[ => Original lesen: 1887 Nr. 91 Seite 1] Zur Vermeidung der zur Winterzeit durch Schnee und Glätte erschwerten Passage auf den Bürgersteigen der hiesigen Straßen und um der dadurch den Fußgängern drohenden Gefahr vorzubeugen, wird hiermit angeordnet:
1. Sämmtliche Hausbesitzer in der Stadt und vor der Stadt sind verpflichtet, das Trottoir, die Bürgersteige und Hauseingänge bei Schneefall von allem Schnee zu reinigen und die Wasserrinnen gehörig aufzueisen, sowie das Trottoir und die Fußsteige mit Sand oder Asche zu bestreuen und dies Bestreuen so lange der Frost anhält, täglich bis Morgens 9 Uhr zu erneuern.
2. In denjenigen Straßen, wo wegen mangelnder oder ungenügender Breite der Bürgersteige die Fußpassage auf die Fahrbahn angewiesen ist, hat jeder Hausbesitzer einen genügend breiten Weg in der Fahrbahn täglich Morgens bis 9 Uhr mit Sand oder Asche zu bestreuen, und zwar so, daß jeder Hausbesitzer die Bahn seines Nachbarn in möglichst gerader Linie fortführt.
3. Das Tragen von mit Flüssigkeiten gefüllten Eimern auf dem Trottoir ist verboten.
Etwaige Contraventionen werden mit Geldstrafe bis zu zehn Mark oder mit Haft bestraft werden.
Schönberg, den 15. November 1887.
Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.
Mögen die Aerzte sich streiten über das zu früh oder zu spät einer Operation an dem Kronprinzen, mögen sogar Seitenblicke fallen auf angeblichen englischen Einfluß "bei Hofe", wir meinen, die Frau muß noch gefunden werden, welche ihre Zustimmung zu einer lebensgefährlichen Operation ihres Mannes giebt, so lange noch ein berühmter Arzt die Krankheit ohne dieses letzte Mittel heilen zu können versichert. Als der Kaiser den trostlosen Bericht des Dr. Schmidt tieferschüttert unter Thränen anhörte, da sagte er: "Alles soll nach dem Willen meines geliebten armen Sohnes geschehen." Und der Kaisersohn hat sich entschieden. Als ihm die Aerzte in San Remo die ganze erschütternde Wahrheit enthüllten, wie er es verlangt hatte, da zog er sich schweigend in sein Zimmer zurück, um mit sich selbst Rath zu halten und, männlich in sein Schicksal ergeben, einen schweren Entschluß zu fassen. Ruhig, klar und fest, wie Einer, der sich der Verantwortung auch für Andere bewußt ist, hat der Kronprinz diesen Entschluß nach einer Stunde stiller Einkehr bei sich selbst verkündigt, den Entschluß, der Operation sich nicht zu unterziehen, sondern ohne künstlichen Eingriff die Erfüllung des Geschickes abzuwarten. Was in jener Stunde den Erben der deutschen Kaiserkrone bewegte, mögen nicht nur Rücksichten auf seine eigene Person, sondern Erwägungen gewesen sein, bei denen das Wohl des Staates, an dessen Spitze zu stehen er berufen war, ausschlaggebend gewesen sein. Jeden Tag, den der Kronprinz noch zu leben hat, wird auch der Kaiser für ein Geschenk ansehen, ja, der schlimme Ausgang einer Operation könnte auch das Leben des greisen Vaters bedrohen. Und wer mag und kann die Folgen berechnen! Ist da nicht ein Hinausschieben des Unvermeidlichen, so weit es in Menschenmacht steht oder wenigstens der Versuch, das geringere Uebel? Die kundigsten Aerzte scheinen ja in der entscheidenden Stunde selber dieser Meinung gewesen zu sein. Aeußerte doch Herr Dr. Schmidt: Müsse auch an einer Heilung gezweifelt werden, so könne das Leben des Kronprinzen doch noch eine Reihe von Jahren bei relativem (verhältnismäßigem) Wohlbefinden erhalten werden. Die "National=Zeitung" schreibt: "Für die deutsche Nation kämpft der Kronprinz den Kampf gegen seine furchtbare Krankheit; ein nur von privaten Beweggründen geleiteter Patient würde wahrscheinlich eine extreme Operation, auch mit geringen Aussichten auf Erfolg, vorziehen, der Kronprinz hat sich anders entschieden, weil er seine Pflicht gegen Deutschland so lange wie möglich erfüllen will."
Der Kronprinz hat einen grünlichen Stoff ausgebrochen, leider kein günstiger Vorgang, wie viele es aufgefaßt haben. Die ausgebrochenen Theile sind Krebszellen und bezeugen zweifellos Krebserweichung, die schlimmste Art des Krebses. Alle unteren Gewebe, welche in der vorigen Woche entzündet oder angeschwollen waren, sind angegriffen und voll Krebszellen. Das vorzügliche Allgemeinbefinden des Kronprinzen nach solchen Vorgängen ist den Aerzten geradezu wunderbar.
