No. 49
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. Juni
1887
siebenundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1887 Nr. 49 Seite 1]

Der Kaiser befindet sich jetzt wieder so weit wohl, daß seine Abreise nach Ems für den 2. Juli festgesetzt ist.
Der kaiserliche Erlaß betr. die Aufnahme einer 3 1/2prozentigen Reichs=Anleihe im Gesammtbetrag von 238,004,970 Mk. ist am Freitag erschienen. Die Tilgung erfolgt durch die im Reichsetat dazu bestimmten Mittel; dem Reich bleibt das Recht, binnen einer gesetzlich festzustellenden Frist die Anleihe zu kündigen. Die Anleihe ist bestimmt zur Deckung der Kosten des Zollanschlusses von Hamburg und Bremen, des Nordostseekanals, der Verwaltung des Reichsheeres und der Marine, sowie der Vervollständigung des Eisenbahnnetzes im Interesse der Vertheidigung des Landes.
Kaiser Wilhelm soll dem englischen Arzt Mackenzie für seine dreimalige Reise von London nach Berlin, für die Consultationen und Operationen 10,000 Mark aus seiner Schatulle haben auszahlen lassen.
Das Reichsgericht in Leipzig läßt nicht mit sich spaßen und das ist gut. Es hat den Antrag der Vertheidiger der verurtheilten Elsässer, dieselben vorläufig aus der Haft zu entlassen, abgelehnt. Also bleiben sie in Haft und sitzen ihre Strafen gleich ab. Am 4. Juli beginnt vor dem Reichsgericht der Hochverrathsprozeß gegen den Handelsagenten Klein aus Straßburg, den Fabrikanten Grebert aus Schiltigheim und den Wirth Erhart, ebenfalls aus Straßburg.
Ueber die Verurtheilung der Elsässer, besonders des Herrn Köchlin durch das Reichsgericht können sich die Franzosen wie es scheint, noch lange nicht zufrieden geben. Mehrere Blätter melden, die französische Regierung habe in Berlin Verhandlungen wegen Köchlins Freilassung eingeleitet, eine Nachricht, die allerdings von keiner anderen Seite bestätigt worden ist oder wird. Die Patriotenliga hatte eine Versammlung beabsichtigt, um ihrer patriotischen Entrüstung Luft zu machen, doch nimmt man an, daß die Regierung dieselbe verhindern werde.
Die Feste zur Feier des goldenen Regierungsjubiläums der Königin Victoria in England hatten außerordentlichen Umfang. Die eifrigsten Republikaner leugnen nicht, daß das englische Volk das Fest mit aufrichtiger Freude begrüßt. Die Königin Victoria hat sich während ihrer Regierung ungewöhnliche Popularität erworben. Es sind weder einzelne Charakterzüge noch hervorragende Thaten, welche diese der Herrscherin entgegen gebrachte Anhänglichkeit und Verehrung begründen. In ihrer selbstgewählten Zurückgezogenheit hatte sie kaum Gelegenheit und vielleicht auch nicht einmal den Wunsch strahlende Eigenschaften zu zeigen. Was alle Klassen an ihr rühmen, ist ihre Bescheidenheit und die strenge Ausübung ihrer constitutionellen Pflichten. Paart man damit noch die Tugenden, die sie als Mutter und Haupt einer zahlreichen Familie zieren, so hat man das Bild vollendet. Gerade solch' wenig leuchtende Eigenschaften haben die königliche Frau so volksthümlich gemacht.
London und das ganze britische Weltreich beging am Dienstag das 50jährige Regierungsjubiläum der Königin Victoria in großartigster Weise. An Stiftungen, öffentlichen Speisungen etc. war nirgends ein Mangel. Das alte graue London war glänzend ausgeputzt, die Straßen, welche vom Buckingham=Palast nach der Westminsterabtei führen, waren zu einem riesigen via triumphalis umgestaltet, die von Hunderttausenden besetzt war. Die Preise für Tribünen und Fensterplätze hatten eine ganz fabelhafte Höhe erreicht. Die Straßen waren durch Militär und Palasttruppen abgesperrt, an Polizei war in Hinblick auf die mannigfachen Attentatsgerüchte aufgeboten, was nur zur Stelle zu bringen war. Die Königin=Jubilarin empfing am Dienstag vormittag die Glückwünsche der überaus zahlreichen Fürstlichkeiten und die Jubiläumsgeschenke, die in unabsehbarer Masse aus Großbritannien und den Kolonien eingelaufen sind. Nur der Theil von Irland, in welchem die Patriotenliga die Gewalt hat, bewahrte eine eisige Zurückhaltung. Der Zug zur Westminsterabtei erfolgte von 11 Uhr ab in drei Abtheilungen. An der Spitze die indischen Fürsten und außereuropäischen Vertreter; dann folgten in 15 von Schimmeln gezogenen Staatswagen die europäischen fürstlichen Gäste und zum Schluß mit einem kolossalen Hofstaat, Palasttruppen, Herolden etc. die Königin, welcher unmitelbar voran die nächsten Verwandten fuhren. Vor der von 8 Pferden gezogenen Karosse, in welcher die Königin mit der deutschen Kronprinzessin und der Prinzessin von Wales saßen, ritten die Söhne und Schwiegersöhne der Königin, hinter derselben ihre Enkel und die übrigen englischen Prinzen. Den Schluß bildeten wieder Hofstaaten.
In der Westminsterabtei legte die Königin nach feierlichem Empfang Krone und Purpur an und nahm mit dem Scepter auf einem Throne Platz, um sie alle Fürstlichkeiten. In der Kirche waren alle Minister, Botschafter, die beiden Häuser des Parlaments, die Generale etc. anwesend, die hohen Staatswürdenträger mit den Emblemen der Monarchie nahmen vor der Königin Aufstellung. Die Feier bestand namentlich in einigen Gebeten für die Königin und die königliche Familie, dazwischen fanden Vorträge der Jubiläumshymnen, der Gesang der Nationalhymne, die Aufführung eines Festmarsches statt. Zu dem Gottesdienst hatten übrigens 300 katholische Peers durch Rücksendung ihrer Einlaßkarten das Erscheinen abgelehnt. Im übrigen ist der britische Enthusiasmus thurmhoch, die Begeisterung bei dem glänzenden Aufzuge kannte kein Ende. -Das große Jubiläumsgeschenk ihrer Kinder und Enkel, einen Tafelaufsatz, hatte die Königin schon am Montag entgegengenommen. Montag abend war glänzende Illumination, die Dienstag und Mittwoch fortgesetzt werden soll. Die Feier am Dienstag war vom prachtvollsten Wetter begünstigt.
In Aldershot, dem großen englischen Lager, hat am Donnerstag Nachmittag vor dem deutschen Kronprinzen, dem Kronprinzen von Schweden, den Prinzen Wilhelm und Heinrich von Preußen und

