[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 1] Das von der Großherzoglichen Gewerbe=Commission zu Neustrelitz auf Grund des § 13 Abs. 3 des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter genehmigte Reglement über die Einrichtung der Verwaltung der gemeinsamen Krankenversicherung für das hiesige Fürstenthum, wird hiedurch abzüglich zur Nachachtung zur allgemeinen Kenntniß gebracht:
Nachdem die Großherzogliche Gewerbe=Commission zu Neustrelitz, als die nach § 3 der Ausführungsverordnung vom 17. Juni 1884 zum Reichsgesetz vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, zuständige Behörde, auf Grund des § 13 Absatz 2 des gedachten Reichsgesetzes angeordnet hat
daß das Fürstenthum Ratzeburg als weiterer Communalverband im Sinne der citirten Ausführungsverordnung für die Gemeindekrankenversicherung der zum Fürstenthum Ratzeburg gehörenden Gemeinden an die Stelle der einzelnen Gemeinden zu treten hat,
sind über die Einrichtung der Verwaltung der Gemeindekrankenversicherung im hiesigen Fürstenthume nach Anhörung der betheiligten Gemeinden die nachstehenden Bestimmungen getroffen:
§ 1.
Am Sitze der Großherzoglichen Landvogtei ist eine besondere Krankenversicherungskasse zu bilden, in welche die Beiträge für die Gemeindekrankenversicherung fließen und aus welcher die erforderlichen Krankenunterstützungen zu bestreiten sind.
§ 2.
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§ 5.
Die Gemeindekrankenversicherung tritt kraft des Gesetzes für alle innerhalb des hiesigen Fürstenthums beschäftigten Versicherungspflichtigen Personen und zwar vom Beginn der Beschäftigung an gerechnet ein, insoweit diese einer Ortskrankenkasse, Betriebs= (Fabrik=) Krankenkasse, einer Baukrankenkasse, einer Innungskrankenkasse, einer eingeschriebenen Hülfskasse oder einer Knappschaftskrankenkasse nicht angehören.
Freiwillig beitretende Personen erhalten Kranken=Unterstützung erst nach Ablauf einer vom Beitritt zu bemessenden vierwöchigen Frist (§ 6 des Ges.)
§ 6.
Die Arbeitsgeber haben jede von ihnen beschäftigte versicherungspflichtige Person, welche nicht einer der im § 5 bezeichneten Krankenkassen angehört, spätestens am dritten Tage nach dem Beginn der Beschäftigung bei dem Magistrate in Schönberg resp. dem Ortsvorstande derjenigen Ortschaft, in welcher die Beschäftigung stattfindet, schriftlich anzumelden und spätestens am dritten Tage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses daselbst schriftlich abzumelden.
Die Anmeldung muß enthalten: die Vor= und Familiennamen, das Alter, (Geburtstag), sowie die Art der Beschäftigung des Anzumeldenden und den Zeitpunkt des Eintritts in die Beschäftigung.
Die Abmeldung muß enthalten: Die Vor= und Familiennamen des Abzumeldenden und den Zeitpunkt des Austritts aus der Beschäftigung.
Ueber die An= und Abmeldungen werden Bescheinigungen mit Ort, Datum und Unterschrift des Magistrats resp. des Ortsvorstandes versehen ertheilt.
Die Versäumniß der Verpflichtung der An= und Abmeldung zieht nach gesetzlicher Vorschrift eine Geldstrafe bis zu 20 Mk. nach sich (§ 81 des Gesetzes). außerdem sind die Arbeitgeber, welche ihrer Anmeldepflicht nicht genügen, verpflichtet, alle Aufwendungen zu erstatten, welche der Kasse zur Unterstützung einer vor der Anmeldung erkrankten Person auf Grund des Gesetzes entstanden sind. (§ 50 des Gesetzes).
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 2]§ 7.
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§ 8.
Die von dem Magistrate in Schönberg resp. von dem Vorsteher jeder Ortschaft auf Grund der im § 7 geführten Verzeichnisse zu erhebenden Versicherungsbeiträge betragen zur Zeit 1 1/2 % des ortsüblichen Tagelohns, welcher von Großherzoglicher Landesregierung bis auf Weiteres
1. für erwachsene männliche Arbeiter auf 1,70 M.
2. für erwachsene weibliche Arbeiter auf 1,20 M.
3. für jugendliche männliche Arbeiter auf 1,00 M.
4. für jugendliche weibliche Arbeiter auf 0,90 M.
festgestellt worden ist, mithin für jede Woche
hiervon:
ad 1. . . . . 0,15 M. (Arbeitgeber 5 . Arbeiter 10 .)
ad 2. . . . . 0,11 M. (Arbeitgeber 4 . Arbeiter 7 .)
ad 3. . . . . 0,09 M. (Arbeitgeber 3 . Arbeiter 6 .)
ad 4. . . . . 0,08 M. (Arbeitgeber 3 . Arbeiter 5 .)
§ 9.
Die Beiträge sind an jedem Montage für die beginnende Woche im Voraus an den Magistrat in Schönberg resp. an die Ortsvorstände und zwar für die versicherungspflichtigen Personen Seitens der Arbeitsgeber, für die freiwillig beitretenden und für die aus der bisherigen Beschäftigung ausgeschiedenen und einer anderen Krankenkasse nicht beigetretenen Personen, sofern dieselben nach § 11 des Gesetzes ihren Anspruch auf Krankenunterstützung aufrecht erhalten wollen, von diesen selbst einzuzahlen.
Für Diejenigen, welche im Laufe einer Woche Mitglieder der Kasse werden, ist der auf diese Woche entfallende, tageweise zu berechnende Beitrag mit dem ersten vollen Wochentage zu entrichten. Die Zahlungen werden in Gegenwart der Zahlenden in die Hebungsregister (§ 11) eingetragen, besondere Quittungen aber nicht ertheilt.
§ 10.
Der Magistrat resp. die Ortsvorsteher haben darüber zu wachen, daß die Beiträge rechtzeitig geleistet werden, und event. für deren executivische Einziehung durch bezüglichen, spätestens 8 Tage nach der Fälligkeit bei Großherzoglicher Landvogtei zu stellenden Antrag Sorge zu tragen.
§ 11.
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§ 12.
