[ => Original lesen: 1889 Nr. 63 Seite 1] S. M. der Kaiser hat am Sonnabend Nachmittag, nachdem das Wetter besser geworden war, dem Prinzen und der Prinzessin von Wales einen Besuch auf der Yacht "Osborne" abgestattet. Von da kehrte der Kaiser nach Osborne zurück, wo eine Abendtafel von 44 Gedecken stattfand. Im Lauf des Tages hatten Graf Herbert Bismarck und der Botschafter Graf Hatzfeldt mit dem englischen Premierminister Lord Salisbury längere Unterredungen. Am Sonntag wohnte der Kaiser mit der Königin und allen Mitgliedern der Königsfamilie dem Gottesdienst in der Schloßkapelle von Osborne bei. Nachher empfing der Kaiser eine aus 4 Herren bestehende Abordnung der in London lebenden Deutschen, die ihm eine prachtvoll ausgestattete Ergebenheits= und Glückwunschadresse überreichte. Nach dem Frühstück begab sich der Kaiser in der Interims=Uniform eines englischen Admirals, begleitet von dem Prinzen Christian von Schleswig=Holstein, dem Admiral Schröder und den zur Dienstleistung kommandierten britischen Offizieren, an Bord der Yacht "Alberta", woselbst auch der Prinz von Wales und dessen Sohn Albert Viktor erschienen. Die Yacht dampfte sodann nach dem Ankerplatz der englischen Flotte ab und legte zunächst bei dem Flaggschiff "Howe" an, worauf der Reihe nach die Schiffe "Immortality," "Hero", "Medea", "Serpent" und "Sharpshooter", welche die verschiedenen Typen der englischen Kriegsschiffe zeigen, besucht und eingehend besichtigt wurden. Abends fand Familientafel in Osborne statt. Am Montag Vormittag hat der Prinz von Wales die deutsche Flotte besichtigt. Das Wetter hatte sich im Lauf des Vormittags etwas aufgehellt, so daß die Flottenschau ohne Störung hat stattfinden können. Eine weitere Verschiebung der Revue war nicht gut möglich, da die Flotte am Dienstag zu den angesetzten größeren Uebungen aufbrechen sollte. Das Schauspiel war ein wahrhaft großartiges und ganz darnach angethan, dem Zuschauer einen Begriff von der Seemacht Großbritanniens zu geben, denn ohne die britischen Geschwader im Mittelländischen Meer oder im Stillen Meere, oder in den chinesischen, indischen oder nordamerikanischen Gewässern nur um ein einziges Schiff zu berauben, waren auf der Rhede von Spithead in einer Länge von nahezu vier englischen Meilen nicht weniger als 112 Kriegsschiffe stationirt, darunter 37 Panzerschiffe, 20 ungepanzerte Kreuzer, 15 Kanonenboote, 38 Torpedoboote erster Klasse und verschiedene andere Kriegsfahrzeuge mit einer Gesammtbesatzung von nahezu 23,000 Mann. - Die deutsche Matrosen haben am Sonntag in großer Anzahl die Orte Cowes, Osborne und Ryde besucht und sich überall durch ihr vorzügliches Benehmen ausgezeichnet, was in allen Berichten rühmend hervorgehoben wird. Der Kaiser hat noch am Sonnabend dem Prinzen Georg von Wales den Schwarzen Adlerorden verliehen.
Kaiser Wilhelm wird am 10. d. M. mit der Yacht "Hohenzollern" aus England wieder in Wilhelmshaven eintreffen und sich sofort nach Berlin zum Empfange des Kaisers Franz Josef von Oesterreich begeben.
Kaiser Wilhelm wird am 21. August Straßburg einen zweitägigen Besuch abstatten und am 23. Metz besuchen.
Die Königin Viktoria von England hat den deutschen Kaiser zum Ehrenadmiral der britischen Flotte ernannt. Diese Ernennung ist eine Auszeichnung, welche die denkbar innigste Verbindung der beiden Fürstenhäuser wie der beiden Staaten bedeutet. Die Königin Viktoria hat diese Ernennung nicht kraft ihrer königlichen Rechte vollziehen können, sondern es liegt ein Staatsakt vor, an dem zugleich der englische Thronfolger der Onkel des Kaisers, betheiligt war, und diese Zustimmung des Prinzen von Wales bedeutet nichts Geringeres, als daß die unter der Königin Victoria erfolgte innige Verständigung der beiden europäischen Großmächte auch unter der Herrschaft des künftigen englischen Königs fortdauern werde.
Eine Deputation des ersten Gardedragonerregiments, welches fortan den Namen der Königin von England führen wird, ist von Berlin nach London abgereist, um der Königin den Frontrapport des Regiments zu überreichen.