[ => Original lesen: 1887 Nr. 49 Seite 2]

dem Prinzen Ludwig von Battenberg eine Heerschau stattgefunden, wobei 12 000 Mann Infanterie, 2500 Mann Kavallerie und 50 Geschütze in Thätigkeit waren. Das Wetter war schön und die Truppen leisteten Gutes.
Auch die protestantischen Geistlichen in den russischen Ostseeprovinzen sollen, wie es scheint, russifizirt werden. Der Minister des Innern, Graf Tolstoi, hat den Gouverneur jener Provinzen aufgefordert, der protestantischen Geistlichkeit in Erinnerung zu bringen, daß sie nach den in Rußland geltenden Bestimmungen völlige Kenntniß der russischen Sprache nachweisen müsse. Es erscheint demnach nur als eine Frage der Zeit, jene Geistlichen, welche der russischen Sprache nicht mächtig sind, kurzer Hand auf Grund "der bestehenden Bestimmungen" aus ihren Aemtern zu entfernen.


- Schönberg. Am Sonntag, 26. dies. Mts., Nachmittags, ist der 10jährige Sohn des Webers O. hieselbst beim Angeln in einem Torfgraben ertrunken. Das weiche Ufer des Grabens soll unter dem Knaben gewichen und dieser in Folge dessen in das Wasser gestürzt sein; von den in der Nähe befindlichen Leuten hat Niemand von dem traurigen Vorfalle etwas gemerkt.
- Schönberg. Die Intendantur des Großherzoglichen Hoftheaters zu Schwerin beabsichtigt, bei genügender Betheiligung im Laufe der Saison 1887/88 ein Abonnement auf sechs Vorstellungen (4 größere Opern und 2 größere Schauspiele) für Auswärtige zu veranstalten. Die Vorstellungen werden an 6 Wochentagen während der Monate Oktober bis März stattfinden, so zeitig am Nachmittage ihren Anfang nehmen, daß die letzten fahrplanmäßigen Züge Abends von Schwerin benutzt werden können, und durch die Zeitungen bekannt gemacht werden. Es beträgt:

