Grabow, 12. Novbr. In Betreff des zu Neuhof verübten dreifachen Mordes wird den "M. N." noch das Nachstehende mitgetheilt: Außen an der unter dem Küchenfenster befindlichen Wand ist ein umgestülpter Eimer vorgefunden, dessen sich der oder die Thäter allem Anschein nach zur Erleichterung des Einsteigens durch das Küchenfenster bedient haben. Die den Opfern beigebrachten Wunden sprechen dafür, daß Meyer im Schlafe getödtet ist und zwar durch einen einzigen Schlag, während die Frau in wachendem Zustande und im Begriffe sich aufzurichten, die drei Schläge, von denen zwei den Kopf und einer den Arm getroffen, erhalten hat. Der einzige Sohn der Meyerschen Eheleute, der 16 Jahre alt und Schüler der Sekunda des hiesigen Realprogymnasium ist, wurde am Sonnabend unter dem Vorgeben, seine Eltern seien schwer erkrankt, von hier nach Neuhof geholt. Den Schmerz desselben, als ihm die schreckliche Wahrheit schließlich mitgetheilt werden mußte, kann man sich denken. Die Section der Leichen ist gestern vorgenommen worden und morgen Nachmittag um 2 Uhr soll das Begräbniß der so jäh aus dem Leben Gerissenen stattfinden. - Zur Untersuchung des vorliegenden Falls sind inzwischen die betreffenden Gerichtsbehörden, unterstützt durch eine größere Anzahl Gendarmen, in volle Thätigkeit getreten. Wie es scheint, sind die Nachforschungen nicht ohne Erfolg geblieben. Vorgestern Nachmittag wurden nämlich zwei in Blüthen bei Perleberg verhaftete und von der Station Preuß. Karstedt mit der Bahn hierher transportirte Personen, welche der That dringend verdächtigt sein sollen, geschlossen in das hiesige Gerichtsgefängniß eingeliefert, wobei einer der begleitenden Gendarmen das Mordbeil mit sich führte. Es sind dies zwei im Alter von 28-30 Jahren stehende Brüder, Namens Koch, von denen der eine in Blüthen, der andere in Bobrow wohnhaft ist. Beide haben das Schlachterhandwerk erlernt und auch in der letzten Zeit noch ausgeübt, lebten aber in kümmerlichen Verhältnissen, sind in der ganzen Gegend als gewaltthätig bekannt und werden daher allgemein gefürchtet. Beide haben dem Vernehmen nach Bobrow am letzten Freitag Abend 9 Uhr verlassen und können sich über ihr Verbleiben in der folgenden Nacht nicht ausweisen, obwohl sie behaupten, um 12 Uhr Nachts wieder daheim gewesen zu sein. In Neuhof und auch mit Meyer selbst soll einer der Brüder vor einiger Zeit geschäftlich verkehrt haben.
- Ein Mordversuch mit nachfolgendem Selbstmord machte kürzlich in Lübeck vielfaches Aufsehen. In der Maschinenfabrik von Schetelig u. Nölck war am Sonnabend vor acht Tagen nach voraufgegangener 14tägiger Kündigung ein Former Namens Diener wegen einiger Meinungsverschiedenheiten mit dem Werkmeister Sien entlassen worden. Am letzten Sonnabend erschien nun Diener wieder in der Fabrik und feuerte, ohne ein Wort zu sagen, auf den Sien 3 Schüsse aus einem Revolver ab, von denen einer dessen Oberbein traf. Hierauf feuerte der Wütherich gegen einen früheren Collegen, der ihn von weiteren Thätlichkeiten abhalten wollte, ebenfalls einen Schuß ab und entkam dann in der allgemeinen Aufregung. Später, nachdem dann inzwischen die Polizei telephonisch zu Hülfe gerufen war, fand man den Attentäter in der Nähe der Fabrik auf freiem Felde entseelt vor; er hatte sich eine Kugel in die Brust gejagt. Die That scheint aus Rache ausgeführt zu sein. Der Werkmeister ist außer Gefahr.
