No. 64
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 13. August
1889
neunundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1889 Nr. 64 Seite 1]

Bei dem Festmal des Royal Yacht=Klubs, das am Mittwoch in Cowes stattgefunden hat, sind vom Prinzen von Wales und unserem Kaiser Trinksprüche ausgebracht worden, deren politische Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. In einem Toast auf das Wohl des deutschen Kaisers wies der Prinz von Wales auf die voraufgegangene Besichtigung der englischen Flotte durch den Kaiser hin und bemerkte, daß in unseren Tagen jegliches Land auf jegliche Eveutualität vorbereitet sein müsse. Hoffentlich würden die große deutsche Armee sowie die englische Flotte zur Erhaltung des Weltfriedens beitragen. Der Kaiser erwiderte darauf mit ungefähr folgenden Worten: Die große Ehre, die ihm von der Königin durch die Ernennung zum Admiral der englischen Flotte erwiesen worden sei, schätze er sehr hoch. Er freue sich sehr, der Besichtigung der Flotte beigewohnt zu haben, welche er als die schönste der Welt betrachte. Deutschland besitze eine seinen Bedürfnissen entsprechende Armee, und wenn die britische Nation eine ihren Erfordernissen gewachsene Flotte habe, so werde dies gewiß von Europa im Allgemeinen als ein höchst wichtiger Faktor für die Aufrechterhaltung des Friedens betrachtet werden. Als der Kaiser am Mittwoch Morgen zur Truppenschau in Aldershot anlangte, wurde er vom Herzog von Cambridge und einem glänzenden Gefolge empfangen. Der Kaiser, der die Uniform der Gardes du Corps trug, reichte der Prinzessin von Wales die Hand und geleitete sie zum Wagen, worauf er selbst ein Pferd bestieg und nach dem Manöverfeld galoppierte. Auf letzterem waren ungefähr 30,000 Mann aller Waffengattungen versammelt; das Wetter war prachtvoll und die Revue nahm einen glänzenden Verlauf. Nachdem das eigentliche Manöver, bei welchem einige schneidig ausgeführte Kavallerie=Attacken den besonderen Beifall des Kaisers gefunden hatten, beendet war, begann um 1 Uhr der Vorbeimarsch der nun vereinigten zwei feindlichen Armeen. Die Haltung der Truppen mochte wohl nicht ganz den Ansprüchen genügen, die man auf dem Potsdamer Feld stellt, allein sie war im Ganzen eine sehr gute, und namentlich zogen die Kavallerie und die Artillerie im scharfen Trab in ausgezeichneter Ordnung vorüber. Bald nach 2 Uhr war der Vorbeimarsch beendet und die kommandierenden Offiziere wurden zum Kaiser berufen, der in schmeichelhaftester Weise seine Befriedigung über das Gesehene aussprach und den Offizieren in verbindlichster Weise dankte. Dann wurde in dem großen Zelt des Lagers das Frühstück eingenommen, bei welchem der Herzog von Cambridge auf das Wohl des deutschen Kaisers trank. Letzterer erwiderte darauf, er werde stets die Traditionen guter Genossenschaft zwischen den beiden Nationen aufrecht erhalten und hoffe, daß die zwischen den englischen Soldaten während so vieler Jahre bestandene Waffenbrüderschaft lange fortdauern werde. Der Galatafel, die am Mittwoch im Schloß Osborne stattgefunden hat, haben außer dem Kaiser und seinem Gefolge sämmtliche Mitglieder der englischen Königsfamilie sowie viele hervorragende Persönlichkeiten, darunter die Minister Lord Hamilton und Stanhope, beigewohnt. Am Donnerstag Morgen hat die Königin Victoria in den Gärten von Osborne die Mannschaften des deutschen Geschwaders besichtigt und für den Abend waren die Vorbereitungen zu einem großen Kunstfeuerwerk getroffen.
Die Königin von England hat am Donnerstag dem Prinzen Heinrich von Preußen den Hosenbandorden verliehen.
Das deutsche Geschwader hat am Donnerstag Abend 6 Uhr vor Spithead die Anker gelichtet, um in der Richtung nach Dover abzudampfen. Nur zwei Schiffe sind aus traurigem Anlaß zurückgeblieben, da sie noch einen todten Kameraden die letzten Ehren zu erweisen hatten.
Der Kaiser ist mit dem Prinzen Heinrich am Sonnabend Morgen von seiner Reise nach England in Wilhelmshaven eingetroffen und hat nach kurzem Aufenthalt mittelst Sonderzuges die Reise nach Berlin fortgesetzt, wo er am Sonntag, Morgens 1/2 1 Uhr eintraf.
Der Kaiser und die Kaiserin werden nach elsässischen Blättern am 21. August zu zweitägigem Aufenthalt in Straßburg eintreffen. Am 23. wird die Reise nach Metz angetreten, das aber schon am selben Tage wieder verlassen wird. Für den 27. ist der Besuch des Kaisers in Darmstadt offiziell angemeldet.
Zu Ehren des Kaisers von Oesterreich wird bei dessen demnächstiger Anwesenheit das Berliner Rathhaus mit österreichischen, ungarischen und deutschen Fahnen geschmückt werden. Infolge dieser Anordnung beabsichtigen die Anwohner derjenigen Straßen, durch welche der Kaiser Franz Josef seinen Einzug halten wird, ihre Gebäude mit reichen Dekorationen zu versehen.
Der Besuch des Zaren in Berlin soll nunmehr, wie verschiedene große Blätter bestimmt melden, zwischen dem 25. und 27. August stattfinden. Der Zar kommt mit seinem Sohn, dem Thronfolger, die Ankunft in Berlin erfolgt am 24. August Abends oder am 25. Früh. Das Festprogramm für die Anwesenheit des Zaren enthält die übliche Parade, ein Galadiner, eine Galaoper und einen Besuch der Gräber der beiden verstorbenen Kaiser. Die russische Kaiserin wird, wie es heißt, zu derselben Zeit auf der "Dershawa" nach Kopenhagen reisen und dabei Stettin oder Kiel am 27. und 28. August berühren. Dorthin gedenken dann mit dem Zaren und seinem Sohn der Kaiser und die Kaiserin von Berlin aus zu kommen, um mit der Zarin noch einen Tag zusammen zu verbringen. Für den Fall, daß inzwischen der Tod des Großfürsten Konstantin erfolgen sollte, bleibt das Programm bestehen, doch kommen alle geräuschvollen Festlichkeiten in Wegfall. Englischen Blättern wird gleichzeitig von ihren Correspondenten aus Berlin berichtet, daß von St. Petersburg aus in Berlin sehr wichtige Vorschläge zum Zweck einer vollständigen Aussöhnung gemacht worden seien. Demnach haben die tapferen Engländer trotz all der neuerlichen Vorgänge auf englischem Boden schon wieder Angst.
Das Befinden des Großfürsten Konstantin hat

