No. 51
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. Juli
1887
siebenundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1887 Nr. 51 Seite 1]

Aus Gastein erhalten Wiener Blätter die bestimmte Meldung, daß bei dem Inhaber des Badeschlosses, Herrn Waißmayer, die Appartements für den Kaiser Wilhelm bestellt worden sind. Nach den jetzigen Dispositionen soll Kaiser Wilhelm am 28. Juli in Gastein eintreffen.
In Bonn traf am Donnerstag Prinz Wilhelm aus Preußen ein, um dem 60jährigen Stiftungsfeste des Korps Borussia beizuwohnen. Die Frau Prinzessin reiste mit dem ältesten Prinzen nach Koblenz zum Besuch der Kaiserin weiter.
Die neue deutsche Reichsanleihe beträgt 100 Millionen Mark und ist mit jährlich 3 1/2 % vom Hundert am 1. Januar und 1. Juli zu verzinsen. Der Subcriptionspreis wird auf 99 Mark festgestellt, die Zeichnungen finden gleichzeitig am 5. Juli statt.
Der Friede Europas hat seit manchem Jahr auf dem festen Bündniß Deutschlands mit Oesterreichs geruht, wie nach der Sage die Erde auf den Schultern des Riesen Atlas. In diesen Tagen hat das Bündniß eine Sicherung und Stärkung erfahren durch die stürmischen Wahlen in Ungarn. Minister Tisza ist mit sehr großer Mehrzahl wiedergewählt worden und sitzt nun 5 Jahre lang fest im Sattel. Er ist ein eifriger und einflußreicher Parteigänger des deutschen Bündnisses, das er für die Ruhe und das Wohl beider Reiche für unbedingt nothwendig hält, und das ist um so wichtiger als es in den beiden Reichshälften Oesterreichs auch gewichtige Gegner und verschämte und unverschämte Schwärmer für die Franzosen giebt.
Der Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuches ist fertig, die Kommission, welcher die Ausarbeitung übertragen worden ist, hat ihre Arbeiten zum Abschluß gebracht. Gegenwärtig ist die Kommission beschäftigt, dessen Fertigstellung aber in etwa acht Tagen ebenfalls zu erwarten steht, worauf der Vorsitzende und die Mitglieder in die Ferien gehen werden. In letzterer Zeit hat die Kommission sich eifrig und anstrengend mit dem letzten, dem fünften Theil des Gesetzbuches beschäftigt. Dieser betrifft das Erbrecht, welches vom bayerischen Ober=Landesgerichtspräsidenten Dr. v. Schmitt redigirt worden ist. Die Beendigung der ersten Lesung des bürgerlichen Gesetzbuches wäre schon einige Wochen früher erfolgt, wenn nicht Meinungsverschiedenheiten in Sachen des Erbrechts und des internationalen Rechts hervorgetreten wären. Der Gesammtentwurf dürfte, wie es heißt, nunmehr der öffentlichen Kritik unterbreitet werden. In welcher Form dies geschehen wird, soll noch unentschieden sein. Die Kommission wird ihre Ferien Anfangs September beenden und dann die Ausarbeitung des Einführungsgesetzes für die einzelnen Länder, Landschaften und Rechtsgebiete vornehmen.
Der Mobilmachungsversuch in Frankreich wird immer theuerer und die Radikalen, die sonst keine Freunde des Militärs zu sein pflegen, tragen die Schuld daran. Das ist der Humor an der Sache. Sie haben dem neuen Kriegsminister vorgeworfen, er lasse die Pläne Boulangers fallen, obschon dieselben sammt und sonders das Beste seien, was man sich denken könne. Jetzt hat General Ferron der Budget=Kommission erklärt, er brauche zu der Mobilisirung seines Armeekorps mindestens 8 Millionen. Boulanger wollte es für 7 Millionen thun.
Es ist hohe Zeit gewesen, daß General Boulanger ad acta gelegt worden ist. Er hat, wie immer glaubwürdiger berichtet wird, viel, sehr viel vorgehabt, er scheint sogar allen Ernstes an die Möglichkeit eines "Kaisers Boulanger I." gedacht zu haben. Von einem zuverlässigen Gewährsmann geht der "Kölnischen Zeitung" aus Paris jetzt folgende Mittheilung zu: Ein mit Persönlichkeiten aus der Petersburger Gesellschaft in nahen Beziehungen stehender französischer Offizier hat sich zu diesen über General Boulanger geäußert. Demnach stände es außer allem Zweifel, daß der ehemalige Kriegsminister einen Staatsstreich, der ihn an die Spitze der Regierung bringen sollte, beabsichtigt habe. Er habe, kurze Zeit vor seinem Sturz, nächtliche Truppenübungen angeordnet, worüber damals auch die Zeitungen berichteten. Bei einer solchen nächtlichen Truppenübung sollte der Staatsstreich erfolgen. Aber General Saussier, der Gouverneur von Paris kam hinter diesen Plan und verbot noch in letzter Stunde das Ausrücken der Truppen, so daß auch wirklich nur ein Bataillon ausrückte. Alle Beweise für jenen geplanten Staatsstreich befinden sich in Händen der französischen Regierung, und dies ist auch der Grund, warum Boulanger sich jetzt so ruhig verhält und so sang= und klanglos von der Bühne abgetreten ist. Boulanger ist übrigens zum Kommandeur des XIII. Armeekorps in Clermon.=Ferrand ernannt worden. Der bisherige Kommandeur dieses Korps hat das Korps in Toulouse, das anfangs Boulanger zugedacht war, erhalten.
Die 50jährigen Jubelfeiern haben's so an sich, daß Mancher im Stillen an den Nachfolger denkt. Königin Viktoria soll sogar hie und da laut daran gedacht haben, dem Prinzen von Wales die Krone zu übergeben, doch will sie sich's noch drei Monate überlegen.
Ueber das Befinden der Herzogin von Cumberland erzählen englische Blätter was folgt: Der König von Dänemark, welcher einem Diner im Malborough=House zu London beigewohnt hat, wurde daselbst von den hohen Gästen in dringendster Weise um das Befinden seiner Tochter, der Herzogin von Cumberland, befragt. Statt aller Antwort zeigte der König einen Brief der Patientin vor. Die Herzogin schreibt ihrem Vater, daß sie endlich eine Wohnung gefunden habe, in der sie sich wohl fühle; sie sei vor Lärm geschützt und begegne auch nicht auf der Treppe so vielen Dienern, von denen sie befürchten müsse, daß einer oder der andere die Absicht habe, sie zu ermorden. Die Herzogin meint weiter, daß sie einen schönen Roman schreiben werde und diesen dann in Indien erscheinen lassen wolle. Thränenden Auges fügte der König bei: "Sie sehen es also, daß meine arme

