[ => Original lesen: 1890 Nr. 86 Seite 1] Nr. 20 des Offiz. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1890 enthält in der
II. Abtheilung:
(1.) Bekanntmachung, betr. die Ausstellung von Bescheinigungen für die Zwecke der Invaliditäts= und Altersversicherung.
(2.) Bekanntmachung, betr. die Werth=Festsetzung von Naturalbezügen für den Bereich des Invaliditäts= und Altersversicherungsgesetzes.
(3.) Bekanntmachung, betr. die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat September 1890.
(4.) Bekanntmachung, betr. das Schweizerische Consulat in Hamburg.
(5.) Bekanntmachung, betr. den Postverkehr mit Zanzibar, Bagamoyo und Dar=es=Salaam.
Kaiser Wilhelm beabsichtigt den Landtag am 12. November Mittags 12 Uhr in Person im Weißen Saale zu eröffnen.
Der Reichskanzler v. Caprivi hat soeben in einem Danktelegramm an die Dresdener Kolonialgesellschaft folgenden Ausspruch gethan: Auch ich halte die ostafrikanische Kolonie für zukunftsreich und hoffe, daß sich ihr die für Erschließung und Ausnutzung derselben nöthigen Privatkapitalien bald zuwenden werden.
Fürst Bismarck arbeitet mit Lothar Bucher und seinem Privatsekretär fleißig an seinen Memoiren. Das Werk, dessen Veröffentlichung die ganze Welt mit Spannung entgegensieht, soll bis jetzt schon einen bedeutenden Umfang erreicht haben, doch werde seine Vollendung immerhin noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen.
Der 90. Geburtstag hat unserm großen Feldmarschall Graf Moltke mit den vielen Ehren auch viel Arbeit gebracht. Seit dem frühen Morgen des Montag sitzt der greise Herr fleißig an seinem Schreibtisch, um von den ca. 3500 Telegrammen und Glückwunschschreiben, die zu seinem Geburtstag eingegangen sind, diejenigen persönlich zu beantworten, die von Fürstlichkeiten und solchen Personen herrühren, die dem Jubilar besonders nahe stehen. Wie man hört, gedenkt der Graf vorläufig nicht nach Kreisau zurückzukehren, sondern einen Theil des Winters in Berlin zu verbringen. Die Abordnung der deutschen Städte, welche dem Jubilar am Sonntag die Adresse der deutschen Städte, die einzige, die verlesen wurde, überreicht hat, bestand aus 20 Oberbürgermeistern und Stadtverordneten=Vorstehern. Die Abordnung vertrat nicht weniger als 1000 Städte des deutschen Reiches. Die Adresse ist in der Reichsdruckerei auf Pergament in Kanzleischrift des 16. Jahrhunderts gedruckt.
Die Einnahmen der Reichskasse betragen während der ersten neun Monate ds. Js. 309 805 997 Mark, das sind 33 079 329 Mark mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Die Ausgaben für die Alters= und Invaliden=Versicherung, welche dem deutschen Reiche im ersten Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, also anno 1891, erwachsen werden, schätzt man auf 6 Millionen Mk. Allmählich folgt bei der sich vergrößernden Zahl der Reichsrentner eine Steigerung bis auf 50 bis 60 Millionen aufs Jahr.
Im Reichstag soll, wie die "Schlesische Ztg." meldet, gleich nach dem Zusammentritt desselben von klerikaler und deutschfreisinniger Seite ein Antrag auf Verschiebung des Termins für das Inkrafttreten des Invaliditäts= und Altersversicherungs=Gesetzes eingebracht werden.
Die neuen Dienstprämien für Unteroffiziere, von denen bei der diesjährigen Militärvorlage zum ersten Mal die Rede war, sollen in den neuen Militäretat von 1891/92 gestellt werden. Es handelt sich hierbei um nicht weniger als 4 1/2 Millionen Mark; die Prämie für die einzelnen Unteroffiziere soll sich nach 12jähriger Dienstzeit auf 1000 Mark belaufen.
Die Sozialdemokraten in Braunschweig beschlossen die Gründung einer täglich erscheinenden Zeitung mit einer Wochenausgabe für die Landbezirke. Bebel hatte von der Herausgabe eines Genossenschaftsblattes abgerathen, weil es nicht unwahrscheinlich sei, daß in wenigen Jahren ein neues und schärferes Sozialistengesetz als das letzte kommen werde.
