[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 1] Nr. 13 des Offic. Anzeigers pro 1887 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
I. Abtheilung:
(6.) Revidirte Verordnung zur Ausführung des Reichsimpfgesetzes vom 8. April 1874.
Zweimal täglich gehen Depeschen über das Befinden des Kaisers Wilhelm an den Kronprinzen in England und an den Reichskanzler Fürsten Bismark in Varzin ab. Ein gutes Zeichen ist die Heimreise der Großherzogin von Baden, der treuen Pflegerin des kaiserlichen Vaters.
Der deutsche Kronprinz hat aus London ein Ergebenheitstelegramm der großen Loge Royal York zur Freundschaft in Berlin, welches ihm zum Johannisfest übersendet wurde, dankend beantwortet. Die Depesche schloß mit den Worten: "Der Arzt ist mit dem Gange der Kur vollkommen zufrieden." Nachdem die englischen Jubiläumsfeierlichkeiten vorüber sind, wird der Kronprinz nunmehr zurückgezogen in Norword Castle bei London leben.
Die neuste Nummer des "Reichs=Gesetzblattes" veröffentlicht bereits das neue Branntweinsteuergesetz. Bekanntlich tritt das Gesetz am 1. Oktober in Kraft, die Erhöhung des Zolles auf ausländischen Branntwein mit dem Tage der Verkündigung.
Der Reichskanzler hat sich dahin entschieden, daß Antwerpen als Anlegehafen für die deutschen Dampferlinien auch für das Jahr vom 1. Juni 1887 bis dahin 1888 beibehalten wird.
Die englische Staats=Zeitung veröffentlicht ein Schreiben der Königin Victoria an den Staatssekretär des Innern, worin sie ihren warmen Dank ausspricht für den ihr Seitens der Bevölkerung auf dem Wege nach der Westminsterabtei gewordenen enthusiastischen Empfang, welcher sie tief gerührt habe. Derselbe habe ihr gezeigt, daß die Arbeitssorgen fünfzig langer Jahre, von denen sie zweiundzwanzig voller Kummer und ohne den schützenden Arm des geliebten Gatten ertragen, vom Volke gewürdigt würden. Dieses Gefühl werde sie in ihrer oft schwierigen Arbeit während des Restes ihres Lebens ermuthigen.
König Milan von Serbien ist am Sonnabend in Wien angekommen und feierlich empfangen worden. In der Hofburg beim Kaiser war Galatafel ihm zu Ehren. Nach Bad Gleichenberg in Steiermark, wie es erst hieß, geht der König nicht, kehrt vielmehr schon in dieser Woche nach Belgrad zurück, wohin nächste Woche auch die Königin Natalie aus Rußland heimkommt. Der König will sich in Wien nur guten Rath und feste Zusicherungen für die Zukunft holen, denn wenn erst die Königin Natalie wieder in Belgrad ist, kommt es schnell zur Entscheidung, ob Herr Milan König von Serbien bleibt oder nicht. Nach andern Nachrichten wies die Königin alle Briefe des Königs uneröffnet zurück und beabsichtigt in den nächsten Tagen nach Petersburg zu reisen, um bei dem Zaren anzufragen, wie sie sich gegenüber der Ehescheidungsforderung des Königs Milan zu verhalten habe.
- Schönberg. Bei dem am Sonnabend hier abgehaltenen Remontenmarkt waren 29 Pferde zu Kauf gestellt. Von diesen wurden 3 Pferde angekauft und dafür 800, 750 und 700 Mark gezahlt.
- Die Frage, ob ein Gastwirth jedem Gast Getränke verabreichen muß, ist neuerlich vom Reichsgericht dahin entschieden worden, daß der Wirth verpflichtet ist, am Tage jedem sich anständig benehmenden Gast Getränke zu verabreichen, weil er sich durch die Verweigerung der Beleidigung schuldig macht.
- Seit der Kronprinz halsleidend geworden ist, liebt es der greise Kaiser, selbst ein wenig in die Medizin zu pfuschen. Er hat sich eigens ein lateinisches Wörterbuch zurechtgelegt, um den Rezepten auf den Grund zu kommen, und kürzlich wagte er sogar den Versuch, den Aerzten in die Art, wie sie ihn selbst behandelten, etwas dreinzureden. Dieser kaiserliche Vorschlag wurde indessen von den Aerzten rundweg abgewiesen, und der Kaiser sagte darauf in komischem Aerger: "Das hätte ich mir wohl denken können; hört man's doch immer, daß den Aerzten das Dreinreden von Laien verhaßt ist."
[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 0]- Ein Wunder menschlichen Fleißes und eiserner Geduld hat der Stenograph Hermann Stocker in Hamburg fertig gebracht. Er hat für einen hiesigen befreundeten Kaufmann auf einer Postkarte in kleinster, aber wohl lesbarer Schrift nicht weniger als 10 000 Worte zusammengedrängt.