[ => Original lesen: 1889 Nr. 64 Seite 2]

sich abermals erheblich verschlimmert; der hohe Patient leidet an Entzündung der Gehirngefäße, die Aerzte befürchten eine Wiederholung der Lähmungserscheinungen. Der Puls macht weniger als 60 Schläge in der Minute.
Die Marschälle Mac Mahon und Canrobert sollen es abgelehnt haben, an einem Kriegsgericht zur Aburtheilung Boulangers theilzunehmen. Auch Freycinet sei gegen die Einberufung eines Kriegsgerichts und habe deshalb bis Anfang September Ferien=Urlaub genommen.
Die serbische Regentschaft hat nunmehr an die Königin Natalie die offizielle Anfrage gerichtet, wann und wo außerhalb Serbiens der Königin im Monat August eine Zusammenkunft mit ihrem Sohn, dem König, erwünscht wäre? Wir schlagen den jeweiligen Wohnort des Königs Milan vor!
Die Note, welche die griechische Regierung in Sachen der Unruhe auf der Insel Kreta an die Großmächte gerichtet hat, hat in allen Hauptstädten sehr kühl gelassen. Wenn die Athener Regierung meint, sie werde schließlich ihre Unterthanen nicht abhalten können, den Christen auf Kreta Hilfe zu leisten, so wird ihr event. wohl klar gemacht werden, daß sie eine solche Handlungsweise verhindern muß. Uebrigens beschloß die Pforte, über Kreta den Belagerungszustand zu verhängen; der Umfang und die Strenge der Maßregeln sollen nach der Lage der einzelnen Punkte der Insel eingerichtet werden.
Die Festvorbereitungen, welche in der griechischen Hauptstadt für die Vermählung des Kronprinzen Konstantin und den Empfang des Kaiserpaares getroffen werden, sind recht großartig. Die Stadt Athen ist nicht reich, bietet aber alles auf, um ein glanzvolles Fest geben zu können.
Die neuesten Depeschen aus Sansibar bestätigen, daß Stanley und Emin Pascha mit 9000 Mann und enormen Elfenbein=Vorräthen auf die Ostküste zu marschieren. Der Zeitpunkt ihres Eintreffens in Sansibar läßt sich noch nicht mit Sicherheit feststellen, da die Riesenkarawane sich sehr langsam vorwärts bewegt.