Der Weltpost=Kongreß wird im nächsten Jahr am 20. Mai in Wien zusammentreten.
Ein Frühaufsteher ersten Ranges ist der König von Belgien, der auch während seines Aufenthaltes in Potsdam schon um 5 1/2 Uhr Morgens auf den Beinen war und ein Bad nahm. Nach dem Bade genießt der König acht frische, weich gekochte Eier. Auch von warmen Zimmern ist der König kein Freund. Obgleich am Abend seiner Ankunft in Potsdam das Thermometer nur 1 Grad Wärme zeigte, ließ er doch sofort das Feuer in den Oefen ausgießen, weil es ihm zu warm war.
Der König der Belgier hat am Freitag Nachmittag Potsdam wieder verlassen, um über Köln direct nach Brüssel zurückzureisen.
Die holländischen Generalstaaten, die wegen der Regentschaftsfrage zu einer außerordentlichen Session einberufen sind, haben am Dienstag die Verhandlungen über die Regierungsunfähigkeit des Königs Wilhelm III. begonnen. Der Ministerpräsident Mackay erstattete Bericht über den Gesundheitszustand des Königs und erklärte, die Aerzte hätten constatirt, daß der König außer Stande sei, zu regieren. Der Justizminister und der Minister der Colonien, die den König gesehen haben, bestätigen die Aussage der Aerzte. Der Beschluß der Generalstaaten, durch den nach der Verfassung die Unfähigkeit des Königs zur Regierung erklärt werden muß, um die Einsetzung einer Regentschaft herbeizuführen, ist am Mittwoch mit 109 gegen 5 Stimmen gefaßt worden. Da eine Genesung des Königs von seiner Geisteskrankheit und somit eine Wiederholung der vorjährigen Vorgänge ausgeschlossen ist, hat der Herzog v. Nassau seinen Widerstand gegen eine Reise nach Luxemburg aufgegeben. Wie der "Rheinische Courier" erfährt, ist ein demnächstiger kurzer Aufenthalt des Herzogs in Luxemburg nicht ausgeschlossen.
Der Abg. Laur in Paris sandte an den Grafen Moltke ein haßerfülltes beleidigendes Telegramm, welches von der Behörde angehalten und wieder zu=
[ => Original lesen: 1890 Nr. 86 Seite 2]rückgeschickt wurde. Laur sandte seine Depesche darauf brieflich am Moltke, deren Inhalt der Goulois veröffentlicht.
Aus Rußland kommen Meldungen über Ruhestörungen in den Gouvernements Charkow und Jekatorinoslaw. 9000 Mann Truppen sind gegen die aufständischen Bauern aufgeboten und mit denselben bereits mehrfach handgemein geworden. Die Bauern ziehen im Land umher und verbrennen die Häuser der Gutsbesitzer, verwüsten die Felder und stecken die Wälder in Brand.
In London herrscht allgemeine Entrüstung darüber, daß Stanley nach Amerika abgereist ist, ohne seine gegen den ermordeten Bartelott gerichtete Beschuldigungen begründet zu haben. Karl Peters Artikel über Stanley's Verrath an Emin Pascha erregt großes Aufsehen und bestätigt den längst gehegten Verdacht, daß Stanley einen Doppelzweck verfolgte und sich verwerflicher Mittel bediente, Emin Pascha zum Mitgehen zu zwingen.
Das Londoner "United Servie Magazine" bringt einen Artikel von Kapitän Bruces, welcher für die Abtretung Gibralters an Spanien eintritt und großes Aufsehen erregt. Der Verfasser erklärt gegenüber den heutigen Geschützen Gibraltar wie Malta für werthlos und schlägt die balearischen Inseln als Kompensation vor.
Die Stadt Witu in Ostafrika wurde, wie soeben aus London mitgetheilt wird, zur Strafe für die Ermordung der deutschen Expedition Küntzel von der dorthin gesandten britischen Expedition völlig zerstört. Die Wituneger sind unter starkem Verlust nach allen Richtungen entflohen. Englischerseits wurden 20 Mann verwundet. Das Ende des Witusultanats haben die Engländer proklamirt und auf die Gefangennahme des Sultans 10 000 Rupien ausgesetzt.