der Abonnements=Preis für die 6 Vorstellungen
Fremdenloge 18 M.
1. Rang 12 M.
Parquet, Parquetloge und Prosceniumsloge 2. Rang 10 M.
2. Rang, Balkon und Mitte   6 M.
2. Rang, Seite   5 M.
der Tagespreis dagegen
für 1 Oper: für 1 Schauspiel:
Fremdenloge 5,-- M. 4,50 M.
1 Rang 3,50 M. 3,-- M.
Parquet, Parquetloge und Prosceniumsloge 2. Rang 3,-- M. 2,25 M.
2. Rang Balkon u. Mitte 1,75 M. 1,25 M.
2. Rang Seite 1,25 M. 1,-- M.
Die Direktion der Mecklenb. Friedrich=Franz=Eisenbahngesellschaft hat in dankenswerther Weise einfache Fahrpreise für Hin= und Rückfahrt mit den fahrplanmäßigen Zügen bewilligt, so daß der Theaterbesuch den Auswärtigen in jeder Weise erleichtert wird. Im Anfange des Monats Juli wird die Anmeldung nach vorheriger Bekanntmachung entgegengenommen und im September die Aushändigung der Billets, welche nicht auf Namen lauten, gegen Zahlung (des Eintritts= und Fahrpreises) für die 6 Vorstellungen erfolgen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß, wenn noch Plätze nachbleiben, auch spätere Anmeldungen Berücksichtigung finden. Von dem Erfolge dieser Einrichtung in der kommenden Saison wird es abhängen, ob dieselbe zu einer dauernden und vielleicht auch ausgedehnteren zu machen ist.
- Als in den letzten Tagen Berliner Polizisten Nachts in ein Haus gerufen wurden, um einen Mann, der in Raserei gefallen war, in die Irrenanstalt abzuholen, lief ihnen im gleichen Haus ein bekannter Einbrecher, der, mit Schätzen beladen, es verlassen wollte, in die Hände. Der Irre wurde in die Anstalt, der Spitzbub in Nummero Sicher gebracht.
- Der rühmlichst bekannte große Verlagsbuchhändler Paul Parey in Berlin hat der Göttinger Universität 10 000 Mk. zu einer Stiftung überwiesen. Die Zinsen dieses Kapitals sollen dortigen Studierenden der Landwirthschaft zufließen. Außer dieser Spende hat Parey noch je ein Exemplar seines gesammten sehr bedeutenden Buchverlages der Universitätsbibliothek geschenkt.
- Die kombinierbaren Rundreisebillets erfahren jetzt abermals eine Erweiterung durch den Hinzutritt belgischer Eisenbahnlinien zu dem betreffenden Bahn=Uebereinkommen.
- Wie man aus Hirschberg in Schlesien berichtet, herrschte am Mittwoch abend im Riesengebirge bei heftigem Sturme so arges Schneetreiben, daß die Touristen den Abstieg nach dem Thale nicht wagen konnten. Im Thale hatte man bei anhaltendem Regenwetter in der vergangenen Nacht + 5 Grad R.
- Die zu Anfang dieser Woche in Umlauf befindliche Meldung, der Nordostseekanal solle breiter hergestellt werden, als er ursprünglich geplant gewesen, ist unbegründet. Es bleibt bei den bisherigen Abmachungen. Die Erdarbeiten werden aber nicht vor dem Herbst ihren Anfang nehmen.
- Im zoologischen Garten in Köln sind drei junge, kreuzfidele Seelöwen angekommen, die sich in ihrem schön hergerichteten Becken munter umhertummeln und die neugierigen Menschen gerade so mustern, wie sie gemustert werden. Sie kosteten 7000 Mk., ihr Behälter 12,000 Mk. und ihr Futter jährlich - Fische - 3000 Mk.
- In Augsburg hat sich der Spediteur Joseph Kraus, welcher im Jahre 1884 wegen betrügerischen Bankerotts und großen Betrügereien von ca. 70 000 Mk. flüchtete und steckbrieflich verfolgt wurde, nachdem er das ganze Geld ca. 40,000 Mk., das er mitnahm, durchgebracht hat, dem Gerichte freiwillig gestellt.
- Das Unglück bei Paks ist weit furchtbarer gewesen als man anfänglich angenommen hat. Es sollen gegen 300 Personen ertrunken sein. Pfarrer Spieß, der sich und ein kleines Kind gerettet hat, ist in der folgenden Nacht gestorben. Bis jetzt sind 160 Leichen aus dem Fluß gefischt, doch werden noch eben so viele vermißt. Der Besitzer der Fähre, der übrigens vor Ueberlastung derselben gewarnt hat, ist verhaftet worden. Zwei Frauen sind in Folge des Schrecks wahnsinnig geworden.


Anzeigen.

Steckbrief.

Gegen den Bürstenmacher Theodor Büsing aus Essen ist ein Haftbefehl vom Amtsgericht hierselbst erlassen.
Ich bitte um Verhaftung und Nachricht.
Schönberg i. Mecklenb., den 22. Juni 1887.

Der Amtsanwalt.
Müller.


Der von mir gegen den Frohnerknecht Adolph Seeck aus Königsberg und den Stellmachergesellen Wilhelm Klasen aus Gielow unterm 24. Mai 1887 erlassene Steckbrief wird hierdurch zurückgenommen.
Schönberg i. M., den 22. Juni 1887.

Der Amtsanwalt.
Müller.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Sonnabend, den 2. Juli d. Js., Morgens 9 Uhr sollen im Pfandlocal hieselbst

Mannskleidungsstücke, 2 P. Stiefeln, 1 Cilinderuhr mit Kette u. a. m.
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 27. Juni 1887.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Torf=Aukion.

Am Sonnabend, den 2. Juli d. Js., Morgens 9 Uhr, beabsichtige ich auf meinem am Roducheldorf=Lübsee'er Wege gelegenen Moore

circa 120 Mille Preßtorf

öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung zu verkaufen.
Roduchelsdorf, im Juni 1887.

                                                    P. Grevsmühl.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 49 Seite 3]

Bekanntmachung.

Am Mittwoch, den 29. d. Mts., von Morgens 9 Uhr an, werde ich im Boye'schen Gasthause die Nachlaßsachen der verstorbenen Wittwe Kelling öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkaufen.
Schönberg im Juni 1887.

                                                    Wilh. Lenschow als Vormund.


Torf=Auktion.

Am Sonnabend, den 9. Juli d. J., Morgens 9 Uhr werde ich

circa 90,000 Formtorf

öffentlich meistbietend verkaufen.
Kaufliebhaber wollen sich zur genannten Zeit bei mir einfinden.
Roduchelsdorf, den 28. Juni 1887.