Es wird bestätigt, daß Prinz Wilhelm wegen des leidenden Zustandes des Kronprinzen mit der Vertretung des Kaisers betraut worden ist.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 91 Seite 2]Der russische Hofzug lief am Freitag, Vormittags 5 Min. vor halb 11 Uhr, in die Halle des Lehrter Bahnhofes in Berlin ein. Während die Musik die russische Nationalhymne spielte, entstiegen der russische Kaiser, die Kaiserin Marie Feodorowna und Prinz Wilhelm, welcher dem Herrscherpaare bis Wittenberge entgegengefahren war, in der Uniform seines russischen Regiments, dem Kaiserlichen Salonwagen. Der Czar trug die Uniform seines Kaiser Alexander=Garde=Grenadier=Regiments. Nach sehr herzlicher Begrüßung und Vorstellung des gegenseitigen Gefolges schritten der Czar und Prinz Wilhelm zunächst die Front der auf dem Perron aufgestellten Ehrencompagnie mit deren directen Vorgesetzten, darunter Oberst Baron von Collas, ab, dann wurden die bereitstehenden Hofwagen bestiegen und fort gings nach dem russischen Botschaftspalais Unter den Linden. Zu beiden Seiten der Straßen, welche der Wagenzug passirte, waren Schutzleute aufgestellt. In der Botschaft angelangt, überraschte daselbst Kaiser Wilhelm den Czaren durch seine Anwesenheit. Die Begrüßung der beiden Monarchen war eine ebenso herzliche wie ergreifende, desgleichen jene des greisen Deutschen Kaisers mit der Gemahlin des Czaren. Nach kurzer Unterhaltung mit den in der Botschaft anwesenden Fürstlichkeiten verabschiedete sich Kaiser Wilhelm, welcher die Uniform seines russischen Regiments trug, von dem russischen Kaiser und der Kaiserin und fuhr nach dem Kaiserlichen Palais, auf dem ganzen Wege mit endlosem Jubel begrüßt. Gegen 3/4 12 Uhr machte Kaiser Alexander seinem Kaiserlichen Großoheim die Gegenvisite im Palais. Der Czar wurde im Vestibül von Flügeladjutanten, Kammerherren etc. empfangen und bis an das Vorzimmer geleitet, in welchem Kaiser Wilhelm bereits seinem Kaiserlichen Gaste entgegen kam. Beide Monarchen zogen sich in das blaue Vortragszimmer zurück und verblieben dort etwa 20 Minuten. Beim Ende des Besuches geleitete Kaiser Wilhelm den Czaren wieder bis an die Schwelle des Vorzimmers. Die russische Kaiserin machte dem Kaiser Wilhelm um 1 3/4 Uhr ihren Besuch, und zwar mit den Kindern, welche Kaiser Wilhelm zu sehen gewünscht hatte. Um 2 1/2 Uhr begab sich Fürst Bismarck zum Czaren. Um 5 Uhr Nachmittags fand im rothen Saale des Königlichen Schlosses Galatafel statt, zu der etwa 100 Einladungen ergangen waren. Kaiser Wilhelm führte die russische Kaiserin zur Tafel, der Czar die Prinzessin Wilhelm, der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin die Prinzessin Albrecht, der Großfürst=Thronfolger die Großherzogin von Mecklenburg=Schwerin etc. Die Tafelmusik führte die Kapelle des Kaiser Alexander=Garde=Grenadier=Regiments aus. Abends 9 Uhr 30 Min. haben die russischen Majestäten vom Potsdamer Bahnhofe aus die Weiterreise nach Petersburg angetreten.