- In Hamburg wurde am Sonnabend die zu den Zollanschlußbauten gehörige, für 2 Mill. Mk. neuerbaute große Elbbrücke vollendet.
- Dem Major a. D. Hinze ist von dem Ehrengericht des Gardecorps der Offizierstitel und die Uniform anerkannt worden, weil er sich nicht duelliert, sondern den gerichtlichen Weg gegen einen Beleidiger eingeschlagen hat, Freiherr von Solemacher dagegen, der den Freiherrn v. Schorlemer zum Duell herausgefordert hat, ist von dem Erzbischof von Köln exkommuniziert worden. Beide Fälle machen großes Aufsehen.
- Auf einer weltberühmten industriellen Berliner Werkstätte ist's still und einsam geworden, die Borsig'sche Locomotivenfabrik am Oranienburger Thor ist für immer geschlossen worden. Viele Gebäude sind bereits abgebrochen und das 2500 Quadratruthen große Grundstück wird verkauft, man sagt für 5 Millionen Mark. Die Fabrik wurde 1837 gegründet.
- Die letzten Gründe der Könige und Völker
[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 2]sind bekanntlich die Kanonen. Die Kanonen des deutschen Kriegsschiffes haben den türkischen Sultan von Zanzibar so gründlich von dem guten Recht deutschen Reiches überzeugt, daß er jetzt eine Reise nach Deutschland antritt um den Kaiser persönlich zu begrüßen. Und doch haben damals die Kanonen nur ihre geöffneten Mäuler gezeigt, ohne Feuer zu speien.
- Das Jahr 1887 ist ein bedeutsames Jubiläumsjahr für die Telegraphie. Vor 50 Jahren, im Juli 1837, wurde der erste Schreibtelegraph zwischen München und der Sternwarte in Bogenhausen praktisch verwerthet.
- Die vom Reichsgericht in Leipzig verurtheilten Elsässer sind zur Verbüßung ihrer Festungshaft nach Magdeburg gebracht worden. Köchlin hat ohne Erfolg 50 000 Mk., Blech 100 000 Mk. Caution für einstweilige Entlassung geboten.
- In Kiel wird vom 29. Juli bis zum 1. August der alle 2 Jahre stattfindende internationale Astronomenkongreß tagen, zu welchen etwa 40-50 Astronomen daselbst erwartet werden.
- Der zweite deutsche Skatkongreß in Leipzig beschloß die Gründung eines deutschen Skatverbandes und Normierung einer allgemeinen Skatordnung.
- In Dresden starb vor einigen Tagen Major z. D. von Rabenhorst infolge eines Unfalls nach qualvollem Leiden. Ein dieser Tage in Geithain, woselbst der Major zum Besuch des Regiments anwesend war, verschlucktes Stückchen Glas ward zur Todesursache. Der Verstorbene hatte vor 1 1/2 Jahren die Amputation eines Fußes überstanden und erfreute sich bis jetzt des besten Wohlbefindens.
- Ein Theil der Nürnberger Radfahrer=Riege des Männer=Turnvereins tritt nächster Tage eine auf drei Wochen berechnete Dauerfahrt nach der Ostseeküste und Russisch=Polen an.
- Seit einigen Tagen weilt im Café zum Dom in Straßburg der Riese Willi Mood und übt eine mächtige Anziehungskraft auf die Bewohner aus. Der Mann ist im wahren Sinne des Wortes ein Riese, denn derselbe verfügt über eine Höhe von 2,12 Meter und über 1,64 Meter Brustumfang und durch seinen Fingering geht bequem ein Thaler hindurch. Er ist in Oesterreich geboren und diente dort bei der Festungs=Artillerie.
- In dem Scheidungsprozeß des Münchener Arztes, zu dem die in einer Heilanstalt untergebrachte Herzogin von Alençon eine leidenschaftliche Neigung gefaßt haben sollte, hat das Landgericht München I auf Auflösung der Ehe, dem Antrage der gekränkten Gattin gemäß, anerkannt.
- Das Landeswappen des Königreichs Sachsen soll verändert werden. Das königlich sächsische Gesammtministerium hat mit Sachverständigen diesbezügliche Berathungen gepflogen und schließlich hat ein Dresdener Decorationsmaler den Auftrag erhalten, nach ihm mitgetheilten Andeutungen einen Wappenentwurf zu liefern.