Jeder kraft des Gesetzes oder freiwillig versicherten Person ist an Krankenunterstützung zu gewähren:
1. vom Beginn der Krankheit ab freie ärztliche Behandlung, Arzenei, sowie Brillen, Bruchbänder und ähnliche Heilmittel,
2. im Falle der Erwerbsunfähigkeit, vom dritten Tage nach dem Tage der Erkrankung ab, für jeden Arbeitstag ein Krankengeld in Höhe der Hälfte des ortsüblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiter (§ 8 des Reglements.)
Die Krankenunterstützung endet spätestens mit Ablauf der dreizehnten Woche nach Beginn der Krankheit.
Das Krankengeld ist wöchentlich postnumerando am Ende der Woche zu zahlen.
§ 13.
Bei Krankheiten, welche die Betheiligten sich vorsätzlich oder durch schuldhafte Betheiligung bei Schlägereien oder Raufhändeln, durch Trunkfälligkeit oder geschlechtliche Ausschweifungen zugezogen haben, wird das Krankengeld nicht gewährt.
§ 14.
An Stelle der im § 12 vorgeschriebenen Leistungen kann freie Cur und Verpflegung in einem Krankenhause gewährt werden, und zwar
1. für Diejenigen, welche verheirathet oder Glieder einer Familie sind, mit ihrer Zustimmung, oder unabhängig von derselben, wenn die Art der Krankheit Anforderungen an die Behandlung oder Verpflegung stellt, welchen in der Familie des Erkrankten nicht genügt werden kann;
2. für sonstige Kranke unbedingt.
Hat der in einem Krankenhause Untergebrachte Angehörige, deren Unterhalt er bisher aus seinem Arbeitsverdienste bestritten hat, so ist neben der freien Cur und Verpflegung die Hälfte des im § 12 festgesetzten Krankengeldes zu leisten (§ 7 des Gesetzes).
§ 15.
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§ 16.
Unterstützungsanträge erkrankter versicherter Personen sind von diesen selbst oder deren Beauftragten (resp. den Arbeitgebern) an den Magistrat resp. den Ortsvorstand - in dessen Abwesenheit an dessen Vertreter - wo die Beiträge gezahlt werden, zu richten. Der Letztere hat sich sofort persönlich davon zu überzeugen, ob die
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 3]beantragte Unterstützung erforderlich ist, und wenn dieses der Fall, ohne Verzug den für den Bezirk bestellten Arzt zu veranlassen, den Kranken zu besuchen und eine schriftliche Bescheinigung darüber auszustellen, ob der Erkrankte erwerbsunfähig ist oder nicht.
Wegen Verabfolgung der vom Kassenarzte verordneten Arzneien ist die für den Bezirk bestellte Apotheke vom Magistrat resp. vom Ortsvorsteher unter Uebermittelung der vom Arzte mit dem Vermerk "Gemeindekrankenversicherung" zu versehenden Recepte zu requiriren.
§ 17.
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§ 20.
Der Magistrat und die resp. Ortsvorstände sind der Großherzoglichen Landvogtei persönlich dafür verantwortlich, daß Krankenunterstützung nur wirklich kranken Personen gewährt wird, und dürfen sie demnach Krankengeld nur auszahlen, wenn der betreffende Kassenarzt die Erwerbsunfähigkeit des Erkrankten schriftlich bescheinigt hat.
§ 21.
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Schönberg, den 20. April 1885.
Großherzoglich Meckl. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben. von Dewitz.
Anzeigen.
In Sachen betreffend die Zwangsversteigerung des dem Schuhmachermeister Chr. Kleinfeldt zu Schönberg gehörigen, daselbst vor der Marienstr. sub Nr. 63 belegenen Wohnhauses c. p., ist zur Erklärung über den Theilungsplan, sowie zur Vertheilung der Masse; ein Termin vor dem unterzeichneten Gericht auf
Freitag, den 22. Mai 1885,
Vormittags 11 Uhr,
angesetzt, zu welchem die Beteiligten mit dem Bemerken geladen werden, daß der Theilungsplan auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht niedergelegt sein wird und daß gegen einen in dem Termine nicht erschienenen Gläubiger angenommen werden wird, daß er mit der Ausführung des Planes einverstanden ist.
Schönberg, den 23. April 1885.
Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
W. Wetzel.
Kampf= genossen- |
|
Verein 1870/71. |
I. ordentliche Versammlung im XIII. Vereinsjahr.
Sonntag, den 10. Mai, Nachmittags 3 1/2 Uhr.
Tagesordnung: Jahres= und Cassenbericht fürs verflossene Jahr. Besprechung über die Sanitäts=Colonne. Wahl eines Delegirten nach Friedland.
Der Vorstand.
Für die liebevolle Theilnahme bei der Beerdigung unseres lieben Mannes und Vaters, des Tischlermeisters Fick, sagen ihren herzlichsten Dank
die Hinterbliebenen.
Schönberg, den 30. April 1885.
Butterfarbe,
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Voss & Schwoll,
Lübeck, ob. Wahmstr. Nr. 6.
Während der Markttage
Musikalische Vorträge,
der Singspielgesellschaft Braun.
Um geneigten Zuspruch bittet ergebenst
J. Krüger.
Sonntag, d. 3., Montag, d. 4., Dienstag, d. 5. Mai
Concert
der Gesellschaft Lewertoff aus Hamburg.
Sonntag und Montag Anfang: 6 Uhr Abends.
J. Köster Wwe.
Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich den Schönberger Markt mit einer sehr großen Auswahl
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besuchen werde.
Mein Stand ist vor der Apotheke.
Hochachtungsvoll
J. Schleuß, Lübeck.
Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend die Anzeige, daß ich mit meinen selbstverfertigten
Schuhwaaren
zum bevorstehenden Markte wieder kommen werde. Stand: vor der Thür des Herrn Zimmermeister Westphal.
Johannes Rohwedder.
Schuhmachermeister aus Preetz.
Angeriebene
Oelfarben in Blechdosen,
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ferner alle Arten Maler= & Maurerfarben
trocken, Leinöl, Firniß, Lacke, Pinsel etc.
empfehlen in bester Qualität
Voss & Schwoll,
Lübeck, ob. Wahmstr. Nr. 6.
Zu verkaufen
Eine gute Schustermaschine
bei Reimers,
Neue Wallstraße, Schönberg.
Warnung!