- Auch in diesem Jahre wird der Aufenthalt des Kaisers im Manövergebiete durch die Kaiserstandarte bezeichnet. Diese Einrichtung hat sich bewährt und soll fortan immer angewendet werden.
- Die neue Leibgarde der Kaiserin reitet jetzt jeden Morgen in aller Frühe, unter Führung ihres Lieutenants, Herrn von Albedyll, durch das Brandenburger Thor nach dem Thiergarten hinaus. Die Leibgarde ist noch nicht equipirt, wird aber bereits bei Anwesenheit des Kaisers von Oesterreich in voller Ausrüstung Dienst thun.
- Der Kaiser von Oesterreich hat sich für seinen Einzug in Berlin bekanntlich alle festlichen Ausschmückungen verbeten. Die Bewohner der Linden haben sich dahin geeinigt, wenigstens die Häuser zu bekränzen und reichen Flaggenschmuck anzulegen.
- Ein Leipziger Professor deckt die sehr unliebsame Thatsache auf, daß ein Berliner Konsortium, an dessen Spitze ein dortiger Lehrer steht, den Verkauf von königlich preußischen Titeln anbietet. Die Offerte ist bereits dem Staatsanwalt übergeben und es wird sich ja nun herausstellen, ob an der Sache etwas Wahres ist, oder ob es sich nur um eine Schwindelgeschichte handelt.
- Die Berliner Bäckergesellen denken schon wieder an einen neuen Strike, trotzdem der erste einen solchen miserablen Ausgang hatte. Der Kamm soll ihnen geschwollen sein, weil jemand in Amerika ihnen 50 000 Mark zu Strikezwecken geschenkt haben soll. (?)
- Schon wieder ein neues Schlafmittel, Chloralamid genannt, dem außerordentliche Erfolge nachgerühmt werden. Es ist von der bekannten chemischen Fabrik E. Schering in Berlin hergestellt worden und entsteht durch Zusammensetzung von Chloralanhydrid und Formamid. Es stellt ein farbloses, fein krystallinisches Pulver dar, das etwas bitter, aber nicht unangenehm schmeckt. In den Kliniken der Professoren Strümpell in Erlangen und Riegel in Gießen hat es sich als sehr prompt wirkend erwiesen. Man giebt es in Gaben von 2 Gramm eingewickelt oder in Wein. Der Schlaf tritt in einer halben Stunde ein, ist sehr tief und dauert 8 bis 10 Stunden. Besonders bei Nervosität, Rückenmarksleiden und Herzfehlern soll es sehr gut wirken. Irgend welche schädlichen Neben= oder Nachwirkungen des Mittels hat man bisher noch nicht beobachtet. (Sie werden aber jedenfalls nicht ausbleiben.)
- Wie ein Telegramm der "Lübecker Ztg." meldet, nimmt in Aalborg die durch ein Schiff eingeschleppte Pocken=Epidemie furchtbar zu. Die Polizei verbot die Concerte, Theater und alle Versammlungen.
- Als vor einigen Tagen der Dampfer "Straßburg" mit der geborgenen schiffbrüchigen Mannschaft eines finnischen Segelschiffes in den Hafen zu Lübeck einlief, drang plötzlich Wasser in den Schiffsraum ein. Der in der Kajüte befindliche Sohn des Kapitäns versuchte sich gleich den Uebrigen zu retten, doch versperrten Waarenballen die Kajütenthür, infolgedessen der Unglückliche vor den Augen seines Vaters ertrank.
- Hauptmann Kund ist am Donnerstag Abend nach Kamerun abgereist, um an Stelle seines dem Klimafieber erlegenen Gefährten, des Leutnants Tappenbeck, die im Hinterlande von Süd=Kamerun gegründete Station zu übernehmen.