- Schönberg. Wir haben heute über zwei Versammlungen zu berichten, von denen die eine den humanen Zweck zur Erbauung eines Landeskrankenhauses in hiesiger Stadt bezweckte, die andere aber die bestehende gesellschaftliche Ordnung zu untergraben sich zur Aufgabe gestellt hatte. Im Boye'schen Saale fanden sich am Sonntag, Nachmittags 1 1/2 Uhr, eine größere Anzahl Bewohner aus Stadt und Land zusammen, um sich zu einem Verein zur Erbauung eines Landes=Krankenhauses in Schönberg zu constituiren. Die fertig vorgelegten Statuten wurden verlesen und angenommen und darauf zur Wahl eines geschäftsführenden und eines weiteren Vorstandes geschritten, welcher erstere aus drei, letzterer aus 22 Personen besteht. Die Mitgliedsschaft des Vereins erwirbt jeder, der sich zu einem einmaligen Beitrage von 10 M. durch Unterschrift verpflichtet. Die bisher gezeichneten Unterschriften umfaßt bereits die Zahl von ungefähr 90 Mitgliedern. - Die zweite Versammlung fand Nachmittags 4 Uhr im Köster'schen Saale statt, wo der Reichstagsabgeordnete Schankwirth Schwarz aus Lübeck über den Halle'schen socialdemocratischen Parteitag referirte und über die Ziele der Partei sprach. Die zweistündige Rede enthielt fast Alles, was aus den Zeitungen bereits über den Parteitag bekannt ist, doch folgte die Versammlung seinen Auslassungen mit Aufmerksamkeit. Interessanter wurde die Rede, wie die Zwecke der socialdemocratischen Partei von ihm besprochen wurden. Die Partei erstrebe die Erwerbung des Wahlrechts mit dem 20. Lebensjahre und die Abschaffung der Frauen und Kinderarbeit, die Religion wolle die Partei jedem überlassen, da diese sicher ihrer Auflösung von selbst entgegen gehe, seit auf den Kanzeln Politik getrieben werde. Viel Schmerz schien es dem Redner zu bereiten, daß die Partei in den ultramontanen Gegenden Deutschlands so wenig ausrichten könne, da die katholische Geistlichkeit ihre Gemeindeglieder zu fest am Bande habe. Conflicte mit Polizei und Staatsanwaltschaft suche die Partei grundsätzlich zu vermeiden. Die Partei sei allerdings aus Besitzlosen zusammengesetzt, doch habe sie bereits ein Vermögen von ca. 168 000 M., das in auswärtigen Banken angelegt sei, damit es ihr nicht weggenommen werden könne. Verwand werde dasselbe zur Gründung und Verbreitung von großen Parteizeitungen, die kleine Localpresse müsse sich selbst erhalten. Auch für Deutsch=Polen solle eine Zeitung gegründet werden, da die dortigen Arbeiter denen der anderen deutschen Staaten zu große Concurrenz machen; die dortigen Arbeiter müßten aufgeklärt werden, damit sie auch Socialdemocraten würden. Redner prophezeite für das Fürstenthum Ratzeburg und ganz Mecklenburg, daß in 10 Jahren der Bauernstand aufgehört habe, da der Großgrundbesitzer alle bäuerlichen Stellen durch Ankauf sich angeeignet haben würde. Seine dreisten Auslassungen, namentlich die über Kirche und über das Aufhören des Klein=Grundbesitzes wurden häufig durch zweifelnde Zwischenrufe aus dem Zuhörerkreis unterbrochen. Nachdem Redner volle 2 Stunden in dieser Weise sich expectorirt hatte, erbat Herr Lehrer Schär von hier das Wort. Derselbe widerlegte in klarer, sehr verständlicher Weise die Hauptstellen der Schwarz'schen Rede, und machte sichtlich Eindruck auf die Zuhörer; der Angriff auf die Kirche wurde gebührend zurückgewiesen, ebenso die Auslassungen über das bevorstehende Einschlachten des Klein=Grundbesitzes in ganz Mecklenburg, die ganz und gar nicht auf Mecklenburg paßten. Die Partei würde