- Schönberg. Am 16. d. M. verschied nach längerein Leiden der Organist und Musiklehrer Joachim Heinrich Meier hieselbst. Sein Tod wird nicht nur von seiner Familie und seinen zahlreichen Freunden sondern auch von der ganzen Stadt innig betrauert. Der Verewigte war ein Mann, wie ihn die Jetztzeit, deren Parole Genußsucht und Jagen nach Gewinn ist, selten mehr hervorbringt. Seine ideale Natur fand nur in der strengsten Erfüllung seiner Pflicht und der Beglückung seiner Mitmenschen, namentlich durch die Kunst, der er sein Leben widmete, die Musik in ihre Befriedigung. Und die Erfüllung dieser Aufgabe wurde ihm nicht leicht. Denn durch ein in den Jugendjahren überstandenes schweres Brustleiden war seine Gesundheit für das ganze Leben gefährdet. Aber in dem schwachen Körper wohnte ein hoher und starker Geist. So hat er nicht nur seinen Beruf nach jeder Richtung hin mit seltener Treue erfüllt, sondern auch Tag und Nacht mit eisernem Fleiße an seiner geistigen Fortbildung gearbeitet, und sich auf allen Gebieten des Wissens einen ungewöhnlichen Schatz an Kenntnissen erworben. Dabei gewann er noch Zeit für das Musikleben in unserer Stadt, durch Bildung und Leitung von Musik= und Gesangvereinen, Ausbildung des städtischen Orchesters und dgl. rastlos zu wirken, sowie allen Musikfreunden stets bereitwillig mit Rath und That hülfreich zu sein. Vor Allem aber war er unermüdlich, wenn es galt, seine Kunst als Orgel=, Klavier= und Geigen=Spieler in der er Meister war, für einen guten Zweck zu verwerthen oder auch nur durch sein seelenvolles Spiel seine Mitbürger zu erfreuen und zu erheben, und widmete sich diesen humanen Bestrebungen mit einem Eifer, der seine Angehörigen und Freunde mit banger Sorge für seine zarte Gesundheit erfüllte. Und alle diese unendliche Mühe ohne Anspruch auch Entgelt und Ersatz der gebrachten Opfer! Seiner edlen Seele war hinreichend Lohn, Gutes gewirkt und Freude bereitet zu haben. Mit dieser so hingebenden Pflichttreue und stets bereiten Opferwilligkeit verbanden sich eine freundliche Milde in Gesinnung und Benehmen gegen Jedermann und obwohl er sich seines Werthes als Künstler wohl bewußt war, eine rührende Bescheidenheit, die ihm alle Herzen gewonnen und ihn zur beliebtesten Persönlichkeit unserer Stadt machten. Er hatte und hat - das darf man dreist sagen - keinen Feind! - Nun ruht der treue sorgende Gatte und Vater, der strebsame denkende Künstler, der selbstlose Mensch von seinen Mühen aus. Aber seine Werke folgen ihm nach. Was er uns gewesen, wird nimmer vergessen, was er unter uns gewirkt, nimmer verloren sein. Friede seiner Asche, Ehre seinem Andenken!
Eingesandt. Das am Sonntag Abends im Hotel "Stadt Hamburg" in Ploen von den Geschwistern Grevsmühl unter Mitwirkung des Herrn Pianisten Heinze aus Lübeck und des Herrn Musikdirektor Schlüter aus Eutin ausgeführte Zither=Konzert darf im allgemeinen als ein wohlgelungenes bezeichnet werden. - Die Heldin des Abends war jedenfalls die kleine, in reinster Kindlichkeit prangende 7jährige Anna Grevsmühl, welcher sich denn auch das ungetheilteste Interesse des Publikums zuwandte. Es war bisweilen wahrhaft rührend anzusehen, wie die kleine Künstlerin bei schwierigen Stellen mit ihren zarten Fingern sich abmühte, dem etwas ungefügen Instrument, wie die Zither es ist, die süßen geisterhaften Töne zu entlocken, und wie sie dann verstohlen nach der älteren Schwester oder gar nach dem dirigirenden Vater hinüberlugte, als ob sie fragen wollte: Was sagt Ihr dazu? Ungemein ergötzlich war es auch, als die kleine Anna während ihres Solo=Vortrages von ihrer kindlichen Begeisterung in ein immer schnelleres Tempo hingerissen wurde. Auch die ältere Schwester, die 11 jährige Marie Grevsmühl verdient wegen ihrer Kunstleistung und besonders auch um ihres sittigen Benehmens willen alle Anerkennung. Namentlich ihr Solo=Vortrag ("Dämmerung") unter Begleitung der Geige verdiente und erntete den lebhaftesten Beifall. Wie wir hören ist der Vater der Geschwister Grevsmühl aus Schönberg gebürtig und beabsichtigt derselbe, die Kinder in seiner Vaterstadt demnächst gleichfalls conzertiren zu lassen.
Als preiswerthes, praktisches Weihnachtsgeschenk empfehle ich :
Rohseid. Bastroben (ganz Seide) Mk. 16,80 p. Robe, sowie Mk. 22,80 28,-, 34,-, 42,-, 47,50 nadelfertig. Es ist nicht nothwendig, vorher Muster kommen zu lassen; ich tausche nach dem Fest um, was nicht convenirt. Muster von schwarzen, farbigen und weißen Seidenstoffen umgehend. Seidenfabrik=Dépôt G. Henneberg. (K. u. K. Hofl.) Zürich.
Anzeigen.