Auf meiner unterhalb der Wallstraße belegenen Wiese ist mir in letzter Zeit durch Kinder Unfug verübt, namentlich ist mein Torfkasten zerschlagen und Ostbäume im Garten losgerissen. Ich werde jeden darauf Betroffenen dem Gerichte anzeigen, sowie die Eltern der betreffenden Kinder zur Verantwortung ziehen.
Wittwe Kleinod.
Einige Fuder Dung,
sowie mehrere
Centner Heu u. Maschinenstroh,
hat noch abzugeben
Joh. Krüger.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 4]Aachener und Münchener Feuer=Versicherungs=Gesellschaft.
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Der Geschäftsstand der Gesellschaft ergiebt sich aus den nachstehenden Resultaten des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1884:
Grundkapital |
M. |
9,000,000 - |
Prämien=Einnahme für 1884 |
M. |
7,742,389 60 |
Zinsen=Einnahme für 1884 |
M. |
795,167 70 |
Prämien=Ueberträge |
M. |
5,466,700 80 |
Uebertrag zur Deckung außergewöhnlicher Bedürfnisse (einschließlich des nach Art. 185 b/239b des Gesetzes vom 18. Juli 1884 zu bildenden Reservefonds von M. 900,000) |
M. |
4,860,377 30 |
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--- |
---------------- |
|
M. |
27,864,635 40 |
Versicherungen in Kraft am Schlusse des Jahres 1884 |
M. |
5,008,384,398 - |
Aachen, den 1. Mai 1885.
Die Direktion.
Trostorff.
Hagelschaden=Versicherungs=Verein für Mecklenburg=Schwerin und Strelitz
zu Grevesmühlen.
Die Districte des Vereins werden von den nachstehenden Herren vertreten:
I. District: Grevesmühlen=Ratzeburg
Vorsteher: Herr Molter=Parber,
Substitut: Herr Major Görbitz=Löwitz,
II. District: Gadebusch=Hagenow
Vorsteher: Herr Revierförster Rochow=Zachun,
Substitut: Herr Eißfeldt=Harste,
III. District: Parchim=Malchow
Vorsteher: Herr Quade=Malow,
Substitut: Herr Baumann=Dütschow,
IV. District: Güstrow=Sternberg
Vorsteher: Herr Schröder=Gr. Niendorf,
Substitut: Herr Döhn= Holzendorf,
V. District: Neubuckow=Bützow
Vorsteher: Herr Uhthoff=Kl. Warin,
Substitut: Herr Köster=Kleekamp,
VI. District: Rostock=Tessin
Vorsteher: Herr von Walsleben=Kneese,
Substitut: Herr Heucke=Cammin,
VII. District: Malchin=Laage
Vorsteher: Herr Behm=Dehmen,
Substitut: Herr Busch=Lüningsdorf,
VIII. District: Waren=Strelitz
Vorsteher: Herr Martens=Christinenhof,
Substitut: Herr von Hobe=Lansen.
Die neu revidirten Statuten werden in den nächsten Tagen den Herren Vereins=Mitgliedern unter Kreuzband zugestellt und wird auf den § 35 derselben aufmerksam gemacht, nach welchem die Beiträge nach Gefahr=Classen erhoben werden, je nachdem die betreffenden Felder in den letzten zehn Jahren von Hagel beschädigt sind. Statuten und Formulare zu den Antragslisten sind von dem Unterschriebenen zu beziehen und tritt die Versicherung in Kraft, so bald die ordnungsmäßig ausgefüllten Antrags=Listen hier eingehen.
Grevesmühlen, den 20. April 1885.
Der Secretair des Vereins.
Senator Freytag.
Vom 15. December v. J. bis heute sind folgende Verluste bei unserem Verein angemeldet:
1. Vom Schulzen Lühr zu Lüdersdorf 1 Pferd 500 M.
2. Vom Hauswirth Holst zu Lankow 1 Kuh 120 M.
3. Vom Hauswirth Planthaber zu Gr. Mist 1 Kuh 135 M.
4. Vom Hauswirth Ahrendt zu Gr. Siemz 1 Kuh 135 M.
5. Vom Hauswirth Gerds zu Selmsdorf 1 Pferd 500 M.
6. Vom Büdner Meier zu Lankow 1 Kuh 135 M.
7. Vom Kutscher Kaben zu Kl. Rünz 1 Kuh 135 M.
8. Vom Pächter Bielfeldt hier 1 Kuh 135 M.
9. Vom Schulzen Faasch zu Selmsdorf 1 Kuh 135 M.
und werden unsere Mitglieder ersucht zur Deckung dieser Schäden und der Verwaltungskosten einen Beitrag von 60 Pf. pro 100 Mk. Versicherungssumme
am Sonnabend, den 2. Mai d. J., Morgens 10 Uhr
im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 23. April 1885.
Die Direction des Viehversicherungs=Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.
As. Ahrendt. Wilh. Heincke.
Am 1. Marktage,
fahre ich mit meinem großen Omnibus folgende Touren:
Von der Neuenwelt Morgens 10 Uhr u. Mittags 1 Uhr,
von hier (Gastw. Boye) Nachts 12 Uhr.
Ludw. Schütt.
Zur Erlernung der Wirthschaft findet
ein junges Mädchen
zu Johannis freundliche Aufnahme
im Pfarrhaus zu Carlow.
(Hierzu eine Beilage.)
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 5]Beilage
zu Nr. 34 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
Schönberg, den 1. Mai 1885.