nur wenig Anhänger finden für ihre Lehren, so lange diese nichts Besseres böten, als wir jetzt schon hätten. Gearbeitet müßte in dem socialdemokratischen Zukunftsstaat noch mehr werden, wie jetzt, ja schon heute wäre mit Bestimmtheit zu sagen, daß dieser Zukunftsstaat die größte Zwangsanstalt sein würde, die jemals existirt habe, und keiner, außer den socialdemokratischen Führern, sich darin wohl fühlen werde. Wenn auch die Partei möglicherweise vorerst noch zahlreicher werden würde, sie werde sich später doch durch innere Zwistigkeiten zersetzen. Anhaltender Jubel lohnte Herrn Schär für seine verständlichen und klaren Zurückweisungen der Schwarzschen Aussprüche. - Noch einmal nahm Herr Schwarz das Wort, aber es fehlte ihm sichtlich die Sicherheit der Entgegnung auf die von Anfang bis zu Ende auf Wahrheit beruhenden Worte des Herrn Schär. Er meinte, es sei vielleicht in Mecklenburg manches anders, aber man solle einmal an den Rhein gehen, da sei Alles so, wie er gesagt habe. Ueberhaupt verwies er in seiner Rede mit Vorliebe auf etwas Uncontrollierbares, Auswärtiges, das von hier aus auf seine Wahrheit nicht zu beurtheilen war. Aengstlich klammerte er sich nochmals an den Halle'schen Parteitag und suchte die dort ausgebrochenen Zwistigkeiten der "Jungen" gegen die "Alten" als Nichts hinzustellen. - Nach einer nochmaligen kurzen Widerlegung des Herrn Schär wurde die Versammlung endlich um 7 Uhr geschlossen.
- Auf Befehl des Kaisers sind jetzt im Berliner Kunstgewerbe=Museum elf Bierhumpen ausgestellt, welche dem Monarchen von einer Gruppe jüngerer Berliner Bildhauer überreicht sind. Die Humpen sind schlichte Krüge aus Steinzeug mit einem aufgebrannten Wappenadler und dem Datum 27. Januar 1889. Die Fassung ist Zinn; auf dem Deckel tragen die Krüge in Zinn gegossene Figuren oder Gruppen, welche von den elf Künstlern in verschiedener Weise componirt sind.
- Die Kaiserin Friedrich hat Unterhandlungen wegen des alten Burgschlosses Cronberg a. Taunus angeknüpft. Dasselbe gehörte ehedem einem alten Rittergeschlecht, welches 1704 ausgestorben ist.
- Der Münchener Maler Angeli weilt augenblicklich in Berlin, um im Auftrag der Kaiserin Friedrich die Prinzessin Victoria und ihren Verlobten, den Prinzen Adolf von Schaumburg=Lippe zu malen. Auch Franz v. Lenbach ist dort anwesend, um den Kaiser zu porträtiren.
- Der Plan, Berlin in einen Seehafen umzuwandeln, für welchen der Kaiser ein ganz persönliches Interesse bethätigt, befindet sich bereits im Stadium ernsthafter technischer Erwägungen. Nach den gründlichen Ermittelungen würden sich die Baukosten für Anlage eines Canals Berlin=Eberswalde=Stettin von einer (zum Ausweichen selbst größerer Seeschiffe vollgenügenden) Wasserbreite von 52 m und einer Tiefe gleich der des Suezkanals auf 115 1/2 Mill. Mk. stellen.
- Wegen der am 1. December stattfindenden Volkszählung ist in Preußen neuerdings eine Verfügung ergangen, daß am 30. November und 1. und 2. December keinerlei öffentliche Versammlungen und größere Festlichkeiten stattfinden dürfen.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 86 Seite 3]Anzeigen.
Auf den Antrag der Vormünder soll die den Geschwistern Richard, Paul und Alma Lohse zu Rupensdorf gehörige, alldort sub Nr. 1 belegene Büdnerei mit dem Acker im Ganzen oder eine Wohnung in derselben mit dem Acker oder auch der Acker allein auf 14 aufeinanderfolgende Jahre und zwar von Neujahr 1891 bis Neujahr 1905 öffentlich meistbietend verpachtet werden.