                                                    P. Bockwoldt, Erbpächter.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist während des                                                    
Johannistermines
vom 24. Juni bis 1. Juli d. J.
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und
am Sonntag, den 26. Juni d. J.
von 6 bis 9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 15. Juni 1887.                                                    
                                                    Das Directorium.


Am Sonntag Nachmittag 6 Uhr starb plötzlich durch Unglücksfall unser lieber Sohn und Bruder Heinrich im Alter von 9 1/2 Jahren. Diese Traueranzeige zeigen allen Verwandten und Bekannten an die tiefbetrübten Eltern

                                                    Heinrich Oldörp und Frau.

Schönberg, den 27. Juni 1887.
Die Beerdigung findet am Dienstag Nachmittag 4 Uhr statt.


W. Planthaber.
Inventur=Ausverkauf vom 29. d. Mts. an.
Zum Verkauf gelangen unter anderen:
Mohair-Garn-Kleiderstoffe
60 cm breit, Mtr. 50 Pfennig,
Berliner Warp
57 cm. breit, Mtr. 40 Pfennig,
Bellcrêpes
55 cm. breit, Mtr. 55 Pfennig,
farbige und schwarze reinwollenen Saison-Stoffe und Roben,
Cattune, Mtr. 25 Pfennig,
Umhänge u. Regenmäntel
in soliden Stoffen à 7 M.
Der Restbestand in Sonnen-, Regen- und Touristen-Schirmen,
Sächsische Zwirn-Gardinen,
Leinen, Handtuch-Drelle und englische Tüllgardinen.
Roben knappen Maßes bedeutend unter Preis.


Zu dem am Sonntag, den 3. Juli d. J. bei mir stattfindenden

Concert und Ball

lade ich hiermit meine geehrten Freunde und Gönner ergebenst ein.

                                                    W. Creutzfeldt, Gastwirth.

Carlow, den 21. Juni 1887.


An den beiden Königschußtagen, 4. und 5. Juli d. J., wird der hiesige Geflügel=Züchter=Verein auf dem Festplatze eine

Geflügel-Ausstellung

abhalten und werden alle Freunde der Geflügelzucht, sowie die Mitglieder des Vereins freundlichst ersucht, dieselbe recht zahlreich zu beschicken.

Anmeldebogen liegen aus:                                                    
beim Herrn L. Spehr, Kaufmann,
beim Herrn W. Wieschendorf, Kaufmann,
beim Herrn W. Maass, Kaufmann.
beim Herrn F. Lundwall, Kaufmann.

und müssen die Anmeldungen bis zum 30. Juni incl. erfolgen.
An Standgeld wird erhoben:
      Für Gänse, Enten pro Stamm 50 Pfg.
      Für Hühner pro Stamm 50 Pfg.
      Für Taubem pro Paar 25 Pfg.

                                                    Der Vorstand.


Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 10. Juli cr.
2. Großes Garten-Concert
mit nachfolgendem Ball,
ausgeführt von der gesammten Capelle des Schweriner Jägerbataillons unter Leitung des Großherzoglichen Musikdirektors Herrn A. Reckling.
Anfang 5 Uhr.
Entree: Im Vorverkauf 50 Pfennig. An der Kasse 75 Pfennig.
Zu demselben ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Scheibenschießen
und Tanzmusik
am Sonntag, d. 3. u. Montag, d. 4. Juli 1887,
wozu ergebenst einladet                                                    
                                                    P. J. Lohse, Schlutup.
Schießbedarf wird geliefert.                                                    


Wichtig für Damen!

Von meinen rühmlichst bekannten Wollschweißblättern ohne Unterlage, die nie Flecken in den Taillen der Kleider entstehen lassen, hält für Schönberg und Umgegend in bester Güte allein auf Lager:
Herr Wilh. Oldenburg. Preis per Paar 50 Pfennig, 3 Paare 1 M. 40 Pfennig. Wiederverkäufern Rabatt.
Frankfurt a./O. im Juni 1887.

                                                    Robert v. Stephani.


Einige Sack guten                                                    
schweren Probsteier=Hafer,
sowie gutes, vorjähriges                                                    
Vormahts=Heu
ist zu verkaufen vom Kammer=Executor Studier.
Schönberg, den 25. Juni 1887.                                                    


Am Freitag, den 24. Juni ist mir ein rothes Kalb mit etwas weiß und dem die rechte Ohrspitze abgeschnitten ist, von meiner Koppel entlaufen. Es wird gebeten, dasselbe anzuhalten und sich bei mir gegen gute Belohnung zu melden.

                                                    H. Mette. Schulze.

Palingen, den 26. Juni 1887.


Habe ca. 4 Fuder                                                    
gutes Heu
zu verkaufen, 2 Fuder werden dieser Tage trocken.
                                                    J. P. Hinzelmann.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 49 Seite 4]

          Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntniß, daß unser diesjähriger

Königschuß

am 4. und 5. Juli abgehalten wird.
          Loose zu der am 2. Königschußtage erfolgenden Ziehung der Tombola sind schon jetzt zum Preise von à 30 Pfennigen zu haben.
          Schönberg, im Mai 1887.