[ => Original lesen: 1887 Nr. 51 Seite 2]

Thyra noch immer als verstörter Geist umherwandelt."
Nicht weniger als 21 Nihilisten sind in letzter Zeit wegen der verschiedensten Verbrechen in St. Petersburg verurtheilt worden. Ueber 15 wurde die Todesstrafe verhängt, doch milderte der Adjunkt des Militäroberkommandanten die Strafen in lebenslängliche Verbannung mit Zwangsarbeit oder in einfache Verschickung nach Sibirien herab. 4 andere schon früher verurtheilte Nihilisten wurden kürzlich gehenkt. Trotzdem behauptet die Petersburger Polizei, daß die Nihilisten wieder sehr thätig seien, namentlich in der Verbreitung von Schriftstücken und in der Sammlung von Geld "für milde Zwecke." Nihilistische Schriften sind in letzter Zeit viel in Cigarettenpäckchen verbreitet worden, weshalb die Polizei den Cigarettenfabrikanten unter Androhung schwerer Strafen die größte Vorsicht empfohlen und den Verkauf aller nicht ausdrücklich gestatteter Cigaretten verboten hat.
In der Hauptstadt Rußlands hat am Dienstag wieder der Henker seines traurigen Amtes gewaltet: vier der im letzten Prozeß verurtheilten Nihilisten sind gehängt worden. Voraussichtlich werden nun wieder die Nihilisten die Antwort in Form eines Attentats geben.
Nihilistische Schriften sind denn auch in letzter Zeit viel in Zigarettenpäckchen verbreitet worden, weshalb die Polizei den Zigarettenfabrikanten unter Androhung schwerer Strafen die größte Vorsicht empfohlen und den Verkauf aller nicht ausdrücklich gestatteten Zigaretten verboten hat.
- Neustrelitz. Am 28. Juni starb in Rostock der Landessteuerdirektor Georg von Oertzen. Derselbe war ein Sohn des früheren Staatsministers August von Oertzen, besuchte das hiesige Gymnasium und studirte Jurisprudenz. 1848 zum Kammerjunker und 1851 zum Assessor c. v. beim früheren Justizamte der Landvogtei in Schönberg ernannt, wurde ihm 1854 die Kammerherrnwürde verliehen. Im Jahre vorher war er zum Großherzoglichen Amtsrichter bei dem damaligen Stadtgericht zu Friedland ernannt worden, welches Amt er bis zu seiner Berufung als Kammerrath in das Großherzogliche Kammer= und Forstcollegium im Jahre 1859 mit größter Pflichttreue verwaltete. 1871 verlieh Se. Königliche Hoheit der Großherzog dem Verblichenen das Ritterkreuz des Hausordens der Wendischen Krone; zuvor war ihm vom Könige von Dänemark das Ritterkreuz 2. Klasse des Danebrog=Ordens verliehen. 1885 wurde er zum Landessteuerdirector gewählt.