Man muß dem Reichstage lassen, an den ewigen Zöllen hat er selbst keine Freude, und Viele treiben ihre Abneigung so weit, daß sie die Zölle und den Reichstag lieber ganz schwänzen. Das Haus mußte manchmal auf seine Beschlußfähigkeit ausgezählt werden; da das aber eine mühsame und langweilige Geschichte ist, so hilft man sich neuerdings anders und zählt lieber die Hüte, die im Vorzimmer hängen, die ohnehin eher still halten als die Köpfe. So geht's viel schneller. Die Gefahr liegt freilich nahe, daß mancher Abgeordnete nur seinen Hut in den Reichstag schickt, wie Carl XII. seinen Stiefel, und selber zu Hause bleibt. Zu Ehren des Präsidenten sei's übrigens gesagt, daß kein Laub jetzt sicherer zu bekommen ist als - Urlaub. In der Sitzung des Reichstags vom Montag erklärte der Präsident v. Wedell, daß er nun Niemanden mehr beurlauben werde, denn 94 Urlaubsgesuche habe er bisher schon bewilligt. Das Haus nahm dann nach dem Antrag der Commission für Raps, Rübsamen, Mohn, Sesam, Erd=Nüsse etc. die beantragten Zölle von 2 Mk. mit einer Zollvergütung für die exportirende Oelmüllerei an. Baumwollensaat bleibt zollfrei Bei Palm= und Kokusnußöl verbleibt es bei dem bisherigen Zoll von 2 Mk. Ebenso bei dem Schmalzzoll in Höhe von 10 Mk. Stearinsäure, Palmitinsäure und Paraffin werden mit einem Zoll von 10 Mk. belegt, Bienenwachs, Pflanzenwachs und Erdwachs zahlen gereinigt 100 kg 15 Mk. Fischthran zahlt 3 Mk., Talg von Rindern und Schafen, Knochen= und sonstiges Thierfett 2 Mk. Petroleum und andere Mineralöle werden auf 6 Mk. belassen, nur wird das Schmieröl ausgeschieden und unter die zollfreien Gegenstände gestellt.
Die Dauer der Reichstagssession über Pfingsten hinaus ist eine beschlossene Sache. Ganz abgesehen davon, daß der Zolltarif längere Zeit in Anspruch nimmt, als man vorausgesehen, bleiben noch andere Aufgaben unerledigt. Fürst Bismarck, sagt man jetzt, will auf die Durcharbeitung der socialpolitischen Gesetzentwürfe nicht verzichten. Wenn nicht der passive Widerstand, welcher sich in der Beschlußunfähigkeit manifestirt, der Session ein Ende macht. So übersommert dieselbe. Die Verantwortung und die Sorge für die Beschlußfähigkeit des Reichstages liegt natürlich den Mehrheitsparteien ob.
Unter dem Vorsitz des deutschen Kronprinzen hat am Donnerstag und Freitag in Berlin der engere Ausschuß des preußischen Staatsraths getagt und sich für Einführung einer procentualen Börsensteuer ausgesprochen. Auch der Reichskanzler wohnte dieser Sitzung bei, aber schweigend.
Gelegentlich der Verdoppelung des Eingangszolls auf Tabak erklärte Unterstaatssecretär Dr. v. Mayr im Landes=Ausschuß von Elsaß=Lothringen, die Regierung sei darauf bedacht, zu "einer gründlichen Abhilfe für den einheimischen Tabakbau zu schreiten."
Nicht nur über die staatsrechtliche, militärische und soziale Fragen läßt sich der Kaiser durch seine Räthe auf das Genauste tagtäglich unterrichten, sondern auch die Kolonialpolitik verfolgt er bis ins Einzelne hinein. In Anknüpfung an diese Thatsache wird jetzt ein Anspruch des Kaisers mitgetheilt, welcher beweist, mit welchem tiefen historischen Bewußtsein er noch in so hohem Alter seine Mission erfüllt. "Jetzt erst," soll er gesagt haben, "kann ich dem großen Mann auf der Kurfürstenbrücke" - dort steht das Schlütersche Reiterstandbild des Großen Kurfürsten - "mit gutem Gewissen vor die Augen treten, nachdem ich, was er vor zwei Jahrhunderten begann, auch jenseits des Meeres weiter ausgebildet habe." Der große Kurfürst hat bekanntlich schon den Versuch gemacht in Afrika eine Kolonie zu gründen. Auf Grund der in den Archiven noch vorhandenen Aktenstücke ist von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des Generalstabes kürzlich eine genaue historische Darstellung der ersten, unter dem Großen Kurfürsten ins Werk gesetzten Kolonialbestrebungen in Afrika, welche Hand in Hand mit den ersten Bestrebungen für Gründung einer Marine gingen, ausgearbeitet worden. Diese Denkschrift ist auch dem Fürsten Reichskanzler zu seinem jüngsten Geburtstag auf Befehl des Kaisers überreicht worden.
Die Vermählung des Prinzen Albert von Sachsen=Altenburg mit der verwittweten Prinzessin Heinrich der Niederlande wird am 6. Mai in Berlin im Palais des Prinzen Friedrich Karl von Preußen, des Vaters der Braut, im engsten Familienkreis festlich begangen werden.
Die deutschen Prinzen kommen schnell unter die Haube. In Wien hat sich am Sonntag der Erbgroßherzog von Baden mit der Prinzessin Hilda von Nassau verlobt. Sie sind beide noch jung.
Nachträgliche Mittheilungen zur Bismarckfeier. Auf die Zusendungen, welche Fürst Bismarck zu seinem Geburtstage erhalten hat, sind in diesen Tagen die letzten Antworten erfolgt. Außer 560 Geschenken und abgesehen von 3 Ehrendoctor=Diplomen (Göttingen, Tübingen, Erlangen), 5 Ehrenbürgerbriefen (Saarbrücken, Kissingen, Blankenburg a. H., Osnabrück, Reichenhall) und 23 Begrüßungen derjenigen Städte, deren Ehrenbürgerrecht der Fürst bereits seit früher besitzt, sind ihm 175 Adressen von Corporationen und Vereinen in zum Theil sehr kunstreicher Ausstattung, 2644 telegraphische und 2238 schriftliche Begrüßungen zugegangen. Gegen 1500 weitere Zuschriften eigneten sich noch nicht zur Beantwortung - Die "N. A. Ztg.", der wir obige Mittheilungen entnehmen, bemerkt dazu: "Die große Zahl der beantworteten Kundgebungen (5643) läßt die Erwartung berechtigt erscheinen, daß die Verzögerung der einzelnen Antworten von den Empfängern nicht übel vermerkt werden wird; die Erledigung nach Maßgabe der überhaupt vorhandenen Arbeitskräfte konnte nicht wohl früher bewirkt werden."
Fürst Bismarck schreibt seit einer Woche trotz England und Rußland mehr Briefe als Noten, nämlich Dankbriefe an die, die ihm zum 70. Geburtstag gratulirt haben. Nun bereut's Mancher, der nicht gratulirt hat; denn ein eigenhändiger Brief von Bismarck ist jetzt schon unter Brüdern und Sammlern ein Heidengeld werth und vollends in 100 Jahren. Mancher macht sich noch eine Extrafreude, daß er Bismarcks Briefe in den Zeitungen abdrucken läßt. Der Kanzler läßt sich beim Schreiben von seinem ältestem Sohn und seinem Schwiegersohn, dem Grafen Rantzau helfen; aber unterschreiben thut er selber. Nur der jüngere Sohn, Graf Wilhelm, kann ihm nicht helfen; denn der hat selber Briefe an seine Braut zu schreiben, wobei er sich von niemandem helfen läßt.