Der Vorstand der Schützenzunft.
C. Schultze.         F. Baer.         J. Greiff.

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Programm.

Zur Vorfeier am Sonntag Nachmittag die üblichen Ständchen. Abends Zapfenstreich.
Montag, den 4. Juli, Morgens 5 Uhr: Reveille durch die Stadt; um 1/2 7 Uhr Antreten der Schützen auf dem Markte. Nach Abholung der Fahnen und des Schützenkönigs Einweihung der 2. Compagnie=Fahne. Ausmarsch. Nach Ankunft im Schützenhause Beginn des Schießens nach der Königsscheibe und den beiden Gewinnscheiben. Frühstück bei Tafelmusik. Von 4 Uhr Nachmittags bis zum Einmarsch Harmonie=Musik im Schützenhause.
Dienstag, den 5. Juli, Ausmarsch, Schießen, Harmonie wie am Montag, Nachmittags 4 Uhr

Ziehung der Tombola.

Abends Festball für Stadt= und Landbewohner im Schützenhause gegen Entree für Herren M. 1,50 Damen M. 0,50.
Mittwoch, den 6. Juli, Abends von 1/2 8 Uhr an im Schützenhause freier Schützenball, nur für Ehren= und Zunftmitglieder, welche als Legitimation die betreffende Medaille mit Schleife zu tragen haben.


Fortsetzung
des großen billigen Ausverkaufs
der bei der Inventur zurückgesetzten Waaren:
Kleiderstoffe, Cattune und alle Reste
enorm billig!
                                                    Gebr. Burchard.


Beste
Gußstahlsensen
empfiehlt unter Garantie zu sehr billigen Preisen
                                                    Aug. Spehr.


Ganz aus bestem englischen Gußstahl

gearbeitete Sensen, das Beste, was es in dieser Waare giebt, empfehle unter jeder möglichen Garantie.

Schönberg i./M.                                                     J. Oldenburg,
                                                                                   Schmiedemeister.


Sensen,
jedes Stück unter Garantie,                                                    
Sensenstreicher, Holzharken,
empfiehlt                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Putzleder,
für Gold= und Silbersachen,
Möbeln, Wagen und Fenstern,
schon von 30 Pf. an stets zu haben in Schönberg bei
                                                    Emil Jannicke,
Handschuhmacher.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 49 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 48 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 28. Juni 1887.