- Neustrelitz, 29. Juni. Nach den über die diesjährigen Herbstübungen der Truppen des IX. Armeekorps getroffenen Dispositionen werden auch einige Theile des hiesigen Großherzogthums davon berührt. Besonders sollen die Regimentsübungen des Grenadierregiments Nr. 89 bei Mildenitz, südlich der von Woldegk nach Strasburg führenden Chaussee, die Regimentsübungen des Füsilierregiments Nr. 90 und die Brigadeübungen der 34. Infanteriebrigade bei Neubrandenburg südlich von der Chaussee nach Küssow stattfinden. Für die Regimentsübungen des Infanterieregiments Nr. 76 ist die Palinger Haide im Fürstenthum Ratzeburg in Aussicht genommen. Außerdem werden nach Beendigung des in der Gegend von Gransee stattfindenden Corpsmanövers des Gardecorps einige hiesige Grenz=Ortschaften mit berittenen Truppen belegt werden, namentlich Dannenwalde, Granzow, Buchholz, Tornow mit Ringsleben, Barsdorf und Blumenow.
- Prozesse Cohn contra Verleger. Die Einzelnheiten sind wohl allgemein bekannt; es handelt sich um die "Beleidigung" eines Hamburger Lotteriecollecteurs Cohn, über dessen angebliche Verurtheilung wegen Gewinnlistenfälschung fast sämmtliche deutsche Zeitungen berichteten. Die Nachricht war falsch und 276 deutsche Redakteure (gegen soviel hat C. Klage gestellt) zierten die Anklagebänke der Gerichte. Eine sehr kleine Anzahl der Beklagten ging nämlich auf die ihnen von Hamburg aus dargereichte Versöhnung gegen Baargeld ein, die anderen Redakteure aber erlitten vor den Gerichten eine ganz verschiedenartige Behandlung. Verurtheilt wurden alle, doch schwankte der Urtheilssatz zwischen 300 Mark und 3 Mark!! C. hatte anfänglich durch seine Rechtsanwälte auch noch Antrag auf Zuerkennung einer an ihn zu entrichtenden Geldbuße verlangt, diese Anträge aber, nachdem sie, in Bayern wenigstens, überall zurückgewiesen worden waren, endlich fallen lassen. Wie wir vor Kurzem erfahren, sollen die zahlreichen Prozesse jetzt ein Ende genommen haben, indem Herr Cohn sämmtliche Beleidigungsklagen zurückgezogen haben soll und zwar, weil ermittelt worden war, daß ein Casseler Blatt die erste Nachricht gebracht hatte. - Die Anklage von 276 Zeitungen war ein Ereigniß, wie es bis jetzt noch nicht vorgekommen ist. Die so verschieden ausgefallenen Urtheile beweisen, wie sehr verschieden die Gerichte ihr Urtheil fällen: so wurden z. B. die Bayerischen Blätter zu Mk. 3 und ein Frankfurter Lokalblatt für den gleichen Abdruck zu Mk. 300 verurtheilt.
- Die deutsche Torpedoflottille, welche dem Kronprinzen das Ehrengeleite nach England gegeben hatte, hat bei den englischen Marineoffizieren großes Interesse erregt. Das schneidige Aussehen und Auftreten der Mannschaften, die Schnelligkeit und Sicherheit der ausgeführten Bewegungen fand allgemeine Anerkennung. Die englischen Zeitungen machen mit Recht darauf aufmerksam, daß in der deutschen Marine der Dienst auf den Torpedobooten, für den die Mannschaften besonders ausgebildet werden, von dem Dienst auf den Kriegsschiffen geschieden ist, was in England nicht der Fall ist. Deutschland besitzt augenblicklich 59, Frankreich 57 und England 61 Torpedoboote.
- Am Kurbrunnen zu Ems waren die Trinkgläser eines Franzosen und eines Deutschen vertauscht worden. Als der Franzose den Irrthum bemerkte, zerschmetterte er sein Glas auf den Steinplatten der Trinkhalle. Hoffentlich hat ihm der Deutsche dafür eine - gegeben.
- Der Warnung der Kölner und der Berliner Kreuz=Zeitung schließt sich jetzt auch die Berliner "Post" an. Zar Alexander und sein Minister Giers kämpfen einen schweren Kampf mit den Feinden Deutschlands in Rußland, die zu einem Krieg hetzen, und wenn Zar und Minister unterliegen sollten, dann wird Rußland, wie es jetzt schon die Deutschen in Rußland schwer verfolgt und ihres Eigenthums beraubt, vor einem Bankerott nicht zurückschrecken. Dieser Bankerott würde hauptsächlich Deutschland treffen, in welchem Milliarden russischer Papiere untergebracht sind. Die "Post" schließt ihre Warnung: "Der moralische Schwerpunkt Rußlands ist heftig im Schwanken. Dagegen darf uns keine Sympathie für die heutige russische Staatsleitung die Augen verschließen."
- Auch die Thierarzneischule in Hannover soll fortan die Benennung "thierärztliche Hochschule" führen.
- Vorigen Mittwoch waren es fünfzig Jahre, seit Richard Hartmann in Chemnitz mit drei Arbeitern beginnend, den Grund legte zu einer Maschinenbauanstalt, die gegenwärtig zu der großartigsten des deutschen Reiches zählt, in welchem jetzt in 73 Gebäuden 200 Beamte und 3000 Arbeiter wirken und schaffen, und in welchem 18 Dampfmaschinen und eine Turbine von zusammen 670 Pferdekräften thätig sind, um 1250 Hülfsmaschinen und 11 Dampfhämmer in Bewegung zu setzen. Anläßlich dieses Jubiläums hat der Aufsichtsrath der sächsischen Maschinenfabrik (vormals Richard Hartmann) der Unterstützungskasse der Arbeiter 20 000 Mk. und zur Begründung einer Unterstützungskasse für die Beamten 10 000 Mk. gespendet.
- Die Krefelder Seiden= und Sammetfabrik Karl Reiß und Co. hat dem Kaiser zu seinem 90. Geburtstage in origineller Form ihre Huldigung dargebracht, indem sie als Beweis, bis zu welcher Höhe der Leistungsfähigkeit sich unter der ruhm= und segensreichen Regierung des Kaisers die deutsche Industrie entwickelt hat, das Bild des Herrschers in Seide weben ließ. Das Porträt ist ein sehr gelungenes und überwindet durch glückliche Wahl und Verbindung der weißen, grauen und schwarzen Farben und Töne die große Schwierigkeit, die sich der Webetechnik in der Wiedergabe des Lebens entgegenstellt. Aus gewisser Entfernung betrachtet, macht die Weberei den Eindruck eines kräftigen Holzschnittes. Kaiser Wilhelm hat mit großer

[ => Original lesen: 1887 Nr. 51 Seite 3]