- Neun Unteroffiziere der Wißmannschen Kolonialtruppe sind, wie ein Hamburger Blatt meldet, gesundheitshalber nach Deutschland entlassen worden, dagegen gehen nächstens 5 Deckoffiziere, 4 Schiffsoffiziere und 2 Lazarettgehilfen nach Sansibar ab.
- Beim Herannahen der militärischen Herbstsendungen wird darauf aufmerksam gemacht, daß es sich empfiehlt, Postsendungen für die an Uebungen theilnehmenden Offiziere und Mannschaften nicht nach den in kurzen Zwischenräumen wechselnden Marschquartieren, sondern stets nur nach dem ständigen Garnisonorte zu richten. Für die richtige Leitung dieser Briefe etc. wird demnächst postseitig besondere Sorge getragen.
- Für Militärpflichtige wird die Mittheilung von Werth sein, daß die Truppentheile schon jetzt Dreijährig=Freiwillige für den Herbst in Dienst nehmen. Die Freiwilligen haben sich bei dem Truppentheil, bei dem sie eintreten wollen, persönlich, mit Meldeschein versehen, zu melden. Den Meldeschein erhalten die jungen Leute auf Grund einer schriftlichen Einwilligung des Vaters, bez. Vormundes, eines behördlichen Führungsattestes und des Geburtsscheines. Bei guter Führung können auch Dreijährig=Freiwillige nach zweijähriger Dienstzeit zur Disposition beurlaubt werden.
- Seit mehreren Monaten bereits ist es allgemein bekannt, daß Graf Andrassy am Blasenstein leidet. In den letzten Wochen war der Zustand des früheren Ministers ein derartiger, daß öfter hervorragende Aerzte zu ihm berufen werden mußten. Inzwischen hat nun der Graf eine Steinoperation glücklich überstanden, so daß Hoffnung auf baldige Genesung vorhanden ist. Er steht im 67. Lebensjahre.
- Der preußische Kultusminister v. Gosler, hat kürzlich eine längere Reise durch Nordschleswig gemacht, um sich persönlich vom Stande der dortigen Schul= und Sprachverhältnisse zu unterrichten. Es ist wohl als eine Folge dieser Amtsreise zu betrachten, daß nunmehr eine größere Zahl nordschleswigscher Lehrer auf Staatskosten einen Kursus im Deutschen bei verschiedenen Lehrern in Schleswig=Holstein durchmacht.
- In Betreff der Kieler Bestechungsangelegenheiten berichtigt jetzt die "Kreuztg." ihre frühere Meldung dahin: daß nicht der in Haft genommene Mindener Großkaufmann in Konkurs gerathen, sondern der Bremer Holzlieferant. Die in Frage stehende Lieferung von Teackholz hatte angeblich einen Werth von 600 000 Mark, wovon dem Oberingenieur P. 10 Prozent zugeflossen sind.
- Die Teakholz=Affaire in der deutschen Marine scheint jetzt auch andere Durchstechereien aufgedeckt zu haben. Aus Hamburg wird nämlich berichtet, daß dort auf Requisition des Berliner Staatsanwalts die Geschäftsbücher einer Tuch=Export=Firma beschlagnahmt wurden.
- Bei der Preisvertheilung der Ausstellung in Köln wurde die "Deutsche Schaumweinfabrik Wachenheim" mit der goldenen Medaille ausgezeichnet. Die tägliche Produktion dieser Fabrik beträgt etwa 5000 Flaschen und in der Kellerei derselben, der