An der ganzen preußisch=russischen Grenze sind auf eine Verfügung von Berlin aus umfassende veterinärpolizeiliche Maßregeln getroffen worden, um eine Einschleppung der in einer russisch=polnischen Ortschaft amtlich festgestellten Rinderpest zu verhüten.
Zum Empfange de Kaisers Franz Josef in Berlin wird auch der greise Feldmarschall Moltke nach dort kommen.
Graf Hartenau, früher Prinz Alexander von Battenberg, ist nun doch österreichischer Militär. Er ist am vorigen Sonntag in Graz vom Erzherzog Karl Ludwig in Audienz empfangen worden und hat dabei die Oberstenuniform des österreichischen Dragonerregiments Prinz Alexander von Hessen getragen. Es heißt auch, er werde im Herbst den Manövern in Kärnten beiwohnen.
Der französische Botschafter Herbetie der seine Urlaubsreise mit Rücksicht auf die Ueberreste Carnots nach Frankreich aufgeschoben hatte, hat am Freitag Berlin auf längere Zeit verlassen und wird voraussichtlich während des Besuches des Kaisers von Oesterreich und etwaiger Besuche anderer Fürstlichkeiten nicht dort anwesend sein.
Am Sonntag fand in Paris die feierliche Beisetzung der Gebeine Carnots und Latour d'Auvergnes des "ersten Grenadiers von Frankreich", in Gegenwart aller Staatsbehörden im Pantheon statt, wohin dieselben im großartigen Zuge überführt worden waren. Die Ruhe wurde nirgends gestört.
An dem vom Pariser Stadtrath geplanten Bürgermeister=Bankett werden 22 000 Bürgermeister und Ortsvorsteher theilnehmen.
Der Schah von Persien fuhr zum Eiffelthurm hinauf und speiste später bei dem Minister Spuller.
Wie aus Bern gemeldet wird, gedenkt der französische Kriegsminister de Freycinet seine Sommerferien in Vevey zu verbringen. Vielleicht begegnet er auf irgend einem Ausflug einmal dem Grafen Waldersee!
[ => Original lesen: 1889 Nr. 63 Seite 2]Das neueste geflügelte Wort des Zaren lautet folgendermaßen kurz und geschmackvoll: "Ich werde den Teufel thun und gerade dann Krieg anfangen, wenn es denen da draußen beliebt!" Wenn's wahr ist, läßt es sich nur so erklären, daß in der Umgebung des Zaren fortwährend gegen Deutschland gehetzt wird und daß besonders Pobjedonoszew und der Hofminister Graf Woronzoff=Daschkoff es an Versuchen, den Besuch des Zaren beim deutschen Kaiser zu verhindern, nicht fehlen lassen. Zu diesem Zweck legen sie dem Zar alle abfälligen Urtheile der deutschen Presse vor und im Unmuth über einen solchen soll und kann ja auch vielleicht der Zar sich in dieser drastischen Weise geäußert haben. Herr v. Giers, der russische Minister des Aeußeren, tritt in der zweiten Hälfte des August eine Urlaubsreise ins Ausland an. Man glaubt, er werde den Zaren nach Berlin begleiten oder ihn dort erwarten. Der Fürst von Montenegro ist am Freitag mit Sohn und Töchtern in Peterhof angelangt, Großfürst Peter war seiner Braut bis an die Grenze entgegengefahren.
- Neustrelitz. Als Se. Königl. Hoheit der Erbgroßherzog, Höchstwelcher am 5. August vom Pürschen in der Zachower Forst nach Prillwitz zurückkehrte, wohin I. K. H. die Erbgroßherzogin ihren hohen Gemahl begleitet hatte, eine Brücke in der Nähe der Wanzkaer Papiermühle passierte, deren baulicher Zustand schon lange zu wünschen ließ, durchbrachen die Pferde die morschen Bohlen, so daß die Ah. Herrschaften thatsächlich in Lebensgefahr schwebten. Durch die Geistesgegenwart Sr. K. H. des Erbgroßherzogs, der sofort vom Wagen sprang und die Pferde am Kopf faßte, wodurch I. K. H. die Erbgroßherzogin Zeit gewann, den Wagen zu verlassen, wurde ein in seinen Folgen vielleicht sehr schwerer Unfall verhütet. Der Graben ist etwa 10 m breit und 4 m tief.