In das hiesige Handelsregister Fol. XXI Nr. 34, betreffend die Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt zu Schönberg, ist heute Col. 6 eingetragen:
"das statutenmäßig ausscheidende erste Mitglied des Directorii der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt hieselbst, Ackerbürger J.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 91 Seite 3]Boye zu Schönberg, ist in der am 10. November 1887 abgehaltenen ordentlichen Generalversammlung der Actionäre dieser Anstalt als Mitglied des Directorii wieder gewählt worden und als solches durch die ad [34] act. anliegende notarielle Urkunde d. d. Schönberg den 10. November 1887, welche auch die Erklärung der Annahme der Wahl und Zeichnung des Namens seitens des p. Boye enthält, legitimirt."
Schönberg, den 18. November 1887.
Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
A. Dufft.
In Sachen betreffend die Anmeldung aller dinglichen Ansprüche an die auf der Schönberger Stadtfeldmark belegenen Grundstücke, als:
1. das im Rübencamp zwischen den Ländereien des Uhrmachers Vogel und des Kaufmanns Brüchmann belegene Ackerstück in Größe von circa 120 []Ruthen mit der darauf erbauten Scheune
und
2. das im Lüttenmoor zwischen den Mooren des Webers Kloth, des Schuhmachers Kleinfeld, des Kaufmanns Maaß und des Böttchers Maaß belegene Moor in Größe von circa 6 Scheffel Aussaat
des Lederhändlers Carl Rahn allhier wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termin der Präclusiv=Bescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 19. November 1887.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Oeffentl. Zwangsversteigerung.
Freitag, den 25. d. Mts. Vormittags 9 Uhr sollen in Ollndorf
1 Chatulle mit Aufsatz
1 Klapptisch
1 Dezimalwaage mit Gewichten
1 Ladeneinrichtung und
1 Ladentisch
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden. Versammlung der Käufer im Kruge bei Ollndorf.
Schönberg, den 21. November 1887.
Staffeldt, Gerichtsvollzieher.
Holz=Auction Nr. 4.
Am Montag, den 28. November Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Spolert auf der Bäck aus der Rabenwiese auf dem Römnitzer=Felde nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.
4 Rmet. ellern Knüppel,
ca. 40 Fuder ellern Wadelholz II Cl.
Schönberg, den 20. November 1887.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Zur Beachtung.
Den Holzsammlern in den Großherzoglichen Forsten ist nicht gestattet, in den Schlägen oder an sonstigen Stellen Holz zu sammeln, so lange die Forstarbeiter dort noch mit der Aufbereitung der Hölzer beschäftigt sind.
Schönberg, den 20. November 1887.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Hagelschaden Versicherungs-Verein für Mecklenburg-Schwerin und Strelitz zu Grevesmühlen.
In diesem Jahre sind versichert 2 089 951 Centner Getreide, dessen Werth nach den Kornpreisen am 15. August und 15. October d. J. die Summe von 12 030 416 M. 95 . beträgt. - Nach Vorschrift des § 35 der Statuten beträgt die beitragspflichtige Summe 9 664 616 M. Für die in diesem Jahre stattgefundenen 50 Hagelschäden sind mit Einschluß der Tax= und Administrationskosten aufzubringen 66 135 M. und ist hiernach in heutiger Directorial=Versammlung der diesjährige Beitrag auf 70 Pfennige pro 100 M. von der beitragspflichtigen Summe festgesetzt. - Nach der Versicherungs=Summe stellt sich der Durchschnitts=Beitrag auf 55 Pfg. und nach den verschiedenen Gefahr=Classen zwischen 42 Pfg. und 70 Pfg. pro 100 M. - Nach Vorschrift der Statuten wird solches mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß jedem Mitgliede über die Höhe des zu zahlenden Beitrags eine besondere Abrechnung zugehen wird.
Grevesmühlen, den 19. November 1887.
Die Direction.
Denaturirten Sprit,
zu Brenn= und gewerblichen Zwecken empfiehlt billigstens
Aug. Spehr.
Echten
gemahlenen Staßfurt Kainit
mit Torfmull gemischt
empfiehlt Ende d. Mts. ab Bahnhof zu liefern zu billigen Preisen
Aug. Spehr.
Engl. Salz,
grobe Gerstgrütze, ganze und gemahlene, garantirt reine Gewürze,
empfiehlt A. Zander.
Hochfeine gelbe Brecherbsen,
Victoria=Erbsen,
Linsen, weiße Bohnen,
gestoßenes Brod,
reines Weizenbrod,
empfiehlt die Bäckerei und Mehlhandlung von
H. Wolgast.
NB. Kaufe auch gute Brecherbsen und weiße Bohnen.
