[ => Original lesen: 1885 Nr. 47 Seite 1] Vom Jagdschloß Glinicke bei Berlin kommt die betrübende Kunde, daß Prinz Friedrich Karl von Preußen am Montag einem Schlaganfall erlegen ist. Eine weitere Trauernachricht kommt aus Karlsbad, wo am 17. d. M. der Feldmarschall von Manteuffel an einem Lungenschlage gestorben ist.
Die Abreise des Kaisers nach Ems, die für Donnerstag angesetzt war, ist infolge des Todes des Prinzen Friedrich Karl verschoben worden. Die Nachricht vom Tod des Prinzen erhielt der Kaiser durch dessen einzigen Sohn, den Prinzen Friedrich Leopold der am 14. November 1865 geboren ist. Vermählt war Prinz Friedrich Karl seit 29. November 1854 mit der Prinzessin Maria Anna (geb. 14. September 1834) Tochter des verstorbenen Herzogs Leopold Friedrich von Anhalt. Kinder dieser Ehe sind: Prinzessin Marie, geb. 14. September 1855, in erster Ehe vermählt mit dem Prinzen Heinrich der Niederlande, in zweiter in diesem Jahr geschlossener Ehe mit dem Prinzen Albert von Sachsen=Altenburg; Prinzessin Elisabeth, geb. 8. Februar 1857, vermählt mit dem Erbgroßherzog von Oldenburg; Prinzessin Louise Margarethe, geboren 25. Juli 1860 vermählt mit dem Herzog von Connaught, und Prinz Friedrich Leopold.
Die Gerüchte, daß im Lauf des Herbstes wieder eine Zusammenkunft der drei Kaiser von Deutschland, Oesterreich und Rußland stattfinden werde, treten immer bestimmter auf. Nach den neuesten Nachrichten soll das Schloß Reichstadt am Fuß des Riesengebirges in österreichisch Schlesien als Ort der Zusammenkunft ausersehen sein.
In der Braunschweiger Frage schwirren wieder verschiedene Gerüchte in der Luft umher. Der Großherzog von Weimar, heißt es zunächst, sei mit dem König von Sachsen in Dresden zusammengekommen, um über die Angelegenheit zu berathen. Für den Fall, daß in Braunschweig ein Regent gewählt werden würde, solle Prinz Reuß, der Schwiegersohn des Großherzogs, deutscher Botschafter in Wien, für diese Stelle in Aussicht genommen sein. Bayern hat seine Bevollmächtigten beim Bundesrath ermächtigt, dem preußischen Antrag zuzustimmen, will sich aber der Motivirung aus Artikel 76 der Verfassung nicht anschließen.
Während die übrigen politischen Parteien in unserem Vaterland jetzt ein beschauliches Leben führen, veranstalten die Sozialdemokraten Versammlungen über Versammlungen. Interessant ist es, daß in einer dieser Versammlungen in Nürnberg der Vorsitzende Schirm, ein Intimus Grillenbergers, auch in Kürze der Polemik zwischen Bebel und Frohme gedachte und bemerkte, "auf dem nächsten Partei=Kongreß würde beiden der Kopf gewaschen werden."
Keine Allgemeine deutsche Gewerbe=Ausstellung im Jahr 1888 in Berlin! Das ist die Loosung unter den Industriellen im Königreich Sachsen, von denen 118 um ihre Meinung befragt, worden sind. 99 von diesen haben rund "nein" gesagt, 11 mit einigen schönen Wendungen und nur 8 haben sich für den Plan erklärt. Und wie es im Königreich Sachsen ist, ist's fast im ganzen Reich. Also lassen wir die Ausstellung vor der Hand schlafen!
Die "Nationalzeitung" bringt eine längere Besprechung unserer colonialen Erwerbungen in Ostafrika von einem Deutschen, der längere Zeit in Zanzibar gelebt hat, welcher mit folgenden Worten schließt: Ich fürchte, wir werden von dieser deutschen ostafrikanischen Erwerbung noch viel Widerwärtigkeiten erleben, doch sie ist einmal gemacht und es muß abgewartet werden, ob irgend etwas Nützliches dabei herauskommen wird. Als guter Patriot und ein mit den ostafrikanischen Verhältnissen vertrauter Reisender verspreche ich mir aber von unseren dortigen Bestrebungen nicht besonders viel Erfolg. - Na, na, wir müssen's eben abwarten, wie's werden wird!