- Ein Geschenk der Kaiserin Augusta für Dr. Mackenzie. Der "Weserzeitung" entnehmen wir folgende Notiz: Auf Befehl der Kaiserin Augusta wurde der eingerichtete Reisesack des Dr. Mackenzie verpackt und an die Londoner Adresse des berühmten Arztes geschickt: anstelle des Etuis ward eine wunderbare Reisetasche gelegt; die Büchsen und Schalen sind sämmtlich aus hellem Krystall, die Montirung ist in Gold und als Verzierung trägt jeder Deckel ein Porträt eines Mitgliedes der kaiserlichen Familie. An der Außenseite hat die Tasche ein ciselirtes Schild mit der Inschrift: "Kaiserin Augusta dem berühmten Arzt ihres Sohnes."
- Der Fürwitz ist dieser Tage in Kiel und Chemnitz wieder einmal schlimm bestraft worden. In Kiel hatte ein Matrose heimlich eine Granate mit in die Kaserne genommen, um sie zu öffnen und nachzusehen, wie es in ihrem Innern eigentlich ausschaue. Als er an dem Ding herumschraubte, explodirte es und verwundete ihn und mehrere andere Matrosen schwer.
- Auf dem Schützenfestplatz in Frankfurt ist über dem Büffet das Trinksprüchlein zu lesen:
               Der Schöpfer setzte Mann und Weib
             E richtig Lewer in den Leib
             Und obe druff e Gorgelrohr,
             Mer habe Dorscht, wer kann dafor.
- Wein= und Bierproben in Paris. Im Monat Mai hat die städtische Untersuchungsanstalt unter 698 Weinproben 322 gute gefunden, unter 196 Bierproben aber waren nur 10 mit Salicylsäure versetzt. Die verhältnißmäßig zahlreichen Bierproben sind den Bemühungen der Patrioten zu verdanken, welche das deutsche Bier in Verruf bringen wollen und deshalb viele Untersuchungen anstellen lassen. Diese Ziffern aber haben eine entgegengesetzte Wirkung, sie gereichen dem deutschen Bier zur Empfehlung.
- Der Rosenfreund sucht jetzt mit Ablesen, Bespritzen u. s. w. die in diesem Jahr sehr stark an den Rosenknospen auftretenden Blattläuse zu vernichten. Dieselben beeinträchtigen nicht nur das Wachsthum der Rote, sondern verleiden manchen Personen ganz und gar den Genuß an der herrlichen Blume. Auf einen Bundesgenossen im Vertilgungskrieg gegen die häßlichen Läuse möchte ich Neulinge in der Rosenliebhaberei aufmerksam machen. Es ist dieses die Made der Syrphide zu Deutsch Schwebfliege, welche man jetzt häufig an den mit Blattläusen behafteten Rosenstöcken findet. Dieselbe nährt sich nur von diesen lästigen Läusen und hat in wenigen Tagen einen ganzen Rosenstock gereinigt. Auch solche, die ich auf einem blattlausfreien Stock fand und nun auf einem mit Läusen behafteten Stock übertrug, besorgten hier das Geschäft gewissenhaft; in einigen Tagen waren nur die ausgesaugten Bälge der Läuse zu sehen. Leider wird aus Unkenntniß diese Made für eine Raupe gehalten und bei Entdeckung sofort getödtet. Um Rosenfreunde vor solch' schnödem Undank zu bewahren, lasse ich die hervorstechendsten Merkmale folgen: Ihre Länge beträgt ungefähr 20 Millimeter. Die Farbe ist blaßgrün. Mit Fleischwarzen am Unterkörper hält sie sich fest. Die Made hat in der Ruhe die Gestalt eines Ovals, streckt aber beim Aussaugen der Läuse den Körper sehr spitz vor und unterscheidet sich namentlich hierdurch von einer ihr ähnlichen grünen Raupe.
- Eine Mutter, wie sie nur selten vorkommt. Die Frau Lackirer Katharina Swoboda, geb. v. d. Lehr, war am Montag vor die dritte Strafkammer des Landgerichts I. in Berlin geladen worden. Vor ihrer Ehe hatte sie von einem andern Mann ein Töchterchen "Eva" gehabt. Das Kind war nach Potsdam in die Pflege gegeben, allein nach ihrer Verheirathung nahm es Frau Swoboda in ihr Haus auf, um das Pflegegeld zu ersparen, da ihr Mann nichts dagegen hatte. Wenn das Kind auch an englischer Krankheit litt, so war es doch sonst munter und die Hausgenossen bewunderten die rothen Bäckchen, welche die kleine, etwas über zwei Jahr alte Eva zur Schau trug. Allein von Woche zu Woche erblaßten dieselben mehr und mehr, das Kind wurde hinfälliger, erkrankte an verschiedenen Krankheiten und befindet sich jetzt, da es drei Jahre alt geworden ist, in dem elendsten Zustand in der Charité. Dafür wird nun die Angeklagte verantwortlich gemacht, der man es nicht zutrauen würde, wenn nicht von verschiedenen Zeugen, unter denen ihre Schwiegermutter und der Arzt Dr. Bergius, der das unglückliche Kind untersucht hat, erwiesen wurde, wie es behandelt ist. Es war der Mutter, einer kleinen schwächlichen Frau, überall im Wege und so faßte sie den Plan, es zu beseitigen und zwar durch Hunger. Es wurde durch die Beweisaufnahme festgestellt, daß das Kind früh eine Tasse kalten, schwarzen Kaffee mit einem Stückchen vertrockneten Brodes, Mittags eine Unterlasse voll Kartoffeln und Abends bisweilen noch ein Stückchen vertrockneten Brodes meist aber nichts erhielt. Das Kind klagte oft über Hunger und suchte sich aus den Kohlen und dem Kehricht Wurst= und Kartoffelschalen und anderen Abfall. Sah dies seine Mutter, so riß sie ihm das Gefundene aus der Hand und schlug es noch obenein mit der umgekehrten Hand in das Gesicht, wobei sie öfters äußerte: "Wenn es doch nur einmal aus dem Fenster fiele!" Die Mutter gab dem Kinde auch kein Bett; es mußte auf zwei harten Säcken ruhen; auch wurde es von ihr nie gereinigt, so daß es kein Mensch in seiner Nähe aushalten konnte. Der Vater und andere Personen erbarmten sich wohl des armen Geschöpfes, wuschen es und steckten ihm Speise zu, die es dann gierig verschlang; jedoch nur, wenn es die Mutter nicht sah, sonst zankte diese und ließ es die Kleine entgelten. Einmal nahm die Mutter sie her, steckte sie in einen Eimer eiskalten Wassers, weil sich das Kind verunreinigt hatte; auch knebelte sie ihm Nachts die krummen Beine zusammen, angeblich um sie gerade zu machen. Die Nachbarn konnten diese Behandlung nicht länger mit ansehen und erstatteten Anzeige. Staatsanwalt Dr. Höpner erklärte, daß man der Angeklagten mit der Bezeichnung "Rabenmutter" eigentlich noch eine Ehre anthäte, sie sei nicht besser als eine Mörderin. Er beantragte eine Gefängnißstrafe von drei Jahren, worauf der Gerichtshof auch erkannte. Die Angeklagte wurde nicht gleich in der Haft behalten, da sie ihr kleines eheliche Kind bei sich hatte, welches durch sein Geschrei mehrfach die Verhandlung störte.
- Das Herz auf der rechten Seite, also auf dem falschen Fleck, hat der bekannte Kliniker Professor Schrötter in Wien bei einem 22jährigen Patienten gefunden, und zwar ist diese unregelmäßige Lage in diesem Fall nicht durch eine Erkrankung der Brusteingeweide hervorgerufen, sondern angeboren, ein Fall, der bisher in der Geschichte der leidenden Menschheit noch nicht festgestellt worden ist. Daß man es hier mit einem krankhaften Zustand zu thun habe, ist deswegen ausgeschlossen, weil die Herzthätigkeit ganz regelmäßig ist.
- Aus der Umgebung der geisteskranken Kaiserin Charlotte in Schloß Bouchot, der Gattin des in Mexiko hingerichteten Kaisers Maximilian, wird der folgende Vorfall gemeldet: Zur Zerstreuung der hohen Patientin, die sehr gern Musik hört, wurde schon vor einigen Monaten eine Musiklehrerin, Namens Hartington, engagirt; diese hatte die Aufgabe, jeden Tag durch mehrere Stunden der Kaiserin vorzuspielen. Am 3. Juni nun glaubte die Lehrerin zu bemerken, daß die Kaiserin besonders apathisch sei, und um die Aufmerksamkeit zu steigern,