- Eugenie Marlitt. Die unter dem Schriftstellernamen E. Marlitt wohlbekannte Romanschriftstellerin Eugenie John ist in ihrem Geburtsort Arnstadt, wo sie seit ungefähr 25 Jahren gelebt hat, im Alter von 61 Jahren gestorben. Sie war die Tochter eines Malers, wurde aber in ihrem 16. Jahre von der regierenden Fürstin von Schwarzburg=Sondershausen als Pflegetochter angenommen. Sie wollte sich anfänglich der Bühne widmen, ist auch mehrere Male aufgetreten, mußte aber dann wegen eines Gehörleidens die Künstlerlaufbahn aufgeben. Im Jahr 1865 erschien ihre erste Novelle "Die zwölf Apostel", durch welche sie sich sogleich die Gunst namentlich des weiblichen Theils des Publikums errang. Ihre folgenden Romane: "Goldelse", "Blaubart", "das Geheimniß der alten Mamsell", "Reichsgräfin Gisela" stehen gewiß bei Tausenden in freundlicher Erinnerung.
- "Militärfromm" hatte ein Herr in Mainz seinem abgehenden Dienstmädchen in's Zeugniß geschrieben. Als Niemand solch' ein frommes Mädchen in Dienst nehmen wollte, klagte es bei Gericht und dieses verurtheilte den Dienstherrn zu einer Geldstrafe und Aenderung des Zeugnisses.
- Ein gehöriger Skandal, den die spanische Polizei kennzeichnet, unterbricht gegenwärtig die politische Stille in der guten Stadt Sevilla. Es handelt sich um nichts Geringeres als die Aufdeckung eines seit Jahren eingerichteten Spitzbubenwesens, bei dem die Polizei etwa sechzig Prozent von allen Diebstählen erhielt. Diesmal war es Sevilla, wo die Giftblase platzte; wer das Land kennt, weiß, daß der Vorgang etwas ganz Uebliches ist. Die Diebe erklärten vor Gericht, daß sie endlich den Unfug aufgedeckt haben, weil sie es satt waren, noch weiterhin für die Polizei zu "arbeiten."
"Monopol-Seide." (Modebericht) "Vom Fels zum Meer" 1886 - Heft 8 schreibt:
. . . ."Durch Einführung der "Monopol-Seide" hat sich der Züricher Seiden=Industrielle G. Henneberg ein wahres Verdienst um die nach einem einfachen und gediegenen Seidenstoff seit lange vergeblich Umschau haltende Damenwelt erworben. Das Gewebe ist dauerhaft wie Leder, weich wie Sammt, glänzend wie Atlas; aus reinster Seide auf Lyoner Stühlen gewoben, erscheint es als eines der solidesten und reichsten Fabrikate, welche die Webindustrie seit lange erzeugt . . . .
Nur direct und nur ächt, wenn auf der Kante eines jeden mètre G. Henneberg's "Monopol" eingedruckt ist
Muster umgehend.
Anzeigen.
Antragsmäßig soll über das zu Schönberg vor der Siemzerstraße sub No. 142 belegene Wohnhaus c. p. des Arbeitsmanns Franz Friedrich Tews allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Sonnabend, den 9. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 19. April 1887.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Marienstraße sub Nr. 38 belegene Wohnhaus c. p. des Tischlermeisters Ernst Rindfleisch allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung in dem auf
Sonnabend, den 23. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr,
anstehenden Liquidations=Termin peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 4. Mai 1887.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 3]Torf=Aukion.
Am Sonnabend, den 2. Juli d. Js., Morgens 9 Uhr, beabsichtige ich auf meinem am Roducheldorf=Lübsee'er Wege gelegenen Moore
circa 120 Mille Preßtorf
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung zu verkaufen.
Roduchelsdorf, im Juni 1887.
P. Grevsmühl.
Allen denen, die unsern lieben Sohn Heinrich die letzte Ehre erwiesen und ihn nach seiner Ruhestätte geleitet haben, sowie Diejenigen, die seinen Sarg so reich mit Kränzen schmückten, sagen wir unsern aufrichtigsten Dank.
Heinrich Oldörp und Frau.
Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 3. d. Mts. und während der Königschußtage Gesangvorträge der Rahl'schen Concertsängergesellschaft aus Hamburg
Montag, den 4. d. Mts.:
Grosse Tanzmusik.
Dienstag, den 5. d. Mts. Nachmittags:
Garten-Concert.
Entree à Person 25
Abends: Ball. Anfang 5 1/2 Uhr.
Entrée für Herren 1 Mk. Damen frei.
Es ladet ergebenst ein
J. H. Freitag.
Zu dem am Sonntag, den 10. und Montag, den 11. Juli bei mir stattfindenden
Scheibenschießen
nach guten Gewinnen lade meine Freunde und Gönner ergebenst ein
Wittwe Lohse Herrnburg.
Montag, den 11. Juli: Ball.
Schnelltrocknende streichfertige Oelfarben, Firniß und Fußbodenoele, ferner Pinsel und Schwämme in großer Auswahl, sowie Cacao, Chocoladen, Rosen-, Veilchen- und Familienseife empfiehlt en gros u. en detail C. F. Alm, Medicinal=Drogerie, Seifen= und Farben=Handlung.
Lübeck, Holstenstraße 22.
Neue Matjes Heringe
empfiehlt W. Wieschendorf.