- Schönberg. Die diesjährigen militärischen Herbstübungen werden zum Theil auf dem Gebiet unseres Fürstenthums abgehalten werden. Die 35. Infanterie=Brigade (Regt. 84 und 86 und Jägerbataillon Nr. 9) wird am 2. und 3. Sept. auf der Palinger Heide exercieren und am 5. Sept. unter Hinzutritt der 2., 3. und 4. Eskadron des Husaren=Regts. 16 der I. und III. Abteilung des Feld=Artillerie=Regts. 9 und der 4. Compagnie des Pionier=Bataillons 9 zwischen Schlutup und Dassow manövrieren. - Aus Anlaß des Manövers werden Einquartierung erhalten vom 31. Aug. bis 2. Sept. vom Füselier=Regt. Nr. 86 Palingen den Stab und 2. Comp. des 1. Bataillons, Dorf Lockwisch 1 1/3 Comp. und Hof Lockwisch 2/3 Comp. dess. Bataill., Dorf Selmsdorf 2 1/3, Hof Selmsdorf 2/3, Lauen 1/2 und Bardowiek 1/2 Comp. des 2. Bataillons, Herrnburg 2, Lüdersdorf 1 und Wahrsow ebenfalls 1 Comp. des 3. Bat.; vom Infanterie=Regt. Nr. 31 Alt= und Neu=Horst zusammen 2/3 Comp. des 3. Bat.; vom Infanterie=Reg. Herzog von Holstein (Nr. 85); Ziethen 1 Comp. 3. Bat.; am 3. und 4. Sept.: vom Füsilier=Reg. Nr. 86 Schwanbeck 1 Comp. 1. Bat., Malzow 2 1/3 und Kleinfeld 1 1/3 Comp. 2. Bat., Dorf Zarnewenz 2/3, Hof Zarnewenz 1/3, Sülsdorf 2 und Teschow 1 Comp. 3. Bat.; vom Infanterie=Reg. Nr. 85 Ziethen 1 Comp. 3. Bat.; vom Husaren=Reg. Nr. 16 die 2. und 4. Eskadron Palingen, die 3. Eskadron zu 1/2 Teschow und zu je 1/4 Sülsdorf und Dorf Zarnewenz; vom Feldart.=Reg. Nr. 9 Schwanbeck die Hälfte der 8. fahrenden Batterie Abtheilung III, Ziethen die halbe 1. reitende Batterie; am 5. Sept.: vom Infanterie=Reg. von Manstein (Nr. 84) Zarnewenz (Dorf) 1, Sülsdorf 2 und Teschow 1 Comp. 2. Bat., Kleinfeld 1 und Malzow und Schwanbeck je 1 1/2 Comp. 3. Bat.; vom Husaren=Reg. Nr. 16 Lankow 3/8 der 1. und Malzow und Kleinfeld je 1/2 der 2. Eskadron; vom Feldartillerie=Reg. Nr. 9 Dorf Selmsdorf die erste, Sülsdorf die zweite und Hof und Dorf Zarnewenz je 1/2 der dritten fahrenden Batterie I. Abt., Klocksdorf und Schaddingsdorf je 1/2 der 3. reitenden Batterie; am 6. Sept.: Hof und Dorf Demern zusammen die 2. und Klocksdorf u. Schaddingsdorf je 1/2 der 3. reitenden Batterie Feldart.=Regts. Nr. 9; am 9. Sept.: vom Infant.=Reg. Nr. 84 Lübseerhagen und Retelsdorf je 1, Hof und Dorf Menzendorf zusammen 1 1/3 Comp. II. Bat., Falkenhagen 2 Comp. III. Bat.; vom Füsilier=Reg. Nr. 86 Grieben 2 Comp. des 1. Bat., Hof und Dorf Demern je 1/2, Gr. Rünz 2 und Schaddingsdorf 1 Compagnie des Jäger=Bataillons Nr. 9; vom Husaren=Regiment Nr. 16 Demern 1/2, Schaddingsdorf und Gr.=Rünz je 1/4 der II. Eskadron, Grieben 1/2, Menzendorf und Lübseerhagen je 1/4 der III. Eskadron; vom Feldartillerie=Regiment Nr. 9 Sabow die 7. fahrende Batterie, Hof und Dorf Rabensdorf je 1/2 der 8. fahrenden Batterie III. Abt.; am 10. Sept.: Hof und Dorf Demern zus. 7/8 der III. Eskadron Husaren=Regts. Nr. 16; am 19. Sept.: von demselben Regiment Hof Lockwisch den Stab, Petersberg die 1. Eskadron, Torisdorf und Falkenhagen je 1/2 der II. Eskadron, Dorf Lockwisch die III. Eskadron, Gr.= und Kl.=Siemz je 1/2 der IV. Eskadron und Palingen die V. Eskadron; vom Feldartillerie=Regt. Nr. 9 Hof Zarnewenz 1/4, Dorf 3/4 der ersten und Schwanbeck die II. reitende Batterie der reitenden Abtheilung; endlich am 20. Sept.: von demselben Regiment Selmsdorf den Stab, die erste und die halbe zweite fahrende Batterie, die andere Hälfte der letzteren und die dritte fahrende Batterie Abtheilung I Sülsdorf.