Wassereimer, Spüleimer, Toiletteneimer,
Ascheimer, Kohleneimer,
Ofenvorsetzer, Kochapparate,
Vogelkäfige, Gebäckkasten, Kaffeebretter,
Brodkörbe, Messerkörbe,
Geldkörbe, Proviantkörbe, Kaffeekannen,
Kaffeetrichter, Kaffeebüchsen,
Wurststopfmaschinen,
Dampfwaschkessel, Spülwannen,
Backformen, Ess- und Vorlegelöffel,
Bratenlöffel, Fleischgabel, Wäschehalter
u. s. w.
empfiehlt in reicher Auswahl
W. Wieschendorf,
Klempner.
Empfehle
aus meiner Dampf-Bier-Brauerei
hochfeines Doppel-Malz-Bier
aus neuem Malz gebraut.
Täglich
frisches Faß=Bier.
Jeden Mittwoch Eimer-Bier.
Aus meiner Mälzerei
bestes Gerstenmehlschroot
für baar oder im Umtausch gegen Gerste.
Hochachtungsvoll
C. Schwedt.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 91 Seite 4]Einem geehrten Publikum Ratzeburgs und Umgegend hierdurch die ergebene Anzeige, daß ich trotz des mich betroffenen Brandunfalls mein
Gold= und Silberwaaren=Geschäft
unveränderter Weise fortführen werde. Das Geschäftslokal in unveränderter Weise fortführen werde. Das Geschäftslokal befindet sich jetzt im Hause des Glasermeisters Herrn Bierschenk. Um fernerer geneigter Wohlwollen bittet
Ratzeburg. J. Stricker, Goldschmied.
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J. Ludw. D. Petersen.
Schönberg.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 91 Seite 5]Beilage
zu Nr. 91 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 22. November 1887.
Aus Baden wird geschrieben: Der deutsche Kronprinz ist schon einmal, und zwar im Jahre 1872, fünf Monate lang lebensgefährlich krank gewesen. Er wurde von der Krankheit während seiner Anwesenheit in Karlsruhe überrascht, wo ihn, da eine Ueberführung nach Berlin unmöglich war, im großherzoglichen Schloß seine Schwester, unsere Großherzogin, mit unermüdlicher Ausdauer pflegte. Diese Krankheit wurde damals, man weiß nicht, aus welchem Grund, geheim gehalten, und es drangen nur unbestimmte Gerüchte über dieselbe in die Oeffentlichkeit, doch hieß es allgemein, daß "der Kronprinz vollständig heiser sei." Man betrachtete dies als eine Folge der Strapazen des Feldzuges. Bekanntlich sprechen auch die Kaiserin und ihre Tochter, unsere Großherzogin, so ungewöhnlich leise, daß diejenigen, welche von ihnen ins Gespräch gezogen werden, ihr Hörvermögen ungemein anstrengen müssen, um sie verstehen zu können. Hörte man den Kronprinzen nach seiner Wiedergenesung sprechen, so gewann man manchmal den Eindruck, als "schettere" seine Stimme in merkwürdiger Weise. Erst um das Jahr 1874 hatte dieselbe wieder ihren vollen, runden Klang und den bekannten anmuthenden Tonfall.
Auch Professor Virchow in Berlin wendet sich jetzt gegen Mackenzie. Er hat in der "Medizinischen Gesellschaft" am Mittwoch Abend erklärt, er habe 3 Gutachten über die aus dem Kehlkopf des Kronprinzen entnommenen Wucherungen abgegeben. Das erste sei öffentlich gar nicht bekannt geworden, da es nur ein von Professor Gerhardt entferntes Schleimhautstück betroffen habe. Die beiden anderen von Mackenzie entfernten Stücke seien, wie er in seinen Gutachten auseinandergesetzt habe, gutartige Neubildungen gewesen. Er habe aber ausdrücklich erklärt, daß die beiden Stücke auf den Charakter der Krankheit keinen Schluß zuließen, er verstehe daher nicht, wie Mackenzie ihm eine Verantwortung zuschieben wolle. Die jetzt als Krebs erkannte Neubildung befinde sich offenbar an anderer Stelle als der, von wo die Stücke zur Untersuchung herausgenommen seien, den Kehlkopf des Kronprinzen habe er nie untersucht. Die "Times" in London, also ein englisches Blatt, sagt, Mackenzie müsse zeitweilig unfähig gewesen sein, sich selbst oder anderen über den deutschen Kronprinzen die Wahrheit zu gestehen.
Die "Times" meldet, Mackenzie berief Mac Gregor aus dem Hospital in Glasgow nach San Remo, der eine neue Methode erfunden habe, welche gegenüber dem Krebs in gewissen Stadien heilsam sei. Mac Gregor soll nun den Kronprinzen untersuchen.
- Der Bevölkerung in St. Remo wird nachgerühmt, daß sie den fürstlichen Kranken und seine Familie mit einer Discretion und einer so warmen, ungeheuchelten Theilnahme umgiebt, wie sie nur der dem Italiener angeborene Takt und sein feines Empfinden eingeben können. Es ist, als ob der Geringste wüßte: Das ist der beste Freund Italiens, der jetzt in unserer Stadt Heilung sucht.