Mein neu eingerichtetes
Möbel=Fuhrwerk
halte den hochgeehrten Herrschaften unter Zusicherung billigster Bedienung zur gefälligen Benutzung bestens empfohlen.
Hochachtungsvoll
Heinrich Krohn,
Fuhrmann.
Schönberg, im Juni 1887.
Epilepsie (Fallsucht.) Krampf, Nervenleidende etc. etc. heilt selbst in den veraltesten Fällen, gewöhnlich in 3 Tagen, brieflich. 25jährige Erfahrung.
D. Mahler, Hannover.
Zu dem am Sonntag, den 3. Juli d. J. bei mir stattfindenden
Concert und Ball
lade ich hiermit meine geehrten Freunde und Gönner ergebenst ein.
W. Creutzfeldt, Gastwirth.
Carlow, den 21. Juni 1887.
Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 10. Juli cr.
2. Großes Garten-Concert
mit nachfolgendem Ball,
ausgeführt von der gesammten Capelle des Schweriner Jägerbataillons unter Leitung des Großherzoglichen Musikdirektors Herrn A. Reckling.
Anfang 5 Uhr.
Entree: Im Vorverkauf 50 . An der Kasse 75 .
Zu demselben ladet ergebenst ein
J. H. Freitag.
W. Planthaber.
Inventur=Ausverkauf vom 29. d. Mts. an.
Zum Verkauf gelangen unter anderen:
Mohair-Garn-Kleiderstoffe
60 cm breit, Mtr. 50 ,
Berliner Warp
57 cm. breit, Mtr. 40 ,
Bellcrêpes
55 cm. breit, Mtr. 55 ,
farbige und schwarze reinwollenen Saison-Stoffe und Roben,
Cattune, Mtr. 25 ,
Umhänge u. Regenmäntel
in soliden Stoffen à 7 M.
Der Restbestand in Sonnen-, Regen- und Touristen-Schirmen,
Sächsische Zwirn-Gardinen,
Leinen, Handtuch-Drelle und englische Tüllgardinen.
Roben knappen Maßes bedeutend unter Preis.
Einfache gut gearbeitete Mobilien in nußbraun, mahagoni u. lackirt, sind wieder in großer Auswahl vorräthig und empfiehlt zu bekannten billigen Preisen
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Lübeck, Fleischhauerstraße 42.
Wichtig für Damen!
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Herr Wilh. Oldenburg. Preis per Paar 50 , 3 Paare 1 M. 40 . Wiederverkäufern Rabatt.
Frankfurt a./O. im Juni 1887.
Robert v. Stephani.
Die Schulgelderhebung
für das Quartal Johannis bis Michaelis 1887 findet vom 6. bis 15. Juli statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.
J. Wegner.
Am Freitag, den 24. Juni ist mir ein rothes Kalb mit etwas weiß und dem die rechte Ohrspitze abgeschnitten ist, von meiner Koppel entlaufen. Es wird gebeten, dasselbe anzuhalten und sich bei mir gegen gute Belohnung zu melden.
H. Mette. Schulze.
Palingen, den 26. Juni 1887.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 4] Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntniß, daß unser diesjähriger
Königschuß
am 4. und 5. Juli abgehalten wird.
Loose zu der am 2. Königschußtage erfolgenden Ziehung der Tombola sind schon jetzt zum Preise von à 30 Pfennigen zu haben.
Schönberg, im Mai 1887.
Der Vorstand der Schützenzunft.
C. Schultze. F. Baer. J. Greiff.
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Programm.
Zur Vorfeier am Sonntag Nachmittag die üblichen Ständchen. Abends Zapfenstreich.
Montag, den 4. Juli, Morgens 5 Uhr: Reveille durch die Stadt; um 1/2 7 Uhr Antreten der Schützen auf dem Markte. Nach Abholung der Fahnen und des Schützenkönigs Einweihung der 2. Compagnie=Fahne. Ausmarsch. Nach Ankunft im Schützenhause Beginn des Schießens nach der Königsscheibe und den beiden Gewinnscheiben. Frühstück bei Tafelmusik. Von 4 Uhr Nachmittags bis zum Einmarsch Harmonie=Musik im Schützenhause.
Dienstag, den 5. Juli, Ausmarsch, Schießen, Harmonie wie am Montag, Nachmittags 4 Uhr
Ziehung der Tombola.
Abends Festball für Stadt= und Landbewohner im Schützenhause gegen Entree für Herren M. 1,50 Damen M. 0,50.
Mittwoch, den 6. Juli, Abends von 1/2 8 Uhr an im Schützenhause freier Schützenball, nur für Ehren= und Zunftmitglieder, welche als Legitimation die betreffende Medaille mit Schleife zu tragen haben.
Fortsetzung
des großen billigen Ausverkaufs
der bei der Inventur zurückgesetzten Waaren:
Kleiderstoffe, Cattune und alle Reste
enorm billig!