- Schönberg. Die Aktionäre der Genossenschafts=Meierei hieselbst (E. G.) erzielten aus der im vergangenen Monat eingelieferten Milch einen Reinertrag von 8 1/4 . pr. Liter. Die Bruttoeinnahme betrug 10 1/4 . Den Lieferanten konnte ein Ertrag von 7 8/13 . per Liter bewilligt werden.
- Schönberg. Am Sonntag den 4. d. Mts. fand im Krügerschen Lokale hieselbst auf Anregung Lübecker Fachgenossen eine Versammlung der hiesigen Maurergesellen statt, um über die Bildung eines Fachvereins zur gemeinsamen Vertretung der Interessen der Mitglieder zu berathen. Hauptsächlich sollen die Fragen über Erhöhung des Lohnes, Abminderung der Arbeitszeit, sowie die Wahl der Mittel zur Erreichung der gesteckten Ziele der Competenz des Vereins unterstehen, auch soll letzterer sich dem größeren Lübecker Verein anschließen.
- Schönberg. Der Schnellzug von Hamburg traf hier am Mittwoch mit 1 1/2 Stunde Verspätung ein, weil der Lokomotivführer rechtzeitig bei Ahrensburg entdeckte, daß die Lokomotive nicht richtig arbeite. Es mußte eine andere Lokomotive eingestellt werden.
- Schönberg. In Gr.=Rünz wurde am 5. d. M. einem beim Hauswirth Burmeister beschäftigten Arbeiter beim Maschinendrusch ein Arm so verletzt, daß derselbe zu einem Theil amputirt werden mußte.
- Schönberg. Ein etwa 48 Jahre alter unbekannter Mann, welcher am 6. d. in Palingen gebettelt hatte, belästigte ein vom Felde heimkehrendes 14jähriges Mädchen, maltraitirte auch einen der sie begleitenden Brüder mit seinen Fäusten und entfernte sich dann in der Richtung nach Lauen.
- Schönberg. Bekanntlich übernimmt es die Reichs=Post= und Telegraphenverwaltung für Privat=Personen besondere telegraphische Verbindungen zwischen räumlich getrennten Geschäftsstellen und dergleichen herzustellen und dieselben den Betheiligten zum freien Gebrauche miethsweise zu überlassen. Die neuerdings erfolgte Herabsetzung der Gebühren für die Benutzung solcher Telegraphenverbindungen auf etwa die Hälfte der früheren Sätze ist geeignet, der Einrichtung eine weitere Verbreitung, namentlich auf dem platten Lande, zu sichern. Die von der Reichs=Telegraphenverwaltung hergestellten und unterhaltenen Neben=Telegraphenanlagen bleiben bei Bestand und erleiden keine Gebührenerhöhung auch in denjenigen Fällen, in welchen die Interessen der öffentlichen Reichs=Telegraphenanlage eine Verlegung bez. eine anderweite Führung der Privatanlagen erfordern. Jede Postanstalt ist in der Lage, über die näheren Bedingungen für die miethsweise Hergabe der besonderen Telegraphenanlagen Auskunft zu ertheilen und die Herstellung derselben durch Organe der Postverwaltung auf das Schleunigste zu vermitteln.
- Eine rund 95 Pfund schweren Seehund erlegte am 5. August der Kaufmann Schwarz von Dassow im Stepnitzflusse in der Gegend der Lütgenhöfer Ziegelei. Der Seehund hatte eine Länge von 1 1/2 Meter und eine Breite von 35 Ctm.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 63 Seite 3]- Verschlagene Brieftaube. Am 27. Juli stellte sich im Hofe der Druckerei des "Geflügelmarkt" in Berlin eine Brieftaube ein. Das Thier war ziemlich ermattet und hatte auf einem Fenstersims, wo es von den Angehörigen des Hausbesitzers Herrn Schlieder am Abend bemerkt, ins Zimmer genommen und verpflegt wurde. Die Taube trägt am linken Fuß einen Ring mit den Zeichen J. R. 3, ebenso auf der ersten Schwungfeder des linken Flügels den Stempel "Straßburg 720", auf der zweiten Schwungfeder den Stempel "Ulm 136" und auf der dritten Feder abermals "Straßburg i. E." Auf der dritten großen Schwinge des rechten Flügels befindet sich der Stempel "Josef Reisinger N. 25 Regensburg." Letzterer ist vermutlich der Besitzer der Taube und haben wir Herrn Reisinger brieflich Mittheilung gemacht. Nach den Stempeln zu schließen hat sich die Taube auf dem großen Wettfluge Straßburg=Ulm=Regensburg durch die fortwährende ungünstige Witterung verirrt und einen etwas weiten Abstecher nach Leipzig gemacht, um - die Redaction des "Geflügel=Markt" rechtzeitig von dem Wettfluge in Kenntniß zu setzen.