Freude diese Gabe erfreulichen deutschen Gewerbsfleißes entgegen genommen und seinen Dank durch ein überaus huldvolles Kabinetsschreiben der Fabrik übermitteln lassen, die nunmehr das Bild für weitere Kreise zugänglich macht und dasselbe in größerer Zahl hat herstellen lassen.
- Aus dem Rheingau, wo die Traubenblüthe jetzt eingetreten ist wird berichtet: Weil die Nächte kühl sind und auch am Tag öfters kühle Winde aus Norden oder Osten wehen, nimmt die Blüthe nicht den gewünschten raschen Verlauf. Zu den bereits massenhaft vorhandenen Rebstichlern hat sich auch noch der Heuwurm gesellt und umspinnt manche Blüthe, die in Folge dessen keinen Fruchtansatz liefern kann.
- Bei der Polizei in Zwickau wurde vor einigen Tagen ein Arbeiter mit ungenügenden Papieren angehalten, bei dessen Durchsuchung man ziemlich 10 000 Mk. bares Geld vorfand, bestehend aus 18 Fünfhundert und 2 Hundertmarkscheinen, und den Rest aus Gold und Silber. Auf Befragen gab er an, daß dies sein erspartes Vermögen sei, daß er ziemlich 50 Jahre Maurer sei, sich nie an Streiks betheiligt, aber alle Zahlstellen auf seiner Wanderschaft sorgfältig besucht habe.
- In Moers in der Rheinprovinz zeigte kürzlich ein Mann beim Standesamt die Geburt seines sechsundzwanzigsten Kindes an. Sechs Kinder sind aus der ersten Ehe, während ihm seine jetzige Frau bisher 20 Kinder geschenkt hat.
- In einem böhmischen Dorf wurde vor langen Jahren das Ehepaar Kalcovsky wegen Mordes und Raubes zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt. Ihr einziges Kind Franz wurde auf Gemeindekosten erzogen und erfuhr erst spät von dem Verbrechen und der Strafe seiner Eltern, aber nie, wohin sie gebracht worden waren. Im vorigen Jahre kam Franz unter die Soldaten und vorige Woche wurde er als Wachtposten in die Strafanstalt Karthaus bei Prag kommandirt. Als er mit dem Unteroffizier den Rundgang antrat, gab's im Hofe, in welchem die Sträflinge sich Bewegung machten, Lärm und er hörte, wie sie riefen: "Der Kalcovsky hat's gethan!" Franz sank wie vom Schlage getroffen nieder, denn der Sträfling, der vor ihm stand, war sein Vater, der Mörder. Aber schnell raffte er sich auf und stürzte mit dem Ruf: Vater, lieber Vater, auf den alten Mann in Sträflingskleidern zu und fiel ihm um den Hals und küßte ihn. Der Alte wußte nicht, wie ihm geschah und blieb gleichgültig, der Sohn wurde von ihm gerissen. Abends als die Wache abgelöst wurde, war Franz verschwunden, er hatte sich erschossen.
- Die Iren im englischen Parlament sind voll Angst und Sorge. Parnell, ihr Führer und bedeutendster Kopf, soll die Absicht haben, seine parlamentarische Thätigkeit aufzugeben. Er leidet am Magenkrebs.
- Durch Bienenstiche getödtet wurde neulich der Landmann Möller von Nörre Kongerslev in Jütland. Derselbe war nach dem Garten gegangen, um nach den Bienen, die ausschwärmen wollten, zu sehen, als er so unglücklich war, einen der Bienenkörbe umzuwerfen. Die Bienen fielen über ihn her und richteten ihn auf's Schrecklichste zu. Kriechend erreichte der Arme seine Wohnung, und war auch schnell ärztliche Hülfe zur Stelle, doch konnte der Arzt nur noch den bereits eingetretenen Tod bestätigen.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über das zu Schönberg vor der Siemzerstraße sub No. 142 belegene Wohnhaus c. p. des Arbeitsmanns Franz Friedrich Tews allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 9. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 19. April 1887.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.         


Antragsmäßig soll über die zu Herrnburg sub. No. 14 belegene Büdnerei c. p. des Seilers Heinrich Kietzmann daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 6. August d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 20. Mai 1887.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.         


Torf=Auktion.

Am Sonnabend, den 9. Juli d. J., Morgens 9 Uhr werde ich

circa 90,000 Formtorf

öffentlich meistbietend verkaufen.
Kaufliebhaber wollen sich zur genannten Zeit bei mir einfinden.
Roduchelsdorf, den 28. Juni 1887.

                                                    P. Bockwoldt, Erbpächter.


Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 10. Juli cr.
2. Großes Garten-Concert
mit nachfolgendem Ball,
ausgeführt von der gesammten Capelle des Schweriner Jägerbataillons unter Leitung des Großherzoglichen Musikdirektors Herrn A. Reckling.
Anfang 5 Uhr.
Entree: Im Vorverkauf 50 Pfennig. An der Kasse 75 Pfennig.
Zu demselben ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Frische Kartoffeln,
das Pfund 5 Pfennig sind täglich zu kaufen bei
                                                    Küster Schulze.

Zahnschmerzen aller Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. In Fl. à 50 Pfg. im Alleindepot für Schönberg bei

                                                    Emil Jannicke, Bandagist.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 51 Seite 4]

Die unterzeichnete Intendantur eröffnet hiedurch für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (4 größ. Opern und 2 größ. Schauspiele) in der Saison 1887/88. Die einzelnen Vorstellungen werden durch die Zeitungen bekannt gemacht und Nachmittags so zeitig beginnen, daß Abends die fahrplanmäßigen Eisenbahnzüge zur Rückreise benutzt werden können. Der Abonnements=Preis für die 6 Vorstellungen beträgt für einen Platz
in der Fremdenloge 18 M. - im ersten Rang 12 M. im Parquet, in der Parquetloge und in der Prosceniumsloge u. II. Ranges 10 M. im II. Range, Balkon und Mitte 6 M. - im II. Range Seite 5 M.
Für die Reise nach Schwerin und zurück ist von der Direktion der Meckl. Fr. Fr. Eisenbahn=Gesellschaft der einfache Fahrpreis bewilligt. Die Billets werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillet gleichzeitig zu nehmen. Zur Entgegennahme der Abonnements=Anmeldungen werden der Oekonomie=Inspektor Dierke und der Kassier Asahl anwesend sein:

Montag d. 11. d. Mts., Vm. 10-12 Uhr in Schönberg (Spehr's Hotel).