Geh. Rath Dr. Koch, der Entdecker der Bacillen, ist zum ordentlichen Professor an der Berliner Universität und zum Geheimen Medicinalrath ernannt worden.
Die "Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht eine längere Zuschrift aus gewerblichen Kreisen, die sich sehr warm für das Zustandekommen einer allgemeinen Deutschen Industrie=Ausstellung für das Jahr 1888 ausspricht. Dadurch wird die Annahme, daß der polemische Artikel der "Berl. Pol. Nachr." gegen die Ausstellung, öfficiösen Ursprungs sei, wieder in Zweifel gerückt.
In Oesterreich tobt gegenwärtig der Wahlkampf, zwar vor der Hand nur in den ersten Anfängen, doch sind diese schon heftig genug. Es gilt das Abgeordnetenhaus des gemeinsamen Reichsrath, welches am Ende seiner gesetzmäßigen 6jährigen Periode angelangt ist, neu zu wählen. Das Haupt=
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 6]interesse dreht sich darum, ob die zukünftige Mehrheit eine deutsche oder czechische sein wird.
In Paris will man wissen, die Pforte habe beim Fürsten Bismarck dringend angefragt, was Deutschland thun werde, wenn die Englische Flotte unter Gewaltanwendung die Dardanellen durchsegelte, und die Antwort erhalten, Deutschland könne deshalb weder der Türkei noch England den Krieg erklären.
Aus China sind in Paris in den letzten Tagen recht friedliche Nachrichten eingelaufen, so daß man annehmen darf, der endgültige Friedensvertrag zwischen dem Kaiser von China und der französischen Republik werde bald unterzeichnet werden können. Dagegen hat es in Aegypten wieder ein "Zwischenfällchen" gegeben. Dort erschien nämlich bisher in Kairo ein französisches Journal, der "Pos phore Egyptien", der aber zuweilen recht böse Artikel gegen die egyptische Regierung brachte. Nun hat die egyptische Regierung dieses Blatt unterdrücken lassen und darüber ist man in Paris derartig verletzt, daß dem französischen Konsul in Kairo befohlen worden ist, jede offizielle Verbindung mit der Regierung des Khedive abzubrechen.
Seit dem Sturze des Kaiserreichs im Jahre 1870 hat die französische Republik 18 Ministerien und rund etwa 200 Minister verbraucht. Die Dauer eines Ministeriums hat im Durchschnitt nur 9 Monate gedauert. Ferry hat es mit seinem Ministerium bis zu 2 Jahren gebracht; dafür ist er dann aber gestürzt worden wie vor ihm noch keiner. Und warum? - Weil die französische Armee in dem "tonkinesischen Abenteuer" eine Schlappe erlitten hatte, als deren wirklicher Verlust 5 Todte 40 Verwundete und 1 Vermißter constatirt wurden. Jetzt ist Herr Brisson an der Reihe. Wollen sehen, wie lange er es aushalten wird.
Die Reise des englischen Thronfolger=Paares durch Irland ist beendigt. Der Prinz und die Prinzessin von Wales haben sich in Larne an Bord ihrer Yacht eingeschifft, um nach London zurückzukehren. Der Prinz hatte vorher in Carrickfregus eine Abschiedsrede gehalten, in welcher er seine hohe Befriedigung über den ihm zu Theil gewordenen Empfang und den lebhaften Wunsch aussprach, daß die Wohlfahrt Irlands sich weiter entwickeln werde.
In London jagt gegenwärtig ein Cabinetsrath den anderen. Ob bei Tag, ob bei Nacht, es wird, sowie eine neue Depesche anlangt, eine neue Ministerconferenz zusammenberufen, die über "die Lage" berathen muß. Augenblicklich ist nicht mehr die Pendjeh=Affaire im Besonderen, sondern vielmehr eine sowohl Rußland wie England befriedigende Regulierung der Grenzen in Afghanistan im Allgemeinen Gegenstand der Berathungen und Unterhandlungen. Wie lang es dauern wird, bis diese Frage entschieden ist, das ruht natürlich im Schooße der Götter.
- In der Nähe von Mölln, im Dorfe Schretstaken, ist am Sonntag Nachmittag ein Doppelmord an den ca. 60 Jahre alten Eheleuten Stephan verübt. Die That ist mittels eines Beiles, welches man an dem Thatorte vorfand, verübt, mit welchem beiden Opfern in ihrer Wohnstube der Schädel eingeschlagen wurde, und zwar dem Manne rücklings beim Schreiben eines Briefes. Alles deutet darauf hin, daß der Mord von Hausgenossen verübt ist, und wurde daraufhin der Kathenbesitzer Pöhls verhaftet, der aber die That leugnet, doch sprachen viele Verdachtsgründe gegen ihn. Pöhls hat sich in Schretstaken von einem Schlachter 60 M. geliehen mit dem Bemerken, er würde dieselben bald zurückerstatten, die bei ihm lebenden Altentheiler stürben bald, und dergleichen mehr. Er ist ein etwa 30 Jahre alter, großer, kräftiger Mann, er schaute das stundenlang auf ihn harrende Publikum bei seiner Verhaftung frei ins Gesicht und grüßte begegnende Bekannte. Die Untersuchung wird das Nähere ergeben.
- In Berlin striken wieder einmal 1200 Tischler, weil ihnen der geforderte Minimallohntarif für Spezialarbeiten nicht bewilligt worden ist. Ein Theil der Schmiedegesellen scheint sich den Tischlern anschließen zu wollen. Müssen die viel Geld haben!
- Auch die Kasse der Tischlergesellen in Königsberg scheint gut gefüllt zu sein, denn auch dort haben 800 Mann die Arbeit eingestellt wie ihre Collegen in Berlin.
