No. 52
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. Juli
1884
vierundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1884 Nr. 52 Seite 1]

      Das Impfgeschäft im Impfbezirk III (Domhof Ratzeburg) findet in diesem Jahre in nachbezeichneter Weise statt, und zwar:

I. im Impfdistrict Mannhagen:

bestehend aus den Ortschaften:

Hammer, Mannhagen, Panten und Walksfelde
a. Impfung der im Jahre 1883 geborenen Kinder
          und
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Mannhagen und Walksfelde

am Freitag, den 4. Juli d. J.
Nachmittags 2 Uhr resp. Nachmittags 4 Uhr

im Schulhause zu Mannhagen während die Revision der Schutzblattern

am Freitag, den 11. Juli d. Js.
Nachmittags 2 Uhr resp. Nachmittags 4 Uhr

in dem gedachten Locale vorgenommen werden wird.

II. im Impfdistrict Ziethen:

a. Impfung der im Jahre 1883 geborenen Kinder aus den Ortschaften:

Ziethen, Baek, Lankow, Mechow (Hof und Dorf), Römnitz und Wietingsbeck
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Ziethen, Baek und Lankow

am Sonnabend, den 12. Juli d. J.
Nachmittage 1 Uhr resp. Nachmittags 3 Uhr

im Schulhause zu Ziethen, während die Revision der Schutzblattern

am Freitag den 18. Juli d. J.,
Nachmittags 1 Uhr resp. Nachmittags 3 Uhr

in dem gedachten Locale stattfinden wird.

c. Impfung der im Jahre 1883 zu Domhof Ratzeburg und Palmberg geborenen Kinder und Wiederimpfung der Kinder aus der Ortsschule zu Domhof Ratzeburg

am Sonnabend den 19. Juli d. J.
Vormittags 10 Uhr

in der Wohnung des Herrn Dr. med. Arndt zu Domhof Ratzeburg, während die Revision der Schutzblattern

am Sonnabend den 26. Juli cr.

ebendaselbst stattfinden wird.

III. im Impfdistrict Schlagsdorf,

bestehend aus den Ortschaften

Schlagsdorf (Hof und Dorf), Campow, Hoheleuchte, Gr. Molzahn, Kl. Molzahn, Neuhof und Schlagbrügge
a. Impfung der im Jahre 1883 geborenen Kinder
          und
b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Schlagsdorf, Campow und Kl. Molzahn

am Sonnabend, den 19. Juli d. J.
Nachmittags 1 Uhr resp. Nachmittags 3 Uhr

im Schulhause zu Schlagsdorf, während die Revision der Schutzblattern

am Freitag, den 25. Juli cr.
Nachmittage 1 Uhr resp. 3 Uhr

in dem gedachten Locale angenommen werden wird.

        Schönberg, den 29. Juni 1884.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


[ => Original lesen: 1884 Nr. 52 Seite 2]

Bekanntmachung.

       Das diesjährige Ober=Ersatzgeschäft zur Aushebung der Militairpflichtigen des hiesigen Aushebungsbezirks findet statt

in Schönberg
im Boye'schen Gasthofe
am
Donnerstag, den 10. Juli.

       Zu demselben haben sich diejenigen Militairpflichtigen, welche nach Ausweis ihrer Loosungsscheine eine endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht zu gewärtigen haben, und denen besondere Ladungen zugehen werden. Morgens präcise 9 Uhr einzufinden.
       Es steht jedoch jedem Militairpflichtigen, der in den Grundlisten des Aushebungsbezirks verzeichnet ist, frei, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Ober=Ersatz=Commission etwaige Anliegen vorzutragen.
       Die bei der Musterung für diensttauglich befundenen Mannschaften gelangen zuerst zur Vorstellung.
       Im Anschluß an das Ober=Ersatzgeschäft findet die Superrevision der Temporair=Invaliden statt.
Militairpflichtige, welche im Termin nicht pünktlich erscheinen, haben, sofern sie nicht dadurch eine härtere Strafe verwirkt haben, auf Grund des §. 24, 7 der Ersatz=Ordnung eine Geldstrafe bis zu 30 M. oder Haft bis zu 3 Tagen zu gewärtigen, auch können denselben die Vortheile der Loosung entzogen werden. Ist dieses Versäumniß in böslicher Absicht oder wiederholt erfolgt, so werden sie dem Befinden nach als unsichere Dienstpflichtige zur sofortigen Einstellung gebracht werden.
       Die Ortsvorsteher haben für die pünktliche Gestellung der betreffenden Militairpflichtigen aus ihrer Ortschaft Sorge zu tragen.
       Schönberg, den 10. Juni 1884.

Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirkes für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben. Köppen.


In Sachen betreffend den öffentlich meistbietenden Verkauf der zu Gr. Mist belegenen H. Lührschen Hauswirthsstelle Nr. III steht zur Genehmigung des Gerichtsseitig abgesetzten Vertheilungsplanes event. zur Ausschüttung der Masse Termin auf

Mittwoch, den 9. Juli d. J.
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an, wozu die interessirenden Lühr'schen Gläubiger hierdurch unter dem Nachtheile geladen werden, daß die nicht erschienenen Gläubiger als den Vertheilungsplan genehmigend werden angesehen und die für sie berechneten Summen auf ihre Gefahr und Kosten werden deponirt werden.
Schönberg, den 1. Juli 1884.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

G. Arndt     


Antragsmäßig soll über die zu Schönberg resp. auf dem Schönberger Stadtfelde belegenen Grundstücke des Kaufmanns Wilhelm Schrep allhier, als

1) das zu Schönberg am Markt sub Nr. 219 belegene Wohnhaus c. p.
2) das im Köppenmoor sub Nr. 51 belegene Acker= und Wiesenstück,
3) das im Schlauenkamp sub Nr. 33 belegene Ackerstück
und
4) das im Schlauen sub Nr. 98 belegene Acker= und Wiesenstück
- welche Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden - ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 5. Juli, d. Js.,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg den 15. April 1884.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Antragsmäßig soll über das zu Domhof bei Ratzeburg sub Nr. 26 belegene Wohnhaus c. p. der Wittwe Loß, Magdalene geb. Prahl, daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Donnerstag, den 31. Juli d. J.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 10. Mai 1884.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Commission macht hierdurch auf die Bestimmungen in den §§. 89 und 91, der Ersatz=Ordnung vom 28. September 1875, betreffend die Nachsuchung der Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militairdienste und den Nachweis der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Befähigung mit dem Bemerken aufmerksam, daß die Herbst=

[ => Original lesen: 1884 Nr. 52 Seite 3]

prüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September stattfinden werden, und daß Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung bis zum 1. August d. J. angebracht werden müssen.
Schwerin, 26. Juni 1884.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.


Hagelschaden Versicherungs-Verein für Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz.

Die Herren Vereins=Mitglieder werden zu einer

am Freitag, den 4. Juli d. J.
Mittags 12 Uhr

in Stern's Hotel zu Schwerin stattfindenden außerordentlichen General=Versammlung hierdurch eingeladen.
Zur Verhandlung und Beschlußnahme kommen die von der Revisions=Committe empfohlenen Abänderungen in den Statuten, namentlich in Betreff der §§. 26 und 36 derselben, sowie über die Vertheilung der Beiträge nach Gefahr=Klassen. Die desfallsigen Vorlagen sind den Mitgliedern unter Kreuzband übersandt.
Grevesmühlen, den 6. Juni 1884.

Die Direction.
M. v. Leers auf Mühlen= Eixen.


Zu verkaufen:
gute Ferkel in der Meierei zu                          
                                                    Bauhof=Schönberg.


Wegen Verheirathung des bisherigen Mädchens gegen guten Lohn ein Mädchen gesucht im

Pfarrhaus zu Carlow.       


Verloren

1 Schirm mit Horngriff gez. Petersen zwischen, Demern und Carlow. Finder wird gebeten denselben abzugeben bei Herrn Gastwirth Eckmann, Carlow.


Sensen beste Qualität
sowie Forken aller Art empfiehlt                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Beste
selbstfabricirte Sensen
empfiehlt unter Garantie                          
Lockwisch.                                                    J. Teege, Schmiedemeister.


Heute empfangen                          
Berger Flomhering
prima Qualität.
                                                    J. F. Eckmann.


Feinsten Matjes-Hering
sowie besten Fett-Häring
                                                    empfiehlt
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Den Rest neuer

Sommer-Paletots, Manteletts und Dollmanns

verkaufen der vorgerückten Saison wegen zu und unter Einkaufspreisen.

Gebr. Burchard.       


Cajüte M. 300. Zwischendeck M. 80. Kind. unt. 12 d. Hälfte, unt. 1 Jahr 9 M.