[ => Original lesen: 1889 Nr. 64 Seite 3]

größten Deutschlands, befinden sich unter anderen 12 Fässer, von denen jedes 100 000 Liter enthält. Die Herstellung der Schaumweine erfolgt aus reinem Traubenwein und zwar vornehmlich aus Rhein= und Pfälzerweinen.
- Auf der Berg. Märk. Bahn trug sich in der Montags=Nacht ein schwerer Unglücksfall zu, der indessen zum großen Glück keinen Verlust an Menschenleben zur Folge hatte. Der von Westfalen kommende Nachtzug rannte nämlich bei dem Dorfe Niederwellma in eine Schafherde die ausgebrochen war und auf das Geleis zustürmte, als der Zug vorbeifuhr. Einige zwanzig Stück wurden buchstäblich zermalmt. Der Zug nahm keinem Schaden.
- In Danzig ist am Mittwoch Abend während eines starken Gewitters ein auf Wache stehender Pionier in dem Schilderhaus durch einen Blitzstrahl getötet worden.
- Dem berühmten Augenarzt, Herzog Karl Theodor von Bayern, bereiteten die um Tegernsee gelegenen Gemeinden zu Ehren des 50. Geburtstages am Donnerstag abend eine großartige Festlichkeit. Nachdem dreißig Feuer aufloderten, kamen gegen hundert beleuchtete Kähne an, dazwischen große Transparentkähne. Der Bürgermeister von Tegernsee hielt eine Ansprache. Auf dem Balkon seines Schlosses erschien der Herzog mit seiner Familie, welcher den Redner und die Vorstände der Vereine zu sich rief und ihnen herzlich dankte. Ein zahlreiches Publikum hatte sich eingefunden.
- Wie aus München berichtet wird, beläuft sich das Defizit des VII. deutschen Turnfestes auf 60 000 Mark, sodaß die Garantiezeichner 25 Prozent zahlen müssen.
- Schwer verunglückte am Sonntag bei Gräfenberg ein Radfahrer aus Nürnberg, an dessen Veloziped sich eine Schraube gelockert hatte, wodurch derselbe zu Fall kam. Er brach den rechten Arm, beschädigte sich die linke Hand, zertrümmere sich das Nasenbein und trug außerdem noch erhebliche Verletzungen am Kopfe davon.
- Die Segnungen des Zonentarifs, der seit dem 1. d. M. auf den ungarischen Staatsbahnen eingeführt ist, machen sich bereis bemerklich. In Budapest langten am 1. d. M. mittels der Zonenkarten 45 000 Personen an, während 3253 abreisten. Es bedeutet das eine Verdreifachung des Verkehrs und man kann annehmen, daß eine weiter anhaltende Steigerung erfolgt.
- In den baltischen Provinzen wird jetzt einfach der Schluß der baltisch deutscheu Gymnasien binnen drei Jahren angeordnet. Vor 25 Jahren erst sagte der Kaiser Alexander II. zu den Deutschen in den Ostseeprovinzen, indem er sie wegen ihrer Treue lobte: "Eure Sprachen und Eure Rechte wird Euch keiner meiner Nachfolger jemals nehmen." Das klang schön, aber es kam anders.
- Die Töchter der Schwarzen Berge scheinen "nicht ganz ohne" zu sein, denn schon hat die zweite Tochter des Fürsten von Montenegro, die Prinzessin Anastasia, in Rußland in dem Prinzen Georg von Leuchtenberg einen Bewerber gefunden. Bei dem Hofdiner, das am Dienstag in Peterhof stattgefunden hat, ist die Verlobung vom Zaren proklamiert worden.
- In Brüssel sind neuere Nachlichten vom oberen Kongo eingetroffen, welche bestätigen, daß Handel und Schifffahrtsverkehr dort in erfreulicher Weise zunahmen und die Ruhe nirgends gestört worden ist.
- In der kleinen Stadt Bar an der Seine treten gegenwärtig die Flöhe derartig massenhaft auf, daß sich der Unterpräfekt des Ortes aus seinem Hause flüchten mußte.
- Laut einer Nachsicht des "Imparcial" sind 17 spanische Emigranten an Bord eines italienischen transatlantischen Dampfers auf der Reise von Malaga nach Buenos Aires Hungers gestorben.
- Der Besuch des Schahs von Persien in England hat der englischen Regierung 7650 Pfd. Sterl. (153 000 Mk) und der Stadt London 2000 Pfd. Sterl. (40 000 Mk) gekostet.
- In einem an einer Straße in Newyork gelegenen großen Miethsstall brach Sonntag früh Feuer aus, bei welchem nicht weniger als 127 Pferde in den Flammen umkamen und etwa 50 Fuhrwerke verschiedener Art verbrannten. Der Verlust an Pferden beziffert sich auf etwa 25 000 Dollars, der übrige Schaden beträgt 42 000 Dollars.