- Die bösen Nachrichten über das Befinden des Kronprinzen des deutschen Reiches störten die schönsten Toilette=Vorbereitungen der Berliner Damen für den Besuch des Czaren. Jede hoffähige Dame hatte zu dieser Gelegenheit einige herrliche Roben geplant; da kamen die Nachrichten aus San Remo und keine Dame wollte mehr von Toilette etwas hören. Man wollte sich lieber vor der toilettekundigen Czarin Blößen geben, als in der jetzigen Stimmung über dekolletierte Roben, Spitzen und Tand debattieren. Prinzessin Wilhelm mußte vom Kaiser selbst erinnert werden, einige Zeichen von Selbstbeherrschung zu geben und mit den Bestellungen den Anfang zu machen.
- Auch der Papst befindet sich unter denen, welche dem deutschen Kronprinzen schriftlich die wärmsten Wünsche für seine Wiedergenesung zugesandt haben. Die in der Villa Cirio in San Remo eingelaufenen Briefe und Telegramme zählen nach Tausenden.
Es ist das erste Mal, daß Alexander III. als Zar in die Hauptstadt des Deutschen Reiches kommt. Im Herbst 1881 gelangte er nur bis Danzig und zwei Jahre vorher, als er Berlin zum letzten Mal besucht hat, war er noch Thronfolger.
Nahezu unglaublich ist, was man über den Zustand der Justiz in Frankreich tagtäglich liest. Irgend ein einflußreicher Wähler hat einen unangenehmen Prozeß auf dem Hals, der keinen günstigen Ausgang erhoffen läßt; er hat nichts Eiligeres zu thun, als an seinen Abgeordneten in Paris zu schreiben, denn dieser weiß bei dem Justizminister für die alsbaldige Niederschlagung desselben zu sorgen. Eine Dame hat das Unglück gehabt, daß ihr in einem Ehescheidungsverfahren der Besitz des Kindes zu Gunsten ihres Mannes abgesprochen worden ist. Da sie aber im Besitz einer Jahreseinnahme in der Höhe von einer Million Francs ist, so weiß sie sich zu helfen. Herr Wilson, der Schwiegersohn des Staatschefs, ist für das Trinkgeld von einer halben Million so gefällig, seinen Einfluß bei dem Justizminister geltend zu machen und die Dame kommt wieder in den Besitz ihres Kindes "von Rechtswegen". Vor Jahresfrist wird ein hervorragender Beamter, ein Präfekt, im Eisenbahnwagen ermordet, alles weist darauf hin, daß eine Dame die Thäterin oder Urheberin ist, aber die Justiz findet sich aus gewissen Gründe nicht veranlaßt, auch nur eine Untersuchung zu eröffnen. Alles das und noch viel mehr hat die parlamentarische Untersuchungskommission zu Tag gefördert. Wer die französischen Verhältnisse kennt, weiß, daß der Besuch einer Dame, wenn sie hübsch, jung, geistreich und nicht ohne Einfluß oder sogar reich ist, bei dem Herrn Präsidenten selten ebenso ohne Wirkung bleibt, wie bei dem Großsiegelbewahrer. Die Pariser Zeitungen wimmeln von solchen Fällen.
Die Franzosen sagen, Brüssel sei nur die Vorstadt von Paris. Das hat sich der Graf von Paris, ein Orleans, gemerkt und besetzt diese Vorstadt einstweilen mit einer großen Orleanistischen Zeitung von Neujahr an, um von da aus Paris zu bombardiren und zu erobern. Wir hörten neulich einen Schweizer sagen, wenn die Orleans so freigebig wie reich wären, so könnten sie jetzt ganz Frankreich mit ihrem Geld kaufen und den Thron dazu; denn es ist ja alles bestechlich und käuflich, wie sich jetzt zeigt.
- Der Prinzessin Thyra von Cumberland ist am Donnerstag in Penzig bei Wien, ihrem derzeitigen Wohnsitz, von einem Knaben entbunden worden.
- Die Schifffahrt für Petersburg und Kronstadt ist am Mittwoch geschlossen worden, d. h. sie hat geschlossen werden müssen, weil alles weit und breit zugefroren ist.
- In und um Unterhainsdorf (Sachsen) sind bereits jetzt 26 Personen an der Trichinosis gestorben. Das Elend ist groß.
- Ungeheures Aktenmaterial ist bei dem Brand des Ackerbauministeriums in Brüssel vernichtet worden. Vernichtet ist ferner die Bibliothek, ein großer Theil der Archive und eine Menge laufender Rechnungen. Am schmerzlichsten aber ist der Verlust der Register der Wittwen= und Waisenkasse. Der Wirrwarr in der Verwaltung ist groß.