- Für ein Handschreiben des verstorb. Kaisers Friedrich, das sich im Besitz eines Malers befand, wurden vor einigen Tagen in Homburg v. d. H. von dem Engländer M. S. Levin nicht weniger als 50 Lstrl. (etwa 1000 Mk.) gezahlt.
- Fanny Lewald, die ausgezeichnete Romanschriftstellerin, ist in Dresden Montag vormittag nach mehrwöchentlichem Leiden verschieden.
- Eine nette Mutter hat dieser Tage in Düsseldorf vor Gericht gestanden. Auf die Frage, ob sie schon bestraft sei, gab sie an, daß sie unter anderen Strafen auch 497 Stunden wegen Schulversäumniß ihrer Kinder verbüßt habe.
- Aus München meldet die "Allg. Zeitung", daß am Freitag Abend dort eine Conferenz der südösterreichischen und adriatischen Bahnverwaltungen getagt und die Einlegung, eines entsprechenden Eilzuges abgelehnt habe, so daß also der Plan eins Blitzzuges zwischen Rom und Berlin vereitelt würde. Es sei nur die Verkürzung der Fahrzeit für Schnellzüge zwischen Berlin=München und München=Berlin um 1 1/2 Stunden durchgesetzt worden. Man darf begierig darauf sein, zu erfahren, was man in Berlin zu diesem Beschluß sagen wird.
- Das Turnfest in München ist am Sonntag geschlossen worden, nachdem die geplante Verlängerung des schon 14 Tage dauernden Festes scheiterte. - Am Mittwoch wurden auf dem Festplatze 400 Hektoliter Bier verzapft. So stolz dies klingt, so vermag diese Ziffer doch die Gemüter der Mitglieder des Wirthschaftsausschusse nicht mehr in gehobene Stimmung zu bringen, nachdem die schlechte Witterung an den ersten Festtagen die Etatsberechnungen dieses Ausschusses gewaltig erschüttert hat. Jedenfalls dürften 20 Prozent des Garantiefonds beansprucht werden.
- In Athen wurde die Gemahlin eines deutschen Botschaftssekretärs von einem Polizeibeamten in unverschämter Weise belästigt. Die griechische Regierung ließ sofort die strengsten Weisungen geben, daß der Beamte seine gehörige Strafe erhält.
- Großes Glück hat ein auf dem Saarnberg im Saargebiet wohnender kleiner Bauer gehabt. Derselbe grub vor einigen Tagen bei seinem Hause einen Brunnen und bald stieß man auf ein mächtiges Kohlenlager. Der Glückspilz verkaufte sofort das Nutzungsrecht an eine belgische Gesellschaft für 100 000 Mark.
- In den Schweizer Alpen hat es mitten in den Hundstagen geschneit. Auch dem Berner Oberlande hat die vorige Woche Schnee gebracht.
- Dem Juwelier Hussein aus Teheran wurde auf dem Wiener Staatsbahnhof beim Eintreffen ein schwarzer Lederhandsack, der baares Geld und Juwelen im Werthe von vielen Tausend Gulden enthielt, gestohlen.
Anzeigen.
In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Cronscamp sub Nr. IV. belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Asmus Beckmann daselbst wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termin der Präclusiv=Bescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 6. August 1889.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Steckbrief.
Gegen den Arbeiter Johann Gotthelf Geißler aus Rosenthal, geboren am 8. Mai 1857, welcher sich verborgen hält, soll eine durch Urtheil des Großherzoglichen Schöffengerichts hierselbst vom 7. Juni cr. erkannte Gefängnisstrafe von zwei Tagen vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichtsgefängniß hierselbst abzuliefern.
Schönberg, den 3. August 1889.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Bekanntmachung.
Während der diesjähriger Herbstübungen der Königlichen 18. Division wird in der Zeit vom 3. bis einschl. 10. September cr. in Schönberg ein Manöver=Magazin errichtet. Der für dasselbe erforderliche Bedarf an
ungefähr 8-9 Stück Rindvieh,
ungefähr 6 Centner Speck,
ungefähr 7 Centner Reis,
ungefähr 191 Centner Kartoffeln,
ungefähr 5 Centner Salz,
ungefähr 179 Centner Hafer,
ungefähr 52 Centner Heu,
ungefähr 61 Centner Roggenrichtstroh,
ungefähr 380 Centner Bivaksstroh,
ungefähr 71 Cbm. Bivaksholz,
soll an Ort und Stelle, soweit möglich direct vom Producenten (aus erster Hand) angekauft werden.
Personen, welche gewillt sind, irgend einen der vorbezeichneten Artikel auch in geringeren als den angegebenen Mengen an das Magazin zu verkaufen, wollen sich mit ihren Anerbietungen vom 20. August cr. ab an den in Schönberg befindlichen Verwalter des qu. Magazins wenden.
Flensburg, den 3. August 1889.
Königliche Intendantur der 18. Division.