Directe
Post=Dampfschiffahrt
Hamburg-Amerika
Nach New-York jeden
Mittwoch u. Sonntag
mit Deutschen Dampfschiffen der
Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft
• August Bolten, Hamburg.
Auskunft u. Ueberfahrts=Verträge bei:
Fr. Frick u. J. F. Schultz in Röbel.


Gothaer Lebensversicherungsbank.

Am 1. Juni 1884: Versichert 63080 Personen mit 450,865000 M.
Am 1. Juni 1884: Bankfonds 117,000000 M.
Versicherungssumme ausgezahlt seit Beginn 150,778000 M.
Dividende 1884 für 1879: 44 %
Seit dem Jahre 1883 ist neben dem bisherigen ein neues System der Ueberschuß=Vertheilung (das "gemischte" System) eingeführt, dessen Vorzug darin besteht, daß die Dividende unbeschadet gerechtester Zumessung, mit dem Versicherungsalter beträchtlich steigt.
Neu Beitretende müssen Sich bei der Antragstellung für das alte oder neue System entscheiden.
Alles Nähere zu erfragen bei

Wilh. Schrep.       


Herzogl. Braunschweigische Landes-Lotterie,
vom Staate genehmigt und garantirt.

Dieselbe besteht aus 100,000 Original-Loosen und 50,000 Gewinnen:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

welche in 6 Ziehungen verloost werden, und kostet ein ganzes Loos durch alle 6 Ziehungen 126 M.
Die erste Ziehung findet statt:

am 17. und 18. Juli 1884,

zu welcher ich Original=Loose
Ganze 16 M. 80 Pfennig.
Halbe 8 M. 40 Pfennig.
Viertel 4 M. 20 Pfennig.
Achtel 2 M. Pfennig 10 Pfennig.
gegen Einsendung des Betrages oder Postvorschuß versende.
Jeder Spieler erhalt die Gewinnlisten gratis!

                                                    Wilh. Basilius.
                                                    Obereinnehmer der Braunschw. Landes=Lotterie
                                                    in Braunschweig.


[ => Original lesen: 1884 Nr. 52 Seite 4]

Zu unserem am Montag den 7. und Dienstag den 8. Juli d. J. stattfindenden

Königschuß

laden wir die geehrten Bewohner von Stadt und Land so höflichst wie ergebenst ein.

Tombola=Loose à 50 Pfennig

sind bei uns zu haben.

Der Vorstand der Schützenzunft.
Conr. Schultze. F. Baer. J. Greiff.
Programm:

      Zur Vorfeier am Sonntag Nachmittag die üblichen Ständchen. - Abends Concert im Schützenhause. - 10 Uhr Zapfenstreich.
      Montag d. 7. Juli. Morgens 7 Uhr Reveille. - 1/2 7 Uhr Antreten der Schützen auf dem Marktplatze, sodann Ausmarsch. - Nach Ankunft im Schützenhause Beginn des Schießens nach der Königsscheibe und den beiden Gewinnscheiben. Frühstück bei Tafelmusik. - Von Nachmittags 4 Uhr an bis zum Einmarsch Unterhaltungsmusik gegen Entree von 30 Pfg. für Nichtmitglieder. - Abends 10 Uhr Proklamation des neuen Schützenkönigs.
      Dienstag den 8. Juli. Reveille, Ausmarsch, Schießen u. s. w. wie am Montage. Nachmittags 3 Uhr.

Ziehung der Tombola.

Abends Festball für Stadt und Landbewohner im Schützenhause gegen Entree für Herren M. 1,50 Damen 50 Pfennig.
      Mittwoch den 9. Juli. Abends 8 Uhr Schützenball im Schützenhause, nur für Ehren= und Zunftmitglieder, welche als Legitimation die Festschleife zu tragen haben.


Vollständige Einrichtungen
für
Badestuben                              
Plättstuben u.                              
Waschküchen                          
empfehlen billigst                                                    
Jürgensen & Robschuld,
Lübeck, Breitestraße 959 b. d. Wache.


Die Schulgelderhebung
findet vom 9. bis 19. Juli statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.

J. Wegner.       


Gerät zur Vertilgung des Hederich

Einfaches Geräth zur sicheren

Vertilgung d. Hederich.
Ein Mann kann damit pro Tag 2-3 Morgen reinigen. Preis Mk. 6. 50 Pf.
Eisenach.                                                     G. Jungheinrich.


4schaarige Pflüge

sind wieder vorräthig und empfehle dieselben zur geneigten Abnahme.