Anzeigen.

Bekanntmachung.

Während der diesjähriger Herbstübungen der Königlichen 18. Division wird in der Zeit vom 3. bis einschl. 10. September cr. in Schönberg ein Manöver=Magazin errichtet. Der für dasselbe erforderliche Bedarf an
          ungefähr 8-9 Stück Rindvieh,
          ungefähr 6 Centner Speck,
          ungefähr 7 Centner Reis,
          ungefähr 191 Centner Kartoffeln,
          ungefähr 5 Centner Salz,
          ungefähr 179 Centner Hafer,
          ungefähr 52 Centner Heu,
          ungefähr 61 Centner Roggenrichtstroh,
          ungefähr 380 Centner Bivaksstroh,
          ungefähr 71 Cbm. Bivaksholz,
soll an Ort und Stelle, soweit möglich direct vom Producenten (aus erster Hand) angekauft werden.
Personen, welche gewillt sind, irgend einen der vorbezeichneten Artikel auch in geringeren als den angegebenen Mengen an das Magazin zu verkaufen, wollen sich mit ihren Anerbietungen vom 20. August cr. ab an den in Schönberg befindlichen Verwalter des qu. Magazins wenden.
Flensburg, den 3. August 1889.

Königliche Intendantur der 18. Division.


Zwangsversteigerung.

Am Freitag, den 16. August d. Js., Vormittags 11 Uhr, werde ich auf der Feldmark Palingen

14 Scheffel Aussaat Hafer,

auf dem Halme stehend, welcher schnittreif ist, im Ganzen oder in Kavelingen öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen.
Kaufliebhaber wollen sich zu obiger Zeit beim Herrn Gastwirth Oldenburg in Palingen einfinden.
Schönberg i/M., den 12. August 1889.

                                                    Studier,
                                                    Kammer=Exekutor.


Oeffentliche Versteigerung.

Am Donnerstag, den 15. d. Mts., Vorm. 10 Uhr, werde ich

eine Cavel mit Hafer,

auf dem Stamme - ca. 30 []R. - öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen.
Sammelplatz der Käufer an der Chaussee am Ende der Siemzerstraße.
Schönberg, den 10. August 1889.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Am Sonnabend, den 17. August cr., Vorm. 10 1/2 Uhr, sollen auf der Palinger Feldmark

circa 100 Stiege Hafer

in Hocken und passenden Caveln, öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Käufer wollen sich zur angegebenen Zeit im Kruge zu Palingen einfinden.
Schönberg, den 12. August 1889.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


G. & O. Lüders, Hamburg,
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[ => Original lesen: 1889 Nr. 64 Seite 4]

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Am Sonntag den 18. und Montag den 19. August findet bei mir ein

Scheibenschiessen

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Ratzeburg, den 30. Juni 1889.

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Der Streik der Tischler in Lübeck dauert unverändert fort, beachtet daher die Annoncen der Innungsmeister nicht.