Vorherige Anmeldungen nimmt freundlichst Herr Hotelbesitzer Spehr an.
Spätere Anmeldungen können nur berücksichtigt werden, wenn noch Plätze nachbleiben.
Die Aushändigung der Billets gegen Zahlung des Eintritts= und Fahrpreises für die 6 Vorstellungen erfolgt im September an den Eisenbahnstationskassen. Schwerin, den 2. Juli 1887.

Großherzogliche Hoftheater-Intendantur.


Diedrich Teschau, Lübeck,
Messerfabrikant,
Reparatur-, Schleif- u. Polir-Werk,
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empfiehlt:
Messer und Scheeren,
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das Paar nur 60 Pfennige zu haben in Schönberg bei

                                                    Emil Jannicke,
                                                    Handschuhmacher.


Mein neu eingerichtetes                                                    
Möbel=Fuhrwerk

halte den hochgeehrten Herrschaften unter Zusicherung billigster Bedienung zur gefälligen Benutzung bestens empfohlen.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Heinrich Krohn,
                                                    Fuhrmann.

Schönberg, im Juni 1887.


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                                                    Carl Meyers Mobilien=Magazin
                                                    Lübeck, Fleischhauerstraße 42.


Beste
Gußstahlsensen
empfiehlt unter Garantie zu sehr billigen Preisen
                                                    Aug. Spehr.


Zu dem am Sonntag, den 10. und Montag, den 11. Juli bei mir stattfindenden

Scheibenschießen

nach guten Gewinnen lade meine Freunde und Gönner ergebenst ein

                                                    Wittwe Lohse Herrnburg.
Montag, den 11. Juli: Ball.


Ganz aus bestem englischen Gußstahl

gearbeitete Sensen, das Beste, was es in dieser Waare giebt, empfehle unter jeder möglichen Garantie.

Schönberg i./M.                                                     J. Oldenburg,
                                                                                   Schmiedemeister.


Zur Beachtung.

Hierdurch richte ich an diejenigen Personen, welche Hunde bei sich haben und den Fußsteig über meine Weidekoppel benutzen, die Bitte, dieselben so lange an der Leine zu führen oder besser noch, mit den Hunden den Fuhrweg zu gehen, da ich für keinen Schaden hafte.

                                                    Hauswirth Tews, Bechelsdorf.


Die Geburt eines Sohnes zeigen an                                                    
                                                    J. Oldenburg und Frau
                                                    geb. Mahncke.
Niendorf, den 30. Juni 1887.                                                    


Nachrichten des Standesamts=Bezirks Carlow vom 1. Juni bis zum 1. Juli 1887.

a. Geburten:

Dem Kutscher Johann Haack zu Samkow 1 S.
Dem Hauswirth=Anerben Heinrich Holst zu Carlow 1 S.
Dem Zimmergesellen Joachim Holst zu Samkow 1 S.
Der unverehelichten Marie Seeler zu Samkow 1 S.
Dem Halbhufner Joachim Möller zu Klocksdorf 1 S.
Dem Arbeitsmann Joachim Kerfack zu Carlow 1 S.
Der unverehel. Magdalena Kreutzfeldt zu Cronscamp 1 T.

b. Eheschließungen:

Keine.

c. Sterbefälle:

Bernhard Heinrich Asmus Jahns zu Cronscamp 2 J. 11 M.
Hauswirth Jochim Heinrich Ahrendt zu Neschow 61 J. 1 M.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 51 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 51 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 5. Juli 1887.