- Zur Behandlung der Tuberkulose. Neueren Meldungen zufolge sollen die Untersuchungen des Geheimraths Professor Dr. Koch in das Stadium der bedingten Oeffentlichkeit getreten sein. Der berühmte Hygieniker beabsichtigt in einem Hause der Albrechtstraße eine Versuchsstation von hundert Betten einzurichten, welche unter seiner Leitung und der seines Assistenten Dr. Cornet stehen soll. Anmeldungen um Aufnahme sind nicht an den mit Geschäften überhäuften Prof. Dr. Koch, sondern an einen seiner Assistenten, Dr. Cornet oder Dr. Pfeuffer vom kaiserl. Reichs=Gesundheitsamt, zu richten. - Die Adresse des Arztes mit welchem Professor Dr. Koch die practische Anwendung seines Verfahrens erprobt, ist Herr Dr. William Levy, in dessen Prenzlauer Allee 46 belegenen Klinik seit geraumer Zeit eine große Anzahl von Fällen des sogenannten Lupus mit ausnahmlos günstigem erfolge behandelt worden ist. Der Schwiegersohn des Professor Koch, Oberstabsarzt Dr. Pfuhl, hielt vor einigen Tagen vor einem Kreise der Officiere des Kriegsministeriums einen Vortrag über die Entdeckung seines Schwiegervaters bezüglich der Tuberkulose und aller Infectionskrankheiten. Demzufolge wird, wie wir hören, für sämmtliche Schwindsüchtige der Garnison Berlin eine Ambulanz unter Leitung des Geh. Raths Koch eingerichtet. Am überraschendsten, weil fast von unmittelbarer Wirkung, sollen sich die Versuche bei Lupus, einer fressenden Gesichtsflechte, bewährt haben. - Der Patientenandrang wird natürlich ein sehr großer werden, deshalb glaubt Dr. Nasse namentlich auswärtige Patienten, welche vor Beginn der eigentlichen öffentlichen Behandlungen dort eintreffen, ganz besonders darauf aufmerksam machen zu müssen, daß sie ihre Gesundheit meist durch ungeduldige Sorge aufs Spiel setzen. Innerhalb einiger Wochen kommt doch die Reihe an sie. Professor Bergmann wird seine klinischen Vorlesungen in etwa 6 Wochen beginnen. Es muß im übrigen festgestellt werden, daß offenbar die Fälle von Lungen=Tuberculose am schwersten zu heilen sind, und Einspritzungen der Lymphe ca. 6 Wochen hindurch erfordern. Inzwischen hat Prof. Koch auch dem Cultusminister v. Goßler Vortrag gehalten und darauf hingewiesen, daß die Herstellungsmethode der Lymphe so theuer sei, daß arme Patienten sich unmöglich diesen Einimpfungen unterziehen können, wenn nicht der Staat helfend eintrete.
- Der bisherige Oberbürgermeister von Danzig, v. Winter, reiste nach einer Meldung der Danz. Ztg. infolge der neuen Nachrichten über Professor Dr. Kochs Heilverfahren gegen Tuberkulose nach Berlin und begab sich in Behandlung des Professor Koch.
- Die Sammlungen für das Bismarck=Denkmal in Berlin haben bisher die Summe von 838 525 Mark 92 Pfennige ergeben. Die Kosten des Monumentes sind also in vollem Umfange gesichert.
- Der Gräfin von Bismarck, der Schwiegertochter des Fürsten von Bismarck ist auf ihrer Reise nach England während der Eisenbahnfahrt durch belgisches Gebiet ein mit kostbaren Juwelen gefüllter kleiner Koffer gestohlen worden. Da erst vor 14 Tagen die Baronin von Rothschild auf ähnliche Weise beraubt worden ist, glaubt man, daß sich eine internationale Spitzbubenbande gebildet hat, welche die internationalen Eisenbahnzüge ausplündert.
- Am Montag, dem 131. Geburtstag Schillers, ist dessen Denkmal vor dem Schauspielhaus in Berlin mit Blumen und Kränzen reich geschmückt gewesen.
- Die Zahl der telephonischen Gespräche in Berlin beläuft sich täglich auf rund 670 000. Die Zahl der Theilnehmer hat dort bereits 14 000 überschritten. Es sind das mehr Sprechstellen, als ganz Frankreich besitzt. Dort gab es Anfang dieses Jahres erst 12 800.

[ => Original lesen: 1890 Nr. 89 Seite 6]

- Es verlautet, daß eine Verlegung der Militär=Schießschule von Spandau nach dem Lockstädter Lager in Aussicht genommen sei und zu Anfang des nächsten Jahres schon erfolgen werde.
- Eine Strikeschlägerei gab es in Ottensen bei Hamburg zwischen Ausständigen und neuengagierten polnischen Glasbläsern, an welcher sich mehrere hundert Arbeiter betheiligten. Es fielen auch Revolverschüsse, durch welche ein Arbeiter schwer verwundet wurde. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen.