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Das größte Glück auf Erden

ist nicht der Reichtum an Geld und Gut, sondern die Gesundheit. Viele Kranken erkennen ihre wahren Leiden nicht und lassen sich als Magenkranke, Blutarme, Bleich= und Schwindsüchtige behandeln. Betrachte man nun bei den meisten Kranken die sich zeigenden Symptome genauer, so wird man finden, daß Wurmkrankheit die Hauptrolle spielt; so manche Medizin wird gegen obenstehende Leiden eingenommen, wäre aber besser ersetzt durch ein Wurmmittel des bekannten Spezialisten Theodor Konetzky in Stein bei Säckingen. Die sichersten Symptome eines an Bandwurm=, Spuhl= oder Madenwürmer Leidenden sind: Abgang nudel= oder kürbisähnlicher Glieder und sonstiger Würmer, sowie Blässe des Gesichts, matter Blick, blaue Ringe um die Augen, Abmagerung, Verschleimung, stets belegte Zunge, Verdauungsschwäche, Appetitlosigkeit, abwechselnd mit Heißhunger, Uebelkeiten, Aufstoßen eines Knäuels bis zum Halse, stärkeres Zusammenfließen des Speichels im Munde, Magensäure, Sodbrennen, häufiges Aufstoßen, Schwindel, öfter Kopfschmerz, unregelmäßiger Stuhlgang, Koliken, Kollern und wellenförmige Bewegungen, dann stechende, saugende Schmerzen in den Gedärmen, Herzklopfen - Zahlreiche Atteste aus allen Kantonen beweisen die Vorzüglichkeit der Methode. - Dauer der Kur 30 bis 60 Minuten, ganz ohne Berufsstörung. Bei Bestellung ist Alter und Geschlecht des Patienten anzugeben. Die meisten Kranken, welche solche Mixtur versuchsweise nahmen, waren von Würmern geplagt, während andere damit die dem Körper sehr dienliche Entfernung aller Unreinigkeiten zu ihrer Zufriedenheit erzielten. Die Kur ist unter Garantie der Gesundheit vollständig unschädlich.


52. Auflage.
Wie führe ich meine Prozesse beim Amtsgericht?

          Anleitung,
wie man abzufassen hat:
          Einen Zahlungsbefehl,
          Wiederspruch gegen einen Zahlungsbefehl,
          Gesuch um Vollstreckungsbefehl,
          Widerspruch gegen einen solchen,
          Waaren= und Darlehnsklagen aller Art,
          Miethsklage,
          Exmissionsklage,
          Manifestationseid,
          Arrestgesuch,
          Injurienklage,
          Konkursverfahren,
          Anmeldung einer Forderung,
          Wechselforderungs=Anmeldung u. s. w.

Der Preis ist nur 100 Pfennige (1 Mark) und wird das Buch bei Einsendung des Betrages in Briefmarken franco versandt.

                                                    R. Skrzeczek's Verlag,
                                                    Berlin NW., Thurm=Straße 8.


Gesucht zu Michaelis ein mit guten Zeugnissen versehener, kräftiger

Pferde=Knecht.

Pfaffenmühle bei Ratzeburg.

                                                    R. Petersen.


Die Geburt eines Sohnes zeigen statt besonderer Meldung an

                                                    J. Oldeburg u. Frau.

Niendorf, den 9. August 1889.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck.
9,30 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 10,56 Nachts.
Nach Kleinen:
7,27 Morg. 10,13 Vorm. 12,46 Nachm. 8,30 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 64 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 64 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 13. August 1889.