- Aus amtlichen Berichten ist ersichtlich, daß die größte Brauerei Deutschlands die Spaten=Brauerei in München, Eigenthum von Gabriel Sedelmayr, ist. Im Jahr 1886 braute dieselbe 446 791 Hektoliter Bier. Ein Hektoliter enthält 26 Gallonen. Das Gesammtprodukt der Spaten=Brauerei bezifferte sich auf 11 616 566 Gallonen oder 363 017 Faß Bier. Die zweitgrößte Brauerei ist diejenige von Anton Dreher, Wien, Oesterreich. Dieselbe erzeugte im Jahr 1886 im Ganzen 429 000 Hektoliter oder 348 603 Faß. Die Löwenbrauerei in München braute in derselben Zeit 311 115 Hektoliter, gleich 252 780 Faß oder 8 088 990 Gallonen Bier. Die vierte Brauerei in den beiden deutschredenden Ländern Europa's, die St. Marx=Brauerei in Wien, braute 364 900 Hektoliter oder 299 488 Faß. Die wohlbekannte Brauerei von H. Pschorr lieferte 290 400 Hektoliter, gleichbedeutend mit 235 950 Faß. Die Liefing Aktien=Braugesellschaft von Wien brachte es auf 287 480 Hektoliter oder auf 170 760 Faß. So beziffert sich also das Gesammtergebniß der sechs größten Brauereien Deutschlands und Oesterreichs auf 1 570 564 Faß Bier, zu deren Herstellung mehr als 140 Millionen Pfund Malz verbraucht wurden. Die größte Brauerei der Welt befindet sich in den Vereinigten Staaten von Amerika zu St. Louis. Es ist dies die Anheuser Busch=Brauerei, welche während des Jahres 1886 13 1200 000 Gallonen Bier braute und verkaufte, also 410 000 Faß oder 504 653 Hektoliter, volle 10 Prozent mehr, als die Spaten=Brauerei in München.
- Merkwürdig, die Franzosen laden alle Völker zu ihrer Ausstellung ein und stoßen doch alle Fremden vor den Kopf und zum Land hinaus. Einem jungen Norweger, der nach Toulon kam und sich wie jeder Reisende die Stadt und den Hafen besah, folgte ein Geheimpolizist wie sein Schatten auf Schritt und Tritt und verhaftete ihn andern Morgens, als er den Bahnzug besteigen wollte. " Sie sind ein deutscher Spion!" fuhr ihn der Polizeikommissar an. "Weder Deutscher, noch Spion!" "Sie haben aber die Stadt und den Hafen ausspionirt." "Ich kann doch die Augen nicht zu machen, wenn ich Toulon kennen lernen will." "Flausen, folgen Sie mir!" "Nein, lassen Sie meinen Koffer holen, da sind meine Papiere darin!" Der Paß lautete auf Christiania. Also doch Deutscher? Nein, Norweger und Schwede. Man ließ ihn kopfschüttelnd laufen. Ich aber, sagte der Norweger, hatte genug an dieser Probe französischer Gastfreundschaft und Geographie und fuhr nach Straßburg zurück.
- Tafelgeschirr der englischen Königsfamilie. Bei den Staatsbanketten, welche in voriger Woche in London abgehalten wurden, ist das ganze Silber des englischen Königshauses in Verwendung gekommen. Es wird gewöhnlich in zwei eisengefütterten Kammern in Windsor Castle aufbewahrt und wurde vorige Woche unter starker Bedeckung nach London geschafft. Sein Werth wird auf mehr als 20 000 000 Mk. geschätzt. Das goldene Geschirr, welches Georg IV. ankaufte, genügt vollkommen für 130 Personen. Ein Champagnerkühler aus derselben Zeit ist so groß, daß zwei Männer drinnen baden können. Er ist ganz mit Krystallglas ausgefüttert. Einige der seltensten Aufsatzstücke rühren noch von der Königin Elisabeth her, welche sie der spanischen Armada entnahm; andere kunstvolle Stücke stammen aus Indien, Birma und China, und eine Schale von prachtvoller Arbeit hat Karl XII. von Schweden gehört. Unter den Schaustücken, welche auch bei sonstigen Hofbanketten auf den Credenzen in St. Georg's Hall prangen, fällt besonders der goldene, mit Edelsteinen besetzte Pfau auf, der 800 000 Mk. werth ist. Körper und Schweif sind aus herrlichem orientalischen Gold und ganz mit Perlen, Diamanten, Rubinen und Smaragden übersetzt.
- Zur Ausstattung des Humboldt=Denkmals im Humboldthain in Berlin hat der Lehrer und Steinbruchbesitzer Schreibmüller in Hof in Bayern einen 10 000 Pfund schweren Granitblock dem Berliner Magistrate zum Geschenk gemacht.
- Der Kaiser von Brasilien hat sich am Freitag in Rio de Janeiro an Bord der "Gironde" eingeschifft, um nach Europa zu segeln.
- Ein weißes Reh hat auf einem Gang durch sein Revier in diesen Tagen ein Förster der Herrschaft Tost=Preiskretscham in Schlesien gefunden. Er stieß auf eine Ricke, welche drei Kitzchen, darunter ein schneeweißes mit rothen Lichtern, säugte. Dieses, so berichtet er, nahm ich mit mir nach Hause, wo es mittels einer Saugflasche aufgezogen wird. Das weiße Kitzchen hat sich schnell an meine Frau gewöhnt und nimmt von ihr Blätter und Kräuter zutraulich an. Da es schon acht Tage in meiner Wohnung und dabei recht munter ist, hoffe ich, das seltene Thierchen groß zu ziehen.
- Aerztliches Honorar. Im Alterthum wurden die Aerzte viel besser bezahlt, als heute. So empfing z. B. Crapistratus, der Schwiegersohn des berühmten Philosophen Aristoteles, für die Behandlung des Königs Antiochius von Tyrien (gest. 187 v. Chr.) ein Honorar von 190 Talenten, das ist mehr als 250 000 Mark. Ein berühmter Florentiner Arzt, Namens Thaddäus, ließ sich für jeden Gang 150 Mk. bezahlen, und als ihn Papst Honorius einst nach Rom kommen ließ, zahlte er ihm für den etwa 10 Tage währenden Aufenthalt in dieser Stadt 30 000 Mk. Auch die für die Gesundheit ihres Leibes stets besorgten Großmogulen von Indien honorierten ihre Aerzte glänzend, was Jeder zugeben wird, wenn er erfährt, daß dem Leibmedikus derselben ein Jahresgehalt von 500 000 Mk. ausgesetzt war. Am besten bezahlte aber der König Prätus, der Archiver, eine Kur. Er gab nämlich, als der Arzt Melampus eine seiner Töchter vom Tode errettet hatte, nicht nur diesem, sondern auch dessen Bruder je ein Drittel seines Königreichs und jedem eine seiner Töchter zur Frau. - Ja, in den Zeiten lohnte es sich noch, Medizin zu studieren!
- Für die Reisezeit. Karl Riesels Reisekontor versendet 2 Hefte, die Manchem jetzt willkommen sein werden. Das eine ist ein Schlüssel zum Selbstzusammenstellen der Rundreisebillets für In= und Ausland. Das zweckmäßig angelegte Buch erleichtert das "Selbstzusammenstellen" der Rundreisebillets, das sonst zu den verzwicktesten Aufgaben gehört, nach Möglichkeit. Das zweite Heft enthält Hotelcoupons für In= und Ausland. Herr Riesel hat mit großen Gasthöfen der besuchtesten Städte das Abkommen getroffen, daß sie Zimmer nebst Bedienung und Licht, Frühstück und Mittagessen den Inhabern für gleichmäßige Preise gewähren. Die Einrichtung ist bequem und beschränkt die Freiheit des Reisenden in keiner Weise.
- Viele Landwirthe, die ihren Rothkleesamen selbst gewinnen wollen, sind im Zweifel, ob der erste oder zweite Schnitt besser für die Gewinnung desselben ist. Die Samengewinnung beim ersten Schnitt ist mitunter eine reichere, aber im Allgemeinen ist der zweite Schnitt für die Samengewinnung zu empfehlen. Bei der Gewinnung beim ersten Schnitt ist der Same meist sehr durch Unkrautsamen verunreinigt. Zu beachten ist indeß, daß der erste Schnitt schon vor Beginn der Blüthe erfolgen muß, wenn die Samengewinnung beim zweiten Schnitt beabsichtigt ist. Sonst ist der Ertrag an Samen beim zweiten Schnitt ein sehr geringer.