- Der vollbesetzte Altona=Wedeler Personenzug wäre am Sonnabend bei Blankenese fast verunglückt; ein großer Block war auf die Schienen gelegt. Glücklicherweise konnte durch die Carpenterbremse der Zug wenige Schritte vor dem Block zum Stehen gebracht werden, so daß ein gräßliches Unglück verhindert wurde.
- In Bremen fand am Sonnabend der Stapellauf eines neuen Panzerschiffes der deutschen Marine statt. Bei der vom Contre=Admiral Köster vollzogenen Taufe erhielt dasselbe auf Befehl des Kaisers den Namen "Leowulf".
- Zum zweitenmal kömmt die Meldung vom Platzen eines Gewehrlaufs (Modell 88). Aus Stettin wird der "Köln. Ztg." von diesem zweiten Fall berichtet, welcher sich dort bei einer Schießübung des Füsilier=Bataillons des Grenadier=Regiments König Friedrich Wilhelm IV. ereignet hat. Ein Officier hatte mehrere Schüsse abgegeben, wobei das Gewehr aufs Beste seinen Dienst that, als plötzlich der Lauf platzte. Der Schütze trug hierbei nur leichte Verletzungen an den Händen davon.
- Wer jetzt in die Lage kommt, für einen Sohn einen Lebensberuf auszuwählen, in dem derselbe möglichst bald Selbständigkeit und auskömmlichen Erwerb finden soll, ist wirklich nicht zu beneiden. Ueberfüllung in allen gewerblichen und gelehrten Berufszweigen, erhöhte Anforderungen bei geringeren Gegenleistungen überall! Auf allen Seiten Warnungstafeln: Es wird gewarnt, die Forstcarriere einzuschlagen! Man werde nicht Kaufmann! Arzt zu werden, ist nicht rathsam, jedes Nest besitzt einen! Jetzt hat auch der Deckersche Terminkalender für die preußischen Justizbeamten die Gestalt einer solchen Warnungstafel angenommen. Derselbe vermeldet, daß gegenwärtig 1791 Gerichtsassessoren in Preußen vorhanden sind, denen bis zu ihrer definitiven Anstellung eine Wartezeit von mindestens 8 Jahren prophezeit werden kann. Viel schlimmer aber sind die Referendare dran, falls sie sich der Richterlaufbahn widmen wollen. Ihre Zahl beträgt jetzt in Preußen 2975; das ergiebt mit den 1791 Assessoren 4766 junge Juristen, die auf eine Anstellung hoffen. Wenn alle jetzt angestellten Juristen Preußens binnen 4 bis 5 Jahren aussterben sollten, würde immer noch übermäßiger Ersatz vorhanden sein. Im vergangenen Jahr sind wieder mehr als 600 Referendare in Preußen eingetreten, um 12 bis 15 Jahre unentgeltlich zu arbeiten. Unter diesen Umständen werden die jungen Juristen aus den kleineren deutschen Staaten, die mit Vorliebe nach Preußen zu gehen pflegten, zum großen Theil doch gut daran thun, ihre schätzbaren Kräfte ihrem engeren Vaterland zu erhalten, zumal sich in neuerer Zeit in manchen kleineren Staaten die Aussichten auf baldige Anstellung im Richteramt doch gebessert haben.
- Wie in Braunschweig, so sind auch in Chemnitz die Sozialdemokraten bei den Stadtverordnetenwahlen unterlegen. Man sieht, daß ihr Angriff selbst in den Fabrikstädten zurückzuschlagen ist, wenn die übrigen Parteien nur ihre Pflicht thun.
- In Neuwied kam kürzlich ein Zwillingspaar (Mädchen) zur Welt, welches bei sonst vollkommen normaler Köperbildung mit den Köpfen derartig zusammengewachsen war, daß letztere wie nur ein Kopf mit zwei entgegengesetzten Gesichtern erschienen. Die Kinder lebten nach der Geburt noch eine halbe Stunde. Die Leichen wurden der Klinik in Bonn zur Ausstellung im dortigen anatomischen Museum überwiesen.