Torf=Auction
im Vitenser Forste,
am Montag, den 12. August 1889, unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen
1. Auf dem Nesower Moore über
50 Mille Formtorf.
Beginn der Auction Morgens 8 Uhr. Nach beendetem Torfverkauf sollen daselbst die Streukerne meistbietend verpachtet werden.
2. Auf dem Woitendorfer Moore über
800 Ruthen Baggertorf.
Versammlung Morgens 10 Uhr bei der Torfhütte.
Vitense, den 6. August 1889.
L. Wiegandt,
Großherzoglicher Revierförster.
52. Auflage.
Wie führe ich meine Prozesse beim Amtsgericht?
Anleitung,
wie man abzufassen hat:
Einen Zahlungsbefehl,
Wiederspruch gegen einen Zahlungsbefehl,
Gesuch um Vollstreckungsbefehl,
Widerspruch gegen einen solchen,
Waaren= und Darlehnsklagen aller Art,
Miethsklage,
Exmissionsklage,
Manifestationseid,
Arrestgesuch,
Injurienklage,
Konkursverfahren,
Anmeldung einer Forderung,
Wechselforderungs=Anmeldung u. s. w.
Der Preis ist nur 100 Pfennige (1 Mark) und wird das Buch bei Einsendung des Betrages in Briefmarken franco versandt.
R. Skrzeczek's Verlag,
Berlin NW., Thurm=Straße 8.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 63 Seite 4]Kräftiger und nachhaltig wirksamer als alle bekannten Stahlquellen ist unser
Nervenstärkendes Eisenwasser
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gegen Bleichsucht, Blutarmuth, Unregelmäßigkeiten im Frauenleben, Nervenleiden und Schwächezustände blutarmer Personen; ohne besondere Kurdiät in jeder Jahreszeit anwendbar. 25 Fl. 6 Mark 50 Pfg. excl. Flaschen frei Haus, Bahnhof.
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Wolff & Calmberg, Berlin, Tempelhofer Ufer 22.
Niederlage: Schönberg. Apotheke von A. Montag.
Gesangsverein "Teutonia".
Am Sonntag, den 11. August d. J.:
Gesang-Fest
der Vereine:
Zwölfter Verein-Grevesmühlen,
Liedertafel-Rehna,
Männergesangver.-Gadebusch.
Teutonia-Schönberg,
im Boye'schen Garten hier.
Bei ungünstiger Witterung im Saale.
Anfang des Concerts: Nachmittags 4 Uhr. Einlaßkarten à Person 30 Pf. und Familienkarten à 75 Pf. sind an der Kasse und im Vorverkauf bei Herrn Emil Hempel hier zu haben.
Anfang des Balles: Abends 8 Uhr.
Der Eintritt zum Balllokal ist für Besucher des Concerts frei. - Tanzschleifen für Herren 1 M.
Hierzu ladet ergebenst ein
die Festcommitte.
Schönberg, den 1. August 1889.
Gr. Rennen
zu
Ratzeburg
am 1. September cr.,
Nachmittags 4 Uhr.
Vogelschießen
bei F. Tesch in Schönberg.
Die Fortsetzung des Vogelschießens konnte des eingetretenen Regenwetters wegen am 5. d. Mts. nicht beendet werden, da noch 4 Gewinne am Vogel blieben, und findet dieselbe daher am Sonntag, den 11. d. Mts., Nachmittags von 3 Uhr ab statt, wozu ergebenst einladet
F. Tesch.
Am Sonntag, den 11. d. M.:
Tanz=Musik.
Duvennest.
H. Wittfoth, Krüger.
Das zum 11. und 12. d. M. angekündigte Scheibenschießen findet nicht statt.
Duvennest.
H. Wittfoth.
Wohne jetzt beim Herrn Gastwirth Steffen.
Ratzeburg, den 30. Juni 1889.
Deupser,
pract. Thierarzt.
Marienstraße Nr. 40, 2 Treppen hoch, ist eine freundliche
Wohnung,
bestehend aus 2 Zimmern, 2 Kammern und Küche an ruhige Leute zu vermiethen.
Achtung!
Tischler=Gesellen.
Der Streik der Tischler in Lübeck dauert unverändert fort, beachtet daher die Annoncen der Innungsmeister nicht.
Die Lohncommission.
NB. Die Tischlerherberge in Lübeck befindet sich Marzahl's Gasthaus, Lederstr. Nr. 3.