Gebr. Burchard.
Erntehandschuhe,
das Paar nur 60 Pfennige zu haben in Schönberg bei
Emil Jannicke,
Handschuhmacher.
10 Mark Belohnung.
Es ist in letzter Zeit wiederholt in meinen Garten eingestiegen und sind Johannisbeerbüsche, Rosensträucher und Buxbaum ausgerissen. Obige Belohnung erhält, wer mir den Frevler nachweist.
Wilh. Heincke.
Zur Beachtung.
Hierdurch richte ich an diejenigen Personen, welche Hunde bei sich haben und den Fußsteig über meine Weidekoppel benutzen, die Bitte, dieselben so lange an der Leine zu führen oder besser noch, mit den Hunden den Fuhrweg zu gehen, da ich für keinen Schaden hafte.
Hauswirth Tews, Bechelsdorf.
Cylinder=Hüte,
in neuester Mode und billig, je nach Güte.
B. Gartz.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 3. Juli.
Frühkirche: Rector Kort.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Langbein.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 5]Beilage
zu Nr. 50 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 1. Juli 1887.
- Die Altersversorgung von Arbeiten soll in einer vom siebenzigsten Lebensjahre an zur Auszahlung gelangenden Rente von jährlich 120 Mark bestehen.
- Zur Katastrophe auf der Donau. Nach den nunmehr vollendeten amtlichen Aufnahmen über die Katastrophe in Paks wurde konstatiert, daß auf der verunglückten Fähre 372 Personen, zwei Fiakerpferde und ein Zugpferd sich befanden. Es haben sich 116 Menschen gerettet; 151 Personen wurden als Leichen aus den Wellen gezogen, 45 Personen werden vermißt, die gewiß gleichfalls den Tod in den Wellen gefunden haben, so daß die Zahl der Opfer sich auf 196 beläuft. Die bisher vermißten Leichen dürften nicht so bald und nicht so leicht zum Vorschein gelangen, da sich leider so verbrecherische Menschen fanden, welche die Leichen erst beraubten, dann fortschwimmen ließen oder gar versenkten. Von den umgekommenen Dorogher Marktfahrern, die beträchtliche Geldsummen mit sich führten, wurde bisher kein einziger aufgefunden. Erst gestern gelang es der Gendarmerie, drei dieser Leichenräuber dingfest zu machen, und nach einem vierten wird jetzt gefahndet. Es wurde amtlich konstatiert, daß die Fähre höchstens eine Tragfähigkeit für 250 Personen befaß; 57 Familien verloren ihre Ernährer, und 134 Kinder wurden Waisen. Dieselben wurden vorläufig durch den Stadtvorstand von Paks untergebracht. Die Stadtvertretung entsendete eine Kommission zur Veranstaltung von Sammlungen im ganzen Lande.
- Ein Königssohn als Zimmermann. Zar Peter der Große ist nunmehr nicht der einzige Zimmermann aus fürstlichem Geblüt mehr; er hat einen Nachfolger in einem afrikanischen Königssohn gefunden, welcher in Altona gegenwärtig das Zimmermannshandwerk erlernt. Vor einigen Monaten hatte bekanntlich die dortige Firma Franz Schmidt das Regierungs= und Gefängnißgebäude für Kamerun geliefert. Ein Polier der Firma wurde nach Afrika geschickt, um das Gebäude aufzustellen. Nach dessen Erzählungen ist namentlich King Bell während des Baues sein aufmerksamer Zuschauer gewesen. Der wissensbegierige König hat sich vorzugsweise sämmtliche Werkzeuge eingehend erläutern lassen. Als die Arbeit beendet war und der Polier nach Hause wollte, bat King Bell den letzteren, doch seiner Sohn mit nach Deutschland zu nehmen, um ihn die Holzbearbeitung zu lehren. Nach kurzer Unterhandlung erklärte sich Schmidt bereit, den jungen Alfred Bell aus Bellsdorf und dessen drei Begleiter, Eluman Murgu, Etuman Eckwala und Eckwala Monsy in die Lehre zu nehmen und ihnen während der vierjährigen Lehrzeit freie Station zu gewähren. Die jungen Männer sind kürzlich eingetroffen und jetzt bereits in voller Thätigkeit. Der 14jährige Alfred Bell, ein intelligenter junger Mensch, hat Kenntnisse der englischen, sowie der deutschen Sprache und kann auch etwas lesen und schreiben. Von den Eltern der drei andern jungen Burschen wurde der Polier dringend gebeten, doch dafür zu sorgen, daß ihre Sprößlinge in Deutschland lesen und schreiben lernen. Alle vier Lehrlinge, welche in der Holzbearbeitung beschäftigt werden, zeigen sich äußerst anstellig und scheinen sich recht wohl in Altona und Hamburg zu fühlen. Wegen des Lehrverhältnisses zwischen dem Prinzen Bell und der Firma Schmidt ist ein besonderer Kontrakt durch den Gouverneur Freiherr v. Soden aufgesetzt worden.