Zu diesem Zwecke ist Termin auf
Sonnabend, den 15. November d. Js.,
Vormittags 11 Uhr,
vor Gericht allhier angesetzt, zu welchem Pachtliebhaber mit dem Bemerken hiermit geladen werden, daß die Besichtigung der Büdnerei c. p. nach zuvoriger Meldung bei der Wittwe Lohse jeder Zeit gestattet ist und die Pachtbedingungen auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht ausliegen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu haben sind.
Schönberg, den 28. October 1890.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
E. Breuel, Act.
Verkaufs=Anzeige.
Auftragsmäßig werde ich am Dienstag, den 4. November d. J., Vormittags 10 Uhr, im Gastwirth Boye'schen Locale in Schönberg
18 Dutzend Paar beste Herren=, Damen= u. Kinder=Filzpantoffeln resp. Plüsch= und Filzschuhe
in passenden Pösten öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung versteigern.
Staffeldt, Gerichtsvollzieher.
Im Auftrage einiger Gläubiger des Buchbinders W. Heitmann fordere ich hierdurch sämmtliche Gläubiger desselben auf, ihre Forderungen bis zum 10. November d. J. bei mir anzumelden, damit ev. eine gütliche, außergerichtliche Einigung erfolgen kann.
Schönberg, den 30. October 1890.
H. Fölsch. Rechtsanwalt.
Aufforderung!
Im Auftrage der Obervormundschafts=Behörde ersuchen wir Alle diejenigen, welche noch Forderungen an den Nachlaß des verstorbenen Schneidermeisters Hans Joachim Lange haben, dieselben bis zum 15. November ds. Jahres bei der Wittwe des ersteren einzureichen; und Alle diejenigen, welche noch Zahlungen zu leisten haben, selbige ebendort bis zum vorerwähnten Datum zu bewerkstelligen.
Schönberg, den 17. October 1890.
Im Auftrage:
W. Nothdurft, H. Barkenthien,
als Vormünder der minorennen Kinder.
Am 5. d. M. wird die Herberge zur Heimat und Verpflegungsstation zu Schönberg samt der Filiale zu Carlow eröffnet werden. Wir ersuchen alle, nach diesem Zeitpunkt keinem Wandernden mehr etwas zu geben und fordern zugleich alle, die noch nicht dem Verein angehören, zum Beitritt auf.
Zugleich machen wir bekannt, daß mit der Herb. z. H. und Verpflegungsstation eine Arbeitsnachweisungsstelle verbunden ist und bitten Meister und sonstige Arbeitgeber, sich im Bedarfsfalle mit dem Herbergswirth Hagen in Verbindung zu setzen. Wer Gäste der Verpflegungsstation zu Arbeiten in seinem Hause oder Garten zu haben wünscht, möge sich auf der Herberge melden. Es sind für die Stunde Arbeit 10 Pf. in die Vereinskasse zu entrichten.
Schönberg i/M., den 3. Nov. 1890.
Der Vorstand des Herbergs-Vereins d. F. R.
H. Hennings, Lübeck,
Wallstraße Nr. 15 b,
Baumaterialien-Handlung,
empfiehlt zu soliden Preisen:
Kalk, Cement. Verblendsteine,
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Zur bevorstehenden Schlachtzeit empfehle meine neuerbaute Räucherei bestens.
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Alleinige Niederlage für Schönberg.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 86 Seite 4]Zu dem am Mittwoch, den 19. November d. J. bei mir stattfindenden
Landmanns-Balle
erlaube ich mir, die Herren Hauswirthe hierdurch freundlichst einzuladen.
J. Boye.
|
Im August d. J. hat unsere Gesellschaft auf den Feldmarken Carlow, Klocksdorf, Breesen, Roxin und Demern an versichertem Korn Hagelschlag erlitten. Die Entschädigungssumme hierfür beträgt 2150 Mark.
Mit Rücksicht auf unseren Reservefonds - der die statutenmäßige Höhe bereits um 35 % überschritten hat - soll indeß für dies Jahr auch nur ein Beitrag von 20 Pfennig pro 100 M. Versicherungssumme erhoben worden.