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Zu sofort ein junger kräftiger
Arbeitsmann
für dauernde Arbeit sucht
C. Schwedt.
Das größte Glück auf Erden
ist nicht der Reichtum an Geld und Gut, sondern die Gesundheit. Viele Kranken erkennen ihre wahren Leiden nicht und lassen sich als Magenkranke, Blutarme, Bleich= und Schwindsüchtige behandeln. Betrachte man nun bei den meisten Kranken die sich zeigenden Symptome genauer, so wird man finden, daß Wurmkrankheit die Hauptrolle spielt; so manche Medizin wird gegen obenstehende Leiden eingenommen, wäre aber besser ersetzt durch ein Wurmmittel des bekannten Spezialisten Theodor Konetzky in Stein bei Säckingen. Die sichersten Symptome eines an Bandwurm=, Spuhl= oder Madenwürmer Leidenden sind: Abgang nudel= oder kürbisähnlicher Glieder und sonstiger Würmer, sowie Blässe des Gesichts, matter Blick, blaue Ringe um die Augen, Abmagerung, Verschleimung, stets belegte Zunge, Verdauungsschwäche, Appetitlosigkeit, abwechselnd mit Heißhunger, Uebelkeiten, Aufstoßen eines Knäuels bis zum Halse, stärkeres Zusammenfließen des Speichels im Munde, Magensäure, Sodbrennen, häufiges Aufstoßen, Schwindel, öfter Kopfschmerz, unregelmäßiger Stuhlgang, Koliken, Kollern und wellenförmige Bewegungen, dann stechende, saugende Schmerzen in den Gedärmen, Herzklopfen - Zahlreiche Atteste aus allen Kantonen beweisen die Vorzüglichkeit der Methode. - Dauer der Kur 30 bis 60 Minuten, ganz ohne Berufsstörung. Bei Bestellung ist Alter und Geschlecht des Patienten anzugeben. Die meisten Kranken, welche solche Mixtur versuchsweise nahmen, waren von Würmern geplagt, während andere damit die dem Körper sehr dienliche Entfernung aller Unreinigkeiten zu ihrer Zufriedenheit erzielten. Die Kur ist unter Garantie der Gesundheit vollständig unschädlich.
Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 11. August
Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck.
9,30 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 10,56 Nachts.
Nach Kleinen:
7,27 Morg. 10,13 Vorm. 12,46 Nachm. 8,30 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 32.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 63 Seite 5]Beilage
zu Nr. 63 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 9. August 1889.
- Der Kaiser im Polarmeer. Unter dieser Ueberschrift bringt das "Deutsche Wochenblatt" einen Aufsatz des sächsischen Abgeordneten Dr. Mehnert, der an Bord der "Capella" weilte, als diese mit dem "Greif" zusammentraf. Wir entnehmen der Schilderung Folgendes : Inzwischen war die Mitternachtstunde herangekommen, die Mitternachtsonne erstrahlte in zauberhaftem Glanz und unser Schiff, das inzwischen am Vormast die deutsche Flagge gehißt hatte, schickte sich an, den jungen Tag mit Kanonendonner und Flaggensalut zu begrüßen. Die Entfernung zwischen dem Aviso und unserer "Capella" hatte sich inzwischen so verringert, daß wir die Gestalt unseres Kaisers, auf der Kommandobrücke an einen Ventilator leicht angelehnt, deutlich zu erkennen vermochten. Die Schiffsuhr schlug Mitternacht, gerade vor uns lag in hellglänzendem Sonnenlicht der "Greif". Mit dem Kanonensalut der "Capella" begannen wir Deutschen, auf der Kapitänsbrücke stehend, begeistert zu singen "Deutschland, Deutschland über Alles", als wir plötzlich beobachten konnten, wie Se. Majestät Befehle ertheilte, wie die Bedienung zu den Geschützen eilte, bis vom Vorderdeck aus der erste Kanonenschuß in die Weite dröhnte und an den steilen Felswänden des Fjord tausendfachen Widerhall fand. Diesem ersten Schuß folgten wohl hundert andere; in das Geknatter der Revolvergeschütze mischte sich der Donner der Kanonen und fand von unserem Schiff aus donnernde Erwiderung. Unser Lied war verklungen in einem von innigster Begeisterung getragener Hurrah, mit Hüten und Tüchern grüßten wir hinüber und erhielten vom "Greif" aus gleichen lebhaften Gegengruß, da auf einmal wendet der Greif seinen Curs, steuert nach unserm Kielwasser und mit rasender Geschwindigkeit ist er unserer Steuerbordseite so nahe, daß wir mit bloßem Auge die einzelnen Personen des kaiserlichen Schiffes gut zu erkennen vermögen. Brausend ertönt "Die Wacht am Rhein" hinaus in die tageshelle Nacht und bei begeistertem Sang fahren wir eine Zeitlang neben dem Aviso hin, bis im Wechsel mit uns die Musikkapelle des Greif ihre Weisen ertönen läßt und wir endlich, (es war inzwischen 1 Uhr geworden), rechts abschwenkend unsere Fahrt nach dem Nordkap fortsetzten.