- Meran in Tirol. Ueber einen Kampf mit Bienen wird aus Meran geschrieben: Ein aufregender Vorfall, der sich vor wenigen Tagen hier ereignete, wird lebhaft besprochen. Ein unweit von hier wohnender Gutsbesitzer namens Giovanni v. Cornaro fuhr auf einem mit zwei Pferden bespannten Kutschierphaëton nach Meran. Auf dem Wege hatte eines der Pferde ein Eisen verloren und um dasselbe ersetzen zu lassen, hielt Herr von Cornaro bei dem an der Straße wohnenden Schmiedemeister Beck an, der nebst seinem Gewerbe auch die Bienenzucht betreibt. Herr von Cornaro übergab das Fuhrwerk dem Schmied und begab sich in den unweit gelegenen Gasthof. Während der Schmied mit den Vorbereitungen in seiner Werkstätte beschäftigt war, schwärmte eine kleine Anzahl Bienen heran, welche über die Pferde herfielen und auf sie losstachen. Die Thiere, hierdurch scheu gemacht, nahmen Reißaus und liefen mit dem Gespann, eine kleine Hecke durchbrechend, in den Garten, in welchem die Bienenstöcke sich befinden. Im Nu waren eine Reihe von Stöcken niedergerannt, während Tausende von Bienen dieselben verließen, um an den Ruhestörern Rache zu nehmen. Die Pferde konnten nur noch einige Schritt vorwärts machen, da alsbald eine starke Gartenmauer die Flucht derselben hemmte. In dichten Schwärmen machten sich nun die Bienen über die Pferde, welche sich mittlerweile in die Stränge verwickelt hatten und niedergestürzt waren, her und stachen auf dieselben los. Mit dem Aufgebot aller Kräfte und vor Schmerz immer mehr wild gemacht, suchten sich die Thiere vom Wagen los zu machen, stürzten jedoch immer von neuen nieder. Die ganze grauenvolle Scene hatte einige Minuten gedauert, bis der Schmiedemeister auf Umwegen hinzukam, um den Pferden beizustehen. Er hatte jedoch in der Eile versäumt, eine Schutzvorrichtung zu nehmen; die gereizten Bienen fielen auch über den Schmied her und richteten denselben jämmerlich zu. Eines der beiden Pferde endete in Folge der Bienenstiche in drei Stunden, das andere zwei Stunden später. Der Tod des schwer verletzten Schmiedes, der qualvolle Schmerzen erleidet, wird stündlich befürchtet. Die Bienen hielte noch volle acht Stunden den Kampfplatz besetzt und niemand durfte sich in ihre Nähe wagen. Spät abends wurden die Kadaver der Thiere aus dem Garten geschafft.
- Bewährtes Mittel gegen Wundgehen. Die deutschen Militärbehören haben nach eingehenden Versuchen als bestes Mittel gegen Wundgehen den Salicylsäuretalg eingeführt. Denselben stellt man sich her, indem man 2 Theile Salicylsäure in 5 Theilen Benzoetinktur löst und der Lösung 100 Theile Hammeltalg, welche vorher mit 5 Theilen Benzoeharz verrieben sind, zusetzt. Das Ganze wird tüchtig umgerührt, und in passende Blechbüchsen oder Dosen gefüllt.
Die unnöthigen Thierquälereien beim Schlachten des Kleinviehes.
Wenn man uns sagte, daß es ein Land giebt, in welchem täglich über hundert tausend Thiere vivisecirt werden, so würden wir das als eine absurde Erfindung, als etwas Unmögliches bezeichnen. Und doch leben wir selbst in einem solchen Lande, und die Massen=Vivisektion, von der wir sprechen, ist das Todtmartern unserer Schlachtthiere, besonders der kleineren, der Kälber, Schweine, Schafe u. s. w., ohne vorhergehenden Kopfschlag oder sonstige Betäubung.
Die großen Schlachtthiere, welche man nicht so leicht bewältigen kann, werden vor dem Schlachten durch einen Schlag auf den Kopf oder mittelst Schlachtmaske betäubt; nur die kleineren, deren Gegenwehr der Mensch nicht zu fürchten hat, müssen diese Wohlthat entbehren. Von den ca. 130,000 dieser Thiere, welche täglich im deutschen Reich, geschlachtet werden, werden nach einer eher zu hoch gegriffenen Schätzung nur ungefähr 15,000 betäubt.
Wir haben den Ausdruck Vivisektion mit allem Vorbedacht gewählt, weil wir keinen bezeichnenderen kennen für die Art, in welcher bei uns diese kleineren Schlachtthiere getödtet werden.