- In Newyork sind am Montag Abend die Ställe der Brooklyn=Straßen=Eisenbahn abgebrannt. 150 Pferde sind in den Flammen umgekommen.
- Ueber die Schweinepest in Schweden wird aus Malmö mitgetheilt, daß derselben ungemein
[ => Original lesen: 1887 Nr. 91 Seite 6]viel Thiere zum Opfer fallen. Anfänglich als Rothlauf angesehen, hat sie sich bei gründlicher Untersuchung als die überaus ansteckende und gefürchtete amerikanische Schweinepest erwiesen. Die Thiere fraßen bei Eintritt der Krankheit nicht mehr, sind matt, haben Athembeschwerden und werden bald vollständig gelähmt; die Sektion zeigt Bakterien im ganzen Körper, besonders in Lunge, Leber, Blut und Gedärmen. Auf dem Hofe Rosenlund sind von 250 ergriffenen Thieren 245 gefallen, gleich 98 pCt! - Dänemark hat sich bereits zur Abwehr gerüstet. Die Gefahr für uns ist eine nicht minder große.
- Große Züge von Wildgänsen sind am Mittwoch über Berlin hin nach dem Süden geflogen. Man konnte, da die Thiere sehr niedrig strichen, den Flügelschlag deutlich hören. Wer "die Sprache der Gänse" versteht, der weiß, was das zu bedeuten hat!
- Eine vornehme Hoheit wird in Kürze in Rom gefeiert werden. Am 24. November heirathet die jüngste Nichte des Papstes, Gräfin Marie Pecci, den Offizier der päpstlichen Adelsgarde, Grafen Michele Moroni. Die junge Braut hat ihre Erziehung in einem Nonnenkloster bei San Remo genossen und hat ihr achtzehntes Jahr noch nicht vollendet. Ihr ältester Bruder lebt in Carpineto, dem Wohnsitz der Pecci, und verwaltet da die Familiengüter. Der zweite Bruder hat vor vier Jahren als Offizier der Adelsgarde eine reiche spanische Erbin heimgeführt; er lebt in Rom. Ein anderer Bruder lebt als Gutsbesitzer in Rieti, eine Schwester als Markgräfin Canali in Perugia. Die Trauung soll in der Kapelle des Palazzo Barberini an den Quattri Fontane stattfinden. Kardinal Pecci wird dem Brautpaar den Segen des Oheims und Papstes ertheilen.
- Ueber fürstliche Heirathen sagt ein sehr erfahrener Herr, der Herzog von Coburg, in seinen Denkwürdigkeiten: Man pflegt zu behaupten, daß fürstliche Heirathen im 19. Jahrhundert längst aufgehört hätten, eine politische Bedeutung zu beanspruchen. Die Welt, meint man, sei aufgeklärt genug, sich von den Schicksalen zufälliger ehelicher Verbindungen nicht mehr wie ehemals beeinflussen zu lassen und der Gang der Dinge stehe im heutigen Europa hoch über den persönlichen Verhältnissen und Beziehungen einer Anzahl von historischen Familien. Ich halte diese Anschauung des staatlichen Lebens für gründlich unwahr und glaube vielmehr, daß man sich durch dieselbe das richtige Verständniß für eine Menge von historischen Ereignissen muthwillig versperrt. Ich kann nur mit Rücksicht auf meine eigenen Erfahrungen bemerken, daß unter den zahlreichen Verheirathungen, die ich in verwandten und befreundeten Häusern sich vollziehen sah oder deren Zeuge ich gewesen bin, nur sehr wenige zu nennen wären, die nicht im Lauf der Begebenheiten eine Rückwirkung auf die allgemeinen Angelegenheiten genommen hätten. Von sehr vielen aber konnte ich die Wahrnehmung machen, daß sie unmittelbar und sehr entscheidend, auch noch in unseren Tagen, auf die Politik der Staaten nach innen und nach außen eingewirkt haben. Mehr als eine Ehegeschichte stand in dieser Beziehung den bourbonischen, habsburgischen, tudorschen und stuartschen Heirathen des 16. und 17. Jahrhunderts gewiß nur wenig nach. Wann hätte es auch eine Zeit gegeben, wo fürstliche Frauen nicht einen direkten und noch mehr einen indirekten Einfluß auf die Angelegenheiten genommen hätten! Wenn ich auf meine Lebenszeit blicke, so will ich nur an die vier Schwestern aus dem bayrischen Hause erinnern. In welchen anderen Bahnen würde man sich die europäische und besonders deutsche Politik vorstellen müssen, wenn man von diesen geistvollen und eingreifenden Damen absehen dürfte. Auf nichts mehr bleibt das Talleyrand'sche Wort ou est la femme (wo ist die Frau) auch heute noch anwendbar, als auf die Politik.