Die Wahlen zum Reichsrath in Oesterreich sind nun beendet. Die Regierungspartei zählt 192 Mann, die deutsch=liberale Partei 132, dem Caronini=Club, der in der Mitte steht, gehören 22 Abgeordnete an, 3 sind Demokraten und 4 Antisemiten. Von sämmtlichen Gewählten sind 110 Mann zum ersten Mal Abgeordnete. Das schadet gewiß nichts, denn wie in jedem Organismus, der gesund bleiben soll, gehört von Zeit zu Zeit auch neues Blut in die Parlamente. Ob's aber diesmal in Oesterreich durch das neue Blut besser werden wird, ist doch noch eine Frage.
In Spanien ist die Cholera im Zunehmen begriffen. Aus Murcia werden 100 Fälle gemeldet. Täglich sterben in Spanien etwa 15 Personen 23 Dörfer der Provinz Valencia sind von der Seuche heimgesucht.
In Madrid beginnt das Flüchten vor der Cholera. Täglich kommen Erkrankungen und einzelne Todesfälle vor und deshalb verlassen viele Leute die Stadt. Der König und die Königin aber haben ihren Entschluß bekannt gegeben, in Madrid zu bleiben.
Schönberg. Sicherem Vernehmen nach hat das Großherzogliche Militär=Collegium zu Neustrelitz dem hiesigen Kriegerverein für das Fürstenthum Ratzeburg die Mittheilung gemacht, daß Seine Königliche Hoheit der Großherzog dem Vereine eine Fahne Allergnädigst verleihen wollen.
- Es steht jetzt fest, daß in Berlin ein Reichshandelsmuseum und in Frankfurt a. M. eine Schwesteranstalt für den Süden und Westen Deutschlands errichtet werden wird.
- In London ist am Sonnabend das Indische Museum abgebrannt. Das ist sehr bedauerlich, denn in demselben waren viele schöne und interessante Schätze aufgesammelt. Auch alle die Geschenke z. B., welche s. Zt. der Prinz von Wales auf seiner Reise in Indien erhalten hatte.
- In Baku ist am Sonnabend der Gehülfe des Polizeimeisters auf der Straße durch einen Dolchstich tödlich verwundet worden, so daß er nach einer Stunde verstarb. Der Mörder entkam.
- "Der juristische Reisebegleiter des Eisenbahnpassagiers" im Deutschen Reich, insonderheit in Preußen. Eine Ergänzung zu allen Coursbüchern, Reisehandbüchern etc. Nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und der Ansprüche höchster Centralbehörden und Gerichtshöfe bearbeitet von Karl Paray, Königl. Verwaltungsgerichtsdirector a. D. (Guben, Albert Koenig, Preis 40 Pfg.)
[ => Original lesen: 1885 Nr. 47 Seite 2]Das handliche Werkchen, das man in der Brieftasche bei sich tragen kann, wird Allen denen willkommen sein, welche unterwegs jederzeit in der Lage sein wollen, über ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Eisenbahnverwaltung und den Mitreisenden unterrichtet zu sein.