- Gottlob, daß tüchtige Aerzte immer wieder nachwachsen. Professor v. Frerichs in Berlin wird wahrscheinlich durch Professor Dr. Gerhardt in Würzburg ersetzt werden, der ein geborner Bayer ist, mehrere Jahre die medizinische Klinik in Jena geleitet hat und als Spezialität für Hals= und Brustkrankheiten bekannt ist.
- Eugen Singer, der junge Commis in Berlin, der dem Kaiser ein Fenster eingeworfen hat, ist von den Aerzten für verrückt erklärt und ins Irrenhaus Dalldorf gebracht worden.
- Ein Qellensucher und, was mehr ist, ein Quellenfinder macht in der Nähe von Ulm jetzt viel von sich reden. Er heißt Beraz und übernimmt sogar schon eine gewisse Garantie, daß da, wo er es voraussagt, sich Quellen vorfinden. Er hat im Beisein der Behörden an einem Tag nicht weniger als 3 Quellen in Tiefe von 18, 20 und 24 Metern aufgesucht und auch aufgefunden.
- In der Provinz Hannover sind augenblicklich nicht weniger als 150 lutherische Predigerstellen unbesetzt.
- Die letzten der ausgestellten wilden Völker sollen nicht gerade die besten sein. Für den zoologischen Garten in Frankfurt a/M. sind als Besuch für die nächsten Wochen "Austral=Ureinwohner" engagirt. Ihr Führer Cunningham nennt sie tätowirte Kannibalen. Als Vertreter der niedrigst stehenden Menschengattung und Menschenfresser stehen sie den Thieren am nächsten und passen allerdings besser in den Rahmen eines zoologischen Gartens, als ihre Vorgänger, die Abessinier, Nubier, Eskimos, Indier und Tartaren. Der Cursus der Anschauungen wilder Völkerschaften wird damit wohl beendigt sein. Viele Besucher des Thiergartens sind wenig erfreut über diese sich oft wiederholenden Menschen=Ausstellungen.
- Wer den Vögeln, unseren kleinen Musikanten des Waldes, einen Gefallen erweisen will, der sorge, so weit es in seinen Kräften steht, für Brutstätten. Der Mangel an Brutstätten vertreibt die kleinen Sänger immer mehr aus der Nähe der Städte und Dörfer, Schafft man aber Nist=Gelegenheiten im Garten und am Haus, dann sind sie gar bald wieder da, denn sie sind gern in der Nähe der Menschen.
- Im Sommer und Herbst, bis zum Frost hin, ist die Georgine die Hauptzierde des Gartens. In diesem Jahre feiert diese schöne Blume ihren 100jährigen Einzug in Europa.
- In der Erbschaft eines Hamburger Rentiers fand sich ein altes Brillenfutteral. Lachend wies man es einer Nichte des Verstorbenen als Andenken zu; als sie aber ihre Brille hineinstecken wollte, fand sie Widerstand, untersuchte das Futteral und was stak ganz zerknittert und verkrüppelt drin? Ein 1000 Markschein und drei 5 Markscheine. Man machte große Augen, aber schnell fand Einer des Räthsels Lösung. Der Rentier hatte vor einigen Jahren 1015 Mark Miethszins eingenommen, war einen Augenblick hinausgegangen und dann waren die Scheine nicht mehr zu finden, ein Dienstmädchen war wegen Verdachts entlassen worden; der alte vergeßliche Herr hatte das Geld in dem Futteral aufgehoben.
- Der Volkswitz nennt das Artillerie=Regiment in Frankfurt a. O. die Hussiten. Es dient nämlich in ihm ein Feldwebel Huß, ein Nachkomme des auf dem Scheiterhaufen s. Z. verbrannten Glaubenskämpfers Johnnes Huß im 13. Glied. Die Papiere über seine Abstammung sind, wie dies bei einem Feldwebel vorauszusetzen, in bester Ordnung. Nur das eine trifft bei ihm nicht zu, daß gebrannte Kinder das Feuer scheuen; denn 1866 und 1870 ging er tüchtig ins Feuer.
- Die Züricher haben's Schwarz auf Weiß, wie viel Geld gutes Wasser kostet. Für die Was=
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 7]serversorgung der Stadt haben sie bis jetzt schon 6 1/2 Millionen Franks aufgewendet und müssen wiederum 2 Millionen zur Verbesserung ausgeben, weil sich das Wasser bei der letzten Typhusepidemie nicht gut bewährt hat.
- Ein merkwürdiges Grab, an welches sich eine gleich merkwürdige Geschichte knüpft, hat, wie "Hann. C." geschrieben wird, das kleine Dorf Buttel, das nördlichste Dorf der Osterstadter Marsch, aufzuweisen. Das Grab mit seinem hühnenartigen Decksteine von grauem Sandstein fällt sofort in die Augen, wenn man nur den kleinen Friedhof betritt. Die Inschrift ist lange schon unleserlich geworden; nur wenige Buchstaben sind noch zu erkennen. Einige vogelartige Figuren sollten Tauben vorstellen, wie hier überall gedeutet wird. Das ist das weit und breit bekannte Grabmahl des Hacke Botke (im Munde des Volkes gewöhnlich Hacke Betje gesprochen.) Der Name ist friesisch und durch unsere gewöhnlichen Mannesnamen nicht wiederzugeben. Die Geschichte dieses Mannes erinnert sehr an den altgriechischen Sänger Ibikus mit seinen Kranichen, den Schiller in seinen Kranichen des Ibikus besungen hat. Das Kirchenbuch berichtet darüber: "1618 den 27. Oktober ist Hacke Bätken (nahe bi der Kirchen) auf dem Lesmer Felde, als er aus dem Braunschweigischen, Viehhandels wegen, wiedergekommen, ermordet." Auf dem Leichensteine finden sich die Worte: "1618, den 26. October., in der Nacht tho dre Uhr ist de ehrsame unte vornehme Hacke Bätken up den Lesmer Felde von den obengenannten dre Mörderers ermordet, berowet und bestahlen. Siner Seelen Gott gnädig ist. Des Vogedes Sohne tho Wremen, Willem Freese, unde Johann Hillicken uth der Bulkauw (= Bülkan) unde Frerich Rinsel von Berlin uther Marke. Gott gebe den Mörderern ehr verdenene Lohn." - Die sich daran knüpfende Geschichte wird folgendermaßen erzählt. Einige Zeit, nachdem man Hacke Bätke ermordet gefunden, wird in Deedesdorf ein Jahrmarkt abgehalten. Die 3 noch unbekannten Mörder, Freese, Hillicken und Rinsel sind dort anwesend. Als plötzlich ein Schwarm Tauben von den Dächern auffliegt, bricht einer der Mörder in die Worte aus: "Seht, da sünd Hacke Bätke siene Duben!" Doch ihm ist kaum das Wort entfahren, möcht' er's im Busen gern bewahren. "Hacke Bätke? Hacke Bätke? Was wißt Ihr von Hacke Bätke? Sprecht!" Umsonst ist all' ihr Leugnen und Sträuben - sie werden festgenommen - das Wort "Hacke Bätke siene Duben" wird für sie verhängnißvoll. Peinlich befragt, bekennen sie denn auch bald, Hacke Bätke ermordet zu haben. Und als Sie weiter befragt werden, wie sie denn gerade auf das Wort "Hacke Bätke siene Duben" gerathen, da kommt Alles an den Tag. Wie sie den Viehhändler in den Sand gestreckt, da fliegt eben auch ein Schwarm Tauben auf und brechenden Auges ruft der Sterbende aus: "Ji Duben, ji Duben! bringt et an den Dag!" Wie er es gesprochen, ist es gekommen. Das böse Gewissen hat den Mördern keine Ruhe gelassen, bis das Verbrechen gesühnt war.