[ => Original lesen: 1887 Nr. 49 Seite 6]

kam die Dame auf den seltenen Einfall, die mexikanische Volkshymne zu spielen. Gleich nach den ersten Tönen erhob sich die Kaiserin geisterbleich, sie trat immer näher an den Flügel heran, und als die Schlußkadenz erklang, sank sie mit dem markerschütternden Schrei "Maximilian!" in Krämpfen zu Boden. Am Hof ist man so erbittert über die Kühnheit des Fräuleins, daß man dasselbe gerichtlich zu verfolgen gedenkt. Die Kaiserin, die sonst keinen Eindruck lange zu behalten vermag, blieb auch noch am nächsten Morgen verstört und weigerte sich, das Frühstück zu berühren.
- Einer der "hervorragendsten" Theilnehmer am 50jährigen Jubiläum der Königin Victoria ist entschieden der ungeheuere Festkuchen, der zu diesem Fest besonders angefertigt worden ist. Der Schöpfer dieser kolossalen Magenweide ist Mr. Gunter in Berkeley=Square in London. Schon vor Monaten hatte diese alte Firma von der Königin die Erlaubniß erbeten, ihr zu dem Fest den unerläßlichen Kuchen verehren zu dürfen, der zugleich getreu Demjenigen nachgebildet wurde, welchen dieselbe Firma vor einem halben Jahrhundert zur Krönung der Königin Victoria angefertigt hatte. Zur Planung dieses ungeheueren Backwerks mußte ein eigener Bau errichtet werden, und es ruht jetzt im Festsaal im Buckingham=Palast auf einer Art Carreau, das mit scharlachrothem Peluche überzogen ist. Der Kuchen hat neun Fuß sechs Zoll im Umfang, ist zehn Fuß hoch und wiegt, die Decoration, die ihn umrahmt, abgerechnet, eine Viertel Tonne. Die Architektur des Kuchens zeigt die englische Königskrone, von Löwen bewacht; das Ganze, überragt von einem Tempel, der die allegorischen Figuren der Fama und des Ruhmes trägt. Beide Göttinnen sind mit Posaunen versehen, zum Zeichen, daß sie den Ruhm des Festes nach allen Weltgegenden verkünden. Auch dieser Tempel ist noch weiter überbaut mit einem zweiten Tempel, der von der beschwingten Gestalt des Friedens gekrönt ist. Dieser Friedensengel hält die Krone des Reiches empor. Die Unterlage des Monstrekuchens ist, mit Gold auf weißem Atlas verziert, in Felder eingetheilt, deren jedes das königliche Monogramm zeigt und auf jedes dieser Monogramme ist ein Goldwerth von drei Guineen verwendet. Zwischen diesen Feldern befinden sich in Relief die fünf Welttheile dargestellt, weiter sind da die Medaillons der Königin und ihres verstorbenen Gemahls angebracht. Weitere Medaillons tragen die Namen der einzelnen Länder, aus denen sich das englische Weltreich zusammensetzt.
- Sollen wir kalt oder warm essen und trinken? Ueber die Schädlichkeit des Genusses heißer Speisen und Getränke veröffentlicht Dr. Glaser im "Journal für öffentliche Gesundheitspflege" einen Aufsatz, der viel Beherzigenswerthes enthält. Es ist nicht zu glauben, wie hartnäckig Hausfrau und Köchin gerade an dem Unfug, die Erzeugnisse des häuslichen Herdes nur in heißem Zustand kauen und verschlingen zu lassen, mehr als an allen übrigen Kochsünden festhalten; das Auftischen der Speisen in Halbglut ist zu einem Küchenlaster geworden. Die nächste unmittelbare Wirkung dieser abscheulichen Küchenplage, des Feueressens, ist das moderne allgemeine Zahnelend mit all' seinen gesundheitsschädlichen Folgen. Das Heer der Zahnärzte stützt sein Dasein in erster Reihe auf den Unfug der Köchinnen, Speise und Trank in einer Temperatur von 50-70 Grad Celsius aufzutischen. Man sucht noch immer nach einer Erklärung, warum die Zähne des Oberkiefers in der Regel früher zu Grunde gehen, als die des Unterkiefers; man vermuthet die Ursache u. a. in den chemischen Eigenschaften, namentlich aber in der schützenden Beschaffenheit des mehr im Unterkieferbecken sich aufhaltenden Speichels. Aber wir brauchen nur einen frisch geschnappten heißen Bissen in der Mundhöhle zu verfolgen, um gleich einzusehen, daß die Zerstörung des Zahnschmelzes hauptsächlich am Oberkiefer ein mechanischer Sprengvorgang ist, hervorgebracht durch natürliche Temperaturgegensätze innerhalb der Mundhöhle. Der