- Der Postdienst wird immer schöner, wie folgende wahrhafte Geschichte aus einer kleinen Landpost=Station bei Znaim zeigt. Da sitzt Herr Expedient am Schalter und hantirt mit seinen Briefen, als es leise an die Thür klopft und ein junges, hübsches Bauernmädchen hereintritt. Es nähert sich schüchtern dem Beamten und reicht ihm mit verlegenem Lächeln eine Postanweisung. Dieser prüft das Poststück und zahlt dem Mädchen den Betrag aus. Dabei fragt er, warum sie den Coupon von der Anweisung nicht abgeschnitten habe, da der Absender doch eine Mittheilung für sie darauf geschrieben habe. "So", sagte das Mädchen, "ja wissen S', ich kann nicht lesen, sein S' daher so gut und lesen Sie mirs vor." Der Expedient nimmt den Coupon und liest: "Ich sende Dir hiermit drei Gulden nebst tausend Küssen und Grüßen." Rasch besieht er sich das hübsche Mädchen und sagt hierauf mit vollkommen postalischem Ernst: "Das Geld haben Sie nun, und die Küsse werde ich Ihnen sogleich verabfolgen", worauf das Mädchen ihm seelenvergnügt um den Hals fällt und sich fröhlich abküssen läßt. Zu Hause angekommen, sagt sie zu ihren Leuten: "Na, wie's jetzt schön auf der Post eingerichtet ist, die Busseln kriegt ma a schon mit der Anweisung."
- Wer seither das Pulver noch nicht erfunden hat und ärgerlich darüber ist, der kann es jetzt noch erfinden und ein berühmter und reicher Mann werden. Der Augenblick ist günstig und darf nicht verpaßt werden. Für das bekannte kleine Kaliber, dessen Herstellung in allen Heeren eine so große Rolle spielt, fehlt noch das geeignete Pulver und es wird schmerzlich auf einen neuen Berthold Schwarz gewartet.
- In Karlsruhe ist ein Elsasser Rekrut ins Regiment eingestellt worden, der Boulanger heißt und Gegenstand allgemeiner Neugierde ist.
- Der schwerste Musensohn Deutschlands dürfte ein Herr aus Barmen sein, der sich in Göttingen als Student immatrikulieren ließ und 387 Pfund wiegt.
- Wer interressante und gute Gesellschaft liebt, kaufe sich in der Buchhandlung "Franz Lenbach's zeitgenössische Bildnisse", eine Sammlung von 40 Bildern des berühmten Münchener Meisters der Portraitmalerei.
- Die Mästung der Gänse und Enten. Diese kann nach der "Fundgrube" wesentlich befördert werden, wenn man ihnen täglich mehrmals gelbe oder weiße, recht klein geschnittene Rüben unter das Futter giebt und weiter, wenn man ihnen ein Stückchen Holzkohle ins Trinkwasser legt. Die Holzkohlen tragen nicht nur zur Beschleunigung der Verdauung, sondern auch zur Gesundheit der Thiere bei. Man riskiert bei ihrer Anwendung nicht mehr so leicht, die Gänse zu überfüttern (überstopfen). Auch soll das Fleisch zarter und leichter verdaulich werden. Man kann mit Vortheil auch Kohlenpulver unter das Futter mischen. Kohlen im Trinkwasser, an denen die Thiere fortwährend herumpicken genügen schon. Auch für anderes Geflügel, ja selbst für größere Thiere, z. B. für Schweine, sind Kohlen ein vorzügliches Mittel zur Beförderung der Mästung und da man diese Eigenschaft derselben schon lange kennt, so ist nur zu bewundern, daß man dieses so einfache Mittel so selten in Anwendung bringt.
- Oel für Nähmaschinen, Gewehre etc. Man bringt eine Anzahl feine Schrotkörner in ein Glas, gießt Olivenöl oder Klauenfett darauf, stellt das Glas 3-4 Wochen in die Sonne und gießt dann das klare Oel in ein anderes Glas ab. Dieses Oel ist sehr gut für alle Arten feinere Maschinen und das aus Olivenöl eignet sich selbst für Uhrmacher. - Bei dem hohen Preise des für Nähmaschinen nothwendigen Oels verdient diese billige Herstellung desselben alle Beachtung der Hausfrauen.
- Im Schirmladen. "Sie haben mich schändlich betrogen, mein Herr! Vor drei Tagen habe ich für fünfzehn Mark diesen Schirm bei Ihnen gekauft; da, sehen Sie ihn sich 'mal an!" Der Kaufmann besieht sich die Schirmruine von allen Seiten, schüttelt mit dem Kopf und meint schließlich: "Haben Sie ihn vielleicht zufällig naß werden lassen, gnädige Frau?"
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