- 3000 Gulden Hanorar schickte ein Millioneser seinem Arzte, der ihn vom Tode gerettet hatte. Das war aber dem verwöhnten Arzte nicht genug; er klagte zwar nicht, setzte sich vielmehr hin und quittirte dankend, ließ aber sein Staunen einfließen, daß ein so reicher Mann auch wie arme Leute Abschlagszahlungen mache.
- Ein Reclameheld. Barnum, der berühmte Mann des Humbugs und der Reclame, betreibt sein Geschäft in einem Maßstab, der es wirklich verdient, Aufsehen zu erregen. Er beschäftigt ständig nicht weniger als 700 Personen, Akrobaten, Kunstreiter, Riesen, wilde Männer, Diener, Controleure u. s. w. Ferner hat er 400 Pferde und 30 Elephanten. Seine Menagerie besteht aus einigen hundert Thieren, darunter 18 Löwen, 20 Kameele, 18 Dromedare, Tiger, Bären, Panther, Giraffen, Zebras etc. Im Winter ist Barnum in New=York, im Sommer reist er herum und gibt in 150 Städten Vorstellungen. Von welchem Umfang sein Geschäft ist, davon mögen folgende Zahlen einen Begriff geben. Im vorigen Jahr nahm er in Boston an einem Tag 70 000 Mk., in 10 Tagen 437 500 Mk., ein. In der Reisezeit betragen seine täglichen Ausgaben durchschnittlich 17 500 Mk., die Einnahmen 40 300 Mk., sodaß ihm ein täglicher Verdienst von 22 800 Mk. bleibt.
- Treffende Antwort. In einer Volksversammlung zu Paris fragte neulich ein Redner mit Emphase: "Warum regen sich die großen Männer Frankreichs nicht? - Warum bleiben sie kalt und unbeweglich bei der Noth unseres Vaterlandes?" - "Weil sie in Bronze gegossen sind", gab eine sarkastische Stimme von der Gallerie zur Antwort.
Thierschau in Schönberg.
1. In Folge Beschlußes des Landwirth. Vereins und mit Genehmigung Großherzoglicher Land=Vogtei findet am
Freitag, den 5. Juni d. J.
auf dem s. g. Baubrink hieselbst eine Thierschau, verbunden mit Gewerbeausstellung und Tombola statt.
2. Jedem steht es frei, Thiere zur Schau zu stellen; indeß concurriren zu den Prämien nur Mitglieder des Landwirth. Vereins und Viehbesitzer des Fürstenthums Ratzeburg, keine Ausländer.
3. Nichtmitglieder des Landwirthschaftl. Vereins, welche Vieh zur Schaustellung bringen, haben 3 M. zu bezahlen. - Für Ziegen wird kein Standgeld erhoben.
4. Es sind folgende Prämien ausgesetzt:
A. für Pferde:
a) für die beste 4jährige und ältere Stute 40 M.
b) für die nächstbeste 30 M.
c) für die drittbeste 20 M.
d) für die beste 3jährige Stute 30 M.
e) für das beste Wagenpferd 40 M.
f) für das nächstbeste 30 M.
g) für das beste Ackerpferd 36 M.
h) für das beste 2jährige Füllen 24 M.
i) für das beste 1jährige Füllen 24 M.
und einige Ehrenprämien.
B. für Rindvieh:
a) für den besten 2jährigen oder älteren Bollen 20 M.
b) für den besten 1jährigen Bollen 15 M.
c) für die beste Milchkuh - Preis der Stadt Schönberg 50 M.
d) für die nächstbeste 35 M.
e) für die drittbeste 30 M.
f) für die viertbeste 20 M.
g) für die beste 2= oder 3jährig Starke 25 M.
h) für die nächstbeste 20 M.
i) für die drittbeste 15 M.
C. für Schweine:
a) für den besten Züchter 18 M.
b) für die beste Zuchtsau 15 M.
c) für die nächstbeste Zuchtsau 12 M.
D. für Ziegen:
a) für den besten Ziegenbock 10 M.
b) für die beste Milchziege - Preis der Stadt Schönberg 20 M.
c) für die nächstbeste 8 M.
d) für die drittbeste 5 M.
e) für die viertbeste 3 M.
5. Es dürfen nicht mehrere Prämien für dasselbe Thier ausgegeben werden und darf daher z. B. ein Pferd nicht gleichzeitig als Stute und Wagen= oder Arbeitspferd prämirt werden.
6. Jeder Preis wird nur ertheilt, wenn mindestens zwei Thiere concurrieren, es sei denn, daß die Preisrichter das allein zur Bewerbung stehende Thier für besonders preiswürdig halten.
7. Die Stellung sämmtlicher Thiere auf dem Baubrink, woselbst die Plätze angewiesen werden, muß spätestens 9 Uhr Morgens am Thierschautage geschehen sein. Die Thierschau wird pünktlich um 9 Uhr eröffnet.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 34 Seite 8]8. Mit Einsammlung freiwilliger Beiträge für die Thierschau ist der Stadtdiener Stree beauftragt. Uebrigens ist auch der Secretär des Landwirthschaftl. Vereins zur Entgegennahme freiwilliger Beiträger bereit. Derselbe vertheilt auch die für die Mitglieder des Landwirtschaftl. Vereins, sowie diejenigen, welche sich mit freiwilligen Beiträgen betheiligt haben, bestimmten Karten.