Schönberg i. M.                                                     J. Oldenburg.


Einem geehrten Publikum zu Herrnburg und Umgegend empfehle ich mich als Seiler zur Anfertigung aller in dieser Branche vorkommenden Arbeiten. Ich bitte dringend, mich in meiner Arbeit gütigst unterstützen zu wollen, da ich leider blind bin, aber dennoch alle Arbeiten dieser Art bestens ausführen kann.

Herrnburg.                                                     Heinrich Kitzmann.


Während der beiden Königschußtage ist mein Geschäft in der Stadt geschlossen, da ich mich mit einem Zelte auf dem Festplatze befinde.

H. Mette.       


Prima Christiania Anchovis,
Frisch geräucherte Aale,
sowie an den Königschußtagen                          
frisch gekochte Krabben
empfiehlt                          
                          H. Mette.


Kösters Hotel.
Am Königschuß:
Tanzmusik
à Tanz 10 Pfennig.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 6. Juli.

Frühkirche: Pastor Kämpfer.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1884 Nr. 52 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 52 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 4. Juli 1884.


Nr. 11 des Offic. Anzeigers pro 1884 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der

I. Abtheilung.
(Nr. 7.) Verordnung zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter.
II. Abtheilung.
(1.) Bekanntmachung, betreffend den Weltpostverein.


Der Bundesrath wird sich am 8. oder 9. d. M. vertagen.
Die Frage der Wiedereinführung der Berufungsinstanz in Strafsachen beschäftigt eben das Reichsjustizamt und das preußische Justizministerium auf das Lebhafteste.
Die Cholera ist von Tulon nach Marseille über gesprungen oder eingeschleppt worden. Die Aerzte streiten, ob es die asiatische oder die ungefährlichere Cholera nostras sei; die Todten streiten sich nicht. Dr. Virchow in Berlin sieht die Seuche als eingeschleppt und als die ächte Cholera an. Dr. Koch, der die Cholera im Sudan und Indien studirt hat, ist nach Toulon gereist.
In Paris wird das große Nationalfest am 14. Juli nicht abgehalten, damit bei dem Zudrange von Fremden die Cholera nicht eingeschleppt wird. Die meisten Aerzte erklären die Cholera in Toulon und Marseille für die asiatische Cholera. Die Todesfälle mehren sich, aber ihre Zahl wird vertuscht.
Der König von Holland hat in Carlsbad Mühlenbrunnen, die Königin in Kissingen Nagozzi getrunken; der Tod und die Beerdigung des Kronprinzen Alexander haben ihre Kur nicht unterbrochen. Dieser Tage sind sie zu gemeinsamer Nachkur nach Tegernsee und Kreuth im bayrischen Hochgebirg gereist. Der König hat seine Hoffnung auf einen männlichen Leibeserben, der auch Luxemburg Holland erhalten kann, nicht aufgegeben, und auch die Königin soll guter Hoffnung sein.