Wir ersuchen unsere Mitglieder, solchen Beitrag am
Dienstag, den 18. November,
Morgens 10 Uhr
im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 1. November 1890. |
Direction der Hagelversicherungs=Gesellschaft.
J. Kröger. Wilh. Heincke. |
Großherzogliches Hoftheater zu Schwerin,
Erste Fremden=Abonnements=Vorstellung für die Abtheilung I
am Freitag den 7. November 1890:
Die lustigen Weiber von Windsor,
Oper in 3 Aufzügen von Nicolai.
Anfang 6 Uhr. Ende gegen 9 Uhr.
Schwerin, den 1. November 1890.
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.
Sänger-Concert und Ball
des Gesangvereins Carlow unter Mitwirkung der Schönberger Vereinsmusiker am Sonntag den 16. November im Lokale des Herrn J. Krellenberg. Anfang 6 Uhr.
Programm
1. Kaiser=Marsch v. Unrath.
2. Ouvertüre: Im Frühling, v. Natusch.
3. Wanderers Nachtgebet, v. Weber (Gesang.)
4. Waldandacht, v. Abt (Gesang.)
5. Potpouri a. d. Reiche der Töne v. Gärtner.
6. Marguita Walzer v. G. Steffens.
----------------------
7. Ouvertüre z. O. Dichter und Bauer v. Suppé.
8. Die drei Röselein, Volkslied (Gesang.)
9. Wie hab' ich sie geliebt, v. Möhring (Gesang.)
10. Militär=Quadrille, v. Berger.
11. Neues Vaterlandslied, v. Kieseler (Gesang.)
12. Durch Sonne und Mond, Galopp v. Rixner.
Die
Flachs-Reinigungs-Anstalt
beginnt am 15. November die Arbeit und werden die Lieferungen baldigst erbeten.
Die Drevs'schen Erben.
Bauhof, den 25. October 1890.
Ballstoffe,
Ballhandschuhe,
Ballstrümpfe,
Balltücher
empfiehlt billigst
Hugo Heincke.
Strickwolle,
Perlwolle,
Rockwolle,
Stickwolle,
Castorwolle,
Stickseide,
sowie sämmtliche Tapisserieartikel empfiehlt in großer Auswahl billigst
Hugo Heincke.
Den geehrten Bewohnern Schönbergs zur Nachrichte daß meine
Räucherei
von jetzt an wieder eröffnet ist.
H. Badstein.
Grössere leere
Fässer & Fleischbalgen
empfiehlt
Aug. Spehr.
60-70 To. Dabersche und weisse
Eß=Kartoffel
hat preiswerth abzugeben.
Christian Ramelow.
Grevesmühlen i. M.
Suche zu Ostern 1891
2 Deputat-Knechte u. 1 Kuhhirten
event. ohne Hofgänger.
Mechow bei Ratzeburg, im Nov. 1890.
Stamer.
Ein Tagelöhner
wird zu Ostern gescht in Torisdorf bei
Schönberg. R. Schwarz.
In der vorigen Woche ist mir ein weißes Au-Lamm mit buntem Kopf abhanden gekommen, sollte es sich irgendwo angefunden haben, so bitte um gefl. Benachrichtigung.
Retelsdorf, den 2. November 1890.
C. Boye, Hauswirth.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 8.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 86 Seite 5]Beilage
zu Nr. 86 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 4. November 1890.