9. Einlaßkarten à 1 M. sind in Spehr's Hotel, beim Gastwirth Herrn Boye und am Thierschautage auf dem Festplatze zu bekommen.
10. Sämmtliche ausgegebene Eintrittskarten gelten auch für die mit der Thierschau verbundene Gewerbeausstellung.
Schönberg, den 24. April 1885.
Der Vorstand des Landwirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.
Zur Beachtung!
Von Besuchern des Rupendorfer Holzes sind am letzten Sonntag im dortigen Pflanzengarten verschiedene Pflanzen abgeschnitten, resp. aus der Erde gerissen. Wer den Thäter nachweist, so daß er gerichtlich zu belangen, erhält von mir 5 Mark Belohnung.
Schönberg, den 18. April 1885.
Der Oberförster.
C. Hottelet.
Thierschau
in Ratzeburg.
Bezugnehmend auf unsere vorläufige Bekanntmachung, zeigen wir hierdurch an, daß die Thierschau des St. Georgsberger Landwirthschaftlichen=Vereins, veranstaltet für den Kreis Herzogthum Lauenburg, die LübschenEnklaven und das Fürstenthum Ratzeburg
am 10. Juni d. J. in Ratzeburg
stattfinden wird.
Das Programm derselben wird demnächst näher bekannt gemacht werden.
Das Thierschau=Comite.
Gartengeräthe!
Spaten, Harken, Schaufel, Hacker, Wegeschaber, Kartoffelhacken, Blumenheber, Baumsägen, Rosenscheeren, Heckenscheeren in großer Auswahl empfiehlt
C. Schwedt.
Verzinnte
Stahlblechmilchsatten
nicht theurer wie thönerne, empfehle ich zu Fabrikpreisen
C. Schwedt.
Geölten= u. geglühten=, auch verzinkten Bedichtungsdrath zum Einfriedigen empfiehlt
C. Schwedt.
Eine kleine Wohnung
ist zu Michaelis zu vermiethen bei
Schlachtermeister Steinfatt.
Ein fast neuer
Roßgang
mit Häckelingsmaschine hat für 150 Rm. zu verkaufen
J. Voss, Tuchmachermeister.
Zubereitete
Oelfarben
trockene Farben, Firniß, Pinsel,
Fussbodenöl
hell und dunkel empfiehlt
C. F. Alm,
Drogen= u. Farben=Handlung.
Lübeck, Holstenstraße 22.
Warnung!
Auf meiner, unterhalb der Wallstraße belegenen Wiese ist mir in letzter Zeit vielfach durch Kinder Unfug verübt, namentlich sind die darauf befindlichen Erdhügel, muthwilligerweise auseinandergeworfen. Ich werde jeden darauf Betroffenen dem Gerichte anzeigen, sowie die Eltern der betreffenden Kinder zur Verantwortung ziehen; zu gleicher Zeit verbiete ich hiermit das Umwenden von Fuhrwerken ebendaselbst.
J. Ladendorf, Viehhändler.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 3. Mai.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.
Eintragungen in die Standes=Register des Standesamts=Bezirks Schönberg.
Geboren:
D. 28. März dem Schneidergesellen Kronbügel zu Schönberg ein Sohn.
D. 31. dem Uhrmacher Schumann zu Schönberg eine Tocht.
D. 3. April ein unehel. Sohn zu Schönberg.
D. 7. dem Schuhmacher Ludwig Meyer zu Schönberg eine Tochter.
D. 9. dem Krämer Hagen zu Ollndorf eine Tochter.
D. 7. dem Maurer Joachim Oldörp zu Schönberg ein Sohn.
D. 11. eine unehel. Tochter zu Schönberg.
D. 12. dem Knecht Heinrich Barkenthien, zur Zeit in Lübseerhagen, zu Schönberg ein Sohn.
D. 20. dem Kürschner Oldörp zu Schönberg ein Sohn.
D. 21. dem Schlachter Moll zu Schönberg eine Tochter.
Gestorben:
D. 2. April Heinrich Hans Asmus Dierck, Arbeitersohn zu Mahlzow, 1 J. 10 M. alt.
D. 5. Arbeiter Hans Heinrich Classen zu Mahlzow, 66 Jahr 3 Monate alt.
D. 5. Wilhelm Boye zu Schönberg, 2 Monat alt.
D. 9. Doris Emilie Petz, Tuchmachertochter zu Schönberg, 8 Mon. alt.
D. 11. Carl Georg Petzke zu Schönberg, 9 Tage alt.
D. 13. Fuhrmann Jochen Kramp zu Schönberg=Feldziegelei, 61 J. 3 Mon. alt.
D. 13. Anna Catharine Marie Törber, Arbeitertochter zu Mahlzow, 18 J, 7 M. alt.
D. 16. Heinrich Joachim Wilhelm Voß zu Bauhof=Schönberg, 3 Mon. alt.
D. 20. Margarethe Elisabeth Ohls geb. Peters, Schlachtermeisterfrau zu Schönberg, 43 J. 2 M. alt.
D. 20. Wilhelm Johann Joachim Heinrich Will, Arbeitersohn zu Schönberg, 2 J. 8 M. alt.
D. 21. Sophie Dorothea Catharine Woisin geb. Fahl, Zimmergesellenwittwe zu Schönberg, 90 J. 1 M. alt.
D. 21. Wilhelm Friedrich Franz Maaß, Hauswirthssohn zu Törpt, 5 J. 11 M. alt.
D. 22. Marie Barkenthin geh. Wigger, Arbeiterwittwe zu Schönberg, 86 J. 1 M. alt.
D. 26. Heinrich Christoph Matthias Fick, Tischlermeister zu Schönberg, 53 J. 5 M. alt.
D. 29. Wilhelmine Marie Dorothea Freitag, Maurergesellentochter zu Törpt, 3 J. 4 M. alt.
Eheschließung:
D. 14. April Knecht Jochen Heinrich Boye zu Rottensdorf und Catharina Maria Burmeister zu Rottensdorf.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
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