- Das tolle Wagniß, mit seiner Schwiegermutter durchzugehen, hat soeben in Berlin ein 25jähriger Mann, eine Zierde der dortigen Hökerkreise fertig gebracht. Während die am Nervenfieber erkrankte Frau desselben sich in einem Krankenhaus in Pflege befand, ist der unwürdige Gatte sammt Schwiegermutter und Kind nach Amerika ausgewandert. Als die Arme in ihr Heim zurückkehrte, fand sie ihre Wohnung leer und durch einen Brief, den ihr Mann bei Nachbarn zurückgelassen hatte, erfuhr sie die Treulosigkeit von Gatten und Mutter. In dem Brief an seine Frau spricht der saubere Patron die Hoffnung aus, daß sie sich von ihm scheiden lassen werde, da er fest entschlossen sei, ihre Mutter, die ihm besser gefalle, in Amerika zu heirathen.
- Also Rauchrolle! Dem sprachreinlichen Rauchkraut=Verarbeiter in Düsseldorf um nicht Tabaks=Fabrikant sagen zu müssen, der zu Anfang dieses Jahres einen Wettbewerb um ein deutsches Wort für Zigarre veranstaltet und für die zutreffendste neue Bezeichnung namhafte Geldpreise in Aussicht gestellt hatte, waren bis zum 1. Juli d. J. von annähernd 400 Bewerbern gegen 200 verschiedene Namensveränderungen vorgeschlagen worden. Aus der großen Zahl passender und unpassender Bezeichnungen hat ein von der Firma eingesetzter Ausschuß die Wörter "Rauchrolle", "Glimmrolle", "Duftrolle" als die passendsten für die engere Wahl bezeichnet, und bei dieser hat die "Rauchrolle", abermals die Mehrheit der Stimmen für sich gehabt. Es wird sich nun zeigen, ob es der deutschen "Rauchrolle" gelingen wird, die fremde "Cigarre" zu verdrängen. Ob "Rauchrolle" geschmackvoll ist, das kommt wohl in erster Linie auf die Beschaffenheit des dazu verwendeten Krautes an.
- Eine der neuesten Ueberraschungen auf dem Gebiete der Automaten dürfte die Verabfolgung brennender Cigarren sein. Diese Erfindung, die schon zum Patent angemeldet sein soll, hat den Vorzug, daß sie von einem Deutschen stammt. Steckt man in den Automaten ein 10 Pfg.=Stück, so öffnen sich sofort zwei kleine Flügelthüren, durch deren Auseinandergehen ein elektrischer Strom erzeugt wird, der die gewünschte Cigarre, die nach dem Hineinwerfen des Geldstückes sofort auf einer metallenen Platte erscheint, entzündet.
- Schneller als sofort. Ein allgemeiner Gebrauch der Bureauchefs, die durch ihre Organe zu expedirenden Akten mit verschiedenen Aufschriften zu versehen. Die üblichsten Bemerkungen sind: "Sofort!" "Rasch!" "Gleich", "Noch heute!" Die Zahl mit solchen Aufschriften versehenen Akten ist Legion, so daß die Beamten nicht in der Lage sind, die Schriftstücke "rasch", "sofort" und "noch heute" zu erledigen. Die Akten werden demnach fein säuberlich auf die Seite gelegt. Der Chef eines Budapester städtischen Amtes, dessen Akten von den Beamten nicht sonderlich respektirt werden, war nun in großer Verlegenheit wie er ein in der That dringendes Schriftstück behandeln solle, damit dasselbe ja nicht liegen bleibe. Nach gewohnter Schablone, das fühlte der Chef ganz wohl, geht es nicht, die Form muß diesmal eine andere sein. Endlich war der rettende Gedanke gefunden; er nimmt den Bleistift und schreibt in großen Zügen: "Noch gestern!"
- Orthographischer Hahnenkampf. Die "Bayerische Lehrerzeitung" veröffentlicht folgendes nette Gedichtchen:
Drei Hähne treten des Morgens Früh
Zusammen mit Gravität,
Zu untersuchen, wer's "Kikeriki"
Wohl am korrektesten kräht.
Der älteste räuspert sich und läßt
Ertönen sein "Kikeriki".
"So nur ist richtig" behauptet er fest,
"Der Ruf mit dem einfachen i".
Der zweite lange schweigsam bleibt,
Er stimmt für "Kükerikü".
"Was kümmert's uns, wie der Mensch es schreibt,
So macht es am wenigsten Müh' ".
Es fängt der jüngste zu krähen an,
Hell schmetternd sein "Kikeriki",
"Die neue Schreibart bricht doch sich Bahn
In Prosa und Poesie".
Dies hörte aus seinem Hausaltan
Ein Doktor der Philologie;
"Schweig' stille" rief er, "es kräht kein Hahn
Nach der neuen Orthographie!"
Angela.
Roman aus den vergangenen Tagen.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 63 Seite 6]Angela.
[Fortsetzung.]
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