- Dassow. Unmittelbar neben der Mündung der Stepenitz in den Dassower Binnensee liegt eine Insel, im Volksmunde "Ploenswerder" genannt. Dies kleine Eiland, heute nur dem Nutznießer einige Fuder Heu einbringend, hat eine bedeutungsvolle historische Vergangenheit. Nach der Annahme von Lisch und Wigger lag in alter Vorzeit auf dieser Insel das berüchtigte und gefürchtete "Raubschloß Dassow", dessen Inhaber der Schrecken der Handeltreibenden auf der Lübeck=Wismarschen Landstraße waren. Den verbündeten Lübecker und Mecklenburgischen Kämpfern gelang es im Jahre 1261, das alte Raubschloß zu zerstören, der Hauptmann desselben Ritter Scheele von Nunnendorf, wurde aufgehängt. Als aber in den nachfolgenden Zeiten die erst jetzt durch den Schiedsspruch des Reichsgerichts beendigten Streitigkeiten über die Landeshoheit auf diesem Gewässer entstanden und sich verschärften, sollte diese Insel für beide Parteien Bedeutung gewinnen. Die Lübecker betrachteten den Werder als ihr Eigenthum und haben seit langen Jahren die Nachmaht desselben an 2 Dassower Ackerbürger verpachtet. Diese beiden Ackerbürger zahlten nur eine ganz geringe Pacht, hatten aber von den Zeiten ihrer Voreltern her die Verpflichtung, die Schlutuper und Gothmunder Fischer auf ihren Gehöften aufzunehmen, wenn dieselben im Monat Mai in festlichem Schmuck und mit Musik in ihren Kähnen bei Dassow landeten. Dies Fest (bei der Dassower Bevölkerung "Bollenfest" genannt, da Bollen ein alter Spitzname der Lübecker Fischer ist) hatte die Bedeutung, daß jene Fischer gegen eine ihnen vom Lübecker Senat gezahlte Vergütung die Vormath auf dem sog. Ploenswerder abmähen sollten, um durch solche symbolische Handlung das Lübecker Hoheitsrecht am Dassower Binnensee zum Ausdruck zu bringen. Allein die Vormaht jenes Werders war, wenn die Lübecker Fischer kamen, fast regelmäßig schon von Dassower Einwohnern in Anspruch genommen, da man der Stadt Lübeck jenes Hoheitsrecht bestritt. So mußten denn beim Bollenfest die von Lübeck her anfahrenden Fischer sich begnügen, ein Minimum Gras auf jener Insel zu mähen, und fuhren dann noch ein Stück Wegs unter der Dassower Brücke durch die Stepenitz entlang bis nach Lütgenhof. Dort wurde Kehrt gemacht, dann bei der Brücke ans Land gestiegen und mit Musik und wehenden Fahnen durch den Ort gezogen, wo vor dem Polizeigebäude ein siegesbewußtes Fahnenschwenken stattfand. Ein bis zum nächsten Morgen dauerndes Tanzfest in zwei Gasthäusern beschloß die Feier. Denn schon seit Jahrzehnten hatten die Aussichten auf guten Verdienst die in früheren Zeiten selbstverständlich patriotische Weigerung, die fremden unbeliebten Gäste aufzunehmen, überwunden. Jene beiden oben angeführten Bauerngehöfte (Ploen und Klasen) haben schon lange nicht mehr die Lübecker Fischer beherbergt, nur noch den Lohn ihrer früheren Gastwilligkeit durch die Werbung der Nachtmaht auf dem Ploenswerder genossen. Der Schiedsspruch des deutschen Reichsgerichts vom 21. Juni d. J., durch welchen der freien Stadt Lübeck die Oberhoheit über unsern Binnensee zugesprochen ist, hat dieser aus dem Mittelalter stammenden symbolischen Handlung ein Ende gemacht. Das "Bollenfest" wird in Zukunft nicht wieder stattfinden, die Schlutuper und Gothmunder Fischer mit ihrer kleidsamen Festtracht und ihren Bannern werden nicht wieder der Mittelpunkt eines Volksfestes sein. Eine symbolische Handlung ist überflüssig, wo das Urtheil gefällt ist "von Rechts wegen". - Heute waren Deputirte des Lübecker Senats in Dassow, um nun den alten historischen Ploenswerder mit Vormaht und Nachmaht gegen klingende Münze zu verkaufen.
- Stammbaum des Grafen von Stolberg. Neben den erlauchten Zollern, Welfen, Wettinern, Habsburgern führt auch das gräfliche, jetzt fürstliche Haus Stolberg=Wernigerode seinen Ursprung bis in das 11. und 12. Jahrhundert zurück. Als Stammvater erscheint urkundlich der Graf Heinrich von Stolberg 1230. Er war ein Enkel Graf Ilgers II. von Honstein und Bruderssohn Ilgers III. Nach der Erbtheilung des Landgrafen von Thüringen erhielt er ein an und auf dem Harze gelegenes Territorium in der Grafschaft Honstein, wo er sich zwischen 1201 und 1210 auf seinem Stammsitze, Stolberg genannt, anbaute und darnach Graf von Stolberg benannte.