Toilettenbild aus London.

Der Pester Lloyd giebt folgendes Bild von der bei der Jubiläumsfeier zur Schau getragenen Toilettenpracht, wie es großartiger nicht gedacht

[ => Original lesen: 1887 Nr. 51 Seite 6]

werden kann. "Der Anblick gemahnt an die Märchen von tausend und eine Nacht. Man sah japanische Prinzen und Prinzessinnen in goldgestickten Kostümen und hohen rothen Federhüten, indische Nabobs in schweren, mit Edelsteinen besetzten Brokatgewändern, Rajahs, die handgroße Diamantagraffen aus ihren aus Pfauenfedern gefertigten Hüten tragen, inmitten der mit feinstem Geschmack gekleideten Pariserinnen und Londonerinnen, der schottischen Edelfrauen und in ihren Nationaltrachten erschienenen Bäuerinnen.
Die Auffahrt der Staatskarossen, deren einzelne großen Gold= und Silberkästen gleichen, erregt staunende Bewunderung. Schon lange vor 9 Uhr trifft der Mahaxajah Holkar of Indore mit einer indischen Fürstin ein, die wie in eitel Gold gekleidet erscheint; der Wagen ist mit inkrustierten Silber belegt, die Geschirre der Vollblut=Araber mit Edelsteinen besetzt. Bald hernach gewahrt man den Wagen der Königin von Hawai; er ist wie aus Gold= Filigran gearbeitet, von sechs Pferden edelster Race gezogen, deren Mähnen mit Goldbändern durchflochten sind. Die Königin trägt ein Gewand aus golddurchwirktem blauen Seidenstoff mit hoher Spitzenkrause abschließend, in der allerhand bunte Edelsteine schimmern; den Hals umgiebt eine reiche Perlenschnur, längs der Vordertaille große Brillantspangen auf rothem Sammt=Grunde. Der Hut der Königin, aus dunkelrothen Federn, Goldmaschen und Perlenschnüren geeint, ist fast meterhoch oben zugespitzt, seitwärts mit weißen Federtuffs garniert, die mit Goldperlen durchknüpft sind.
Jetzt erscheinen die Aldermen in ihren hochrothen, malerisch drapierten Mänteln, der Lordmajor im Kostüm mit der Lady Mayoreß, die eine Robe aus silbergrauen Brocat mit Manteau von kardinalrothem Sammt trägt, dazu Capote von Silbertüll und Moosröschen, die mit Brillanttropfen durchleuchtet sind. Prachtvoll ist der mit Elfenbein inkrustierte Wagen der Lady Kingscote, die in mattblauem Sammt gekleidet, allgemeine Aufmerksamkeit erregt. Die Counteß of Errole erscheint in einer von acht Schimmeln gezogenen Staatskarosse in einer bordeaux Sammt=Toilette, die ganz mit heraldischen Figuren durchstickt ist, den hochroten Sammtschirm begrenzen breite Goldfransen; die Ducheß of Teck in gelber Silberbrocat=Toilette mit einem aus gelben Federn gebildeten Barett, die Fürstin Thakore Sahib of Morrir in purpurblauem Sammt mit Hut aus Gold und Edelsteinblumen, die Prinzessin Thakore of Linneri in kirschrothem Atlas mit orientalisch gesticktem Ueberwurf und Mohnblumenhut, die Fürstin of Hyderabad in goldgelbem Atlaßgewand, das von rothen Edelsteinen durchleuchtet schien, die Fürstin Maharajah of Bhurtpore in fliederfarbenem Sammtkostüm, dessen reiche Silberstickerei wie Brillanten schillerte, die Prinzessin of Kapur=Malla in indischem Nationalkostüm, das aus Pfauenfedern und mit Edelsteinen bedeckten Stickereien gebildet war.
Die Königin sah um Jahrzehnte verjüngt aus; das seitwärts glatt gescheitelte Haar schmückte eine Haube aus weißem Points d'Alençons mit langem, eckig herabfallendem Schleier. Die Krone, ein Meisterstück der Juwelierkunst, mit den kostbarsten, nußgroßen Brillanten geschmückt, erglänzte, als jetzt die Sonne durch die hohen Bogenfenster schien, in Wahrhaft feenhafter Schönheit. Die Königin trug eine en coeur offene Prinzeßrobe von Silbergrauem Brokat, vorn mit reichem Ordensschmuck, längs des Rockes schräg gefaltete Draperien von kostbaren Points, die in Entfernung von 5 zu 5 Zentimeter mit Brillantspangen überbrückt waren; die lange Schleppe war mit einem kostbaren weißen Spitzenshawl verschleiert, den Brillantschmetterlinge an den Seiten rafften; den Saum der Robe garnierte eine tief gefaltete Point d'Alen&231;ons, deren oberer Rand mit kirschkerngroßen Brillanten in Entfernung von je 10 zu 10 Zentimeter befestigt war; die Königin trug als Kollier eine sechsfache Brillantreihe, inmitten der Ordensbänder vier große Brillant=Agraffen, handbreite, ganz aus Brillanten bestehende Armbänder.