- Der Grabstein des "weltberühmten" und jenes bekannte Volkslied verherrlichten Doctors Eisenbart an der St. Egidienkirche zu Münden ist noch sehr wohlerhalten; er wird natürlich fast von allen Fremden, die Münden besuchen, in Augenschein genommen. In seltsamem Contrast steht die verherrlichende Inschrift mit dem satyrischen Volksgedicht. Die Epitaph lautet nämlich wörtlich:"Alhir ruhet in Gott der weiland hochedle hocherfahrene welberühmt Herr Joh. Andreas Eisenbart Königl. Grosbritannischer und Chorfürstl. Braunschw. Lüneb. bivilegirte Landarzt wie auch Königl. Preußischer Raht und Hofoculiste von Magdeborg. Gebohrn Anno 1661, Gestorben 1727 d. 11. November Actatis 66 Jahr." Und dazu singt der Volksmund von dem großen Mediciner: "Er konnte machen, daß die Blinden gehen und daß die Lahmen sehen;" - "des Küsters Sohn zu Dideldum, dem gab ich zehn Pfund Opium" u. s. w. - Unwillkürlich fallen einem bei der Nennung dieses "großen Mannes" noch ein paar andere denkwürdige Persönlichkeiten Norddeutschlands ein, die auch ewig in der Volkssage und Dichtung fortleben werden. Der eine ist der Hameln'sche Rattenfänger dessen sechshundertjähriger Erinnerungstag bekanntlich voriges Jahr gefeiert wurde. Noch heute trägt ja ein Haus der alten Weserstadt eine auf jene Kinderentführung hinweisende Inschrift. Die dritte dieser "Größen" liegt in Mölln begraben: der Schalksnarr Till Eulenspiegel; er soll in Mölln 1350 gestorben sein. Noch jetzt zeigt man seinen Leichenstein, worauf eine Eule und ein Spiegel eingemeißelt zu sehen sind. Die Landleute Mecklenburgs, der preußischen Provinz Hannover und der Altmark erzählen noch bis auf den heutigen Tag unzählige von den derben Streichen des unverwüstlichen Possenmachers, die sich theils durch hartnäckige Tradition erhielten, oder die von der erfindungsreichen Sage dem Volk in den Mund gelegt wurden.
- Seit dem großen Bierpantscher=Prozeß in Heidelberg grüßen die Bierbrauer sich nicht mehr mit der Anrede: "Guten Tag, Herr College!" sondern vielmehr mit der passenderen: "Grüß Gott, Herr Couleur=Bruder!"
- In Berlin begegnet der Rittmeister N. dem Geheimen Rath O. und grüßt denselben ganz freundlich mit "Guten Morgen, Herr Rath!" Dieser aber erwidert barsch: "Juten Morjen, Herr Meister!" Der Rittmeister, ob solchen Rückgrußes verwundert, fragt: "Wie soll ich Das verstehen Herr Rath?" Dieser aber antwortet gravitätisch: "Jeben Sie mir meinen "Jeheemen", und ick jebe Ihnen Ihren "Ritt".
Anzeigen.
Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Sabowerstraße sub Nr. 16 belegene Wohnhaus c. p. der Wittwe Bruhn, Caroline geb. Freitag, allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Montag, den 31. August d. J.
Vormittags 10 Uhr
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 12. Juni 1885.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Die diesjährige Impfung in hiesiger Stadt wird im Gastwirth Boye'schen Locale hieselbst und zwar an nachfolgenden Terminen vorgenommen werden:
a. Impfung der im Jahre 1884 geborenen Kinder vom Buchstaben A bis G incl. am
Mittwoch, den 17. Juni cr.,
Vormittags 10 Uhr,
und Revision der Schutzblattern am
Mittwoch, den 24 Juni cr.,
Vormittags 10 Uhr,
b. Impfung der Kinder vom Buchstaben H bis P incl. am
Mittwoch, den 24. Juni cr.,
Vormittags 10 Uhr,
und Revision der Schutzblattern am
Mittwoch, den 1. Juli cr.,
Vormittags 10 Uhr,
c. Impfung der Kinder vom Buchstaben Q bis Z und der Wiederimpflinge aus der hiesigen Mädchenschule am
Mittwoch, den 1. Juli cr.,
Vormittags 10 Uhr,
und Revision der Schutzblattern am
Donnerstag, den 9. Juli cr.,
Vormittags 10 Uhr,
d. Wiederimpfung der Kinder der Real= und Bürgerschule hieselbst am
Donnerstag, den 9. Juli cr,
Vormittags 10 Uhr.
Die bevorstehenden Impftage werden hierdurch mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß an denselben nicht nur alle im Jahre 1884 geborenen Kinder, sondern auch alle früher geborenen Kinder, welche bisher nicht, oder ohne Erfolg geimpft wurden, dem Herrn Impfarzte zuzuführen sind, während die im Laufe dieses Jahres geborenen Kinder gesetzlich erst im künftigen Jahre impflichtig sind.