Das gewöhnliche Verfahren bei der Schlachtung der Kälber ist, daß dieselben an den Hinter=
[ => Original lesen: 1887 Nr. 50 Seite 6]füßen aufgehängt werden und frei in der Luft hängen. Es werden die starken eisernen Haken zwischen die festgeknebelten Beine gestoßen, was an der so empfindlichen Knochenhaut heftige Schmerzen verursacht. In größeren Schlächtereien werden auf diese Weise zu gleicher Zeit immer mehrere Kälber aufgehängt, oft lange ehe der Schlächter zur Stelle ist. Durch die auf Augenschein beruhenden Darlegungen bei den Thierschutzkongressen wurde konstatirt, daß in kleineren Schlächtereien die Kälber nicht selten an den durchschnittenen Sehnen der Hinterbeine aufgehängt würden, was die Schlächter "Aufflechsen" nennen. Da der Kopf abwärts hängt und also das Blut nicht aus dem Hirn entleert wird, so hat das Thier bis zum letzten Augenblick Bewußtsein und die volle Empfindung dieser furchtbaren Marter. Die Schweine werden wohl in den größeren Städten vor dem Stechen betäubt, weil ihr Geschrei belästigt, aber nicht in kleineren Orten und auf dem Lande. Viele Schlächter sind der Meinung, daß "das Leben das Blut aus dem Körper treibt", man müsse also das Thier möglichst lange lebend erhalten, um das Ausbluten zu bewirken. Es wird deshalb der Schlachtakt möglichst lange ausgedehnt. Zu diesem Behufe macht der Schlächter nur eine kleine Wunde, hält das Messer in derselben fest und schneidet, wenn das Blut aufhört zu fließen, wieder etwas weiter. In manchen Gegenden herrscht das Vorurtheil, ein Schwein, das beim Schlachten nicht recht lange und stark schreie, sei nicht gesund gewesen. Deshalb darf das Thier nicht schnell getödtet werden, und wenn es zu fett ist, um recht laut schreien zu können, so werden noch besondere "Handwerksvortheile" angewendet, um ihm ein Schmerzgeschrei auszupressen. So ist es ein beliebter Handgriff, den Daumennagel dem Thier hinter den Augapfel einzudrücken. Auch muß auf dem Lande das Geschrei der Schweine als Anzeige dienen, daß es "Schlachtschüssel" giebt.
Am gräßlichsten ist das Schlachten auf dem Lande durch die Bauern selbst, die des Schlachtens gänzlich unkundig, das Thier buchstäblich zu Tode martern. Ohne die Lage der Blutgefäße zu kennen, stechen und bohren sie, oft mit stumpfen und schartigen Messern, am Hals des Thieres herum, durch die Luftröhre und durch den Schlund. Oft ist der ganze Hals verstochen und immer sind die Hauptadern noch nicht geöffnet; das Blut fließt schwach und das Thier stößt ein fürchterliches Schmerzgeschrei aus, bis es endlich nach halb= oder dreiviertelstündiger Qual ausgeröchelt hat. Nicht selten schinden mehrere an dem unglücklichen Thiere herum; denn der Junge, kaum ist er dem Knabenalter entwachsen, soll auch das "Schlachten" lernen.
Während das Thier in dieser Weise zu Tode gemartert wird, halten es gewöhnlich Knaben oder Mädchen an den Hinterbeinen fest, drücken es mit den Knieen nieder, zerren und schlagen es; ein Kind hält die Blutpfanne, ein anderes rührt das Blut und die übrige Dorfjugend steht herum und sieht dem widerlichen Schauspiel begierig zu. Welchen Einfluß es auf die Volkssitten hat, wenn die Kinder, kaum können sie auf den Beinen stehen, an solchen Anblick gewöhnt werden, wenn sie später selbst Handreichungen bei diesen gräßlichen Schlächtereien leisten und die rohen Scherze, die bei solcher Gelegenheit gemacht werden, mit belachen, ist wohl jedem Denkenden klar. Wenn in dieser Weise das Gemüthsleben, und damit der Boden für alle sittlichen Regungen, schon im Kinde verwüstet wird, so darf man sich nicht wundern über die vielen Roheitsakte und die Angriffe auf das Leben von Menschen, die besonders in manchen ländlichen Gegenden in so erschreckender Zahl begangen werden. Es ist bekannt daß Thierquälerei immer in ursächlichem Zusammenhang mit Mordlust und Verbrechen gegen Menschenleben steht, und so ist es begründet, wenn man die Schlachtfrage eine Frage der Volksmoral genannt hat.
Man sollte es nicht für möglich halten, daß sich ein solcher Zustand bis heute erhalten konnte in einem christlichen Kulturstaate, in welchem ungefähr 40,000 Geistliche, 150,000 Volksbildner und ein großer Polizei= und Gesetzgebungsapparat für Förderung von Moral und humaner Bildung, für Aufrechthaltung von Ordnung und Sitte zu sorgen haben.