heiße Bissen wird zunächst auf dem Zungenrücken durch ein unwillkürliches Schnalzen und Zittern der Zungenmuskeln, welche hierin mit der Zeit eine unglaubliche Fertigkeit erlangen, hin und her geworfen, dabei stößt er, wie die Billardkugel am Randpolster, an den Zähnen des Oberkiefers an und ab. Die nächste Folge ist, daß die oberen Zähne die ersten sind, welche zerklüftet werden, und zwar an ihren inneren, der Mundhöhle zugekehrten Kanten. Gleichwie in Glashütten eine punktförmige leise Berührung eines Glascylinders mit einem Sprengbolzen im Nu die ganze Walze spaltet, gerade so muß die heiße Kost einer unvernünftigen Hausfrau schon durch vorübergehende Berührung der Zahnoberfläche den Zahnschmelz immer mehr zerklüften und für das Eindringen und Nachdringen schmelzfeindlicher Flüssigkeiten, wie Zucker, Säuren etc. aufschließen. Aus diesen Andeutungen über Gesundheitsverwüstungen, welche durch heiße Speisen und Getränke angerichtet werden, ziehen wir die Lehre: Schenken wir unseren Hausfrauen und Köchinnen, wenn wir sie anders nicht von der heißen Kost abbringen können, zu Weihnachten für die Küche ein Suppen= oder Kaffee=Thermometer, damit sie die Speisen und Getränke, ehe sie auf den Tisch kommen, auf den zuträglichen Wärmegrad abstimmen. Steinalt gewordene Menschen pflegen zu bekennen, daß sie nie im Leben heiß gegessen und getrunken haben.
- Die Heirathsaussichten für das weibliche Geschlecht in den deutschen Staaten bezw. preußischen Provinzen mindern sich mit der Zunahme des numerischen Uebergewichts der weiblichen Bevölkerung über die männliche. In allen deutschen Staaten ist der weibliche Bevölkerungsantheil überwiegend. Am wenigsten ist dieses der Fall im Herzogthum Braunschweig, woselbst sich beide Geschlechter fast das Gleichgewicht halten. Es kommen dort auf 1000 männliche Individuen 1000,55 weibliche. In den anderen deutschen Staaten ist das numerische Verhältniß zwischen den männlichen und den weiblichen Einwohnern folgendes: in Schaumburg=Lippe 1000 : 1004,20, in Hessen 1000 : 1019,27, in Oldenburg 1000 : 1020,27, in Anhalt 1000 : 1022,94, in Mecklenburg=Schwerin 1000 : 1023,46, in Lippe 1000 : 1027,31, in Elsaß=Lothringen 1000 : 1028,29, in Preußen 1000 : 1038,24, in Mecklenburg=Strelitz 1000 : 1044,80, in Sachsen=Meiningen 1000 : 1045,33, in Reuß ä. L. 1000 : 1047,24, in Baden 1000 : 1047,54, in Schwarzburg=Sondershausen 1000 : 1049,95, in Reuß j. L. 1000 : 1050,12, in Hamburg 1000:1051,07, in Bayern 1000 : 1053,70, in Sachsen=Altenburg 1000 : 1054,93, in Schwarzburg=Rudolstadt 1000 : 1058,16, in Sachsen 1000 : 1063,01, in Sachsen=Weimar 1000 : 1065,49, in Lübeck 1000 : 1069,56, in Württemberg 1000 : 1076,57, in Sachsen=Koburg=Gotha 1000 : 1081,30,
in Bremen 1000 : 1084,18, in Waldeck 1000 : 1100,08, überhaupt im Deutschen Reich 1000 : 1043,10. Verhältnißmäßig haben demnach unter den deutschen Jungfrauen die Braunschweigerinnen die meisten, die Waldeckerinnen die wenigsten Heirathsaussichten. Von den preußischen Provinzen haben Westfalen, Schleswig=Holstein und Rheinland mehr männliche als weibliche Einwohner, während in den übrigen Provinzen das Umgekehrte Platz greift. Das numerische Verhältniß zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht ist folgendes: in Westfalen 1036,48 : 1000, in Schleswig=Holstein 1005,22 : 1000, in Rheinland 1002,16 : 1000, in Hannover 1000 : 1002,97, in Sachsen 1000 : 1020,09, in Brandenburg 1000 : 1025,43, in Pommern 1000 : 1041,64, in Westpreußen 1000 : 1046,65, in Hessen=Nassau 1000 : 1058,52, in Posen 1000 : 1079,64, in Berlin 1000 : 1081,55, in Ostpreußen 1000 : 1091,19, in Hohenzollern 1000 : 1096,14 und Schlesien 1000 : 1106,25. Mithin haben nicht nur in Preußen, sondern im ganzen Deutschen Reich die Töchter der rothen Erde verhältnißmäßig die meisten Aussichten unter die Haube zu kommen, über den Schlesierinnen hängt dagegen am gefahrdrohendsten das Damoklesschwert des Altjungfernthums.


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