- Ueber die Frage der Abänderung des Personentarifs auf den Eisenbahnen verlautet folgendes: Bereits seit geraumer Zeit sind umfangreiche Erhebungen und Erörterungen im Gange, welche eine Reform unseres Personentarifs bezwecken, und wir glauben nicht zu irren, wenn wir annehmen, daß eine solche Reform in verhältnißmäßig naher Zeit in Aussicht genommen werden darf, sofern die Finanzlage im Stande ist, die Ausfälle zu tragen, die mit einer durchgreifenden Reform verbunden sind. Ueber die Richtung, in welcher sich die Reformen bewegen, können wir heute nur andeuten, daß eine erhebliche Ermäßigung der Fahrpreise für gewöhnliche Züge, vielleicht mit bescheidenen Zuschlägen für Schnellzüge, daneben aber die Beseitigung aller Vergünstigungen geplant erscheint, welche einen Reisenden zu Gunsten eines anderen belasten. Dahin gehört auch die Aufhebung der Gewährung von Freigepäck, mit welcher jedoch eine starke Ermäßigung der bestehenden Gepäcktaxe verbunden sein dürfte. Dahin gehört ferner eine anderweitige Regelung der Taxe für Retourbillets in der Richtung, daß für die Rückfahrt nicht mehr eine Art von Prämie gewährt wird, daß vielmehr nur eine mäßige Reduction des Preises eintritt. Hingegen sollen die Retourbillets auf andere Personen übertragen werden können, was bisher verboten war. Die Rundreisebillets sollen nach der allgemeinen Preisermäßigung fortfallen.
- In der Nürnberger Maschinenbau=Actien=Gesellschaft (vormals Kramer=Klett) ist für den König von Italien ein Hofzug hergestellt worden, der am Donnerstag voriger Woche nach Rom hat abgehen sollen. Der Hofzug, dessen Kosten sich auf etwa eine halbe Million belaufen, besteht aus einem Salonwagen für den König, einem Salonwagen für die Königin, einem Salonwagen für den Kronprinzen, einem Speisesalonwagen, einem Küchenwagen und zwei Gepäckwagen. Der Wagen des Königs enthält Arbeitszimmer, Schlafzimmer und Empfangssalon, der Wagen der Königin besteht aus einem Salon, Boudoir, Schlafzimmer mit Vorzimmer. Bei all der reichen, hocheleganten Ausstattung macht sich durchaus keine Überladung geltend, es tritt überall künstlerischer Geschmack hervor. Als Beleuchtungsart ist Gas vorgesehen und das trägt die Schuld davon, daß der Hofzug nicht weit gekommen ist. Er hat nach Nürnberg wieder zurückgebracht werden müssen, weil eine Gasexplosion erfolgt und dadurch ein Theil des Zuges zerstört worden ist.
- Jener erfinderische Schneider Zeitung, der in einer Kiste von Wien nach Paris zur Ausstellung gereist war, scheint Schule gemacht zu haben. Am Sonnabend Nachmittag langte in Paris mit einem aus Barcelona kommenden Personenzug eine Kiste an, welcher eine junge Spanierin und ein junger Maure entstiegen. Dieselben waren 5 Tage in der Kiste gereist. Die Kiste, die reichlich mit Luftlöchern versehen war, trug die Aufschrift: "Spiegel, sehr zerbrechlich."
- "Jack der Aufschlitzer" soll verhaftet sein. Die in Turin erscheinende "Gazetta piamontese" weiß zu melden, daß "Jack" in Parma und zwar in Person eines englischen Arztes ermittelt und auf Requisition der englischen Behörden verhaftet worden sei. Die Bestätigung dieser nicht gerade wahrscheinlich klingenden Nachricht bleibt abzuwarten.
- Ein geschwänzter Mensch. An einem etwa elfjährigen Knaben, der in das Hospital von Natal, der Hauptstadt von Rio Grande do Norte in Brasilien, wegen eines Geschwürs an der Hacke und auf dem Spann des linken Fußes gebracht wurde, hat der behandelnde Arzt Dr. Celso Caldas, wie die "Gazetto do Natal" berichtet ein seltsames Naturschauspiel entdeckt. Das Rückgrat dieses Knaben setzt sich nämlich schwanzartig fort. Dieser Fortsatz ringelt sich wie ein richtiger Affenschwanz und hat schon die Länge von 8 Zoll erreicht; er scheint mit dem fortschreitenden Wachstum des Knaben selber zu wachsen. Der Knabe stammt von gesunden, kräftigen Eltern und ist sonst regelmäßig gebildet, aufgeweckt und geistig normal entwickelt.
- Postberichte aus Indien melden, daß ein Rudel von 8 Wölfen den District Hofchangabab in den Centralprovinzen Indiens verwüsteten und 40 Viehhirten beiderlei Geschlechts, hauptsächlich im Alter von 8 und 16 Jahren tödteten. Vieh wurde von ihnen nicht zerrissen. Die Belohnung für das Tödten von Wölfen wurde sofort auf 25 Rupien per Wolf und 300 Rupien per Rudel Wölfe erhöht, aber dies führte bisher zu keinem Resultat.


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