Und nun möge eine kurze Beschreibung der übrigen Toiletten folgen. Kronprinzessin Viktoria von Preußen trug eine Robe aus saumon Silber=Brokat mit Schleppe von hellerem Sammt, dessen reiche Silberstickerei durch Brillantblumen gehoben war; die vorn mit Brillant=Stickerei gedeckte Taille war shawlartig drapiert, seitwärts breite Maschen von saumon Moirée-antique. Die Prinzessin von Wales trug eine Robe aus himmelblauem Monopol, das Devant mit Goldspitzen verschleiert, Schleppe aus blauem Silberbrokat mit helleren Sammt=Bandeaux; als Umrandung der Schleppe lichtblaue Marabouts und Straußfedern. Königin von Belgien: Smaragdfarbene Brokat=Robe mit nilgrüner Sammtschleppe und Devant von Points d'Alençons. Die Herzogin von Edinburg hatte eine Toilette von weißem Moirée-antique mit kostbarer Perlenstickerei; Schleppe von blau und weiß gestreiftem Sammt mit blauer Federrüsche umrandet. Prinzessin Beatrice: Robe von rosa Brocat mit weißer Sammtschleppe, die mit rosa Rosen durchstickt war, Devant von antiken Spitzen und Silberblumen. Prinzeß Louise von Lorne: Blaue Faille=Robe mit Schleppe von hellerem Sammt in reicher Silber=Ornamentik. Die Erbprinzessin von Sachsen=Meiningen: Weiße Monopol=Robe mit kostbarem Spitzen=Ueberwurf, der seitwärts durch Brillantblumen gerafft war; vorn Brillant=Plastron auf blauem Grund, Prinzessin Wilhelm von Preußen: Crème Brokat=Robe mit hellblauer, in Gold gestickter Atlas=Schleppe; Corsage Marie Antoinette mit goldgesticktem Spitzen=Fichu. Herzogin von Albany: Blaßrosa Crèpe de Chine=Toilette mit weiß drapierter Schleppe deren Saum rosa Straußfedern begrenzen; Tablier mit rosa in Tüll gestickten Marabouts geziert. Herzogin von Connaught: Robe aus rosa Bengaline mit nilgrüner Sammtschleppe und kostbarem Spitzen=Devant. Großfürstin Elisabeth von Rußland: Toilette aus purpurblauem Monopol mit goldgelbem Sammt und türkischen Seidenstickereien garniert, Schleppe blau und gelb shawlartig geschlungen mit breiter Goldfranse abschließend. Prinzeß Maud: Weiße Tüll=Toilette mit hochrother Echarpe. Prinzeß Viktoria: Rosa Crêpe de Chine=Robe mit Krystall=Stickerei. Prinzeß Louise of Wales: Blaue Faille=Toilette mit écru Spitzen verschleiert. Prinzeß Viktoria von Preußen: Toilette von crème Spitzen mit lichtblauen Écharpes. Prinzeß Sophie von Preußen: Weiße Spitzenrobe auf rosa Fond. Prinzeß Louis Battenberg: Nilgrüne Brocat=Toilette mit silbergesticktem Devant und langer Schleppe von lichtblauen Velours. Prinzeß Irene von Hessen: Blaue Tüllrobe auf weißem Fond. Prinzeß Viktoria von Schleswig=Holstein: Toilette von Irish=Guipure auf rosa Faille mit rosa und blauer Schleifengarnitur. Prinzeß Margarethe von Preußen: Blaßgelbe Foulard=Toilette mit hellblauer Sammtgarnitur. Counteß of Errole: Grenatfarbene Sammtrobe mit Silberstickerei. Counteß Marie Thun. Weiße Faille=Toilette mit antiker Goldstickerei. Komtesse of San Miguel: Türkische Foulard=Robe mit goldgestickter Bordure. Counteß of Majo: Weiße Crôpe de Chine=Toilette mit chinesischen Echarpes. Komtesse de Harcourt: Gelbe Grenadine=Robe mit Bordeaux=Sammt. Infantin Donna Eulalia: Weiße Faille=Robe mit rothem Sammt=Mantelett. Kronprinzessin von Portugal: Gelbe Faille Toilette mit Ivoire=Bandeaux und weißen Spitzen.
Zu dem Diner beim Prinzen Wales erschien die Königin in einer helllila Brocat=Robe, deren Devant aus violettem Sammt mit dem Monogramm der Königin durchstickt war. Die Prinzessin of Wales machte die Honneurs in einer goldgelben Faille=Robe, die eine aus indischem Spitzenstoff gefertigte Tunique verschleierte; die Königin von Belgien trug eine wunderbar schöne hochrothe Monopol=Robe mit Silberstickereien geziert, die Königin von Griechenland eine fliederfarbene Atlas=Toilette mit exotischen Blumen durchstickt. Die indischen und japanischen Fürstinnen strahlten von Gold und Edelsteinen, den Schmuck der Königin von Hawai wollen Kenner auf eine Million Mark taxiert haben.
Für den Ball im Buckingham Palast ließ die Prinzessin Wales zu dem Feste eine Toilette anfertigen, aus goldgelbem Silberbrocat in griechischem Styl gehalten; die Königin von Griechenland trug ein Prachtgewand aus goldstrotzenden indischen Stickereien, die Kronprinzessin von Preußen eine Tudor=Robe aus nilgrünem Sammt mit Smaragd=Blättern durchstickt.


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