In Ost= und Westpreußen furchtbare Ueberschwemmung. Die Weichsel die Nogat etc. sind über ihre Ufer getreten, haben die Dämme durchbrochen und bei Ober= und Unter=Liessau, in der Schwetz=Neuenburger Niederung, bei Graudenz, Falkenau und Dirschau weithin das Land überschwemmt, große Fluren vernichtet und viel Vieh dem Wassertode überliefert. Die Nachrichten aus vielen Orten und Landstrichen lauten entsetzlich.
- Ein interessanter Prozeß wird in nächster Zeit vor dem Oberlandesgericht in Braunschweig in letzter Instanz zur Entscheidung kommen. Es handelt sich in demselben um die Klage der drei Grafen von Stolberg=Wernigerode, Stolberg=Stolberg und Stolberg=Roßla gegen die herzoglich braunschweigische Kammer wegen Herausgabe der ganzen Grafschaft Blankenburg am Harz, d. h. sämmtlicher Domänen und Waldungen in derselben - ein Object von mehreren Millionen Mark an Werth! - Dieser merkwürdige Prozeß ist 1604 bei dem wegen der Saumseligkeit des gerichtlichen Verfahrens bekannten Reichskammergericht zu Wetzlar anhängig gemacht, hat dort bis 1649 gespielt, sodann aber bis 1882 geruht, bis er dann von den jetzigen Grafen Stolberg wieder aufgenommen worden ist.
- Der am Attentat im Bankhause Heilbronner zu Stuttgart (21. November 1883) betheiligte Michael Kumitsch, der das Geld von den beiden Attentätern in Empfang nahm, aber am andern Tag schon in Pforzheim verhaftet wurde, ist zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt worden.
- In Hameln feierten am Sonntag Alt und Jung und Tausende von Gästen von Nah und Fern ihr Rattenfängerfest, von welchem der Dichter singt: "Doch nirgends gibt es ein Archiv - für Forscher was und Finder - als daß ein Pfeifer kam und rief - die Ratten und die Kinder." Dieser Pfeifer soll Hunold Singuf geheißen und im Jahre 1824 die Ratten aus der Stadt in die Weser gelockt und als er den bedungenen Lohn nicht erhielt, am 26. Juni 130 Kinder der Stadt entführt haben und in dem Koppenberge spurlos verschwunden sein. Diese Sage, von Dichtern und Sängern ausgeschmückt, hat die Stadt berühmt gemacht und die Hameler ohne Scrupel zu ihrem Feste veranlaßt. An einem Hause in der Osterstraße liest man folgende uralten Verse: "Daß Hunold nicht befreit die Stadt - von ihrer Rattenplage hat - dafür allein gibt dieses Haus - den triftigen Beweis schon aus. Man hat darin im vorigen Jahr - als man bei einem Umbau war - in einem Zimmer hundertacht - gefangen und auch todt gemacht." - Die Inschrift an einem Nachbarhause gegenüber lautet: "Wie schade doch für Jedermann - daß dieses Haus nicht reden kann -;- es würde sonst genau uns sagen - wie sich's mit Hunold zugetragen - weil länger als 600 Jahr - es schon an diesem Platze war." Wie gesagt, die Leute in Hameln stoßen sich nicht an dieser Kritik. Es ist zwar schade um die 130 unschuldigen Kindlein, aber es hat uns an Kindlein nie gefehlt und die Kindlein haben wieder Kindlein bekommen bis auf den heutigen Tag, - sagen sie.
- Der österreichische Soldat Pilat bekam 1869 in der Schlacht bei Königgrätz eine Kugel in den Rücken, die ihn zum Invaliden und arbeitsunfähig machte; denn sie wurde nicht gefunden. Vorige Woche hat sie ein Brünner Arzt an der Wirbelsäule gefunden und durch Operation entfernt. Der arme Mann konnte sofort wieder aufrecht und gerade gehen. Es war eine preußische Zündnadelkugel.
- Parsival verspricht eine Goldgrube für die Familie Richard Wagners zu werden. Ein Amerikaner hat 1 Million Mark für das ausschließliche Recht, dieses Tonstück aufführen zu dürfen, geboten, ist aber abschläglich beschieden worden. Aehnliche Anerbietungen sind ihr schon mehrfach gemacht worden.
- Im nordamerikanischen Staate Kansas, wo die Temperenzgesetze sehr streng sind, wird nächstens auch das Tragen von Stöcken verboten werden. Ein unternehmender Fabrikant in Topeka hat nämlich Stöcke fabricirt, die hohl sind wie Stockflinten und sich mit Brantwein füllen lassen. Sie sollen reißenden Absatz finden. Wenn einer jetzt in Topeka Jemand einen Stock unter die Nase hält, so braucht man nicht mehr zu erschrecken, denn es bedeutet bloß Take one, Nimm einen!
- Kleptomanie der Vögel. Aus Augsburg wird geschrieben: In Gerweis in Niederbaiern wurde dieser Tage die alte Turmkuppel abgebrochen, wobei die Bauleute mit dem Rechte des Stärkeren die darin befindlichen Dohlennester zerzausten und herunterrissen. Sie waren aber nicht gering erstaunt als sie mitten darin auf eine ganze Sammlung gestohlener Gegenstände stießen, die die diebischen Schwarzröcke im Laufe der Jahre zusammengeschleppt hatten. Als Haupttrophäe brachten sie eine silberne Taschenuhr mit Kette zu Tage. Ob der einstige Besitzer derselben bei dem seinerzeitigen räthselhaften Verschwinden nicht einen Unschuldigen in Verdacht, vielleicht auch ins Gerede gebracht hat? - Zeichen und Wunder geschehen jetzt so wenig als ehemals. Aber man sieht, wie sich manches Wunderbare und düster Geheimnißvolle oft so einfach und natürlich erklärt.


Die Geschwister.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]

[ => Original lesen: 1884 Nr. 52 Seite 6]

Die Geschwister.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]


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