Man weist vielleicht darauf hin, daß wir einen Gesetzartikel zur Verhütung von Thierquälereien haben; man sagt vielleicht, es sei Sache der Thierschutz=Vereine, die Schlachtstätten zu überwachen und Fälle wie die oben geschilderten zur Anzeige und Bestrafung zu bringen. Wohl steht im deutschen Strafgesetzbuch unter den Uebertretungen gegen die öffentliche Ordnung ein Artikel, welcher lautet: "Wer öffentlich oder in Aergerniß erregender Weise Thiere quält oder roh mißhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft." Bei den hier verlangten Kriterien: "öffentlich, in Aergerniß erregender Weise, boshaft oder roh" kann zwar jemand bestraft werden, der ein Pferd oder einen Hund auf öffentlicher Straße schlägt, aber der Richter kann auf Grund dieses Artikels Niemand verurtheilen, der beim Schlachtgeschäft die ärgsten Grausamkeiten begeht. Ist es doch vorgekommen, daß Schlächter freigesprochen wurden, die angeklagt und überwiesen waren, daß sie ein noch lebendes Thier abgehäutet hatten!
Um eine bessere Fassung dieses Artikels zu erwirken haben sich die Thierschutz=Vereine seit Jahren an den Reichstag, an die Partikular=Regierungen und Landtage gewendet, aber ohne Erfolg. Der Verband der deutschen Thierschutz=Vereine hat nun eine Petition an den deutschen Reichstag gerichtet, in welcher er um die Aufnahme eines Artikels in das Reichsstrafgesetz bittet, durch welchen das Tödten unserer Schlachtthiere ohne vorhergehende Betäubung mittelst Schlag oder Schlachtmaske bei Strafe verboten wird.
Dieser Schlachtmethode stehen keinerlei Hindernisse, keinerlei Verletzung irgend welcher Interessen entgegen. Das Schlachtgeschäft wird durch dieselbe nicht nur erschwert, sondern vereinfacht und erleichtert. Der Beweis hierfür ist erbracht in jenen Orten, wo die Betäubung der Schlachtthiere schon lange in Uebung ist, und besonders durch die allgemein übliche Art der Schlachtung des Großviehs.
Es ist unmöglich, alle die Ursachen, welche Schuld tragen an dem verrottetem Zustand unseres Schlachtwesens, Rohheit, Gewohnheit, mißverstandener Eigennutz, Vorurtheil, zu beheben, aber sie können unschädlich gemacht werden durch eine gesetzliche Vorschrift, welche die Betäubung vor dem Schlachten der Thiere anordnet.
Man muß annehmen, daß es den wenigsten Menschen, besonders in den gebildeten Kreisen, bekannt ist, welch' scheußliche Prozeduren mit der Tödtung unserer Schlachtthiere verbunden sind; es wäre sonst unbegreiflich, daß ein solcher Zustand heute noch bestehen kann, unbegreiflich, daß Leute, die mit Entrüstung erfüllt werden, wenn etwa ihr Hund von einem rohen Menschen einen Schlag bekommt, gegenüber dieser Massenfolter gleichgiltig bleiben. Es giebt sehr viele Menschen, die kein Thier tödten sehen können, die es bedauern, daß wir die Thiere zu unserer Nahrung brauchen. Mit dieser Empfindsamkeit ist aber sehr wenig genützt. Wahres menschliches Gefühl muß sich thatkräftig zeigen. Wir müssen dem Jammer nicht aus dem Wege gehen, sondern ihm festen Auges entgegentreten und was an uns ist thun, ihm abzuhelfen. Und hier, in der Schlachtfrage, hier können wir viel thun. Jeder kann in seinem Kreise wirken. Hat er Geistliche, Lehrer, Gemeinde= und Administrativ=Beamte unter seinen Bekannten, so soll er ihr Interesse an dieser Frage zu wecken suchen; viel könnten besonders die Geistlichen auf dem Lande wirken. Bis zur reichsgesetzlichen Regelung der Frage können die Gemeinden durch ortspolizeiliche Vorschriften wenigstens eine Reform des Schlachtens, soweit es durch gewerbsmäßige Schlächter ausgeübt wird, bewirken. Vor Allem aber soll Jeder, der mithelfen will den grauenhaften Zustand in unserm Schlachtbetrieb zu beseitigen, soviel ihm möglich, auf die gesetzgebenden Faktoren, besonders auf die Mitglieder des Reichstages einwirken. Dem nächsten Reichstage wird abermals eine Petition in dieser Angelegenheit vorgelegt werden.
Die geforderte Abhilfe wird nicht länger verweigert werden können, wenn alle Gebildeten ihre Stimme erheben und laut die Beseitigung eines Zustandes verlangen, der bei einem christlichen, zivilisirten Volk ebenso unbegreiflich wie unentschuldbar ist.
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