Schönberg, den 13. Juni 1885.
Der Magistrat.
Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt.
Die Anstalt ist während des
Johannistermines
vom
24. Juni bis 1. Juli d. J.
täglich
von 8 bis 12 Uhr Vormittags,
am
Sonntag, den 28. Juni d. J.,
jedoch nur
von 7 bis 10 Uhr Morgens
geöffnet.
Schönberg, den 18. Juni 1885.
Das Directorium.
Der Verein für Geflügelzucht in Schönberg
hält seine diesjährige
Geflügel-Ausstellung
an den Königschußtagen am 6. u. 7. Juli d. J. auf dem Schützenplatze ab, wozu Züchter sowie Freunde des Geflügelsports unseres Fürstenthums zur zahlreichen Beteiligung hierdurch eingeladen werden.
Zur Prämiirung sind außer Diplomen 72 M. bewilligt und werden Anmeldungen bei den Herren W. Maass, W. Holldorff u. F. Lundwall bis zum 3. Juli d. J. erbeten.
An Standgeld wird erhoben:
Für ein Stamm Tauben 25 .
Für ein Stamm Hühner, Enten oder Gänse 50 .
Der Vorstand.
Versammlung der
Gr. Siemzer Schweinegilde
am Sonntag, d. 28. d. M., Nachmittags 3 Uhr bei Gastwirth J. Boye hieselbst.
Der Vorstand.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 47 Seite 3]Die Mitglieder der hiesigen Schneiderzunft von Stadt und Land werden höflichst ersucht, sich sämmtlich am
Montag, den 22. Juni,
Nachmittags 2 Uhr,
im Amtslokale einzufinden, zwecks Besprechung über Zunftangelegenheit.
Die nicht erschienenen Mitglieder haben sich den vereinbarten Beschlüssen zu unterwerfen.
Die Aelterleute der Schneiderzunft.
Scheibenschießen.
Zu dem am 21. und 22. Juni d. Js. bei mir stattfindenden Scheibenschießen nach guten Gewinnen lade alle meine Freunde und Gönner ergebenst ein.
Am Sonntag, den 21. Juni: Tanzmusik.
Wittwe Grevsmühl in Zarnewenz.
Am 21. und 22. Juni ds. Js. wird bei mir ein
Scheibenschießen
nach guten Gewinnen stattfinden, zu welchem ich meine geehrten Freunde und Gönner hiedurch freundlichst einlade.
Gastwirth Seeler in Sahmkow.
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 47 Seite 4]Eigengemachte
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Um zu beweisen, daß ich meine Biere aus nur rein Hopfen und Malz braue, fühle ich mich veranlaßt, eine Analyse des beeidigten Gerichtschemiker Herrn Th. Schorer-Lübeck zu veröffentlichen.
Das mir von Herrn Brauereibesitzer C. Schwedt in Schönberg i. M. übersandte Bier habe ich chemisch untersucht und folgendes Resultat erhalten:
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Nach vorstehender Analyse muss das betreffende Bier als ein sehr reines, Malzextract= reiches erklärt werden.
LUEBECK, d. 17. 12. 83. Th. Schorer, beeidigter Gerichtschemicer.
Von hiesigen sowie auswärtigen Aerzten ist obige Analyse als ausgezeichnet erklärt.
Ergebenst
C. Schwedt.
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K. K. Kennan, Basel, Schweiz.
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Hamburg. J. Stiller & Co.
Von Sonntag, d. 21. d. M. an, fahre ich um 7 Uhr Abends mit meinem Omnibus von der Neuenwelt
Ludw. Schütt.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
(Hierzu eine Beilage.)
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 47 Seite 5]Beilage
zu Nr. 47 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 19. Juni 1885.
Im letzten Augenblicke.
[Erzählung.]
(Fortsetzung.)
[ => Original lesen: 1885 Nr. 47 Seite 6]Im letzten Augenblicke.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]
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