- Ueber die Art des Koch'schen Heilverfahrens äußert sich heute die Pharmaceutische Zeitung: "Es dürfte sich um eine Impfung handeln, und zwar ließe sich annehmen, daß Professor Koch eine Bakterienart durch Cultur (Züchtung) in Thieren in ihrer Virulenz abschwächt, so daß sie in der letzen Generation keine dem menschlichen Organismus schädliche Toxine (Gifte) absondert, kurz, daß sie auf den Menschen nicht nachtheilig einwirkt; sie wird dann aber, in die Blutbahn eines Tuberkelkranken gebracht, die Tuberkelbacillen in ihrer Lebensfähigkeit hemmen, indem sie dieselben überwuchert (phagarytinartig) oder durch das von ihr erzeugte virus, welches dem Menschen nicht mehr schädlich ist, die freie Entwickelung der Krankheitserreger hemmt. Es könnte auch sein, daß nicht die Bacillen selbst, und das ist sogar das Wahrscheinlichere, - sondern das von denselben erzeugte Stoffwechselproduct in die Blutbahn der Tuberkulosen injicirt (eingeführt) wird. - Die medicinischen Fachblätter, so vor allem die "Berl. Kln. Wochenschr.", halten nach wie vor mit irgend welchen Andeutungen zurück und erwähnen nur die Beurlaubung Kochs, sowie die von uns schon berichtete Aeußerung von Leyden.
- Ein höchst eigenthümliches Familienereignis wird aus Papendorf bei Wandsbek gemeldet. Ein dortiger Landmann fuhr mit seiner Frau nach auswärts zu einem Tauffest. Von Unruhe getrieben, brach er schon am frühen Abend auf. Als er sich seinem Hause näherte, bemerkte er zu seinem Staunen, daß im Wohnzimmer Licht brannte. Der Landmann stieg durch ein Fenster in die Schlafstube, bewaffnete sich mit einem Revolver und trat nun ins Wohnzimmer. Er fand sich drei vermummten Männern gegenüber, die beschäftigt waren, einen Sekretär zu erbrechen, in dem sich eine bedeutende Summe Geldes, das vor einigen Tagen erhobene Erbtheil seiner Frau befand. Mit drei sicheren Schüssen streckte der Landmann die Einbrecher nieder. Als den Schwerverwundeten die Verkleidung abgenommen und die geschwärzten Gesichter gereinigt waren, erkannte man in ihnen die drei Schwäger des Landmanns.
- In Elbing ist dieser Tage ein bisher in der Bürgerschaft hochangesehener Apotheker als frecher Schwindler entlarvt worden. Derselbe hat nämlich seit Jahren das eiserne Kreuz getragen und nun stellt es sich plötzlich heraus, daß der saubere Kreuzritter niemals Soldat gewesen ist und auch in anderer Eigenschaft nicht den Krieg von 1870/71 mitgemacht hat.
- Das Stillleben von Monaco hat plötzlich eine für Hundebesitzer höchst unliebsame Unterbrechung erfahren. Die Spielverwaltung läßt nämlich, um sich der vielen Hunde zu erwehren, dieselben vergiften und macht dabei keinen Unterschied zwischen herrenlosen und wohlsituirten Hunden. Man sei darüber umso mehr erbost, als gleichzeitig auch eine Hundekälte herrsche.
- Ein neues Goldland ist bei Matagong in Italien entdeckt worden. Tausende strömen dorthin, um die unheimliche Jagd nach dem Glück zu beginnen.
- Nach der offiziellen Statistik sind bis zum 20. October in ganz Spanien 5446 Personen von der Cholera ergriffen worden und 2824 daran gestorben. Die Seuche ist jetzt überall zu Ende. In Valencia giebt es noch vereinzelte Fälle und ebenso neuerdings in Murcia.
- Die großen amerikanischen Importfirmen senden ihre Einkäufer in gewohnter Weise nach Ber=
[ => Original lesen: 1890 Nr. 86 Seite 6]lin, auch trafen in den letzten Tagen sehr umfangreiche Bestellungen, größer als im letzten Jahre, auf die verschiedenartigsten Artikel von New=York ein.
Themesja, der Geiger.
Erzählung von Hermann Robolsky.
Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
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