- Eine interessante Episode aus dem deutsch=französischen Krieg, welche durch das große deutsche Turnfest in München gewissermaßen aktuell geworden ist, sei hiermit erzählt: Es war während der, trotz der eisigen Temperatur, die herrschte, heißen Kämpfe, welche im December 1870 das deutsche Heer der von Aurelle de Paladine befehligten Loire=Armee geliefert hat. Eine preußische und eine bayerische Batterie standen Schulter an Schulter auf einem der Hügel, die sich längs der Loire erheben, und feuerten gegen die von den Franzosen besetzten Positionen. Die Bayern waren mit solchem Ungestüm ins Zeug gegangen, daß sie sich "verschossen" hatten, und ein Hauptmann trat au einen der preußischen Offiziere mit der Bitte heran, ihm einige Munition zu überlassen. Der Preuße willfahrte dem Gesuch, und eine Portion Sprenggeschosse wurde auf einen Karren verladen. Da sprengte der preußische Regimentskommandeur heran und erkundigte sich nach dem Sachverhalt. Er zeigte sich sehr ungehalten darüber, daß die Bayern nicht sparsamer und vorsichtiger mit ihrem Kriegsmaterial umgegangen waren, und bereitete dem baierischen Hauptmann ein förmliches Donnerwetter. Diesen ließ dasselbe unbeweglich, wie es sich einem Untergeordneten gegenüber einem Rangvorderen geziemt, schwenkte dann salutirend ab und ritt mit der Munition zu seinen Leuten. Da kam ihm ein Unteroffizier entgegen, der den Hauptmann mit "königliche Hoheit" anredete. Nun wurde der Oberst stutzig, erkundigte sich bei seinem Adjutanten, setzte dann sein Pferd in schärfsten Trab, um den Bayern einzuholen. Er stieg vom Roß herunter, verneigte sich tief. "Königliche Hoheit", sprach er, "ich wußte nicht, mit wem ich die Ehre hatte zu reden, wollen gütigst meinen barschen Ton entschuldigen, aber meine Bemerkungen über den unnützen Verbrauch der Munition muß ich aufrecht erhalten." "Und daran thun Sie recht, Herr Oberst," erwiderte der bayerische Hauptmann, der niemand anders war, als Prinz Ludwig von Bayern, der Redner vom Turnfest.
- Das "Land der Handschuhe" ist die neueste Bezeichnung, die ein urwüchsiger Schweizer für unser deutsches Vaterland gefunden und in einer Reisebeschreibung der Welt zum Besten gegeben hat. Nach der Abfahrt von Basel, so schreibt er, empfing ich den "ersten Eindruck" auf deutschem Boden dadurch, daß ich bei Musterung meiner drei Reisegefährten inne wurde, mich im "Land der Handschuhe" zu befinden; der Eine, mit großem blonden Schnurrbart, trug gelbe dänische Handschuhe und war zweifellos Offizier, der Zweite, ein dicker Herr mit sächsischem Dialekt und Zwirnhandschuhen, war Fabrikbesitzer, der Dritte mit glattrasiertem Gesicht und schwarzen Glacés konnte nur Geistlicher oder Lehrer sein. Ganz verschiedenen Berufe waren sie alle Drei, als Norddeutsche doch im Prinzip ganz einig, daß, wer zweiter Klasse fährt, unbedingt Handschuhe tragen muß, mögen sie ihm noch so lästig sein. Im Winter als Schutz gegen die Kälte, lobe ich mir einen guten warmen Handschuh, aber im Sommer ist er bei Herren wohl überflüssig; in Italien entledigen sich sogar die Damen stets so bald als möglich und fast allemal nach Sonnenuntergang der einengenden Handbekleidung und stellen ihre klassisch schönen Hände frei von jedem Zwange zur Schau. Auch in der Schweiz und in Frankreich ist man ziemlich gleichgiltig gegen Handschuhe, nur in Deutschland, namentlich in dessen kleineren Städten, gelten dieselben, vielleicht im Nachempfinden der einstigen Ritterzeit, als unerläßlich für einen Gentleman. Neben dem beabsichtigten aristokratischen Eindruck bewirken indessen die Handschuhe gleichzeitig eine ganz entgegengesetzte demokratische Standesverschmelzung, denn in der Praxis schaffen sie Gleichheit für Alle; im Handschuh sieht die Hand des Barons nicht anders aus, als die seines Barbiers, dessen schaumgeborene "Rechte" sich nur durch Fingerzinken manchmal verräth." Daß dem braven Schweizer die Handschuhe gerade in der Eisenbahn als überflüssiges Toilettenstück auffallen, muß Wunder nehmen, denn auf Reisen kann man sich am besten davon überzeugen, daß der Handschuh auch einen nicht zu verachtenden Schutz gegen Schmutz bietet. Im Uebrigen hat auch in Deutschland der Handschuhzwang für Herren in den letzten Jahren sehr nachgelassen, sodaß das Tragen der Handbekleidung nur für den ein charakteristisches Merkmal unseres Vaterlandes bilden kann, der zu Hause überhaupt keine zu sehen bekommt, was in vielen Gegenden der Schweiz, wo ja sogar stellenweise die Taschentücher verpönt sind, sehr gut möglich ist. Daß die Deutschen auch recht gut ohne Handschuhe zu arbeiten verstehen, das hat die deutsche Regierung der Schweiz ja aber erst bewiesen.


Angela.
Roman aus den vergangenen Tagen.
                          (Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.

[ => Original lesen: 1889 Nr. 64 Seite 6]

Angela.
[Fortsetzung.]


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